Oskar von Redwitz (1823-1891) - Liebesgedichte

Oskar von Redwitz



Oskar von Redwitz
(1823-1891)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 



Minnelieder


I.
Des Rösleins Duft, der Amsel Schlag,
Zur Sommernacht den Abendstern,
Und meines Liebchens fromm Gemüth
Ich alle gleich besingen mag; -
Ein Jedes ja für Gott den Herrn
Gleich duftet, singt und minnt und glüht.
(S. 13)
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II.
Ein Minnen ohne Gotteslieb',
Das ist ohn' Duft ein Fliederstrauch,
Das ist ein Baum ohn' Blättertrieb,
Ein Frühling ohne Klang und Hauch!

Das ist ohn' Perlengrund ein See,
Ein Sommerhimmel, sternenleer;
Das ist ein süß verzehrend Weh! -
O liebe mich! - Doch Gott noch mehr!
(S. 14)
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III.
Ich bin der Baum, die Au bist du,
In der ich grün' in junger Kraft!
Dich deckt mein kühler Schatten zu,
Dein duft'ger Grund tränkt meinen Schaft!

Doch wär' nicht Thau, nicht Sonnenschein, -
Mein Lieb, was wären ich und du?
Ich grüne wohl für dich allein, -
Doch strebt mein Haupt dem Himmel zu.
(S. 15)
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IV.
Ich preise nicht dein Auge klar,
Nicht deinen Leib so zart gebaut,
Nicht deiner Lippen süßen Laut,
Und nicht dein seiden Lockenhaar.

Wie karg wär' solches Preises Frist?
Mein Preis für dich muß ewig sein.
Ich preis' dein frommes Herz allein,
Weil das allein nur ewig ist.
(S. 16)
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V.
O wolle nicht den Schleier spinnen
In lautem Prunk bei Spiel und Scherzen!
Web' ihn in stiller Kammer drinnen,
In ernstem Rath mit deinem Herzen!

Sprich ein Gebet bei jedem Faden!
Wer weiß, was er dir mag bedeuten!
Ob er zur Freude dich wird laden?
Ob er sie wird zu Grabe läuten?
(S. 17)
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VI.
Du hast mich oft schon bang gefragt:
Kann ich denn auch genügen dir? -
Grad' darum, weil du so gezagt,
Darum, mein Kind, genügst du mir!
(S. 18)
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VII.
Ich sollte drum dir lieber sein,
Weil ich auch noch ein Sänger sei?
Mein Liebchen, nein, verzeihe, nein!
Nur meiner Lieb' dein Lieben weih'!

Und für den Sänger deine Lieb'
Gieb dem, der ihm sein Singen gab!
Dem Herrn des Lichts und Klangs sie gieb!
Von mir ich keine Lieder hab'.
(S. 19)
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VIII.
Und bist du auch des Sängers Braut,
Ich fordre keinen Reim von dir.
Bleib' Gott und mir nur treu getraut,
Und wahre deiner Demuth Zier!

Versteh' und übe deine Pflicht!
Halt' auch die kleinste fromm in Acht! -
Dann bist du selber ein Gedicht,
Wie ich im Leben keins erdacht!
(S. 20)
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IX.
Mein Liebchen ist kein stolzes Schloß,
Dran prunkend reiche Säulen stehn,
Nach dessen Fenstern hoch zu Roß
Viel Herrn mit eitelm Gruße sehn.

'S ist nur ein Kirchlein tief im Wald,
Drum ranket Ros' und Rebe sich;
So klar und fromm sein Glöcklein schallt, -
Und Niemand betet drin, als ich.
(S. 21)
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X.
Mein Lieb hat keinen Adelsbrief,
Und doch ist adelig ihr Stand,
Denn in ihr Herz so klar und tief
Grub ein ihn Gottes eigne Hand.

Den nimmt kein Spruch der Zeit ihr ab,
Wie auch noch einst die Zeiten gehn;
Sie sinkt einst adelig in's Grab,
Und adlig wird sie auferstehn.
(S. 22)
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XI.
Gieb dich mir nur, sowie du bist,
Doch gieb dich mir auch ganz und gar!
Und was von Gott dein Eigen ist,
Das bring' in frommer Lieb' mir dar!

Dann ist es gänzlich einerlei,
Wieviel dein treues Herze giebt!
Ob's arm, ob's reich im Geben sei -
Das eine wie das andre liebt.
(S. 23)
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XII.
Mein Herz, das ist der grüne Wald,
Erschauernd tief in heil'ger Ruh,
Manch' golden Lied drin widerhallt:
Die süße Nachtigall bist du!
(S. 24)
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XIII.
Wenn in der Früh' durch's Feld ich geh',
Und himmelwärts aus grünem Klee
Die Lerche fliegt in frommer Freud',
Kaum sie die Aeuglein aufgemacht -
Da denk' ich froh, so ist auch heut'
Mein frommes Liebchen aufgewacht.

Und wenn verstummen Wald und Au,
Und nur der Gruß der lieben Frau
Still läutet durch den Abendhauch,
Und dann verweht in heil'ger Ruh -
Da denk' ich still, so schließt wohl auch
Mein Liebchen jetzt die Aeuglein zu.
(S. 25)
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XIV.
Nun ist so hold dein Angesicht,
Wie Röslein deine Wangen;
Wie eine Lilie schlank und licht
So bist du aufgegangen!

Wie süßen, milden Sternenschein
Seh' ich dein Aeuglein scheinen -
Doch schlöss' dein Herz den Herrn nicht ein,
So dürft' ich ja nur weinen.
(S. 26)
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XV.
O Kind, mein Kind, du süße Frau,
Und sag' ich dir auch tausendmal,
Dein Herz sei rein wie Maienthau,
Und wie des Frühlings Sonnenstrahl, -
Und wie im Wald die Vöglein schlagen,
Sei fromm dein Sinnen und dein Sagen,
Und all dein Thun sei frei von Fehle, -
O Kind, mein Kind, hab' drum nicht Ruh,
O schlummre nicht, o hüte du,
O hüte bang die junge Seele!

Und geh' ich wieder von dir fort,
So knie' dich in dein Kämmerlein!
Vergiß in Demuth all mein Wort,
Und denk: vor Gott ist Niemand rein.
Und bete zu der reinsten Frauen,
Daß sie dir helf' dein Herz beschauen,
Und nicht ein Stäubchen drin verhehle.
Ach, wenn ein Flecken drinnen blieb'
Durch mich, durch mich aus lauter Lieb' -
O hüte bang die junge Seele!
(S. 27)
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XVI.
Ich weiß wohl eine Haide,
Drauf steht ein einsam Haus,
Da geh' mit Freud' und Leide
Ich oft wohl ein und aus.

Und in dem Hause drinnen
Mein trautes Liebchen wohnt;
Und in ihr wohnt ein Minnen,
Darin der Heiland thront.

Und in des Heilands Hände
Ist all die Welt gestellt -
So sind vier enge Wände
Für mich die ganze Welt.
(S. 28)
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XVII.
Grüß Gott du lieber Frühlingswind!
Doch darfst bei mir nicht säumen!
Flieg' fort, flieg' fort in den Wald geschwind,
Da liegt noch Alles in Träumen.

Die Blätter in den Knospen weck',
Sie sollen säuselnd sprießen!
Und hilf den Veilchen im Dornenversteck,
Die Aeuglein aufzuschließen!

Und sag' den Vöglein im ganzen Wald,
Der Winter sei zerronnen,
Daß jeder Busch und Wipfel schallt!
Und heiße rieseln die Bronnen!

Und wo ein trauerndes Herze sinnt,
Das sollst du in's Freie locken,
Und wo eine stille Thräne rinnt,
Da weil' und küsse sie trocken!

Bei mir, bei mir hat's keine Noth,
Den Frühling anzusagen;
Ich kann ja die Veilchen und Röslein roth
Kaum all' vom Winter tragen.

Du kennst ja doch mein lenzig Kind,
Und wird's nun Mai auf Erden -
Ja, sag' nur selber du Frühlingswind,
Was soll das all noch werden?
(S. 29-30)
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XVIII.
Da geh' ich so versenkt in mich
Am Walde durch den Wiesenplan;
Da nickt so gar betheuerlich
Mich aus dem Gras ein Blümlein an.

Wart' nur, du liebes Blümelein,
Ich weiß schon, was dein Nicken will;
Ich breche dich dem Liebchen mein,
An ihrem Herzen wirst du still!

Und wie ich grad' mich niederbück',
Da ruft es mir aus Gras und Strauch
Bis in den tiefsten Wald zurück:
Ich bitt', ich bitt', ach brich mich auch!
(S. 31)
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XIX.
Nun da so warm der Sonnenschein,
Und da so mild die Lüfte wehn,
Nun mußt du aus dem Kämmerlein,
Auch fein zum grünen Walde gehn!

Und hörst in wunderhellem Schlag
Frohlocken du ein Vögelein,
So lausch' ihm recht, daß es dir sag',
Warum es mag so fröhlich sein.

Und siehst du wo im Dornenreis
Ein einsam Blümlein aufgethaut,
Um dessen Glanz der Herr nur weiß,
Da mach' dich recht mit ihm vertraut!

Und was dir sagt das Vögelein,
Und wie das Blümlein mit dir spricht:
Trag's heim, und leg's in deinen Schrein!
Und, liebes Kind, verlier' es nicht!
(S. 32-33)
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XX.
Und weißt du auch, herzinnig Kind,
Warum ich so lächle, da's stürmt und schneit?
Laß du nur ruhig brausen den Wind,
Er bringt ja die selige Weihnachtszeit!

Da schmücken wir unsre Herzen fein
Als Christusbäumchen einander aus;
Und unsre Lieb' ist der Kerzenschein,
Wie soll da dunkeln das ganze Haus!

Und all' die Gedanken von Lieb' und Treu,
Die hängen als goldne Aepfel wir dran;
Und ach, da werden wir Kinder auf's Neu,
Und schauen voll Jubel den Christbaum an!
(S. 34)
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XXI.
Es ist die Haide weit und breit
Um unser Haus nun eingeschneit.
Ich leg' im Stübchen traut und warm
Um Liebchens Haupt den stillen Arm.

Du liebes Kind, o sieh' doch nur,
Wie um uns glänzen Wald und Flur!
So breit' sich einst um unser Haus
Der reine Schnee der Unschuld aus!
(S. 35)
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XXII.
Mein Lieb, o laß dir sagen,
Willst du im Herzen dein
So recht in Lieb' mich tragen,
So schließ' in Gott mich ein!

Du kannst mich nimmer betten
In einen reichern Schrein,
Kann nicht mit heil'gern Ketten
An dich gebunden sein.

Dein Herz wird für mich werden
Wie Erd' und Himmel groß,
Trägst Himmel ja und Erden
In Gott im Herzensschooß.

Drin will ich ruhig liegen,
Umarmt vom höchsten Gut,
Ein Kindlein in der Wiegen
In heil'ger Engelshut.

Da brauch' ich nicht zu bangen,
Daß Gott du minder liebst;
Brauch' ja nur zu verlangen,
Daß Alles ihm du giebst!

Soviel du ihm wirst schenken,
Soviel bin ich auch reich;
Und kannst an mich nicht denken,
Du denkst an Gott zugleich!

Brauchst nur den Herrn zu zieren,
Dann glänzt dein Herzensgast;
Du kannst mich nie verlieren,
So lang du Gott nur hast!

Muß ich dich sterbend meiden,
Bleib' ich in Gott bei dir;
Du ziehst bei deinem Scheiden
Zu Gott hinauf mit mir.

Drum Lieb, o laß dir sagen,
Willst du im Herzen dein
In ew'ger Lieb' mich tragen,
So schließ' in Gott mich ein!
(S. 36-38)
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XXIII.
Rosen leuchten, Lilien blinken,
Wo ich geh' durch's Waldrevier;
Und sie gaukeln und sie winken,
Und sie neigen sich zu mir.

Doch im Laub so fromm verstohlen,
Glänzt ein Blümlein makellos;
Und ich kniee, mir's zu holen,
Doch es drückt sich bang in's Moos.

Sieht mich an mit feuchten Augen
Wie ein banges, fragend Kind:
Ach, was soll denn ich dir taugen,
Wo so stolze Blumen sind?

Doch ich brech's mit trautem Kosen:
Liebes Blümlein, sei nur still!
Laß die Lilien, laß die Rosen!
Breche dich, weil Gott es will.
(S. 39-40)
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XXIV.
Heimweh
Mein Herz ist weiß nicht wie gestimmt,
Ich bin als wie ein Kind so weich;
Im Aug' mir stets die Thräne schwimmt,
Und immer könnt' ich weinen gleich.
Es ist mir Alles einerlei,
Ob Sonnenschein, ob Nacht es sei,
Und wo ich geh', und wo ich steh',
Und was ich denk', und was ich thu' -
Nur Eines läßt mir nimmer Ruh:
Ich will zu ihr, daß ich sie seh'!

Wohl werd' ich oft drum ausgelacht,
Da lach' ich selber wohl auch mit;
Doch Keiner drum es besser macht,
Er schneidet tiefer nur den Schnitt.
Und wie ich auch mir selber groll',
Was mir solch weiches Sehnen soll,
Und wie ich streit', daß es vergeh', -
Da bricht die Thräne heiß hervor,
Kaum ich begann, ich schon verlor -
Ich will zu ihr, daß ich sie seh'!

Und fließt auch dort der grüne Rhein,
Und winkt mir auch der Berge Blau,
Und funkelt auch der Sonnenschein
Auf goldner Trauben Silberthau; -
Und wohnte sie im ärmsten Haus
In dunkelm wildem Waldesgraus,
Umbaut von ewig starrem Schnee, -
Ich fände doch den Frühling dort,
Beim Liebchen grünt es immerfort -
Ich will zu ihr, daß ich sie seh'!

Und wie mein Herz so sehnend ringt
Nach meines Liebchens Angesicht -
Des Grabes dunkler Riegel springt,
Und wie ein Schwert es mich durchsticht:
Wie heiß wohl erst die Sehnsucht brennt,
Wenn einst vom Aug' des Herrn getrennt
Die Seele seufzt voll Schuld und Weh!
O Herr, in meine Nacht voll Qual,
Barmherziger, nur einen Strahl!
Ich will zu dir, daß ich dich seh'!
(S. 41-42)
_____


Aus: Gedichte von Oscar von Redwitz
Mainz Verlag von Kirchheim und Schott 1852

 


Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Oskar_von_Redwitz




 

 


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