Friedrich von Sallet (1812-1843) - Liebesgedichte

Friedrich von Sallet



Friedrich von Sallet
(1812-1843)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 






Der Himmel im Auge

Als ihr helles Aug' mit Beben meinem Kuß entsiegelt war,
Sah ich einen Himmel schweben drinnen abgespiegelt klar. -
War das nun der hocherhabne, der empor sich sonnig trägt?
Oder war's der tiefbegrabne, den ihr Busen wonnig hegt?
(S. 18)
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Holdes Grab

Ich bin begraben, ach!
In süßer Todeslust;
Mein holdes Grabgemach
Ist meines Liebchens Brust.
Und wie auf Gräbern blühen
Mairöslein, früh entsprossen,
So hat ein rosig Glühen
Die Wangen ihr umflossen.

Es keimt dies holde Blüh'n
In meines Herzens Grund,
Die Seufzer, die da glüh'n,
Hauch' ich aus ihrem Mund.
Es weht um ihre Glieder
Ein Singen und ein Klingen -
Das sind die leisen Lieder,
Die mir in ihr entspringen.
(S. 19)
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Das Wunderland

O kennst du noch das Wunderland,
Mein Mädchen, wo wir weilten?
Wo wir vergaßen, Hand in Hand,
Wie Jahr auf Jahr enteilten?

Da weh'n die Lüfte, fern und nah,
Wie Liebeshauches Fächeln,
Und jede Rose grüßt uns da
Wie eines Engels Lächeln.

Die Bäche kommen ringsumher,
Propheten gleich, gezogen,
Und wunderbare Liebesmähr
Erklingt aus ihren Wogen.

Wohin sie wenden ihren Lauf,
Laut predigend ihr Sehnen,
Da horchten Flur und Blumen auf
In hellen Liebesthränen.

Zur Liebesandacht locket leis
Der Blumenglocken Klingen,
Bis daß aus jeder Blüthe heiß
Sich Duftgebete schwingen.

Lebend'ger Gottesodem zieht
Durch laute Waldeskrone,
Und unser Herz, in sel'gem Lied,
Stimmt ein zu jedem Tone.

Und ob uns singt die Nachtigall
Mit Liebesallgewalten,
Nach ihres Liedes Riesenschall
Sich Welten rings gestalten.

Wie lichte Schwäne droben zieh'n
Durch's Blaue Stern' und Sonnen,
Gewiegt von Liebesmelodieen,
Umweht von Liebeswonnen.

Die Nachtigall lenkt ihren Tanz
Am goldnen Band der Klänge,
So zieh'n sie hin in Himmelsglanz
Und hauchen Sphärensänge.

Und wir, mein Mädchen, saßen lang
Und fest und warm umschlungen
Und schwammen hin im Wonnesang,
Den Liebe selbst gesungen.

Wir horchten still, in sel'ger Ruh,
Jahrhunderte dem Klange;
Ich dachte dich, mich dachtest du,
Wir wußten's nicht, wie lange. -

Du holder Engel! nun gebannt,
Mein Leben zu verschönen:
Vergaßest du das Wunderland
Mit seinen Heimathtönen?

Nur selten, daß ein heller Traum
Dich tief und leise mahnet;
Dann weinest du und weißt es kaum,
Was deine Brust geahnet.

Doch deinem Dichter blieb das Bild
Im Herzen dämmernd stehen,
Und tief in seinen Nächten quillt
Ein Klang mit leisem Wehen.

So abends, wenn die Sonne flieht
Und Alles nächtig träumet,
Verspätet noch ein Wölkchen zieht,
Von Rosenglut umsäumet.

Nimm meine Lieder denn zur Hand
Und aus Erinnrungstrümmern
Erbaue dir das Wunderland
Mit seinen Rosenschimmern!

Und fühlst du es mit tiefem Sinn
Im Klange meiner Lieder,
So denke: bald, bald zieh'n wir hin
Und ruh'n in Eden wieder.
(S. 19-22)
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Zephyr und Rose

Zephyr will die Rose wiegen,
Rose will sich abwärts schmiegen:
"Ei!" sie flüsternd lind begann:
"Wollt ihr immer noch mich wiegen,
Soll ich noch im Arm euch liegen,
Wie ich es als Kind gethan?"

"Wuchs heran im Frühlingsweben,
Kann allein am Stengel schweben,
Bin nicht mehr ein Wiegenkind."
Zephyr haucht: "Du süßes Leben!
Weil so schön du wuchsest eben,
Mag ich gern dich wiegen lind."

"Hab' ich dich gewiegt in Treue,
Da du schwanktest zart und scheue
In der Knospe grüner Nacht:
Laß, daß ich das Spiel erneue,
Mich an deiner Fülle freue,
Nun dein Auge kühner lacht!"

"Bist du nun auch groß und blühend,
Ist das Schaukeln doch nicht mühend,
Süßer ist's, wie du's geglaubt."
Da erschrickt die Ros' erglühend,
Schnell hat Zephyr, leicht sich mühend,
Ihr den ersten Kuß geraubt.
(S. 39-40)
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Nachtigall und Rose

Sang mit wundersüßem Schall
Also einst die Nachtigall:
"Wie so hold und wunderschön,
Rose, bist du anzuseh'n!
Blühend,
Glühend,
Düfte sprühend.
Weh! ich muß des Busens Drang
Strömen aus in flücht'gem Klang,
Der mit Sangesallgewalt
Wonnig sich in Lüften wiegt,
Aber bald
Leis verhallt
Und versiegt.
Ach! was flüchtig stets verschallt,
Könnt' ich's fassen in Gestalt!
Dann entschwänden nicht im Nu
Klänge, die der Brust entsprangen;
Würden prangen,
Schön, wie du,
Blühend,
Glühend,
Düfte sprühend,
Eine Ros' an Liedes Statt,
Jeder Ton ein Rosenblatt!
Rose, darum lieb' ich dich
Inniglich!"

Rose gab mit duft'gem Weh'n
Leise flüsternd zu versteh'n:
"Ach! wie singst du, Nachtigall,
Mit so wunderholdem Schall!
Innig,
Minnig,
Süß und sinnig.
Was das Herz mir schwellt mit Macht,
Was mich hold erglühen macht,
Lebt im Duft mit Allgewalt,
Der in Lüften wonnig weht,
Aber bald
Leis entwallt
Und vergeht.
Ach! was ohne Klang entwallt,
Unerkannt, vergessen bald,
Was mit Macht die Brust durchzieht -
Könnt' ich's laut und freudig singen,
Würd' es klingen,
Wie dein Lied,
Innig,
Minnig,
Süß und sinnig,
Düfte - Nachtigallensang,
Jeder Athemzug ein Klang!
Nachtigall, ich liebe dich
Inniglich!"
(S. 40-42)
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Aus: Gesammelte Gedichte von Friedrich von Sallet
Im Verlag des Verfassers 1843

 


Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_von_Sallet




 

 


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