David Schirmer (1623-1687) - Liebesgedichte



David Schirmer
(1623-1687)

Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 

Vierdtes Rosen-Gepüsche


I.
An die Marnia/ als die Sonne durch eine Scheibe
auf ihre Wangen schien

Ich hab es/ Marnia/ mit nichten wollen gläuben/
daß du/ du schönes Bild/ auch seyst den Göttern lieb/
jetzt/ als ich dich geschaut/ begunt ein göldner Dieb/
der Phöbus/ durch das Glaß dir einen Kuß zu rauben.
Es bleibet aber dir kein Zeichen von dem Küssen/
wehr ich der Phöbus nur/ ich hätte dich gebissen.
(S. 227)
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II.
An Marnien/ als Sie einen Kuß empfangen

Fragstu/ warumb sich doch beröthet deine Wangen/
O schöne Marnia? Laß dich das wundern nicht/
hier dieser treue Mund sagt dir es an/ und spricht:
Du hast die Liebes-Glut von meinem Kuß empfangen.
(S. 227-228)
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III.
Hoffnung und Glück

Ich hab den Port erreicht/ du Hoffnung schnell zutriegen/
und du/ du leichtes Glück gehabet euch nun wol!
ich lebe/ wie ich wil/ ich liebe/ wie ich sol.
Ihr solt nicht oben mehr/ und ich nicht unten liegen.
(S. 228)
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IV.
An die Charitille
Aus des weitberühmten Niederländischen Poeten
Jan Douseno Lateinischen

Begehr ich deiner oft zu Nachts/ O Charitille/
so giebstu zuverstehn/ es sey gar nicht dein Wille/
weil du ein Kind mich heist/ versuche was ich kan/
so wirstu sagen denn: Das Kind ist doch ein Mann.
(S. 228)
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V.
An Cynthien
Aus dem Lateinischen

O mehr/ und aber mehr/ als selig/ war die Stunde/
Da ich dich sah/ und du mich/ grüßtest mit dem Munde/
verliebte Cynthia! mehr solte selger seyn
die Nacht; verstehstu mich? du Turteltäubelein.
(S. 229)
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VI.
Die Zweyäugige

Du giebest Worte vor die einen fast berücken.
Im fall ich reden sol von deinen Augenblicken/
so sind sie zweyfach stets. Das eine sieht auf mich/
das ander anderweit. Drümb packe/ packe dich.
(S. 229)
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VII.
An einen Straus

Du schöner Nelcken Straus/ du bist zwar hart gebunden/
noch fühlstu keinen Band/ der dich/ wie mich/ berührt.
Dein Band macht/ daß du stehst beysammen wohlgeziert.
Ich fühl im Hertzen nur von deinetwegen Wunden.
(S. 230)
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IIX.
Er liebet heftig

Gib die Poeten her/ dieselben durch zu laufen/
schreib alle Liebes-Brunst/ sag aller Buhler-Hauffen.
Nenn der Corinnen Mann/ und alle hohen Geister/
ich/ der ich lieben muß/ bin ihrer aller Meister.
(S. 230)
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IX.
Sie muß bitten

Wie? ist mein altes Lieb von ungereumten Sitten?
Nicht wolt sie/ da ich wolt/ sie war stets wider mich.
Grif ich nach ihrer Hand/ zoh sie sie hinter sich/
ietzt aber muß sie mich umb Gnad und Liebe bitten.
(S. 230)
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X.
Auf ihr Nadel-Büchslein

Weg  du behertzes Volck/ weg ihr Lemniadillen/
weg ihr Amazonen! die diesen Köcher füllen/
die Waffen gehen vor. Zieht ihr gleich hier in Streit/
so sag ich daß auch ihr hier überwunden seyd.
(S. 231)
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XI.
Als Er Ihr mit Ihrem Wedel die Hitze lindern wolte

Nicht Hitze/ sondern der/ der dir die Luft zuwehet/
der macht/ daß dir dein Hertze in Hitze bald vergehet.
(S. 231)
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XII.
Als Sie sich in den Finger stach

Sol dich/ O schönes Bild/ die Nadel nicht mehr stechen/
so brauch den Fingerhut/ der wird den Vorwitz rechen.

Oder:
Steck deinen Fingerhut an deiner Finger Schnee/
damit die Nadel nicht noch einmal durchhin geh.

Oder:
Daß dich nicht noch einmal die Nadel stechen kan/
So steck/ O schönes Bild/ des Hutes Silber an.
(S. 231-232)
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XIII.
Auf ihr Schnuptuch

Diß/ was du hier beschaust/ kan durch der Nadel Strahlen
die zarte Jungfer Hand in ihrer Arbeit mahlen.
(S. 232)
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XIV.
Auf ihr göldnes Halsband

Dein Halsband leget sich umb deine Brüste her/
daß ümb das Elffenbein auch Gold zuschauen wer.
(S. 232)
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XV.
Auf ein göldnes Armband

Knüpfstu hier meiner Hand dein linckes Armband an/
So ist es mir ein Ring/ den ich wol tragen kan.
(S. 232)
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XVI.
Auf einen Fechel

Daß nicht die Sonn an dir hab einen Liebs-Gewinn/
So nim/ O zartes Bild/ den schönen Fechel hin.
(S. 232)
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Poetischer Rosen-Gepüsche
Neues oder Ander Buch

Erstes Rosen-Gepüsche



An den Cupido

Wo bistu/ Kleiner/ nicht mit deiner List zu finden?
Die mir den frohen Sin pflegt ofters zu entzunden.
Stets folgestu mir nach. Stets kehrstu bey mir ein/
Weil ich dein runder Ball und leichtes Spiel mus seyn.
Sitz ich im Schatten hier/ ümb Ruhe mir zu schaffen/
So fällestu mich an mit deinen göldnen Waffen.
Die Flügel wehn mir zu den süssen Liebes-Wind/
Daß sich von dem Geräusch mehr Angst und Schmertzen findt.
Sing ich den grünen Ruhm der Weltberühmten Helden/
So sitzestu bey mir und hebest an zu melden/
Wie schöne Laura sey/ daß ich auf mein Papyr/
An stat der Helden- That/ muß mahlen Ihre Zier.
Wein ich/ so weinestu. Laß ich die Seufzer fahren/
So seufzestu mit mir. Setz ich mich zu den Bahren/
Darauf mein bleicher Leib soll fortgetragen sein/
So wilst auch du zugleich mit mir ins Grab hinein.
Entdeck ich dir mein Leid/ und die gemachten Wunden/
Die ich von deinem Stahl/ du blinder Schütz/ empfunden/
So träuffelstu behend die scharffen Zähren drein/
umb daß sie Linderung und Artzney sollen sein.
Deck ich sie wieder zu/ so breitestu die Flügel/
Als eine Binde/ drauf. Laß ich der Sinnen Zügel
Hinschiessen durch die Luft/ ümb daß ich werde frey/
So bistu neben mir mit deiner Gauckeley.
Flieh ich bey Finsternüs durch die Kohl schwartzen Wüsten
Wo nichts als Ungethüm/ und wilde Geister nisten/
So trägstu mit der Hand ein brennend Hertze vor/
Das zeiget mir den Weg/ den ich vorhin verlohr.
Gefällets aber mir in meiner Brunst zu leben/
So schickestu dich bald/ mehr Pfeile mir zugeben.
Geh ich aus alter Noth in eine neue Pein/
So muß der alte Schmertz auch neu gedupelt seyn.
Folg ich dem Lager nach/ so bringstu mich in Eisen.
Mein Haupt ümbzierestu/ nach alten Ritters-Weisen/
Mit Federpusch und Helm/ Die Seite führt das Schwert/
Den Leib durchs ofne Feld ein geil-verliebtes Pferd.
Schwing ich mich/ durch den Nord/ hin in des Meeres Wellen/
Pflegst meinem Leben du zum Nachen darzustellen/
Dein breites Flügel-Paar/ das es auf einem Kahn
Kan ohne Schifbruch dort zu Lande kommen an.
Weil ich/ Cupido/ nun nicht sonder Angst soll Leben/
Hat deine Mutter dich mir zum Geferten geben.
Und weil die Liebes-Glut soll immerwehrend sein/
Stell ich/ ein Folger/ mich bey dir/ als Führern ein.
(S. 270-272)
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Er ist ohne Seele

Als ich im grünen saß/ hat mir Labelle geben
Den süssen Liebes-Kuß/ der süsser/ als mein Leben/
Und süsser Nectar war. Die Liebe nam mich ein
Das mein entfärbter Mund must ohne Rede sein.
Es musten sich/ für Schaam/ die Augen niederschlagen.
Mein untersinckend Haupt begunte sie zu fragen:
Schafstu mein Leben/ dann/ daß es mir gehet wol/
In dem ich diesen Kuß von dir empfangen soll?
Drauf bließ sie laulicht her von ihrem Zucker-Munde
Das angenehme Gift/ und küst in einer Stunde
Viel tausent tausentmal des Mundes Rosen-Blat/
Biß daß sie meine Seel aus mir gezogen hat.
Nun wall ich ohne Sie durch Püsche/ Wald/ und Heyden;
Ich geh selbst/ ohne mich/ auf meinen Tage-weiden.
Mein Sinn ist ohne Sinn/ Mein Hertz ohn alle Ruh
Ich seh die Heerde gehn/ und seh ihr doch nicht zu.
Ich armer renn und lauff/ und suche meine Seele
Durch manchen grünen Pusch/ durch manches Thales Höle.
Ich sterbe sonder Tod. Mein Leben suchet sich
In seinem Leben selbst/ und ich bin ohne mich.
O du Camönen Kind/ soll ich mich nicht besinnen/
und solchen theuern Kauf/ mein Liecht/ bey dir beginnen?
Soll ich mich finden nicht? So ist ümb mich geschehn/
Weil meine Seele nun muß ohne Seele gehn.
Soll ich mein Aufenthalt nur lauter Thränen giessen?
Durch Thränen lästu sich dein Hertze mehr verschliessen.
Dein Hertz das wie die Schneck am Perlen-thaue klebt/
und itzund nur allein von meinen Thränen lebt.
Ich foder einen Kuß: Ich will an deinen Wangen/
Du solst hergegen dann an meinen Lippen hangen.
So wird mich wiederümb die Seele nehmen ein/
Das ich aufs neue kan voll Geist und Seele sein.
(S. 273-274)
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Vierdtes Rosen-Gepüsche



II.
Er wird verliebet

Wie? soll ich lieben/ oder hassen?
Dein liechter Augenstern der blendet mich.
Was werd ich müssen unterlassen/
O schöne Nymphe/ zu verehren dich?
Wenn deine Treue meiner gleichen wolte/
So könt es seyn/ daß ich dich lieben solte.

Dein süsser Mund und deine Wangen
Sind würdig zwar/ den Himmel anzugehn.
Doch nimt die Tugend mehr gefangen
Den/ der so sehnlich dich hat angesehn.
Der reine Schatz in einer solchen Erde
Verdient es recht/ daß Er gesuchet werde.

O Auszug aller Lust und Freude!
Mein Hertzens-Trost! und meine linde Pein!
Reiß mich heraus aus diesem Leide/
Daß ich dir mehr/ als pflichtig möge seyn.
Laß deine Glut/ wie meine Flamme/ brennen/
So werd ich mich zu deinem Dienst erkennen.

Mein Nebel fürchtet deine Stralen/
Und fället stracks/ o Sonne! vor dir hin.
Du machst/ daß ich zu tausendmalen
Bald voller Nacht/ bald voller Tage bin.
Ich schlaf und wach zugleich/ o meine Freude!
Und bring mein Leben zu im Traum und Leide.

Gefällt es dir/ so nim die Seele,
Du leitest Sie an ihrer zarten Hand.
Hier flattert Sie aus ihrer Höle/
Fang auf von ihr den übersüssen Brand
Und kan Sie nicht bey dir die Gunst erwerben/
So freut Sie sich/ daß Sie von dir soll sterben.
(S. 364-365)
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III.
Uber jhre Augen

Was wendestu dein Angesicht/
Du meine Lust! mein All! mein Licht!
Mit deinen Augen mich zu brennen?
Ach blas in meine Flammen nicht.
Mein Feuer pfleget sonst zurennen/
Daß es möcht Geist und Seele trennen.

Ich habe deinen schweren Brand/
Mehr als zuviel/ an mir erkant.
Ich kan die Glut nicht länger dulden.
Die Geister bieten mir die Hand
Auf meinen Abschied gar zuhulden.
Werd ich es auch ümb dich verschulden?

Ich seh/ und bin doch vor dir blind/
Als wie der Mond/ der halb entzündt
Nach seiner Sonnen Glantz muß scheinen.
Ich red/ und bleibe doch ein Kind/
Das ofters bey den lieben seinen
Nicht fragen darf/ wie sie es meinen?

Ich bin gefangen/ doch in dir.
Du mir/ nur du/ und deine Zier/
Sind die/ die deinen Muht verschliessen.
Geraubet bin ich selbsten mir.
Dein Stral/ den du auf mich kanst schiessen/
Wird mich noch endlich tödten müssen.

Vergebens bistu nicht begabt.
Die Schönheit/ die mich oft gelabt/
Ermüdet auch vom Stahl die Seelen.
Die Lust die ich an dir gehabt/
Läst mich zwar deine Lieb erzehlen/
Doch weiß Sie mich auch wohl zuquälen.

Zwar/ laß Sie quälen immer hin.
Ich weiß/ daß dein getreuer Sinn
Mein Liebes-Feuer noch wird speisen.
Blick her/ und schaue/ wer ich bin.
Ich bleibe deiner Flammen Eisen/
Mustu gleich Morgen von mir reisen.
(S. 365-366)
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IV.
Sie quälet Ihn

Liebste Seele/meiner Seelen/
Soll ich mich denn gantz und gar/
Uber dich zu tode quälen?
Gieb mich doch nicht der Gefahr.
Tödte lieber deinen Feind/
Der es nie/ wie ich/ gemeint.

Laß mich doch nicht ohne Leben
Hier mein Leben bringen zu.
Du kanst Kraft und Seele geben/
Du geliebte Schönheit du/
Daß ich/ ausser Noth und Pein/
Könne voller Freuden seyn.

Unsrer Wälder grünen Füsse
Bleiben deiner Tugend hold.
Und die reinen Silber-Flüsse
Führen deiner wegen Gold.
Alles wartet nur auf dich.
Ach/ wenn wirstu trösten mich?

Komm/ du kühler Tag gegangen/
Komm du Rosen volle Nacht!
Und laß dieses mich empfangen
Was mich so betrübet macht.
Komm Labelle meine Zier!
Tod und Leben steht bey dir.
(S. 367)
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V.
Er versühnet Sie

Seelgen/ hastu nicht erblicket/
Wie das dürre Feld bereit
In der schönen Frühlings Zeit
Sich zu meiner Liebe schicket?
Seelgen/ nimstu nicht in acht/
Wie die zarte Rose lacht?

Deine göldne Morgen Röthe
Kennet meinen Abend nicht.
Meine treue Liebes Pflicht
Kömmet dir vielleicht zuspäte?
Nicht zuspäte/ meine Pein/
Es soll zeit genug noch seyn.

Trauerstu? ich thu es eben.
Deine Marter quälet mich.
Mustu denn elendiglich/
Seelgen/ ohne Seele leben?
Lebe nicht so/ wie du thust/
Es ist besser dir bewust

Stoß mich immer hin zu Grunde/
Liebstes Lieb/ ich falle nicht.
Was das Auge mir verspricht/
das erhalt ich an dem Munde.
Mund und Auge seyn mir gut/
Schau/ nur was das Hertze thut.

Ich will meine Segel stellen/
Und die Ancker heben auf.
Seelgen/ giebstu mir den Lauf?
So frag ich nach keinen Wellen.
Nim mein Schiff/ und treib es fort/
Durch dich findet es den Port.

Hertzgen/ sey doch nun verliebet/
Seelgen/ fange wieder an/
Hat dir jemand was gethan?
So sey darümb nicht betrübet.
Der sich einmal dir verspricht/
Seelgen/ der verläst dich nicht.
(S. 368-369)
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VI.
Er begehret jhrer Liebe

Liebte Sie nur/ wie ich liebte/
So wär ich nicht der Betrübte/
Ihr und auch zu wieder mir!
Ach! wie würde für und für/
Wenn wir beyde lieben müsten/
Ihrer Tugend lichter Schein
Meiner Brunst gefällig seyn/
Daß wir stets einander küsten!

O wie würden die Gefilder
Umb ein gut Theil werden milder!
Laub und Gras und Pusch und Wald
Würde blühen wohlgestalt.
Alle Fäser würden grünen/
Und ümb unser junges Haar
Ihre Blumen legen dar/
Unsre Liebe zubedienen.

Ich auch würde froher singen/
Und das gantze Feld durchdringen/
Wenn ihr Purpur-voller Mund
Mir stets würde seyn vergunt.
Dann wolt ich an meinem Hertzen
Nichts/ als eine Fröligkeit
Spielen von so guter Zeit/
Nur zu Trutze meinem Schmertzen.

O du liebliche Margelle!
O Margelle! Freuden Quelle!
Schau doch wie der zarte West
Alle Dinge lieben läst.
Was wir sehen/ heget Flammen.
Du nur gönnest deiner Brust
Keine solche zarte Lust.
Bleiben wir auch so beysammen?
(S. 369-370)
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VII.
Er versichert Sie seiner Liebe

Sey Friedsam/ wie ich bin.
Der Himmel lacht uns beyden.
Mein gar zu treuer Sinn
Wird sich von dir nicht scheiden.
Ich liebe dich/
Mein Ich.

Was wilstu dich noch viel
Umb leichte Worte grämen?
Du bist mein eintzigs Ziel/
Ob tausend Wellen kämen.
Ich liebe dich/
Mein Ich.

Laß deinen Unmuth seyn.
Ich liebe dich vor allen.
Du bist es nur allein
Die mir kan wohlgefallen.
Ich liebe dich/
Mein Ich.

Die Zeit hat jhren Lauf.
Wir bleiben ungetrennet.
Dir/ Lieb/ dir wart ich auf.
Schau/ wie mein Hertze brennet.
Ich liebe dich/
Mein Ich.

Es ist kein Neid bey mir.
Wilstu es nur gestehn/
So wird mich deine Zier
Auch noch einmal ansehen.
Ich liebe dich/
Mein Ich.

Wolan/ es sey gewagt!
Ich küsse dich aufs neue.
Und wird mir das versagt/
So reuet mich die Treue.
Ich liebe dich/
Mein Ich.

(S. 371-372)

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VIII.
Er forschet die Ursachen jhres Unwillens

So fährstu/ Seele meiner Seelen/
Noch immer fort/ mich mehr zu quälen/
Das ich doch nicht vertragen kan?
Ich wolte lieber alles leiden/
Als deine süssen Blicke meiden.
Was aber hab ich dir gethan?

Bin ich zu schlecht von den Geberden/
und will an dir nicht Höfisch werden/
Da man viel redet auf den Schein?
Nein. Heucheley ist mir nicht eben.
Mein Hertze liebt ein treues Leben/
Und solt es drüber gehen ein.

Ich bin kein Weib in den Gedancken/
Das heute steht/ und morgen wancken/
Und gar zu Boden fallen kan.
Wer aufrecht geht/ kan gar nicht kriechen/
Und würd jhm auch von tausent Flüchen
Ein kahles Unrecht angethan.

Soll aber es die Schönheit machen/
Daß ich so lieblich nicht kan lachen/
Als einer/ der gewandert ist?
Das weiß ich wohl/ ich bin vom Lande/
Jedennoch aber ohne Schande
Den Redligkeiten auserkist.

Zum Pralen ist mein Mund gefroren.
Darumb hab ich auch nur zwey Ohren.
Ich höre viel/ und rede nichts.
Zeucht der das Messer aus der Scheiden/
Von dem und jenem herzuschneiden/
So schon ich meines Angesichts.

Wer hoch willkommen/ muß wohl fliehen/
Sonst kan Er leicht den kürtzern ziehen/
Eh er es einmal hat vermeint.
Nein. Oben ist das meiste Blitzen/
Drümb bleib ich auf der Erde sitzen/
Und dennoch GOttes lieber Freund.

Gedencke nicht/ du liebe Schöne/
Daß ich dich etwas ietzt verhöne.
Nein/ Liebste/ nein/ das dient mir nicht.
Ich hab mich einmal dir ergeben/
Zu deinem Lobe gantz zuleben.
Gedencke nur an deine Pflicht.
(S. 372-373)
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IIX.
Uber Ihre Härtigkeit

Wie magstu/ Galathee/ mit mir so harte spielen?
Ach/ welche starcke Glut machstu mein Hertze fühlen!
O schrecken volles Bild!
O ungeheures Wesen!
Du machst durch Qual mich Wild.
Wie soll ich denn genesen?
Du kanst mir ja mein Hertz so unvermercket stehlen.
Soll mir mein Hertz zuletzt/ mein eignes Hertze/ fehlen?

Des Lebens bin ich sat.
Die Kräfte wollen weichen.
Die Glieder werden mat/
Bald will ich gar verbleichen.
Soll Liebe Liebe seyn/ so muß ich dein geniessen.
Sonst ist die Liebe nichts/ als nur ein bloß verdriessen.
Wo einer Frembde hertzt
Ohn alle Gegenliebe/
Und nur aus Zwange schertzt/
Da ist der Himmel trübe.
(S. 374-375)
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IX.
Er ist verschwiegen. Uber einen Kuß

Liebste/ laß mich in dir leben/
Eh ich muß vergehen.
Du kanst Kraft und Seele geben/
Durch dich kan ich stehen.
Laß dein süsses Ja erschallen/
Meine Brunst zukühlen.
Wird mein Hoffen von mir fallen/
Worauf soll ich zielen?

Her/ Melite/ deine Lippen/
Meine seyn verschwiegen.
Unkraut pflegt man auszuschippen/
Daß es kan erliegen
Ich trag eine reine Krone:
Voller Lorber-Blätter.
Im Fall ich der Laster schone/
So trift mich kein Wetter.

Alles fängt sich an zu küssen/
Wenn der Frühling kömmet.
Wird auch unser Winter wissen/
Wie die Liebe glimmet?
Küsse weil die Auen blühen/
Weil wir jung noch sehen.
Wenn die Farben von uns ziehen/
Alsdann ists geschehen.

Diese Wälder/ diese Bäume
Werden nichts nachsagen.
Was ich wache/ was ich träume
Werd ich dir nachtragen.
Ich will meine Lieder treiben
Eintzig auf dein Sollen.
Soll die Liebe heimlich bleiben/
So vergnügt ein Wollen.

Unterdessen bleib erhaben/
Wo die Felder grünen.
Wird mich deine Schönheit laben/
Werd ich dich bedienen.
Laß mich nur im keuschen geben
Einen Kuß erwerben.
Deinetwegen will ich leben/
Deinetwegen sterben.

Der sey ewiglich verfluchet/
Der sich will entzünden.
Wo die Zucht die Ehre suchet/
Da sind keine Sünden.
Wer ein redlichs Hertze träget/
Voller keuscher Flammen/
Wird von keiner Brunst beweget/
Die Ihn kan verdammen.
(S. 175-177)
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X.
Uber ihre Küsse

Tausend Küsse gab Sie mir/
Tausend hab ich Ihr gegeben.
Ihr/ der Meinen/ meiner Zier/
Meinem Troste/ meinem Leben/
Meiner Freude/ meiner Seelen/
Die nun abläst mich so sehr zu quälen.

Sie verfügte Mund an Mund
Mit so einem sanften Knallen.
Bin ich/ oder war ich wund/
Da Sie mir so wohl gefallen?
Was ich bin ist Sie gewesen.
Wir seyn beyde wund/ und doch genesen.

Du/ der du mit Lieblichkeit
Unsre keuschen Münde bindest/
Rathe der gewünschten Zeit/
Daß du uns stets Liebsten findest.
Liebsten seyn/ und Liebsten bleiben/
Ist/ was alle Welt will ewig treiben.

Brenne mich/ du lichte Glut/
Blitzt ihr/ meiner Liebsten/ Sternen.
Gebt mir forthin Kraft und Muth/
Ihr die Straalen abzulernen.
Meiner Augen dunckelheiten
Können sonst nicht für die Sonne streiten.
(S. 377-378)
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XI.
Er liebet die Fröligkeit

Himmel/ laß mich deine Last
Nicht so gar entseelen!
Soll/ was du mir geben hast/
Mich mit Sorgen quälen?
Hab ich gleich nicht/ was alle Welt
Vor seligs wohlergehen/
Und vor das beste Glücke hält/
So will ich dennoch stehen.

Wer die Trauer-Tage zehlt
Ist schon halb verdorben.
Guter Muth der Freud erwehlt/
Hat das best erworben.
Es mag ein jeder voller Leid
Die armen Grillen fangen.
Ich rathe meiner guten Zeit/
Eh Sie mir ist entgangen.

Ströme fliessen als ein Pfeil/
Wolcken ziehn geschwinde:
Doch noch schneller ist das Seil/
Das uns Noth anbinde.
Die Menschen rauschen bald vorbey.
Ihr Leben hat viel Flügel.
Sind wir der jungen Tage frey/
Was hilft hernach der Zügel?

Traurigkeit schenckt uns das Gift/
Das die Sinnen naget.
Wann Sie unsre Freude trift/
Da sind wir geplaget.
Biß das die Music/ und der Wein
Die Geister uns aufbläset/
Dann wissen wir erst was wir seyn/
Und werden drauf erlöset.

Wer GOtt in dem Hertzen trägt/
Und in Keuschen Armen
Eine Liebste schlaffen legt/
Besser zuerwarmen/
Dann darauf mit erhöhter Hand
Ein reines Glaß ausleeret/
Der wird von keinem Unbestand/
In Traurigkeit verseeret.

Traurigkeit gehab dich wohl!
Mörderin der Freuden!
Komm/ o Lust/ mein liechter Pol!
Morgenstern im Leiden!
Mein Hertze soll durch deinen Schein
Das Unglück unterdrücken.
Werd ich alsdenn im finstern seyn/
Wenn ich dein Liecht seh blicken?
(S. 378-380)
_____



XII.
Er wartet jhrer zu Abends

Geh auf/ mein Abendstern!
Und strale weit und fern
Auf deine Welt/ mein Liecht.
Geh auf und säume nicht!

Der heisse Tag ist hin.
Lieb/ hege deinen Sin/
Und steure dich hier an/
Da niemand fallen kan.

Prinzeßin/ du allein
Du ewig solst es seyn.
Die Flamme rühret mich;
Komm/ Leitstern zeige dich!

Wann sich der Lentz erhebt/
Und vor dem Westen bebt/
So lachet Wald und Feld/
Wie du auf mich/ die Welt.

Wo sich der strenge Nord
Oft findet ümb den Port/
Alda gebiert der Streit
Die beste Sicherheit.

Wer auf der wilden See
Sucht einen bundten Klee/
Der kriegt ein Rosenblat
Das Labsal in sich hat.

Wie schwartz der Donner streicht/
Und durch die Lüfte zeucht/
So helle bricht herein
Der göldne Sonnenschein.

Hier ist das zarte Band
Gefangen ist die Hand/
Der oftermahl das Spiel
Der Tugend wohlgefiel.

Drümb komm/ mein Abendstern!
Und strale weit und fern
Auf deine Welt/ mein Liecht
Geh auf und säume nicht!
(S. 380-382)
_____



XIII.
Er muntert Sie zur Liebe auf

Meine Liebste/ meine Wonne/
Meiner Augen schöne Sonne/
Wilstu mich nicht mehr bescheinen?
Laß der Freundlichkeiten Blicke
Lösen auf die Band und Stricke/
Daß wir uns einmal vereinen.

Lieben und geliebet werden
Ist das beste dieser Erden/
Alles andre das vergehet.
Wo zwey Münde treulich küssen/
Da wird alles weichen müssen/
Was ohn Liebe sonst bestehet.

Komm/ mein Lieb/ in meinen Armen
Solstu stets mit mir erwarmen.
GOtt das andre heimgestellet.
Der wird unsern guten Sachen
Ein gewünschtes Ende machen.
Er mag thun/ was Ihm gefället.

Unterdessen laß uns lieben.
Wilstu dich denn stets betrüben?
Nicht betrüben/ liebe Seele.
Wenn die Jugend ist verdorben/
Und wir beyde seyn gestorben/
Giebts uns auch die düstre Höle.

Liebste/ Lebe/ Lieb/ und Labe/
Weil du Brunst/ ich Feuer habe/
Weil noch unsre Rosen blühen.
Wird sichs auch im Winter küssen/
Wenn wir Feuer borgen müssen/
Und mit Runtzeln uns beziehen.

(S. 383-383)

_____



XIV.
Uber Ihr Abwesen

Täglich geht die Sonne schlaffen/
Steht auch täglich wieder auf/
Und hält jhren alten Lauf.
Wann seh ich dich bey den Schafen?
Ach wie weit ist doch der Tag/
Da ich dich ümbfangen mag.

Wie viel Marter muß ich leiden/
Liebste/ seit ich von dir bin?
Ach wie muß mein krancker Sinn
Darben seine süssen Freuden!
Weil der Leitstern deiner Zier/
Sich so gar entfernet mir.

Komm/ o schöner Tag gegangen/
Komm o Zeit/ und säume nicht.
Zeige mir jhr Angesicht.
Zeige mir die zarten Wangen.
Ohne Sie muß ich ein Stein/
Bey jhr aber Göttlich seyn.
(S. 383-384)
_____



XV.
Uber jhren Unwillen/ als Er etwas gesehen

Nicht einmal hab ich lieben können/
So hat der Neid mich loß gemacht.
Jtzt da ich deinen treuen Sinnen/
Melite/ mich nur zugedacht/
Da wird/ was mich die treue lehret/
In lauter Untreu ümbgekehrt.

Was wilstu mich noch viel verstossen/
Und setzen in die trübe Nacht?
Schlag ich denn allzeit einen blossen/
Und werde nur ümb Glimpf veracht?
So müsse der/ der auf der Erden
Zu erst geliebt/ verstossen werden.

Nim mir die Lieb aus meinem Hertzen/
Und dämpf zuerst die grosse Glut.
Dann lesch aus deiner Augen Kertzen/
Und tödte deiner Wangen Blut.
Ja/ wirf die Tugend von dir nieder/
So werd ich gar nicht kommen wieder.

Unmüglich ists/ das bey der Sonne
Nicht eine Hitze solte stehn.
Ich bin die Glut/ o meine Wonne!
Wie kanstu/ Sonne/ von mir gehn?
Weil du/ mein Licht/ der Welt wirst scheinen/
So werd ich dich in Treuen meinen.

Was ist dir denn zuviel geschehen/
Darümb du dich so abekränckst?
Hab ich in Blindheit was gesehen/
Daran du noch so heftig denckst?
Ach nein/ Melite/ deine Sinnen
Die werden nichts erforschen können.

Gesetzt/ daß meiner Augen Flammen/
In jhrer Brunst/ dein Liecht erblickt.
Wilstu alsbald darümb verdammen/
Und rauben das/ was mich erquickt?
Steht doch der Himmel bey der Erden/
Soll Er denn nicht gesehen werden?

Seyt blind/ ihr meiner Augen Sterne/
Seyt blind/ und leuchtet nimmermehr.
Damit ich nicht mehr sehen lerne/
Was meiner Liebe wird zuschwehr.
Verdenckt euch selbsten/ o Gedancken/
Daß ich durch euch nicht möge wancken.

Du aber/ laß den Kummer fahren/
Melite/ die du traurig bist/
Und gönne deinen jungen Jahren/
Was dir und mir nicht schädlich ist.
Denn wilstu dich noch mehr erbossen/
So bin und bleib ich recht verstossen.
(S. 384-386)
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XVI.
Uber die Falsche

O Himmel/ schau mit deinen Augen
Die gar zu grosse Falschheit an!
Ich muß itzt heisse Thränen saugen/
Umb das ich nichts erlangen kan.
Ach/ Cynthia macht einen Schertz/
Und meinet mich nur hinterwerts/
Das falsche Hertz.

Lauff ich zu ihr fast ohne Sinnen/
So spricht Sie stets: Ich liebe dich.
Wil aber ich Ihr abgewinnen/
So siehet sie bald hinter sich.
Ach/ Cynthia macht einen Schertz/
Und meinet mich nur hinterwerts/
Das falsche Hertz.

Lob ich die Augen/ als zwo Sonnen/
Dadurch mein Monde glantzbar wird/
Spricht Sie/ Sie sey von mir entbronnen/
Mein Haar/ das hielte Sie begürt.
Ach/ Cynthia macht einen Schertz/
Und meinet mich nur hinterwerts/
Das falsche Hertz.

Oft scheinen ihre Zucker-Wangen/
Als wären sie voll Freundlichkeit.
Hat aber Sie ein Wort gefangen/
So spricht Sie: daß ihr hönisch seyd.
Ach/ Cynthia macht einen Schertz/
Und meinet mich nur hinterwerts/
Das falsche Hertz.

Die Lippen beut Sie dar zuküssen/
Und wenn ich will/ so will Sie nicht/
Sagt wohl/ ich habe Sie gebissen/
Und kehrt von mir jhr Angesicht.
Ach/ Cynthia macht einen Schertz/
Und meinet mich nur hinterwerts/
Das falsche Hertz.

Die Hände mag ich zwar anrühren/
Doch drücken nicht/ als wie ich will.
Oft soll man mich nach Hoffe führen/
Oft soll ein Bauer halten still.
Ach/ Cynthia macht einen Schertz/
Und meinet mich nur hinterwerts/
Das falsche Hertz.

Rühm ich an mir die grosse Treue/
So spricht Sie bald: es ist nicht wahr
Daß ich mich vor den Lauten scheue.
Sie redet alles offenbahr.
Ach/ Cynthia macht einen Schertz/
Und meinet mich nur hinterwerts/
Das falsche Hertz.

Sie darf auch wohl zum Spotte sagen/
Ich lieb ein andre mehr als Sie.
Da doch auf zweyen Achseln tragen
Ein schweres ist/ und grosse Müh.
Ach/ Cynthia macht einen Schertz/
Und meinet mich nur hinterwerts/
Das falsche Hertz.

Klag ich: mein Lieb/ ich muß bald scheiden.
Vergeußt Sie Thränen ohne zahl.
Doch denckt das Hertze voller Freuden:
Daß er nur wäre weg einmal.
Drümb macht Sie immer einen Schertz/
Und meinet mich doch hinterwerts
Das falsche Hertz.
(S. 386-389)
_____



XVII.
An Sie/ Seinen Morgenstern

Morgenstern der dunckeln Nacht/
Bistu nun einmal erwacht?
Hastu deinen Thau gegossen?
Laß nun deiner Augen Schein
Was verliebter ümb mich seyn/
Biß ich deiner Glut genossen.

Deine Straalen wärmen mich/
Das mein Liebes-Feuer sich
Zu der süssen Lohe findet.
Meine Brunst brent mich so sehr/
Weil Sie deiner Sternen-Heer
So glückselig hat entzündet.

Keine Rosen mangeln dir.
Milch ist deiner Seele Zier/
Die so lieblich auf dich rinnet.
Deine Perlen sind so rein/
Als ein weisser Schnee kan sein/
Der den Liljen abgewinnet.

Was dein süsser Balsam spricht/
Wenn Er durch die Lippen bricht/
Das verwundet meine Seele.
Du bist aller Schönheit Zier/
Die ich in der Welt alhier
Unter allen Dingen zehle.

Wirf den Glantz auf deine Welt/
Der mir nur so wohl gefält.
Leuchte/ weil die Fackel stehet.
Dann so soll dein heller Schein/
Morgenstern/ die Sonne seyn.
Die mir gar nicht untergehet.

(S. 389-390)

_____



XIIX.
Er lobet Ihre Tugend

Reine Freude/ die mich bindet/
Hat auch ihre Lust an mir.
Ihr Gesicht/ das mich entzündet/
Geht den Asteriten für/
Die so hoch am werthe scheinen/
Und mit gleicher Brunst mich meinen.

Was frag ich nach denen Gaben/
Die das Glücke giebt und nimbt/
Ihre Schönheit kan mich laben/
Ihre Schönheit/ wenn Sie kömt.
Sie allein hält mit verlangen
Meine Freyheit gantz gefangen.

Wer will mich darümb verdencken/
Daß ich liebe/ gleich wie Sie?
Sie weiß nichts von falschen Räncken.
Macht/ wie manche/ keine Müh.
Alles/ was Sie thut und nennet/
Das bin ich/ der nach ihr brennet.

Ist Sie niedrig vom Geblüte?
Ihre Tugend bringt Sie hoch.
Ein aufrichtiges Gemüthe
Liebet frey und ohne Joch/
Leidet keine solchen Sachen/
Die nur Glantz und scheinbar machen.

Ich laß mich an jhr genügen.
Sie bleibt meine/ Sie allein.
Dorte mag der Donner kriegen/
Wo die hohen Berge seyn
Ich halt mich zu guter Erden/
Aller Furcht entblöst zu werden.

Sie soll meine Ruhe bleiben/
Meine Ruh und meine Rast.
Bey jhr will ich stets vertreiben/
Was bißher mich so gehast.
Eintzig Sie/ nur Sie alleine
Will ich lieben/ und sonst keine.

(S. 390-392)
_____



XIX.
Er bindet Sie an

Schönste/ die ich mir erfinde/
Meiner Flammen Glut/ Dorinde/
Nim mich an/ als wie ich bin.
Deiner kan ich nicht vergessen/
Du hast mir mein Hertz besessen/
Du liegst mir in meinem Sin.

Könt ich etwas von der Erden
Oder von dem Himmel werden/
So wolt ich dir Pflichtig seyn.
Meine Sternen sincken nieder/
Zubeküssen deine Glieder/
Und den hellen Tugend-Schein.

Dich hab ich mir auserkohren.
Du bist mir zur Brunst gebohren/
Du/ Dorinde/ du allein.
Eben du/ du solst es wissen/
Daß ich mich bißher befliessen/
Dein Bedienter stets zu seyn.

Laß mich bey dir Gnade finden/
Gnade bey dir/ Schatz/ Dorinden/
Du bist eintzig eintzig die/
Die mit ihren zarten Blicken
Meine Seele kan bestricken
Und erhalten spat und früh.

Wie der Erde von der Sonnen:
So hab ich von dir gewonnen
Meiner trüben Augen Licht.
Laß doch deine Sonne leuchten/
Daß mein Monde nicht darf feuchten
Dieses/ was mir itzt gebricht.

Du bist meine Morgenröthe.
Komm ich gleich in was zuspäte/
Lieb/ so gehe mir doch auf.
Deine zarten Purpur-Wangen
Nehmen jeden Tag gefangen/
Und behemmen meinen Lauf.

Hier fall ich zu deinen Füssen/
Meine Wohlfahrt zubegrüssen.
Laß mich deinen Diener seyn.
Ein Kuß ists/ mit dem ich binde/
Löse dich/ mein Schatz/ Dorinde/
Nur mit Worten: Ich bin dein.

Dann so kan ich kühnlich sagen/
Wie mein Unglück sich verschlagen
Liebste/ wegen deiner Gunst.
Alles will ich gerne leiden.
Laß mich/ Schatz/ von dir nicht scheiden.
Nicht von dir/ sonst ists ümbsonst.

Treue Liebe kan nicht trügen/
Ist Sie gleich in was verschwiegen/
Dennoch bricht Sie durch das Land.
Meine Liebe/ Schatz Dorinde/
Heget weder Flut noch Winde.
Der Verstand ist Mund und Hand.
(S. 392-394)
_____



XX.
Er betauert Sie

Melose
War meine Rose/
Jtzt aber wird Sie mir zu Dornen.
Sie hat sich meiner gantz entzogen/
Und ist geflogen.
Ihr Licht gläntzt mir nicht mehr von fornen.
Was kan ich nun wohl mehr erwerben/
Als sterben/
Und verderben.

Melose
War meine Rose.
Der süsse Ruch ist gantz verschwunden.
Der Athem/ der mich oft gekühlet/
Ist nun verspielet.
Mir bleiben zum Gewinst die Wunden.
Was kan ich nun wohl mehr erwerben/
Als sterben/
Und verderben.

Melose
War meine Rose.
Das schönste Mahlwerck ihrer Farben
Ist gäntzlich von mir abgewichen/
Und fast verblichen.
Ich muß die zarte Schönheit darben.
Was kan ich nun wohl mehr erwerben/
Als sterben/
Und verderben.

Melose
War meine Rose.
Sie trug empor die reine Blüte.
Nun diese fällt/ sind meine Früchte
Mir gar zu nichte.
Mich reitzet nicht mehr ihre Güte.
Was kan ich nun wohl mehr erwerben/
Als sterben/
Und verderben.

Melose
War meine Rose.
Ach! reiften mir noch ihre Wangen!
Seit aber sich der Nord erhaben/
So seyn die Gaben
Von meinen Augen weg gegangen.
Was kan ich nun wohl mehr erwerben/
Als sterben/
Und verderben.

Melose
War meine Rose.
Melose/ Walstat meiner Freuden!
Ade/ du purpur-gleiche Rose!
Ade/ Melose!
Ich muß nach deinem willen scheiden.
Was kan ich nun wohl mehr erwerben/
Als sterben/
Und verderben.
(S. 394-396)
_____



XXI.
Er betrauert Sie

Mein Stern/
Ist nunmehr fern/
Seit mein verlangen/
Gegangen.
Die Gruft
Hat Sie geruft
Aus dieser verderbten Luft
In jhrem allerbesten Prangen.

Der Glantz
Ist nicht mehr gantz.
Es stirbt Melose/
Die Rose.
Der Schein
Liegt gar allein/
In einem verschloßnen Schrein/
Bedeckt mit verdorten Mose.

Die Lust
Ist nun ein wust.
Es sind die Freuden
Mein Leiden.
Der Sinn
Ist von mir hin.
Seit das ich nicht bey Ihr bin/
Muß ich wohl tausendmahl abscheiden.

Es mag
Kein froher Tag
Mich in dem Mäyen
Erfreuen.
Ich geh/
Ich lauf und steh
In meinem so grossem Weh.
Sie quälet täglich mich vom neuen.

Wie stund
Der süsse Mund
In rothen Klippen
Der Lippen!
Der Gruß
Der sanfte Kuß/
Der mich so verlassen muß/
Erstumt nun vor des Todes Hippen.

Die Nacht
Ist aufgewacht/
Seit ihre Sonnen
Verbronnen.
O Licht!
Das Ihr gebricht/
Wo hastu dich hingericht?
Wo hastu deine Lust gewonnen?

Die Frucht
Der schönen Zucht
Ist von den Wangen
Vergangen.
Die Zeit/
Die Blumen streut/
Hat mir alles abgemeyt.
Der Winter hat den Lentz gefangen.

O Noth!
Sie bleibt nun tod/
Die ich bethräne
Die Schöne.
Sie macht/
Daß ich verwacht
Mich durch die betrübte Nacht
Nach ihren Treflichkeiten sehne.

Herbey/
Du bunter Mäy!
Du Tulpenspreiter/
Brich Kräuter!
Beblum
Zu einem Ruhm
Mein schlaffendes Eigenthum.
Herbey mit deinem Schmuck-Begleiter!

Sie soll/
An Rosen voll/
Wie in dem Frühen/
Stets blühen.
Die Luft
Soll ümb die Gruft/
Die mich balde zu sich ruft/
Mit Thau-benetztem Krantze fliehen.

Wohl an!
Es ist gethan.
Hier stehn die Myrten
Der Hirten.
Den Stein/
Der Ihr Gebein
So zeitlich geschlossen ein/
Will ich mit Schatten rings ümbgürten.

Allhier
Ist meine Zier
Mit ihren Gaben
Begraben.
Der Schein/
Das Göttlich seyn
Wird unter dem leichten Stein
Im Blumen kein verwesen haben.
(S. 396-400)
_____



XXII.
Er nimbt Abschied von Ihr

O Perle/ meiner keuschen Seele!
Licht meiner Glut! mein Sonnenschein!
Laß mir es zu/ daß ich mich quäle/
Ich werde bald nicht bey dir seyn.
Ich werde bald/ voll Angst und Leiden/
O meine Schöne! von dir scheiden.

Mein Glücke will mich dir entreissen/
Das mich dir nur gegeben hat.
Ich muß das Wetter lassen schmeissen/
Biß daß die Rose zeigt ihr Blat.
Ich reise fort/ doch ohne Leben/
Weil ich es eintzig dir gegeben.

Mein Hertz/ das unter deinen Brüsten
Nun eine süsse Wohnung fühlt/
Bleibt hinter mir in seinen Lüsten/
Biß daß es seine Brunst abkühlt.
Biß daß es meine Seele findet/
Die sich mit deiner Seele bindet.

Mein Geist wird allzeit in mir wachen/
Und dich mir immer stellen für/
Wie mich erfreuen kan dein Lachen/
Und/ Göttin/ deine schöne Zier/
Die über alle Sternen streichet/
Und sich nur jhrem Himmel gleichet.

Wenn mir die göldne Sonne scheinet/
Und wenn mich Wind und Sturm verletzt/
So bleibestu mit mir vereinet/
Mein Leitstern/ der die See ergetzt.
Die See/ in der ich itzund walle/
Daß meine Liebe dir gefalle.

Gieb her den Mund/ gieb her die Hände/
Hier ist der treue Liebes Kuß.
Die Segel/ die ich jtzund wende/
In die bläst mir der harte Schluß.
Den kan und mag ich itzt nicht zwingen/
Biß Er mich dir wird wieder bringen.

Indessen dencke meiner Treue/
Und gründe dich auf den Bestand.
Die Liebe wächst und grünt aufs neue/
Wo sich verknüpfet Hand und Hand.
Gedencke mein und deiner Liebe/
Daß uns kein leichter Sinn betrübe.

Es wird in kurtzer Zeit geschehen/
Ich werde wieder bey dir seyn.
Dann will ich deine Lippen sehen/
Und deiner Wangen Rosen-Schein.
Dann will ich gantz in deinen Armen/
Von aller Noth befreyt/ erwarmen.

Blaßt in die Segel/ meine Winde/
Tragt mein Gelücke mit mir fort!
Die Seufzer, die ich bei mir finde/
Die laß ich hier an diesem Ort/
Damit ich meinen frommen Sachen/
Kan ein gewünschtes Ende machen.

Gehab dich wohl/ o meine Wonne!
Mein liebster Schatz/ gehab dich wohl!
Ich lasse dieser Welt die Sonne/
Weil mir scheint deiner Stirnen Pol.
Ich bücke mich noch vor dir nieder.
Mein Schatz/ Ade! Ich komme wieder.
(S. 400-403)
_____



XXIII.
Er bedanckt sich hoher Liebe

Mein Kind/ was hastu doch vor Lieben
An meiner schlechten Brunst ersehn?
Was du begehrst/ kan nicht geschehn.
Laß ab/ ümb mich dich zu betrüben.
Dein hoher Nahme/ den du führst/
Sagt/ daß du mir gar nicht gebührst.

Wilstu denn deinen Felß hin stellen/
Daß er mein Schiff zerschmettern soll?
Ich bleibe meiner Demuth voll/
Und fürchte mich für deinen Wellen.
Gieb dich doch willig nur darein/
Ich nicht/ ein Andrer kan es seyn.

Du bist zwar Höflich an Geberden/
Und voraus hold vom Angesicht.
Doch trau ich deinem Wetter nicht/
Weil es mir künftig Feind kan werden.
Mein Glück das laß ich itzund gehn/
Daß mich kein Unglück kan bestehn.

Ich ruhe besser in dem Schatten/
Wo mich kein rauher Sturm bestreicht.
Wenn sich die Liebe gar nicht gleicht/
So kan Sie wenig Lust erstatten.
Ein hoher Muth und feiger Sinn/
Die wissen nichts vom Liebs-Gewin.

Du weist ja wohl/ o Kind/ mein Leben
Was ich nicht bin/ will ich nicht seyn.
Aufrichtigkeit trift überein/
Die Liebe nicht/ mich dir zugeben.
Ja Sie/ die Liebe/ nur die macht/
Daß ich noch nie auf dich gedacht.

Laß nur dein unvergleichtes Meinen/
Du wirst gar nicht bewegen mich.
Betrachte doch nur erstlich dich/
So nennestu mich nicht den Deinen.
Kind/ ich will ehren deine Zier/
Die Liebe nur versag ich dir.
(S. 403-404)
_____



XXIV.
Er hat sich in Ihr verlohren

Wer hat mir denn mein Hertz genommen?
Wer hat die Seele mir geraubt?
Seit du/ Melite/ bist ankommen/
Hab ich mir selber nicht geglaubt/
Ob ich bey Göttern auf der Erde
Forthin im Leben bleiben werde?

Was thus ich nun? soll ich das Hertze
Nun fordern wieder ab von dir?
Soll ich in solchem Liebes-Schmertze
So oft verlieren mich in mir?
Soll denn die Seele meiner Seele
Stets seyn in deines Hertzens Höle?

Wo werd ich plötzlich hingezogen?
Was mangelt mir? wo komm ich hin?
Ach/ schone doch mit deinem Bogen/
Du Kind der zarten Kuplerin.
Ich trage ja mit allen Hirten
Den bitter-süssen Krantz der Myrten.

Der Tugend Himlischen Syrenen
Die schläffen mich gantz vor dir ein.
Ich bin gefangen von dem Sehnen
Wie kan ich loß? dein muß ich seyn.
Soll ich denn aber gäntzlich bleiben/
Und bey dir meine Zeit vertreiben?

Ich bleibe. Doch wie kan ich leben?
Mein Leben lebet inner dir.
Wirstu mir keine Hitze geben/
So werd ich bald erkalten hier.
Ach gieb/ denn deiner Augen Blitze
Sind lauter Brand/ und Glut und Hitze.

Du roth und weisser Blumen-Garten/
Melite/ laß mich finden mich.
Soll ich denn ferner auf dich warten?
So kom/ und gieb mir selber dich.
Dann werd ich deine Lust empfinden/
Und mich in dir gantz wieder finden.
(S. 405-406)
_____



XXV.
Er rühmet jhre Schönheit

Meine Wonne/ die mich leitet/
Hat nicht Eitelkeit an Ihr.
Zwar/ Sie ists/ die mich bestreitet/
Doch allein mit jhrer Zier.
Daß ich lieb je mehr und mehr/
Kömt von jhrer Liebe her.

Diese Göttin hat die Blitze
Zweyfach auf mich angeregt.
Ihrer Augen Glut-Geschütze
Haben meinen Sin erlegt.
Was jhr Rosen-Mund verspricht/
Leugnet meine Zunge nicht.

Ihre Schönheit kan nicht trügen.
Alles ist berühmt an Ihr.
Sie darf nicht den Blumen lügen/
Demuth das ist jhre Zier.
Ich darf keine Morgenröth/
Wenn jhr schöner Glantz aufsteht.

Wer nicht kan zu Hertzen fassen/
Dieser Wangen liechte Glut/
Dieses Edle Thun und lassen/
Dieses Reichtumb ohne Gut/
Der muß mehr/ als Holtz und Stein/
Und gantz unempfindlich seyn.
(S. 406-407)
_____



XXVI.
Sie preiset jhre Liebe

Brennet gleich mein zartes Hertze/
Dennoch leb ich wie vorhin.
Eine keusche Liebes-Kertze
Kreischet meinen jungen Sin.
Liebster/ deiner Augen Glantz
Tödtet und erquicket gantz.

Was das Glücke mir versaget/
Das giebt mir dein Angesicht.
Wen die Liebe beist und naget/
Der stelt sich zu frieden nicht.
Meine Rast/ und meine Ruh
Bistu eintzig/ eintzig du.

Eine Liebe/ die nicht wancket/
Dringet auf Beständigkeit.
Was ein fester Grund ümbschrancket/
Das hat seine Sicherheit.
Wer beständig bleiben kan/
Setzt des Wetters Sturm hindan.

Niemand wird mein Recht verlachen.
Mein Hertz suchet eine Brunst
Seiner Liebe gleich zumachen/
Sonder allen Grief und Kunst.
Mein Hertz/ das sich jhr erkist/
Treu zubleiben wie es ist.

Dich in voller Ruhe wissen
Ist mein hohes Reichtumb hier.
Sey auch du darauf befliessen/
Mich zu meinen/ meine Zier/
So werd ich bey dir allein
Arm an allem Mangel seyn.
(S. 407-408)
_____



XXVII.
Uber ihre Brüste

Ihre Brust hab ich geküsset/
Und daher ist mir so wohl.
Sie hat meinen Mund durchsüsset/
Durch Sie leb ich/ wie ich soll.
Durch Sie leb ich nur allein/
Und kan nun mein selber seyn.

Wie die weisse Milch in Rosen
Einen Purpur an sich nimbt/
Und der Zierrath der Zeitlosen
In dem Silber-Thaue glimt:
So ist jhres Glantzes Liecht
Von der Schönheit zugericht.

Laß die andern Blumen brechen
Umb das grün-beseete Feld/
Und am Ufer/ bey den Bächen/
Rauben/ was nicht Farbe hält.
Laß Sie suchen weit und breit.
Hier ist meine Frühlings-Zeit.

Wenn der Nord-Wind mich anraset/
Und der Ost sich bey mir find/
So ist meine Lust befaset/
Daß Sie stets mehr Saft gewint.
Meine Lust grünt neben jhr/
Weil Sie sich ergiebet mir.

Wehe/ West/ auf meine Blumen/
Weh auf meinen Garten her/
Daß ich von den Eigenthumen
Nehme/ was ich mir begehr.
Wehe/ West/ Sie hat allein
Blumen/ die die schönsten seyn.

Hier/ auf jhren zarten Liljen
Will ich noch manch Ungelück/
Manchen rauhen Sturm vertilgen.
Weiche/ was mich kränckt/ zurück!
Ihre Brust/ und jhre Zier/
Gehen allen dingen für.
(S. 409-410)
_____



XXIIX.
Uber Sie/ an die Sternen

Goeldne Sterne/ schauet nicht
Auf das Licht/
Wenn der kühle Tag sich zeiget.
Lasset meine Sonne seyn/
Weil der Schein
Ihrer Tugend sich von euch nicht neiget.

Alles ist belobt ümb Sie.
Spat und früh
Blühen ihre reiffen Früchte.
Sie hat eine linde Brunst
Bey der Gunst/
Und ertödtet doch mit jhrem Lichte.

Schönheit ist zwar sonst ein Tand/
Der verwandt
Seine reichen Farben lindert.
Aber ihrer Wangen Pracht
Hat gemacht/
Daß sich aller Blumen Zierrath mindert.

Sie/ nur eintzig Sie allein/
Soll es seyn/
Der das gute Glücke leuchtet.
Wann der Donner blitzt und schlägt/
Wie er pflegt/
Wird Sie von dem Himmel angefeuchtet.

Wo die Tugend Liebe find/
Da ist Wind/
Sturm und Wetter schon vergangen.
Redlichkeit die hat Bestand.
Ohne Hand
Kan Sie alles in der Lieb erlangen.

Darümb/ Sterne/ schauet nicht
Auf das Licht/
Wann der kühle Tag sich zeiget.
Last Sie eure Sonne seyn/
Weil der Schein
Ihrer Tugend sich von euch nicht neiget.

(S. 410-412)

_____



XXIX.
Er liebet Ehrlich

Schönste/ was fürchstu dich!
Küsse/ Verliebte/ mich/
Rühre den Zunder der Lippen nur an.
Lesche die grosse Pein.
Wer wird so alber seyn/
Der nicht ein Küßgen in Ehren gethan.
Treibe den scheuen Sin
Deiner Begierden hin.
Jugend soll alles in Ehren verbringen.
Ich bin der Geilheit frey.
Küsse mich ohne Scheu.
Redlichkeit lässet kein Laster eindringen.

Wer auß der Liebes-See
Stürmt/ daß er untergeh/
Raubet Ihm selbsten mehr/ als er gewint.
Ein Lastbar Erden-Thier
Setzet jhm Schande für.
Edele Hertzen seyn anders gesint.
Dein Nahme/ der es ist/
Was du vor andern bist/
Scheut sich ja sonst nicht vor redlichen Sachen.
Gieb mir den süssen Mund/
Denn ich bin Ehrlich wund.
Ehre kan keinen besündiget machen.

Küsse mein Sonnen-Licht
Ehre die treuget nicht.
Ehre zeucht über die Wolcken empor.
Weg/ was die gantze Welt
Ohne Zucht in sich hält!
Ehre bringt Ehrliche Freundschaft hervor.
Ehre/ das beste Gut/
Liebt einen freyen Muth.
Alles ist ohne Ehre verlohren.
Redlich im Hertzen seyn
Mildert der Liebe-Pein.
Ehrlich/ sonst hab ich die Liebe verschworen.

Liebe/ wer lieben soll.
Ist er der Ehre voll/
Küst Er die Lippen/ den Mund und die Hand.
Welcher die Sonne fleucht/
Und in die Winckel kreucht/
Hat bey Verstande gar wenig Verstand.
Küsse/ Verliebte/ mich/
Wenn ich beküsse dich.
Küsse mich/ eh sich die Rosen verfärben.
Freudige Redlichkeit
Bleibet mein Ehren-Kleid.
Nimmermehr will ich darunter verderben.
(S. 412-414)
_____



XXX.
Bey der Nacht

Wie? wilstu/ blasses Bild/ den müden Tag ereilen?
Halt doch den Wagen an.
Verzeuch ein wenig noch/ Diana/ dein verweilen.
Verrenne dir die Bahn.
Halt doch den Ziegel fest in deinen weissen Armen.
Laß deine Hinde stehn.
Weil ich in Liebes Glut ietzunder soll erwarmen
Und bey den Kräutern gehn.
Hier/ Schöne/ wo ich bin/ an diesen Springe-Flüssen
Soll meine Ruhstat seyn.
Du solst mich/ und ich dich/ mit vollem Munde küssen.
Ich bin und bleibe dein.
Gedencke doch der Zeit. Es läst der Schiffer Hauffen
Auf der bewegten See
Die Segel aufgespant hin nach dem Porte lauffen
Zur schönen Galathee.
Doch schau/ der reine Mond zeigt ietzt die Silber-Wangen/
Und bringet Scheidens Zeit.
Zur guten Nacht will ich dich/ Schöne/ noch ümbfangen/
Der Kuß sey dein Geleit.
Schwartz-braunes Venus-Kind/ was ich auf diesen Auen
In dunckeln sehen kan/
Das will ich neben dir in kurtzen wieder schauen.
Nun brent/ ihr Sternen/ an!
(S. 414-415)
_____




XXXI.
Sie soll sich des Kusses nicht wegern

Kind/ ich liebe dich vor allen.
Sagt dir diß mein Kuß nicht an
Dir alleine zugefallen
Hat mein Mund den Schmatz gethan.
Dieser Schmatz sagt meine Pein.
Kanstu darümb schellig seyn?

Wilstu dich der Lippen schämen?
Es ist nur ein blosser Brauch.
Laß mich jhren Purpur nehmen.
In dem nehmen Küst man auch.
Halte treulich/ wie du thust.
Es ist meine beste Lust.

Keine Schneck ist so erhitzet/
Wenn Sie jhren Thau geneust:
Als wann sich die Zunge spitzet/
Und den Cimmet auf mich geust.
Kindgen meines Lebens Ruh/
Nichts ist lieblicher alß du.

Drücke kräftig/ meine Seele/
Drücke deinen Mund auf mich.
Unrecht/ daß ich mich so quäle/
Unrecht/ daß du wehrest dich.
Unrecht/ daß dein zarter Schein
Etwas will gebeten seyn.

Auf ein Küßgen will ichs wagen.
Wer nicht auf das künftge wirbt
Kan sein Glücke leicht verschlagen.
Unwerth/ der nicht heute stirbt/
Wenn Er Brunst und Lebens voll/
Morgen wieder küssen soll.

Was von freyer Zunge gehet
Hat mehr Anmuth/ als der Zwang.
Küsse/ weil die Rose stehet.
Liebste/ mach es nicht zu lang.
Küsse nur/ mein Augen-Licht!
Freyer wille teuschet nicht.
(S. 415-417)
_____




XXXII.
Uber jhre Reise/ an die Westwinde

Eleonore will verreisen.
Ihr Westen-Winde habet acht.
Fangt an mit Rosen Sie zuspeisen/
Biß daß Sie jhren Weg verbracht.

Sie ist die rechte Morgenröthe/
Die vor der Sonne sich erhöht.
Ihr Purpur-Licht trit an die Stäte/
Wo Gold und Glantz zum Tage geht.

Die Blumen streuet Sie hernieder/
Der kühle Morgen thut es nicht.
Sie treibt die Sternen hin und wieder/
Daß ihnen alle Zier gebricht.

Der Thau/ der aus den Wolcken springet/
Quillet in den Lippen/ die Sie trägt.
Ihr heller Strahl/ nur der verjünget/
Was jede Nacht darnieder schlägt.

Küst Ihren Halß von Halffenbeine/
Küst Jhren Mund mit Blut gefült.
Küst ihre Wangen roth vom Scheine/
Damit die Kälte sey gestilt.

Blast auf Sie eure warmen Lüfte/
Daß Ihr kein Winter schaden kan.
Und daß Sie keine Dunst vergifte/
So steckt die Frühlings-Fackel an.

Will eure Glut zu wenig werden/
Und raubet euch der Frost die Ruh/
So reisset mich von dieser Erden/
Und bringt mir meine Hitze zu.

Last alles andre nur verderben/
Beschützt mir nur jhr Angesicht.
Und macht Sie gleich/ daß ich muß sterben/
So will ich jhren Tod doch nicht.
(S. 417-418)
_____



XXXIII.
Ihn hat jhre Schönheit gefangen

Perle keuscher Jugend/
Zierrath aller Tugend/
Soll dein Götterlicher Schein
Irrdisch seyn?
Deine Treflichkeiten
Können überstreiten/
Was des Himmels hoher Plan
Mahlen kan.

Deine zarten Wangen/
Nehmen mich gefangen/
Und dein Purpur-rother Mund
Macht mich wund.
Deiner Lippen Flammen
Blasen mein verdammen
Voller Angst und grossen Schmertz
Auf mein Hertz.

Wie kan ich entgehen/
Weil die Sterne stehen/
Die du auf mich hast/ mein Kind/
Angezündt?
Du hast Alabaster
Umb des Leibes Pflaster/
Deiner Liebe Blumen-Feld/
Aufgestelt.

Was soll ich beginnen?
Ich kan nicht entrinnen.
Deine Schönheit/ deine Zier
Raubt mich mir.
Ich muß es bekennen/
Hold muß ich dich nennen/
Wird mir gleich dein rother Mund
Nicht vergunt.

Und muß ich erblassen
Durch dein stetes Hassen/
So lieb ich doch deine Pracht
Tag und Nacht.
Wer will/ mag es gläuben.
Ich will darauf bleiben:
Es muß dein so hoher Schein
Himlisch seyn.
(S. 418-420)
_____



XXXVI.
Sie soll bey Ihm bleiben

Sonne der Freuden/
Flamme der Liebe/
Wilstu denn scheiden
Unter das trübe?
Bleibe mein Licht.
Liebe verbindet
Hertzen und Hertzen.
Liebe bezündet
Duppelt die Schmertzen/
Scheide doch nicht.

Thränen und Flüsse
Netzen die Wangen.
Wilstu die Küsse
Nicht mehr empfangen?
Bleibe mein Licht.
Laß dich die Schmätze
Länger aufhalten.
Brauche der Schätze/
Eh sie veralten.
Scheide doch nicht.

Unsere Sternen
Uber der Erden
Wachen von fernen/
Froher zu werden/
Bleibe mein Licht.
Niemand verstöret
Unsere Stunden.
Was uns versehret
Heilet die Wunden.
Scheide doch nicht.

Unsre Zeitlosen
Grünen am Strande/
Blumen und Rosen
Blühen im Lande.
Bleibe mein Licht.
Leben und Jugend/
Jugend und Leben
Reiffen zur Tugend
Sich zuerheben.
Scheide doch nicht.

Himmel erwehre/
Lencke die Sinnen/
Daß Sie verkehre
Muth und Beginnen.
Bleibe mein Licht.
Wirstu mich lassen
Einsam hier stehen/
Muß ich verblassen
Und gantz vergehen.
Scheide doch nicht.
(S. 425-427)
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XXXVII.
Sie hat jhn versehret

Der Jupiter trägt Glut und Blitze.
Die Pallas führt Medusen Schild.
Der Ocean die dreyzackspitze.
Den Mars macht Schwert und Harnisch wild.
Wie kömpts denn/ daß Cupido stehet/
Und ohne Pfeil und Bogen gehet?

Ist seine Fackel denn verglommen?
Ist denn sein heisses Feuer kalt?
Wer hat jhm denn die Glut genommen?
Wer machet jhn so ungestalt?
Die Venus/ die mir gibt zu schaffen/
Trägt in den Augen seine Waffen.

Die Venus/ die ist Amarylle/
Mein Auffenthalt/ mein Rosenblat.
Das schöne Licht/ der Augen Fülle
Ists/ das mich so versehret hat.
Sie sendet mir die scharffen Pfeile/
Weil ich nach jhrem Feuer eyle.

Kom/ meine Venus/ Amarylle/
Ich stelle dir ein Opfer an.
Daß ich an mir den Schmertzen stille/
Hab ich mich selbst dir abgethan.
Dir bau ich ietzt ein Hauß von Rosen/
Vom Purpur-Blut/ und Gold-Türckosen.

Da will ich deine Göttlichkeiten
Verehren wie ein Mensche soll.
Brecht an/ jhr angenehmen Zeiten/
Brecht an und macht mich Freuden voll!
Daß sich nicht sehne mein Verlangen.
Der Abendstern ist aufgegangen.
(S. 428-429)
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XXXIIX.
Uber Ihre Schönheit

Wer will mich viel neiden/
Daß ich was muß leiden
Umb den hellen Schein?
Ihre linden Tücke/
Und der Schönheit Blicke
Bringen alles wieder ein.

Ich laß mir nicht wehren.
Schönheit will ich ehren.
Sie hat einen Muth.
Sie hält mich gebunden.
Sie hat überwunden.
Schönheit ist mein höchstes Gut.

Schönheit ist mein Himmel/
Der das Angst-Getümmel
Von mir abwerts lenckt.
Sie ist meine Wonne/
Mein Stern/ meine Sonne/
Die am besten mein gedenckt.

Schönheit ist ein Garten/
Da ich Blumen warten
Und abbrechen kan.
Sie ist meine Rose/
Meine Gold-zeitlose/
Und mein edler Tulipan.

Schönheit ist mein Leben/
Das mir Krafft kan geben.
Sie ist gut und Geld.
Sie/ der Trutz des Falles/
Schönheit ist mir alles
Auf der weit- und breiten Welt.

Drümb/ wer will mich neiden/
Daß ich was muß leiden
Umb den hellen Schein.
Ihre linden Tücke
Und der Schönheit Blicke
Bringen alles wieder ein.
(S. 429-430)
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XLI.
Er liebet heimlich

Ihr Thäler/ Auen/ Stein und Püsche/
Jetzt will ich sagen/ was ich kan!
Kommt/ höret zu/ jhr stummen Fische/
Kompt höret meine Freuden an.
Wir lieben heimlich in der Stille/
Ich und die schöne Purpurille.

Ihr Hertz ist mir nun aufgeschlossen.
Sie küsset mich nach aller Lust.
Sie zeiget mir gantz unverdrossen
Die Rosen-volle Liljen-Brust.
Wir lieben heimlich in der Stille
Ich und die schöne Purpurille.

Sie giebt mir tausend Lieblichkeiten
Aus jhrer süssen Augen-Glut.
Sie machet es auf allen Seiten
Nach einer keuschen Liebe gut.
Wir lieben heimlich in der Stille
Ich und die schöne Purpurille.

Oft hat Sie mich in jhren Armen
An jhre Wangen angedrückt/
Daß Sie darüber must erwarmen/
Und an mir lag/ wie gar entzückt.
Wir lieben heimlich in der Stille
Ich und die schöne Purpurille.

Sie hat mir jhren Krantz gegeben.
Von Myrten war Er ausgemacht.
Wie hat Sie damals mich so eben
In jhren Rosen angelacht!
Wir lieben heimlich in der Stille
Ich und die schöne Purpurille.

Belaubt mir meine Sieges-Haare/
Ihr Myrten/ Sie/ die Beut/ ist mein!
Ach/ solt ich doch noch viel viel Jahre
Umb jhre zarten Blumen seyn!
Wir lieben heimlich in der Stille
Ich und die schöne Purpurille.

Ihr Thäler/ Auen/ Stein und Püsche/
Ihr wist nun/ was ich weiß und kan.
Ihr höret es/ ihr stummen Fische/
Doch sagt es keinen Nymphen an.
Dieweil wir lieben in der Stille
Ich und die schöne Purpurille.
(S. 434-436)
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L.
Frühlings Lied an die Liebe

Liebe/ die du unser Leben
Führest durch die rauhe Welt/
Wer muß dir nicht Beyfall geben/
Daß dir alles Ding gefällt/
Was du nur auf deiner Bahn
Siehest und kanst treffen an?

Was kan deiner wol entrathen/
Wenn der Frühling bricht herein?
Deiner Pfeile Gluth und Thaten
Müssen da geschäftig seyn.
Auch die Sonne/ wenn sie blitzt/
Wird von deiner Brunst erhitzt.

Alles wird von dir geliebet/
Was das grüne Lentzen-Feld
Zum Triumphe dir hingiebet.
Was die Flora bey sich hält
Hat sich/ in verliebter Pracht/
Unterthänig dir gemacht.

Ich auch werd itzund entzündet
In die freye Lufft zu gehn/
Wo man nichts als Liebe findet/
Nichts/ als Liebe siehet stehn.
Wo die Myrten umb den Bach
Ihren Schatten werffen nach.

Kommt/ last uns die Tulipanen
Wol beschauen/ weil die Zeit
Unter jhren Liebes-Fahnen
Zeiget jhre Lieblichkeit:
Denn jhr bundbestreiftes Licht
Giebet uns der Winter nicht.
(S. 450-451)
_____



LI.
Uber die liebliche Mayen-Lust / an Sie

Ermuntert euch/ meine Gedancken und Sinnen/
Der Winter vergehet/ die Flocken zerrinnen.
Die Erde verjünget jhr altes Gesichte.
Die Sonne steigt höher im göldenen Lichte.
Der Früling streut Rosen
Durch Wiesen und Felder.
Die Mayen-Türkosen
Beschatten die Wälder.

Die Westen erheben jhr liebliches Wispeln.
Die rauschenden Bäche gehn artlich und lispeln.
Der Himmel bekleidet die blinckenden Sternen
Mit blauen Tapeten/ und lachet von fernen.
Die Nächte sind kürtzer/ die Tage sind länger.
Der Morgen erwecket die schnaubenden Gänger.
Es thauen die Auen.
Es blühen die Püsche.
Das Wasser läst schauen
Die platzschernden Fische.

Der Jäger geht pirschen/ und suchet die Hinden
Umb alle belaubeten Buchen und Linden.
Die Frösche coaxen/ und quaxen/ und murzen.
Die Tauben die turteln/ und lachen und gurzen.
Die schwirzende Schwalbe besuchet die Tächer.
Die Fincken bepincken die grünen Gemächer.
Die Lerche tirliret
In sicherem Stande/
Und führet bezieret
Die Freyheit zu Lande.

Die Nachtigall schläget/ und schlürfet/ und singet/
Und hallet/ und schallet vor Freuden/ und springet.
Der Meyer geht über den Perlenen Rasen/
Und sieht jhn die brüllenden Rinder begrasen.
Die Ziegen beklettern die Stauden und Hecken.
Die Heerden der Lämmer die springen und lecken.
Die braunliche Phyllis
Sucht Corydon wieder/
Wenn sich Amaryllis
Im Schatten legt nieder/

Die Blumen zu brechen/ die Kräntze zu winden/
Daß sie sich kan lassen am Abend-Tantz finden.
Es labet/ und lebet/ und liebet sich alles/
Weil alles ins künftige gewärtig des Falles.
Wie lange bleibt Früling? dann kömmet der Sommer/
Auf diesen der Herbest/ auf diesen der Brommer.
Die Tage verfliessen.
Die Nächte verrauchen.
Die Stunden beschliessen.
Die Menschen verhauchen.

Und wenn wir am besten vermeinen zu prangen/
So ist uns das Alter im Tode vergangen.
Was wil ich viel trauern? was wil ich viel zagen/
Ich brauche der Jugend/ eh sie sich verschlagen.
Komm/ meine Verliebte/ gebrauche der Zeiten/
Jtzt blühen die Rosen/ itzt kanstu sie spreiten.
Das grünende Leben
Vergehet und stirbet.
Was werd ich dir geben/
Wenn alles verdirbet?

Wir sind ja nichts anders/ als Blumen im Meyen/
Brauch itzund der Jugend/ eh dich es wird reuen.
(S. 451-454)
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Fünftes Rosen-Gepüsche



Von Labellen
Sonett

Du dunckelbrauner Orth! Ihr Schatten/ die ihr lebet/
Wo eine grosse Flut von bittern Thränen fleust!
Ihr Seelen/ wo die Lieb jhr heisses Feuer geust/
Und mit dem Myrten-Krantz ein bleiches Haar bewebet/

Ach wär es euch nur kund/ was traurig ümb mich schwebet!
Ach/ nagt euch nur allein die Liebe/ die mich reist
Aus meiner Seele hin! Ach müst sich euer Geist
Dort plagen/ wie ich mich hier/ da mein Hertze bebet!

In dem Labelle mir die alte Flamm erregt/
Der Amor süsses Gift auf meine Lippen trägt/
Und mein gewolltes Weh mich suchet zuverderben

So muß ich warten hier/ biß mein Geist zu euch kömt/
Und mir die Seele hin aus meiner Seele nimt/
Wenn anders auch noch kan des Leibes Schatten sterben.

(S. 467-468)

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Von der Liebe
Sonett

Die Liebe solte tod/ und nicht gewesen seyn/
Als Sie mich durch den Brand der Augen hat gerühret.
Weil aber jhre Glut niemals ein Todsein spüret/
Solt ich vor Sie ins Grab selbst seyn gegangen ein.

Wie ein gefallner Reiff früh vor dem Purpur Schein
Der Morgenröthe fleust: wie Wachs die Flut gebieret/
Und vor der süssen Glut des Feuers sich entführet:
So rint mein Hertz aus mir/ und das vor lauter Pein.

So ofters ich den Glantz der Stirne hab erblickt:
So oft hat einen Strahl die Lieb in mich geschickt.
Nun hab ich Hoffnung nur/ und die bey Furcht und Schmertzen.

Ihr Himmels-Augen ihr/ was hab ich euch gethan?
Warumb steckt ihr den Brand der Fackeln in mir an?
Erbarmet euch/ daß ich euch dienen kan vom Hertzen.
(S. 468-469)
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Die Falsch-Liebende
Sonett

Das falsche Hertze das/ wie hats mich hintergangen!
Mein Hertz/ jhr Hertz/ mein Sinn/ Ihr Sinn/ mein Muth/ Ihr Muth/
War also sehr vereint/ daß auch das arme Blut
Umb sie so manche Brunst/ so manches Leid empfangen.

Jtzt weicht sie nun von mir. Was soll ich nun anfangen?
Bleib ich/ als wie ein Fels? So stürmet jhre Fluth
Jemehr und mehr auf mich. Weich ich denn jhrer Gluth?
So werd ich gar entseelt/ auch nur durch ein Verlangen.

Kein besser Rath ist hier vor mich und meine Pein.
Wenn sie wird Athemloß von meiner Liebe seyn
Und nun verschmachten wil in jhren süssen Schmertzen/

So wil ich jhren Glantz auch nicht einmal ansehn.
Und thu ich lange das/ so wirds (was gilts) geschehn/
Daß sie in jhrer Brunst freywillig mich wird hertzen.
(S. 469-470)
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Uber die aufmachende Anemone
Madrigal

Der Abend war ankommen.
Ich hatte meinen Weg bereit zu jhr genommen/
Zu Ihr/ zu meiner Anemonen.
Ich klopfet an.
Bald ward mir aufgethan.
Die rechte Hand trug Ihr das Licht
Die Lincke deckt jhr Angesicht.
So balde war das tiefst in meinem Hertzen
Verletzt von jhren göldnen Kertzen.
Wo kam ich hin? Sah ich denn in die Ferne?
Das kan ich itzund nicht aussprechen.
Jedoch die mir das Licht getragen/
Die war die Venus ohne Tagen
Selbselbst mit jhrem Abend-Sterne.
(S. 478-479)
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Von seiner Liebe

Der kalte Nilus-Strom quillt aus den Augen mir.
Im Hertzen aber da brent Aetna weit herfür.
Noch kan die grosse Glut nicht ausgeleschet werden/
Noch eingedrucknet seyn die gröste Flut der Erden.
So sind sie wiedrig zwar/ doch einig unter sich.
Die Glut ernehrt die Flut/ und das zu quälen mich.
(S. 486)
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Aus: David Schirmers Poetische Rosen-Gepüsche
Von Ihm selbsten aufs fleißigste übersehen/
mit einem gantz neuen Buche vermehret
und in allem verbesserter heraus gegeben
Dresden
In Verlegung Andreas Löflers Buchführers
Gedruckt bey Melchior Bergen 1657




siehe auch:
Teil 2   Teil 1








 


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