Eduard von Paulus (1837-1907) - Liebesgedichte



Eduard Paulus
(1837-1907)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 





O sprächst du Worte mir mit sanftem Ton,
Daß meiner Seele sie den Frieden brächten,
Denn wie viel heiße Thränen hab' ich schon
Um dich geweint in sternlos dunklen Nächten.

Auch heut im Traume warst du mir so gut,
Am Bach der Heimat sind wir hingegangen,
Maiblumen spielten an der klaren Flut,
Darüber sah man Weidenbäume hangen.

Es war ein Frühling über alles Land
Bis in des Thalgrunds Tiefen ausgegossen,
Wir gingen immer weiter, Hand in Hand,
Von einer stillen Seligkeit durchflossen.

Und alles Weh, das ich an dir gethan,
Es war gesühnt, auf immer überwunden,
Wir sahen uns mit hellen Augen an -
Es war so schön, da war der Traum verschwunden.
(S. 21-22)
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Du wurdest mir Madonne,
Der Gnadenmilde voll,
Mein heilger Liebesbronne,
Mein Hort in Gram und Groll;
Aus deinem Auge scheinet
Ein blauer Wunderschein,
Mein Herz vor Freude weinet,
Wenn ich gedenke dein.

Weit bin ich umgefahren
Im rauhen Büßerhemd,
Mit sturmverwehten Haaren
Und war mir selber fremd.
Du zeigst mir wieder offen
Mein grünes Heimatthal,
Gabst mir ein süßes Hoffen
Nach langer Todesqual.

Die Quellen meines Lebens,
Sie strömen auf zu dir,
Die Unruh meines Strebens
Besänftigst du in mir;
Zu reineren Gestalten
Zogst du mich an das Licht,
Ich muß die Hände falten,
Seh' ich dein Angesicht.

Du wurdest mir Madonne,
Der Gnadenmilde voll,
Mein heilger Liebesbronne,
Mein Hort in Gram und Groll;
Aus deinem Auge scheinet
Ein blauer Wunderschein,
Mein Herz vor Freude weinet,
Wenn ich gedenke dein.
(S. 22-23)
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Nicht mag ich mich legen ins kühle Grab,
Mein Kind, weil ich so lieb dich hab' -
Ich schliefe sonst so gerne
Den bösen Leuten ferne.

Zu meinen Füßen rauscht der Wald
Und sagt, nun ist die Hochzeit bald,
Eh' die Lerchen zum Meere fliegen
Und Blätter am Boden liegen.

Vom Himmel strahlt ein schöner Stern
Und mahnt mein Herz an die Gnade des Herrn,
Er hat uns soweit geleitet,
Um uns seinen Mantel gebreitet.

Eine Rose brech' ich vom Felsenrand,
Die will ich legen in deine Hand,
Die Rose wird bald vergehen,
Unsre Liebe wird ewig bestehen.
(S. 23)
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Muß ich morgens früh aufstehen,
Möcht' ich gleich zur Liebsten gehen,
Klopfen leis an ihre Thür,
Hab' die Nacht von ihr geträumet,
Und nun schon mit Gold gesäumet
Geht die Sonne stolz herfür.

Ueber Bergen, über Thalen
Gießt sie ihre reinen Strahlen,
Und ich bin entzückt davon,
So mit deiner Lieb' und Milde
Scheinst du auf mein Herzgefilde,
Und es ist mein schönster Lohn.

Wohl bedeckt mit Eis und Schnee
Ist der Bach, allein ich gehe,
Wie im schönen Monat Mai,
Wenn um mich die Vögel singen,
Und mir süße Düfte bringen
Anemon' und Akelei.
(S. 24)
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Wie stieg der Mond so voll
Herauf am Bergeshange,
Und meine Seele schwoll
Von liebendem Gesange.

Im Strahle seines Lichts
Bin ich bei dir gesessen,
Hab' deines Angesichts
Hellschönen Geist ermessen.

Es wurde mir zu Mut,
Als ob mir gegen innen
Mit leisgedämpfter Glut
Die Freudenthränen rinnen.

Des Lebens Rätsel kam
An mich herangetreten,
Doch nicht als dumpfer Gram,
Es war ein tiefes Beten.

Ich sah zu dir empor,
Als wie aus Kindesträumen,
Als ob ich mich verlor
In Paradiesesräumen.
(S. 24-25)
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In hoher Schöne wandelt
Dein Bild durch diese Welt,
Daneben wird gehandelt,
Geschachert und vertandelt,
Und klirrt das rote Geld.

Du hörest nur die Lieder,
Die der Geliebte singt,
Der immer neue wieder
Vom Himmelreich hernieder
Als Morgengabe bringt.

So gehn wir traumversunken
Durch diese Todeswelt,
Von ewger Liebe trunken
Und von den Siegesfunken
Des höchsten Glücks erhellt.
(S. 25)
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Nun ist der Frühling doch gekommen,
Der Himmel steht so licht und rein,
Es glüht, vom Morgenrot durchglommen,
Hoch auf dem Berg der Fichtenhain.

Nun flimmert um die grauen Türme
Der Nebel als ein Silberrauch,
Vergangen sind die schweren Stürme,
Es kam ein linder Lebenshauch.

Und wie nun fromm die Glockenblume
Ihr Auge aufschlägt himmelan,
So blühst du mir zu Gottes Ruhme
An meiner steilen Pilgerbahn.

Was könnte mir der Frühling geben,
Das du nicht noch viel reicher giebst,
Was möchte noch mein Herz erleben,
Seit du mich unaussprechlich liebst.
(S. 25-26)
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Wie grünen jetzt die Buchen
An steiler Bergeswand,
Laß uns die Pfade suchen
In jenes Wunderland,

Wo sonder Kampf und Lehre
Die Schönheit still gedeiht,
Aus aller Angst und Schwere
Die Seele sich befreit.

Da siehst du Berge ragen
In hoher Mittagsglut,
An ihre Wurzeln schlagen
Des Meers tiefblaue Flut.

Da will ich dir bedeuten
Die Stadt am Tiberstrom,
Wenn schon das Aveläuten
Erklingt vom Petersdom.

Da singst du leis mir wieder
Im goldnen Abendschein
Der Heimat ferne Lieder,
Und wiegst mich lächelnd ein.
(S. 26)
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Die Pfade sind vergessen,
Die Blumen sind verblüht,
Wo wir dereinst gesessen
Mit trunkenem Gemüt.

Auf unsre Seelen thaute
Ein Frieden wie noch nie,
Es klang wie Harfenlaute
Voll tiefster Poesie.

Die Thränen sah ich rollen
So selig und so wahr
Aus deinem wonnevollen,
Verklärten Augenpaar.

Des Himmels Wolken hingen
In rosenrotem Kranz,
Des Waldes Bäche gingen
Im letzten Abendglanz.

Und alle Vögel sangen
Im Laube, grün und dicht,
Dies alles ist vergangen,
Nur unsre Liebe nicht.
(S. 26-27)
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Ihr Hügel der Heimat,
Voll grünendem Wein,
Ihr waldreichen Thäler
Im Goldsonnenschein.

Mit moosigem Haupte
Du mächtiger Turm,
Wie weht um den Kranz dir
Maiblüten der Sturm.

Du Haus meiner Liebe,
Mit Rosen umhegt,
Von der Lieblichen selber
Gepflanzt und gepflegt.

Es nisten die Vöglein
Mir unter dem Dach,
Und es flüstert so traulich
Vorüber der Bach.

Es kommen die Freunde
Zum fröhlichen Schmaus,
Und der Segen der Götter
Durchfriedet das Haus.
(S. 27-28)
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O steige mir nicht in den Nebel hinein,
Hier oben ist herrlichster Sonnenschein,
Hier oben da dehnt sich der Himmel so frei
Und schwingt sich in prächtigen Kreisen der Weih.

Im nebligen Meere die Welt sich verlor,
Nur als Inseln noch ragen die Berge hervor,
Die waldigen Berge, wie schön ist es hier,
O du Stern meines Lebens, o bleibe bei mir.
(S. 38)
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Als Fremdlingin stehst du
In deiner Umgebung,
Doch höchste Belebung
Und heiligen Frieden in Fülle verwehst du.

Und all das Getriebe,
Das Werkeltagstreiben,
Muß ferne dir bleiben,
Fortträumst du vom Garten der ewigen Liebe.

Schwermütig ragst du
Herab in das Dunkel,
Doch vom reinen Gefunkel
Der eigenen Schönheit durchschimmert, nicht klagst du.
(S. 38)
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In jene Thäler möcht' ich ziehen,
Wo mich mit deinen Melodieen
Umrauscht der hohe Buchenwald,
Welch reiches Leben in den Wipfeln,
Und strahlend auf der Berge Gipfeln
Gebrochne Burgen, stumm und alt!

Ein Zauber liegt auf diesen Gauen,
Wie golden ist das Land zu schauen
In seinem herbstlich bunten Kleid,
Vom Weltgetümmel abgeschieden,
Ruht es in wunderbarem Frieden,
In gotterfüllter Einsamkeit.

Oft wenn die Abendwolken kamen,
So blick' ich durch die Fensterrahmen
Verlangend in das blaue Land; -
Entflohen sind die frohen Lieder
Aus meiner Brust, wann streif' ich wieder
Mit dir im Walde Hand in Hand?
(S. 38-39)
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Was ich zu dir empfinde,
Das spricht kein irdischer Mund,
Das lebt als Klang tief wunderbar,
Unfaßbar und doch ewig wahr,
In meiner Seele Grund.

Und wenn du mich verlassen,
So ist das eitel Nichts,
Du kannst von mir nicht lassen,
Du müßtest eher hassen
Die Bahn des reinen Lichts.

Ein Traum ist unser Leben,
Voll Sehnsucht und voll Angst,
Ich aber kann dir geben,
Daß du im ganzen Leben
Nicht irrest und nicht bangst.

Was ich zu dir empfinde,
Das spricht kein irdischer Mund,
Das lebt als Klang tief wunderbar,
Unfaßbar und doch ewig wahr,
In meiner Seele Grund.
(S. 39)
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Ahnung

Wie die zarte Kirschenblüte
In dem dunkelgrünen Wald,
Wirkt auf mich mit ihrer Güte
Deine himmlische Gestalt.

Leise Wehmut überschauert
Meines Herzens tiefste Kluft,
Denn mir ist, nicht lange dauert
Deiner Schönheit Zauberduft.

Bald wird dich von hinnen rufen
Rätselhaftes Götterwort,
Aber auf des Tempels Stufen
Flammt dein Bild uns ewig fort.
(S. 41)
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Die Geliebte

Mein Vater ist ein Fiedelmann,
Der wunderherrlich geigen kann,
Wie geiget er so schöne,
Er geiget fis und geiget cis,
Das giebt ins Herz mir einen Riß,
Die vielen, vielen Töne.

Meine Mutter ist eine große Dam',
Die sitzt so da als wie im Gram,
Und thuet nichts als schweigen,
Der Vater auch macht nicht viel Wort,
Und geht gleich nach dem Essen fort,
Zu fischen und zu geigen.

Mein Liebster ist ein Gymnasist,
Was eigentlich noch gar nichts ist,
Doch ist er gar so holde,
Und käme selbst ein Lieutenant
In silberstrotzendem Gewand,
Ich keinen andern wollte.

Die Eltern nicht verliebt mehr sind,
Ich bin das allereinz'ge Kind
Und sitze so alleine,
Und wenn die schöne Mutter schweigt,
Und wenn der gute Vater geigt,
Ich oft im stillen weine.
(S. 87)
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Die Geliebte vor dem Pfarrer

Das arme Kind, der Pfarrer mußt'
Das Schreckliche erfahren,
Sie steht vor ihm sich kaum bewußt
Mit ihren goldnen Haaren.

Der Pfarrer denkt in seinem Sinn:
Doch eine süße Speise,
Der feine Mund, das weiche Kinn,
Die Stirn, die blenden weiße.

Gewöhnlich ruft uns unsre Pflicht
Zu vorgerücktern Damen,
Zu solchen Jungfraun, welche nicht
Sich mehr verbräutigamen.

Sie aber ist nicht fünfzehn Jahr
Und schon so ausgebildet,
Und ihre Augen sind fürwahr
Von Liebe schon durchmildet.

Und eine Wehmut überschleicht
Den alten Seelenhirten,
Dann aber spricht er: Kind, wie leicht,
Zählt man zu den Verirrten.

Mit einem Jüngling stehst du schon
In zärtlicher Bekanntschaft,
Mir sagt es mit gerechtem Hohn
Die sämmtliche Verwandtschaft. -

Wie wurde wie das Blut so rot
Das Kind, das heilig holde,
Und wieder blaß als wie der Tod,
Als ob sie sterben sollte.

Dann aber ist ein Thränenstrahl
Aus ihr hervorgebrochen, -
Ich habe nur ein einzigmal
Mit ihm ein Wort gesprochen.
(S. 87-88)
_____



Liebchen

Liebchen, laß dich nicht beirren,
Wie sie schnauben, wie sie blasen,
Wie sie klauben, wie sie girren,
Diese alten Kaffeebasen,
Nachbarinnen, Nähterinnen,
Ewige Verräterinnen,
Denn das Strahlende zu schwärzen,
Fehlt es nie an Menschenherzen.

Doch von Anmut übergossen,
Wandelst du auf stillen Wegen,
Unter deinen Sohlen sprossen
Friede, Freude, Licht und Segen,
Sonnenhaft ist dein Gemüte,
Strahlt in immer gleicher Güte
Durch das schwere Graun der Nächte
Auf Gerecht'- und Ungerechte.

Und die Seele, die dein eigen
Ward im weitem Weltgetriebe,
Will zu deiner Seele neigen
Sich in immer heißrer Liebe,
Tiefer als die Meereswogen,
Heller als der Himmelsbogen,
Heilig wie des Altars Flammen,
Wachsen wir in eins zusammen.
(S. 92)
_____



Der Poet

Bringe mich nicht ins Gedränge,
Wieder willst du eine Menge
Von Gedichten, o mein Kind,
Weißt du nicht, von allen Seelen,
Die auf dieser Welt sich quälen,
Dichter am bequemsten sind.

Nur in Traumeswogen wollen
Hin sie ihre Tage rollen,
Folgend ihrem Genius,
Und wenn sie das Haupt bewegen,
Wollen sie's an Liebchen legen
Und es weihn mit sel'gem Kuß.

O mein Liebchen, o Constanze,
Immer haben sie das Ganze
Nur im Aug' und sehen zu,
Wie sich Mensch mit Menschen plagen,
Und sich nimmer doch erjagen
Lebensglück und Seelenruh.

Wir, mit Göttern aufgewachsen,
Lassen um die Erdenachsen
Alles drehen wie sich's dreht,
Bis der Urgeist seine Tiefen,
Die vom Aetherlichte triefen,
Ueber unsre Seelen weht.

Dann in honigsüße Worte,
Duftend wie des Himmels Pforte,
Gießen wir, was wir erlauscht,
Um damit dein Herz zu grüßen,
Liebchen, daß zu deinen Füßen
Strom des ewigen Lebens rauscht.
(S. 93)
_____



Endlich

Wirklich über alles Erwarten
Schicken sie endlich Verlobungskarten:
"Eduard Paulus und Constanze Renz",
Geschahs nicht im seligen duftenden Lenz,
So geschieht's doch im Herbst, wenn erdröhnen die Keltern,
Und zwar mit Bewilligung jeglicher Eltern.
Das ist ein Glückwünschen und Besuchen,
Ein Backen von mürben und anderen Kuchen,
Ein Laufen und Schnaufen von den Verwandten,
Ja selbst von den fast Unbekannten:
Wir sind nicht überrascht, wir haben gewußt,
Daß dies lang schon geschlummert in liebender Brust.
Wann wird dann wohl die Hochzeit sein? -
Ich denk', wenn wir wieder leben im Mai'n,
Wann die singenden Schwalben wiederkehren,
Dann sollt ihr den Hochzeitstrauß bescheren:
Dem Mann einen Schlafrock, der Frau die Pantoffeln
Und einen großen Sack mit Kartoffeln,
Auch Rinds- und Schweineschmalz obendrein,
Dann soll die frohe Hochzeit sein.
(S. 94)
_____



Verkauft

Schön bist du, schön wie der Mond,
Tritt er vor den Sternenreigen,
Deine Haare, lang und blond,
Blau dein Aug' und so tief eigen.

Nimm ihn, heißt es, zwanzig Jahr,
Schrecklich, wenn man ledig bliebe, -
Nimm ihn doch, er zahlt sie bar,
Eine heiße Jugendliebe.

Nimm ihn, - doch kein Dichter wird
Dir zu deiner Hochzeit harfen,
Warum hast du dich verirrt
Unter grause Börsenlarven?

Mit Dukaten deckt der Wicht
Grenzenlose Geistesöde,
Warst so schön, ich dachte nicht,
Daß dein Herz sich selber töte.

Fahren wirst du künftig einst
Auf Ostindiens Tigerfellen,
Aber in der Nacht du weinst,
Und nichts kann die Nacht erhellen.

Deiner Schönheit stille Welt
Wird als wie ein Traum zerstieben,
Und dir bleibt nur noch das Geld,
Und das mußt du ewig lieben.
(S. 95-96)
_____



Die Braut

Die Sternenaugen schauen
Vom Himmel her so klar,
Auf den verschneiten Auen
Liegt tot die Heldenschar.

Die Wunden alle vornen,
So liegen sie gereiht,
Bei Disteln und bei Dornen
In Bergeseinsamkeit.

Wer aber kommt geschritten
Mit raschen Tritten dort,
Und wandelt hoch inmitten
Der bleichen Toten fort?

Was will die Jungfrau sehen?
Die Nacht ist grimmig kalt,
Die goldnen Haare wehen
Lang über die Gestalt.

So sucht sich die Walküre
Den besten Helden aus,
Daß sie ihn mit sich führe
In Wodans helles Haus.

Und sie hat ihn gefunden,
Grüßt ihn mit schrillem Laut,
In starren Todeswunden
Liegt er vor seiner Braut.

Sein Mund ist halb geschlossen,
Sein Haupt fiel sanft zurück,
Als ob er noch genossen
Im Tod das höchste Glück.

Als ob an ihrem Munde
Sein Mund noch einmal hing,
Eh' daß zum schwarzen Schlunde
Sein Leben schaudernd ging.

Sie knieet zu ihm nieder
Und spricht und deutet nicht,
Beschaut nur immer wieder
Sein edles Angesicht.

Und wie die Stunden rinnen,
Der Wald im Froste klirrt,
In ihrem Herzen drinnen
Es immer stiller wird.

Sie glaubt, daß sie geträumet,
Ihr drückt ein weicher Klang
Das Auge zu, was säumet
Die Liebende so lang?

Und aus des Himmels Thoren
Weht schon der Morgenwind,
Sie rührt sich nicht - erfroren
Ist das getreue Kind.
(S. 128-130)
_____



An das Herz

Was willst du zagen, wunderbares Herz,
Noch keine Kraft hat deine Kraft bezwungen,
Und immer wieder hat dein Lied geklungen,
Wie sturmbewegt der Glocke stolzes Erz.

Wohl ist der Grundton deines Lieds der Schmerz,
Doch durch der Erde tiefste Dämmerungen
Hast du zum Frieden dich hindurchgerungen
Und blickst nun freudig hoffend himmelwärts.

Halt aus, daß dir das Leben nicht die Glut,
Die reine Glut von deiner Liebe töte,
Von deiner Liebe, welche nimmer ruht

Im Kampf und Schmachten nach der Morgenröte
Des ewigen Geist's, von dem ein blasser Funken
Auch auf mein irdisch Angesicht gesunken.
(S. 212)
_____


Aus: Gesammelte Dichtungen
von Eduard Paulus
Stuttgart 1892
Friedrich Frommann's Verlag (E. Hauff)
 

 

Biographie:

https://de.wikipedia.org/wiki/Eduard_Paulus



 

 


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