Johann Rist (1607-1667) - Liebesgedichte

Johann Rist




Johann Rist
(1607-1667)

Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 

 


1.

Die besiegte Liebe
Auf gnädiges Begehren einer Hoch Gräfflichen Person
fürgestellet und besungen

Wer sich sein Hertz und Leben
wil gar ergeben
der wahren Fröligkeit
derselbe muß geschwind'
all' Eitelkeit verlassen/
vorauß das Lieben hassen/
die schnöde Lieb ist blind
und schafft nur Hertzeleid.

Sol in den besten Tagen
Sich einer plagen
Mit Liebes Fantasei/
Ja sol man suchen nicht
In seiner frischen Jugend
Witz/ Höffligkeit und Tugend
So bleibt der Mensch verpicht
Auff lauter Triegerei.

Mich soll hinfohrt das Lieben
Nicht mehr betrüben
Noch quählen mir mein Hertz
Mit selbstgemachter Pein/
Ich wil das süsse Leyden
Von gantzer Seele meiden
Frei wil ich allzeit sein/
So bleib ich sonder Schmertz.

Ich wil mich nicht mehr sehnen
Noch auch mit Thränen
Nach dem Geliebten sehn/
Die gute Zeit ist hinn/
In der ich selbst mich plagte
Und alle Lust verjagte
Durch Lieb' auß meinem Sinn/
Itzt sol mirs besser gehn.

Ein tapffrer Muht kan siegen
In Liebes Kriegen/
Kan selbst bezwingen sich/
Verstand der macht ihn frei/
Daß er der Liebe lachet/
Und sich zum Meister machet
Der schweren Sclaverei/
Ja lebet ruhiglich.

Solt' ich mich selber kränken
Und stets gedenken
An das/ was mich verzehrt?
Solt' ich mein Hänker seyn?
Solt' ich mit Gifft mich speisen/
Solt' ich noch lieblich preisen
Die bittre Liebes Pein?
So wer' ich spottens wehrt.

Der ist ein Thor zu nennen/
Der sich läst brennen
Und in der Flamm' erliegt:
Wer klug und muhtig ist/
Wird allzeit frei gefunden/
Ich selbst hab' überwunden
Der Liebe Macht und List.
Mein Hertz hat obgesiegt.
_____



2.

Die vollenkommene Florabella
Außführlich besungen unter dem Namen
der Schäfferin Chloris

Auff! auff Ihr Dichter allzumahl/
helft mir mit Freuden springen
Apollo wil durch seinen strahl/
mir Hertz und Sinnen zwingen
Daß ich itzt frölich preisen soll
und ans Gestirn erheben/
Ein Weib das aller Tugend voll
sich selbst macht ewig leben.

O Chloris deine Treffligkeit
Hat nirgends ihres gleichen/
Ich seh' O Perlein dieser Zeit
Die Sonne selbst dir weichen/
Denn ihre Schönheit muß vergehn/
Wenn sich der Tag verliehret/
Dein Antlitz aber lässt sich sehn
Bei Tag und Nacht geziehret.

Du suchest nicht was irrdisch heist
Und nur den Leib erquikket
Dein Geist der liebet allermeist
Den Himmel der dich zükket/
Denn/ weil du lauter Himlisch bist
So spottest du der Erden/
Du Chloris kanst in schneller Frist
Ein' halbe Göttin werden.

Du liebest was dein treues Hertz
Verbunden ist zu lieben/
Dich quählet des geliebten Schmertz
Dich ängstet sein Betrüben/
Wenn er ein frölichs Leben führt
Pflegst du darob zu lachen/
Du gehest mit wenn er spatziert/
Kanst ihm viel Freude machen.

Betracht' ich deinen schönsten Leib/
Der ewig werth zu leben/
Den dir o vollenkomnes Weib
Der Himmel hat gegeben/
So schließ ich/ daß Helenen Pracht
Die sie geführt auff Erden/
Der manchen Sclaven hat gemacht/
Vor dir muß tunckel werden.

Dein' Hahr verbinden Hertz und Muht
Der allerstärcksten Helden/
Was sol ich von der Sternen Gluht
Der schönsten Aeuglein melden?
Der Aeuglein die mit ihrer Zier
Des Febus Glantz nicht weichen/
Der hellen Faklen welch auch mir
Biß an die Seele reichen.

Wen zwinget nicht dein Zukker-Mund/
Wenn er die Lippen reget?
Dein Zünglein macht die Hertzen wund/
So bald sichs nur beweget/
Wie lieblich schmeckt dein Honig-Thau
Von lauter Nektars Flüssen/
Im Fall o allerschönste Frau
Man einmahl dich mag küssen.
_____



3.

Dafnis verweiset der hochmühtigen Galatheen ihren
grossen Stoltz und Unbeständigkeit

Bin ich denn blind/ O Galathe
daß ich nicht solte merken
Was ich so manchen Tag itzt seh'
an deinen kalten Wercken
Wie hoher Muht und falscher Raht
dein Hertz von mir gewendet hat/
daß du mich wilst verlassen/
was liebers anzufassen.

Mein Augen die du tausendmahl
Mit Lust zu küssen pflagest/
Die bringen nunmehr lauter Quahl
Dir/ wie du fälschlich sagest:
Was vormahls war ein Diamant
Ist nun geworden Stein und Sand
O Tadelichs Beginnen/
Der wankelbahren Sinnen.

Die Hände/ so dein rohter Mund
Mit Seüfftzen pflag zu drükken/
Die reissest du zu dieser Stund'
Auch gern in tausend Stükken
Und weil ich hochbetrübter Mann
Dir gahr nicht mehr gefallen kan
So wünschest du mein Leben
Dem Tod hinweg zu geben.

Du pflagest/ was ich vor der Zeit
Betrieben/ sehr zu loben
Dein hochgerühmte Freundligkeit
Hat all mein Thun erhoben
Ich war dir hertzlich lieb und wehrt
Nun hat sich alles umgekehrt/
Kaum darff ich bey dir stehen
Kaum wilt du mich ansehen.

Bedencke/ wie du Tag und Nacht
So trefflich hast gepriesen
Die Lieder/ welch' ich dir gemacht/
In denen ich erwiesen
Ohn alle List und Heüchelei
Daß keine dir zu gleichen sei
In ihrem Thun und Wesen
Daß magstu nicht mehr lesen.

Fast alles was vor kurtzer Frist
Dir trefflich wolgefallen/
Was dir zum Ruhm geschrieben ist/
Vergleichest du mit Gallen/
Ja was noch neülich Zucker war
Ist dir nun Wermuth gantz und gahr/
Das mein' Ich mag wol heissen
Der Untreü Sich befleissen.

Nun spühr Ich daß die gantze Welt
Absonderlich im Leben
Den Meineid nur vor Kurtzweil hält
Wie der Poet geschrieben/
Das zeuget dein verkehrter Sinn
O Galathe du Schäfferinn
Die du vor wenig Wochen
Dich noch so hoch versprochen.

Doch diß Versprechen wilt du nicht
Gewehren mir hinwieder
Du trotzest auff dein Angesicht
Und Schönheit deiner Glieder
Ach! poche nicht/ des Leibes Pracht
Verschwindet offt in einer Nacht
Bestand in Liebes Sachen
Pflegt Weiber schön zu machen.

Teutsch immerhin/ o Galathe
Wehl' einen groben Hirten
Der dich fürwahr mit Ach und Weh
Hernachmahls wird bewirthen/
Ob Hochmuht und ein falscher Raht
Dein Hertz gleich itzt verblendet hat
Wird Dafnis bei den Heerden
Dennoch geliebet werden.
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4.

Der auffrichtiger/ keuscher Liebhaber/ begehret
von der Schönsten nur bloß seine Freyheit
wiederum zu erhalten

Daß du die Schönst' auff Erden bist/
muß selbs der schöne Himmel zeugen/
der seiner Zier und Pracht vergist/
ob Er dir endlich könte beugen/
den harten Sinn/
der zum Gewinn/
ist eiffrich diß mein Hertz zu gnagen/
[gnagen=nagen]
Ja mich auff den Todt zu plagen.

Bist du darumb so klug gemacht
Daß mich nur schnel ins Grab sol bringen
Dein Mündlein/ daß so freundlich lacht/
Daß es die Felsen könte zwingen/
Bist du so schön
Und kanst noch sehn
In deiner Liebe mich zu brennen/
Sol ich dich meinen Todt nicht nennen.

O grausam Unbarmhertzigkeit/
Die durch mein Unglück sich ergetzet!
O Räuberin der Edlen Zeit
Die mich ins tunkle Grab versetzet!
Was wirds denn sein/
Wenn mich die Pein
Umb deinet willen hingerichtet/
Ja Dafnis für der Zeit vernichtet?

O süsser Mund/ war das dein Will
Als du so lieblich mich geküsset/
Da wir uns hertzten in der Still
Auch so daß ich mich selbst vermüsset
O lokke Brod
Du schafst den Tod
Drüm Schönste still' itzt mein Verlangen/
Du weist wie hart ich bin gefangen.

Laß deiner Perlen Hände Pracht
So mir geraubt mein halbes Leben/
Ja mich zum Sclaven hat gemacht/
Mir meine Freiheit wieder geben
Ja süsser Mund
Du kanst zur Stund
In höchster Lust mich wieder sehen/
Sprichst du nun ja/ so wirds geschehen.
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5.

Als ihm einsmahlen die übertreffliche Schönheit
Seiner vollenkommenen Rosiminden etwas freier
zu betrachten vergünnet

O mehr als güldner Tag/
In dem ich das gesehen
was über alles gehen
und herrlich prangen mag/
O was für Schönheit ist zu finden
an meiner Schäfrin Rosiminden.

Mein' Augen freüet Euch
Es ist in vielen Jahren
Kein Glük Euch wiederfahren
Das dieser Stunde gleich/
In der Sich alles das läst finden
Was herrlich ist an Rosiminden.

Wie daß mir mein Gesicht
Ist gleichsam gahr verdunkelt?
Ei sehet wie doch funkelt
Das wunderschöne Licht
Das sich hellscheinend lässet finden
An meiner süssen Rosiminden.

Schaut hier den Helffenbein
Der Alabaster Hände
Ach! wo ich mich hinwende/
Da läst ein solcher Schein
Der übermenschlich ist sich finden
An meiner Göttin Rosiminden.

Hinweg du Nimfen Pracht/
Hier hat sich außgelassen
Was kaum die Welt kan fassen/
Nun läst der Liebe Macht
Den treuen Dafnis recht empfinden
Den schönsten Glantz von Rosiminden.

Weg Helena/ dein Leib
Darff auff den Sieg nicht hoffen/
Hier hat dich übertroffen
Das allerschönste Weib/
Auff Erden ist doch nicht zu finden
Die Sich vergleicht der Rosiminden.

Gewünschter güldner Tag/
In dem ich hab' erlanget
Die Sonnen gleichlich pranget/
Ach! gib mir daß ich mag
All Augenblick die Rosiminden
In solcher Lieb' und Schönheit finden.
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6.

An den mißgünstigen Neidharrt/
Welcher die treugepflegte Ehrenliebe
zwischen ihme und seiner schönsten Phillis
bößlich verleumdete/ worüber Er die Phillis
auff das freundlichste tröstet
Nach dem Frantzösischen deß Theophilis/
welches Anfang ist: Contre mon amour innocent
Gronde la haine & la disgrace &c.

Du frecher Geist der du mir dreuest/
der du mit bittern haß und neid/
von meiner Liebe Redligkeit
gleich einer Eul' im finstern schreiest/
dein Augenfeuer ist viel zu klein
die Gottheit selber zu verletzen
Ja deine Macht ist nicht zu schätzen
weil Fillis stets wird sieghafft seyn.

Wie darffst du dich doch unterstehen
Du scheltens würdige Natur
Der Fillis Göttliche Figur
Mit schelen Augen anzuseh[e]n?
Es kochet gleich in mir mein Bluht
O Fillis daß mein Hertz sich kränket
Wenn es das Unrecht nur bedenket
Das deinem Pracht der Neider thut.

Seither ich deine Klag' erhöret
Verliehr' ich allen Fried und Ruh
Mein Thränen-Bach nimt stündlich zu
Dieweil mich Lieb und Schmertz bethöret/
Ja/ der zu Bett' ich liegen muß
Mir träumet stets wie daß ich sehe
Die Parcen/ und mit ihnen gehe
Zu Schiff auff Acheronten Fluß.

Verzeihe mir daß ich dich meide
O Fillis das schafft meine Pein
Man solte mir barmhertzig seyn
Dieweil ich sonder Schuld itzt leide/
Ich sterb' im Fall du stirbst mit mir
Denn darzu hat das Glück auff Erden
Mich lassen deinen Diener werden
Daß ich nur sterben sol mit dir.
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7.

Dafnis Klag-Lied
An seine zwahr überschöne/ aber dabenebenst
Felsenharte Florabellen
Etlicher mahsen auß dem Paradis d'Amour

Florabella liebstes Leben
meiner Seelen Meisterinn/
der ich tausendmahl muß geben
Ehr und Tugend zum Gewinn/
komm und nim mein Klagen an/
das ich niemals enden kan.

Höre doch mein traurigs Singen
O du Wunderwerk der Welt/
Dafnis/ der dich nicht kan zwingen/
Ist es der dich höher hält/
Als ein Englein daß die Nacht
Durch sich selbst zum Sclaven macht.

Ach! Ich brenn' im süssen Leiden
Ich vergeh' in Liebes-Pein/
Deine Schönheit die zu meiden
Muß mein tunkles Grabmahl seyn
Ich verschmacht'/ ich schwind'/ ich schwitz
Als ein Gräßlein in der Hitz.

Hast du denn gantz kein Erbarmen
Allerschönstes Hertz mit mir/
Wilt du mich gleich nie umarmen/
Trag ich dennoch stets mit dir
Und mit deiner Hartigkeit
Viel erbarmen/ Quahl und Leid.

Ach! Mein Leben mein Verlangen
Mein' Ergetzung meine Lust
Meiner Seelen Krohn und Prangen/
Meine Göttinn meine Lust
Ach! ist denn aus deinem Sinn
Lieb' und Treu' itzt gantz dahin?

Tag und Abend/ Nacht und Morgen/
Schönheit/ Reichthum/ Ehr und Guht
Frölich lieben/ nimmer sorgen
Quählet nur alles meinen Muht/
Wann nicht du zu jeder Frist
Florabella bei mir bist.
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8.

Er vermahnet die züchtige Jugend/
Sie nur ein Hertz/ und dasselbe daß
keusch und beständig liebe

Junges Hertz wiltu dein Leben
setzen wohl und glüklich fohrt
Must du dich der Treu ergeben/
triegen nicht und halten Wort
Denn so bald man wird beginnen
zu verkehren Hertz und Sinnen/
wird die Lieb in Leid/
Freud in Traurigkeit/
und die Lust in Angst zerrinnen.

Wer wol Lieben wil/ Lieb' eine/
Mehr denn Ein ist schon zu viel/
Eine lieben oder keine
Gibt fürwahr das beste Spiel
Weg mit denen welche Sorgen
Wie sie mügen alle Morgen
Treiben neuen Schertz/
Ach/ ihr falsches Hertz/
Bleibet warlich unverborgen.

Ihr Verliebte lasset fahren
Den verfluchten Wanckelmuht/
Seht/ wie sich die Vöglein paaren/
Schaut nur was die Lerche thut/
Da wird Eins an Eins verbunden/
Untreu wird gahr nicht gefunden/
Reiner Liebe Krafft
Die viel Nutzen schafft
Hat hie falsch sein überwunden.

Drüm so schmükket eure Jugend
Rühmlich mit Beständigkeit/
Diß ist ja die schönste Tugend/
Welch euch für den Neid befreit/
Hütet Euch für leichtem Wancken/
Denn von Wancken kömmt das Zancken
Drüm so liebe schlecht
Wil man lieben recht
Und hab' einerlei Gedancken.

Diß mein Hertz sol Einen lieben/
Einen und sonst keinen mehr/
Ja von Tugend angetrieben/
Dißfals suchen Ruhm und Ehr'/
Untreu stürtzet ins Verderben/
Treu sein kan den Preiß erwerben/
Drüm so wil auch Ich
Lieben festiglich
Eine nur und redlich sterben.
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9.

Dafnis rühmet die Vortreffligkeit seiner Florabellen/
über alles preiset er der Süssigkeit ihrer Lippen

Hinweg du Schlaff/ hinweg du Nacht/
ein unverglichne Schönheit macht
daß ich dem Himmel muß erzehlen/
Mit was vor grossem Pracht/
und Zier/ ein mehr denn göttlichs Bild
allhier kan alle tapfre Seelen quehlen/
O hochgepriesner Lippen Safft
wie süß und stark ist deine Krafft.

O Schloß der Vollenkommenheit/
O schönster Spiegel dieser Zeit
Wer kan dich würdig gnug erheben?
Die Felder/ Wälder/ Berg und Thal
Die schönsten Blümlein allzumahl
Versamlen sich dir Lob zu geben/
O hochgepriesner Lippen-Safft
Wie süß und stark ist deine Krafft.

Wer kan dein Englisch Angesicht/
Wer kan der schönsten Augen-Licht
Betrachten und ihr nicht erweisen
In Demuht Ehr' und Höffligkeit
Du Krohn der Nimfen dieser Zeit/
Wie selig ist der Mensch zu preisen/
Dem deiner süssen Lippen-Safft
Das Leben gibt durch ihre Krafft.

Ich armer Schäffer neige mich
O schönstes Hertz zu bitten dich/
Daß ich itzt kühnlich müge nennen
Mich/ Florabella deinen Knecht/
Ich wil von dir mit höchstem Recht
O vollenkomnes Bild bekennen/
Daß deiner Lippen süsser Safft
Geb' auch dem Himmel selber Krafft.

O wie so selig würd' ich seyn
Auch mitten in der Liebe Pein/
Dörfft' ich nur einmahl freundlich küssen/
Der Perlen Hände Milch und Schnee/
Ja Schönste weil ich dich nicht seh'
Ach! So wird Dafnis sterben müssen/
Es sei denn daß dein Lippen-Safft
Geb' einmahl meiner Seelen Krafft.
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10.

An die Tugendreiche Perlemund
Als Sich dieselbe Seiner Liebe unwürdig achtete

Perlemund mein' höchste Freude/
Perlemund meins liebstes Hertz/
was ich deinetwegen leide/
Ist ein gar zu grosser Schmertz/
täglich quähl ich mich mit Thränen/
seufftzen/ wünschen/ klagen/ sehnen/
Es ist nichts in meinem Mund/
als die schönste Perlemund.

Schau' ich gleich das Kleid der Erden/
Kräuter/ Bluhmen/ Laub und Graß/
Ja was täglich noch kan werden/
Wünsch' ich doch ohn unterlaß
Schönste/ dich nur stets zu sehen/
Ja mit Thränen anzuflehen/
Daß in meiner Liebe-Pein
Du mir wollest gnädig seyn.

Aber du läst mich verzagen/
Der ich doch so hoch dich ehr
Ich muß hören deine Klagen/
Dafnis liebet gar zu sehr!
Ja du wilt vor allen Dingen/
Daß ich selber mich sol zwingen/
Hat nun Lieb erzürnet dich/
Ach! vergib mirs gnädiglich.

Perlemund/ dir mag ichs danken
Daß ich so verliebet binn/
Daß auff dich ohn' alles Wanken
Ich gerichtet meinen Sinn/
Du mein Leben hast gerührtet
Meine Seel'/ und mich geführet
Auff den süssen Liebe-Plan
Sag'/ hab' ich zu viel gethan?

Perlemund du Preis der Jugend
Perlemund mein höchstes Guht
Deine Schönheit/ Witz und Tugend
Zwingen mir den frischen Muht
Daß ich dir mein Hertz muß biehten/
Sagst du noch ich sol mich hüten
Gantz in dich verliebt zu seyn?
Perlemund die Schuld ist dein.
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11.

Dafnis klägliches Abscheids-Lied
Als er seine liebste Rosiminde
so traurig verlassen muste

Rosiminde meine Lust/
wilt du von mir scheiden?
Ach ist dir denn nicht bewust/
mein erbarmlichs leiden?
Dafnis seufftzet Tag und Nacht
Nach der schönsten Rosiminden/
welch' ihm Freud' und Leid gebracht/
Ach wo soll Er Ruhe finden.

Ist es müglich/ daß ich kan
Deinen Abscheid sehen?
Nein/ mein Sterben geht heran
Es ist bald geschehen/
Meines Hertzens Sonn und Licht
Will itzt schleunig von mir weichen/
Rosimind' es fehlet nicht
Dafnis wird den Tod erreichen.

Finsterniß ümbgebe mich.
Thränen müssen netzen
Meine Wangen jämmerlich
Weil ich mich sol letzen
Mit der Schönsten/ die mein Hertz
Mir so gahr hinweg genommen/
Ach! wenn werd (o grosser Schmertz!)
Rosimind' ich zu dir kommen?

Dieser Fluß sol Zeuge seyn
Daß ich treu geliebet/
Aber/ o des Scheidens Pein
Die mich itzt betrübet/
Meine Seele schwimt im Bluht'
Ach! was Marter muß sie leiden/
Weil mein allerhöchstes Guht
Plötzlich wil von hinnen scheiden!

Erd' und Himmel/ Feür und Meer/
Schauet doch mich Armen/
Welches Noht ist gahr zu schwehr
Hilfft denn kein Erbarmen?
Ist mein Grab denn schon bestelt
Daß mich endlich sol befreien/
Ei so wil ich in der Welt
Nichts als Rosiminde schreien.

Rosiminde guhte Nacht
Dafnis muß itzt schliessen/
Scheiden ist es/ daß mich macht
Thränen Bluht vergiessen/
Rosimind' und muß ich noch
Mich üm deinent willen kränken/
Ja mein Schatz/ so wil ich doch/
Wenn ich sterb' an dich gedenken.
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13.

Dafnis sehnliches Klag-Lied
Wegen der gahr zu langen Abwesenheit
seiner allerschönsten Florabellen

Ist denn nun der Schluß gemacht/
daß man weder Tag noch Nacht/
schönste der Jungfrauen
darf in deinem Dienste seyn/
dich nur anzuschauen/
Ach Schatz erbarm dich mein/
Ach Schatz erbarm dich mein.

Kan ich sonder Augen sehn?
Kan ich ohne Füsse gehn?
Kan ich noch im Leben
Ohne dich im Leben seyn
Und im Glükke schweben?
Ach Schatz erbarm dich mein/
Ach Schatz erbarm dich mein.

Trauren mir das Hertz abfrist
Wenn du nicht mehr bey mir bist
O du schönste Sonne/
Stetig Grämen nimt mich ein
Klag' ist meine Wonne
Ach Schatz erbarm dich mein/
Ach Schatz erbarm dich mein.

Must du denn o Schäfferinn
Deine Schönheit geben hinn
Abgelegnen Feldern?
Dafnis muß verlassen seyn
Klagend in den Wäldern?
Ach Schatz erbarm dich mein/
Ach Schatz erbarm dich mein.

Sol mich denn erleuchten nicht
Deiner Schönsten Augen-Licht/
Das mich hat entzündet
Und mein Herz nun bringt in Pein
Weil es dich nicht findet
Ach Schatz erbarm dich mein/
Ach Schatz erbarm dich mein.

Florabella meine Lust:
Ist mein Schmertz dir nicht bewust
Den ich stets muß leiden
Weil ich dich mein Engelein
Itzt so gahr muß meiden
Ach Schatz erbarm dich mein/
Ach Schatz erbarm dich mein.

Ist es Dafnis denn nicht wehrt
Daß er deiner Gunst begehrt
Ja dich hoch verehret
Daß sein treues Hertz allein
Deinen Ruhm vermehret
Ach Schatz erbarm dich mein/
Ach Schatz erbarm dich mein.

Keine Stunde geht dahin
Daß nicht mein betrübter Sinn
In sich selbst gedenket:
Ach wenn hört doch auff die Pein
Die mich Armen kränket
Ach Schatz erbarm dich mein/
Ach Schatz erbarm dich mein.

Lieben und geniessen nicht
Seiner Schönsten Angesicht
Ist ein stetigs Sterben
Solch ein Hertz von Stahl und Stein/
Lässet mich verderben
Ach Schatz erbarm dich mein/
Ach Schatz erbarm dich mein.

Thränen send' ich ohne Zahl
Dir o meiner Seelen Quahl
Dir o Preiß der Schönen
Laß doch deiner Augen Schein
Dafnis nicht verhönen
Ach Schatz erbarm dich mein/
Ach Schatz erbarm dich mein.

Florabella richte recht
Ob dein untergebner Knecht
Länger dich sol meiden
Oder durch der Liebe Pein
Bald den Tod erleiden
Ach Schatz erbarm dich mein/
Ach Schatz erbarm dich mein.

Wenn es dir denn so gefält
Ei so scheid' ich aus der Welt
Daß ich deinen Willen
O du schönstes Engelein
Plötzlich müg' erfüllen
Ach Schatz erbarm dich mein/
Ach Schatz erbarm dich mein.
_____



14.

Guhte Nacht Florabella
Als Dafnis etliche sonderbahre Zeichen
Weiblicher Unbeständigkeit an Ihr verspührte

Soll denn mein behertzter Muht/
Ja mein Bluht/
durch der Liebe Macht ersterben/
Soll denn deine Grimmigkeit/
Licht der Zeit/
Dafnis gantz und gahr verderben.

Soll dein unbeweglichs Hertz
Angst und Schmertz
Lassen mich ohn Ende fühlen?
Wiltu denn allein an Mir
Für und für
Dein erhitztes Mühtlein kühlen?

Florabella gib Bericht
Ob Ich nicht
Dein Beginnen soll verfluchen?
Und Mir einen treuern Sinn
Zum Gewinn
Deiner falschen Liebe suchen?

Hartes Hertz erinre dich/
Wie du Mich
Hast vor dieser Zeit geliebet/
Ja wie deine Seel und Mund
Manche Stund'
Umb den Dafnis sich betrübet.

Hab' ich dich nicht stets geehrt
Und so wehrt
Als mein eignes Hertz gehalten?
Ach! wie komst du denn dazu/
Daß du nu
Lässest alle Lieb' erkalten?

Hab' Ich nicht mit gantzer Macht
Tag und Nacht
Deinen Preiß herauß gestrichen?
Ei so sag' itzt ohne List
Wie du bist
Doch sobald von mir gewichen?

Kanst du mich verachten noch
Und dem Joch
Deiner stoltzen Seel' ergeben?
Der ich doch aus Lieb' und Gunst
Durch die Kunst
Deinen Ruhm mach' ewig leben.

Kan denn Dafnis Preiß und Ehr
Dir nicht mehr
Wie vor dieser Zeit gefallen?
Der doch manchem in der Welt
So gefält
Der gelobet wird von allen.

Nun wollan so gönne mir/
Daß ich dir
Gute Nacht itzt müge sagen/
Und mein Leben in der Ruh
Bringen zu
Sonder Unmuth/ Sorg' und Klagen.

Die Verachtung ist zu groß/
Daß ich bloß
Deine Gegenwahrt sol meiden/
Florabella deine Gunst
Ist ümsunst/
Dafnis kan den Spott nicht leiden.

Nun mein Hertz/ bleib' unbewegt/
Wenn sich regt
Des Verliebens Angedenken/
Dafnis sol nicht mehr den Muht
Noch sein Bluht
Durch das falsche Lieben kränken.

Stoltzer Sinn der kriegt zu Lohn
Spott und Hohn
Untreu muß die Straff' ertragen/
Florabellen wendigs Hertz
Wird mit Schmertz
Allzu späht ihr Unglük klagen.
_____



15.

Die verlohrne Fillis wird ihrem
getreusten Liebhaber mit Freuden wiedergegeben
Etlicher mahssen auß dem Frantzösischen
des Theophis wiedergegeben
Frantzösische Melodey

Ein' Hoffnung blüht die Fillis lebt/
mein Unglück kan nicht länger stehen/
die Sonne lacht der Himmel schwebt/
macht süß und freundlich/ anzusehen.

Die Zeit nimt all mein Elend hinn
Mein Trauren muß sich binden lassen
Befridigt ist mir Hertz und Sinn/
Weil ich kan meine Fillis fassen.

Verzeihe mir/ daß mich verdroß
O Himmel! daß du nicht erhöret
Mein Flehen/ es war viel zu groß
Die Liebe/ so mich gantz bethöret.

Itzt rühm ich deine Grausamkeit/
Itzt weiß ich daß ich dir behage/
Die Kron und Fürstin dieser Zeit
Verschaffet/ daß ich nicht mehr klage/

Mein Hoffnung blüht/ die Fillis lebt
Des Himmels Schikkung ist vergangen/
Mein Leib und Seel in Freuden schwebt/
Drauff küß' ich Fillis süsse Wangen.
_____



16.

Er wünschet die Gegenwart der Delien/
zusamt Ihren jungen Lämmerchen

Steh du schönste Morgen Sonne/
steh' und schau itzt mit Begier/
Delien der Nimphen Zier/
aller Hirten Freud und Wonne/
Merke doch du güldnes Licht/
welch' ein klarer Glantz anbricht.

Delia springt aus dem Bette
Wenn Auroren klarer Schein
Und die schnelle Vögelein
Lieblich schreien in die Wette
Mit erhabner Stimm' und Brust
Delien zur Ehr' und Lust.

Himmel/ Sonne/ Flüsse/ Wälder/
Vögel/ Thiere/ Berg' und Thal
Ruffen sehnlich allzumahl
Komme doch in unsre Felder/
Delia du Weiber Pracht/
Groß ist deiner Schönheit Macht.

Laß aus Liebe mit dir lauffen
Deiner zahrten Lämmer Schaar/
Laß sie hüpffen Paar bey Paar/
Und vermehren unsern Hauffen/
Komm' O Schönste/ komm' und sprich/
Wehrter Dafnis küsse mich.

Ja diß klingt in Dafnis Ohren
Süsser als der Lauten Thon/
Delia so sei mein Lohn/
Sprach Er: Daß du mich erkohren/
Mir geschicht von Hertzen wol/
Wenn ich bald dich küssen sol.

Schönste Hirtin/ süsses Leben/
Du bist freundlich/ frisch und klug/
Meinen Augen Jung genug/
Dafnis hat sich gantz ergeben/
Dich zu lieben ohne List/
Sprich/ daß du sein eigner bist.

Nun so bleib' Ich stets der deine/
Delia du helles Licht/
Welches Glantz mein Hertz zubricht/
Du verbleibst auch ja der meine/
Himmel sprich hierzu dein Ja/
Dafnis Schatz/ heist Delia.
_____



17.

Dafnis versichert die Florabellen seiner ewig
beständigen Liebe/
Etlicher mahssen nach dem Italianischen
Amarylli mia Bella

Florabella meine schöne/ wie gläubstu mir denn nit
daß ich dich liebe/
Ja mich um dich betrübe?
Ach gläub es mir/ nim nur in meinem Leiden/
ein scharffes Schwert mit Freuden/
öffne mir mein Hertze schau was darin geschrieben/
Florabella/ Florabella/ Florabella muß ich lieben.

Florabella Preiß der Frauen/ ich weiß daß ich fürwahr
Nicht kan erreichen/
Ein Bild daß dir zu gleichen/
Ach du bist schön/ ja schöner als die Sonne/
Schön bist du meine Wonne/
Drüm wird auch Dafnis vom Himmel angetrieben/
Florabella/ Florabella Florabella/ treu zu lieben.

Florabella deinen Gaben/ welch' übermenschlich sind/
Muß dienstbahr werden
Die Lufft/ Feur/ Meer und Erden/
Was edel heist/ was groß von Witz und Tugend/
Verehret deine Jugend/
Drüm wil auch Dafnis sein Lebenlang sich üben/
Florabella/ Florabella Florabella/ treu zu lieben.

Florabella du kanst zwingen mein Hertz wie dirs gefält
Ja du kanst machen
Mich seuftzen/ weinen/ lachen/
Ach laß mich doch dein Huld' und Gnad' erwerben/
Dein Sclave wil ich sterben.
Denn meiner Seelen bleibt ewig eingeschrieben/
Florabella/ Florabella Florabella/ treu zu lieben.
_____



18.

Eines frembden Schäffers Klag-Lied
Worin er betrauret/
Daß seine/ ihme ehmahls versprochene
Amarillis mit einem alten Coridon
ihr junges Leben müsse zubringen

Allerschönste daß ich dich/
lieben muß von Hertzen/
Und dagegen quählen mich/
Tag und Nacht mit Schmertzen/
Ja daß ich O Schäfferin/
dein getreuster Diener bin/
must du selbst bekennen/
mich den deinen nennen.

Deine Schönheit und Verstand
Deine Zucht und Tugend/
Hat mein Hertz zu dir gewand
O du Preiß der Jugend
Als ich deine Treffligkeit
O du Perlein dieser Zeit
Einmahl nur erblikket/
Ward ich schnell verstrikket.

Glaube doch O süsser Mund
Was dein Schäffer schweret
Tugend ist der Liebe Grund
Daß er dein begehret
Tugend die dich Edel macht
Hat mich in diß Joch gebracht
Daß ich dir mein Leben
Mich so gahr ergeben.

Billig liebt mein treuer Sinn
Solch ein Edle Krone
Denn du schönste Schäfferinn
Gibst mir ja zu Lohne
Gegenlieb' und wahre Gunst
Solches mehret meine Brunst/
Weil du dich mir schenkest
Und zu mir dich lenkest.

Aber/ O der bittern Lust
Die mich grausam quählet/
Ach/ mir ist ja wol bewust
Daß du bist vermählet/
Weiß ich doch daß Corydon
Dich/ O meine Freud und Wonn!
Sich schon längst verpflichtet
Und mein Glück vernichtet.

Solt du denn O Schäfferinn
Deine Zeit und Tage
Bringen mit dem Alten hinn?
O der schweren Plage!
Sol dein Honigsüsser Mund
Der die Hertzen macht gesund/
Ja mir gibt das Leben/
Jenem Küsse geben?

Soll der alte Corydon
Deiner stets geniessen?
Solches würd' O schönste Sonn
Hefftig mich verdriessen/
Soll das Glück den stetiglich
Amarillis über dich
Corydon den Alten
Frölich lassen walten.

Gleich und gleich das stehet wol
Schier in allen Sachen/
Sagt doch was ein Alter sol
Mit der Jungen machen?
Alter Käß und frisches Brod
Ist wol guht in Hungersnoht
Aber altes Lieben
Schaffet nur Betrüben.

Solch ein Mund voll Honigsafft
Lieblich außgezieret!
Gibt den Jungen Hertzen Krafft
Wenn Er sie berühret/
Aber ein verlebter Mann
Der nicht recht mehr küssen kan
Soll sich nur bemühen
In sein Grab zu ziehen.

Amarillis meine Zier
Was ist doch zu hoffen?
Weil michs Unglück für und für
Leider hat getroffen/
Mir ist so von Hertzen bang/
Ach/ dein Alter lebt zu lang/
Und läst mit betrüben
Uns vergeblich lieben.

Seht er ist von Stahl und Stein
Weiß von keinen Schmertzen
Milch und Butter/ Bier und Wein
Schmekket ihm von Hertzen/
Trauren geht ihn gar nicht an
Weil sein Mund noch lachen kan
Und viel Kurtzweil führen
Ja den Tod vexieren.

Lieben wir denn gahr umsunst/
O du Preiß der Frauen
Will der Himmel seine Gunst
Uns nicht lassen schauen?
Komt denn nie der güldne Tag
Daß ich dich umarmen mag
Und dein Mündlein drükken
Tirsis müg erquikken?

Ach! ich muß verzweiffeln schier
Deines Alten Leben/
Du der Schäfferinnen Zier
Kan nichts anders geben
Als ein Hoffnung ohne Krafft
Hoffnung die nur Schmertzen schafft/
Hoffnung die mich plaget/
Ja das Hertz abnaget.

Manchem hilfft der bittre Todt
Durch ein sanfftes scheiden
Aus der schwehren Liebesnoht/
Krönet ihm mit Freuden/
Aber meiner grossen Pein
Weil er nicht barmhertzig seyn/
Dieses Alten Leben
Wird den Todt mir geben.

Amarillis meine Lust
Meine Freud und Wonne/
Meines Hertzens Fried und Rust
[Rust=Ruhe]
Meiner Augen Sonne
Schliessen wir gleich unsre Zeit
In der höchsten Traurigkeit
Und in tausend Schmertzen
Lieb ich dich doch von Hertzen.
_____



19.

Als Dafnis einsmahlen gantz unversehner Weise/
von zweien fürtrefflichen Schäfferinnen
in seinem Schäffer Hüttlein ward besuchet

Als Daffnis einst betrübet saß
von allen Schäffern gantz entfernet/
und gleichsam in Gedanken laß/
das was er schon fürlängst erlernet/
Gedacht Er an die süsse Schahr
der höchst begabten Schäfferinnen/
der Schäfferinnen die so gahr
bezwungen ehmahls seine Sinnen.

In dem' erblikt er für sich stehn
Zwei schöne Nimfen reich von Gaben/
Kaum wust er was ihm war geschehn/
Sie fingen an sein Hertz zu laben/
Ihr reden das war Honig-süß
Sie führten treffliche Geberden/
Den Hinden gleich die schnelle Füß'/
Ihr Leib ein Wunderwerk der Erden.

Ach! rieff der Schäffer/ seh' ich nicht
Bluminden treten in mein Zimmer
Bluminden meiner Augen-Licht/
Der ich fürwahr vergesse nimmer
Ist Silvia nicht auch allhier
Bluminden Freud' und eintzigs Leben?
Ach ja/ der Schäfferinnen Zier/
Seh' ich für meinen Augen schweben.

O lieblichs Paar O Nimfen Preiß
O Freude meiner Traur-Gedanken/
Erscheinet ihr auff mein Geheiß/
So werdet ihr ja nimmer wanken/
Daß ihr zu meinen Hütten geht/
Werd' ich in alle Birken schreiben/
So lang' ein Baum im Walde steht/
Wil Dafnis eur Getreuster bleiben.

Bluminde deine Treffligkeit
Hat längst den höchsten Preiß erhalten/
Drum bitt' ich/ laß nach dieser Zeit
Dein lieben nimmer mehr erkalten/
Bluminde deiner Glieder Pracht
Vom Himmel selber dir gegeben
Der mich zum Sclaven hat gemacht
Muß unauffhörlich vor mir schweben.

Bluminde bleibe doch bei mir
Samt Silvia der Kron der Frommen/
Bin ich doch hertzlich gern bei dir
Warum wilt du zu mir nicht kommen?
Laß leuchten bald dein Aüglein
Mein hochbetrübtes Hertz zu stärken/
Fühl ich nur ihren klahren Schein/
So kan ich plötzlich Hülffe merken.

Belobtes Paar was eilest du
Zu lassen meine Schäffer-Hütten?
Verlanget dir schon nach der Ruh'?
Ach Hertz so muß ich Thränen schütten/
Erlaubt vor dem Scheiden doch/
Daß Dafnis einmahl euch mag küssen
Eh sein betrübtes Hertze noch
In tausend Stükke wird zerrissen.

Ade Bluminde meine Sonn'
Ade du Tempel aller Tugend/
Ade mein' Hertzen Freud' und Wonn'
Samt Silvia der Krohn der Jugend/
Ohn euch kan ich doch nimmer leben
Nemt mein getreues Hertz mit hin/
Mein Seelichen sol um euch schweben
So lang' ich Dafnis heiß' und bin.
_____



20.

Er versichert die wunderschöne Rosiminde
nochmahlen seiner unendlichen Beständigkeit

Wenn meine Treu nicht solte wehren
O liebstes Lieb biß in den Tod/
Wolt' ich zu lieben nicht begehren
noch leiden so viel Angst und Noht/
Wenn aber ich verpflichtet bin/
zu schenken dir mein Ehr' und Leben
so sol mein unbewegter Sinn/
mein Hertz biß in den Tod dir geben
Ja Rosiminde glaub' es mir/
mein Seelichen klebt gantz an dir.

Ich kan nicht mit der Liebe spielen
Wie mir das blinde Glük offt thut/
Wil einer recht auff Tugend ziehlen
Der mach erst fest den schwachen Muht/
Wer lieben wil/ und doch nicht stehn
Als eine Säul' von Marmorsteinen/
Der wird sein Elend für sich sehn
Viel eh' als Er es selbst wird meinen/
Drüm Rosiminde gläub' es mir/
Mein Seelichen hängt gantz an dir.

Laß alle Kläffer hönisch sausen/
Ich weiß doch gleichwol wer du bist/
Es sol der Neider grimmigs Brausen
Bewegen mich zu keiner Frist/
Daß Ich mein Schatz so liederlich
Zu lieben dich solt' unterlassen/
Ich spühre wie du liebest mich/
Ach Gott! Wie könt ich dich denn hassen/
Nein Rosiminde/ gläub es mir/
Mein Seelichen hängt gantz an dir.

Wenn mehr denn hundert tausend Plagen
Sich wider mich verschwüren zugleich/
Wolt' Ich doch nimmermehr verzagen
Noch in der Liebe werden weich/
Ja Schönste du wirst Wunders voll
So grosse Treu bei mir verspühren/
Daß keiner mir sich gleichen sol/
Nur ich werd allen Preiß wegführen/
Drüm Rosiminde glaub es mir/
Mein Seelichen hängt gantz an dir.

Kein Menschenkind daß dich kan sehen
Tritt jemahls unverliebt von dir/
Demnach in dir versamlet stehen/
Der schönsten Gaben Schätz und Zier/
Du bist des Himmels Meisterstük
Ein rechtes Wunder unsrer Zeiten/
Du bist es die mein Ehr' und Glük
Allein durch Tugend kan außbreiten/
Drüm Rosiminde glaub es mir/
Mein Seelichen hängt gantz an dir.

Wolan/ last uns denn ewig üben
Beständigkeit und rechte Treu/
Dein lieben kan mich nicht betrüben/
Denn unser Treu wird täglich neu/
Drauff schwehr ich itzt mein Augen Licht/
Daß Ich zu Dienste dir will leben.
Biß mir mein mattes Hertz zubricht
Und Ich der Welt Ade muß geben/
Drüm Rosiminde glaub es mir/
Mein Seelichen hängt gantz an dir.
_____



21.

Die hochedle Dorilis ist doch nichtes anders
als ein stets brennendes durchdringendes Feur
Zum Theil auß dem Spanischen

Der Aetna brennt so grausam nicht
als Dorilis dein Angesicht
das mir verzehrt mein mattes Hertz
durch ungewohnter Liebes Schmertz
nun spühr ich erst zu dieser frist
daß du mein Schatz die Sonne bist
doch findet sich durchauß kein Mann
der deine Strahlen leiden kan.

Es brennet nicht so ungeheur
O Dorilis der Sonnen Feur
Als deiner klahren Augen-Licht
Mein junges Leben mir zubricht
Der Sonnen kan ich noch entgehn;
Dir aber muß ich stille stehn
Die Sonne brennet mich bey Tag'
Und du bey Nacht mit grosser Plag.

Es ist kein End' an meiner Pein
Ich kan doch nirgends sicher seyn/
Bin ich bey dir/ so brenst du mich
Schau ich dich nicht so fühl' ich dich
Leg' ich des Abends mich zur Ruh'
Ach! liebes Feur das dekt mich zu/
Erwach' ich denn von Thränen naß
Die vorig Hitz ist ebens das.

Fahr ich zu Wagen über Land
So fühl' ich bald im Hertzen Brand
Steig' ich zu Pferd' und reise fohrt
Es weiß die Lieb auch solchen Ohrt
Wil ich studieren? Ach! umsunst
Ich schreib' auch mitten in der Brunst
Ja fahr' ich über See und Flüß'
Entbrenn' ich doch o Dorilis.

Wie bist du nur so grausahm wild
Mein allerschönstes Himmel-Bild?
Sag' an/ warum ich in der Hitz
Erdulden muß solch Feur und Blitz?
Doch weil ich hochbetrübter Mann
Stets sterb' und doch nicht sterben kan/
So laß doch deiner Augenschein
Auff einmahl meinen Würger seyn.
_____



22.

Dafnis bittet seine erzürnete Florabellen/
Daß sie in ihrem eiffrigen Muhte ihme
doch nur gezwungene Küsse wolle geben

Schönste darff ich das nicht nehmen
da mein Hertz so manchen Tag
sich erbärmlich muß umgrähmen
und doch nichts erhalten mag?
bist du denn von Stahl und Stein?
Sag es doch mein liebstes Leben
wenn wilst du mir Schmätze geben
daß ich einst kan frölich seyn.

Laß mich bald' dein Aüglein küssen
Die zwo Diamanten sind/
Wilt du nicht so wirst du müssen
Florabelle süsses Kind/
Dein vor Gold gepriesnes Hahr
Und die Rosen rohte Wangen
Wil ich mit Gewalt umfangen
Gantz nicht scheuend die Gefahr.

Liebstes Hertz du must bedenken
Was du Dafnis schuldig bist
Tausend Küsse must du schenken
Wenn er wil zur jeden Frist
Drüm so hertze deinen Sohn
Denn dieweil er in den Wiesen
Florabelle dich gepriesen/
Ei so zahl' ihm seinen Lohn.

Ach wie magst du das versagen
Einem/ der dich treulich liebt/
Ja der durch sein schmertzlich Klagen
Täglich sich dem Tod' ergiebt?
Nein/ ich merk' es gahr zu wol/
Keiner darff dein Lieben nennen
Wenn er dich gleich siehet brennen/
Wo er dich gewinnen sol.

Nun du magst dich immer stellen
Böß und zornig wie du wilt
Dafnis wirst du doch nicht fellen
Florabelle schönstes Bild/
Zank' und küsse doch nur bald:
Sagst du nein/ du Preiß der Frommen
Muß ich dir was näher kommen
Und dich küssen mit Gewalt.

Zürne nicht mit meinen Händen
Daß sie sich auff mein Befehl
Etwas schneller zu dir wenden
Anzufassen deine Kehl'/
Ach! das enge Mund an Mund
Und das Honigsüsse Stippen
Auff den Rosenfarben Lippen/
Machet mir mein Hertz gesund.

Unterdessen sei zu frieden
Daß ich in dem Liebes Feur
Lauter Küsse stets mag schmieden/
Die du hälst so mächtig theur/
Wilt du nicht so schwehr ich dir/
Wenn du mich gleich würdest beissen
Ja mit Näglen gantz zureissen
Küß' ich dich doch für und für.

Halte dich nur hart und muhtig
In der keuschen Liebe-Brunst/
Schlage mich gantz wund und bluhtig
All dein Arbeit ist umsunst/
Ach! es bringt mir süssen Schmertz
Wenn du so dich pflegst zu wehren
Ei denn muß ich erst begehren
Florabellen gantzes Hertz.

Nun das ist ein lustigs Kriegen/
Ja das ist ein lieber Streit/
Da wir beyde können siegen
In der höchsten Freundligkeit
Ach! mir ist als dann so wol
Wenn du dich nur stelst zu wieder/
Und ich deine zahrten Glieder
Schier gezwungen küssen sol.
_____



23.

Dafnis beklaget die Eitelkeit der Liebe und verweiset
der Florabellen ihre Härtigkeit und Wankelmuht

Und bekenn' ich endlich frei
daß das bittersüsse Lieben
da so viel ist von geschrieben/
sey nur lauter Sclaverey/
Ja daß ein verliebtes Hertz
das sich selbst nicht kan bezwingen/
finde nur in diesen Dingen/
Trübsahl/ Unmuht/ Angst/ und Schmertz.

Hier ist Leben/ hier ist Todt/
Hier ist Honig/ hier ist Galle/
Hier vergleicht man sich dem Balle/
Hier ist Hoffnung/ hier ist Noht/
Hier ist Lust von kurtzer Zeit/
Hier ist Wünschen/ hier ist Sehnen/
Hier sind Seufftzen/ hier sind Thränen/
Hier ist Freud in Traurigkeit.

Doch von meiner Liebe Pein
Florabelle du mein Leben
Kanst du selber Kundschafft geben/
Und mein treuer Zeuge seyn:
Denn ich/ was so manchen Tag
Meine Seel' hat ausgestanden
In den harten Liebes-Banden/
Ferner nicht erzehlen mag.

Gleichwol Schönste läst du mich
In dem Trauren schier verderben/
Der ich doch bereit zu sterben
Stets gewesen bin vor dich/
Alles was so manches Jahr
Mein getreues Hertz im lieben
Dir zu Diensten hat getrieben/
Hilfft mich letztlich nicht ein Hahr.

Ach was hatt' ich damahl Ehr'
Als du schwurest meine Sonne/
Daß dein Hertzen Freud und Wonne
Keiner sonst als Dafnis wer'
Aber seht vor kurtzer Zeit
Ist im süssen Liebes-Orden
Dein Gemüht erfüllet worden
Schier mit Unbeständigkeit.

Florabella bist du doch
Schnee und Hagel zu vergleichen
Eiß muß deiner Kälte weichen
Ich sol unbeweglich sein
Und Dich biß ans Ende lieben
Du hingegen wilt betrüben
Mich biß in den Todt hinnein.

Du mein Schatz befiehlest zwar
Ich sol keine Nimfen kennen/
Ja fast gahr kein andre nennen
Als allein dich immerdar/
Ist denn dieses meine Pflicht
Die Mich lieben/ zu verlassen/
Die Mich loben/ stets zu hassen/
Ach! das thust du selber nicht.

Wer erkennet dieß vor Recht
Daß Ich fäst bei der sol stehen
Die Mich kaum mehr mag ansehen
Ja mich hält als einen Knecht?
Florabelle wirst du Mir
Deine Gunst wie vor zu neigen/
Will Ich Dir hinwieder zeigen
Treu und Glauben für und für.

Unterdessen sag' Ich frei
Daß das bitter-süsse Lieben
Da so viel ist von geschrieben
Sei nur lauter Sclaverei/
Da ist quählen Tag und Nacht
Wil Ich einmahl friedlich leben
Muß Ich dir mit Seufftzen geben
Florabelle guhte Nacht.
_____



24.

Er versichert eine muht/ Bluht und Tugend Edle Schäfferinn/
Daß/ Ob Sie gleich sehr weit von ihm
geschieden müsse leben/ Er doch Ihrer
fürtreflichen Gaben und unvergleichlichen
Eigenschafften nimmerrmehr
könne noch wolte vergessen

Heist das die Zeit wird kommen/
wenn wir getrennet sind
Und du von mir genommen
mein allerliebstes Kind
daß denn nicht mehr an dich/
dein Dafnis werde denken
und seine Seele kränken/
um dich so jämmerlich.

Ja wol! Ich hab' erfahren
Grad das Wiederspiel/
Seit wir geschieden waren/
Gedenk' Ich gahr zu viel
An mein getreustes Hertz/
Denn dich Lisetta meiden
Heist recht ein Seelen Scheiden
Und bittrer Todes-Schmertz.

Sprich nicht: wir sind getrennet/
Sein Lieben ist geschehn
Nein! die du mich gekennet/
Ja klüglich hast gesehn
Ins Hertz schier deinem Knecht'/
Erinnre dich der Dinge/
Von welchen Ich itzt singe/
Du wirst mir geben Recht

Ist auch ein Bild gewesen
In dieser grossen Welt
Daß Ich so gahr erlesen
Ja mir so hoch gestelt
Als du mein Ander Ich.
So müß' ohn' einigs Schonen
Astreen Schwehrt mir lohnen
Hertzliebste/ grausahmlich.

Hab' Ich dich nicht geehret
So viel als einer kann?
Hab' Ich nicht stets vermehret
Dein Lob bei Jedermann?
Hab' Ich nicht manche Pein
Um dich/ mein Schatz ertragen/
Wie könt' itzt mein Behagen
So schnell vergessen sein.

Unmüglich kans geschehen
Die Lieb' ist viel zu stark
Man wird den Dafnis sehen
Noch eh' in seinem Sark'
Und auff der Todten-Bahr
Als ihn/ o Preiß der Jugend
Vergessen deiner Tugend/
Welch' Ihm ein Zunder war.

Bist du gleich weit entsessen
Von mir du treflichs Weib/
Kan ich doch nie vergessen
Solch einen schönen Leib/
Nie werd' Ich Sorgenloß
Mein Hertz von dir abtrennen/
Daß ewig dich wird nennen
Von Gaben reich und groß.

Dein gehen/ reden/ lachen/
Dein frisch und traurig sein/
Dein höflichs Minen machen/
Dein lieblichs Mündelein/
Dein süsser Lippen-Thau.
Dein küssen/ klopffen/ schertzen
Stelt dich ja meinem Hertzen
Stets für du schönste Frau.

Heist das: Die Zeit wird kommen/
Wenn wir geschieden sind
Und ich von dir genommen/
Wird Dafnis gahr geschwind'
Auß lieben machen Schertz.
Ach! sprich nicht so vermessen/
Verflucht sei das vergessen/
Du bleibst mein liebstes Hertz.
_____



25.

Dafnis Klaglied/
Abgesungen vor der Ruhe-Stätte seiner Galatheen/
als sie mit entblösseten Armen so hart
und feste schlieff/ daß er auch ihren
süssen Oden nicht einmahl könte vermerken
Nach dem Frantzösischen

Wenn ich dein ärmlein Galathe
die du hast bloß heraußgeleget/
Die weisser sind als milch und schnee
mag küssen und mein' Hand sich reget/
Wenn sie/ die gleich den Flammen brennet/
dein Hälslein rühret säuberlich
und deine Brüst' im Schlaffe trennet
so denk: ach Hertz/ wie liebt er mich!

Wie man sich in der Andacht kehrt
Gen Himmel/ so kanst du ja ziehen
Mein' Augen gegen dir/ verehrt
Von mir itzt Göttinn auff den Knien/
Doch tausend Wünsche die nichts schaffen
Bedrükken itzt Mein mattes Hertz/
All mein Ergetzung laß' ich schlaffen
Mit dir/ und wach' allein im Schmertz.

Die Lust zu ruhen hindert dich
Mit liebes Augen mich zu schauen/
Mich deinen Diener süssiglich
Du Wunderwerck der schönsten Frauen
Die Freiheit ist dir gantz benommen/
Dein Geist ist auff den Schlaff verpicht/
Man hört aus deinem Mündlein kommen
Auch den geringsten Seufftzer nicht.

Die Rose riecht von weitem wol/
Die Sonne läst noch Strahlen schiessen/
Der Mohn und was Ihn ziehen sol/
Die Nimfen/ welch im Wasser fliessen/
Die Gratien nur angestrichen/
Ein Steinern Bild auff seiner Huht
Die rauschen/ gegen dir verglichen
Mehr als dein süsses Mündlein thut.

Drüm seufftz' ich Galathe nach dir/
Und als ich bey mir selbst bedenke/
Wie deiner klahren Augen Zier
So hart itzt schläfft/ drob ich mich kränke/
So schrei ich: Himmel kanst du halten
Solch' eine Schönheit gantz allein/
Und stets mit ihr in Liebe walten/
So wird mein Elend grausahm seyn.
_____



26.

Dafnis wünschet ein besseres Wetter/
Auff daß er desto ehender zu seiner
Florabellen müge kommen
Mehrentheils auß dem Italianischen

Itzt da die Lufft so gahr vom Regen eingenommen/
der das Land zu lauter Pfützen macht/
Itzt da die Winde sich erheben Tag und Nacht/
kan ich Betrübter nicht/
kan ich Betrübter nicht zu Florabellen kommen.

Hör' auff zu regnen doch o Himmel! laß dich zwingen/
Verendre dich/ und führ' uns klahre Lufft heran/
Daß meine Florabell' ich einmahl schauen kan/
So wil ich dir zu Dank/
so wil ich dir zu Dank ein frölichs Liedlein singen.

Ihr Winde höret auff so grausahmlich zu brüllen/
Ist euren Toben denn gesetzet gahr kein Ziel?
Verkriechet euch nur bald/ ihr hindert alzuviel/
Die/ welche mich allein/
die welche mich allein mit Freuden kan erfüllen.

Was bitt' ich aber viel den Himmel und die Sonne?
Was fleh' ich doch den Wind? was zürn' ich mit der Lufft?
Was schadet mirs/ ob gleich ein starker Donner pufft
Wenn ich nur küssen mag/
wenn ich nur küssen mag mein allerschönste Wonne.

Sie heist die rechte Sonn'/ in welcher güldnen Strahlen
Ich mein betrübtes Hertz mit Lust erfrischen kan/
Sie leuchtet weit und breit/ wenn sie nur komt heran
So kan ihr süsser Mund/
so kan ihr süsser Mund mir alles Hertzleid zahlen.

Sie hindert Wind und Sturm/ sie dempffet Schnee und Regen/
So bald sie geht hervor/ wird Lufft und Himmel klahr/
Sie schaffet stille Zeit/ sie herschet gantz und gahr/
Wer wolte sich denn nicht/
wer wolte sich denn nicht zu ihren Füssen legen.

Kom allerschönstes Hertz/ ich warte bei den Flüssen
Auff dich so manchen Tag/ ach kom doch bald zu mir/
Ich seufftze Nacht und Tag o liebste Kind nach dir
Kom laß dich tausendmahl/
kom laß dich tausendmahl von deinem Dafnis küssen.
_____



27.

Auff die wunderschöne Augen Seiner Florabellen

Schönste Sonnen/ welcher Licht
auch im Finstern herrlich strahlet/
Saget doch warum ihr nicht
meine Seufftzer mir bezahlet?
Euch zu lieben leid' ich Pein
O ihr unvergleichte Augen
welche zuverletzen taugen/
Felsen/ Berge/ Thier und Stein.

Schönste Sterne/ welcher Glantz
Dieses grosse Rund durchleuchtet/
Wenn die Sonn' am Abendtantz
Mit den Wellen sich befeuchtet/
Ach warum verbrennet ihr
Dafnis Hertz daß euch so liebet/
Dafnis Hertz daß sich betrübet
Wegen eurer hohen Zier?

Edlers ist nichts in der Welt/
Als ihr beyde Diamanten/
Welcher Schönheit wol gefält/
Auch des Himmels Anverwanten/
Daß ihr aber steinern seyd/
Und dennoch so lieblich fakkelt/
Ja so Hertzerfreulich wakkelt/
Diß bringt nichts als Hertzeleid.

Flammend' Aüglein lasset ab
Meine Seele zu verbrennen/
Müsset ihr denn seyn ihr Grab
Sol ich meinen Sark euch nennen?
Raffet ihr mich nun dahin/
Saget was ihr denn gewonnen
Diamanten Sterne Sonnen/
Wenn ich schon vergraben bin?

Florabella liebstes Hertz
Rette mich aus diesen Nöhten/
Muß mich denn der Liebe Schmertz
Durch ein schön paar Augen tödten/
Wol! Ich sterb' und bin bedacht
Diese Nachschrifft nur zu haben
Dafnis ward/ der hie vergraben/
Durch zwei Sonnen umgebracht.
_____



28.

Eines ungewissen/
Dafnis rühmet/ daß Er seine Dorinden
mit Thränen endlich zur Gegen-Liebe bewogen
Auß dem Italianischen

O selige Seufftzer
O glükliche thränen
O fröliches Weinen
O liebliches Sehnen/
nun ist mir geglükket
was offtmahls bedrükket
die traurigen Sinnen
die vormahls betrübt/
weil nunmehr die Schönste
Dorinde mich liebt.

Mein seufftzen wird Jauchzen/
mein weinen wird lachen/
Mein Trauren wird freuen/
mein schlaffen wird wachen/
Es ist mir gelungen/
Ich habe bezwungen
Der harten Dorinden
ihr felsernes Hertz/
Nun lach' Ich der Thränen/
und spotte dem Schmertz.

Ach brennet nur immer
Ihr feurige Sinnen/
Dorinde die wird Euch
noch lieber gewinnen/
Mein trauriges Hoffen
Hat endlich getroffen
Ein fröliches Ende/
o Himlische Lust/
Nun ist mir kein Seufftzen/
kein Trauren bewust.

Die Thränen die vormahls
Ich häuffig vergossen/
Die Perlenweiß über
die Wangen geflossen/
Die können von neuen
Mich Armen erfreuen/
Durch diese bezwang Ich
Dorinden Gemüht/
Das gleichsahm von Göttlichen
Tugenden blüht.

Nun wil Ich Dorinden
noch hefftiger lieben.
Ihr Angesicht ist mir
ins Hertze geschrieben/
Dorinde mein Leben/
Ich wil mich ergeben/
Biß endlich die Sonne
verlieret den Schein/
Dein treuster/ beständigster
Dafnis zu seyn.

O selige Seufftzer/
o glückliche Thränen!
O fröliches Weinen!
o liebliches Sehnen!
Nun ist mir geglücket/
Was offtmahls bedrücket
Die traurige Sinnen/
so vormahls betrübt/
Weil nunmehr die schönste
Dorinde mich liebt.
_____



29.

Auff die Lilie weisse Perlen Hände
seiner allerliebsten Florabellen

Ihr Alabaster Händelein
gantz wunder zierlich untermenget
mit blaulichten Saffiren Schein
der zierlich sich ins weisse sprenget/
Ihr blendet meiner Augen Licht
von euch entspringt nur grosser schmertz/
Eur Perlen Glantz der schonet nicht/
Er greifft zu kräfftig in mein Hertz.

Wie darffst du Diamant so groß
An ihrem schönsten Finger prangen/
Wie darffst du doch von Scham so bloß
Diß außerwehlte Bild umfangen?
Das mir durch seltner Tugend Preiß
Mein treues Hertz verstrikket hat/
Entfärbe dich mit gantzem Fleiß'/
Entfärbe dich/ das ist mein Raht.

Die Perlen sind ja Spottens wehrt/
So diese Händlein wollen zieren/
Weil niemand ihren Glantz begehrt
Den sie bey dieser Haut verlieren/
Die weisser ist als Milch und Schnee/
Die Perlein scheinen schwartz dafür/
Ihr Händlein wenn ich euch nur seh'
In solchem Pracht/ erzittr' ich schier.

Wenn euch das Gold umringet hat/
So dünket mich gantz herrlich schimmern
Zwo Lilien im güldnen Drat
Gesetzet für der Fürsten Zimmern
Die Perlenmutter-Negel sind
Dem hellpolirten Silber gleich/
O wunderschönes Tugend Kind
Du bist von Gaben gahr zu reich/

Ihr Händlein als ich einen Kuß
Für wenig Tagen euch gegeben/
Empfand ich einen überfluß
Der Freude/ welch' erhält mein Leben/
Thut das ein Kuß/ was wird es seyn
Wenn Florabella mir vertraut
Mit ihren schönsten Händelein
Wird klopffen meiner Wangen Haut?

Hilfft GOtt daß ich so glücklich bin/
Daß mich die Perlen Händ' umfangen/
Fürwahr so kan mein frischer Sinn
Mit dieser Gunst für alles prangen/
Geschicht es nicht/ so bitt' ich euch
Ihr Händlein spühret meine Noht/
Seid eurem Dafnis nicht zu weich/
Zerreist sein Hertz biß auff den Todt.
_____



30.

Dafnis bittet die erzürnete Florabellen
sehr demühtig um Verzeihung seines
begangenen Fehlers

Ist denn die Schuld so groß
O Fürstinn aller Frauen/
Daß ich so manchen Stoß
des Eifers muß verdauen?
Kan dann O schönstes Augen Licht
dein Dafnis dich erweichen nicht
Ach! (spricht Er) du mein Leben
wilt du mir nicht vergeben.

O rechter Leuen-Muht!
Wie magst du den erwürgen/
Der Leib/ Kunst/ Ehr' und Guht
Dir willig stelt zum Bürgen?
Wie kanst du schönstes Engelein
So übermässig grausahm seyn/
Denselben zu verfluchen/
Der deine Gunst muß suchen?

O starcker Himmels Blitz!
O Donner meines Lebens/
O unvergleichlich Hitz
Ist denn mein Wunsch vergebens?
Wie kanst du doch so grausamlich
O Florabella quählen mich!
Hör auff in diesen Nöhten
Mich tausendmahl zu tödten.

Sol aber ja mein Bluht
Durch deinen Grim erkalten/
So wil ich deinen Muht
Und Eifer lassen walten/
Reiß du mit deiner Perlen Hand
Mein Hertz aus mir der Liebe-Pfand/
Wirst du das selbst verderben/
So wil ich freudig sterben.
_____



31.

Dafnis Klage über die Dorilis/
Daß sie zur schönen Frülingszeit
in allen Dingen gerade das Widerspiel halte

Der Früling tritt heran/ die Lufft wird wiedrum klahr
die gantz mit Hagel/ Eiß und Schnee erfüllet war:
du schönste Dorilis erkältest dein Geblüht
und härtest wie das Eiß dein adelich Gemüht.

Es öffnet sich die Erd' und giebet an den Tag
Das/ was zur Winters-Zeit schier gahr verborgen lag;
Du schönste Dorilis verriegelst Hertz und Sinn/
Daß ich nicht bleiben darff wer ich gewesen binn.

Die Flüsse die zuvor gestanden wie der Stahl/
Die lassen Sich itztund beschiffen allzumahl;
Du schönste Dorilis gefreurest auff das neu/
Ja dich erweichet nicht mein offt bewehrte Treu.

Die Vöglein stimmen an bey dieser Frühlings Zeit/
Und singen früh und späht mit höchster Liebligkeit!
Du schönste Dorilis bist zornig für und für/
Und eifferst manchen Tag/ doch sonder Schuld/ mit mir.

Die Nacht wird wiederum kurtz/ der liebe Tag wird lang/
Der Febus eilet nicht zu seinem Untergang;
O schönste Dorilis das wil mit dir nicht seyn/
Du gibst mir kurtze Freud' und wiedrum lange Pein.

Die Bluhmen so bei uns im Feld' und Gahrten stehn
Sind aus der massen fein und lieblich anzusehn;
Du schönste Dorilis verbirgst mir dein Gesicht
Und gönnest mir so gahr die Rosen-Wangen nicht.

Itzt da der Himmel lacht/ gibt unser Land herfür
Das/ was erfreuen kan den Menschen und die Thier;
Du schönste Dorilis sag' an zu dieser Frist/
Warum du nicht so klahr gleich wie der Himmel bist?

Sind itzt die Flüsse weich/ die Vöglein freuen sich/
Die Bluhmen kriechen aus gezieret wunderlich/
O schönste Dorilis was ist denn dir geschehn/
Daß Dafnis deinen Schmuk nicht auch also mag sehn?

Sag' an wie geht diß zu? sag' an was ist dein Ziel/
Daß du so gäntzlich hälst itzund das Wiederspiel?
Was gilts Ich weiß es schon! Wenn nun der Herbst trit ein/
So wilt du Dorilis als dann der Frühling seyn.
_____



32.

Eines ungewissen/
Dafnis verlachet der Liebe Eitelkeit

Ich meinte daß das Lieben
nichts wehr als süsse Lust/
Ja daß auch kein betrüben
der Liebe wehr bewust/
Ich hätte nicht gedacht/
daß so viel tausend Schmertzen
in der verliebten Hertzen
regierten Tag und Nacht.

Darum ich auch mein Leben
Der Liebe Tyrannei/
So willig hab' ergeben/
Ach grosse Sclaverei/
Ich gab mein Hertz und Sinn
Ohn eintzigs klug bedenken/
Das macht die Seele kränken/
Der schönsten Chloris hin.

Die Liebe fing mit Spielen
So lieblich bei mir an/
So daß Ichs auch mit vielen
Nicht gnugsam preisen kan/
Ich meinte gantz und gar/
Daß mein betrübtes Leben
Mit lauter Lust umbgeben
Und überflossen war.

Mein Hertz war voll von Freuden
Und blind von Süssigkeit/
Ich spührte gahr kein Leiden/
Es war noch vor der Zeit.
Mein unerfahrner Muht/
Der suchte nichts/ als Lieben/
Das itzund Mich getrieben
In solche Feuers-Gluht.

So bald Ich nun gefangen
War durch der Liebe Macht/
Da fühlt' Ich ein Verlangen
Das Mich dazu gebracht/
Das Ich/ o Eitelkeit/
Mich selber hart verschrieben
Nur Chloris fäst zu lieben
In alle Ewigkeit.

Es branten meine Glieder
Mehr als des Feuers Krafft
Die Augen schossen nieder
Und gossen Thränen-Safft/
Der über mein Gesicht/
Gleich weisse Perlen rante/
Und mehr als Feuer brante/
So schont die Liebe nicht.

Doch so viel tausend Thränen
Die Ich mit Pein vergoß/
Und das bedrückte Sehnen/
Das aus der Seelen floß
Bedauchte Mier zu seyn
Ein Wundersüss Vergnügen
Da sich beisammen fügen
Der Liebe Lust und Pein.

Als aber Ich verspührte
Wie das der Liebe Brand
Viel Unglück mit sich führte
Das Mier noch unbekand.
Da fand Ich Triegerey/
Da fand Ich falsches Hoffen
Mein lieben hat getroffen
Ein End/ und Ich bin frey.

Nun wil Ich das verfluchen
Was Mier am liebsten war/
Ein ander Narr mag suchen
Sein' eigne Todten-Bahr
Nun Chloris lebe wol
Ich wil nicht länger lieben
Und meinen Geist betrüben
Nur Angst und Sorgen voll.
_____



33.

Dafnis Klaglied
über die neidische Mißgunst
An seine hertzallerliebste Florabellen

Daß der Neid so grausamlich
dich und mich
allerliebste Seele trennet/
Daß der Mißgunst gifftigs Feur
ungeheur
unser beider Hertzen brennet
Ja so manche Pein uns macht/
das beklag ich Tag und Nacht.

Ist doch unsrer Liebe Grund
Süsser Mund
Ehr und Tugend stets gewesen/
Ja du schönste Weiber Zier
Mit Begier
Hab' ich dich allein erlesen/
Dich mein Leben/ dich mein Licht/
Deines gleichen fand ich nicht.

Wie der güldnen Sonnen Glantz
Pfleget gantz
Dieser Erden Bau zu schmükken/
So kan deiner Tugend Schein
Engelein
Mir Hertz/ Seel' und Muht entzükken/
Ach! wie könt' es doch geschehn
Unverliebet dich zu sehn?

Glaube mir/ o süsses Hertz/
Daß der Schmertz/
Den ich stets um dich muß leiden/
Gahr zu bitter ist und groß/
Weil ich bloß
Florabella dich muß meiden/
Gahr zu hefftig gehts mich an/
Daß ich dich nicht sprechen kan.

Mißgunst deine Grausahmkeit/
Pest der Zeit/
Hat mir alles Glük geraubet/
Schnöde Mißgunst trit herfür/
Günne mir
Was dem Bettler ist erlaubet/
Laß mich meine Liebste sehn/
Oder bald zu Grabe gehn.

Liebstes Hertz/ wenn werd' ich doch
Dieses Joch
Gahr von meinen Schultern legen?
Ach/ wenn kompt die güldne Zeit/
Daß der Neidt
Seinen Gifft nicht mehr darff regen?
Ach/ wenn komt der süsse Tag/
Daß ich eins dich küssen mag?

Meine Liebe wanket nicht/
Du mein Licht
Liebest mich auch gleicher massen/
Ist die Mißgunst schon bedacht
Tag und Nacht
Dich und mich zu trennen lassen/
Wollen wir doch ohne Scheu
Lieben biß ins Grab getreu.
_____



34.

Als er die prächtige Feldhütten seiner allerschönsten
und auß gahr hohem Stande entsprossenen
Schäfferin Rosemund einsmahlen von ferne sahe

Edle Hütten sey gegrüsset/
welcher Anblik itzt versüsset
Dafnis diesen schönen Tag/
Da sein Antlitz voller Freuden
in den dikkbegrünten Weiden
deine Thür erblikken mag/
O der angenehmen Stund!
hier wohnt meine Rosemund.

Edle Fürstinn meiner Sinnen/
Wehrter Preiß der Schäfferinnen/
Wann gibst du mir einen Blikk/
Daß ich stille mein Verlangen/
Weil ich bin so hart gefangen
Durch der süssen Liebe-Strikk?
Ach! wenn komt die wehrte Stund'
Einst zu küssen Rosemund?

Wenn mich deine Lippen netzen/
Können sie mein Hertz ergetzen/
Daß es gleich vor Freuden springt
Honig ist auff deiner Zungen/
Wenn mein Wunsch mir ist gelungen
Daß sie mir viel Wollust bringt
Ach! wenn komt die liebe Stund'
Einst zu küssen Rosemund.

Muß ich sitzen/ muß ich gehen/
Muß ich liegen/ muß ich stehen/
Muß ich bey Gesellschafft seyn/
Muß ich seufftzen/ muß ich lachen/
Muß ich schlaffen/ muß ich wachen/
Muß ich wandeln gahr allein/
Seh' ich doch zur jeden Stund
Dich mein edle Rosemund.

Wirst du mir mein liebstes Leben
Mehr denn tausend Küsse geben/
Und mir bleiben stets getreu:
So wil ich mit süssen Weisen
Dich von gantzer Seele preisen/
Denn so wil ich sorgen frey
Lieben dich aus Hertzen Grund
Allerschönste Rosemund.
_____



35.

Dafnis sehnliches Klaglied/
An seine unvergleichliche Florabellen/
Als er ihres erfreulichen Anblikkes so
manchen lieben Tag ward beraubet

So hat nun alle Fröligkeit
bei mir sich gantz verlohren
dieweil das Perlein dieser Zeit/
das ich auß Lieb erkohren
Zu meiner Zier
nicht stets bei mir
sich treulich lasset finden
mein Hertz ihr zu verbinden.

Wie kanst du doch mein Augen Lust
So manchen Tag mich meyden?
Es ist dir ja sehr wol bewust
Mein unauffhörlichs Leyden/
Ach schaue doch
Wie mich das Joch
Der bittren Lieb' erstikket/
Wenn werd' ich einst erquikket?

Wenn wirst du mir barmhertzig seyn
Du Fürstinn aller Schönen?
Wenn wird dein klahrer Augenschein
Mit rechter Gunst mich kröhnen?
Wenn werd' ich dich
Wenn wirst du mich
Befreit von Liebes Schmertzen
In tausend Freuden hertzen?

Ich wünsche zwahr den gantzen Tag
Mein liebstes Lieb zu sehen/
Ich seufftze stets/ daß ich nicht mag
In deinem Zimmer stehen/
Ach wie viel Nacht
Hab' Ich gewacht
Ja mich gequehlt mit Sorgen
Biß an den lichten Morgen!

Wo bleibt doch nun mein frischer Muht/
Wo bleibt mein freudigs Singen?
Ja wol! mein Hertz das kocht im Bluht/
Es wil zu Stükken springen/
Die letzte Zeit
Ist nicht mehr weit/
In der ich noch kan schauen
Den Außbund aller Frauen.

Doch sol in meiner schwehren Pein/
Wenn ich nun werd' abscheiden/
Mein letzter Trost noch dieser seyn
Daß ich den Todt muß leiden
Um dich mein Hertz/
Da Freud und Schmertz
Zuletzt bezeugen werden
Du seist die Schönst' auff Erden.
_____



36.

Eines ungewissen/
Dafnis Verzweiflungs Lied/
über seine unglükselige Liebe
Auß dem Italiänischen

Wie kans doch immer müglich seyn
daß solch ein Weib kan leben/
Daß so viel Marter Quahl und Pein/
kan den Verliebten geben/
Wie kan doch solche Grausamkeit
ein menschlich Hertz verüben
und eine Seel betrüben/
im ersten Früling ihrer Zeit.

Wie kan es sein das solche Treu/
Und so beständigs Lieben/
Daß ich fürwahr ohn allen Scheu
Astroea stets betrieben/
Nicht solte beugen deinen Sinn/
Ich sende so viel Sehnen
Und bitter süsse Thränen/
O schönstes Leben/ zu dir hin.

Ach/ glaube das die schwere Rach'
Astroea nicht wird lassen/
Dich ewiglich zu folgen nach
Biß sie dich einst wird fassen/
Und straffen dein verfluchtes Hertz/
Das meiner pflag zu lachen/
Und so viel Pein zu machen/
Nein treues lieben ist kein Schertz.

O Himmel warum muß ich doch
Zum überfluß noch leben/
Und stets in diesem Liebes-Joch
Voll Angst und Sorgen schweben?
Bin ich den bloß zur Quahl und Pein
Auff diese Welt gebohren/
In der ich das verlohren
Was mir am liebsten pflag zu seyn.

Mein armes Leben lebt nicht mehr/
Mein Geist ist schon erstorben/
Die Liebe drückt mich gahr zu sehr/
Ob wol ich nichts erworben
Als Hoffen/ seuffzen/ Angst und Noht/
Das sind der lieben Gaben/
Damit ich mich muß laben/
Und letztlich folget gahr der Todt.

Ach bittrer Todt erwürge mich
Und reiss' mich von der Erden/
Damit ich nur so grausahmlich
Nicht darff gequählet werden.
Und über deine Grausahmkeit
Astroea wil ich schreyen/
Was gilts? Es wird dich reuen
Noch bald in einer kurtzen Zeit.
_____



37.

Dafnis schmertzliche Klage/
über die grosse Unglükseligkeit seiner Liebe

Muß ich denn im stetem Klagen
diß mein Leben bringen zu?
Muß ich denn mich täglich plagen
ja mich quälen sonder Ruh?
Und was mich am meisten schmertzet
bin ich nicht mehr so gehertzet
meine Noht zu zeigen
an einer die mir helffen kan.

Muß ich denn die Zeit erleben
Da mir alles wird versagt/
Auch von der/ der ich gegeben
Was so mancher hat behagt?
Muß mich denn in Liebes-Nöhten/
Die mich solt artzneyen/ tödten?
Ei so sag' ich/ daß die Treu
Aus der Welt entlauffen sey.

Wahrlich Dafnis du magst singen
Von der Liebe Bitterkeit/
Die mir anders nichts kan bringen
Als nur Unmuth/ Zanck und Streit/
Besser wer' es dir gewesen/
Daß du nimmer das gelesen/
Was dein Schatz so manchen Tag
Dir aus Gunst zu schreiben pflag.

Hast du doch Ihr zu gefallen
Dich verpflichtet also fohrt
Zu entziehen dich von allen
Die dir gaben guhte Wort:
Aber nun du dich ergeben
Ihrem Willen nach zu leben
Als ein Sclav' und treuer Knecht/
Achtet sie dich viel zu schlecht.

Nun das heisset sich verbinden
Seiner Liebsten gahr zu schwehr/
Wohrte fliegen mit den Winden
über Sand und über Meer/
Meine wil noch sein geliebet/
Wenn sie mich gleich so betrübet
Daß mir auch mein Hertz schier bricht:
Ich sol lieben/ Sie mich nicht.

Solte meiner Galatheen
Diß im Grabe seyn bewust.
Solte diß von weiten sehen
Delia mein alte Lust/
Solten andre diß erfahren
Die mich noch vor wenig Jahren
Mehr geliebet als schier sich/
Ach! Sie weinten noch um mich.

Viel auch meiner würden lachen
Sagen: Mir sey recht geschehn
Weil ich mich in Liebes Sachen
Nicht was besser vorgesehn/
Thörlich heist es mit Beschwerden
Einer Schönheit Diener werden/
Die nach dir so wenig fragt/
Lieb ich offt zu späht beklagt.

Was vor Mittel sind vorhanden/
Daß ich aus der Sclaverey
Und den schweren Liebes-Banden
Einmahl endlich werde frey?
Reiß' ich aus/ so wird sie klagen/
Bleib' ich denn/ so wird sie sagen:
Sehet wie er mit Verdruß
Meiner Gnade leben muß!

Spott muß ich zum Schaden haben/
Meine Schönste lachet noch/
Unter ihren edlen Gaben
Find' ich diesen Mangel doch/
Daß sie mit den Dingen spielet/
Die sie selber mir befiehlet/
Alle Sachen gehn ihr recht/
Wenn sie Herr ist/ ich ihr Knecht.

Helffet mir/ ich bin verstrikket
In der Liebe manchen Tag/
Wehe mir/ daß ich erblikket
Meine selbst erwehlte Plag/
Ach! ich muß ohn Hoffnung sterben/
Strengigkeit läst mich verderben/
Doch es sey so lang es sey/
Sterben macht mich endlich frey.
_____



38.

Dafnis Freudenlied
Wegen der getreuen und hertzlichen Liebe/
mit welcher ihme seine allerschönste
Florabella war beigethan

Es ist lang genug geklaget
nunmehr will ich frölich seyn
weil der bittern Liebe Pein
Dafnis Seele nicht mehr plaget
der itzt lachet der bin ich
Florabella liebet mich.

Was vor Tohrheit hatt' umfangen
Mein sonst unbeweglichs Hertz/
Daß es quählt ein steter Schmertz/
Das es brante vor Verlangen/
Der itzt jauchtzet/ der bin ich/
Florabelle liebet mich.

Weg mit jenner Galatheen/
Die mich nicht mehr zwingen kan/
Fillis seh' ich gahr nicht an/
Flora muß von weitem stehen/
Der itzt pochet/ der bin ich/
Florabelle liebet mich.

Ich bin aus der Sclaven Orden
Gantz entwichen/ ich bin frey
Von der Liebe Tyranney/
Ich bin Herr und Meister worden/
Der nun herschet/ der bin ich/
Florabelle liebet mich.

Schämen mag ich mich von Hertzen/
Daß ich meinen frischen Muht
Durch der falschen Liebe Gluht
Stürtzen ließ in tausend Schmertzen/
Der itzt singet/ der bin ich/
Florabelle liebet mich.

Florabell' hab' ich gegeben
Diß mein Hertz zum Opffer hin/
Florabell' liegt mir im Sinn/
Ich wil ihren Preiß erheben/
Der sie rühmet/ der bin ich/
Florabelle liebet mich.

Florabell' das Licht der Schönen/
Die der Sonnen ähnlich steht
Die vor alle Weiber geht/
Wil ihr treuer Dafnis krönen/
Der sie preiset/ der bin ich/
Florabelle liebet mich.
_____



39.

Treuhertziges Trost-Lied
Als ein redlicher Schäffer erzehlte/
daß die hochedle Perlemund um ihres getreusten
Dafnis Willen sehr heisse Thränen hatte vergossen

Perlemund du treues Hertz
Perlemund Preiß der Frommen/
Ach! was quählt dich vor ein schmertz?
Ist dir alle Lust benommen?
must du mir O liebstes Leben
vor die Küß itzt Thränen geben?

Ach! was ist dir doch geschehn/
Daß du Thränen must vergiessen/
Die mir an die Seele gehn/
Die mein Augen machen fliessen?
Thränen sind es sonder Wahn/
Ach! Wer hat dir Leyd gethan?

Solte deiner Augen-Licht/
Das der Sterne Pracht beschämet/
Mein Gemüht' erfreuen nicht/
Welches Lieb' und Hofnung zähmet/
Solten deine schönste Wangen
Liebste nur mit Thränen prangen?

Nein du süsse Perlemund
Dein Betrüben muß sich legen/
Deine Thränen machen wund
Mir mein Hertz von deinent wegen/
Laß dein Antlitz frölich scheinen/
Ich/ mein Leben/ ich wil weinen.

Deiner Thränen heisses Naß
Küß ich Schönste mit Verlangen/
Welches fleust ohn' unterlaß
über deine zahrte Wangen/
Meine Thränen wil ich sprengen/
Und mit deinen gantz vermengen.

Ach! Mein Hertz das schwimt im Bluht
Perlemund um deinent willen/
Perlemund mein höchstes Guht/
Kanst du meine Pein nicht stillen/
Ei so wil ich Thränen giessen/
Daß sie gleich wie Ströme fliessen.

Perlemund mein höchste Zier
Ewig wil ich Dafnis lieben/
Dieses Liedlein haben dir
Liebes Thränen zugeschrieben/
Wünschen wil ihm nicht gelingen/
Ach! Mein Hertz wil gantz zerspringen.
_____



40.

Eines ungewissen/
Dafnis beklaget sein Unglükk/
daß Er von seiner Rosiminde muß entfernet leben

Ob gleich hertzliebste Schäfferinn/
Ich ferne bin von dir entsessen/
So bleibestu in meinem Sinn
in Ewigkeit doch unvergessen.
Und währ ich noch so weit von dir/
So sprechen wir uns mit dem Hertzen/
und den Gedanken können wir
versüssen alle meine Schmertzen/
Biß daß die Zeit eins kommt heran/
da Ich dich wieder schauen kan.

Mein Kind! wie lang ist mir die Zeit
Und weil seider dem geworden/
Als Ich mit grosser Traurigkeit
Erst trat in der Betrübten Orden
In welchem Ich dir sagen must'
Ach lebe wol mein ander Leben
Du meines Hertzens höchste Lust/
Mein Seelichen sol um dich schweben/
Biß das die Zeit eins komt heran/
Da ich dich wieder schauen kan.

Du weist es wie der letzte Grueß/
Ist an das Hertze mir gegangen/
Wie fast die Seele mit dem Kuß/
Auff deinen Lippen blieb behangen/
Es starrete mein Angesicht/
Die Augen waren schier gebrochen/
Gleich einem welchem vor Gericht
Ein strenges Urtheil ist gesprochen/
Ach/ Ach wenn kömt die Zeit heran/
Die alles wieder ändern kan.

Und als ich kaum mehr sehen kundt
Die letzten Spitzen eurer Wälder/
Da sprach mein halb erblichner Mund/
Nun grünet wol ihr lieben Felder
Die Ihr mich liesset manches mahl/
Erquickung/ Trost und Leben finden/
Wenn mich die grosse Liebes Quahl
Trieb/ als ein Hirschlein in den Gründen/
Es kömt die Zeit noch wol heran/
Das ich euch wieder schauen kan.

Ja wenn mein hochbetrübtes Hertz/
Bißweilen noch daran gedencket
Wie wir vor diesen/ wenn der Mertz
Viel tausend schöner Blühmlein schencket/
In ungefärbter Lieb' und Lust/
Die Bluhmen unsrer Jugend brechen
Wenn wir/ wie dir wol ist bewust/
So lieblich mit einander sprechen/
So denk' Ich/ Ach/ wenn geht es an/
Das Ich das wieder haben kan?

Nun Rosiminde lebe wol/
Auf das dein Dafnis auch mag leben/
Der/ (wie ein Treuverliebter sol/)
Sein Leben dier hat gantz ergeben/
Und sage nur nach diesem frey/
Wo Dafnis dir wird untreu werden/
Das keine Redligkeit und Treu
Mehr sey zu finden auff der Erden
Ach kähm die Zeit nur bald heran/
Da Ich dir diß bezeugen kan.
_____



41.

Den Schäffer Dafnis bekümmert durchauß Unglük
noch Widerwertigkeit/ als dieses eintzige/
daß er nemlich der hocherwünscheten Gesellschafft
seiner allerliebsten Florabellen muß entbehren

Ob gleich zu dieser argen Zeit
viel Unfalls mich betroffen/
Das mir mit grosser Traurigkeit
benimt schier all mein hoffen/
So wolt ich doch kein Trübsahl achten/
mücht ich dich täglich nur betrachten
O schönstes Lieb; mein Kreutz allein
ist sonder Florabell zu seyn.

Ein schwacher Leib ist meine Plag'/
Als der dazu geschaffen/
Daß er viel leiden sol bey Tag'
Und in der Nacht nicht schlaffen/
Da muß ich hin und her gedencken/
Und so mein armes Leben kränken/
Doch acht' ich nichts; Mein Creutz allein
Ist sonder Florabell' zu seyn.

Bekümmerniß und steter Schmertz/
Deßgleichen kaum zu finden/
Verdrükken offt mein mattes Hertz/
Daß es mit Furcht muß binden
Die Zung/ und so die Noht verschweigen/
Ja niemand meinen Jammer zeigen/
Doch acht' ich nichts; Mein Creutz allein
Ist sonder Florabell' zu seyn.

Ob gleich der Himmel tunckel steht/
Ob gleich das Meer zum Land' eingeht
[sic!]
Ob gleich das Meer zum Land' eingeht/
Und seine Wellen brausen/
Ob gleich die Zeit uns das verdringet/
So lauter Freud und Wollust bringet/
Klag ich doch nichts: Mein Creutz allein
Ist sonder Florabell' zu seyn.

Ob schon der Fried' ist ausgejagt/
Und weit von uns verschoben/
Ob Mars schon alle Länder plagt
Mit unerhörtem Toben:
Ob gleich der Krieg das gahr verzehret/
Was Menschen samt dem Vieh ernehret/
Klag' ich doch nichts: Mein Creutz allein
Ist sonder Florabell' zu seyn.

Getreue Lieb' ist viel zu starck/
Daß sie sich ließ verdringen
Durch Kranckheit/ ja den Todten-Sarck/
Samt tausend andern Dingen/
Angst/ Kriege/ Wetter und Gedancken/
Die machen mir mein Hertz nicht wancken/
Ich liebe fäst: Mein Creutz allein
Ist sonder Florabell' zu seyn.

Beschau' Ich gleich die gantze Welt/
Lufft/ Wasser/ Feur und Erden/
Find' Ich doch nichts das mir gefält/
Ich kan nicht frölich werden/
Warum? Mein Schatz ist mir benommen/
Ich kan hinfohrt nicht zu Ihr kommen/
O Zeit! O Glück/ hilff mir allein
Bey meiner Florabell' zu seyn.
_____



42.

An seine verliebte Mitgesellen
Aus dem Frantzösischen deß Herren von Rossett/

Verliebte Mitgesellen/
die gleich den Wasserwellen
nur stets umweltzen sich/
Ich will Astreen stellen/
Ihr Himmel schöner Glantz
der strahlt allein auff mich.

Ihr lindert eure Schmertzen
Durch Hoffnung/ so die Hertzen
Betrieget öffentlich/
Ich sag es sonder Schertzen
Astreen schönster Glantz
der strahlt allein auff mich.

Ich weiß zwar daß ihr Lachen/
Und freundlichs Wörther machen
Euch gibt so manchen Stich/
Ja wol! verlohrne Sachen/
Astreen schönster Glantz
der strahlt allein auff mich.

Sie pflegt es zu bedencken/
Das keine sonst kan lencken
Als Sie/ mein Hertz zu sich/
Ihr aber laufft mit Räncken/
Drum strahlet auch allein
Astreen Glantz auff mich.

Die Liebe brennt mein Leben/
Welch' ihre Flamm gegeben/
Und die kan wunderlich
In ihr selbst wiedrum kleben/
Drum strahlet auch allein
Astreen Glantz auff mich.

Astree laß mit Freuden
In den begrünten Heiden
Nur Dafnis küssen dich/
Zeig allen die mich neiden/
O Schönste/ das dein Glantz
nur strahl' allein auff mich.
_____

 

Aus: [Johann Rist] Des Edlen DAFNIS
aus Cimbrien besungene Florabella
Mit gantz neuen und anmuhtigen Weisen
hiebevor außgeziert und hervorgegeben
Anitzo aber mit verschiedenen schönen
Stückchen vermehret und zum Truck befordert
Hamburg In Verlegung Christian Guth
Gedruckt bey Michael Pfeiffern
Im Jahr 1666

[ohne Seitennumerierung]



 

siehe auch Teil 1 und Teil 3


 

 


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