Johann George Scheffner (1736-1820) - Liebesgedichte




Johann George Scheffner
(1736-1820)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 





Gespräch mit einer Statue der Venus

Du Tochter Zeusens von Dionen,
Was hältst du da die schlaugebogne Hand,
Und hier das neidische Gewand
Vor die allmächtge Schönheitszonen?
Was ziehst du deinen Marmorleib
So furchtsam ein, und blickst beschämt zur Erde?
Was fehlt dir? Sprich. Es schickt sich für kein Weib,
So schön wie du, die ängstliche Gebehrde:
Nun, Meergebohrne, wirst du wieder aufwärts sehn,
Und niemals mehr so furchtsam stehn?

Die Statue
Was hilfts mein Aug hier aufzuschlagen,
Und meine Reize Schau zu tragen?
Hier bin ich doch nicht schön, nicht Königin der Welt;
Zwar steht mein Bild hier aufgestellt,
Allein du darfst dein Herz nur fragen,
So wird dir sein Orakel sagen:
Die Statue bleibt hier so lang nur aufgestellt,
Bis die, vor der sich tausend Herzen neigen
Bis Röschen es für dienlich hält
In diesem Heiligthum sich selbst zu zeigen.
(S. 9-10)
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Der Triumpf

"So rührt Dich nicht dein Freund, der zärtlich vor Dir kniet?
Soll er verschmachten - Er, der doch für Dich nur glüht?
Soll er, nur er allein der Liebe Marter fühlen,
Und nie das schönste Feur an deinem Busen kühlen?
Erbarm Dich, Mädchen, doch, hör' auf zu widerstehn
Der Zärtlichkeit Genuß macht Dich gedoppelt schön.
Versuch einmal den Rausch aus Amors Zauberbecher,
Und findt dein Herz nachher nicht alle Weltlust schwächer
Als ihn, und schwimmt es nicht in nie empfundner Lust,
So hüll' in dichten Flor stets deine Marmorbrust.
O laß mich - laß mich doch der Wünsche Ziel erreichen,
Laß mich in deinem Arm beglückt den Göttern gleichen.
Wie lang, wie lang blieb nicht mein Bitten unerhört!
Wie lang hat nicht Dein Nein der Hofnung Glück gestöhrt?
Was hilfts Dir, göttlichs Kind, ein Kleinod zu besitzen,
Ohn' nach der Schöpfung Zweck es liebevoll zu nützen?
Umarme mich, komm und genieß den Unterricht,
Der Menschen macht und Lust mehr giebt, als er verspricht.
Es klopft Dein junges Herz, sein zärtliches Erbeben
Mißbilligt Furcht und Zwang, es will der Freude leben;
Der Liebe Morgenglanz färbt Deine Wangen roth,
Gehorsam heischt Natur von Dir für ein Geboth,
Das sie zum Glück uns gab - Laß nicht die Zeit verfließen,
In meines Armes Schutz komm alles Glück genießen.
Blüh' Rosenknöspchen auf" - In diesem Augenblick
Schmolz Chloens Herz, sie sank in meinem Arm zurück.
In halber Ohnmacht, schön von Liebe überwunden,
Berauscht von einer Lust, die sie noch nie empfunden,
Las ich das schönste Ja im Aug, das sanft sich schloß,
Indem der Unschuld Rest in Thränen still verfloß.

O könnt ich doch, wie Gleim, Catull und Wieland singen,
Um Chloens Reitzungen ein reitzend Lied zu bringen!
Was sah ich nicht, was hat nicht hier die Hand berührt
Eh mich zu ihrem Werk die goldne Venus führt!
Hörbar sah ich ihr Herz durchs seiden Halstuch pochen,
Und fühlte rasch das Blut in allen Adern kochen.
O Wollust! Liebe! Glück! o dreymal selger Tag,
Als Chlorens ganzer Reiz in meinen Armen lag!
Das blühendste Gesicht mit braunem Haar umzieret,
Gebrochne Augen und der Busen aufgeschnüret,
Der schönste Arm, und Fuß, ein Schenkel fleischig, zart
Am lockgen Wollustthron mit einem Leib gepaart
Schön wie der Venus Leib, den Scopas ihr gegeben -
Pygmalions Meisterstück, warm, voll Gefühl und Leben
Lag hier und war ganz mein - An Chloens Lippen hieng
Die ganze Seele wenn ich ihren Kuß empfing,
Der Pfeil war eingelegt, ich athmete geschwinder,
Ich hauchte Wollust, und doch ward das Feur nicht minder.
In süßer Ohnmacht starb jetzt Chloe neben mir,
Der Liebe milder Thau ergoß sich sanft aus ihr:
Selbst ganz Empfindlichkeit nicht mehr der Sinnen Meister
Versammelten in Eins sich alle Lebensgeister,
Die Augen brachen - Wir erseufzten - und es floß
Cytherens Balsam in den gürtellosen Schooß - -
Es weiß der Knabe schon wie rührend es entzücket,
Wenn ihm die Hand vertraut sein kleines Mädchen drücket,
Doch weiß er nicht wie viel die Wollust stärker ist
Wenn sanft die Muschel zuckt und ihren Liebling küßt -
Auf Chloens heiße Brust halb schlummernd hingesunken
Fühlt ich jedweden Kuß, und ward von neuem trunken,
Und kämpfte neu gestärkt durch Chloens Hand und Blick
Noch manchen Liebeskampf mit wiederholtem Glück
Bis daß, erschöpft von Lust, Herz dicht an Herz geschloßen,
Der Schlaf uns überfiel die Quellen nicht mehr floßen.

Cythere Königin der Herzen
Lustschöpferin, Quell süßer Schmerzen,
Heil Dir und Seegen dem Altar!
Dir Göttin, der die Himmel singen,
Und Elemente Opfer bringen
Dir Göttin bring ich ganz mich dar.
Wohl Dir, wenn Du mein Glück genoßen
Als Dich Adonis Arm umschloßen,
Und Dein Arm ihn umschloßen hielt:

Wohl ihm wenn er die Wollust fühlte
Als er mit Deinen Reitzen spielte,
Die ich in Chloens Schooß gefühlt.

Mein Herz schlägt ewig Dir erkentlich;
So wie die Wollust war, unendlich
Dankt jede Nerve Deiner Kraft:
Du halfst mir Chloen überwinden,
Du halfst der Wünsche Hafen finden,
Dank sey Dir für die Jungferschaft.
(S. 11-18)
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Erinnerung der Schäferstunden

Die holde Glut, die selbst Cythere fühlte,
Wenn ihren Hals Adonis Arm umschlang,
Wenn ihren Busen seine Küße wärmten,
Und sein Reitz unter ihren Händen wuchs:

Die Glut von der die jungfräuliche Kälte
Der jagenden Latonenstochter schmolz,
Die ihr beym eingeschlafnen schönen Jüngling
Sanft zurief: wachend ist er schöner noch:

Die Glut, die Amors stärkste Pfeile stählet,
Oft auch zu kühn den Bogen spannt, und sprenget,
Die in den Myrtenkranz entzückter Liebe
Den unschätzbarsten Demant künstlich steckt:

O möchte doch die Glut dies Lied begeistern,
O Liebe! hör' des Jünglings heißes Flehn,
Des Jünglings, der Dich zehnfach mehr empfindet
Als einst Adonis und Endymion.

Hör' mich, ich sing die Freudenaugenblicke,
Da ich an Chloris Busen schmachtend starb,
Da ich in meiner Hebe Opferschale
Der Wollust heilgen Nektar schäumend goß.

Wie in dem Busen aufgeknospter Rosen
Der Morgenthau, der an den Blättern hieng,
Zusammenfließt, und dann im rothen Schooße
Geschmolznen Perlen gleich ihr Roth erhöht:

So hiengen auch des fruchtbarn Thaues Tropfen
Hier um der Purpurmuschel weichen Rand,
Und an dem seidnen Moos, das sie umschattet,
Und mehrten ihrer Farbe kostbarn Reitz.

Wohlthätige, lustreiche Augenblicke,
Die Liebe und die Freude seegne euch,
Euch seegnete die Unschuld, als mein Mädchen
Aus ihrer Muschel mir die Perle gab.

O Wollust! welch ein unaussprechlich Opfer!
Hat den Altar je reiners Blut gefärbt?
Stets denkt mein Herz der Unschuld sanfte Röthe
Ihr Zittern, und des Opferstales Wut.

O Chloris bestes Mädchen, welch ein Opfer!
Bestürmt, erweicht durch meine Zärtlichkeit
Gabst du dein Kleinod hin. Ich brach das Röschen
Das jungfräulich im Schatten blühend stand.

O feyre mit mir, Mädchen, die Minute,
Die dir manch Perlenthränchen kostete;
In ihr schlang Amors Hand den schönen Knoten
Der unser Wesen heiligt und vereint.

Dem Tage Heil, an dem der kühne Amor
Den ersten Pfeil in deinen Köcher stach,
An dem die Biene den geschäft'gen Stachel
In deinen duftgen Bluhmenkelch vergrub.

So wie der Thau, der aus dem Thale rauchet
Mit wärmern Frühlingsregen sich vermischt;
So mischte sich der Wollust kräft'ger Balsam
Mit deiner keuschen Grotte mildem Thau.

Heil dir, o Tag, da ich den ganzen Umfang
Von deiner Tugend sah, da mich dein Aug
Und seiner feinen Bogen seltne Schönheit
Zu seufzen zwang: O wäre Chloris dein!

Heil dir o Tag da ich zuerst Dich küßte,
Und deines Busens Rosenknospen sah,
Da ich des Heiligthums Altar berührte
Mit jungfräulichen Locken tändelte.

Heil dir o Tag, da ich der Wangen Purpur,
Im Aug dein Herz wollüstig schmachten sah,
Da bey der Zungen küßelnden Berührung
Der Lebenssaft aus Rosenlippen floß.

Heil dir o Tag, sey Grazien und Musen
Cytheren selbst, ein ewig Myrtenfest,
Denn Amor sang Triumpf, Triumpf und kränzte
Sich sechsmal am Altar mit Siegeslaub.

Feyr, Mädchen, ihn den Tag, da Du aus Liebe
Dich ganz dem Liebling zu genießen gabst.
Er war des zärtlichsten Vertrauens Ursprung
Und unsre Trennung labt noch jetzt sein Trost.

O, Mädchen, ha! wie lachten meine Adern
Wenn Deine weiche kleine Zauberhand
Cupidens Scepter sanftverschämt berührte,
Und er von Wollust wuchs und überfloß.

O könnt ich doch den kostbarn Rausch beschreiben
Den ich zu Deinen Füßen oft gefühlt,
Wenn jeder neidsche Vorhang aufgezogen,
Und jeder Sinn entzückt befriedigt ward.

O Mädchen welche Schätze sah ich liegen!
Der seidnen lock'gen Haare Wohlgeruch,
Der Milchsaft in der Muschel feinsten Falten
Wie Rosen unter Lilien gemischt.

Wie zärtlich küßt ich nicht die schöne Rose,
Mein Mund sog Wollust für das Herz aus ihr!
Wie freut ich mich wenn alles nach der Rose
Nach ihrem Thau und ihren Blättern roch.

Wie küßt ich nicht die nachbarlichen Hügel
Die Venus Hand mit Atlas überkleidt,
Die tausend buhlerischer Mädchen Busen
An Form und feiner Farbe übergehn.

Einst will ich Rosenknospen auf sie pflanzen
Sie sollen dann mein zweyter Busen seyn,
Bey ihrem Anblick werd' ich Wollust athmen,
Auch ihre Grotte sey mein Heiligthum.

Der Wollust Nektar wird sie fruchtbar netzen,
Wenn er sanft übern Rand der Muschel ströhmt,
Ihr heil'ger Busch wird davon dichter wachsen,
Und stärkre Düfte in die Gegend streun.

Auf diese wollustreiche kostbarn Hügel
Gelehnt erwart' ich dich geliebter Schlaf,
Besuche einst mich da, und bring durch Träume
Die wachend schon genoßne Lust zurück.

O wenn ich dann von ihm gestärkt erwache
Dann küß' ich dich wollüstiges Baßin,
Und laufe frisch nach jenem Lorbeerkranze
Der lockend in dem Schooß des Mädchens hängt.

Du hilfst denn deines Helden Lanze führen;
Wie herrlich wie gewis wird dann sein Sieg,
Und nach dem Sieg wird er das Ziel anstaunen,
Und froh entzückt die ofne Wunde sehn.

Dann ein'ges Mädchen, trocknen meine Küße
Den Schaum von rosenfarbnen Lippen ab,
Mir trocknen ihn die duftenden Gesträuche
Des Hügels überm Kampfplatz zärtlich ab.

O Liebe! o wie wirst du uns begeistern!
Wie himmlisch schön wird unser Glück durch dich.
Wenn unsre Seelen in einander fließen
Sey jeder Kuß ein Lob und eine Hymne.
(S. 19-29)
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Die Opferung

Du bist wie Paphia aus weißem Schaum gebohren,
Aus Muschelschalen stieg dein Leib so zart und fein,
Die Perle aber ward aus ihrem Schooß erkohren
Der jungfräuliche Stoff des feinen Geists zu seyn:
Du gleichst Cytheren, wenn der Grazien Hand sie schmückte,
Nur daß ihr Herz an Reiz lang nicht dem deinen gleicht;
Als ohne Gürtel sie dort Priams Sohn erblickte
Ward ihr der Schönheit Preiß im Apfel überreicht:
Doch Paris hätt' ihn Dir vor Venus hingegeben
Hätt' er Dich gürtellos, verschämt, wie ich erblickt.
Ein Kuß nach zärtlichem unschuldgem Wiederstreben
Auf Höhn, die schwarz umbornt ein Rosenknospchen schmückt,
Ein Blick ins sanfte Thal das diese Hügel schaffen,
Und das an ein Gewölb von Atlasglätte grenzt,
Berauschten mich - ich fiel - da siegten Amors Waffen,
Die er, des Siegs gewiß, mit Myrthen schon umkränzt.
Da fieng er mich im Netz gewebt von jenen Bogen,
Der Stirn und Augen Schmuck, von lockigschwarzem Haar,
Das duftend weich, bethaut den Wollust Thron umzogen,
Und führte mich erstaunt zum heiligsten Altar:
Den hatten Grazien mit seltnen Fleiß erbauet,
Und ihren Rosenmund beym Bau zum Riß geliehn.
Nach zarter Lippen Roth, mit Nektar überthauet,
Erschufen sie den Rand, den Altar zu umziehn;
Der Zunge, die der Witz beredsam dort beweget,
Glich hier ein Streif, der sich schmal und gefühlvoll bog;
Hier winkt ein Vorgebürg von Venus angeleget
Mit Mooß bedeckt, das sich kraus um den Altar zog.
Am Fuß lag unentweiht die wunderthätge Grotte
Die vor unheil'gem Blick sorgfältig sich verschließt,
Vom Priester nur besucht der da dem Liebesgotte
Vertraut fruchtbringend Oehl in Opferschalen gießt.
Es rauscht ein Strohm aus ihr der oft die Gegend netzet
Und goldfarbklares Naß in seiner Urne hält,
Ein Purpurbach, dem Flut und Ebbe Luna setzet,
Und dann der Thau, der nur an Opfertagen fällt.
"Hier" sprach der Gott zu mir, bist du bestimmt zu dienen
Er sprachs, und stärkte mich zu seinem Priesterthum:
Ich pflickte von dem Mooß, ich sog es gleich den Bienen
Und roch den Balsamduft aus Amors Heiligthum,
Fieng an so Grottenwerk als Altar zu besehen,
Und kam ans feuchte Thor vor dem ein Vorhang hieng,
Der Wunsch das Heiligste des Tempels durchzuspähen,
Half mir beym ersten Schritt, der bis zum Vorhang gieng -
"Verzagter Priester wie kannst du dich nicht entschließen,
Schmerzt dich des Opfers Tod?" schrie Amor voller Wut -
Da scheut ich dann nichts mehr - der Vorhang ward zerrißen,
Und aus dem Heiligthum, o Chloris, floß - dein Blut.
(S. 30-34)
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Ein lehrreicher Traum vom Amor

Der Liebesgott, geschmückt mit allen Reitzen,
Erschien mir heut im leichten Morgentraum,
An seiner Hand ein loses braunes Mädchen;
"Da, sprach er, nimm die blühende Brunette
Küß sie, und drück sie fest in deine Arme."
Ich that es, und wir sanken auf den Sopha:
Wie schalkhaft lächelte der kleine Amor
Als er, gleich Wolken, die die Sonne decken
Den Vorhang von dem Sitz der Wollust hob.
"Sieh her, dies ist der freudenreiche Becher
In den einst Bachus bey Ariadnen
Den Nektar goß, und einen Rausch sich trank;
Betrachte dieses lockigte Gewebe,
Der Venus Gürtel ist von solchen Fäden,
Betracht des Laubwerks Kunst um diesen Becher,
Und athme seine Balsamdüfte ein.
So groß ist nicht die Kunst der heilgen Schale
In welcher Hebe dort und Ganymed
Uns Göttern des Olymps den Nektar reichen.
Füll den Pokal, den Grazien einst schufen
Zu dem sie Rosen mit Granaten mischten,
Und den die Neuheit doppelt kostbar macht.
Füll ihn wie Zeus ihn Danaen einst füllte
Als er im goldnen Regen auf sie fiel,
Und sey dabey entzückt wie Jupiter.
Dies ist, hier wieß er seinen kleinen Scepter,
Der Heber der die wunderthäthgen Säfte
Wollüstig eintrinkt, und dann aus sich spritzt;
Leg ihn nun an den Rand der Nektarschale
Er wird sich bald mit ihr vertraut vereinigen,
Und weißer Schaum wird ihn und sie umziehn.
Füll lang, beglückter Jüngling, Chloens Becher,
Er öfne sich wenn du dich dürstig näherst,
Wie Rosen wenn sich West und Sonne nah'n,
Und wenn du gnung aus diesem Kelch getrunken,
Dann küß zur Stärkung Chloens vollen Busen,
Und trinke Wein aus ihrer hohlen Hand.
(S. 35-38)
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Denkzettelchen
in Phyllis Schatzkästlein

Ohn dir die weiche Hand, die weiße Brust zu küßen,
Hab ich dich, Phyllis, jüngst verlaßen müßen!
Für mich, o Mädchen, welch ein tiefer Schmerz!
Auf deinen Lippen wohnt allein mein Leben,
Wenn unter Küßen sich die Marmorhügel heben,
Dann wall't auch Freude durch mein Herz -
Und bald - bald werd ich Dich lang gar nicht sehen,
Ach dann wird wohl die Winterluft
Die Dich zum Contretanz und Schlittenfahrten ruft,
Die kleine Flamme ganz verwehen,
Die Flamme die vielleicht zu meinem Glück
In manchem schönen Augenblick
Dein Herz noch wärmt - dann wird der Sommer meines Lebens
Nur Eine lange Klage seyn;
Dann blüht für mich die Welt vergebens,
Dann wird um mich ein ew'ger Winter seyn! -
Sieh, Phyllis, jene überschneyten Hügel
Sie luden uns, so lang als Zephyrs Flügel
Ihr grün Gebüsch durchwehte zum Spaziergang ein,
Doch jetzt umbrausen sie des Nordwinds Flügel,
Die Büsche trauren blätterleer,
Kein Sterblicher besucht sie mehr;
Da stehn sie jetzt verweyßt die majestätschen Hügel -
So werd ich auch die Marmorhügel,
Wo jetzt Empfindung wohnt und Rosenknospen blühn
Von weitem sehn, vor ihrer Kälte fliehn. -
O welch ein Gram für mich wenn diese Busenhöhen
Kein Lenz der Liebe mehr für mich umblüht,
Wenn sie ein andrer küßt, und ihren Reiz zu sehen
Den seidnen Flor von weißen Schultern zieht!
O Mädchen laß doch nie entfernt von mir den Winter
Dein Herz mit Eiß für mich umziehn,
Wenn du mich wiedersiehst, dann wall' dein Blut geschwinder,
Und laß auf deinen Wangen Liebe glühn.
(S. 39-42)
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Billet an Dorchen

Wie lebst du Dorchen denn du kleine Klosternonne,
Hübsch fromm, hübsch keusch, hübsch still, und froh auf eigne Hand?
Hat beym Spazierengehn Dir nicht die Frühlingssonne
Die weiße Haut zu sehr auf Stirn und Hals verbrandt?
Blühn deine Wangen noch wie junge Frühlingsrosen
In deren rothen Schooß kein Sonnenstral noch sah?
Kommt auch kein Stuzerchen vertraut Dir liebzukosen
Mit gar zu freyer Hand dem Busen gar zu nah?
Hast du zur Einsamkeit Dich ruhig schon bequemet?
Bekommt die Landluft dir, macht dich das Landbrod fett?
Hat Strick- und Nähzeug noch kein Fingerchen gelähmet,
Und kräuselst du noch jetzt dein seidnes Haar so nett?
Vergießt auch Dorchen nicht in Handschuhn hübsch zu gehen,
Wird auch der Sonnenhut nicht blos im Schrank bewahrt?
Sind Busen, Schenkel, Hals, und was ich sonst gesehen
Noch fleischig wie vorher noch atlasglatt und zart?
Was macht der heilge Busch der jenes Thal beschattet,
Das sich mit Balsam netzt, und zum Entzücken riecht,
Wo mit den Grazien der Liebesgott sich gattet,
Und sicher wie der Kern in zarten Pfirschen liegt?
O Dorchen könnt ich doch die süße Pfirsich küßen,
Könnt ich doch, wenn ich sie erst tausendmal geküßt
In das gespaltne Herz den Thau des Lebens gießen,
Der gleich dem wärmsten Punsch der schönste Schlaftrunk ist!
O Dorchen könnt ich Dich doch an mein Herz jetzt drücken,
An deinem Busen mich ganz meines Glücks erfreun -
O laß doch keinen nur kein einzges Röschen pflicken,
Mich mich laß ganz allein der Blüthensammler seyn.
(S. 43-45)
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An mein Mädchen

Mein Auge findt Dich schön, mein Herz liebt Dich unendlich,
Doch Mädchen bist du auch erkenntlich,
Siehst Du mich auch so gern, liebst Du mich auch so sehr?
Ha! wenn ich jetzt doch bey Dir wär,
Dir meiner Liebe Glut, die wie ein Meer
In allen Adern wallt, wollüstig auszudrücken!
Wie emsig wollt ich nicht, da heut - - - ist
Dein rundes Knie mit diesem Bändchen schmücken,
Weil mir der Winter, der noch Tellus Schooß verschließt,
Jetzt nicht erlaubt Dir einen Kranz zu pflicken.
Doch Mädchen hielt ich Dich nur jetzt in meinem Arm
So wollt ich Dir die Lilienhöhen,
Auf denen von Natur schon Rosenknospen stehen,
So lange küßen, bis von tausend Küßen warm
Die ganze Brust, so wie die Knospen, ihre Zierde,
Auch roth wie blühende Rosen würde.
Wenn ich den Busen nun erst heiß und roth geküßt,
Dann sollten meine Lippen weiter klettern,
Und Zephyrn gleich, wenn er in Myrthenblättern
Begraben und geschäftig ist,
Im Haar das deine Stirn umfließt,
Und Bogen gleich dein Aug umschließt,
Sich auch vergraben und beschäftgen,
Und eine Saat von Küßen sollte da
Erzählen, was in mir geschah'
Als ich noch mehr von Dir als Aug und Busen sah',
Und was ich je versprach Dir feyerlichst bekräftgen.
Wenn ich auf Brust und Stirn Dich roth genung geküßt,
Dann flög' ich gleich den honigvollen Bienen
Zum Körbchen hin, das wie ein Jungferchen im Grünen
Ein zart Geweb' kunstlos umschließt, -
Hin zum Aurikelchen, das Wohlgerüche,
Balsamischer als Hybelns Honigbrüche,
Und was ein Stuzer je zum parfümiren braucht
In die bildschöne Gegend haucht;
Da würd ich mich am längsten wohl verweilen,
Um Dir getreu die ganze Erndte mitzutheilen.
Ach Mädchen wenn ich doch jetzt bey Dir wär!
Von Dir entfernt zu seyn war nie so schwer,
Nie war mein Herz so freudeleer,
Nie wünscht ich heftiger die Schäferzeit zurücke,
Als heute da - - - -  ist.
Wenn Dir in diesem Augenblicke
Ein kleiner Schauer durch alle Glieder schießt;
So glaub, daß Dich mein Schutzgeist küßt,
Der Geist der unsichtbar bis in dein Zimmer streifet,
Dich wie dein Engel überall bewacht,
Und Dir wenn Du in kalter Nacht
Den Busen Dir im Traum zu blos gemacht
Das Schlafkamsölchen fester schleiset.
Vorm Spiegel treibt er oft mit deinem Haar sein Spiel,
Und wenn Dir die Frisur nicht gleich recht glücken will;
So kommts von seinen Neckereyen,
Er tändelt gern wie ich - Du musts ihm schon verzeihen;
Dafür hat er Dir auch von Hals und Stirn und Hand
Schon manchen Kräuseleisens Brand,
So wild er sonst auch ist, behutsam abgewandt;
Dafür stärkt er Dir Fuß und Brust in Contretänzen,
Und hilft, wenn ja was reißt, es Dir ergänzen:
Wenn Dich nun dieser Geist in meine Seele küßt,
Dann laß, wofern Dein Herz noch mein Herz ist,
Und sanft von Wollust überfließt,
Im schönen Aug ein Sehnsuchtstränchen glänzen,
Und sey den ganzen Tag wie ich betrübt,
Weil der, der Dich unendlich liebt,
Und Dir den Preiß der Schönheit giebt,
Anstatt Dein Nahmensfest mit Dir froh zu verküßen,
Und ganz der Liebe Reichthum zu genießen
Gar ohne Handdruck, Blick und Kuß
Es feyren, und Dich blos im Geist umarmen muß.
(S. 46-52)
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Trostgedicht

Bin ich Dir denn nicht mehr als eine ganze Welt
Als alles was sich mit Grimaßen
Vertraut, und um Dein Glück bekümmert stellt?
So lang die Liebe mir Dein Herz erhält,
Und Wollust Dir in meinem Arm gefällt;
So laß zu eignem Schimpf Dich Thoren lästern, haßen:
In ihren Adern fließt auch Menschenblut,
Wie! hätten wir denn nur allein gesündigt,
Und sie der Pflicht bey reicherm Uebermut
Nie den Gehorsam aufgekündigt?
Was weinst Du Mädchen? Spar den Thränenbach,
Aus Sehnsucht bloß nach mir laß seine Perlen fließen,
Der Kummer macht das Herz nur doppelt schwach,
Und läßt den Feind den Sieg zu leicht genüßen.
Bleib heiter wenn Dich gleich verstellte Lippen schmähn,
Und Dir dein kleines Glück beneiden:
Daß Wind und Wetter Dir die Haarfrisur verwehn,
Mußt Du das nicht geduldig leiden?
Allein Dein Herz, das frag, ob es Dich nicht verklagt,
Ob da nicht Falschheit wohnt, ob da nicht Triebe lodern
Für dies der Tugend ganz entsagt,
Und die nur Wollust zur Befried'gung fodern?
Ob nicht der Wunsch für jeden schön zu seyn
Und jedem Jünglinge erobernd zu gefallen,
Sein Hauptwunsch ist? - O möcht ers doch nicht seyn?
O möcht doch nur für mich Dein voller Busen wallen!
Giebt Dir dein eignes Herz nur Recht,
Und zwingt Dich nicht vor Dir selbst zu erröthen;
So wird der Neider schlangenartiges Geschlecht
Sich einst mit eignem Gift zu Deiner Rache tödten.
Schwermut macht nur die Rosenwangen blaß,
Und welkt die glatten Marmorhügel,
Der Kummer, und der Thränen salzges Naß
Verdirbt der Augen Glanz, beschneidt des Geistes Flügel.
Wein nicht, denn Liebe war nie eine Frewelthat
Die Herzen ehrlos macht; nur dann entehrt sie Herzen
Wenn Unbestand und Leichtsinn und Verrath
Mit ihren Flammen treuloß scherzen;
Wenn Lippen sprechen, was das Herz nicht fühlt,
Wenn ihre Glut Entfernung tilget,
Wenn buhlerisch zu frey das Auge spielt,
Wenn jeder Kuß ihr Irrlichtsfeuer kühlt,
Sie jedes Schmeicheley und jeden Handdruck bil'get.
Nur Eines Herzens Abgott seyn,
Nur Einen voll Gefühl ganz glücklich machen,
Nun Einen jeden Raub der Zärtlichkeit verzeihn,
Und selbst der Wollust Altar nicht entweihn,
In Eines Armen nur die Welt verlachen;
Das ist die Liebe, die die Welt umsonst beneidt,
Die sie umsonst verleumdet und verschreit.
Zwar lebt sie auch nicht ohne Zähren:
Doch mild wie Balsam ist stets ihre Traurigkeit.
Wenn Deine Thränen doch auch solcher Balsam wären!
Schmähsucht und Haß der Zeit sind keine Thränen werth.
Laß keine mehr um sie den weißen Busen netzen,
Stets glänz' die freye Stirne aufgeklärt,
Sey stets vergnügt mit deinen Schätzen;
Mit Schätzen, die Dir die Natur, als sie Dich schuf
Freygebig zugewandt, sey froh mit dem Beruf
Von mir geliebt zu seyn, und mich zu lieben.
Blos die Ide einst nicht mein Mädchen mehr zu seyn,
Nur die muß Deiner Freude Sonnenschein
Mit einem Kummerwölkchen trüben:
Denn der Gedank' nicht mehr von Dir geliebt zu seyn,
Und mich vergeßen, Dich in fremden Arm zu sehen,
Der schreckliche Gedank' allein
Reißt alle meine Freudenschlößer ein,
Und kann jedweden Trost so leicht zerstreun,
Wie Rosenblätter, wenn die Stürme wehen.'
Kleine Wittwe weine nicht,
Und verhülle Dein Gesicht
Nicht so früh in des Kummers Schleyer,
Wenn des Lebens Morgen flieht,
Und die Rose abgeblüht,
Dann verlöscht so der Freude Feuer.
Sterben - freylich ists wohl gut,
Und wohl dem der ewig ruht,
Leben ist aber doch noch beßer.
Muth mein Kind! denn Kampf und Streit
Dämpft der Thoren Dreistigkeit
Und Geduld, macht sie oft nur größer.
Kleinmuth nur wünscht sich den Tod.
Wider Haß, der jetzt Dir droht,
Mädchen, soll meine Glut Dich schützen,
Wenn Dein Busen nicht mehr schlägt,
Nichts mehr nach der Liebe frägt,
Was kann da Dir mein Beystand nützen?
(S. 53-60)
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Das Jahrfest des ersten Kußes

Schön wie die blühende Natur jetzt ist
Da sie der Frühling lächelnd grüßt;
So schön warst Du mein Mädchen an dem Tage
Als mir Dein Kuß auf meines Kußes Frage
Die schönste Antwort gab - Dort schlägt die Nachtigall
Im Weidenbusch im bachdurchschlungnen Thal:
Ihr unnachahmlich Lied singt Freude und Entzücken
Ins Herz, und doch dringt keiner Nachtigal Gesang
So tief ins Herz, wie der Kuß drang.
Verschämt um einer Saat von Küßen auszuweichen
Bogst, du für mich zum größern Glück,
Mit Mädchenheucheley den Nacken schlau zurück -
Doch konnten gleich den Mund die Küße nicht erreichen
So fiel doch keiner auf ein undankbares Feld -
Sie trafen in das Thal, wo Venus Courtag hält,
Und auf die Hügel, die der Liebe Segen schwellt.
Ein mächtiges Entzücken
Durchschaurte mich als ich in deinen Blicken
Ein auch ich lieb Dich schmeichelnd laß.
Ha! Mädchen Deine Wangen blühten
Roth, wie die Lippen die vom Kuße glühten,
Der Perlenreihen traf, die, wenn Dein Mund mir lacht
Und Amor Dir, ins Kinn ein Grübchen macht,
Der Lippen Purpur sanft erheben,
Und deinem Lächeln neue Reize geben.

Schön ist der May in seinem Veilchenkrantze,
Wenn er für Grazien zum Reihentanze
Gefilde schmückt, warm die mondhelle Nacht,
Und liederreich den Morgen macht!
Doch himmlischer wenn er in Mägdenbusen
Den Keim der Liebe streut, zum Aufblühn treibt,
Und wenn des Jünglings Aug an diesen Busen,
So wie sein Herz gefesselt, bleibt,
Wenn er die weiße Brust dann wallen,
Und simpathetisch fühlen lehrt,
Und bey dem Brautgesang der Nachtigallen
Des Jünglings Muth, des Mädchens Sehnsucht mehrt.

Hör' wie er träufelnd rauscht der Frühlingsregen
Sanft zittert unter ihm der Büsche neues Kleid;
So Mädchen zittern deine Locken, wenn der Segen
Entzückender wollüstiger Zärtlichkeit
Das Balsammooß des Rosenthals erfrischet,
Und mit dem eignen Thau des Rosenthals sich mischet.
Wenn mild der Wolken Schooß die Hügel übergießt,
Dann wird der Rand der Thäler bluhmenreicher,
Und auf dem Klee, der dichter sprießt,
Ruht dann der Wanderer erquickender und weicher:
Wenn auf den kleinen Höh'n in Deines Thales Schooß,
Der Regen Amors fällt, dann wächst das Mooß
Duftreicher, krauser um die heilge Grotte
Und wird zum netten schatt'gen Myrthenhayn,
Wo nackte Grazien dem Liebesgotte
Um seinen Altar Bluhmen streun,
Und wo die ganze Schaar, wenn sie sich satt gegauckelt,
Und wo Citherens loser Sohn,
Wenn ihn in seiner Mutter Phaeton
Die muntern Spatzen müd geschaukelt,
Viel sanfter schläft und sich zum neuen Spiel
Viel ehr erholt als auf dem weichsten Atlasphül.
Himmelvolle Augenblicke,
Wenn die Sonne heitrer Blicke
Jüngling deine Adern schwellt!
Himmelvollre wenn der Seegen
Amors, wie ein Perlenregen
Aufs gespaltne Erdreich fällt.
Wie aus dem tiefsten Schlaf und süßten Traumgesicht
Des Jünglings Kuß sein Mädchen wecket,
Wie dann wenns schönste Aug halb Schlaf halb Wollust bricht,
Er ihr den Arm sanft um den Nacken flicht,
Das Nachtgewand verschiebt und Schönheiten entdecket,
Die einst Romanos Kunst so lebhaft traf;
So küßt der Frühling aus dem Winterschlaf
Jetzt die Natur. Den dichten weißen Schleyer
Hat er ihr längst vom Busen abgestreift,
Er athmet jetzt im bluhmigten Gewande freyer.
Der May der sie mit Küßen überhäuft
Spielt mit dem Reitz, der ihm entgegen blühet,
Und Zephyr, den ein gleich Gefühl
Magnetischstark zur Bluhmengöttin ziehet,
Mischt tändelnd sich mit in ihr Spiel.
Steht denn der Natur und dem May
Nur allein das Tändeln frey?
Darf nur dies Paar zärtlich küßen,
Busen sanft an Busen schließen,
Und in Zärtlichkeit zerfließen?
Mädchen nein die Tändeley
Holder Glut steht uns auch frey,
Auch wir dörfen zärtlich küßen,
Busen sanft an Busen schließen,
Und in Zärtlichkeit zerfließen.
Hurtig komm in meinen Arm,
Schlüpf sie ab die Nachtgewänder,
Schleif sie auf die seidnen Bänder,
Komm und werd in meinem Arm
Wie die Sommerlüfte warm,
Und laß uns ganz in Zärtlichkeit zerfließen.

Ich bin dein Lenz, ich bin dein May,
Du mein Gefild, und meine Mayenbluhme,
In deinem Grottenheiligthume
Auf deinen Marmorhöh'n, steht jede Tändeley,
Und jede Art des zärtlichsten Genußes,
Mir heut am Fest des ersten Kußes
Unwidersprechlich frey.

Hurtig komm in meinen Arm
Schlüpf sie ab die Nachtgewänder,
Schleif sie auf die seidnen Bänder,
Komm und werd in meinem Arm
Wie die Sommerlüfte warm,
Und laß uns ganz in Zärtlichkeit zerfließen.
(S. 61-70)
_____



Die Sehnsucht

O Röschen welch ein Glück
Von Dir geliebt zu seyn!
Wem flößt ein himmlisch Meisterstück
Nicht tausend Wünsche ein?

Wenn sanft der schwarze Atlas wallt,
Dein blaues Auge lacht,
Wer bleibt bey solchem Anblick kalt,
Und fühlt nicht Amors Macht?

Ein Kuß auf Röschens Marmorarm,
Ihr Handdruck, noch so schwach,
Macht selbst den Winter sommerwarm,
Und alle Geister wach.

Wie Schnee zerschmilzt wenn ihn der Strahl
Der Frühlingssonn' erreicht,
Wie froh das Herz beym Freundschaftsmaal
Ins ofne Antlitz steigt:

So sanft freut sich, so schmilzt mein Herz
Wenn es den Himmel sieht,
Der da ist, wo der feinste Scherz
Auf Rosenwangen glüht.

Heil dem, den Röschens Seele liebt,
Dem sie, entzückt geküßt,
Den Kuß freywillig wiedergiebt
Der, auch geraubt, schön ist.
(S. 99-101)
_____



Maylied

Da ist der May Rosette,
Und seine Bluhmenkette
Hängt duftend über Dir.
Er segnet die Gefilde;
So sanft wie er, so milde,
So sey auch Röschen mir.

An Lieblichkeit am reichsten,
An Schönheit Dir am gleichsten,
Nimmt er die Herzen ein.
Sein schönster Tag von allen,
Gefeyrt von Nachtigallen,
Soll Röschens Jahrfest seyn.

Dem Flurenschooß entsteigen
Des Lenzes frühe Zeugen,
Die Lieblinge des Mays.
Sieh ihre weiße Glocken
Dort neben Veilchen locken,
Sprich, wem gebührt der Preiß?

Dein blaues Aug Rosette,
Des Arms Albasterglätte,
Malt auch ein Bluhmenbeet;
Doch wer kann ihn entscheiden
Den Preiß, wo tausend Freuden
Der Bluhmensammler mäht?

Heil jeder Bluhmenerndte,
Und weh dem, der nicht lernte,
Daß kurz der Frühling ist,
Und alle Bluhmen sterben -
O Röschen laß sie sterben
Wo Sterben Wollust ist.
(S. 102-104)
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Der Maler und der Liebhaber

"Soll ich dir dein Röschen malen,
Nach den schönsten Idealen,
Oder Zug vor Zug genau?
Locken, die den Hals umfangen,
Grübchen in den Rosenwangen.
Frey die Stirn, das Auge blau?
Mal ich Lippen, die beym Lachen
Jene Grübchen tiefer machen,
Zähne, so wie Perlen schön?
Unter Flor die Busenhügel,
Arme weiß wie Schwanenflügel,
Hände wie die Grazien?

Mal ich Röschens Hals und Schultern
Wie der Juno Hals und Schultern
Glat und weiß wie Elfenbein?
Cypria vom Meer gebohren,
Nympfen warm in Lust verlohren,
Sollen diese mir - ?" Nein, nein!

Braune Locken magst du malen,
Blauer Augen Himmelsstraalen
Meisterzüge ins Gesicht,
Arme, Hand und Busenhöhen,
Aber was ich mehr gesehen,
Nein das schönste triffst du nicht.

Der die höchste Kunst erfüllte,
Als er Amors Mutter bildte,
Hätt er Röschens Reitz gesehn,
Schnell hätt' er sein Werk zernichtet,
Und nach Röschen eins errichtet,
Dann wär seine Venus schön.

Der zum Unglück mit Dryaden
Einst Dianen sah sich baden,
Diesem wärs vielleicht geglückt,
Röschens Schenkel so zu zeichnen,
Daß sie nicht den Reitz verleugnen,
Womit sie Natur geschmückt.

Und der Nektarkelch voll Leben,
Den die Götter einst bey Heben,
Als sie fiel, bezaubernd sahn,
Unter allen Opferschalen
Sie die schönste - die zu malen,
Sprich, darf sich die Kunst ihr nah'n?

Als durch Venus Gürtelskräfte,
Zeus das große Weltgeschäfte,
Hinter goldnen Wolken that,
Wagts je wer da sie zu malen?
Und hier blenden Wolluststrahlen
Mehr, als dort der Goldglanz that.
(S. 112-116)
_____



An Doris
nach einem kleinen Scharmützel

Wär ich von Sanct Peters Kirche,
Glaube, daß ich denn gewiß,
Dich zu meiner Lieblings Heil'gen
Als Magdlena malen ließ.

Mädchen nie sah ich dich schöner,
Als da Deine weiße Hand
Kunstlos statt des Modekopfstaats,
Bloß ein Tuch der Stirn umwand.

Schalkhaft kuckte nur Ein Lockchen
Neben dem beringten Ohr,
Um ein Probchen Haar zu zeigen,
Unterm seidnen Tuch hervor.

Dreuster funkelte Dein Auge,
Weißer schien Dein weiß Gesicht,
Purpur floß um Deine Wangen,
Schöner glüht Aurora nicht.

Wie der Magdalena Busen
Naß von Thränen reuig stieg;
Mädchen so hob Deinen Busen
Hofnung auf den schönsten Sieg.

Wie die Rose wenn des Morgens
Thau auf ihren Blättern steht;
So dein Rößchen, daß an Schönheit
Alle Rosen übergeht.

Holde Sehnsucht warmer Liebe,
Sprach Dein zauberischer Blick,
Unter tausend kleinen Seufzern,
Theilest Du mit mir mein Glück.

Warum hielt'st Du doch dem Auge,
Wenn der Wollust lustger Flor
Es bezog, oft wenn es lachte,
Deine Hand mißgünstig vor?

Schäm' Dich nicht des sanften Schauers,
Der durch alle Nerven schießt,
Wenn der milde Thau der Wollust
Aus der Rosenmuschel fließt.

Laß das schöngebrochne Auge,
Laß der Zunge tändelnd Spiel
Sagen, ob der kleine Zweykampf
Dir so sehr als mir gefiel.

Laß mich alles alles sehen,
Wenn der heiße Kuß Dich frägt:
Ob Dein Herz auch treu wird bleiben,
Obs auch jetzt für mich nur schlägt?
(S. 117-121)
_____



Gedenk an jene Zeit
nach einer bekandten Melodie

Hier in ruhgeweihten Gründen,
Die der Städte Stolz nicht kennt,
Wo im Schatten blühnder Linden,
Lust sich nie von Unschuld trennt.

Hier wünscht ich der Liebe Brand,
Dem ich lang gnung widerstand,
Stumm nicht länger zu empfinden,
Und ich drückte Daphnens Hand.

Schön und einsam sah ich hier
Sie den Berg ersteigen,
Amor schwebte über ihr
Mir den Weg zu zeigen,
Aber in dem Augenblick
Blühte noch kein Schäferglück,
Furcht hielt noch den Fuß zurück,
Hieß die Lippen schweigen.

Endlich reiften Wunsch und Sorgen
Froher Hofnungen Genuß,
Und den schönsten Frühlingsmorgen
Heiligte der erste Kuß.
Purpurlippen gaben ihn,
Und dem Busen raubt' ich ihn:
Aber Nacht umzog den Morgen
Schmerz qvillt jetzt noch aus dem Kuß.
Durch ihn herrscht auch hier im Thal
Mißvergnügtes Schweigen,
Er entzieht den Sonnenstral
Freudigblühnden Zweigen:

Nichts kann Aug und Herz erfreun;
Denn an Daphnens Hand allein
Waren Flur und Thal und Hayn
Meiner Freude Zeugen.

Thal und Hayn, du hörst mein Klagen,
Hört' es doch auch Daphne an!
Möcht sie jetzt um mich auch klagen,
O wie glücklich wär ich dann!

Zwar nicht glücklich, wie ich war,
Wenn ich sie das braune Haar
Sah' in sanfte Locken schlagen,
Und der Busen offen war.

Zwar so froh so glücklich nicht
Wie mich Amor machte,
Wenn ihr Rosenangesicht
Liebevoll mir lachte,
Zwar nicht glücklich so wie da,
Als ich alle Schönheit sah,
Und der höchsten Freude nah,
Glücklichers nichts dachte.
(S. 122-126)
_____



Gemälde

Das Herz vom Wunsch nach dir erfüllt,
Erflehte Dich zurück,
Da kam der Schlaf, und wies im Traum
Mir das erflehte Glück.

Ich sah' dich schön wie Grazien,
Wenn Cypripor sie küßt,
Wie Psyche schön, wenn Amor sie
Fest in die Arme schließt.

Doch schöner wie ein Traum warst du
Mir wachend, als ein Druck
Der weichen Hand beym wärmsten Kuß:
Ob ich dich liebe, frug.

So bist du schön, wenn dir im Aug
Ein Thränchen zitternd steht,
Doch schöner, wenn den losen Blick
Des Lächelns Reitz erhöh't.

Der freygewölbte Busen stieg
Von Wollustahndungen,
Die braunen Augen schoßen Blitz,
Streit zu verkündigen.

Laut schlägt mein Herz von Dir berührt
Heiß, wenn die weiche Hand
Den Pfeil auf Amors Bogen legt,
Und kühn die Sehne spannt.

Ha! denn fließt mir die Seele ganz
Mit Amors Pfeil ins Ziel!
Ach Mädchen auch Dein Aug bricht dann,
Und spricht Gluth und Gefühl.

Entzückend zischt Champagnerschaum
Am Rande des Pokals,
Doch schönrer Schaum hängt dann am Busch
Des duftgen Wollustthals.

Kein Tempe, kein Elisium
Ist schön wie Chloens Thal,
Hier halten Aug, Gefühl, Geruch
Berauscht ihr Göttermahl.

Das Rosenkleid hat Cypria
Ihm angelegt, sie ist
Die Schöpferin des Quells, der aus
Der Muschelgrotte fließt.

Zehntausendmal sagt dir mein Kuß
Du Thor der Reize Dank,
Oft netze Amors Balsam dich,
Er sing dir Lobgesang.
(S. 142-146)
_____



Einladung auf das Feld

Sag kleiner Abgott hast du auch
In schwüler Sommernacht
Kein Picknickspiel nach Venus Brauch
Wo ohne mich gemacht?

Sag' hat dein weiblich Herzchen sich
Von mir nicht schon entwöhnt?
Hast du in Haselsträuchen Dich
Warm bloß nach mir gesehnt?

Wenn Dich der Laube dämmernd Licht
Das Mooß im schatt'gen Hayn
Zum Schlaf einlud, wünscht Du dann nicht
Von mir geweckt zu seyn?

Sprich, sprich - und dann komm mit ins Feld
Das reizender nie war,
Wo Ceres Garben aufgestellt,
Der Venus zum Altar.

Kein Sopha den stahlfederreich
Goldfarbger Atlas schmückt,
Ist so schön, so elastisch weich
Zum Menschenspiel geschickt.

Der Tag da ich zuerst Dich sah
Ist Heut. Er sey ein Fest,
Und wohl Uns wenn sich Paphia
Heut von uns opfern läst.

Scheu nicht ums Aug den Lazurstrich
Scheu nicht ein blaß Gesicht,
Der Mond hat seinen Hof, schämt sich
Der Silberbläße nicht.

Schling um den Hals mir deinen Arm
Schnell öfne das Portal
Der Nymphengrotte, wollustwarm
Küß Amors Opferstal;

Und stirb in süßer Ohnmacht hin,
Bis milder Balsamduft
Dich, kleine Amorspriesterin,
Ins neue Leben ruft.
(S. 147-150)
_____



Ermunterung zum Vergnügen

Mädchen deiner Purpurschnecke,
Wenn ich ihr Gefühl erwecke,
Ströhmen tausend Reitze zu,
Und der Morgenglanz Aurorens,
Und die Rosenlippen Florens
Sind dann nicht so schön wie Du.

Als ich in der Geisblatslaube
Deines Weinstocks schönste Traube,
Naß von eignem Thau jüngst sah',
Da schien dem gebrochnen Blicke,
Sanft berauscht vom Schäferglücke,
Peters dritter Himmel nah.

Lieblich lächelt Doris Miene
Wenn den Stachel Amors Biene
In das Myrthenkörbchen sticht:
Venus, die Duft um sich hauchet,
Wenn Adon den Altar brauchet,
Macht kein himmlischer Gesicht.

Um die Lebensquelle wohnen
Scherze, die auf Locken thronen,
Ohne Menschenkunst frisirt.
Freude lacht um ihr Gestade,
Wenn in ihr Baßin zum Bade
Amor seinen Liebling führt.

Hör' wie er im Bade spielet,
Plätschernd seine Flamme kühlet,
Aufspringt, wieder abwerts schießt:
Laß ihn baden, laß ihn keltern
Bis aus allen Lustbehältern
Dank in Deine Quelle fließt.
(S. 151-153)
_____



Gelegenheitsgedicht

Schön war der Abend, Frühlingsduft
Durchbalsamte die heitre Luft,
Und jeder Stern war aufgegangen,
Cytherens himmlisch Feuermeer
Schoß zehnfach Stralen um sich her,
Und alle Nachtigallen sangen.

Doch Venus Stern und Frühlingsduft
Und Nachtigall und Abendluft
Vergaß ich in der Schäferstunde.
Den Gipfel aller Lust erstieg
Der Geist, und Balsam goß der Sieg
Sanft um den Rand der Pfirschenwunde.

Sprich Mädchen schlug im Busch und Thal,
Je eine schönre Nachtigall?
Ließ je ihr Lied dein Herz so wallen?
Und als sie müd vom Nachtgesang
Zahm auf den weißen Busen sprang,
Hat sie auch da Dir noch gefallen?

Wie auf dem jungen Zweig vergnügt
Sich Philomele einsam wiegt;
So wiegte sich auf Busenhügeln,
Und sah umher die Nachtigall,
Um sich zum neuen Flug ins Thal
Durch jeden Herzschlag zu beflügeln.

Druck mit der weichen Hand doch nur
Den Lieblingssproßer deiner Flur
An Dich, und spiel mit seinen Schwingen
Er ist ein kleines dankbars Thier,
Und wird für dies Geschmeichel Dir
Das schönste Ritornello singen.
(S. 154-156)
_____



Zum Beschluß

I.
Vögel sangen, Turteltauben girrten,
In den Schatten von Cytherens Myrthen,
Amorn einen Lobgesang:
In den Frühlingsthälern rauschten
Bäche, und die Nymphen lauschten,
Ob nicht etwa sie zu haschen
Aus dem Busch ein Waldgott sprang.

Als mein Röschen lächelnd mir zur Seite
Auf den Rasen Veilchensaamen streute,
Wo ich Ihr mein Herz entdeckt.
Amor gab zum Saamenstreuen
Ihrer Hände sein Gedeyen,
Und im nächsten Lenz war alles
Blau mit Veilchen überdeckt.

"Röschen kann Dich Amors Veilchenseegen
Nicht zum wärmsten Dank für ihn bewegen,
Bist Du denn nicht ganz Gefühl?
Laß uns unsern Dank verbinden,
Hand in Hand das Glück empfinden,
Daß sein Seegen auf die Veilchen
Die Du sätest fruchtbar fiel."

So sprach ich am veilchenvollen Beete;
Röschens Antlitz färbte Morgenröthe
Eines Opfertages werth.
Augen die gefühlvoll brachen
Busen Wallungen - die sprachen
Ja, zum Opfer, und zum Altar
Ward das Veilchenbeet erklährt.

Amor schlug aus Freude mit den Flügeln,
Und empfieng auf weißen Busenhügeln
Opfer unsrer Zärtlichkeit.
Durch ihn wuchs der Veilchensaamen -
Und zu Ehren seinem Nahmen
Ward auch hier aus Amors Füllhorn
Mehr als Veilchensaat gestreut.

Vögel sangen, Turteltauben girrten
Als in Röschens blühndes Thal der Myrthen
Thau der Lust balsamisch drang;
Ueberm Veilchenbeete rauschten
Junge Zweige, rundum lauschten
Nymphen, ob nicht auch zum Säen,
Wo hervor ein Waldgott sprang.


II.
Brauner Augen schwarze Bogen
Sind Tyrannen, die ich flieh:
Blauer Augen braune Bogen
Röschen o wie lieb ich Die!

Heil mir, Röschens blaue Augen
Sehn auf mich, und Freude bebt
Durch mein Herz, das blos vom Lächeln
Dieser braunen Bogen lebt.

Wenn wie heut den Abendhimmel
Blaue Wolken überziehn;
Wenn im Schooß' halbreifer Aehren
Blaue Sternchen reitzend blühn;

Wenn im blauen Fluthenspiegel
Sich ein Rosenstrauch besieht;
Wenn Vergißmeinnicht in Thälern,
Schön dem Auge, einsam blüht:

Dann fühlt meine ganze Seele
Röschens blauer Augen Macht,
Aber keine Lust an Schönheit
Da, wo dieses Aug' nicht lacht.

Milde Abendwolken träufeln
Kühlungsthau jetzt sanft herab -
Ach wo ist der Thau des Lebens
Den mir Röschens Kuß sonst gab!

Jedes Wölkchen, jede Bluhme,
Blau so wie ihr Aug, gebiehrt,
Heiße Sehnsucht nach dem Tage
Der in meinen Arm Sie führt.

Aber wie der Bach sich traurig
Murmelnd durchs Gesträuch hier schlingt,
Wo die Nachtigall der Gegend
Heut' die letzten Lieder singt:

So schlägt auch mein Herz, o Röschen
Zum voraus schon kummervoll
Beym Gedanken der Minute,
Die uns wieder trennen soll.


III.
Von Venus Töchtern schön von Schenkeln,
Und von des Gartensgottes Enkeln
Hoft meine Muse nur ihr Glück;
Wird sie von denen nicht erhoben,
So schleicht sie unbeklatscht zurück,
Denn - - wird sie doch nicht loben,
Weil er zu allen Bibelproben,
Durch die sein Priesterkinn das Kragenfett gewann
Von ihr kein Zeilchen brauchen kann.
(S. 157-160)
_____


Aus: Gedichte im Geschmack des Grecourt
Frankfurt und Leipzig
bey Dodsley und Compagnie 1771
 



Biographie:

https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Georg_Scheffner




 

 


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