Hans Schiebelhuth (1895-1944) - Liebesgedichte



Hans Schiebelhuth
(1895-1944)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:






Für eine Freundin

Du bist der dunkle Wind, der über meine Stirn geht,
Der Sturm kündet, streifend am Strand,
Der das Meer bleiern macht, wenn nur noch weiße
Möwen kreischend flattern um zischender Wogen Brandung.

Du bist der dunkle Wind, der über meine Stirn geht,
Gewaltigen Seesturms, der aufbricht am Strand,
Der, zorniger Kamm, das rauhe Dünengras furcht,
Du stille schmeichelnde Hand . . .
(S. 4)
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Traum

Mit goldnen Bienen war dein Kleid bestickt, Ich sann,
Wieviele Süße sie an deine Glieder trügen,
Wieviel Musik ihr sickerndes Gesumm.
Du schwiegst. Es war ein Singen in den Simsen,
Als klängen alle Gläser noch einmal
So hell, wie wir sie einst in Lust geleert.
Ich war bei dir und in erregtem Stammeln
Ein Mund voll Gott, und dieses würgte mich:
Ich war bei dir und hatte nach dir Heimweh,
Dies Heimweh, das der ausgeweinte Himmel
Ins Fenster hing, das aus dem Duft der blassen,
Der überblühten Blust die Flucht befiehlt.

Der Mond ward feindlich. Blank vor Eifersucht.
Wie einer Frau, die abends Staat abtut, entglitt
Gewölk, das ihn zuvor verbarg. Er drohte,
Da lösten sich die vielverflochtnen Finger fremd.
Ich neigte tief mich, letzten Kuß und Träne trinken.
Ich schmückte deine Stirn mit einem Stern. Entlassen
Dann, ja entlastet, gingst du in die Nacht.

Ich blieb. O, daß ich blieb. Nun stumpft sich meine Stunde,
Wenn ich im Dunkelraum den Hänfling pfeifen lehre . . .
Ich send ihn früh dir nach als einen Gruß.
(S. 5)
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Hymne des Maropampa
Für Mira

Ich bin von den Niemandsinseln. In meinem Blut sind noch Ödlande.
Meine Kindheit haben die dunkelblauen Einsamkeiten liebkost
unter blühenden Weißdornbüschen.
Nächte sprangen mich an: Tiger blutdürstig auf Tatzen lautlos.
Aber als ich emporwuchs, hub ich die Sternnester aus.
Im Geäst des Weltbaums besaß ich Lemurenmädchen,
zierlich um eine Schale Mondschein weinend.
Von unheilvollen Schiffen verschlagen hab ich auf Kuba
Den Bauch der Häuptlingsweiber mit den fressenden Sonnen Astartes bemalt.

Frau du von Massachusetts oder vom Marmarameer!
Trinken will ich an den unerforschten Brunnen deines Bluts.
Auffange du meines Herzschlags Tumult im kühlen Gefäß deiner Hände.
Laß mich den Nacken ins Moos deiner Blicke biegen,
Boot meiner Wünsche bergen in deiner Schlüsselbeingruben apulischer Bucht,
Stillen das Ungetüm meines Atems in Haar-Wolke seiden,
Wenn hinter deinem Haupt Strahlen sinkender Sonne
hinstürzen im Weltraum: goldnes Gebälk.

Ich weiß: Eh noch der Unrat dieser Städte um uns aufstank, braune Haut
In dieser Menschen wässern Blut und wächsern Fleisch geschattet,
Da waren Tummelplätze deiner Jugend groß: Die Wüsten.
Der heiße Sand. Der Dattelhaine Rauschen. Die Steppe,
nur von Sonne überbrüllt,
Wo gutes Leben lief, ein Leichtes, zwischen Horizont und Hecken
Der hochgehörnten Herden deines Stammes hütend
Beim Rauch von Lagerfeuern säulend in des Himmels tiefsten Indigo.

Ums Dämmern traten an Oasen, äugend scheu,
Der schmalen Antilopen Rudel aus zum Quell.
Und nächtens war der Diamant der Sterne dein.
Musik: des Mondes Silberhorn im Schwermut-Tuten,
Der Grillen Singsang aus dem windgerillten Gras;
Aus Zelten kam das Monoton der Mütter mit dem zagen Schnarren
Der Nabelgeigen zu den Unkenliedern tröstlich in das große Kühl.

Daß du nun tanzen mußt unter schwebender Zirkusplane,
Schwester mit lächelnden Lenden und Brüsten orangen geschminkt.
Sklav will ich dir sein, Krieger, der deinen Schlaf behütet.
Die Erde von dir geschenkt haben auf Atlasschultern.
Den feurigen Monddiskus hoch durch deine Träume werfen.
Aber du wächst über die Statt. Und ich rase
Übers Gewölb des Weltdachs, Göttin, dir nach,
ein Brennender durch den ewigen Schnee.

Wann werde ich einmal so betrunken sein, daß ich sage zu dir:
"Deine Hüften sind mein Sommer, Madam.
Die Nacht wuchert ein Rebdach um uns. Wind ist Weinduft.
Greif dir die Sterntraube!
Stoß mich nicht fort! Ich werde die Landschaft verwüsten!
Das Meer aussaufen, daß Dürre wird!
Städte anzünden, daß alles veräscht!
Der Himmel wird rot sein von Blut, wenn ich den Mond morde!
Sturm zerstiebt eure Erd, so am Horizont ich die Bresche haus ins Nichts!"

Sterben möcht ich für dich. Hinrinnen. Vielleicht in Spitälern ein Tier.
Oder in dunkeln Straßen der Sehnsucht röchelnd verrecken ein Trunkner.
Kann sein, daß mich ein Heimweh auslöscht fiebernd,
Wenn ich an trübem Kaffeehausnachmittag zu Billardbällen hinsinne.
Dann bin ich noch im Tod dein Maropampa! Lächelnder!
Fund du im Uferlosen, das mir rosen aufbricht.
Sonnantlitz strahlend über Heimatklippen ausgeglüht vom Glück.
(S. 6-7)
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Mädchen von Bordenach

Mädchen mit weißen Strümpfen, du schwebst, Gestalt,
Du tanzest, giftgrüner Gesang, schlanke Melodie,
Du gaukelst Träume, du lockst, sanfte Gewalt
Von Botticellihänden, Donna Mari.

Braungelock erscheint, mondfahle Stirn und Bänder,
O, dieser Augen dunkelheiße Litanei!
O, diese Lippen, rote Unschuld, Ränder
Unsäglicher Pokale aus der Lombardei.

Lächle du immer durch Straßen mittagstot,
Blüh du immer, Blum, in fabelnder Auen Pracht . . .
Ich zerbreche die Fenster, mein Hirn klatscht an die Wand, brennt rot!
Die du entschwindest, stößest mein Herz in die tiefste Nacht.
(S. 8)
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Du wächst eine Hecke hoch um mein Haus,
Einsam umgrenzest du mich. Ich kann die Welt nicht mehr finden.
Manchmal bringen Vögel fernher die Kunde,
Daß du am Sonnblumenzaun hinter blinkenden Scheiben wohnst.

Ich steig vom Fensterkreuz in den schmalen Mondnachen, die Fahrt zu dir.
Ich trag dich aus deiner Kammer zur Morgensternstunde.
Braut lachst du über meinem Sattel quer durch die Lande.
Meine Schwelle grünt. Frühling besprengt mein Haus.

Ich sammle Rosentau in kühle Kristalle für dich.
Ich häufele Heu auf der Wiese und sing ein Lied von Fernen für dich.
Ich erfinde Feste um dich. Ich male in meine Tapeten
Blauwickengirlanden und tanzende Engel, bis du kommst.

Meine Runenstirn grübelt, wie dich mein Herz freun könnte.
Über meinem Bett hängt die Sichel, mit der du zur Mahd gehn sollst.
Weiß ichs, warum meine Kissen kühl sind wie deine Windwangen,
Wenn du am Meer stehst im Nordlicht und dein Gudrunhaar strählst.

Nun ist Herbst. Mein Turm grüßt Kranichzüge.
Samen süßen im Kelch. Immen tragen Obstzucker ein.
Wenn du da wärst, könnten wir uns Wochen Nilsonne schenken.
Soviel Märchen weiß ich, daß du gern mir am Herd bliebst.


Wenn der Winter dann kommt, will ich die entzückenden Eisblumen
Auf weiße Briefblätter zeichnen und flattern lassen zu dir.
Und mit dir in Jahrtausenden leben, da noch der alte Gottvater
Das Glück der Völker prangend an die Himmelsbögen schrieb.
(S. 12)
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Mit Rosen "La France" und dem Duft von Jasmin
Für Tit

Dein Fuß ist Seide. Du hast Abende
In meine Augen gerufen und Purpur,
Und wo die weißen Wege der Gedanken gehn,
Findet sich deine Spur im Sand, ein Gold,
Strahlend.

Die Berge haben sich in Gott gebückt. Die Wiesen
Psaltern sein Lob dem Waldtal. Und der volle
Mond beginnt die himmlische Reise, o Glanz,
Denn bald
Badet die Nacht in Blau die gesänftigte Welt;

Die Welt, die dir sommert nach dem Gesetz,
Das aufrauscht und reift, weil hügelüber,
Gewaltsam,
Der Frühling die Blust wälzte bis in die Gärten,
Mit Rosen "La France" und dem süßen Duft von Jasmin,

Wo festliches Volk in Staunen und Ehrfurcht rückwich.
Gasse,
Die du gingst, mir entgegen mit fliegendem Antlitz,
Der ich dasaß als ein Zar, maßlos, denn ich wollte dich haben,
Um ein Leben lang Knecht zu sein mit dem wunderbaren

Wahn meines Bluts,
Und aufbrach an der Schwelle heiliger Dämmrung
Und dir nachzog durch Morgen, im Mittag, am Abend, zur Nacht,
Folgsamster Sklave, willigster Diener, doch aller Liebenden Erster,
Sinnend, singend und klug, ganz ein feuriger Mensch.
(S. 23)
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Verschenkt Herz

Du bist nicht Gast. Du wohnst in mir.
Hast nicht nur Rast. Hast Bleibe hier.
Hier steht deine Wiege. Hier zäunt dein Geheg.
Hier steilt dir Stiege. Hier mündet dein Weg.

Hier hält dich Helle. Hier hüllt dich Nacht.
Im Brunn quickt Quelle. Speicher füllt Fracht.
Geh aus. Geh ein. Sei unverhofft.
Dein Haus dir offen. Komm gern. Komm oft.
(S. 26)
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Hände

Deine Hände sind gläserne Gärten
Wachtelruf im Ritt durch Vortagfelder
Duft von Inkarnatklee am besonnten Rain
Abends dunkelseidne Vögel streifen Stirn.

Straßen der Strafen sind sie Höhlen der Härte
Herbstschluchzen in Schluchten brennender Wälder
Geruch von Weihrauch in der Kirchenkühle weißer Pein
Schmerz und Schmelz um einsamkeitvereisten Firn.
(S. 42)
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Blicke der Liebenden

Manchmal kommen aus Schluchten zu Tal die riesigen
rußigen Holzknechte der gottalten Berge,
Packen im Tanztrubel des Kirmeßtages eine derbe Dirn um
den Leib und schleifen sie fort in den Wald zu den Meilern.
Manchmal an grauen Küsten steigt aus Fähren bärtiges
Seevolk an Land und bewehrt,
Stürmt in die Häfen, sengt, brennt, plündert die Stadt,
erschlägt Männer, Kinder und Greise und verschleppt die Frauen aufs Meer.

Manchmal tanzen aus verhangenen Nischen hervor
beschwingend beschwingte Putten und streun in den Saal
Blumen von Frohsinn, Versonnensein, Sehnsucht und
Traum, golden, dunkel und blau.
Wieder sind Rehe, scheu und schüchtern, die abends am
Rand des Erlenwalds grasen
Und bei raschelndem Laut in stilles Gehege enthetzen, hurtig und flink.

Aber oft sind der Liebenden Blicke beschämte Bettler und
senken sich stumm . . .
Der Wind - oh, der zärtliche Zymbalwind, der in
Fliedersträuchen geflüstert - streift ihre Stirnen leis,
Denn der Liebenden Stirnen sind geneigt übers Glück,
überdacht von Düften, fahrtfremd dieser Welt,
himmelumwölbt, kußschwer von süßesten Dingen,
Reifer als die goldene Mondmelon im Kobalt kalabrischer Nacht.
(S. 70)
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Bleib. Wenn die Nächte scharlachen sind
Schweben die lautlosen Falter Schwermut herein -
Sieh: ich webe in dich ein die weichen Gewande des Traums
Goldener Wind wacht auf über sehnsüchtiger Stadt.

Bleib. In sinnlosen Wüsten wuchtet der stumme Sturm.
Die Grillenlieder greifen Gram in mein Herz -
Sieh: Ich will deine Ohren mit süßer Musik umtun.
Ich schmücke deine Stirn mit einem Stern.

Bleib. Die hungernden Hunde von Konstantinopel heulen in mir.
Kinderstimmen der Katzen die auf Dächern Toledos schrein
Schneiden mein Hirn mit Messerschärfen entzwei.
Qual aller Gequälten schnürt.
(S. 76)
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Sonnbrand auf Sand o matt Streiterin
Hitzt deines Goldhaars schmachtend Bad und mischt
Mit Tränen schlimmen Liebestrank darin
Er hat den Duft von deiner Wang gewischt.

Des grellen stetes Gleichsein schmerzt
Wie küsse ich dich scheu. Du sprachst: "[Welch] Pein
Wir werden nie ganz ein selbst Todumherzt
Wie Mumien in Oasen glücklich sein."

Aber in deines Haars geläuten Flüssen
Ertrinkt der Geist gern dem wir dienen müssen
Dies Nirgendfinden danach nie du frugst.

Dann lieb ichs durch der Wimpern Tränenpracht
Zu forschen ob mein Herz dies das du schlugst
Fühllos wie Himmelsblau im Steine macht.
(S. 81)
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Sonett der Sehnsucht

Was soll ich nun vom Wiedersehen hoffen
Von dieses Tages noch geschlossener Blüte?
Goethe

Geduldiger Hände unerhörtes Hoffen
Erhebst du Liebste betend in die Blüte
Des Lichts, die schon erlöst auf steile Schroffen
Des hochgezinnten Bergs sich rastlos mühte.

Da - Gipfelglück - vor Wolkentoren offen
Des Morgens Rosenwunder sich erfrühte,
Stehst du wie stets in Helle und betroffen
Vom Maß der Macht, die dich so glau durchglühte.

Gold aller Sonne, Gold aus dunklem Schacht,
Das deine Tiefen läutert und dich klärt,
Umprunkt dich. Nun erfreu dich deiner Pracht

Und brenne weiter, Flamme, sei genährt
Vom Rausch des Tags, vom Überschwang der Nacht
In Sehnsucht-Göttlichkeit, die ewig währt.
(S. 84)
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"Behalte die Gegenwart in deiner Gewalt."
Mark Aurel

Da durch die Nacht der Duft von Rotdorn rief
Warst du vom Mond umworben und umwoben
Daß ich anfing dich wie im Traum zu loben
Die süß ermattet mir zur Seite schlief.

Und über allen Sternen war ein Toben
Und so viel Lust die uns im Blute lief
Daß ganz ich hinrann. Taumellos und tief
Vor mir erniedrigt doch zu dir erhoben.

So bin ich mit dem Augenblick vermischt
Mich auszuschütten statt mich auszuschwingen
Statt gen Flut dich tragend wie Gischt

Am Fels der Fügung brandend zu zerspringen.
Gefahr! Gefahr! Statt stete Luft zu bringen
Sternfunke nur zu sein der schnell auslischt.
(S. 85)
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Innerer Anblick

Nur Labsal meinem Auge, süße Frau,
Du Veilchengarten mildem Blick erblüht
Dem Kinderblick, dem glau durch Tränentau
Und Trauer fremde Freudigkeit aufglüht.

Sternschauer jähem Nebelriß entsprüht
Du Labsal meinem Auge, süße Frau,
Daß ich betrauend nun dein Lächeln hüt
Mühmüd in Ödgewölbs geborstnem Bau.

Schon blaßt mein Tag, Rausch, Traum und Wonneblau
Kaum Mondduft über Dorf und Abendau
Bleicht alle Ebne schon im Schnee verfrüht.

Bleib Labsal meinem Auge, süße Frau,
Du Veilchengarten schönster Erdenschau
Da nachts mein Pfad sich gottwärts müht.
(S. 86)
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Ein Unsägliches ist es daß ich mich inniger
In deine Blühe verschmiege als ehdem ein Liebender tat.
Wir sind noch Fremdlinge in der Gunst des fürstlichen Frühlings.
Darum schweigen wir oft und sehen uns an
wie Bilder in einer versunkenen Stadt.

Wir tasten einander wie Tulpen in Hauch Lächeln und Halblaut
Unwissend worin wir sind.
Erkennen wie dies es sei die Zeit nun der Zeichen
Daran daß die Geheimnisse blühn einfach wie Veilchen unter dem Dorn.
(S. 94)
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Arabeske

Wenn diese Welt in Blitz und Donner einst versinkt,
Will ich in brunnentiefen Augen der Geliebten
Auslöschen sanft wie ein Gestirn am Morgen.

Wie ein Gestirn, das vom höchsten Himmel
Den stillen Straßengänger grüßt, den heimwegs
Sehnsucht und Lust am Gehn beschwingt.
(S. 98)
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Sehr unbegreiflich silbern steil steigt
Da sie genächtigt haben in meiner Nacht
Deiner Augen Zweimond in meinen Schlaf
Auf seidnen Sohlen
Kaum zu nennen Liebste
Nur eine Luft
Bist du der Abend
Traumschön
Der kommt mit den Lampen ins Dorf.

"Geh sanft" sprach ich zu meiner Freundin
"Geh sehr sanft"
Und da sie sanft ging: "Gehe noch sanfter
Arm arm Herz du
Gütig Geschwister Gottes
Gesteinigtes
Taste mich nicht an
Wenn ich Nacht bin
Denn Gedanken sind feige im Schatten
Und Worte wohnen randhin Verrat."

Aber verwegene Bettler sind die Augen
Der Liebenden. Stumm
Vom Stein der tönt
Und ein Lachen das lautlos lärmt.
Blumen sind sie die entgegenleuchten dem Schnitter
In einer seltsamen süßen Angst
Um den Tod.

Wohl begrub ich dein Herz in mir
Langher - Geliebte -
Und doch ist kein Hügel mehr in der Welt
Nur daß die Geheimnisse bluten
Geschieht und daß am vergifteten Pfeil
Die Liebe ausgeht
Bis der Morgen
Grausam
An unsrer Entseeltheit
Den Frost zu feiern beginnt.
(S. 99)
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So trotzig von bestandenen Gefahren
Daß ich noch stürmisch ihren Atem atme
Und wieder hingewürgt vom Wolf bedroht
Ja aufgehetzt an Wahn und Widersacher
Wer bin ich im Getös der Felsenstürze?
Die morsche Himmelsveste auf mich einkracht
Zerklirrte Sonnen sausen mir ins Aug . . .
Erkenn mich Heilige am Treppenstein
Vor der ich kniend Gnad empfing und sieh
O Liebe sieh wie ungemein ich bin.
(S. 104)
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Der Tag ersäuft in der Nacht Goldwolken versinken
Und der geduldige Wald im reichen Geblätter wartet
Bis über Hang und Halde herab das Tal
Mit liebkosendem Wind durstig dämmernde Sternkühl trinkt -
Was [wie] eine schattende Hand
Lichtalten Augen gut tut im Schlummerlullen.
Da du dich dort aufhebst berauscht und über den Abendanger
Mit dem Lächeln der Sehnsucht kommst - Liederliebende -
Dich hinläßt am Rain hinter den Rosenwegen
Zu herbigen Glutblumen die leuchten enzianblau
Und wartest bis die Stimmen der Vogellieblinge verstummen
Und im Weihdicht die Flöten verdunkelt sind
An mich denkst und weißt daß ich noch weit bin
Meiner Pfade zu dir ein Wandrer-Nachfahr
Des wegkundigen Gotts und zur Stunde nun
Vielleicht bei Hirten schweigsamen zu Gast am Feuer
Wo ich schier mich verschweige entrückt erinnerst
Und weinst weil ich beiseit bin
Denn einem andern Leben gegeben
Dich traumschön im Herzen trage . . .
(S. 109)
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Du schöner milder Glanz so labend abends nahst du
Die unsägliche Süße Gottes in dir verborgen
Wenn des Auges gestillter Hunger nach innen ruht.

Ich war nicht leichter da ich von Tenea kam
Im roten Sommer der Liebe nackt vom Hirte geschattet
In Sandalen den edlen Fuß aber im sanften Sand

Glückseliger Schreiter priesen die Menschen mich
Und trug ich nicht den Krug daraus ich jedem
Dem ich begegnete freudig Trank gab der ewig letzt.

Ja es soll wieder so sein Geliebte ich seh das Meer golden
Das Gestade dran wir liegen sollen traumträg und lächeln
Die Stunde da die Flöte im Hirtentäschchen Pan zu uns kommt

Der Freund - und wieder geht. Du schöner milder Glanz.
Da inniger wir uns begreifen in Blick Atem und zartem Tun
Und meines Herzens dunkle Sonn in deines hinunterrauscht.
(S. 110)
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Zur Zärtlichkeit des hingewandten Blicks
Erhebt mich heitrer Himmel blaue Bucht selig Gestad
Silbernfloßig singen Delphine auf der Flut
Palaukinder meiner Seele schaukeln im roten Boot
Blau und grün Aufraunen der Wälder schläfert ins Honigvogellied
Schwirrend - -

Geliebte an dich hindunkeln alle Abende
Urmütterliche von dir geschenkt haben alle Erde auf Atlasschultern
Du Süße dir darbringen Seestern Muschel und Buntgestein
Glitzernde Fische Netze gehetzten Hirsch getauchte Korallen
Wenn meine Taten um die Lagerfeuer raunen.
(S. 111)
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Verklärung

Du gehst aus einer Hirtenstunde fort -
Schwester des heiligen Franz - über sanfte Hügel.
An der Lichtung lebst du des Sommerabends,
Tiere um dich gelagert ins zarte Gras;
Du streichelst dem Milchhirsch den bläulich geschatteten Rücken
Und küßt es. Trauliche Finken
Setzen sich zu dir auf deine strahlenden Hände und singen ihr Lied . . .
Da verklärt sich der Wald. Es duften die Steine,
Es sprechen die Farne, Moose schwellen,
Boden entschwebt dir du schwingst . . .
Und Gott erfühlt dein Gesicht
Wie ein blinder Greis
Zitternder Hände der Enklin Züge ertastet.
(S. 112)
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Heitere Elegie

Wohl bin ich, mir zum Gedenk, tiertief und gotthoch verloren,
Aus deiner Welt in meine große Stille gestorben,
In mein reinlich Geheimnis, und nun ist gut,
Daß einer, dem kein Gedächtnis ward, niemals vergißt.

Darum, wenn es nachtet, schließ deine Augen und schlaf
Süß, versunken hinter des Lächelns zerbröckeltem Strahl,
Und finde, das ist dein Herz, ein Rosenbaum, fiebernd am Hang,
Darunter aus Steinen der goldne Quell sich ergießt.

Und das deine Landschaft: ein Weg leitet dich ein,
Von Hügelzügen, [den] vorbeigeträumten, sehr weich
Wellt sich die Au ins Tal mit Grün und Geblüm.
Unter ernsten Bäumen wandelt ein anfänglich Paar

Sich umarmend, und der Jüngling hebt schwörend die Hand
Und geigende Engel sitzen am Saume des Sees . . .
Da bin ich begraben, irgendwo, unter den Blicken der Blumen.
Auf meinem Bühl haben sich anmutig gelagert Löwe und Lamm lieb.
(S. 114)
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Strom Liebe

Strom du der Liebe Geist
Der in mir aus lauter Bewegtheit
Tosend in großer Geregtheit
Weltwärts Flutbahn sich reißt
So daß in barer Beglückung
Ich todtoll vor wahrer Verzückung
Aufsinge wie sehr du mir seist.
Der ich von Gefühlen gefürstet
Dieweilen das Denkende dürstet
Nichts weiß was dich wahrlich beweist.
Denn kanns der Verstand nicht verstehen
Muß ein Auge das Seiende sehen
Und sagen ein Mund was du heißt.
Ich erfuhr ja an mir dein Gesetz
In gnadenhaft quellendem Gießen
Vermags nicht dich fest zu umschließen
In Wörtliches als in ein Netz
Denn naht ich dir mit dem Becher
Unweis ein Durstiger ich
Wohl wär ich ein fröhlicher Zecher
Doch tränk ich nur von dir nicht dich
Und lauscht ich andres am Ufer
Vorsichtig im rauschenden Ried
Ein Gerufner wohl auch ein Rufer
Ich vernähm ja nicht dich nur dein Lied.
Das lockte aus Au und Gestaden
Denn ich hab dich nur daß du mich hast
Mich in deinem Fluten zum baden
Mich in deinem Wesen zu Gast
Denn ich fühle ja nur wo du fühlst
Wenn du mich liebend und leibend
Versunkenen Trunkenen treibend
Mich ganz deinem Zielzug Geschenkten
Nicht Denkenden einfach Gelenkten
Fortführend fortwährend umspülst.
So belaß ich mich bleibend in Blindnis
Gewillt deiner Wildnis und Lindnis
Anvertraut deiner heiligen Hut
So schwimm ich - bin dein Geselle
Nimm mich in deine Welle
Trag mich sanft trag mich schnelle
Trag mich - Strom - trag mich gut.
(S. 115-116)
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Ich küss die Erde wo du gehst
Ich liebe jeden Hauch
Der Welt - darin du werkst und wehst -
Und jedes Wesen auch.

Mein Gott mein Wesen wird so klar
Ich hab es nie gewußt
Nun legt die ganze Welt sich gar
Voll Sonnenduft wie Kinderhaar
An die verzückte Brust.

Mein Leiden löst sich auf ins All
Bin nicht mehr Ich und werde du
Sieh Gott wirf uns den Sonnenball
So bruderjauchzend zu.
(S. 116)
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Zwischen mir und dir hat
Aus unsern Ursprüngen reich
Meerweit
Das Lächeln Leben.
Zwischen uns und Gott liegt
In Leid nie zu vernichten
Die Welt.

Einst als ich im Paradies ging
Trug ich dich in mir noch
Wohl: Die Ros hieß ich hauchen
Zum Quell sprach ich: Springe!
Auch rief ich das Reh.
Dich aber wußte ich nicht zu bannen
Aus Schau und Geträum.

Später hat dich ein Größrer aus mir gezeugt
Nach meinem Bildern
Als ich unmächtig war
In schmerzlichem Schlaf
Als dann ich aufwachte
Wars nicht mehr weh.

Weit sind Wege von Wesen zu nehmen
Von der Trennung die Fährten zur Findung
O so verworren
Weil es dem Sein gesetzt ist
Sich ewig verwandelnd zu spielen
Unter den immer schadhaftern
Dächern der Zeit.
Du aber geschahst
Durch alle Geburten
Mir zu.

Und nun hab ich dich
Heimgenommen
Ans Herz
Denn du fandest den Schlupf
Wie ein Vögelchen
Geängstet in den großen Gewittern der Liebe.
Und nun darf ich mich in die Täler legen
Mit der siebenröhrigen Flöte
Und landgehn wo mir ein fruchtbares ist
Und bergwärts durch Ginster und blühend Gedörn
In die Windwelt.
Vielgut ists
Und lächeln: Du bist.
(S. 117-118)
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Widmung an Aellis

Chinas Dichter - hört ich - malen
Mit gewandtem Pinselstift
Still in Farbe Strich und Strahlen
Verse fein auf Seidentücher
Kleine Liebesliederbücher
In verzückter Bilderschrift.
Sind auch - was Gehalt betrifft -
Meistens jener Himmelssöhne
Zauberzeichen mannigdeutig
Von Gelehrten zu entchiffern
Stets weiß die beschenkte Schöne
Mandeläugig schimmerhäutig
Das Genehme zu entziffern
Also daß ihr Aug genießt
Was sie mit dem Herzen liest.

Liebste! Dem mich anzugleichen -
Nicht im Äußern doch im Sinn -
Gab ich treulich mich der weichen
Wendigkeit der Sprache hin.
Tusch und Tinte übend leidig
Kräuselt ich manch reiches Reimnis
Sätze wob ich fein und seidig
Letzte Härten schleifend schmeidig
Häuselt ich ins Eingeheimnis.
Daß die Tönung mir nicht darbe
Gab ich dem Vokal die Farbe
Und dem Fluß und der Kadenz
Konsonantisches Geglänz.
Fändest du mir seis geglückt
Wär' ich mehr als du entzückt.

Doch denk nicht ermüdend mühig
Nicht in Willkür zu verwildern
Hätt' in Maßen abgezirkt
Nicht zu schildern doch zu bildern
Worte ich zu Vers gewirkt.
Nein ich lachte jeder Norm -
Tat nur wies dem Blüher blühig
Alles für den Glüher glühig
Innen Ausdruck wahrer Form
Handwerk her und Handwerk hin
Recht ists daß man richtig mache
Grundsatz bleibt bei jeder Sache:
"WAs steckt drunter was liegt drin?"
Denn ein Ding von Innen recht
Schafft sein Außen niemals schlecht.
(S. 120-121)
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Liebste, seit ich alle Tage
Fliederfuß mich zu dir trage,
Blüheblut mich zu dir wage
Tönt die Brust mir: Orgelbraus
Muntermund mich zu dir sage

Willst du nun, daß wir im Flor stehn -
Mai ist's - ein zu mir durchs Tor gehn,
Du bist nimmer ausgesperrt.
Doch du mußt, es anzunehmen,
Wie es ist, dich hier bequemen,
Hör drum, heut ist Hauskonzert.

Groß der Chor von kleinen Stimmen,
Lautenschimmer, Flötenschwimmen,
Geigenschwirren, Brumbaßschrein,
Hornton, Schimmerschellenschall:
Bau ich dir aus Hall die Halle,
Unsrer Lust das Sommerhaus.
(S. 123)
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Nun belauscht du mit scheuen Gedanken dein eigen Herz
Und wonneblutend aus erblühten Wunden
Rinnt die Liebe von dir und seltsamlich lächelnd
Gingst di im Abend dann taleinsingenden
Genien nach und dein Sitz ist ein Stein unter Bäumen
Versonnen und deine Augen schlafen im Moos
Weil es windstill ist und die Vögel schlafen im Gebüsch
Und die du am längsten miedest
Da sie dich gemieden
Siehe die Strahlende selbst
Die Tochter des Lichts
Die Liebesgöttin mit der beflügelten Hüfte
Tritt zu dir im Traum.
(S. 124)
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Herz im Herzen stellst du soviel Sterne
Über meinen dunkelbangen Kindersinn
Daß mir Wegland wird gleich nah und ferne
Auf der Erde wo ich nur ein Fremdling bin?

Scheint der Mond mir darum nachts nun milder
Überschüttet mich die Sonne deshalb tags mit mehr verklärtem Licht
Werden sie mir darum trauter all der runden Schöpfung liebe Bilder
Weil ein Strahl aus Gottes Aug durch dich hindurch in
meinem Blick sich bricht?

O ich nehm es als von dir und lehne in ein süß Verweilen
Aus der Glut des Inbehagens wird das Seingehäus mir hell -
Nun an heiße: Ewigwollen niemehr aus dem Augenblick enteilen -
Aber Wanderer bin ich und ich scheide schnell.
(S. 124)
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Verschollene sind wir im Liebeswald, weit weg; darinnen
ging ich meinen Weg.
Da traf ich ein Reh, das frug: "Was weinst du?"
Ich sagte: "Vor Glück."
Ich bückt' mich zu einer Blume, die frug: "Was glühst du?"
Ich sagte: "Vor Freude."
Ich begegnete einem Engel, der spricht: "Du singst nicht?"
Ich erwidre: "Mein Sein ist Gesang."

Wohl, Windstimme bin ich und Wasserlaut, leises Atmen der Erde.
Auch bin ich ein Feuer, das brennt, ein Berg, in der Nacht.
Ich muß weit wandern, bis ich sie finde. Im Überall ist meine Heimat,
Zwischen Kommen und Gehn bin ich am meisten das Scheiden.
Weint nicht um mich, meine Schwestern, meine Brüder,
ich verschalle im Wald.

Ich glaube fest an ein geschöpfliches Glück, ans Dasein
als einer unerforschlichen Gnade.
Ich bin am nächsten bei Gott, weil der nie näher als in der
Gestalt des geliebtesten Menschen geschieht.
Ich kehre zu meiner Hütte, da steht mein Weib in der Tür,
Ihr Auge schwebt ganz im Klaren, wie Adler, ihre Stirn
ist aus Sternfelsen gebaut.
Aber . . .
(S. 125)
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Wolkenhymne

Rauschend rauschend im Frühling der Allbegeistung
Wolken ihr! - meine Fahrtbrüder
Wolken ihr! - meine himmelverschwärmten Schwestern
Schwebende lebende bebende in Vielgestalt ihr -
Wolken
Spielgesellen eines noch Flüchtigen
Des Winds.
O ihr glücklich Unstäten!
O ihr selig Vergänglichen!
Wolken Wolken nehmt mich unter euch auf!
Ja unter euch denn nun
Ihr Reingebornen
Eintagskinder des ewig schöpfrischen Meers
Ist mir eine Zeit hereingebrochen
Der süßen Verwildrung
Der alle Begrenzungen tilgenden Liebe.
(S. 126)
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Auf Wolken komm ich ein Träumender -
Liebste ich komm im Traum
Ein sich glühend-selig Versäumender
Wahnwandler in diesem Raum.

Du Wunschbild und Wahrheit ich streichle dich
Umarm dich - du bist mir gewährt
Umatme umflüstre umschmeichle mich
Vom Verlangen verklärt.

Ich ahne was Lächelnde Lauschende -
Dich froh macht dir frommt
Da blühfüllig nun der berauschende
Frühling der Heimat kommt.

Mai der kühn im liebkosenden
Kundewind Künfte verspricht
So jäh daß Herz in dem tosenden
Schwall der Entfaltung bricht.
(S. 127)
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Die du mir heilig bist

Botin süße
Aus einem freieren
Lichtvollern Land
Fremd meiner dunklen Heimat -
Sterngefeite nüchtern Trunkene himmelsglutigen Auges.
Sieh mich sie du mich an
Die du mich göttisch verwandelnd
Der Erde verwandt machst
Du durch die das Glaubliche
Einmal ewig geschieht.
Wie durch dich in den Kräften der Tiefe ergriffen
Das Geschehen das Kreisende wieder
In die Stunde des Ursprungs rückt
Du stillste Stille unendlich schweifend begreifend
Des Tanzes nun
Wie alles Wirkende Dienst.
Sieh nun sieh du nun an
Wo die Verschleierung zog
Es ist eine Wolke geworden
Groß des Segens.
Wo die sinkende Stadt war
Steigt aus zerbrochenen Mauern der Bau auf
Das neue Gerüst
Des Tuns -
Wo ein Funk war
Loht ein gewaltig Feuer
Der Liebe -
Wo eine Blum' war
Blüht nun und grünt ein ganzer seliger
Frühling des Glücks.
(S. 137)
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Maiwind

Wie Maiwind wird nun das Leben
Schmeichelndes streichelndes Wehn
Duftiges luftiges Schweben
Sonnig und wonnig Geschehn
Streifende schweifende Klarheit
Funkelnder dunkelnder Trug
Zwingende klingende Wahrheit
Tätiger stätiger Zug
Schauliches trauliches Träumen
Flimmerndes glimmerndes Glück
Schaukelndes gaukelndes Säumen
Liebhaft und triebhaft Gerück
Spreites bereits Entfalten
Jubelndes trubelndes Blühn
Prächtiges mächtiges Walten
Helles und schnelles Gestalten
Weitbreit ein tollvoll Erglühn:

Du haschst nicht den Wind doch er fängt dich
Und macht dich zum Untertan
Noch haschst du den Mai doch er drängt dich
Und sein tödlich Betören hebt an:
Drum verschenk dich kühn daß du Teil seist
Und erschließe dich tief und gewillt
Der seligen Regung die Heil heißt
Die in Hülle und Fülle dir gilt;
O! werd wie der Wind es bewahrend
Daß dein Dasein im Ganzen ihm gleicht
Und sei wie der Mai offenbarend
Daß dein Glaube zum Wunder gereicht;
Dann lernst du's im Schweben schweben
Im Bewegten gedeihn und geschehn
Wie Maiwind wird dann dein Leben
Ein berauschendes Nehmen und Geben
Schmeichelndes streichelndes Wehn.
(S. 139)
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Ich stelle einen Engel an dein Bett
Um dir zu sagen wenn du heut erwachst
Daß ich dich liebe über alles Maß
Und daß in dir mir - nur in dir - das eine
Ewige Antlitz fest und faßbar wird
Das große Bild vor dem ich dienend knie
Drin Welt und Tod und Leben und mein Traum
Von diesen sich allgöttlich menschlich heiter
Und sonderlich versammelt hat: ein Licht
Das ich nur vielfach wissend widerscheine.
Daß du dies bist dazu wünsch ich dir Glück
Und dank dirs still mit jedem Atemzug.
Zwar wünsch ich Glück zum Glück trag Dank zum Dank
Denn Dank ist alles was wir heilig denken
Und Glück scheint mir vor allem andern doch:
Mehr als der Zufall einer Füllestunde
Und Lust am eignen sternbestimmten Los.
(S. 189)
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Lieblob

Mit dir ist der Sommer gekommen so der heitere heißt
Mit dem Tag der Lachtauben hinter Malvenzäunen aus Morgenrot -
Und Nächten zaubrisch bebildert weil die Sternsaat
vom Märzsturm gestreut
Die Kuppel hinauswuchs in Rosetten von Gold ins blaue
Email geschmiegt
Traumwollend traumträg traumselig gefaßt in die
silbergegürtete Tiara des Schlafs.

Dies ist ein Lieblob von Herz zu Herz. Wann fing es an?
Wie stieg es auf?
Durch einen junggrünen Wald über Primeln und Anemonen
und spitzes Gras
Hat der Kuckuck gerufen. Die Äpfel reckten die Blust
übern Straßenzaun
Denn dies ist ein Tal von [dem] Jean Paul gesagt: "Süddeutsch
und freundlich mit Erlen am Bach rauschender Mühlwehr
Und dem hellen Fachwerk der Häuser."
Wir waten im Wiesenschaumkraut nackt hinüber zum Bad.

Die Lust ruft. Mein Herz schwingt in mein Blut meines in
deines alles ist Glücksal.
Wenn du gewährst alles Sehnsucht wenn du verzichtest.
Wären mir alle Glieder gebunden mein Atem umarmte dich
doch den blumenscheinigen Leib.
Und wärs an mir zu wünschen wünscht ich dies daß du
Die Füße deiner Mutter küßtest abschiedlich und mit mir
ausgingst aus der Zeit
Durch jene Tür die du nicht kennst in die glückstummen
Stunden - -
(S. 190)
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Verliebtes Mädchen

O du Eingebildeter
Zwischen den Spiegeln stehend aus lauter Geleucht
Der du mir traumtraut bist
Gefährlicher Fremdling mit Geheimnis behangen
Mit erweckender Stimme tödlich tönend du
Spielend auf meiner Angst wie auf Saiten
Wind der mich warnt
Sonne die meine Glieder goldet -
Erschrecklicher
Sieh deine Dämmrung kommt daß ich mein Morgen bin:

Denn meine Haare sind heiß von der Bängnis
Und meine Augen [warfen] Flügel nach dir
Denn mein Herz ist Herz ist nicht meines mehr
Und vor deinen Händen zittert
Würger
Meine entsänftigte Seele
Die deiner Lippen Schärfe verletzt
Weil du immer wartest
Jäger abends am Wald
Der sieht mit ruhigen Augen sein todbrünstig Wild.
(S. 192)
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Harlekin

Mein Herz war wie ein Findelkind
Vor Gottes Haustür ausgesetzt.

Fanatisches Fanal, hei wie du brennst
Über dem Leben, Liebe, hell, heil,
Wie ich dich kenne, wie du mich kennst,
Du in dem rastlos Verrinnenden
Sich verzehrend ewig Beginnenden
Dasein mein Teil.

Ich Fant kam aus Fantasieen her
Gefühlig wild und fröhlich fremd
Und brennend wie im Nesselhemd
Und bebend vor Begehr.
(S. 193)
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Die höchste jene Liebe die uns leitet
Ist wie ein Kind das einen Blinden führt
Und sagt: "Nun gehn wir heim. Dort ist das Mahl bereitet.
Der Stuhl gerückt das Feuer gut geschürt."

Tappt anfangs auch der Fuß im Ungenauen
Bald hat er Halt. Wie klar die Weisung klingt!
Wir schreiten frei und fest ja federnd im Vertrauen
Das aus der kleinen Hand in unsre dringt.

Und wir sind nicht mehr bang uns anzustoßen
Wandeln wie Träumende und spüren bloß:
Es rauscht. Ein Bach. Ein Baum. Es duften heu und Rosen.
Die Sonne sinkt. Die Schatten wachsen groß.

Wir halten. Atmen. Fragen obs noch weit
Es wehe kühler die Ermüdung drücke.
"Nein gar nicht" kommts zurück "ganz bald ists an der Zeit.
Gleich biegt der Pfad ab bei der kleinen Brücke."

Wir treten endlich in das alte Haus
Wo unserm Tasten Tisch und Türknauf dingen.
Der Lampenvogel fliegt herein. Die Sterne singen.
Das Führerstimmchen sagt: "Nun ruh dich aus."
(S. 195)
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Die du so weit bist sag wessen
Ungunst verwehrt es mir
Dein Antlitz zu sehen im blinden Spiegel des Monds?

Reißts mich zur Flucht. Aber
Drängts mich zum Quell der Begier. - Allnächtig
Frag ich nicht ob ich liebe? Allnächtig

Mein Herz hat tausend Wähne gefangen
Sie sitzen nachts auf den Dächern der Stadt
Gespentische Vögel und gahlern.

Wer entwendet den Glauben ans Glück? Wer
Stiehlt die Seligkeit
Aus unsern Umarmungen?
(S. 200)
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Süß bist du verträumt über zerbröckelndem Strahl des Lächelns
Und gut daß einer der kein Gedächtnis hat niemals vergißt
Wenn es nachtet schließe die Augen und schlaf -
Und das ist dein Herz - ein Rosenbaum - fiebernd am Hang
Darunter aus Steinen der goldene der Quell sich ergießt -
Und das ist deine Landschaft ein Weg reißt dich hinein
An Hügelhängen die du vorbeigeträumt hast.
(S. 200)
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Nachts

Wenn ich weder schlafe noch wach bin
Kommt an mein Bett eine fremd-bekannte Gestalt
Neigt sich mir zu Ohr - flüstert:
"Ich bin ein Märchen das schallt im Volk
Ich bin eine Sage uralt wie Himmel und Meer
Ich bin der Glaube an ein geschöpflich Glück
Den nie eine Axt verwundet
Ich bin ein Geheimnis das unerkannt läuft von Blut [zu] Blut
Ich bin die Liebe die an das Dasein gebundene Liebe
Steh auf mache mich wahr erlöse mich!" -

Ich trete aus meiner Türe -
Es ist Nachmitternacht
Auf meinen Balkon scheint die Sonne
Deutlicher als je eine Sonne schien
Und ich grüße die Sonne grüße den Mond
Grüße jedes Gestirn
Ich verneige mich vor der Erde -
Und es schlägt tausend Uhr.
Ich steige zaghaft die Treppe hinab in den schwellenden Hof,
Ich gehe durch ein Geländer in einen blühenden Garten -
Dunkelwissend dies sei das Paradies -
Ich beuge mich tief über den Rand eines tönenden Brunnens
Und tauche ein in die goldene Flut
Ewigkeit.
(S. 202)
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Fragmente

Neige dich tief in mein erblindet Herz! Füll es mit Licht.
Beuge dich tiefer in mein Blut. Sei Nacht!
Ich bin ein Jahrtausender und Ungeborner -
küsse mich sacht -
Der alles besitzt dem alles gebricht.

Komme groß über die Dächer. Steige aus Straßen still!
Schwinge mich mit auf das meilenlose Meer der Sehnsucht
über die tiefen
Schluchten des Schlafs. Abgründe von Musik.
Etwas will mich verschlingen. Enttrag mich der
mühsamen Welt.
Im Weltall liegen dunkle Tiere und sterngemähnt
die traurigen Träume . . .
(S. 273)
_____



Taumelselig du, Liebesgöttin mit der beflügelten Hüfte,
Kommst du und wandelst die Wüsteneien meines Herzens
In rauschende Gärten mit deinen sternzitternden Augen,
Du himmlisch Irrlicht, verlegen in meiner Bahn.
Du Weglagerin am Gangsteig der Demut lachend,
So fremd und gleichviel vertraut.
(S. 273)
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Mein Herz kam in die Hoffnung, es sei schwanger
Mit einer Zukunft, glaub ich, golden, traumgehegt,
In Wartewehen, wunderlich bewegt,
Bis jene Stunde eintrat, drin nach langer
Ohnmacht ich mit der Schwermut niederkam.
(S. 281)
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Hätt ich ein Herz, blank von geschmolzenem Stolz und gehärteter Demut;
Hätt ich ein Herz, frei, nicht ufergebunden, erdgeengt;
Hätt ich ein Herz, fest, nicht wie meins verworren, verworfen,
um die Gunst von Stunden verbuhlt;
Hätt ich ein Herz und nicht tausend zerschmetterte Herzen -
Von denen täglich eins stirbt und ein anderes ahnungslos aufwacht
Und deren ich keins je kenn . . .
(S. 281)
_____



Ob ich nah bin oder fern
Jede Nacht -
Sei sie düster, sei sie Stern-bei-Stern -
Stiehlt mein Herz sich fort und gibt sich still in deines.
Jede Nacht, jede,
Ach, auch wenn ichs sacht
Zu bleiben berede,
Schmiegt es sich gern
Ganz in dich ein.

Wär die Lieb' ein kleines
Sichbemühn um Glück,
Braucht sie nicht so heimlich sein . . .
Und wär's ein leichter Stück
Für dich, zwei Herzen zu tragen,
Wie hätt' ich tags drauf dann ein Herz zurück
Und müßt' fragen,
Obs deines, obs meines?
(S. 284)
_____



Rokokoesk

Cupido, Freund Fährtefinder,
Fröhlichstes der Götterkinder,
Feinster Finder, schlauster Winder,
Quälgeist arger, ungelinder,
Komm geschwinder,
Mutterwitzig Bübchen du,
Säume nicht, so weitvertummelt -
Tags verschäkert, nachts verträumt,
Läßt du doch sonst mir nicht Ruh.
Komm geschwinder, komm geschwinder,
Komm geschwinder auf mich zu!

Ha! Die Lockung hat gezogen,
Schon bist du hereingeflogen,
Süßes Wichtchen, muntres Ding,
Ich erhasch dich, ich faß dich,
Du entschlüpfst nicht, du entwischt nicht,
Übermütger Schmetterling!

Ha! Schon hab ich dich am Kragen,
Gut hab ich dich abgepaßt,
Nun wirst du am Ohr gefaßt.
Kerlchen, sollst mir manches sagen,
Meiner Seele
Nichts verhehlen, treu berichten,
Nichts von putzigen Geschichten,
Schlingel, Bengel, Queruläntchen,
Du Hans-Dampf in allen Gassen,
Könnt ich mich auf dich verlassen.
Leichtsinnsfäntchen
Voll graziöser Clownerie,
Ungezogner,
Viel Verlogner,
Spielverbogner,
Reine Wahrheit sagst du nie.
Stets betrügst du mich ein Quäntchen,
Stets hast du die List am Händchen
Schlitzohr, du der ohne Heil,
Ungerührt,
Als wär's sein Teil,
Teils die Leut am Narrenseil,
Teils an ihrer Nas rumführt.

Ha, nun hab ich dich am Kragen,
Her mit dir, setz dich aufs Knie.
Heute, Bürschchen, will ich Klarheit,
Reine unverpanschte Wahrheit.
Heute wird da nichts geräkelt,
Nichts gefockelt, nichts gehauckelt,
Nichts geschaukelt, nichts gegaukelt,
Nicht ein Träumchen ausgehäkelt.
Nein, mit ernstem Angesicht,
So, als ging es um dein Leben,
Sitzt du mir zum Strafgericht.
Knirps, vor dem die Götter beben.

Gehst du sonst mit deiner Goschen
Gern in schlickernden Galoschen,
Fälschst gar und beschönigst viel,
Spitzbub! Heute hilft kein Spiel.
Trügst du süßer kleiner Flaps,
Wird dir stracks der Sitz verdroschen,
Klaps für Klaps
Schimmert es auch rosenhold,
Wehr dich, denn es geht im Nu,
Und ich bin kein Edelbold.

So, nun bist du ausgescholten,
All dein Schalk sei nun vergolten.
Doch halt still und höre zu.
Noch ist nicht mein Zorn erloschen,
Ruhig, Freund, drum, ohne Scherz,
Höre zu,
Mutterwitzig Bübchen du.

Sagst du wahr und bist gefällig,
Zeig ich auch mich dann gesellig,
Hätschelt, tätschelt dich mein Herz.
(S. 298-299)
_____


Aus: Hans Schiebelhuth Gedichte 1916-1936 / Übertragungen
Agora Darmstadt Zürich
Diese Ausgabe wurde aufgrund der Originalhandschriften
herausgegeben von Manfred Schlösser
Mit Unterstützung des Magistrats der Stadt Darmstadt gedruckt
1966


 

Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Schiebelhuth

 


 

 


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