Gräfin Anna Pongracz (1849-1923) - Liebesgedichte

 

 

Gräfin Anna Pongracz
(1849-1923)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:




Ihr milden Augen

Ihr milden Augen, seh' ich euch denn wieder!
Und wieder übet ihr die alte Macht!
Wie einstens leuchtet ruhevoll ihr nieder
Auf meiner Seele sturmesdunkle Nacht.

Und so wie einst fühl ich: hier ist der Friede,
Hier ist Versöhnung, klare feste Kraft!
Gleich einem süßen, langentbehrten Liede
Umklingt es leise mich und märchenhaft.

Ihr milden Augen - fort! o bleibt mir ferne!
Seht mich nicht an mit diesem stillen Blick!
Vergessen muß das sanfte Licht der Sterne
Der, dessen Los ein kampfbewegt' Geschick.

Seht mich nicht an! Denn grausam ist's zu mahnen
Den Wandrer, der mit Wind und Wogen ficht,
An seines Herzens sehnsuchtsheißes Ahnen,
Das da von Schutz und sich'rer Zuflucht spricht.

aus: Unsere Frauen in einer Auswahl aus ihren Dichtungen
Poesie-Album zeitgenössischer Dichterinnen
Von Karl Schrattenthal
Mit zwölf Porträts in Lichtdruck
Stuttgart 1888 (S. 349)
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Dich liebt ich nicht

Dich liebt ich nicht,
Ob dir die Lippe auch von Liebe sprach!
Dich liebt ich nicht,
Ob aus dem Auge auch Begeistrung brach!

Dich liebt ich nicht,
Ob ich's auch selbst im Traume nicht geglaubt!
Dich liebt ich nicht,
Ob du auch meinen Frieden mir geraubt!

Den ich geliebt,
Das war ein vielmal größerer als du!
Den ich geliebt,
Der strebt mit mir den höchsten Höhen zu!

Der war mir gleich,
War ebenbürtig mir, war mein Genoß.
Ein Denken schied,
Ein Fühlen trennte uns vom großen Troß!

Dich liebt ich nicht!
Dir gilt die Thräne nicht, die heut ich wein':
Dem hehren Traum,
Der mir versunken ist, gilt sie allein!

Ich weiß es heut':
Aus meiner Seele nahm ich all den Glanz,
Den ich dir lieh:
Welk fällt von deinem Haupt der fremde Kranz.

Dich liebt ich nicht!
Geliebt hab ich mit Herzensallgewalt
Das eig'ne Werk:
Ein Wahngebild nur - eine Luftgestalt!

aus: Unsere Frauen in einer Auswahl aus ihren Dichtungen
Poesie-Album zeitgenössischer Dichterinnen
Von Karl Schrattenthal
Mit zwölf Porträts in Lichtdruck
Stuttgart 1888 (S. 349-350)
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Dürft' ich für Dich durch nächtlich Dunkel gehen

Dürft' ich für Dich durch nächtlich Dunkel gehen!
Für Dich im heißen Sonnenbrande stehen!
Dürft' ich für Dich der Lasten Schwere tragen,
Für Dich in frischem Mut mein Leben wagen!

Dürft' ich für Dich mich mühen früh und spät,
Bei Sommerlust und wenn der Nordwind weht!
Dürft' für Dich sorgen, achtsam, treu und lind,
Wie eine Mutter für's geliebte Kind!

Tritt Kummer, Krankheit, Sorge in Dein Leben,
Dürft' ich Dir widmen dann mein ganzes Streben!
Wenn Du erlahmst, Dir meine Kräfte weihen,
Wenn Du erblindest, meine Augen leihen!

Es soll nicht sein! - wir steh'n uns ewig fern;
Ein leises Grüßen nur von Stern zu Stern!
Ein Ahnen nur von namenlosem Glück -
Erfüllung hält der Himmel streng zurück!

aus: Deutsche Dichterin[n]en und Schriftstelerin[n]en
in Wort und Bild
Herausgegeben von Heinrich Groß
III. Band Berlin 1885 (S. 309)
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Biographie:

Pongracz, Gräfin Anna, Wien III, Seidlgasse 19, geboren am 28. August 1849 zu Teschen in Schlesien, ist sie die Tochter des k. k. Kämmerers Grafen Franz Pongracz von Miklos und Ovar. Sie veröffentlichte ihre Erzählungen in grösseren Journalen. Ihre Erstlingsarbeit erschien 1875

- Severin. Eine Lebensgeschichte Leipzig 1897
- Vom Wege. Kleine Erzählungen Wien 1889

aus: Lexikon deutscher Frauen der Feder.
Eine Zusammenstellung der seit dem Jahre 1840 erschienene Werke weiblicher Autoren, nebst Biographieen der lebenden und einem Verzeichnis der Pseudonyme. Hrsg. von Sophie Pataky
Berlin 1898

 

 


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