Ludwig Rellstab (1799-1860) - Liebesgedichte

Ludwig Rellstab



Ludwig Rellstab
(1799-1860)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:

 


 




Ständchen

Leise flehen meine Lieder
Durch die Nacht zu Dir;
In den stillen Hain hernieder,
Liebchen, komm' zu mir!

Flüsternd schlanke Wipfel rauschen
In des Mondes Licht;
Des Verräthers feindlich Lauschen
Fürchte, Holde, nicht.

Hörst die Nachtigallen schlagen?
Ach! sie flehen Dich,
Mit der Töne süßen Klagen
Flehen sie für mich.

Sie verstehn des Busens Sehnen,
Kennen Liebesschmerz,
Rühren mit den Silbertönen
Jedes weiche Herz.

Laß auch Dir die Brust bewegen,
Liebchen, höre mich!
Bebend harr' ich Dir entgegen!
Komm', beglücke mich!
(S. 79-80)
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Liebesbotschaft

Rauschendes Bächlein,
So silbern und hell,
Eilst zur Geliebten
So munter und schnell?
Ach, trautes Bächlein,
Mein Bote sei Du;
Bringe die Grüße
Des Fernen ihr zu.

All' ihre Blumen
Im Garten gepflegt,
Die sie so lieblich
Am Busen trägt,
Und ihre Rosen
In purpurner Glut,
Bächlein, erquicke
Mit kühlender Flut.

Wenn sie am Ufer,
In Träume versenkt,
Meiner gedenkend,
Das Köpfchen hängt;
Tröste die Süße
Mit freundlichem Blick,
Denn der Geliebte
Kehrt bald zurück.

Neigt sich die Sonne
Mit röthlichem Schein,
Wiege das Liebchen
In Schlummer ein.
Rausche sie murmelnd
In süße Ruh,
Flüstre ihr Träume
Der Liebe zu.
(S. 80-81)
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Kriegers Ahnung

In tiefer Ruh liegt um mich her
Der Waffenbrüder Kreis;
Mir ist das Herz so bang und schwer,
Von Sehnsucht mir so heiß.

Wie hab' ich oft so süß geruht
An ihrem Busen warm!
Wie freundlich schien des Herdes Glut,
Lag sie in meinem Arm!

Hier, wo der Flamme düstrer Schein
Ach! nur auf Waffen spielt,
Hier fühlt die Brust sich ganz allein,
Der Wehmuth Thräne quillt.

Herz! Daß der Trost Dich nicht verläßt!
Es ruht noch manche Schlacht.
Bald ruh' ich wohl und schlafe fest,
Herzliebste - gute Nacht!
(S. 81-82)
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Trost

Sie saß auf Blumenmatten,
Am grünen Meeresstrand,
Und neigte traurig sinnend
Das Haupt in ihre Hand.
Still in die Wellen blickte
Das Auge sanft und groß,
Und Thränen flossen leise
Herab in ihren Schoos.

"Ihr freundlich klaren Wellen
Mit lächelnd heiterm Blick,
Ihr wollt mich Arme trösten
Im schmerzlichen Geschick!
Ihr rauscht mit leisen Tönen
Einwiegend um mich her;
Das Herz bleibt mir von Kummer,
Von tiefem Grame schwer.

Ach, er ist hingegangen
Ins unbekannte Land,
Ich hoffte auf den Schiffer
Mit Sehnsucht an dem Strand.
O wiegt ihr treuen Wellen,
Wiegt mich in Schlummers Ruh;
Schließt mir die thränenheißen,
Die müden Augen zu."
(S. 83-84)
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Mailied

Tirili, tirili, eia,
Der Mai ist da;
Paaren sich Vöglein im dunkeln Gebüsch?
Bangt Euch?
Verlangt Euch?
Blühende Mägdlein, wie Rosen so frisch?

Tirili, tirili, eia,
Nachtigallen sind da;
Locken bezaubernde Töne der Lust.
Sie schweben,
Beben,
Schwellen mit Sehnsucht die wallende Brust.

Tirili, tirili, eia,
Der Jüngling ist nah;
Mädchen, ei sieh, wie die Wange Dir glüht!
Kose,
Du Rose,
Ehe die liebliche Jugend verblüht.
(S. 85)
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Frühlingssehnsucht

Säuselnde Lüfte
Wehend so mild,
Blumiger Düfte
Athmend erfüllt!
Wie haucht Ihr mich wonnig begrüßend an!
Wie habt Ihr dem pochenden Herzen gethan?
Es möchte Euch folgen auf luftiger Bahn!
Wohin?

Bächlein, so munter
Rauschend zumal,
Wallen hinunter
Silbern ins Thal.
Die schwebende Welle, dort eilt sie dahin!
Tief spiegeln sich Fluren und Himmel darin.
Was ziehst Du mich, sehnend verlangender Sinn,
Hinab?

Grüßender Sonne
Spielendes Gold,
Hoffende Wonne
Bringest Du hold.
Wie labt mich Dein selig begrüßendes Bild!
Es lächelt am tiefblauen Himmel so mild
Und hat mir das Auge mit Thränen gefüllt!
Warum?

Grünend umkränzet
Wälder und Höh'!
Schimmernd erglänzet
Blütenschnee!
So drängt sich Alles zum bräutlichen Licht;
Es schwellen die Keime, die Knospe bricht;
Es haben gefunden, was ihnen gebricht:
Und Du?

Rastloses Sehnen!
Wünschendes Herz,
Immer nur Thränen,
Klage und Schmerz?
Auch ich bin mir schwellender Triebe bewußt!
Wer stillet mir endlich die drängende Lust?
Nur Du befreiest den Lenz in der Brust,
Nur Du!
(S. 87-88)
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Sehnsüchtiges Beneiden

Dich beneid' ich, klare Silberwelle,
Die Du ohne Rast von hier enteilest,
Nach der Heimat, wo die Theure wohnet.
Ach, Du ziehst wol an dem Strand vorüber,
Wo sie sinnend, still versunken, wandelt.
Und Du hemmst das munter rasche Wallen,
Fließest stiller, lächelst silberhelle,
Spiegelst zitternd ihr verklärtes Bildniß!
Dich beneid' ich, klare Silberwelle!

Euch beneid' ich, Ihr glücksel'gen Lüfte!
Wehend tragen Euch die blauen Schwingen
Über hohe Berge, tiefe Thäler;
Nichts kann auf der leichten Bahn Euch hemmen.
Ach, Ihr naht der Holden, haucht sie schmeichelnd,
Kosend an, und spielt mit ihren Locken,
Bringet ihr der Blumen süße Düfte,
Streift an ihre zarten blüh'nden Wangen -
Euch beneid' ich, Ihr glücksel'gen Lüfte!

Und wie neid' ich Euch, Ihr goldnen Sterne,
Die Ihr, hoch am blauen Äther wandelnd,
Sie erblicken könnt, wann Ihr nur wollet!
Ach, wie über meinem Haupt Ihr glänzet,
Schimmert Ihr auch über ihrer Scheitel.
Fern und nah seid Ihr zugleich den Menschen,
Jedes Auge suchet Euch so gerne,
Und auch Sie blickt jetzt vielleicht nach oben, -
O, wie neid' ich Euch, Ihr goldnen Sterne!

Seid mir hold, Ihr Alle, die ich neide!
Werdet, Glücklichre, der Fernen Boten.
Bring' ihr das Vergißmeinnicht, o Welle,
Und die Thräne, die sich Dir vermählet!
Lüfte, meine Seufzer tragt hinüber;
Und Euch fleh' ich, sanfte Silbersterne,
Denn Ihr seht es, wie ich sehnend leide, -
Winkt mir, wenn ihr Blick sich zu Euch wendet, -
Seid mir hold, Ihr Alle, die ich neide!
(S. 89-90)
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Auf dem Strom

Nimm die letzten Abschiedsküsse,
Und die wehenden, die Grüße,
Die ich noch ans Ufer sende,
Eh' Dein Fuß sich scheidend wende!
Schon wird von des Stromes Wogen
Rasch der Nachen fortgezogen,
Doch den thränendunklen Blick
Zieht die Sehnsucht stets zurück!

Und so trägt mich denn die Welle
Fort mit unerflehter Schnelle.
Ach, schon ist die Flur verschwunden,
Wo ich selig Sie gefunden!
Ewig hin, ihr Wonnetage!
Hoffnungsleer verhallt die Klage
Um das schöne Heimatland,
Wo ich ihre Liebe fand.

Sieh, wie flieht der Strand vorüber
Und wie drängt es mich hinüber,
Zieht mit unnennbaren Banden,
An der Hütte dort zu landen,
In der Laube dort zu weilen;
Doch des Stromes Wellen eilen
Weiter ohne Rast und Ruh,
Führen mich dem Weltmeer zu.

Ach, vor jener dunklen Wüste,
Fern von jeder heitern Küste,
Wo kein Eiland zu erschauen,
O, wie faßt mich zitternd Grauen!
Wehmuthsthränen sanft zu bringen,
Kann kein Lied vom Ufer dringen;
Nur der Sturm weht kalt daher
Durch das grau gehobne Meer!

Kann des Auges sehnend Schweifen
Keine Ufer mehr ergreifen,
Nun, so blick' ich zu den Sternen
Dort in jenen heil'gen Fernen!
Ach, bei ihrem milden Scheine
Nannt' ich sie zuerst die Meine;
Dort vielleicht, o tröstend Glück!
Dort begegn' ich ihrem Blick.
(S. 91-92)
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Veilchen und Astern

Ein Mägdlein, frisch von Wangen,
Mit goldgelocktem Haar,
Die Augen mild und klar,
Wie edle Steine prangen,
So blitzend wunderbar!
Ein Mägdlein, frisch von Wangen.

Hoch ritt ein stolzer Krieger,
Das Roß so muthig wild,
So funkelnd hell der Schild,
Der löwenkühne Sieger
So freundlich doch und mild.
Hoch ritt ein stolzer Krieger.

O Mägdlein, frisch von Wangen,
Die Myrthe grün ins Haar!
Fühlst Du nicht wunderbar
Ein schmerzlich süß Verlangen?
Es gäb' ein holdes Paar!
O Mägdlein, frisch von Wangen! -

Ach, als die Veilchen blühten,
Die Maiensonne schien,
Im Haar der Myrthe Grün! -
Und als die Astern glühten,
Ein Kranz von Rosmarin!
Ach, als die Veilchen blühten!
(S. 93)
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Die Verbündeten

O Herze, was pochst Du
So laut in der Brust;
Vor Unruh' und Schmerzen
Und Beben und Lust?
Wol kenn' ich Dein Wollen,
Doch thu' ich's nicht kund;
Zwar lächelt er schmerzlich,
Doch stumm bleibt der Mund.

"Und schweigen die Lippen
Und helfen mir nicht
Vom Schmerz, der mich einsames
Herze fast bricht;
So such' ich mir andern
Und redlichern Freund,
Der froh mit mir lächelt
Und treu mit mir weint.

Ihr lieblichen Augen,
So hold und so klar,
Euch ist ja der heimlichste
Schmerz offenbar,
Und wißt ihn zu malen
So wahr und so treu.
O gütige Äuglein,
O stehet mir bei!

Ihr redet ja holder
Als lieblichster Mund,
Und männiglich ist
Eure Sprache ja kund.
So sagt es der Süßen,
Holdseligen mild,
Wie treu ich bewahre
Ihr liebliches Bild.

Erzählt es ihr Alles
Mit treuem Bericht,
Wie Leiden und Bangen
Und Lieben mich bricht.
Und will sie's nicht hören,
So - laß ich Euch Ruh;
Dann weint eine Thräne
Und schließet Euch zu."

Geschwätziges Herze,
So schweige nun still,
Und laß mich doch selber
Nur thun, was ich will.
Was quälst Du mich immer
In stürmischer Hast
Und lässest mir nimmer
Nicht Ruhe noch Rast?

Und Euch will ich's rathen,
Euch schelmischem Paar,
Macht ja mein Geheimniß
Ihr nicht offenbar!
So lang' sie mit Blicken
Nicht hold zu euch spricht,
Ihr thörichten Augen,
Verrathet mich nicht!
(S. 95-97)
_____



Abbitte

Sah Dich zürnend von mir scheiden,
Doch Du warst auch zürnend hold;
Aber Ruh und Lust und Freuden
Flohn mich bis zum Morgengold.

Mußte lieben Tages Feier
Also trüb' zu Erde gehn?
Ach, so kam mir viel zu theuer
Dieses frohe Fest zu stehn!

Selbst das kleinste Wort der Güte
Weigerte Dein strenger Zorn;
Welkend sank die Rosenblüte,
Stechend brannte nur der Dorn.

Wolltest Du nur grausam scherzen
Durch der Strafe strenge Wahl?
Einem treu ergebnen Herzen
Wird auch selbst der Schein zur Qual.

Aber kaum mag ich es denken,
Daß ich ernstlich Dich erregt;
Nein, den Willen, Dich zu kränken,
Hat mein Busen nie gehegt.

Willst Du freundlich das mir glauben?
Zwar vertilgt es nicht die Schuld;
Doch die Hoffnung läßt's nicht rauben
Auf verzeihende Geduld.

Ja, Du darfst dem Worte trauen,
Fern ist mir der falsche Schein;
Schenke wieder Dein Vertrauen,
Sprich kein böses bittres Nein!
(S. 97-98)
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Alpenvergißmeinnicht

Ich mußte traurig wandern
Aus liebem Heimatland;
Es war mein Herz so sehnend,
So fest zurückgebannt.
Vom höchsten steilen Berge
Wandt' ich mich noch zurück,
Und Thränen drangen heftig
In den getrübten Blick.

Hier auf den wilden Höhen
Nur Schnee und starres Eis;
Es prangt mit sanftem Gruße
Kein hoffend grünes Reis.
Und sieh, zu meinen Füßen
Ein holdes Blümchen sprießt,
Das mich mit lieben Augen
So tröstend mild begrüßt.

Da hab' ich's mir gebrochen
Mit wehmuthsvoller Lust,
Und trag' es, treu bewahrend,
An sehnsuchtheißer Brust.
Bin so hinabgestiegen
Ins grünend heitre Thal;
Da sah ich's lächelnd blühen,
Wol viele tausend Mal.

Es spiegelte sich lockend
In heller Silberflut;
Wo drunten tief der Himmel
In heitrer Bläue ruht.
Und hab' ich auch geweinet,
So oft ich's dort gesehn,
Ist mir doch immer wonnig
Bei seinem Gruß geschehn.

Und einmal seh' ich's wieder,
Wol spät, nach manchem Jahr,
Da spiegelt es sich selig
Im treu'sten Augenpaar.
Und dann auch werd' ich weinen: -
O Thränen sel'ger Lust!
O poche nicht so heftig,
Du bang bedrängte Brust!
(S. 99-100)
_____


Aus: Gedichte von Ludwig Rellstab
Leipzig F. A. Brockhaus 1844



 

Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Rellstab_(Dichter)



 

 


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