Orientalische Liebeslyrik

(in deutscher Übersetzung)

 


Persische Dichter (Teil 1)



Emir Moasi Dichterkönig
(Amir Muizzi gest. um 1147)


Was sind die beyden Welten,
Als Freundesbild und Form.
Was sag ich Bild und Abglanz,
Sie selber sind dir fremd.

Ein Fluß der von dem Meere,
In Fluthen hergeströmt.
Er kann ein Fluß nicht heißen,
Er selber ist das Meer.

Aus einem Saamenkorne,
Wenn es dem Grund entsteigt,
Entsprießen Blätter, Früchte,
Und Rinde, Mark und Splint.

Gewiß du wirst nicht fehlen,
Wenn du deßhalben sag'st:
Dieß alles was sich zeiget
Sey nur ein einzig Korn.

Wenn sich vor hundert Spiegel
Hinstellet ein Gesicht,
Wenn's hundertfach sich spiegelt,
Ist's doch nur Ein Gesicht.

Was du für Züge schauest
Von diesem Angesicht',
Es hat sie nur Ein Mahler
Vortrefflich ausgemahlt.

Die Brauen und die Augen
Die du hienieden schaust,
O wisse Aug und Brauen
Sind anders Nichts als Er.

O blicke auf die Schönen,
Blick' wieder auf sie hin,
In ihnen such' Erklärung,
Der Schönheit deines Freund's.

Die Schönen sind von jeher
Der Blicke Gegenstand,
Moasi in dem Anschau'n
Versenkt ist ganz und gar.
(S. 78)
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Emir Moasi Dichterkönig
(Amir Muizzi gest. um 1147)


Vom trunknen Schelmenaug verstört,
Und durch das Weinglas außer mir,
Bin ich, seitdem ich Ihn erblickt,
Wie's Haar gekräuselt Tag und Nacht.

Ich habe weder Ruh noch Schlaf,
Sein Auge raubt mir Ruh und Schlaf.
Bald stöhne ich wie's Wasserrad,*
Bald treib ich mich wie Mühlen um.

Statt Thränen weint mein Auge Blut,
Vom Herz verschwand des Wassers Glanz. **
Durch Lieb ich ganz verloren bin,
Ich such' und finde mich nicht mehr.

Vernichtet hat die Liebe mich,
Ich legte mich selbst auf die Gluth;
Dann gab die Liebe Dauer mir,
So daß ich ohne sie nicht bin.

Moasi that auf sich Verzicht, ***
Im Osten sah er Sonnenlicht.
(S. 78-79)

* Im Persischen Dolab, auf arabisch Naura, das sich noch
sowohl dem Nahmen als der Sache nach,
so in Aegypten als in Spanien (Nora) erhalten hat.
Man muß wirklich diesem eintönigen nicht unangenehmen
und zur Melancholie einladenden Gestöhne stundenlang
mit einem schwermüthigen Vergnügen
zugehört haben (wie der Übersetzer), um den ganzen
Ausdruck dieses Verses zu fühlen.
** Der Wasserglanz des Herzens und des Gesichts,
metaphorisch für Freude und Ehre.
*** Der Dichter hat den alten Menschen ausgezogen,
nachdem er sich in dem alchymischen Processe
mystischer Liebe vernichtet und wieder hergestellt hat.
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Emir Moasi Dichterkönig
(Amir Muizzi gest. um 1147)


O Schönheit in des Worts, des Sinnes Spiegel,
Erglänzest du dem Blick der Sehenden.

Dein Aug' erfreut der Anblick schöner Wangen,
Das Aug' Medschnun's auf Leila's Wangen ruht.

Es ist Niemand als du im Reich der Schönheit,
Zeit ist es, daß du sagst: Das Reich ist mein.

Beym Anblick deiner Formen, deines Wuchses,
Verlangt das Herz nicht Paradieseslust. *

Wenn deines Lichtes Abglanz fällt auf's Feuer,
Verwandelt er die Höll' ins Paradies.

Von Himmel und von Hölle ist befreyet,
Wer von den beyden Welten Nichts erfährt.

Vor dem Verklärungslicht auf Sinai
Sind Tausende wie Moses hier gefallen.

Dein Antlitz liegt zwar offen, doch wie kann
Ich dessen Glanz mit blinden Augen sehen!

Es hat Moasi sich in dieser Schule
Zwey Linien auf die Tafel nur gezeichnet. **
(S. 79)

* Er verlangt weder nach dem Garten Edens
noch nach dem Tuba, dem himmlischen Lotosbaume.
** Von Wort zu Wort: In seiner Schule hat sich Moasi,
der ABC-Tafeln verkaufte, von der Zeichnung
beyder Welten das Elif und das Ja aufgeschrieben.
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Hassan Motekellim, d. i. der Redner
(13. Jh.)

Sag' nicht, daß ich ferne von dir genieße der Ruhe,
Wenn das betrübte Herz einsam das Leben erträgt;

Glaub' nicht, daß wenn mir der Genuß der Wangen verwehrt ist,
Mir die Nahrung des Brots Leben zu fristen vermag.

Glaub' nicht, daß wenn du entfernet bist von dem Auge
Sehkraft wohn' im Aug' ohne dein helles Gesicht.

Ohne Kraft bin ich, vom Schmerze der Liebe geschwächet,
Daß du nicht glaubest ich sey leidend am Leibe noch stark.

Nenne mich herzlos, schmäh' mich, wie es dir immer gefalle,
Wie du immer mich schmähst, halt' ich geduldig es aus.

Sagst du Gutes von mir, so will ich immer es läugnen,
Tugend und Laster ist, wie's dir beliebet in mir.

Auf der weiten Welt vermaß sich noch Keiner zu sagen,
Daß ein Verliebter sey wild und zerstöret wie ich.

Sina, Tschigil und Choten kann Keiner mit Wahrheit mehr preisen,
Dem ein Liebchen ward, lieblich und zaubrisch wie du.
(S. 163)
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Ewhadi aus Meragha
(gest. 1297)

O du, dem nichts gleich geboren
In Arab' und Perserland,
Persis und Arabien
Fallen deiner Schönheit heim.

Hundert Pfeile schoß dein Auge
In des Persers Angesicht,
Hundert Quellen schlägt die Lippe
Aus dem Aug' des Arabers.

Sieh Arabiens Schönen laufen
Vor dem Kopfe deines Gauls,
Und die Schahe Persiens
Gehen vor dir her zu Fuß.

Ha! Arabiens Medschnune
Macht betrunken erst dein Aug,
Den Schirinen Persiens
Leiht erst Süße dein Rubin.

Deines Grames Maale brennet
Sich der Araber in's Fleisch,
Und der Abglanz deiner Wangen
Leuchtet in des Persers Herz.

Dein Gesicht erreget Lärmen
An dem Fest des Arabers,
Deine Locke bringt Verwirrung
In des Persers alte Lehr'.

Durch Beschreibung deiner Wangen
Hat in Persien Ewhadi
Mit Arabiens Wohlberedten
Aufgenommen kühn das Wort.
(S. 200)
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Ewhadi aus Meragha
(gest. 1297)

Um Rosen aus Ambra die Schlinge gebunden,
Um Mondlicht aus Moschus die Bänder gebunden.

In Lippenrubinen und feurigen Munden,
Der Zucker entfesselt, der Kandel gebunden.

Mit Spitzen der Locken, die Seelen verwunden,
Sind Füße und Hände der Armen gebunden.

Um Leute zu haschen in jeglichen Stunden,
Sind schelmische Pferde gesattelt gebunden.

Wie kann mir die Frucht des Genußes wohl munden,
Sie ist viel zu hoch auf dem Aste gebunden.

Was Wunder wenn ich nicht vom Brand kann gesunden,
Du hast ja das Feuer zum Reisig gebunden.

Bis du mich, o Jüngling, der Lasten entbunden,
Verbleibet mein Herz an den Felsen gebunden.
(S. 201)
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Saadi
(um 1190-1283 oder 1291)

Tag der Freude, Nacht voll Segen,
Wo das Glück uns kommt entgegen,
Schlag die Pauke! zu verkünden
Fastenende, Frühlingsanfang.

Ist's ein Mond, ein Mensch, ein Engel?
Du bist es, o Weltensonne!
Weißt du nicht, es lauern Neider,
Schlechterzognen thatst du Gutes.

Feind! mir ward Genuß der Freundinn,
Näh' das Auge zu vor Gram.
Nächte lang konnt' ich nicht ruhen
Vor dem heissen Schmerz der Trennung,

Solche Nacht mußt' Saadi leiden,
Um den heut'gen Tag zu schätzen.
(S. 211-212)
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Saadi
(um 1190-1283 oder 1291)

Dein Aug' ist gut, doch wenn es schläft,
Ist's besser.
Dein Mundgeschmack verglichen mit Syrup
Ist besser.

Gib Acht, gib Acht, wenn du so süß
Mir lächelst,
So däucht es mir statt Blumenlächeln
Viel besser.

Anzünden wollte ich ein Licht
An Wangen;
Es braucht kein Licht, denn Mondlicht ist
Viel besser.

Ich sehnte gestern lange mich
Nach Schlafe.
Heut däucht ein Blick in dein Gesicht
Mir besser.

Am Bett des Liebchens, mit dem Kopf
Am Busen,
Dünkt Juchten mir als Hermelin
Viel besser.

Begehr' ich Huld, seh ich ein Meer
Von Flammen.
Statt in die Fluth, werf ich in Gluth
Mich besser.

Als grünes Feld, als Tulpenbeet,
Als Bäche,
Sag' nicht ein Blick der Freunde sey
Viel besser.

Du gib aus Nebenbuhlerhand
Nicht Gift mir.
Du reich' es selbst, mir scheints Julep,
Und besser.

Nicht mehr zieht Saadi sich zurück
So einsam,
Gut ist die Einsamkeit; Gespräch
Ist besser.

Was für ein Blatt in diesem Buch
Du anschaust,
Du sagst, mir däucht das Paradies
Nicht besser.
(S. 212)
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Saadi
(um 1190-1283 oder 1291)

Keine Seele hat,
Wer keine Freundinn hat.
Wenig Freude hat,
Wer keinen Garten hat.

Wer in seinem Kopf
Nicht Liebesbilder hat,
Ist ein leeres Bild,
Das keine Seele hat.

Wenn ein Herz du hast,
So gib es deinem Freund,
Wehe, weh dem Land,
Das keinen Herren hat.

Selig ist das Herz,
Das den Geliebten hat.
Selig ist der Kopf,
Der keine Unruh hat.

Zeit und Glück sind blind,
Weil keines Liebe hat.

Kennern ist ein Fürst,
Der schmachtende Derwisch,
Preiset ihn als Schah,
Wenn auch kein Land er hat.

Um den Herrn Verstand
Hab' ich gefragt die Liebe,
Hörte daß er nun
Nichts zu befehlen hat.

Liebesschmerz ist mehr
Als Körpers Wohlseyn werth;
Doch als Arzeney
Geduld nur Wirkung hat.

Wer mit Mondgesicht
Das Herz erfreuen kann,
Er genießt ein Glück,
Das keine Grenzen hat.

Kerker ist das Haus,
Die Einsamkeit gefüllt,
Wenn, wie Saadi, man
Ein Rosenbeet nicht hat.
(S. 212)
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Saadi
(um 1190-1283 oder 1291)

Der Blick des fernen Freund's er schmecket mir
Wie Wolkenguß den ausgebrannten Wüsten.

Ich kenne dich Geruch, von wannen kommst du?
Es ahnet den Genuß des Freund's die Seele;

Verbothen ist die Liebe durch Vernunft,
Und dieser sagt Gehorsam auf der Liebe.

Vielleicht erinnern sie sich mein aus Huld,
Wenn nicht, welch Bothe brächte von mir Kunde!

Den Zustand kennen die Verliebten nur,
Wenn Kenner und wenn Liebende sich klagen.

Der Fuß, der sich nicht stößt am Liebesstein,
Er hat kein Herz und gibt nicht auf die Seele.

Wer seinen Freund von ganzer Seele liebt,
Zuckt nicht den Kopf am Tag wo's Pfeile regnet.

O Freund! es führt des Lebens Zeit zu Nichts,
Wenn nicht der Freund vereint ist mit dem Freunde.

Gift wird Arzney in süßer Freundinn Hand,
Das Süße und das Gift thut Herzen wohl.

Weißt du warum allein nun Saadi sitzt?
Weil er von Schönen sich nicht trennen kann.
(S. 213)
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Saadi
(um 1190-1283 oder 1291)

Bäume tragen wieder Knospen,
Trunken sind die Nachtigallen.
Jung ist nun die Welt geworden,
Freunde sitzen in dem Kreise.

Unserer Gesellschaft Liebling,
Hat das Herz mir weggestohlen,
Ganz besonders seit man selben
Ausgeschmücket hat mit Flittern.

Fromme, die zur Zeit der Faste
Ihre Laute ganz zerbrachen,
Hören nun vom Duft der Rose,
Und sie brechen ihre Buße.

Auf dem grünen Teppich stampfen
Wiederhohlten Schlags die Freunde.
Seht die Weisen und den Pöbel,
Wie sie mit einander tanzen.

Zwey Genoßen ziehet man
In Gesellschaft vor:
Erstens den, der Stunden schneidet,
Wieder den der Stunden bindet.

Aus dem Kloster gehet nimmer
Ein Vernünftiger heraus,
Der in Gegenwart des Vogtes
Sagte, die Sofis sind trunken.

In der Mitte unsers Hauses
Stehet eine Pinie,
Deren Wuchs des Feld's Cypressen
Alle zwingt zur Huldigung.

Hätte ich die Welt zum Feinde
Durch das Glück des treuen Freunds,
Nimmer fragt' ich, ob sie wären
Oder nicht auf dieser Welt.

Einem Schiff auf hohen Meeren
Ist Verliebter Zustand gleich,
Ueber Bord wirft man die Lasten,
Rettet so das Leben sich.

Einer sprach einst zur Cypresse:
Keine Früchte bringst du mir.
Ihm zur Antwort gab die Hohe:
Freye kommen Nichts in Händen.

Saadi! o gar Viele gehen
Auf dem Wege der Vernunft,
Weil unfähig zu verstehen
Diesen Weg der Narren Zunft.
(S. 213)
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Saadi
(um 1190-1283 oder 1291)

Lebendig ist, wer vor dem Freunde stirbt,
Gestorbenen Herzens ist wer ohne Freund.

Wer rein sich fühlt im Inneren der Brust,
Des Herzens Kerze weint vor Schönen nicht.

Verliebter mache weich dein Herz wie Wachs,
Denn schwarzer Stein nimmt keinen Eindruck an.

Für dich verbrennen Hunderte wie ich
Entfernt, und die dich sehen liebst du nicht.

Ein Bild aus Stein, o Saadi! tödtet dich,
Und ewig lebt wer so getödtet wird.
(S. 213)
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Saadi
(um 1190-1283 oder 1291)

Welch' Unruh ist es, die mit Pfeil und Bogen
Vorübergeht?
Und welch ein Pfeil ist's der durch Seelengänge
Ins Innre geht?

Was für ein Mensch ist das? Die Welt ist voll
Von Lieb und Lust.
O Mensch verlier' das Leben nicht, das schnell
Vorübergeht.

Du lobtest offenbar die Anderen,
O Mondgesicht!
Wenn du nur wüßtest was im Volk verborgen
Vorübergeht.

O Seltenheit der Welt, komm doch zuletzt,
Aus großer Huld,
Komm einen Augenblick, weil schnell die Zeit
Vorübergeht.

Die Schönheit deines zarten Angesichts,
O Herzensmund!
Wie die Beschreibung meines Grams weit über
Die Grenzen geht.

Bis wieder auf die Frühlingsflur
Der Ostwind kommt,
Will ich das Leben sehn, das schnell wie Blitz
Vorübergeht.

Man hat ein Schmerzensfeuer angezündet
In Saadi's Herz;
Der Rauch davon ist's nur, was auf der Zung'
Vorübergeht.
(S. 213-214)
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Saadi
(um 1190-1283 oder 1291)

Auf! der Winter ist vorbey,
Oeffne Gärten im Serai!
Veilchen lege auf die Schüßel,
Kohlenheerd bleibt unter Schlüßel.

Schnell hinweg mit diesem Schleyer,
Daß wir mögen athmen freyer.
Auf! der Ost der linde weht,
Macht die Flur zum Rosenbeet.

Schweigen muß den Nachtigallen
Schwer zur Zeit der Rosen fallen.
Wer verbirgt der Trommel Töne,
Und Verliebter Lustgestöhne?

Rosenduft und Morgenshall!
Süßer Laut der Nachtigall!
Viele Kleider sind versetzet,
Viele Häuser brandgeschätzet.

Liebchens Kopf in meinen Armen!
Feindes Kopf soll drob erwarmen.
Auch vom Freund dem Freund entrissen,
Tropf' an Tropf' in Regengüssen.

Saadi kostest du die Frucht,
Leicht ist's wenn der Gärtner flucht.
(S. 214)
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Saadi
(um 1190-1283 oder 1291)

Mein Lebenswasser ist in deinem Munde,
Mein Unglückspfeil, er ruht auf deinem Bogen;
Wenn du so große Schönheit nicht verschleyerst,
Bist du für alle Todten Blutgeld schuldig.

Die Wangen kann der Sonn' ich nicht vergleichen,
Sie wird gelobet nur vergleichungsweise.
Das Volk sieht täglich Freunde und Geliebte,
Mir ist's genug zu ruhen auf der Schwelle.

Gelangt die Hand nicht zu der Frucht des Gartens,
Ist dran der Gärtner schuld, der es verhindert.
Gedanken kamen viel und gingen wieder,
Das Bild, das nicht mehr geht, ist dein Gepräge.

Wenn tausendmahl du Feindschaft mir erzeigt,
So bleibest du doch stets des Herzens Gastfreund.
Such' unter deines Gleichen, Saadi, Liebe!
Wie schickt sich denn Simurg ins Nest der Raben?
(S. 214)
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Saadi
(um 1190-1283 oder 1291)

Gut ist Vergnügen, am Ufer des Flußes noch besser.
Gut ist der Wein, doch zum Tone der Nachtigall besser.

Süß ist des Schlafes Gestöhne im Beet' der Jasminen,
Flöten am Busen des duftenden Freundes noch besser.

Lieblich ist Schlaf an dem Morgen von Dünsten des Weines,
Aber auf Polstern von Rosengesichtern noch besser.

Freundliche Zeugenschaft geben die Beete der Rosen,
Doch es bezeugen's die rosigen Wangen noch besser.

Zierlich entfaltet der Wind die Gestalten der Fluthen,
Aber verworrene Locken des Freundes sind besser.

Vom paradiesischen Quell und edenischen Polstern
Predige du, doch ein Winkel allhier ist mir besser.

Saadi! den Werth zu erkennen des Freundes muß leiden,
Peinvoll zum Wunsche des Herzens zu kommen ist besser.
(S. 214)
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Saadi
(um 1190-1283 oder 1291)

So oft du sprichst, die Lippen Zucker gießen,
Die Lotosbäume ihre Knospen gießen;

Ein jeder wagt den Kopf, begehrend dich;
Für dich die Vögel all' die Federn gießen;

Mein Herz muß deinen Gram ausschreyen stets,
Die Wimpern müssen Sehnsuchtswasser gießen.

Ich kann die Hand der Liebe nicht ertragen;
Sieh' zu, mein Blut wirst besser du vergießen.

Im Meer des Sinns sind Saadi's Worte Perlen;
Wem soll er, als dem Freunde, Perlen gießen?
(S. 215)
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Saadi
(um 1190-1283 oder 1291)

Kommst trunken du, verwirret sich die Welt,
Des Körpers Staub fliegt auf als Staub des Nichts.

Wenn in die Brust ein Wangenschimmer fällt,
So seufzt der Eremit der Seel' aus Freuden.

Gib Hoffnungsstrauß Verliebten in die Hand,
Daß ihren Fuß der Dorn des Wegs nicht schmerze.

Du sprichst: ich lebe einst dir ganz nach Wunsch;
Der Wunsch kam nicht, ich fürcht' es flieht der Tag.

Ich ward verliebt, wiewohl ichs wußt' zuvor,
Daß mir kein Baum aus diesem Saamen wächst.

Sie fragen mich: woher Begier und Seufzer?
Von Schmerzen Seufzer, und Begier von Liebe.

Geduld und Herz entfloh, ich bin allein,
Sogar der Gram ob deinem Gram entfloh.

Es seufzet Saadi, wenn er seufzet, so
Daß Rauch des Herzensbrands die Feder schwärzet.
(S. 215)
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Saadi
(um 1190-1283 oder 1291)

Dieß thut Jemand, der mit dem Freund zufrieden,
Jemand deß Herz erhärtet ist wie Stein.

Wer sagt, ich weiß was Lieb' ist in der That,
Er lügt, weil von sich selber er noch weiß.

Wer auf zwey Welten schaut darf nicht aus Lust
Auf einen Einz'gen richten nur den Blick.

In Liebeswüsten harret mein Verderben,
Wo ist der Mann, der's wagt mit mir zu reisen?

Wenn auf des Schwertes Hieb die Pfeile regnen,
Ist, wer Gefahr bedenket, nicht verliebt?

Und mahlt man Liebenden das Paradies,
Darf er nur auf den Freund die Augen richten.

Von Waaren die man Freunden legt zu Füßen,
Ward mir ein Sclav', weiß nicht, mit welchem Kopf!

Mich schmäht das Volk als Lebenslang verliebt,
Indeß es Saadi sich zur Tugend rechnet.

Erlaubt sey's nicht ins Antlitz dir zu schauen,
Dem, der noch andre kennet außer dir.
(S. 215)
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Saadi
(um 1190-1283 oder 1291)

Jetzt ist die Zeit wo Schwäche kommt
Und Stärke geht.
Die Zauberkraft des süßen Worts
Von hinnen geht.

Der Herbstwind kommt, und dieser Glanz
Und dieses Licht,
Daß du am dürft'gen Strauch gesehn,
Von hinnen geht.

Es fehlet meinem Fuß die Kraft,
Zu weitrem Schritt.
O glücklich wer auf seiner Huth
Von hinnen geht.

Es lieget Saadi's ganze Kraft
In süßem Wort;
Bleibt dieß, so weiß ich nicht was dann
Von hinnen geht.
(S. 215)
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Saadi
(um 1190-1283 oder 1291)


Wo bist du, Freund, daß du in meinem Arm nicht bist,
Und heute nicht wie gestern Abends bey mir bist?
O hoher Cedern Wuchs! o reiner Lebensquell!
Den, wenn er auch abwesend ist, man nie vergißt.

Statt Augenschminke Nadelspitz im Aug' zu sehen,
Den Blitzstrahl nieder auf die Scheuern fallen sehen;
Sich selbst als Frankensclav' im Joch belastet sehen,
Ist besser als den Feind an Freundes Statt zu sehen.

Die Treue kann ich keinem Andern geben,
Ich find' Nichts besseres als dich, mein Leben.
Ich will mein Herz dir, meinem Trauten, geben
Und nähm' ich es von dir, wem sollt ichs geben?
(S. 215-216)
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Seid Nimetollah aus Kuhistan
(14. Jh.)

Mystische Gasele

So gestalt bin ich verwirret.
Daß ich Kopf von Hand nicht kenne,
Nicht das Herz von dem Geliebten,
Becher nicht vom Weine kenne.

Richte all mein Thun und Lassen
Nicht nach Ausspruch des Verstandes;
Denn ich bin verwirret und trunken,
Und allein mein Liebchen kenne.

Vom Gestad der Frommen bin ich
Zu des Sinnes Meer gekommen.
Was ist Land, und was sind Meere,
Da ich nur Juwelen kenne.

Seine Liebe ist das Feuer,
Herz und Seele ist das Rauchwerk.
Ha! ich flamme wie die Aloe,
Doch das Rauchfaß ich nicht kenne.

Ich bin wissend und unwissend,
Stehe nicht und sitze wieder.
Ach! ich weine aus Betrübniß,
Weil ich Silber, Gold nicht kenne.

Wie das Aug' nach allen Seiten,
Wandt' ich mich nach jedem Winkel.
Weil verwüstet sind die Wangen,
Ich die Ansicht nicht erkenne.

Frage mich aus dem Gedächtniß,
Welches Hauptstück dir beliebt.
Ich behalte alle Suren,
Wenn ich gleich nicht Titel kenne.

Gottes Licht ist nun gekommen,
Was sind Gauern, was Moslimen?
Ich zwar folge den Rechtgläub'gen,
Doch Ungläub'ge ich nicht kenne.

Ich den Unterschied der Dinge
Wie der Seid gar nicht kenne.
Was zu sagen, da auf Erden,
Einen andern ich nicht kenne.
(S. 223)
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Seid Nimetollah aus Kuhistan
(14. Jh.)

Mystische Gasele

O Verliebte! o Verliebte!
Die Erklärung anders ist.
Tiefe Kenner! tiefe Kenner!
Unser Zeichen anders ist.

Nachtigallen! Nachtigallen!
Unsre Töne sind beliebt,
Weil der Garten unsrer Früchte
Rosenbeet, ein anders ist.

O Chosru von süßen Worten,
O Jussuf, mit Rosenhemde.
Papagey der Zucker schnabelt,
Unsre Zunge anders ist.

Wie ich sah das Aug' der Liebe,
Mahlte ich sie meiner Seele,
Oeffentlich und im Verborgnen,
Weil was offen anders ist.

Sonn' und Mond und Sphären stehen
An der Schwelle deines Himmels.
Weil die Sonne der Verliebten
Eine Sonne anders ist.

Herz und Seele und mein Körper,
Sind das Reich, die Stadt, das Klima.
Zeit und Raum, der tiefen Kenner,
Ohne Grenzen anders ist.

Trunken und in Trinkerschaalen
Schatz der Zellen, der Betrachter.
Sieh' der Thron von unsrer Herrschaft
Und die Pforte anders ist.

Seid! mir ist der Geliebte
Krankheit und auch Heilungsmittel.
Meine Seele opfr' ich seiner,
Uns die Welt ganz anders ist.
(S. 223)
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Iraki aus Hamadan (1213-1289)

Wenn deiner Wangen Sonn' auf Welten Schatten wirft,
Die Welt aus Freud' die Haube gegen Himmel wirft.

Wenn Liebesheer hervorbricht aus dem Hinterhalt,
Die Welt voll Unruh und Verwirrung sich zerwirft.

Wo immer deiner Schönheit Sage kommt in Vorschein
Aus Lust ein Jeder der ein Herz hat es wegwirft.

Du nahmst mich auf, dieß sichert mir den Himmel zu;
Wer ist es, der zuletzt mich auf die Schwelle wirft?

Der Freund, wenn er den Liederton Iraki's hört,
Sogleich die Seele statt des Kleides von sich wirft.
(S. 227)
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Iraki aus Hamadan (1213-1289)

Komm, komm, den Frühling bringt der Wind!
Dein Angesicht beschämt die Rosen!
Komm, es ist Frühling, Freudenzeit!
O säume nicht, es kreis't die Welt.

Schwank' einen Augenblick auf's Feld,
Ich will im Lenz die Lust erneu'n.
Es bringt mir einen Hauch der Wind
Von deiner Huld, die ernst mich macht.

Ich trank noch nicht vom reinen Wein,
Nein, nur vom Hefen des Genusses.
Des Morgens als du mich betrübtest,
Beklagte sich mein Herz beym Auge.

Dieß sah viel Tausende Verliebter,
Die sich beklagten über dich.
Es drang zum Seelenohr Iraki's
Das Flehn und Weinen deines Gaus.
(S. 227)
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Iraki aus Hamadan (1213-1289)

Sind's Becher die vom Weine blinken?
Sind's Sonnen die in Wolken strahlen?
Durch Lust des Weins und Lust des Bechers
Sind ihre Farben ganz vermischt.

Bald Nichts als Glas und nirgends Wein;
Bald Nichts als Wein und nirgends Glas.
Die Luft erfüllet Sonnenglanz,
Den Wangen schwand die Finsterniß.

Es schloßen Tag und Nacht den Bund,
Der in der Ordnung hält die Welt.
Weißt du, was Tag sey und was Nacht,
Was wohl der Wein sey und das Glas?

Von den Geheimnissen der Welt
Begreif' wie Glas und Wein den Trunk.
Entschleyerung der Wissenschaft
Stell dir wie Tag und Nacht vor Heil!

Und wird hiedurch dir noch nicht klar
Der Dinge Anfang und ihr End',
Begehr' ein weltenspiegelnd Glas,
Und schau darein mit der Vernunft.

Er ist, was ist, die Wahrheit offenbar,
Geliebter, Liebender, und Herz fürwahr.

Die Sonne glänzt in deinen Wangen,
In deiner Seel' ist klar die Welt.
Durch einen Blick von deiner Schönheit
Ward dein Gesicht verwirrt und klar.

Der Zucker borgt von deinen Lippen,
Barg' als er's fand, sich in das Rohr.
Der Morgen träufelte den Thau,
Die Sonne sah es und verging.

Vom Meere stiegen Dünste auf,
Sie sanken wieder in das Meer.
Die Eifersucht durchdringt die Welt,
Sie ist daher der Dinge Wesen.

Die Kräfte und die Handlungen
Erscheinen als vereint mit uns.
Wir sind ein weltenspiegelnd Glas,
Worin was ist wird offenbar;
Und was bisher mir unbewußt
Ward heute mir erst hell und klar.

Er ist, was ist, die Wahrheit offenbar,
Geliebter, Liebender, und Herz fürwahr.
(S. 227)
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Iraki aus Hamadan (1213-1289)

Des Leibes Lebenskraft und Macht bist du;
Die Seel' und Herz, o Seel' und Herz bist du.
Du bist mein Wesen, du bist immer Ich,
In dir verschwind' ich, deßhalb bin ich du.
(S. 228)
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Emir Chosru aus Dehli (gest. 1315)


Es sprach ein musikalisches Genie:
Die Musik ist mehr werth als Poesie.
Die eine, leicht, bedarf nicht Federkauen;
Die andre muß Papier und Buch verdauen.

Doch ich entscheid' fürs Wort, ich wohlerzogen
In beyden Künsten, die ich abgewogen.
Drey Bücher habe ich in Reim' gebracht,
Drey Bücher habe ich Musik gemacht,

Doch ich entscheide für die Poesie,
Denn die Verständigen begünstigt sie.
Es bildet sich im Innern das Gedicht,
Bedarf des Satzes und des Sängers nicht.

Der Vers läßt sich im Stillen recitiren,
Er wird deßhalb am Sinne nichts verlieren.
Der Sänger, singt er noch so fein und hoch,
Bedarf zuletzt vernünft'ger Worte doch.

Der Vers die Braut, das Brautgeschmeid die Töne,
Auch ohne Schmuck gefällt die Braut, die Schöne.
(S. 230)
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Emir Chosru aus Dehli (gest. 1315)


Gaselen

Es schickt sich nicht für mich in deinen Gau zu kommen,
Die beyden Augen sind am Weg zu dir zu kommen.
Du bist die Sonn', ich tanze ohne Hand und Fuß,
Sobald ich vor dein Strahlenangesicht kann kommen.

O könnte ich mich schnell wie leichter Pfeil beschwingen,
Um mit des Windes Hauch an deine Brust zu kommen!
Wenn um den Gram Chosru's du fragst, so wisse,
Daß er gesalznen Worts in deinen Gau gekommen.
(S. 230)
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Emir Chosru aus Dehli (gest. 1315)

An deiner Thüre lieg' ich jede Nacht,
Mit Seufzen werden Tage hingebracht.

Zerbrich mein armes Herz nicht, o mein Leben!
Seit ich dich kenn', verfloß ein ganzes Leben;

Und wär' in Staub zerfallen mein Gebein,
Lebendig würd' es durch die Liebe seyn.
(S. 230)
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Emir Chosru aus Dehli (gest. 1315)

Deines Munds Rubinen sind
Besser als der Honig.
Deiner Wangen Farbe ist
Schöner als Jasminen.

Was ist wohl der Unterschied
Zwischen dir und Sonnen?
Als der Himmel dich erblickt,
Sprach er: Die ist besser.

Ohne Kerzen sah ich nicht
Je ein Haus erhellet.
Zündet Feuer, zündet an!
Helle ist viel besser.

Schelmenauge, seitdem Du
In mein Herz genistet.
Fühl' ich, die Entfernung ist
Besser mir als Eden.

Sieh! so sprachest du, das Herz
Ist mit Blut gefärbet,
Diese Probe ist, Chosru,
Besser als ein Fingerhut.
(S. 230)

Fingerhut: als Verwahrungsmittel wider
Nadelstiche und Wunden.

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Emir Chosru aus Dehli (gest. 1315)

Selig das Aug', so deine Wangen an jeglichem Tag' schaut!
Fröhlich das Hirn, so deinem Geruche geweiht!

Einsam lieg' ich im Blut, und du liegst andern am Busen;
Wer an dem Busen dir liegt, trage die Schuld von dem Blut!

Brauen kräuseln gewöhnlich sich nicht; doch leider! aus Hochmuth
Ist von deinen Brau'n jegliches Härchen gekrümmt.

Schönen wird gar viel vom Zucker erzählt und gefabelt,
Zuckermund, bey dir fabeln die Lippen von sich.

Inder verbrennen die Todten, verbrenn' den lebendigen Leib nicht,
Sclave sey dir Chosru, Inder und Türke bey dir.
(S. 231)
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Emir Chosru aus Dehli (gest. 1315)


O Herr! aus wessen Garten
Ist dieser Rosenbaum?
Aus welcher Zuckerschachtel
Ist dieser süße Mund?

Aus welchem Gau ist wohl
Der weingefärbte Knabe?
Und wessen Seele trifft
Dieß neue Ungemach?

O Seele, wenn ich Abends
Den Mund an deinen leg',
Versinke du im Schlafe,
Und frag' nicht wer es ist.

Er sprach zu mir, als gestern
Ich niederfiel berauscht,
Ich dachte eben wessen
Wohl seyn mag das Gebein!

Der Mond ist deßhalb wachsam,
Weil er dein Wächter ist.
Chosru, der niemahls schlafet,
Weß Wächter kann er seyn?
(S. 231)
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Emir Chosru aus Dehli (gest. 1315)


Wer Lebensquell als Eines schätzt
Wird deine Lippen Tausend schätzen.
Auf deine Zähne eifersüchtig
Verstreuen Wolken ihre Perlen.

Als deine Lippen sah die Sonne
Verbarg sie den Rubin in Felsen.
Das böse Aug sey von dir fern
Von dem kein Aug' sich trennen kann!

Chosru hat aus Begier der Wangen
In Rosen Busengluth verkehrt.
(S. 231)
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Emir Chosru aus Dehli (gest. 1315)


Heb' auf das Haar von Wangen,
Das Volk ist ganz verwirret.
Die Fahn' steck auf! die Herrschaft
Ist Schönen zugesichert.

Du warfest weg den Schleyer,
Und Jakob's Augen weinten,
Du gingst vorbey am Markte,
Da fiel im Preise Jussuf.

Mein Herz machst du zum Narren,
Verzeih dir's Gott! du willst es.
Du wolltest mich beschimpfen,
Gottlob! auch dieß gelang dir.

Dir gab ich Herz und Körper,
Die Seele deinen Augen.
Es macht mich nun die Liebe
Um mich ganz unbesorget.

Wenn kluger Rath die Zunge
Wie's Beil Ferhaden's spitzet,
Was thuts, wenn nur im Herzen
Chosru's die Liebe fest ist.
(S. 231)
_____



Emir Chosru aus Dehli (gest. 1315)


Seufzergestöhn' steigt überall auf, der Götz' ist gekommen,
Kommen die Rosen im Hain, lieblich sind Seufzer Bülbüls.

Nimmer denk' ich daran, die Seele vor Trennung zu retten,
Leben eile nicht fort, jetzt da der Liebliche kommt!

Nachts erschien' sein Bild; ich gab die Seele beschämet,
Wie sich schämt der Derwisch, wenn ihn besuchet ein Gast.

Heute will ich sterben vor dir, damit du beschämt seyst,
Seele! welche Huld, wenn du es morgen befiehlst!

Gräme dich nicht, Chosru, wenn er dir mit Schmerzen das Herz brennt,
O es braucht gar viel bis dir der Schelmische kommt!
(S. 231-232)
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Emir Chosru aus Dehli (gest. 1315)


Die Schönheit machet nicht des Menschen Werth,
Sein Werth wird durch sein Inneres erklärt.

Wo böses Herz die Schönheit straft zu Lügen,
Ist schlechtes Wort gemahlt in schönen Zügen.
(S. 232)
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Chodschu Kermani (gest. 1341)

Dem Herrn Preis, dem Allfreygebigen!
Ihm Preis, der fest steht in Vollkommenheit!
Dem Künstler, dessen Kunst für ewig dauert,
Dem Mächt'gen, dessen Macht nicht untergeht.

Saturnus ist der Hüther seines Klosters,
Und Mars ist der Emir in seiner Festung.
Von afrikanischem Golde nimmt der Himmel
Auf sein Geboth den Mond als Ohrgehäng',

Er zieht wie Sal am Himmel Wolkenbrauen,
Das Strahlenschwert des Sohns gibt er der Sonne.
Chodschu, dir ziemts vor seinem Thron zu flehen,
Die Gnade kommt vom Herrn, vom Diener Bitt'.

Vor ihm ist Wind die Herrschaft Salomon's,
Er ist erhaben über alle Herrschaft.
Er setzte, saget man, die Welt auf Wasser;
Chodschu, du siehst, er setzt sie in die Luft.

Darum erwähle du hier keine Stätte,
Denn dieser Bau hat keinen Halt und Grund.
Gib nicht dein Herz dem alten Weib der Welt,
Denn diese Braut hat gar zu viele Freyer.

Es weint der Staub Bagdad's Chalifenblut,
Was wäre sonst der breite Strom Bagdad's?
Es fällt auf andre stets des Himmels Gunst,
Kann ich dafür, daß sie so niederfällt?

Schedad warf in den Hof das Gold wie Staub,
Der Staub des Hofs ist nun das Haupt Schedad's.
Der Saum des Berges ist zwar voll von Tulpen,
Doch fehlt Ferhaden's herzgefärbte Tulpe.

Es kümmert sich Chodschu Nichts um die Welt,
Es freut sich, wer frey ist von der Welt.
(S. 248-249)
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Mir Kermani (14. Jh.)

Ohne die Wangen so Herzen beruhigen, ruhet das Herz nicht,
O das arme Herz, welches die Ruhe nicht kennt!

Rosen und Cedern steh'n gar viele zur Schau auf der Wiese,
Rosen und Cedern wie du, findet man dorten doch nicht.

Wahrlich! Keiner hat vom Quelle des Lebens gekostet,
Wer in seinem Glas Nektar der Liebe nicht hat.

Von dem Sorbete des Glück's ist mir nicht süße der Gaumen,
Bitter ist er mir, keinen Geschmack hat die Welt.

Hat nur zu leben Mir, wird bald zum Zweck er gelangen,
Aber was kann er thun, bleibt ihm die Zeit nicht gewiß.
(S. 249)
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Gedschedsch Tebrisi (14. Jh.)

Ich kann auf deine Traurigkeit
Mit Herzenslust zurück nicht sehn,
Für beyde Welten kann ich nicht
Auf deine Lieb' zurücke sehn.

Wie schön, wie schön! der Schmetterling
Ist meiner Liebe wahres Bild,
Wenn ich die Seele mir verbrenn',
Werd' ich doch nicht zurücke sehn.

Da dein Geheimniß über Zeit
Und über Raum erhaben ist,
Werd' ich mein ganzes Leben lang
Auf Zeit und Raum zurück nicht sehn.

Wenn durch den Wunsch nach dir Gewinn
In Schaden sich verkehren soll,
Werd' ich, wenn deiner ich begehr',
Auf Schaden und Gewinn' nicht sehn.

Da zur Gewißheit ich gelangt,
Daß du der Ursprung alles Wahns,
Will im Besitze der Gewißheit
Ich auf den Wahn zurück nicht sehn.

In deinem Gaue renn' ich scharf,
Als hätte ich den Kopf verloren;
Auf Pferd und Zügel brauch' ich nicht
In meinem Lauf' zurück zu sehn.

Wiewohl Gedschedsch im Liebesmeer
Das Ufer glücklich hat erreicht,
Will er vom Ufer dennoch nicht
In's weite Meer zurücke sehn.
(S. 251-252)
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Scherifi (auch Sahib Balchi) (14. Jh.)

Gasel

Mehr als ew'ges Leben
Ist Genuß des Freundes besser,
Mehr als Lebens Wasser
Ist Rubin der Lippen besser.

Da des Freundes Locken
Alles Unheils Quelle sind,
Ist es für die Wangen
Drein sich zu verstecken besser.

Alle Adern regen
Sich mit Liebe für ihn auf,
Ihm mit Lieb' sich weihen
Ist für reine Herzen besser.

Lieblich dünkt die Bothschaft
Von dem Morgenwind den Freunden,
Aber sich zu klagen
Dem Geliebten ist noch besser.

Alles dieses treibet
Sich herum in meinem Kopfe:
Wirf es weg, Scherifi!
Wirf es weg! so ist es besser.
(S. 252)
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Amad Fakih (gest. 1390)


Der Arme, der von dem Spital des Glaubens
Wein bringt den Weisen die am Wege sitzen,
Bekümmert sich um Leiden auf dem Weg so wenig
Als wer auf Chiser oder Jesus baut.

Ich schrieb in mein Gemüth das Wort des Vaters,
Deß Grab von Ambra duft' am jüngsten Tage.
O Herz! wenn mit Gefallenen du sprichst,
Sieh' nicht auf sie mit Schelmenaug' herab.

Des Glaubens Herren ritten zu Schiras
Ameisen gleich, langsamer noch, vorbey.
Wenn in der Welt durch dich kein Herz sich freut,
So handle so, daß sich kein Herz betrübt.

Es ruft Amad nur Gott um Hülfe an,
O Helfer! dich, dich flehen wir um Hülfe.
(S. 253)
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Amad Fakih (gest. 1390)

Ich dien' ihm, wenn er mein gedenket oder nicht,
Es sind der Arme und der Reiche gleich beraubt.
Nicht hier allein ist man gen Seher ungerecht,
Denn überall sind irre Liebende gekränkt.

Such' einen treuen Freund umsonst nicht in der Welt,
Bemüh' dich nicht, o Herz, die Treue ist verschwunden.
Vor Liebenden kann man nicht von Vernünft'gen sprechen,
Denn dieses Volk verstehet diese Sagen nicht.

O Herz, vor allem was zur Liebe sich nicht schicket,
Verschließ das Aug', denn widerwärtiger Blick ist böse.
(S. 253)
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Kemal Chodscheni (14. Jh.)


Von süßen Lippen ward noch Niemand satt,
Von Zucker sah die Ameis Niemand satt.

Ich folge stöhnend dir, denn es erscholl
Der Glockenton der Kaabakarawane.

Dem Morgen sag: erschein' zum Unglück nicht,
Hab' Acht, denn des Genusses Nacht ist heute.

Durch deine Locke, so die Frommen schwärzt,
Wird selbst der Vogt im Wollenkleide reich.

Dein Wangenmaal fällt in mein Auge nicht,
Auf leere Tische fallen keine Linsen.

Ich wandert' aus beym Anblick deines Gau's,
Auf Wiesen flieht die Nachtigall den Käficht.
(S. 256-257)
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Kemal Chodscheni (14. Jh.)

Die Ceder, die zu uns von Fluren kömmt, wer ists?
Die Knospe, die den Zucker blutig färbt, wer ists?

Die Frucht, die von dem Baum der Paradiesesfluren
Als Kinnesapfel fiel zum Mund herab, was ists?

Der Saum der Rose ist mit Dornen rings besäet;
Welch Hemde gab dir Duft, o Morgenwind, was ists?

Ein Kleid, das du nicht hundertfältig hast zerstückt,
Wer hat von Klausnern es wohl auf dem Leib, wer ists?

Vom Wasser wird am Leib' ein jedes Kleid durchnäßt;
Das Wasser, das die Kleider nicht durchnäßt, wo ists?

Kemal, in deinen Versen strömt des Lebens Quell,
Weß Verse fließen so lebendig heut, wer ists?
(S. 257)
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Kemal Chodscheni (14. Jh.)

Welch Cedernwuchs, welch Wangenflor!
Welch Zuckermund, welch süße Rede!

Welch langes Haar, welch finstre Locken!
Welch ein Turban, und welche Fessel!

Welch ein Vertrauter, welch ein Freund!
Welch Gramgenoß, welch eine Seele!

Welch Fallstrick, und welch eine Macht!
Welch räubrisch Herz, welch ein Betrüger!

Welch Auge, und welch Zuckermund!
Welch Arzeney, und welch ein Arzt!

Welch Schönheit, welch Vollkommenheit!
Welch Nachtigall, und welch Gekose!
(S. 257)
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Kemal Chodscheni (14. Jh.)

Dein Bart ist grün, die Lippen Moschusrosenwasser,
Dein Mund ein Sonnenstäubchen, dein Gesicht die Sonne.

Du bist der Schönheit Schatz, und viele Herzenskammern
Sind aus Begier nach diesem Schatz verwüstet worden.

Es brennt mein Herz vom Mondlicht deines Angesichts
Wie der gebrochne Flachs, gebleicht am Mondenscheine.

In Nächten, wo die Schwelle nicht zum Kißen dient,
Was nützen denn die Polster mir, und was der Schlaf?

Geh' Klügling, geh'! und fürchte meine Strafe nicht;
Dein Anblick ist allein für mich die größte Strafe.

 Gott Lob! daß ich an deinem Saume mich nicht halte,
Wenn meinen Saum die Maale von dem Wein beflecken.

Kemal, befeucht' den Staub des Thors mit deinen Thränen,
Es öffnet sich das Thor vielleicht bey diesem Regen.
(S. 257)
_____



Kemal Chodscheni (14. Jh.)

Naturen zart erkennen nur
Den Werth der Lippen und des Mundes.
Gedanken fein erfassen nur
Den Faden deines feinen Wuchses.

Als du einhergingst auf der Flur,
Da sprach, wie folget, die Cypresse:
Gar herrlich gehst du so allein,
Die Körper fallen deiner Seele.

Weißt du warum von deinem Thor
Der Nebenbuhler mich entfernt?
Weil er gestatten wollte nicht
Daß ich an deiner Schwelle sitze.

Wenn vor den Pfeilen deines Aug's
Das Herz nicht hält den Schild der Seele,
Ists besser, daß es flüchte sich
Vor Brauenbogen in den Winkel.

Das Hemde der Geduld zerriß
Ich heute tausendfach in Stücken,
Als ich dich wie die Rose sah,
Von einer Hand zur andern wandern.

Ich hörte von dem Morgenwind;
Ist es die Luft? ist es dein Odem?
Ich sah, und sah die Blase nicht;
War's Nichts? war es vielleicht dein Mund?

Kemal, der Arme, siehet sich
Erhöhet zu der Sultanswürde,
Wenn man ihn anders zählen will
Zu deiner treuen Diener Schaaren.
(S. 257-258)
_____



Kemal Chodscheni (14. Jh.)

Mir fiel das Herz, doch weiß ich nicht warum;
Dem Schelmen weh! der Ursach' solcher Wehen!

Den Bau, den ich mit Fröhlichkeit erhoben,
Hat deines Grames Strom vom Grund zerstört.

Vergeßt ihn, saget sie, den Nebenbuhler;
Wie fein des Liebenden sie sich erinnert!

Was kann Medschnun wohl wider Leila thun,
Wär' er nicht blind, hätt' er sein Herz bewahret.

Vom Mund Schirin's, o haltet mich nicht ab!
Weil sie zuletzt den Tod Ferhad's bereu't.

Ferhad durchbohrte nur den Stein, und ich
Durchbohre Liebesperlen, sieh' die Kunst.

Kemal, nach Samarkand schick' diese Perlen,
Daß sich das Volk darinnen wälzen möge.
(S. 258)
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Kemal Chodscheni (14. Jh.)

Dein Schelmenaug' hält mein verliebtes Herz gefangen,
Wie Vogelfänger Nachtigallen in dem Käficht!

So oft als du mit Anmuth schwankest stöhnt mein Herz,
Es ist der Glockenschall von deiner Karawane.

Es wendet gegen uns dein Angesicht die Locken,
Was Wunder wenn sich Feuer gegen Reisig kehrt!

Der Glanz des Angesichts verbrannte mich wie Speicher;
Der Schönheit Liebesgluth ergreift die ganze Welt.

Den Lippen fehlt es nicht an süßem Zuckerwerk,
Die Fliegen fallen in das Glas des Lippenweins.

Am Morgen seufze ich nach dir, da ward es heller;
Was soll ich thun, des Herzens Rauch ergriff die Seele?

Die Seele opfre du, Kemal, dem Liebsten auf,
Gibst du das Kleid dem Sänger nicht, nimmt es der Vogt.
(S. 258)
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Dschelaleddin Adhad (14. Jh.)

Frühlingsgedicht

Wie Blumenmärkte sind die Wiesen weiß,
Und von Jasminen sind die Wüsten weiß.

Es spiegeln roth die Tulpen sich im Thau,
Wie Perlen und wie Onyx schwarz und weiß.

Der Regen wäscht die dunkeln Hyacinthen
Umsonst; den Mohren waschet man nicht weiß.

Sieh, Blüthen fallen auf die Hyacinthen,
Sie stehn wie Indier in Hemden weiß.

Die alte Welt gießt Wasser aus den Wolken,
Zu waschen vor des Gartens Braut sich weiß.

Es lachen ihr die Blumen ins Gesicht:
Seht wie die Alte sich nun waschet weiß.

Wie an dem Fest der Schah auswirft das Silber,
So ist die Flur bestreut mit Blumen weiß.

Die Wolken, die den Bergen nah'n im Lauf,
Sind Schenken, die den Saum sich schürzen auf.

Die Ufer sind nun durch den Frühling grün,
Ja! durch den Frühling sind die Ufer grün.

Die Gärten sind verkehrt in schöne Wangen,
Die Rosen sind entblüht, die Hecken grün.

Der Papagey greift gleichsam Perlen auf
Im Tulpentau, die Vögelwelt ist grün.

Die Wolke goß auf Weiden Perlentropfen,
Sie funkeln wie der Dolch des Schahes grün.

Durch ihn, den Allgerechten, wird der Hof,
Die Kirche, wie die Flur, im Frühling grün.

Die Braut der Zeit eroberte sein Schwert,
Auf dessen Stahl Ameisen dunkelgrün.

Vor seinem Festungswall und seinen Gräben
Erscheint des Himmels Schloß als Wiese grün.

Violen mit gesenktem Haupte weinen,
Daß auf der Flur die Rose mög' erscheinen.

Narcissen sind wie deine Feinde gelb,
Im Staub des Wegs geschleppt, krank und gelb.

Es stählt der Morgen schon der Sonne Lanzen,
Wie an dem Tag des Kampfes, sonnengelb.

Die Erd' ist roth vom Blute der Erschlag'nen,
Des Himmels Blau ist nun verkehrt in Gelb.

Von dem Rubine deines Dolches scheint
Der Mond, die Sonne und der Himmel gelb.

Sobald sich deines Schwertes Klinge zeigt,
Wird Sonnenantlitz von dem Scheine gelb.

Im Staub liegt nun des Angesichtes Glanz,
Vom Staube werden Rosenwangen gelb.

In Schlachten sey dein Schwert beständig roth,
Der Gram verfärbe nie dein Antlitz gelb?

Es kräusle dir des Sieges Luft das Haar,
Gesegnet sey, o Fürst, dein neues Jahr.

Der Schöpfer, der die Ros' gemahlet roth,
Er stempelte auch deine Schönheit roth.

Der Garten ist ein wahres Götterfest,
Die Tulpe ist ein Becher voll mit Weine roth.

Syringenblüthen fallen auf Narcissen;
So wird der blaße Feind aus Ingrimm roth.

Durch die Gerechtigkeit und Feindesblut
Sind Berge grün und Anemonen roth.

Ein Wasser hat dein Dolch, das deinen Feind
Am Halse wie mit Rosen tränket roth.

Der Wiesengrund, die Au'n, des Flußes Ufer
Sind grün in grün und Ros' in rosenroth.

Narcissen krümmen sich ob schlanken Wuchs,
Und werden, wenn du Gold ausspendest, roth.

Wenn deine Majestät der Sonn' sich zeiget,
Die Sonne vor derselben roth sich neiget.

Die Gärten sind von Veilchen violett,
Sie stehn wie Bartesflaumen violett.

Narcissen und Syringen haben Galle,
Auf jene fallen diese violett.

Die Tulpe schläft noch in der jungen Knospe,
Ein Speer von Feindesblute violett.

Dein Dolch vergießt so viel des Feindesbluts,
Daß der Safran sich färbet violett.

Es färbt dein Schwert das Schlachtfeld veilchenblau,
Wie Veilchen ist dein Garten violett.

Die Farbe selbst ist deines Schwertes Farbe
In Feindesblut getauchet violett.

Merkur und Mars beneiden Schwert und Kiel,
Aus Neide sind sie schwarz und violett.

Wenn sieben färb'ger Zeug mein Lied soll binden,
Aus Scham die sieben Farben all' verschwinden.

Der Himmel ist von deinem Schwertglanz blau,
Und hart schlägt er die Menschen alle blau.

Er krümmt vor dir gehorsam seinen Rücken,
Und steht zu deinem Dienst mit Füßen blau.

Wo ist er? wo des Thrones Rosenbeet?
Ein Unterschied wird zwischen grün und blau!

Die Fürsten sind vom schwarzen Loos bedrängt,
Sie kleiden sich aus Furcht in Trauer blau.

Reich' mir die Hand und kratz' nicht wie der Vogel,
Sonst werden mir der Finger Nägel blau.

Das Gute sieh und schau aufs Böse nicht,
Es strahlet Glanz die Augenschminke blau.

Wie Veilchen und Narcissen sey dein Hemd
Im Staub begraben, oder traure blau.

Ich schmelze in der Sonne goldne Sagen;
O Sonne, wollest mich im Schatten tragen!

Du dessen Kiel den Mond bezeichnet schwarz,
Wer ist es, dessen Haupt nicht wäre schwarz!

Des Glückes Schminke strahlt aus allen Augen,
Nur meinen däucht die Welt auf immer schwarz.

Im Kreis' der Weiber leid' ich täglich Qual,
Von der sowohl die weiß, als der die schwarz.

Ich sah mit blut'gem Aug', es sind vom Loos
Die Tulpen roth von Stirn, von Herzen schwarz.

Ich kam in die Gewalt von meinen Feinden,
Sie kauften steigernd mich um Kupfer schwarz.

Erbarme dich und blick' auf mich; wenn nicht,
Wird durch des Herzens Rauch die Welt noch schwarz.

Ich will des Feindes Loos mit Schwarz besiegeln,
Denn aller Farben Höchstes liegt im Schwarz.

Ergreif' was du im Innern kannst behalten,
Es dient, des Lebens Dauer zu entfalten.
(S. 259-260)
_____



Bussati (15. Jh.)

Bin mit verhängtem Zügel ich davon gekommen,
So ist vom Schelmenaug mir Unheil zugekommen!

Da ganz aus Nichts dein enger Mund erschaffen ist,
Wird den Geschöpfen Nichts davon zukommen.

Wenn dein Phantom als Gast kommt in das Herz,
Zwey Thränenbäche als Kuriere voraus kommen.

Bussati, laß' dein Herz nicht auf geheimer Flucht,
Denn sein Genuß wird Freunden seines Bilds zukommen.
(S. 276)
_____



Bussati (15. Jh.)

Ueberall wo ohne Rosen
Deines Angesichts ich ging,
Deines Cederleibs gedenkend,
Ich zu seufzen gleich anfing.

Jahre lang wie Schmetterling
Hab' ich mich für dich verbrannt,
Bis zuletzt der Schmerz der Liebe
Mir ein Maal hat eingebrannt.

Busendornen, Herzensseufzer,
In der Leber Schmerzenspfeil,
Solche Ungerechtigkeiten
Wurden mir gar viel zu Theil.

Dein getreuer Sclave bin ich,
Nur dein Staub hat für mich Werth.
Du, der mich um Gold gekaufet,
Du, erkennen meinen Werth.

Thränenstrom was eilst du so
Hin zu meines Freundes Gau?
Sieh' ich komme ja mit dir,
Trag' im Auge mich zur Schau.

Deines Bildes wegen haben
Viele Seelen ausgespielt,
Und wir selber, wir Bussati,
Halten uns nun an dein Bild.
(S. 276)
_____



Bussati (15. Jh.)

Ueberall wo ohne Rosen
Deines Angesichts ich ging,
Deines Cederleibs gedenkend,
Ich zu seufzen gleich anfing.

Jahre lang wie Schmetterling
Hab' ich mich für dich verbrannt,
Bis zuletzt der Schmerz der Liebe
Mir ein Mahl hat eingebrannt.

Busendornen, Herzensseufzer,
In der Leber Schmerzenspfeil,
Solche Ungerechtigkeiten
Wurden mir gar viel zu Theil.

Dein getreuer Sclave bin ich,
Nur dein Staub hat für mich Werth.
Du, der mich um Gold gekaufet,
Du, erkenne meinen Werth.

Thränenstrom was eilst du so
Hin zu meines Freundes Gau?
Sieh' ich komme ja mit dir,
Trag' im Auge mich zur Schau.

Deines Bildes wegen haben
Viele Seelen ausgespielt,
Und wir selber, wir Bussati,
Halten uns nun an dein Bild.
(S. 276)
_____



Bussati (15. Jh.)

Aus Schaam des Flaums, der an den Wangen
Des Mondes hat um sich gegriffen,
Hat sich die Sonne ganz verschleyert,
Und hat der Mond die Flucht ergriffen.

Das Blut, das mir entlockt die Wange,
Es dient die Flaumen zu begießen,
O Herr! Nichts Böses widerfahr' ihm,
Es hat den besten Theil ergriffen.

Der Rose fiel es bey zu prahlen,
In deiner Gegenwart mit Zartheit,
Sie blieb so lang in dieser Täuschung,
Daß sie zuletzt Geruch ergriffen.

Auf einmahl wollte sich dein Blitz
Aus meinem Auge wegbegeben,
Da haben meine heißen Thränen
Sogleich denselben Weg ergriffen.

Der fromme Klausner, den es dürstet
Nach Bechern voll mit Rebenblute,
Ist zu der Kanzel Fuß gekommen,
Und hat die Kanne dort ergriffen.

So lang das Aug' sah deine Mitte,
So hat es wahrlich Nichts gesehen!
Ihr wißt, es sehen Nichts die Augen
Die sich in einem Haar vergriffen.

Wenn zu dem Schahe des Genusses
Bussati nicht die Straße findet,
Wie hat den seine Hand den Zügel
Des Willengaules angegriffen.
(S. 276)
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Bussati (15. Jh.)

Dein Mundrubin Geliebte ist so süß,
Daß durch Gedanken mir der Mund wird süß;
Auf deinen Lippen sitzt die Seele süß,
Den Kuß verweigerst du mit Recht gewiß.

Auf Wangen hast du rabenschwarzen Flaum gebracht,
Hast tausend Maale in mein krankes Herz gebracht.
Die Menschen bringen Licht gewöhnlich in der Nacht;
Warum hast umgekehrt die Nacht ins Licht gebracht?

Zum Silberbusichten hat er gesprochen:
Warum ist deine Rede so gebrochen?
Mein Mund so winzig ist, hab' ich gesprochen,
Es käm' kein Wort heraus, wär's nicht gebrochen.
(S. 276-277)
_____


übersetzt von Joseph von Hammer-Purgstall (1774-1856)

Aus: Geschichte der schönen Redekünste Persiens
mit einer Blüthenlese aus zweyhundert persischen Dichtern
von Joseph von Hammer Wien 1818


siehe auch Teil 2


 

 


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