Johann Ferdinand Schlez (1759-1839) - Liebesgedichte

 


Johann Ferdinand Schlez
(1759-1839)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 





Gewalt der Liebe
Nach Salomo
1779

Stark ist des Todes rauhe Hand;
Doch stärker ist die Liebe,
Und fest umschlingt des Grabes Band;
Doch fester herzt die Liebe.
Die Kohle glimmt, das Feuer sprüht;
Doch höher flammt und tiefer glüht
Die wonnesüsse Liebe.

Kein Wasser löscht der Liebe Gluth,
Kein Strom ertränkt die Liebe.
Böt ein Verschmähter Hab und Guth
Für Handgelübd' und Liebe:
Die Hand erhielt' er nur um Geld;
Denn unerkauft durch Gold der Welt
Bleibt ewig frey die Liebe!
(S. 34)
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Phantasien
Abends in einer Laube
Am 16. Aug. 1780

Lispelt sanft, ihr kühlen Abendwinde,
Meiner stillen Laube zu;
Wirble mich von jener Schattenlinde
Abendsängerinn zur Ruh;
Wall im unumwölkten Silberscheine
Lieber, sanfter Mond hervor;
Murmle Bächlein über Kies und Steine
Schlummerlieder mir ins Ohr!

O, wie sanft ist's unter diesen Schatten
Von des Tages Last zu ruhn!
Nie vertauscht' ich diese Rasenmatten
Mit des Fürsten Eiderdun.
Kling und Klang, von Lolli's Kunst erzeuget,
Mag ihm Schlummer - Ode seyn;
Sanfter lullt mich, wenn der Tag sich neiget,
Philomelens Liedchen ein.

Und, o Himmel! wenn im Zauberschlummer
Dann mein Geist um Mira weilt,
Küsse träumt und, frey von Sorg' und Kummer,
Lust und Liebe mit ihr theilt! -
Dann erwach' ich, schau zum Pfad der Sterne,
Zu des lieben Mondes Pracht,
Der so mild von seiner blauen Ferne
Auf den Schlummer nieder lacht;

Zürne, dass vom Kirchenthurm der Hammer
Schon die Mitternacht verkündt!
Eil' zur Ruh in meine stille Kammer,
Bis der frohe Tag beginnt;
Bis der Hahn der rothen Morgensonne
Sein erschallend Ave! bringt.
Und ihr Schein, mit milder Himmelswonne
Durch mein Kammerfenster dringt.
(S. 37)
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Laura an Adolphs Grab
Eine Nänie
Im Dezember 1780

Weg mit Bräutekronen! Schwestern bindet
Todtenkronen mir ums Lockenhaar;
Windet Myrten, Rosmarinen windet
Auf der armen Laura Todenbahr.
Myrten zwar und Rosmarinen blühten
Mir, um's Haupt zur stolzen Hochzeitzier;
Aber seit mein Adolph hingeschieden,
Blühen bessre Kronen mir.

Und schon eil' ich, o so voll Verlangen!
Jene bessern Kronen zu empfahn.
Ah! die blassen abgezehrten Wangen
Künden schon die nahe Krönung an.
Nur an Adolphs keuschem Busen lachten
Sie auf Liljenweiss so rosenroth;
Seit er aber hingeschieden, schmachten
Aug' und Wange nur nach Tod.

Gott! wie oft gieng ich bey Mondenhimmel
Arm in Arm, mit ihm ums Dorf herum!
Hörte gern des Landmanns Scherzgetümmel
Und der Glocke nächtliches Gesumm.
Trauernd seh ich jetzt des Dörfchens Freude;
Ruhe lacht der Mond nicht mehr herab,
Und vom Thurme hallt das Nachtgeläute
Dumpfig, wie an Adolphs Grab.

Keine Ruh erquickt das Aug, kein Schlummer,
Kühlt das matte, abgehärmte Herz.
Nächte wach' ich durch, entnervt vom Kummer
Und mein Sehnen schmachtet himmelwärts;
Himmelwärts, wo Siegerpalm' und Krone
Der Verklärten mir entgegen wehn,
Wo ich, reinern Herzens, werd' am Throne,
Adolph! dir zur Seite stehn.

Wie wirst du dort in dem Lichtgewande
Noch verklärter als Verklärte seyn!
Warst du nicht im staubumhüllten Stande
Wie ein Engel schon von Flecken rein?
Ohne dich, wär' ich vielleicht, wie ferne!
Abgeglitten von der Tugendbahn;
Mit dir aber wallte ich sie gerne,
Denn du giengst mir stets voran.

Sangst mir Lieder, die das Herz gewinnen,
Die das meine himmelan entzückt;
Höhern Flugs wird itzt dein Lied beginnen:
Höher noch, wenn einst, hinaufgerückt,
Ich auch mich in deine Jubel menge,
Mich, entfesselt von der Erde Pein,
Freund! verklärt an deine Seite dränge,
Ewig deine Braut zu seyn.
(S. 50-52)
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Der Verschmähte
Nach dem lateinischen des
alten Karmeliters Baptist von Mantua
Am 13. Decemb. 1781

- - - - mea pectora imago
Virginis obsedit. Mecum est,
mecum itque reditque,
Excubat et dormit mecum. - - -
O me felicem! si cum mea fata vocabunt,
In gremio, dulcique sinu, niveisque lacertis,
Saltem anima, caput hoc languens abeunte jeceret!
Illa sua nobis moriuntia lumina dextra
Clauderet, et tristi fleret mea funera voce.
Sive ad felices vadam post funera campos,
Seu ferar ardentem rapidi Phlegetontis ad undam:
Nec fine te felix ero, nec tecum miser unquam!
Bapt. Mant. Ecl. III

So bring' ich doch der Holden Bild
Mir nimmer aus dem Sinn!
Sie wandelt mit mir aus und ein,
Umschwebt mich wo ich bin:

Schläft ein mit mir, steht mit mit auf,
Schafft bald mir Leid, bald Lust;
Saugt, wie ein eingeimpftes Reis,
Die Kraft aus meiner Brust.

Ach! ohne sie - wo ist ein Glück?
Mit ihr - wo ist ein Leid?
Getrennt von ihr, ist Hölle nur;
Bey ihr ist Seligkeit!

Und ach, dass jetzt aus ihrem Mund
Ein Heuchler Leben saugt,
Indess den Geist, durch ihre Schuld,
Ihr Treuster von sich haucht!

O läg' ich, wenn mein mattes Aug
Bald Todesdunkel deckt,
In ihrem schwanenweichen Arm,
Auf ihren Schoos gestreckt!

Mit Reuethränen säh' sie dann
Vielleicht auf mich herab,
Schlöss klagend mir die Augen zu
Und weinte um mein Grab.
(S. 91-93)

[Baptist von Mantua: Battista Mantovano (1447-1516)]

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Adam's erstes Erwachen
1782

Wo der Phrat am Blumenufer hallte,
Gieng einst Vater Adam auf und ab;
Lauschte, wenn im Hain das Echo schallte,
Dem sein Ruf die Täuscher-Stimme gab;
Spähte, wo ein West in Büschen rauschte,
Einem Bilde nach, dem seinen gleich;
Denn, was er im Paradies belauschte,
Sah er, Paar und Paar, durch Liebe reich.

Sah den Löwen mit der Löwinn irren,
Die ihm sanft die goldne Mähne strich,
Hört' ein Taubenpaar auf Palmen girren,
Sah, wie treu sich jedes Pärchen glich,
Wie sogar das Haideblümchen seine
Buntgeschmückte Freundinn um sich fand,
Und nur Er, der Arme! war alleine;
Denn kein Weibchen bot ihm Kuss und Hand.

Alle Schöpfung, die zur Lust und Wonne
Gott dem Wurm und Elephanten schuf,
Tönt dem Ersten unter Mond und Sonne,
Tönt dem Menschen keinen Freudenruf.
Müd und trauernd sank er endlich nieder
In den Arm der ersten süssen Ruh;
Euphrats Wogen rauschten Schlummerlieder
Ihm und holde Traumgesichte zu.

Sieh! ein Weib, schön wie die Morgenröthe,
Die den ersten Gruss der Schöpfung bot,
Fand ihn hier. Die seidne Locke wehte
Um ihr Haupt, beglänzt vom Abendroth.
Grosse, himmelsblaue Augen rollten
Ihr im rosig blühenden Gesicht;
Wuchs und Bildung waren unbescholten,
Und Gewand barg ihre Reitze nicht.

Adam träumt indess: der Rippen eine
Würd' von ihm gelöst; aus ihr erbaut
Stand ein Weib, wie unser Blick itzt keine
Tochter Evens unterm Monde schaut.
Träumt's; erwacht; - mit hüpfendem Entzücken
Sieht er lebend das geträumte Weib.
"Ha! was zeigt sich meinen trunknen Blicken?
Bein von mir, und Fleisch von meinem Leib!"

Wer verräth das feurige Umarmen,
Wie das Paar sich Brust an Busen schlang?
Wer das strömende Gefühl, den warmen
Kuss der Huldigung, mir im Gesang?
O, die süssen Erstlings-Schäferstunden
Wollen nicht, wie Minnetändeleyn,
Nachgeleyert, wollen nachempfunden,
Selbstgefeyert, nicht geschildert seyn!

Lottchen! Lottchen, mit den Rosenwangen,
Mit dem himmelblauen Augenpaar,
Mit dem Liljenbusen, mit dem langen
Götter-Wuchs und blonden Lockenhaar,
Mit der Männerseele, mit dem Mädchenherzen,
Mit dem süssen Nachtigallenton,
Mit der milden Thräne, mit den leichten Scherzen,
Sey mein Evchen! . . . Ach! . . . ich träume schon.
(S. 109-112)
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Hannchen
Nach dem Französischen
Im Dec. 1782

Nachbar Veitens Hannchen, gieng
Neulich Gras zu mähen;
Wetzt und mäht mit flinker Hand;
Doch des Heumonds Sonnenbrand
War kaum auszustehen.

Hannchen schlägt das Busentuch
Von des Mieders Spangen;
Kühlt sich mit dem Schnitterhut,
Schürzt sich dann, um wohlgemuth
Wieder anzufangen.

Doch umsonst! vor Hitze sank
Sie behaglich nieder
Unter kühler Zweige Dach,
Und ein Schläfchen schloss gemach
Ihre Augenlider.

Kaum schlief sie; da kamen drey
Süsse Herr'n gegangen,
Finden sie: - der Erste schlich
Sich ganz schüchtern hin, und strich
Hannchens Kinn und Wangen.

Doch der Zweyte, minder scheu,
Wagt es, sie zu küssen;
Küsst - doch schlummert Hannchen fort: -
Ob diess wahr, wird auf mein Wort
Jedes Hannchen wissen.

Aber, was der Dritte that,
Werd' ich nie gestehen;
Denn, verrieth' mein Liedchen diess,
Manches Hannchen gieng gewiss
Dann auch - Gras zu mähen.
(S. 117-119)
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Hans an seine Lene
Ein Bauernlied
Im August 1783

Setze, liebe Lene!
Komm und setze dich
Auf die Garbe, schöne
Lene neben mich.
Setze dich, umfasse
Meinen Arm, und lasse,
Freundliches Gesicht!
Deinen Hansen nicht.

Jakob war vor Freude
Kaum so hoch entzückt,
Als er auf der Weide
Rahels Aug' erblickt,
Wie ich, beste Lene!
Deiner Zauberschöne,
Deiner Freundlichkeit
Längstens mich erfreut.

Aber Eines wisse:
Deinem Mund so roth
Sind auch tausend Küsse
Längst von mir gedroht.
Lass mich denn, du Lose,
Ruhn auf deinem Schoosse,
Und dann wiege fein
Mich mit Küssen ein.

Traun! so gibts kein Pärchen
Auf der ganzen Fluhr!
Michel und sein Klärchen
Sind's die Hälfte nur.
Wir! wir sind die Leute!
Bräutigams und Bräute
Gibts die Menge hier,
Doch kein Paar wie wir!

Erstlich sind wir beyde
Hübsch, das sagt der Neid;
Und sodann, fürs zweyte,
Lauter Freundlichkeit;
Drittens, gute Seelen,
Die kein Lämmchen quälen;
Viertens, wie der Fisch
In dem Wasser frisch.

Doch, hier lass mich schweigen!
Tausendmal so viel
Würde kaum erreichen
Unsers Lobes Ziel.
Kurz, wir sind, wir beyde,
Ausbund wackrer Leute;
Das bezeugen wir
Alle beyde hier!

Denk dir erst, o Wunder!
Rings um unsern Tisch,
Kinder, schön und munter,
Wie Öhlzweige frisch -
Ha! das wird ein Leben!
Hand darauf gegeben!
Lene, du bist mein!
Hans ist ewig dein!!

Lachst du: werd' ich lachen;
Weinst du: wein' ich mit,
Freude wird uns machen
Jeder Tritt und Schritt.
Also schlendern beyde
Wir ans Grab, und Freude
Lachet mir und dir
Ewig dort wie hier.
(S. 183-187)
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Die Ungeliebte
Im October 1784

A maid unask'd may own a well-plac'd flame.
Not loving first; but lovin wrong is shame
Lyttleton

O sonst zufriedne Tage,
Da noch zu keiner Klage
Mein Geist gestimmet war!
Im leichten Flügelkleide
Bekränzt' ich nur der Freude
Mit jungen Rosen den Altar.

Hin sind die goldnen Tage!
Mein Morgenlied ist Klage,
Mein Abendlied, Gebeth
Um träumelosen Schlummer:
Und ach! des Herzens Kummer
Zerquält mich Arme früh und spät.

Oft schwebt, um mir zu schmeicheln
Und Hoffnung vorzuheucheln,
Ein Traumbild vor mir hin;
Ich seh im falschen Schatten
Den oft gewünschten Gatten,
Und höher schlägt das Herz für ihn.

Dann hör' ich Zaubertöne!
Mein Heinrich ruft: du Schöne
Bist mein! auf ewig mein!
Mit lauten Herzensschlägen
Sink' ich ihm dann entgegen,
Erwache nun, und - bin allein!

O der Geliebte kennet
Das Herz das für ihn brennet,
Den Dorn im Herzen nicht!
Wie aber dürft' ich's wagen,
Es selber ihm zu klagen,
Wo meine Liebe Dornen bricht?

Und ist nicht ganze Stunden,
Die Zunge mir gebunden,
Wenn mich sein Blick ergreift?
Spricht er: so fühl' ich Blöde,
Beschämt, dass Feuerröthe
Mir über Stirn und Wange streift.

Ein Drang, den ich verhehle,
Durchbebt mir bang die Seele,
Verzehrt allmählig mich. -
Er sieht's; doch er verkennet
Diess Herz gewiss und nennet
Mich eine Thörinn nur bey sich.

Weg Hoffnung zur Genesung!
Indess mich die Verwesung
Mit grausem Arm umschlingt,
Wird ach! in Heinrichs Armen
Die Glückliche erwarmen,
Die dreister ihm entgegen sinkt.

Doch nein! welch ein Gedanke!
Komm, Hoffnung, komm! ich wanke -
Dein Stab - er bricht - er bricht!
Du weilest noch? . . . Vergebens!
Die Freude meines Lebens,
Ach, Heinrich, Heinrich liebt mich nicht!
(S. 206-209)
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Lob der Weiber
1785

Schlanker Mädchen Ruhm besingt
Jeder Reimenschreiber;
Ich, wofern es mir gelingt,
Preise schöne Weiber.
Spröder Mädchen Reitz ist todt,
Denn er darf nicht nützen;
Und vor feilen wolle Gott
Gnädig uns beschützen!

Mädchen sind, man weiss es ja,
Flatterhaft wie Bienen;
Sammeln emsig hier und da,
Wo nur Auen grünen;
Fliegen dann in Einem Flug
Zu der Jungfer Baase,
Und zerrümpfen sich genug
Über uns die Nase.

Dennoch schallen auf der Flur,
In der Schäfer Reihen,
Von den Ungetreuen nur
Flöten und Schalmeyen -
O der blinden Liebeley!
O der Reimenschreiber!
Unbesungen bleibt die Treu'
Unsrer braven Weiber.

Eine Gattin, tugendreich,
Ist des Mannes Engel;
Machet Paradiesen gleich
Ihm die Welt voll Mängel:
Wie der Sonne Flammenblick
Düstre Nebel weichen,
Weiss ihr Auge schnell zurück
Jeden Gram zu scheuchen.

Mädchengunst und Liebe gleicht
Keiner Frauenliebe:
Diese herzt; - und jene weicht
Jedem leichten Triebe.
Weiber, Weiber lob' ich mir!
Ihrem Schooss entspriessen
Kinder, die als Väter wir
Unerröthend küssen.

O! der namenlosen Lust,
O! der süssen Wehen,
An der vollen Mutterbrust
Kinder stillen sehen!
Am gewölbten Borne Sehnen,
Unter Durst und Sehnen,
Das geliebte Kind und schweigt
Wieder nach den Thränen.

Satt und munter strebt es nun,
Unter Huldgekose,
Auf des Vaters Arm zu ruhn,
Weg vom Mutterschoosse;
Freudig nimmt es der, und springt,
Schaukelt es geschwinde,
Hüpft und schäkert, tanzt und singt
Schier sich selbst zum Kinde.

Wer nun schenkt die Freuden all?
Sagt's, ihr Reimenschreiber!
Schenken sie nicht allzumal
Unsre trauten Weiber?
Weg mit Mädchentand und List!
Brüder, lasst uns freyen!
Glücklich wird kein Mann geküsst
Bey den Liebeleyen.

Weiber kommen spät und früh
Haus und Hof zu statten,
Theilen jede Erdenmüh'
Mit dem treuen Gatten.
Suchen jede Leibesnoth
Sorgsam zu verhindern,
Und, durch Pflege bis zum Tod,
Unsern Schmerz zu lindern.

Heil mir! dass der Muse Fleiss
Süsse Melodien,
Edle Frauen! euch zum Preis,
Günstig mir verliehen;
Denn nun kann mein trunkner Sinn
Eures Danks sich freuen,
Den ihr, wenn ich nicht mehr bin,
Mir noch werdet weihen.

Allgepriesen, allgeliebt
Von den schönsten Frauen,
Werd' ich, wo es Weiber gibt,
Holdgeküsst mich schauen;
Sterb' ich, der ich sie erhob,
Werden sie, mit Klagen,
Wie den Heinrich Frauenlob,
Mich zu Grabe tragen.
(S. 210-215)
_____



Nachtbesuch
Ein Bauern-Idyll
1788

Er
Hollah, hollah, thu auf mein Kind,
Thu auf in finstrer Nacht!
Es schläft der Hund, es saust der Wind,
Und keine Seele wacht.

Sie
Wohl schlummert alles; aber mein
Gewissen schläft doch nicht
Ich säh dir, liess ich itzt dich ein,
Nie dreist mehr ins Gesicht.

Er
Warum? warum? was riethe dir
Doch dein Gewissen ab?
Nur reine Liebe brennt in mir,
Und brennt bis in mein Grab.

Sie
Wohl sucht dein Herz voll Lauterkeit,
Gewiss nicht meinen Schmerz;
Doch aber die Gelegenheit
Verführt das beste Herz.

Er
O nein! o nein! mich macht sie nicht
An dir zum Ehrendieb,
Da bist du, freundliches Gesicht,
Mir himmelweit zu lieb!

Sie
Bin ich dir lieb: so sey auch fein
Auf meinen Ruf bedacht;
Geh hin, und meide bösen Schein,
Denn die Verleumdung wacht.

Er
Sey rein und kalt, wie Schnee und Eis,
Sperr dich ins Kloster ein,
Die Schmähsucht schon um keinen Preis,
Es muss getadelt seyn!

Sie
O lass sie schmähen! - halt' ich mich
Nur rein von böser That:
So wird, das glaube sicherlich,
Wohl auch der Lüge Rath.

Er
Ha, rede nichts von Trug der Welt,
Von bösem Ruf und Schein!
Ein Andrer ist für dich bestellt,
Drum lässt du Mich nicht ein. -

Sie
Ach ewig Dein und Dir verpflicht't,
Sind Herze, Mund und Hand;
Nur fordre meine Unschuld nicht
Zum Liebes-Unterpfand!

Er
O nein, o nein! zur guten Nacht!
Schlaf wohl und liebe mich!
Dein Engel, welcher dich bewacht,
Sprach dieses Wort durch dich.

Sie
Ade, Ade, schlaf wohl und warm!
Geh hin und bleibe mein!
Bald schlummern wir nun, Arm in Arm,
Am Hochzeitabend ein.
(S. 236-240)
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Der glückliche Bauer
1792

Wo, wo, wo ist der Mann,
Den ein solch Weibchen küsst
Wie mein liebs Gretchen ist?
Wo, wo, wo ist der Mann?

Geht, geht, geht nur durchs Land;
Sucht nur ein Weib wie meins -
Heisa! ihr findet keins!
Geht, geht, geht nur durchs Land.

Schaut, schaut, schaut sie nur an!
Gleicht ihr nicht Milch und Blut?
Steht ihr nicht alles gut?
Schaut, schaut, schaut sie nur an!

Rund, rund, rund ist ihr Kinn!
Rappenbraun ist ihr Haar,
Pechschwarz ihr Augenpaar;
Rund, rund, rund ist ihr Kinn.

Hold, hold, hold ist ihr Mund!
Was er in Liebespracht
Zwischen zwey Grübchen lacht!
Hold, hold, hold ist ihr Mund.

Leicht, leicht, leicht ist ihr Tritt!
Schaut wie sie tanzend geht,
Sich wie ein Kreisel dreht!
Leicht, leicht, leicht ist ihr Tritt.

Flink, flink, flink wie zum Tanz,
Stellt sie nach Sitt' und Brauch
Sich zu der Arbeit auch:
Flink, flink, flink wie zum Tanz.

Seht, seht, seht ihren Fleiss!
Alles an meinem Leib
Strickte und spann mein Weib;
Seht, seht, seht ihren Fleiss.

Rein, rein, rein ist ihr Putz!
Teller und Tisch und Bank,
Alles ist hell und blank;
Rein, rein, rein ist ihr Putz.

Gut, gut, gut ist ihr Tisch!
Wohlgeschmack für den Mund,
Auch für den Leib gesund;
Gut, gut, gut ist ihr Tisch.

Klug, klug, klug ist mein Weib!
Häuslich und doch dabey
Ferne von Knausserey;
Klug, klug, klug ist mein Weib.

Sanft, sanft, sanft ist ihr Herz!
Kaum sind von Sinn und Muth
Täubchen und Lamm so gut;
Sanft, sanft, sanft ist ihr Herz.

Treu, treu, treu ist ihr Sinn!
Keiner als Ich, ihr Schatz,
Findet bey Gretchen Platz;
Treu, treu, treu ist ihr Sinn.

Ju - ju - heisa - juhe!
Was sie noch weiter ist
Weiss ich wohl; aber . . . pst!!
Ju - ju - heisa - juhe!
(S. 261-264)
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Aus: Vermischte grösstentheils lyrische
Gedichte von Johann Ferdinand Schlez
Zweyte, verbesserte, vermehrte Auflage
Nürnberg bey Ernst Christopg Grattenauer 1793

 


Biographie:

https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Ferdinand_Schlez


 


 

 


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