Friedrich Wilhelm Riemer (1774-1845) - Liebesgedichte

Friedrich Wilhelm Riemer



Friedrich Wilhelm Riemer
(1774-1845)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 






Schöpferin

So recht das innre Herz möcht' ich Ihr zeigen,
Worein lebendig sich Ihr Bildniß drückte,
Dem alle Kräfte sich in mir verneigen
Und jede gern es mit dem Schönsten schmückte!

Doch, ob ich alle Götterblumen pflückte
Und goldne Frucht aus Hesperiden-Zweigen;
Sie bliebe nur die durch Sich selbst geschmückte:
Denn was ich brächte, ist vorlängst Ihr eigen.

Und wie der Mensch den Göttern nur zu weihen
Vermag, was ihre Huld ihm erst gewährte;
So kann auch ich der Göttlichen nur weihen,

Was mir geliehn, Ihr eigen stets gehörte:
O daß an Ihrer Schöpfung sich zu freuen
Nur einmal Sie zu mir Ihr Antlitz kehrte!
(S. 13)
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Bildnerin und Bild

Voll Unschuld, Ihrer und der Welt vergessen,
Gleich einer Knospe in sich selbst gehüllt,
Sitzt bildend sie, die selbst das schönste Bild,
Das zu der Anmut Künstlern je gesessen;

Bemüht, Gestalten aus dem Wachs zu pressen,
Das willig Ihrem Schöpferdruck vergillt;
Doch, ob es immer Ihren Zweck erfüllt,
Mit meinem Herzen kann es sich nicht messen.

Das todte Wachs kann nur die Spuren zeigen,
Die ihm zuletzt Ihr Finger aufgeprägt,
Muß von der Bildnerin auf immer schweigen;

Allein mein Herz hat sie zugleich erhalten,
Das lebend, unauslöschlich, in sich trägt
Die schöne Bildnerin und die Gestalten!
(S. 14)
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Die Klippe

Wenn aus der tiefen Nacht der Wimpern Säume
Mir Deiner Augen Licht, der süßen, blauen,
So freundlich lacht, wie sonnige Veilchen-Auen
Aus ernstem Kranze schattendunkler Bäume:

Den Himmel selbst, gefaßt in diese Räume,
Und Edens Fluren wähn' ich einzuschauen!
Da will mein Blick sich eine Heimat bauen,
Mein Geist lustwallt vertieft in holde Träume -

Doch ach! traumwandelnd ruft' es aus den heitern
Gefilden plötzlich ihn, wie Stimmen der Sirene,
Herab zum Rosenbord der schönsten Lippen,

Und Ohr und Blick versenkt zum Quell der Töne,
Muß er, im Angesicht der Zauberklippen,
Umsonst erwacht, nur so gewisser scheitern!
(S. 15)
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Lebendiger Spiegel

Wie magst Du Dich dem todten Spiegel zeigen,
Den stumm und kalten um ein Urtheil fragen?
Laß ihn Dir auch gewohntes Schöne sagen,
Das Schönste muß er ewig Dir verschweigen;

Er hat kein Herz in keinem Busen schlagen,
Um Dir in Lieb' und Ehrfurcht anzuneigen,
Dich Deiner Anmut ganz zu überzeugen:
Du würdest sonst Dich im Gedächtniß tragen.

O dürft' ich so statt seiner, vor Dich treten,
Und Du, wie ihm, so mir ins Auge schauen,
Das Unbewußte würd' ich Dir vertrauen;

Du würdest Dich nicht so an Dich gewöhnen,
Nein, überrascht, mit steigendem Erröthen,
Dich vor Dir selbst und mir verschönen.
(S. 16)
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Bononischer Stein

Kennst Du wohl jenen Stein, den wunderbaren,
Der aus der Sonne saugt ein heimlich Leben? -
Doch läßt sein stilles liebevolles Streben
Ihr allgemeiner Tag uns nicht gewahren;

Nur wenn ihn Nacht und Finsterniß umweben,
Kann das Geheimniß hell sich offenbaren:
Entzündet von dem Licht, das er erfahren,
Siehst Du es ihn erglühend wiedergeben.

Ihm gleicht mein Herz, das ingeheim entglommen,
Von Deiner Nähe Sonnenglanz verschlungen
Die Gluth verheelt, die Du in ihm entzündet,

Doch wenn ihm Nacht und Einsamkeit gekommen,
Das süße Licht, von dem es ganz durchdrungen,
In Liedes Tönen leuchtend Dir verkündet.
(S. 17)
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Nähe und Ferne

Nicht in vergangne, nicht in künftge Ferne
Zieht Sehnsucht Dich und hoffendes Verlangen;
Nur an der Gegenwart liebst Du zu hangen
Und greifst das Leben so im innern Kerne.

O diesem Beyspiel folgt' ich nur zu gerne
Und hielte Deine Gegenwart umfangen;
Doch, kaum erschienen, bist Du mir vergangen
Und lässest mich allein in jener Ferne:

So leb' ich im Erinnern nur und Hoffen,
Von Dir getrennt, ein einsam Dämmrungsleben,
Des vollen Tages sehnsuchtsvoll gewärtig;

Ja ewig bliebe mir der Himmel offen,
Der reine Tag im goldnen Lichte schweben -
Wärst Du, o Sonne, nur mir gegenwärtig! -
(S. 18)
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Reisewunsch

Fühlst Du nun bald auf väterlichen Auen
Der Berge Frühlings-Lüftchen Dich umfließen,
Wie sehnsuchtsvoll die Wolken auf Dich schauen
Und freundlich nickend Blum' und Zweig begrüßen;

Siehst Du am Fels, im heimlich-süßen Grauen
Der Einsamkeit, ein traulich Moos entsprießen
Und bey des Abends seligem Niederthauen
Sein glühend Roth Dich liebend übergießen;

Hörst Du des Waldbachs nächtlich-fernes Rauschen,
Indeß des Mondes Glanz in blauen Weiten,
Der Sterne Hochwacht, schützend, sich entzündet:

Verschmähe nicht den Ahnungen zu lauschen:
Es ist mein Geist, der sich Dir anzudeuten
Mit Erd' und Himmel sehnsuchtsvoll verkündet.
(S. 19)
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Abschiedskarte

Du gehst - und ach! der Lenz, der nun begonnen,
Dein schönes Ebenbild, wird mit Dir scheiden! -
Mit eins ist Lust und Leben mir zerronnen:
Denn mit Dir ziehen alle meine Freuden!

Zur fernen Flur, die ewig drum zu neiden,
Bringst Du des Himmels allerreinste Wonnen;
Sie wird dein Blick in frische Blumen kleiden,
Die freudig sich an seinem Lichte sonnen.

Und ach! die ich gehofft für Dich zu pflücken,
Sie müssen fern von Deinem Aug' erblassen
Und sterben, eh' zum holden Licht sie kamen.

Umsonst strebt' ich im Bilde Dich zu fassen:
Wie Echo schwindest Du vor meinen Blicken,
Und bleibst mir nur zurück im süßen Namen.
(S. 20)
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Die Zauber-Chiffre

Was deuten diese magischen Gestalten,
So glühnde Rosen auf des Winters Auen?
Wird nicht ihr Brand den zarten Schnee erthauen?
Wird nicht vom Schnee die Purpurglut erkalten? -

Sieh, sieh! Beweglich lassen sie sich schauen!
Ein Zaubergeist kann nur in ihnen walten.
O Wunder, wie sie sich zum Wort gestalten
Und holden Sinn in Blumenschrift vertrauen!

Ja nun erkenn' ich sie, die theuren Lettern,
Und jene Hand, die ach! so zart, so milde,
Zum schönsten Kranze sie für mich ersann:

Was sag' ich, Hand? Nein mehr, bey allen Göttern!
Ihr eigner Purpurmund in süßem Bilde
Spricht rosig mich aus diesen Rosen an.
(S. 24)
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Das Mittel

So darf mein Arm den Deinen nie berühren,
Gönnst Du mir auch das Glück Dich zu geleiten!
Und will ich Deine Hand zum Munde führen,
Mit welcher Anmut weiß sie zu entgleiten!

Muß nicht Dein Weigern mich nur mehr verführen,
Dich reizende Gestalt mir zu erbeuten? -
Ich hoffe nicht durch Flehen Dich zu rühren,
Allein zu kühnern Mitteln kann ich schreiten!

Magst Du auch ewig meinem Arm entrinnen,
Du schärfest um so mehr die Kraft der Augen,
Die insgeheim mit Blicken Dich umspinnen;

Und wie die Blumen still das Licht der Sonnen,
So streben küssend sie Dich einzusaugen,
Bis sie Dich ganz auf ewig sich gewonnen!
(S. 26)
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Dreyklang

Unselig der, dem nichts zu lieben, zu verehren,
Dem anzubeten nichts der Busen hegt!
Und alle Himmelswonnen in sich trägt
Ein Herz das diesem Trieb darf angehören.

O Schicksal laß ihn stets in mir gewähren!
Den holden Dreyklang, der im Innern schlägt,
Ein hohes Frauenbild hat ihn erregt;
Sie wird Ihr eignes Werk nicht selbst zerstören.

Und zieht es liebend mich nur Sie zu schauen,
So wirft Verehrung mich zu Ihren Füßen,
Und Ihr zu dienen ist mir einzig Lust:

Die ewige Sehnsucht meiner tiefsten Brust
Läßt in entzückter Andacht mich zerfließen
Vor diesem Götterbild der hohen Frauen.
(S. 34)
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Neues Leben

Wie soll ich Dir, o Herrinn würdig danken,
Daß Deine Huld vergönnt Dir zu entfalten,
Was ich im kühnsten Aufschwung der Gedanken
Nur kaum gewagt in Worte zu gestalten!

Dein Blick, Dein Wort durchbrach der Demuth Schranken;
Nun hab' ich nichts vor Dir geheim zu halten,
Gefesselt hast Du meiner Sehnsucht Ranken,
Sie kann, sie wird nur mit mir selbst erkalten.

Ja bittrer Schuld sollt' ich mich zeihen,
Daß ich des Lebens höchsten Schatz verloren,
Nicht früh mein reinstes Streben Dir zu weihen!

Huldreiche Frau! die Güte selbst, die Milde!
Ich halte fest an Deinem Götterbilde;
Dein Gnadenblick hat mich aufs neu geboren.
(S. 35)
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Zauber

Du aller Herzen, aller Augen Weide,
Die uns in jeder Tracht auf's neu' entzückt:
Denn immer bist Du durch Dich selbst geschmückt,
Im Festgewand so wie im schlichten Kleide;

Nur Ein Gewand, ein Himmel ist's von Seide,
Das schon zu denken mein Gefühl beglückt,
Da sich in ihm Dein Wesen ausgedrückt,
Ist doch Dein allerwürdigstes Geschmeide,

Voll Reiz und Pracht, voll hoher Würd' und Milde:
Es locket Mild' und Reiz sich anzuschmiegen,
Doch Würd' und Pracht heißt solchen Wunsch besiegen.

So steigt vor Dir und Deinem Ebenbilde
Des Blickes Sehnsucht, der nichts kann genügen
Als in dieß Meer von Anmut zu versiegen.
(S. 40)
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Kaltsinn

Von stiller Zärtlichkeit, die aufzublicken
Zu Dir kaum wagt, schon selig Dich zu denken,
Fliehst Du zur wilden Lust von losen Schwänken,
Mir der Verachtung Dolch ins Herz zu drücken.

Vermagst Du so ein treues Herz zu kränken,
Das Du zuvor mit Schmeichelwort und Blicken
Und süßer Huld gewußt Dir zu umstricken,
Ja ganz Dein holdes Bild ihm einzusenken?

Ach, sage! thatest Du's, mich nur zu prüfen?
Mich zu entfremden ist Dir nicht gelungen:
Die Fassung war von außen nur erzwungen,

Indeß im Innern tausend Stimmen riefen:
Ja, doppelt, dreyfach hast Du mich umschlungen,
Ich liebe Dich aus allen Herzenstiefen!
(S. 55)
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Gewalt der Liebe

Du willst, ich weiß es, nichts von Liebe hören
Und schon das Wort vermag Dich zu betrüben,
Und doch, wer kann Dich sehen und nicht lieben?
Wer lieben, und das holde Wort verschwören?

Dann mußt Du selbst uns Deinen Anblick wehren,
Nicht Deines Wesens Zauberkraft mehr üben,
Nicht mehr zum reizendsten von allen Trieben
Durch süßen Blick und Schmeichelwort bethören.

Doch ja! ich bin gefaßt das Wort zu meiden,
Das Deines Busens keuschen Zorn empört,
Zum letzten Mal vergönn' es noch zu nennen;

Wie immer auch mein Innres möge leiden,
Dein Wille wird allein von mir verehrt:
"Nur Liebe kann zu lieben nicht bekennen!"
(S. 56)
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Entschluß

Umsonst ermahnst Du, Andern nachzustreben,
Mich hoffnungsvollrem Dienst zu weihn! -
Wie dünkt mich sonst ein Glück so schnöd' und klein,
Um Dich, mein Einz'ges, dafür hinzugeben!

Es ließen Märtyrer mit Lust ihr Leben,
In grausen Qualen, namenloser Pein,
Nur um dem eignen Herzen treu zu seyn,
Und treu dem Glauben, dem sie sich ergeben.

So heg' ich nur an Dich den Einen Glauben,
Entsage willig jedem andern Hoffen,
Und weihe mich dem zeitlichen Verderben;

Nicht kann die Welt Dich mir, Du selbst nicht, rauben:
Dein Auge zeigte mir den Himmel offen -
Ich bin entzückt - für Dich, um Dich - zu sterben!
(S. 57)
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Sehnsucht

Unerreichbar wie die Sterne
Wandelt Sie den hohen Gang;
Und ich stehe Jahre lang
Ihr so nah und doch so ferne!

Wohl! ich darf mein Lied Ihr singen,
Unverdient ist dieses Glück;
Doch ein Wunsch bleibt noch zurück:
Soll er denn mir nie gelingen?

Glückt es auch, Sie nah zu schauen,
Immer ist's am dritten Ort,
Und ich darf kein fühlend Wort
Ohne Zeugen Ihr vertrauen.

Spräche wenige Secunden
Einmal nur zu Ihr das Herz;
Fühlt' ich vom verborgnen Schmerz
Langer Jahre mich entbunden.

Dürft' ich Ihre Hand berühren,
Die Sie auch dem Bettler reicht,
Und wenn jede Sprache schweigt,
Sie entzückt zum Munde führen;

Ja, Sie würde mir vergönnen,
Was kein Lied kein Ton beschreibt
Ewig unaussprechlich bleibt,
Stumm, nur stumm, Ihr zu bekennen!
(S. 125-126)
_____



Aug und Herz

Göttin an Gestalt und Wesen,
Kron' und Kleinod aller Frauen!
Dich auch nur von fern zu schauen
Läßt mich schon vom Gram genesen.

Seh' ich Dich vorübergleiten
In dem leichten Zephyrgang,
Eine Lilie weiß und schlank,
Folgt mein Auge Dir von weiten.

Doch mein Herz fliegt Dir entgegen;
Auf den Boden eifersüchtig,
Rührt ihn auch Dein Fuß nur flüchtig,
Will sich's Dir zu Füßen legen.

Ja, zu Deinen Götterfüßen
Fänd' es erst sein höchstes Glück:
Himmel! welch ein Augenblick
Herzinbrünstig sie zu küssen!

Ach! solch Wünschen ist vergebens,
So zu denken schon verwegen;
Doch es inniglich zu hegen
Einzig Glück und Lust des Lebens!

Magst Du auch mich thörigt nennen:
Wohl! Du hast mich ja bethört,
Wenn nur Deine Huld gewährt,
Süßen Fehl Dir zu bekennen.

Gönn' dem Herzen dieses Leben,
Das Du selbst in ihm erregt,
Sich, so lang' es immer schlägt,
Deinem Preise zu ergeben:

Deinem Preis, Du Preis der Schönen,
Aller Anmut Duft und Blüthe!
Dich im Aug' und im Gemüthe
Muß die Lippe Dich ertönen!
(S. 127-128)
_____



Preis

Laß mich auf gewohnte Weise
Dir ein Blatt zu Füßen legen:
Denn es muß zu Deinem Preise
Stets sich Hand und Lippe regen.
Zwar vermag ich nichts zu singen
Was Du mich nicht selbst gelehrt;
Doch was wir den Göttern bringen
Haben sie zuvor gewährt.

Sage selbst, du Einzig Eine,
Wie ich Dich verehren soll.
Deines Wesens hohe Reine
Heischt der Ehrfurcht frommen Zoll;
Doch die eigne Huld der Frauen,
In der Jungfrau offenbart,
Regt zu menschlichem Vertrauen,
Das sich mit der Sehnsucht paart.

Könntest Du Dich selbst erblicken,
Dich mit fremden Augen sehn,
Ja, es würde Dich entzücken,
Sähst Du Dich so lieb und schön.
Drum vergönne, daß ich sage
Was die Unschuld Dir verwehrt:
Denn das Höchste, was ich wage,
Reicht doch nicht an Deinen Werth.

Sähst Du dieser Augen Bläue,
Die der Himmel selber sind,
Diesen Blick der Huld und Treue,
Der Dir jedes Herz gewinnt,
Du verlangtest nichts zu schauen
Als den süßen blauen Raum;
Seinen Sternen zu vertrauen
Däuchte Dir ein sel'ger Traum.

Und das Lächeln dieser Wangen,
Dieses Mundes Saitenspiel
Hielt Dir Aug' und Ohr gefangen
Und vereint in Ein Gefühl:
Gleich des Frühlings Götterschöne,
Wo die Blumen ewig blühn,
Sonnenschein und goldne Töne
Durch die blauen Lüfte ziehn.

Ach, umsonst ist mein Bemühen,
Dir zu schildern wie Du bist;
Ewig muß den Ausdruck fliehen
Was der Sinn selbst nicht ermißt.
Spräch' ich auch mit Engelszungen,
Träf' ich doch die Wahrheit nicht,
Da die höchsten Huldigungen
Nur das Herz durch Thaten spricht.

Würde durch die Gunst der Musen
Nur mein heißer Wunsch erhört,
Daß zum Spiegel sich mein Busen
Magisch Dir entgegen kehrt:
Für dich selbst Dich zu entzünden
Mit der Sehnsucht meiner Brust;
Ach, dann würdest Du empfinden
Deinen Werth und meine Lust!
(S. 129-132)
_____



Trösteinsamkeit

Einsam zwar, doch nicht alleine
Und verlassen, leb' ich hier:
Denn es lebt die Einzig Eine
Stets bey mir und selbst in mir.
Was ich fühle, denke, meine
Kommt von Ihr und geht zu Ihr:
Sie genüget meinem Herzen
So zu Freuden, wie zu Schmerzen.

Wenn der Welt am trüben Tage
Reiner Himmels-Schein gebricht,
Führ' allein ich keine Klage:
Denn mir fehlt kein heitres Licht;
Weil ich leuchtend in mir trage
Ihr verklärtes Angesicht:
Ihrer Augen Himmelsbläue
Lächelt mir in steter Treue.

Immer find' ich unterhalten
Innres Aug' und innres Ohr;
Tausend Zauber zu entfalten
Steigt Ihr Bild vor mir empor;
Ihrer Anmut göttlich Walten
Bildet einen Blumenflor
Von Bewegung, Worten, Tönen,
Sie, die Schönste, zu verschönen.

Und entzückt darf ich Ihr sagen:
Göttliche, wie bist Du schön!
Darf zu Ihren Füßen wagen,
Süße Sehnsucht zu gestehn,
Zu Ihr seufzen, schmachten, klagen,
So vor Wonn' als Schmerz vergehn:
Und mit himmlischem Erbarmen
Blickt Sie lächelnd auf mich Armen.

Eine Stimme hör' ich flüstern,
Ach! so schonend, engelmild:
"Soll mein Blick sich nicht verdüstern,
Der Dein Herz mit Wonne füllt;
Sey nach Wirklichkeit nicht lüstern,
Dir genüge schon mein Bild:
Durch Entsagen, durch Entbehren
Kann ich Dir nur angehören!"
(S. 133-135)
_____



Der Augenblick

Immer seh' ich Sie, wie eigen,
Wie so hold Sie vor mir stund,
Sich voll Anmut mir verneigen;
Gar so lieblich sprach Ihr Mund.

Kaum vernahm mein Ohr bescheiden
Was die Lippe lieblich sprach,
Auge wollt' an Ihr sich weiden
Und so zog das Herz ihm nach.

Und ich mußte doppelt schweigen
Was ich auch dabey empfand:
Denn es waren zu viel Zeugen,
Aller Blick' auf uns gewandt.

Ach wie gern wär' ich zu Füßen
Ihr gesunken, wonnentzückt:
Ihres Kleides Saum zu küssen
Hätte mich zum Gott beglückt!
(S. 136)
_____



Stilles Glück

Was, liebes Herz, begehrst du noch?
Was macht dir stilles Grämen?
Das schönste Glück es ward dir doch
Und Niemand mag's dir nehmen.

Sie kam so schön, sie kam so mild,
Dir freundlich anzuneigen,
Nun bleibt dir doch Ihr süßes Bild
Auf immerdar zu eigen.

In deines Busens stillem Kreis
Sey dieser Schatz gepfleget:
Wie oft ein unscheinbar Gehäus'
Der Perle Kleinod heget.

Beschauend häng' an deinem Glück
Mit stiller Glaubenstreue,
Gleichwie am holden Sternenblick,
Wie an des Himmels Bläue.

Begehrst ja doch der Sterne nicht,
Kein Wunsch kann sie erlangen;
Des Himmels klares Angesicht,
Du willst es nicht umfangen.

Doch kindliches Vertrauen reicht
Wohl in die weitste Ferne,
Und tröstend ihm entgegen neigt
Die stille Huld der Sterne.

So trau denn auch auf Ihren Stern
Und auf Ihr hohes Walten;
Denn was Sie schenkte wird Sie gern
Dem Glaubenden erhalten.

Ja, wenn dich einst das Schicksal ruft,
Vom Liebsten dich zu scheiden;
So wird dich in die finstre Gruft
Ihr lichtes Bild begleiten.
(S. 137-138)
_____



Der Schatz

Ich hab' ein stilles Kämmerlein
Gar einsam und verborgen;
Doch bin ich darum nicht allein:
Zuerst der liebe Sonnenschein
Besucht mich jeden Morgen.

Den Himmel rechn' ich mit dazu:
Sein Blick macht mich so selig!
Er schaut den ganzen Tag mir zu
Und wacht des Nachts für meine Ruh
Mit Augen, die unzählig.

Dann pflegt der Mond von Zeit zu Zeit
Es gut mit mir zu meynen;
Er lugt durchs Fenster voll und breit,
Und ist mit mir sogleich bereit
Zu lächeln, auch zu weinen.

Und bleibt er auch zuweilen aus
Bey Sturm und Schnee und Regen,
Wo Niemand gern ist außer'm Haus;
Die Unterhaltung bleibt nicht aus,
Ich bin drum nicht verlegen.

Mir bleibt noch ein geheimer Schrein,
Ein Kleinod zu verwahren:
Den öffn' ich so, für mich allein;
Es mag auch noch so finster seyn,
Ich kann das Licht ersparen.

Ein heller Schatz ruht drin verwahrt,
Um mich daran zu letzen:
Der ist von ganz besondrer Art,
Wie Demant rein, wie Perlen zart,
Auf keinen Preis zu schätzen.

Da mag ich recht so Aug' als Herz
An seiner Schönheit weiden,
In ihm da find' ich Lust und Scherz,
In ihm da find' ich Leid' und Schmerz,
Genuß und Sich-bescheiden.

Ihn trüg' mir keiner mit sich fort;
Er kann von mir nicht scheiden:
Wohl ist er meines Lebens Hort,
Und nennt' ich ihn mit Einem Wort,
Man würd' ihn mir beneiden.
(S. 139-140)
_____


Aus: Blumen und Blätter von Silvio Romano
Leipzig 1816
bei Carl Cnobloch

 


Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Wilhelm_Riemer



 

 


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