Jacob Schwieger (um 1630-1664) - Liebesgedichte



Jacob Schwieger
(um 1630-1664)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:

 





Das erste Zehen
Zeiget an die grosse und getreue Liebe
des edlen Siegreichs

I.
Der vortrefflichen Adelmuht zugefallen

1.
Ach daß ich Armer möchte haben
Dein Röselein als dan wolt' ich
Erfreüen deinen Sinn und mich/
Laß zu daß sich mein Hertz mag laben.
Mein trautes Sehlchen eile doch/
Und mache leicht mein schweres Joch;
Halt hehr die Rosen-rohten Wangen/
Tref ich Sie nicht/ bleib' ich gefangen.

2.
Aus deinem Munde flißen Flüsse
Die süßer noch als Zukker seyn/
Ei gieb Sie mihr mein Täubelein/
Licht! meiner schwartzen Finsternüsse/
Mein liebstes Kind/ reich hehr den Mund
Und mach mein krankkes Hertz gesund/
Hoch-ädle Bluhm den wil ich preisen/
Trau solches/ dich mit tausend Weisen.

3.
Als Venus jhre Liebes Flammen
Durch Gegen-Liebe löschen wolt?
Ergriff Sie jenen/ den Sie hold/
Leicht ließ der Himmel Sie zusammen.
Mein liebster Freünd/ sprach Sie: Kom bald/
Und jage frey in meinem Wald/
Heüt kanstu meine Gierde stillen
Tuhst dus? so tuh' ich deinen Willen.

4.
Adon so hihß der Schäfer-Knabe
Der schloß Sie in die Armen ein/
Er gab jhr tausend Küsselein/
Liß schier zuküssen nimmer abe:
Mit Freüden gab Sie Ihm die Roß
Und drauf starb er in jhren Schoß:
Hie liegt er der mich pflag zu laben/
Tau Himmel! rief Sie: auf den Knaben.

5.
Ach Adelmuht du Glantz der Jugend/
Du Tausend-schöne Mensch-Göttinn!
Erfreü auch meinen treüen Sinn
Laß zu daß Ich/ o Ruhm der Tugend
Mag nehmen hin dein Röselein
Und schleüß mich in die Armen ein.
Hihrauf so wil ich stets mein Leben/
Trotz allen Neidern dihr ergeben.
(S. 1-3)
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Seines Hertzens- Wunsch-Versprechen-
und Warnungs Rede

Ach möcht' ich doch mein Kind von deinem rohten Munde
Der über-zukkert ist/ empfangen einen Kuß!
Ei gläube daß ich dihr aus meines Hertzens Grunde
Lieb! ohne Wieder-spiel/ gebs Neidern gleich Verdruß/

Mit höchster Freündligkeit und Freüden wolte geben
Und schenkken meine Treü die weit von Gall und List.
Halt hehr den Mund und gieb mihr einen Kuß/ mein Leben!
Tuh dises doch wo du nicht unbarmhertzig bist.
(S. 4)
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II.
Er suchet jhre Liebe

1.
Adelmuht du Preiß der Jugend/
Außerkohrne Mensch-Göttinn!
Deine Zier und güldne Tugend
hat bemeistert meinen Sinn:
Mein Gemüht entzükt aus mihr
ligt gefangen/ ach! in dihr.

2.
Schau mein Nebel fürcht die Stralen
deiner Augen Schäferinn!
und fält schier zu tausend-mahlen
edle Sonne vor dihr hinn:
Adelmuht dein Angesicht
durch mein mattes Hertze bricht.

3.
Du o Außzug aller Freüde/
Trösterin der harten Pein!
Schaffe Raht in disem Leide
durch der Augen Licht und schein/
gieb mihr deiner Liebe Gluht
meine Freündinn' Adelmuht.

4.
Wiltu daß ich sol verderben
in der heissen Liebes Gluht
und in deiner Treüe sterben?
Ey so halt mihrs auch zu guht/
daß ich sag'/ o Adelmuht
du hast schuld an meinem Bluht.
(S. 5-6)
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Seine Bitte

Hält nicht ein jedes Tihr sich stets zu seines gleichen/
der Täuber liebet sehr sein liebes Täubelein/
Sie wil dem Täuber auch nichts in der Liebe weichen;
Der Hirsch liebt seine Hind': und ich muß einsam seyn?

Wir sein ja beide gleich von gleichem Bluht und Stande/
mein' Adelmuht! warüm liebstu mich denn auch nicht?
Kom Lieb und rette mich! eh man mich findt im Sande
verscharret: Hilff' ach hilff/ mein Sonnenschein und Licht.
(S. 6-7)
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III.
Er lobet Sie

1.
Wohin sol ich die Sinnen wenden
weil ich jtzund der Adelmuht/
wil ein verheißnes Liedchen senden
sol ich Sie rühmen oder nicht?
weil jhr beliebtes Angesicht
ist meinen Sinnen Feür und Gluht.

2.
Ja freilich muß ich Sie erheben/
Sie die die Tugend selber ist/
Ich wil jhr einen Lobspruch geben
weil Sie hat einen reinen Muht/
an jhr befindt sich alles guht/
bey jhr ist keine Gall' und List.

3.
Ihr Hertz stimmt überein mit Worten/
Sie ist an keüscher Treüe fäst/
Ihr zahrter Mund der zeigt die Pforten
zum angenehmen Zukker-Fluß
ach möcht ich nehmen einen Kuß!
das kaum jhr keüsches Thun zuläst.

4.
Sie/ Adelmuht ist voller Tugend/
Sie ist ein Rosen-Kindelein/
Sie ist ein Bild der grünen Jugend
Sie ist die schönste Nimfen Blum/
Sie ist des Adels Eigenthum;
Sie zeigt den schönsten Rosen-schein.

5.
Seht so ist Adelmuht gezieret/
jhr Hertz verlachet jenen Knecht
der allzugrosse Worte führet/
Sie stosst jhn gar ins Angesicht/
und spricht: Den Flögel lieb' ich nicht!
wer sagt nicht daß dasselbe recht.

6.
Ja Adelmuht ist höchst zu preisen/
die gantze Welt muß jhr allein
bedihnen mit viel Tausend Weisen.
Ich selber wil mit gantzem Fleiß
jhr nach vermögen geben Preiß
und jhr beliebter Diener seyn.
(S. 7-9)
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Er liebet Gott und eine reine Jungfrau

Wer rühmt die Pärlen nicht/ wer liebet nicht Korallen
und preist den Deamant/ wer sucht nicht Gold und Geld?
Es läst ein jeder jhm die Schätze wolgefallen
und disen Abgott ehrt für andern alle Welt.

Ich aber acht' es nicht/ Ich preise Zucht und Tugend/
Ich suche Ruhm und Ehr/ Ich liebe Gott allein/
und nebenst dem ein Bild von noch gar frischer Jugend:
Weil dises heget Lust und jenes bringet Pein.
(S. 9-10)
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IV.
Er begehret jhre Brüste

1.
Ach Adelmuht du Rose/
Du Täubchen sonder List!
schau hehr wie Ich Lieb-kose!
Warüm? üm deine Brüst/
ach gieb Sie mihr mein Hertz!
so fühl ich keinen Schmertz.

2.
Die harten Äpfel-Brüste/
die zeigen deine Zucht/
ach daß ich nur eins müste
geniessen derer Frucht!
so wolt' ich schönste Zihr/
dich rühmen für und für.

3.
Denn deiner Brüste prangen
hält meinen treüen Sinn
mit aller Macht gefangen/
o wehrte Schäferinn!
diß ist fürwar gewiß/
du edler Tugend-Riß!

4.
Du Glantz der rauen Zeiten!
Ich sage dihr jtzt zu:
Daß ich nicht wil außbreiten
was du mihr giebst in Ruh;
so sey nun/ schönes Kind!
auch so wie Ich gesinnt.

5.
Ich gebe dihr mein Leben/
und was dein Hertze sucht
wil ich nicht wieder-streben/
gieb hehr der Brüste Frucht/
gieb mihr auch Hand und Mund
zum treüen Liebes-Bund.
(S. 11-12)
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Er ist verschwiegen

Ich bin/ mein Hertzen-Kind! mit nichten zuvergleichen
dem/ so der Elster gleicht/ der alles was er weiß/
und was Er immermehr mit Mühe kan erreichen
verkündet jederman/ und sucht jhm dadurch Preiß.

Mein Hertzen Adelmuht! Ich liebe Zucht und Tugend
Verschwigenheit das ist mein bester Demantstein/
Sie zihret meinen Stand und meine grüne Jugend.
Diß laß dihr eine Lust/ mein Kind! zu hören seyn.
(S. 13)
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V.
Adelmuht kan jhm helffen

1.
Adelmuht mein Licht und schein
und Erquikkung meiner Pein/
was Ich dihr versprochen
wil ich halten steiff und fäst
biß den letzten Lebens Rest
hat der Tod gebrochen.

2.
Dein beliebtes Rosen-Licht
so durch deine Wangen bricht
ist mein bestes Leben;
sage mihr/ o Adelmuht!
wann wiltu dein Rosen-bluht
mihr eins über-geben?

3.
Adelmuht/ ach komm' herzu
und gieb meinem Hertzen Ruh
das sonst muß verschwinden!
Laß mihr doch in süsser Lust
eins von deiner Zukker Brust
Trost und Hülff' empfinden.

4.
Nichtes bin ich üm und an
wenn ich nicht erlangen kan
dein beliebtes Lieben/
sterben muß ich vor der Zeit
wo nicht meinem Hertzeleid
wird ein Zihl beschrieben.

5.
Komm derhalben Adelmuht
und gieb mihr dein Rosen Bluht/
deine Brüst daneben;
übe dich auch für und für
in der keüschen Lust mit mihr
daß wir beide leben.
(S. 13-15)
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Der angezündete

Die Fakkel wenn man Sie nur erstlich angezündet
so flammt sie tapfer fort sie läst sich nicht so leicht
hinwieder löschen aus. Doch Wasser überwindet
derselben Glantz und Gluht/ jhr Brand dem Wasser weicht.

So brennt mein Zunder Hertz/ ach Adelmuht mein Leben!
so flammt es für und für von deinem Feür entbrant;
Dein feüer aber kan mihr selbst auch Lahbsahl geben:
Reich mit dem Feüer hehr/ was mihr dein Feür entwandt.
(S. 15-16)
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VI.
Er sehnet sich nach dem Bluhte jhrer Wangen

1.
Adelmuht mein Hertz und Leben/
mein Verlangen/ Lust und Gier!
sage doch/ wann wiltu geben/
mihr ein Küßchen schönste Zihr?
Wann sol ich von deinen Wangen
eins empfangen
dein beliebtes Rosen-Bluht?
sag' es mihr/ o Adelmuht.

2.
Deine Wangen hegen Rosen
die mit Milch und Bluht gezihrt
und im Hertzen mihr Lieb-kosen/
die mihr schier den Geist entführt;
Ach! wen sol ich von den Wangen
eins empfangen
dein beliebtes Rosen-Bluht?
sag' es mihr/ o Adelmuht.

3.
Möcht' ich wie die Schnek spatzieren
auf den Wangen hin und hehr/
soltestu im Nu verspühren
daß dihr was entgangen wer'/
und daß ich von deinen Wangen
hätt' empfangen
dein beliebtes Rosen-Bluht;
Gläub' es mihr/ o Adelmuht.

4.
Drüm o Rose der Jungfrauen
tritt mit deiner Gunst herzu?
daß ich mag mein Hoffen bauen
und geniessen Freüd und Ruh/
laß mich auch von deinen Wangen
bald empfangen
dein so schönes Rosen-Bluht:
o mein Hertzen Adelmuht!
(S. 16-18)
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Sie machet lebendig

Kont' Esculapius durch zugerichte Sachen/
durch seiner Kräuter-Kunst/ ach Adelmuht mein Licht!
die schon Verstorbene vom neüen Lebend machen?
Gedenkke frei daß dihr hieran auch nichts gebricht.

Dein wegern ist mein Tod/ dein Lieben ist mein Leben/
Ich sterbe wann du mihr entzeüchst dein Rosen Bluht:
Giebstu mihrs aber hehr/ wird mihr mein Leben geben:
mein Tod und Leben steht bei dihr o Adelmuht.
(S. 18-19)
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VII.
Sie ist lieblich

1.
Adelmuht dein Angesicht
gläntzet wie das Sonnen Licht!
wie das klare Sonnen-Licht
gläntzet auch dein Angesicht.

2.
Dein beliebtes Lippen-roht
machet frey von Liebes Noht;
ja von heisser Liebes Noht
machet frey dein Lippen-roht.

3.
Adelmuht reich hehr den Mund
so wird mihr mein Hertz gesund;
eilig wird mein Hertz gesund
wann du mihr giebst deinen Mund.

4.
Auch dein schönes Wangen-Feld
ist ein feines Rosen-Zelt;
ein gewünschtes Rosen-Zelt
ist dein schönes Wangen-Feld.

5.
Giebt mihr doch mein Aufentahlt!
ein beliebtes Rößlein bald/
giebstu mihr ein Rößlein bald?
soltu sein mein Aufenthalt.

6.
Adelmuht mein ander Ich
liebe mich gleich wie ich dich/
liebstu mich gleich wie ich dich?
so bleibstu mein ander Ich.
(S. 19-20)
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Sie ist Schön

Gleich wie das Sonnen-Licht mit seinem Glantz und prangen
bestrahlet über-all diß gantze Rund der Welt;
So gläntzt das Rosen-Licht von meiner Schönsten Wangen/
daß wer dasselbe siht in Demuht nieder-fält;

Die Augen dises Bilds sein heller dann die Sonne/
es ist kein Himmels-Licht das solche Strahlen giebt.
So gläntzet mein Rubihn/ meins Hertzens Lust und Wonne
drüm billich dises Bild auch von mihr wird geliebt.
(S. 21)
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VIII.
Er giebet jhr einen heimlichen Verweiß

1.
Adelmuht du Glantz der Jugend
du o meiner Liebe Grund!
Deine Keüschheit/ deine Tugend
und dein Rosen-rohter Mund/
haben mihr das Hertz genommen
als ich neülich zu dihr kommen/
Adelmuht/ ach du allein
solst mein liebes Leben seyn.

2.
O du Fürstinn meiner Sinnen!
deine grosse Treffligkeit
wirkket in mihr mein beginnen:
Du o Wunder deiner Zeit!
deine mehr als Liljen Wangen
hatten meinen Sinn gefangen.
Adelmuht du solt allein
meine Lust und Freüde seyn.

3.
Du o Heldinn vieler Schönen!
merkke/ wenn gleich andre sich
auf das prächtigste bekröhnen
sind Sie dihr mein ander Ich
doch mit nichten zuvergleichen/
wer kan deine Zier erreichen?
Adelmuht nur du allein
führst den aller-schönsten Schein.

4.
Prinzessinne meines Lebens/
meines Hertzens beste Ruh!
ach! es ist doch nur vergebens
alles was ich immer tuh/
Deine mehr als Zukker Wangen
werd' ich nimmermehr empfangen/
denn du Bluhme wilt allein
jenes lahmen Freiers seyn.
(S. 22-23)
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Er entschläget sich ihrer

Wiewol ich oft gesagt daß du mein zweites Hertze/
daß du mein ander Ich/ daß du mein Rosen-Licht/
daß du mein Aufenthalt und meiner Liebe Kertze?
so sag' ich doch jtzund getrost: Du bist es nicht!

Du bist mein Aufenthalt mit nichten mehr zu nennen/
du bist nicht mehr mein Hertz/ mein Rosen Licht/ mein Ich/
und meiner Liebe Kertz. Das geb' ich zuerkennen
der gantzen Welt/ weil du so gar verläumdest mich.
(S. 24)
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IX.
Er verheisset jhr seine Liebe

1.
Ist denn dein Hertz von Stahl und Eisen/
o außerkohrne Mensch-Göttinn!
daß sichs nicht wil geneigt erweisen?
ach/ sag es mihr o Schäferinn!
wann wiltu mich von meinen Schmertzen
befreien? und von Hertzen hertzen.

2.
Der Regen kan zuletzt erweichen
noch einen Felsen-harten Stein;
Ich aber kan gar nicht erreichen
dein hartes Hertz/ o grosse Pein!
o mehr als Hellen gleiche Plagen/
die ich deßwegen muß ertragen.

3.
Du bist ein Quäll der Honig giebet/
du bist des Adels Eigentuhm/
du bist es die mich so betrübet/
ach Adelmuht du keüsche Bluhm!
Ach Adelmuht/ du Preiß der Schönen
wann wiltu mich mit Freüden kröhnen?

4.
Sol ich den ewig in den Wäldern
ohn dich mein Leben bringen zu?
sol ich den stetes in den Feldern
herümmer irren ohne Ruh?
Möcht' ich nur deine Gunst erwerben
so wolt' ich gern dein Siegreich sterben.
(S. 25-26)
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Sie ist unempfindlich

Ein Felsen-harter Stein wird endlich von dem Regen
noch weich und durch-gebohrt; Ach aber! meine Pein/
und Trähnen können nicht jhr Felsen-Hertz bewegen/
drüm ist jhr hartes Hertz viel härter als ein Stein.

Ich wil/ weil ich nicht kan jhr Steinern Hertz erweichen/
mein Leben geben auf: Mein Sehlchen guhte Nacht!
Mein Leib der wird nun bald zu einer kalten Leichen
das hat dein hartes Hertz und Steinern Sinn gemacht.
(S. 26-27)
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X.
Der Seüfftzende

1.
Ach/ ach! wo sol ich armer immer hin/
weil ich von dihr so gar verlassen bin?
Komm Adelmuht! kom eilig hehr mein Kind/
und sei mit Hertz und Mund wie ich gesinnt.

2.
Ein schneller Hirsch fühlt nimmer solche Pein
wenn wegen Durst er stets muß flüchtig seyn;
als ich mein Kind/ als ich o Adelmuht/
empfinde wegen deiner Schönheit Gluht.

3.
Die glatte Stirn/ wie auch das schöne Hahr/
das Wangen-Feld und hohes Augen-klar/
die runden Brüst und der beliebte Mund/
die machen mihr mein junges Hertze wund.

4.
Doch wie der Safft den uns die Weinbeer giebt
erfreüt das Hertz das sonsten sehr betrübt/
so kan mihr auch dein süsser Lippen Safft
in meiner Noht erwekken neüe Krafft.

5.
Drüm Adelmuht mein außerwehlter Schatz/
kom eilig hehr gieb meinem Flehen platz/
sonst sterb' ich gar: Ach! gieb mihr deine Hand
und einen Kuß zu einem Liebes Pfand.
(S. 27-29)
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Die beste Kuhr seines Hertzens

Der Rosen-Sirup stärckt ein schwach- und krankkes Hertze
er nimt das Zittern hin und macht die Glieder froh/
die sonst vom Bluht beschwert und kaltem Zitter-schmertze/
diß sagt Herr Wittich selbst und dem ist auch also.

Mihr auch/ o Adelmuht/ wil schier das Hertz zerbrechen
es zittert/ doch hilfft mihr der Rosen-Sirup nicht.
Fragstu: Was den? Ach Kind! (verzeihe meinem sprechen:)
Dein Lippen-Sirup hilfft der durch die Rosen bricht.
(S. 29-30)
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ENDE Des Ersten Zehens



Kling-Gedicht

Jtzt sag' ich daß mein Hertz nie einen solchen Stoß
erlitten/ wie er jtzt von deinen Rosen-Wangen
und deiner Augen-Licht/ o Adelmuht! empfangen
Ich bin fast ausser mihr mein Elend ist zu groß:

Der Schmertz sitzt an mein Hertz/ wo werd' ich jhn doch loß?
Wo sol ich armer Hirt die Hertzens Kuhr erlangen
auf daß ich mög' einmahl mit frischem Hertzen prangen?
Mein Hertze hat sich dihr mein Kind gegeben bloß.

Ach kom! mein Lämchen kom! und gib mihr deinen Mund
denn dein beliebter Mund kan meinem Hertzen geben
die allerbeste Kuhr; Dein Mund beherscht mein Leben;

Dein Mund der tödtet mich und macht mich auch gesund/
sol Ich nun/ Adelmuht/ den bleichen Tod nicht sehen
so laß nur einen Hauch/ ach! auf mein Hertze gehen.
(S. 32-33)
_____



Seine neüe Liebe

Nun Charitil/ ade! Ich kan dich nicht mehr lieben
weil mich ein ander Licht jtzund gefangen hält
die Adelmuht die hat mein treües Hertz gefällt
üm dich Freündinne werd' ich mich nicht mehr betrüben/

mein Hertze hat sich schohn der Adelmuht verschrieben:
und die/ die lieb' ich nun für alles in der Welt/
derselben wird von mihr mein Leben zugestellt
mit Jhr hoff' ich mich bald in keüscher Lust zu üben.

Was sag' ich? Adelmuht ist mihr noch abgeneigt
Sie stellet sich gar Frembd und wil mich nicht erkennen
vor einen treüen Knecht. Da doch mein Antlitz zeügt
daß ihrendwegen schier mein Hertze wil verbrennen.

O Himmel! gieb mihr doch der Adelmuhten Gunst
so hab' ich nebenst dich den Lahbsahl meiner Brunst.
(S. 33-35)
_____



Sein Abschied

Weh mihr! mihr armen Mann/ weh mihr ich muß vergehen
weil Adelmuht ihr Licht mihr nicht vergönnen wil!
Sie ach! Sie fleügt vor mihr und wil nicht halten stil/
es scheinet daß Sie mihr nicht wil zu Diensten stehen/

Sie lachet meiner Pein und wil mich gar nicht sehen/
Sie liebt so nicht wie die verstorbne Candorill
und ist so nicht gesinnt wie eine Filomil/
drüm ist es auch mit mihr nun schier im Nu geschehen.

Ihr grühnen Triften Ihr/ die Ich so oft bezogen
ihr werdet Zeügen sein wie manchen stoltzen Bogen
ich meine Noht vertraut: Ade du Elben-Fluß
und dihr mein Vaterland geb' ich den letzten Kuß.

Wo Adelmuht bey dihr mihr wird zuwidern leben
so werd' ich dihr forthin wol keinen Kuß mehr geben.
(S. 35-36)
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Überschrifften

An seine Göttinn

Ach merk es Adelmuht ein rohtes Röselein
muß werden abgepflükt wenß nur den Reif empfangen
im widrigen so muß es selbst sein Gräblein sein
was nicht wird abgepflükt und heist Sie ist vergangen.

Das Rößlein deiner Zucht ist auch nun reiff/ o Schön!
(vergieb es mihr daß ich dihr dises wollen schreiben:)
drüm laß bei Leibe nicht dein süsses Rößlein stehn:
den wiss' es nützet nichts lang ungepflükket bleiben.
(S. 37)
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An Adelmuht über seinen Traum

Das war ja Süßigkeit daß Ich o schönste Zihr
krigt einen süssen Kuß zu Nacht im Traum von dihr.
So süß' er mihr vor war/ so bitter ist er nun
weil ich gantz nichts gekrigt. Was sol ich aber thun?
Ich muß zu friden sein/ und denkken daß ein Kuß
macht weder reich noch arm/ nur daß er bringt verdruß.
(S. 38)
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Er beschreibt seine Liebe

Ich muß o Adelmuht dihr ohne Falschheit sagen/
daß meine Liebes Gluht von dihr ist schwer zu tragen:
Den seh ich deine Blüht? so ist Sie Blitz und Schein:
seh' aber Ich mein Hertz? ist Sie mihr Hellen Pein.
(S. 39)
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Die Uhrsach seiner Schmertzen

Wann Ich o Adelmuht betrachte mit Verlangen/
den mehr als güldnen Schmuk/ den Zihraht deiner Wangen/
den Rosen-rohten Mund/ der Augen klares Licht;
so ist es gleich als ob mein Hertz in Stükken bricht.
(S. 39)
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An eben selbige

Nun ist dein Siegreich hinn/ sein Leben ist erstorben/
sein frischer Leib ist schwach/ sein Angesicht verdorben:
Was aber Adelmuht hat Schuld an diser Pein?
Die gantze Nach-Welt ruft: Nur Adelmuht allein.
(S. 40)
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Er entschläget sich jhrer

Fahr hin/ o Adelmuht/ du stoltze Mensch-Göttinn
in deinem stoltzen Muht und aufgeblaßnem Sinn!
Ich find' ohn zweifel wol/ ein' andre deines gleichen/
dein rohtes Wangen Feld wird eh als mein erbleichen.
(S. 40-41)
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Als er jhr ein Buch schenkkete

Hier hastu schau doch hehr o schönest Adelmuht/
ein kleines Büchelein: Darinne wird beschrieben
der Liebe Lust und Leid: Ach laß es dihr belieben
und nim es günstig an; Du Adeliches Bluht.
(S. 41)
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Der Verbrante

Wer Gluht und Feür angreift der kan sich leichtlich brennen
und kommen bald in Noht/ wie? ist nicht dises wahr?
Ach ja diß muß fürwar ein iederman bekennen/
Ich selbst gesteh' es hier/ und sag' jtzt offenbahr/

daß Ich mich auch gebrant doch nicht an Feür und Flammen
darbey man Speisen kocht/ Nein/ nein/ der Liebe Gluht
so Adelmuht selbst hegt schlägt über mich zusammen
und setzet mich in Noht. Feür/ Feür o Adelmuht.
(S. 42)
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Als er jhr etliche Lieder schenkkete

Adelmuht mein Rosen Hertz nim doch dise Lieder hinn
die Ich schon vor langer Zeit dihr mein Hertzen Ich versprochen:
Nim Sie dankbahrlich von mihr. Ich verbleibe der Ich bin/
nemlich deiner Hand bedihnt biß die Augen sein gebrochen.
(S. 42-43)
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Er offenbahret sein Hertz

Ach! vor disem hab' ich offt von der Liebe-Lust gesungen
da ich doch gantz nicht gewust was derselben Wirkung sey/
aber jtzund ist mein Hertz von der Liebe Kraft bezwungen
dein Gefangner bin ich ach! mache du mich wieder frey

sey du hochgeehrtes Licht meiner Liebe Kuhr und Leben
den ach du du hast mich ja selbst in diese Noht gebracht.
Drum so mustu weil es recht mihr die Freiheit wieder geben
den bei dihr ist was mich plagt und auch wider munter macht.
(S. 43-44)
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Der Getreüe

Ich bin von Flandern nicht der mit gequählten Sinnen
wol tausend Nimfen sucht und lechtzet sich damit:
Ich halt' es nur allein mit meiner Schäferinnen
Ich/ Ich/ lieb' Adelmuht ohn fremde Liebes-Schritt.

Die trefflich' Adelmuht hat eintzig mich getroffen
Ihr wolgestalter Leib der bringt mihr Weh und Pein/
kom Adelmuht/ ach komm mein Hertze steht dihr offen
kom kom und säume nicht geh' in mein Hertz hinein.
(S. 44-45)
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Als er jhr das Buch seiner Liebe-Grillen einhändigte

Nim hin o keüsches Hertz diß kleine Buch von mihr
es ist von schlechtem Schmuk/ wenn Ich ein mehres schreibe
wil Ich es deiner Gunst und güldner Keüschheit Zihr
verehren. Jtzund Ich dein treüster Diener bleibe.
(S. 45)
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Uber jhre Worte

Du sprichst ich bin und bleib des Herren Dienerinn
so wol des Nachts als Tags. O wehrte Schäferinn!
Kom schlaff einmahl bei mihr das ist die höchste Gunst
die du mihr geben kanst ein Labsahl meiner Brunst.
(S. 45-46)
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Er ist behertzt

Verbirge Schönste mich in deinem Kämmerlein
Ich wil mich ungescheüt zu dihr ins Bette legen/
die angenehmste Lust mit dihr mein Lämchen pflegen
die uns macht frei und loß von unsrer heissen Pein.
(S. 46)
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Er begehret einen Kuß

So bald ich dich/ mein Kind/ vor meinen Augen seh
verwandelt sich mein Hertz und wil schier gantz zerspringen/
mihr ist als wenn ich schon in Feür und Flammen steh
Küß mich! wo du mich nicht wilt gar üms Leben bringen.
(S. 46-47)
_____



Noch an Sie

Was wegerstu dich denn mihr einen Kuß zu geben/
es ist ja keine Schand'/ o außerwehltes Licht!
ein Kuß erfrischt mein Hertz dihr schadet er ja nicht:
Drüm gieb mihr einen Kuß/ auf daß ich möge leben.
(S. 47)
_____



Als Sie jhm ins Gesicht schlug

Mit Schlägen macht man sich in Wahrheit keine Lieben
denn du/ mein wehrtes du/ du meine Flamm' und Licht!
bringst mihr/ ach gläub' es frei/ ein schmertzlich Hertz-betrüben
weil du üm einen Kuß mich schlägst ins Angesicht.
(S. 48)
_____


ENDE


Das zweyte Zehen
Zeiget an wie der Schäfer Siegreich
seines Wunsches theilhafftig worden
im Jahr 1659


I.
Er fordert jhre Rose

1.
Lieben und geliebet werden
ist der Jugend beste Lust.
Was ich such' auf diser Erden
Adelmuht ist deine Brust/
Adelmuht mein ander Ich!
liebe mich gleich wie ich dich.

2.
Gieb mihr deine keüsche Rose/
du o meiner Liebe theil/
und der Wangen Gold-Zeitlose/
mach auch meine Schmertzen heil/
du mein außerwehltes Guht
gieb mir deiner Liebe Gluht.

3.
Deine Lippen von Korallen
lassen einen Honig-fluß
auf mein mattes Hertze fallen
so du mihr giebst einen Kuß.
Adelmuht dihr ist bewust
was mein Hertze sucht vor Lust.

4.
Ach! wie offt hab' ich empfangen
deiner Wangen Liljen Schein!
Doch die Rose zuerlangen
bringet mehr den Hellen Pein
gieb mihr deiner Liebe-Roß
so bin ich von Schmertzen loß.

5.
Adelmuht ach! laß mein flehen
so ich treibe mit begihr
dihr doch eins zu Hertzen gehen
komm und stille meine Gihr!
gieb mihr doch dein Röselein
du mein Licht und Sonnenschein.

6.
Wo du wilt daß ich sol leben
so mustu mit Hertz und Mund
mihr das schöne Rößlein geben/
dann leb ich und bin gesund.
Ach! das ist die beste Lust
wann man leget Brust an Brust.

7.
Nichtes ist auf diser Erden
so uns mehr ergetzen kan/
als mit Lust geliebet werden/
kom und nim dich meiner an!
Adelmuht mein ander Ich/
liebe mich gleich wie ich dich.
(S. 1-3)
_____



Der Durstleidende

Dem Tantalus bin Ich in Wahrheit zuvergleichen/
dieweil ich in dem Fluß/ ach! deiner Liebe steh/
und dennoch wegen Durst schier muß im Nu verbleichen.
Dein Liebeln machts fürwahr daß ich zu grunde geh.

Lieb-kose mihr nur nicht/ o Adelmuht mein Leben!
Nein! sage frei-heraus was deine Meinung sey!
Wiltu mihr einen Trank von deinen Rosen geben?
So tuhs! wo nicht? so sags! damit ich werde frey.
(S. 4)
_____



II.
Sie verwundet/ und verbindet

1.
Wiltu den nicht einmahl laben
Adelmuht mein mattes Hertz?
gieb mihr deiner Lippen Gaben
wiltu lindern meinen Schmertz/
und erquikken meinen Sinn/
außerkohrne Halb-Göttinn.

2.
Laß mein weinen/ laß mein flehen/
so ich treibe für und für
dihr/ o Kind! zu Hertzen gehen/
Adelmuht ach hilff/ hilff mihr!
Deiner Lippen Pärlen-Krafft
giebet meinen Hertzen Safft.

3.
Wie das Himmel-naß erquikket
alle Bluhmen Laub und Graß/
das von Hitze schier erstikket/
so labt auch dein Lippen-naß/
mein von Liebe mattes Hertz
Schöne! lindre meinen Schmertz.

4.
Du kanst geben Quahl und Lachen/
Hertzens-Zukker und auch Gall/
du kanst Lust und Unlust machen
durch der Lippen Safft und Schall.
Gieb mihr deiner Lippen Safft
so empfind' ich neüe Krafft.

5.
Daß mein Hertz dich hat erkohren
und daß ich dein Eigen bin?
schwert der Eid den ich geschworen
tausend-schöne Schäferinn!
alles was ich üm und an
ist dihr gäntzlich zugethan.
(S. 5-6)
_____



Sie kan heilen

Gleich wie das Aqua Vit' ein mattes Hertz kan laben
wens offt vor Angst und Noht nicht weiß woraus noch ein?
So kan ein Küßchen auch für allen andern Gaben
von meiner Adelmuht/ erquikken meine Pein.

Ihr Küssen ist sehr süß. Möcht ich nur einß empfangen
das Naß von ihrem Mund'! ach Rosen Adelmuht!
laß zu daß ich mag frei an deinen Lippen hangen/
den solches wirkket Freüd' in meinem jungen Bluht.
(S. 7)
_____



III.
Sein Verlangen wirket den Tod

1.
Nuhn ist mihr alle Lust benommen
weil ich der Wangen Milch und Bluht
von dihr nicht einmahl kan bekommen;
Du meiner Liebe teüres Guht!
ach! ich vergehe fast vor sehnen
zerfliß auch schier in heissen Trähnen.

2.
Mein Hertze wallet auf und nieder/
die Polß die eilt dem Ende zu/
es werden kalt die jungen Glieder/
der Leib sucht schon die Grabes Ruh
Das aber machen deine Wangen
die ich nicht sol noch muß empfangen.

3.
Ach! Adelmuht laß dich erweichen/
gieb mihr der Wangen Rosen-Feld:
wo nicht? mus ich im Nu verbleichen
und segnen dich und dise Welt.
Ach Hertzens Seelchen laß mein flehen
dihr doch nur einß zu Hertzen gehen.

4.
Gieb mihr der Lippen Nectar Gaben/
gieb mihr der Wangen Milch und Bluht.
Den dises alles kan mich laben
weils meinem Hertzen nütz und guht.
Was nützet dihr mein Leid und Sterben
weil du vom meinen nichts kanst erben.

5.
Ich liebe deine grühne Jugend/
Ich liebe deinen keüschen Sinn/
Ich liebe deine Zucht und Tugend;
ja tausend-schöne Schäferinn.
Mein Leib vol Wehmuht und Betrüben/
der zeüget wie ich müsse lieben.
(S. 8-10)
_____



Sie ist sein Pohl

Du bist mein lichter Pohl der mich zur Liebe führet/
ach Adelmuht mein Kind! du leitest mich allein
zu deiner Schönheit Port; du bist es die mich zieret/
du bist es auch/ du/ du die mihr bringt Angst und Pein.

Mein Pohl bistu und wilt mihr doch nicht weiter dienen
nachdem du mich gebracht am Hafen deiner Zier
da ich vor Ankker lieg'. Warüm bistu erschienen
mein Nord-stern wen du nicht wilt ferner helfen mihr.
(S. 10-11)
_____



IV.
Der Honig-volle Siegreich

1.
Adelmuht mein Sonnen-schein
die Begierd' hat mich betrogen
daß aus Venus Röselein
Ich hab' Honig eingesogen;
ja aus Liljen und Narzissen
so in Venus Garten stehn
nam ichs/ und nun muß ich flehn
weil ich muß mein Körblein missen.

2.
Liebes Honigs bin ich vol/
Ach wohin sol ich es schikken
da es bleibe guht und wol?
möcht' ich doch nur einß berükken
Adelmuht dein' edle Wangen/
dürfft' ich sagen ohne Pein
daß du warst mein Körbelein/
Meine Sehle/ mein Verlangen.

3.
Adelmuht ich bitte sehr/
deine hohe Zihr und Tugend/
deine Schönheit noch vielmehr
und das grüne deiner Jugend:
daß du dich mihr wollest geben/
daß ich Liebes Honig mag
in dihr tragen Nacht und Tag
sey mein Körbelein mein Leben!

4.
Allerlihbster Sonnen-schein!
dich hab' ich mihr ausersehen/
du solt sein mein Körbelein/
drüm so laß es doch geschehen
daß ich in dihr möge legen
dises süsse/ Liebes-Kind!
deine Wangen Rosen sind
die ein lieblich Wesen hegen.

5.
Nun so sey mein Körbelein
daß ich meinen Honig trage
in dihr Bild und Sonnen-schein!
Adelmuht mich nicht verjage
den ich wil mit nichten bringen
dises süß wo anders hinn
dihr laß ich es zum Gewinn;
Drum so laß es mihr gelingen.
(S. 11-13)
_____



Der Honig-Korb

Die Biene wan sie hat ein Honig-Naß empfangen
aus Nelken/ Lilien und schönen Röselein/
fleücht Sie in eile fort; wohin steht ihr Verlangen?
nach ihren Honig-korb! da trägt Sies wol hinein.

Ich hab auch Honig-safft den Rosen außgesogen
so in der Liebe Hoff und Venus-Garten stehn;
Ach aber Ich! ich bin gantz unverhofft betrogen/
weil ich muß ohne Korb mit meinem Honig gehn.
(S. 14)
_____



V.
Er warnet Sie

1.
Hat den dein hassen noch kein Ende
wie/ wiltu ewig zornig sein?
Reich hehr die Liljen weissen Hände/
auf daß sich lindre meine Pein!
Gieb mir auch deinen Rosen-Mund
und laß uns machen einen Bund.

2.
Ach endre deine stoltze Sinnen/
stell dein verachten einmahl ein/
laß ab vom schädlichen Beginnen
und laß mich doch dein Liebster sein!
du schaffest mihr durch deinen Neid
sonst nichts als lauter Hertzeleid.

3.
Dihr ist bewust daß ich mein Leben/
mein hertze/ Sehlen/ Muht und Sinn
dihr habe gar und gantz ergeben;
o tausend-schöne Schäferinn!
warüm wiltu den für und für
mich hassen? außerwehlte Zihr.

4.
Sei nuhr gewiß wan ich entsehlet
so wird dich auch/ (hör was ich sag!)
das quählen was mich jtzund quählet/
du wirst den klagen wie ich klag
und dan so wird dihr auch geschehn
was ich itzunder muß außstehn.

5.
Wiltu nun solcher Straf entgehen/
ach Adelmuht mein trautes Kind?
so laß mihr Gegen-Liebe sehen/
und sei auch so wie ich gesinnt!
sprich du: Nim hin den Mund und Hand
zu einem treüen Liebes-Pfand.
(S. 15-16)
_____



Seine Frage

Wan komt der süsse Tag da du mich eins wilst lieben
o Adelmuht mein Licht und meines Hertzens-all!
und mich nicht mehr so hoch wie jtzt geschicht betrüben/
wan wilt in Honig du verkehren deine Gall?

Dihr ist ja wol bewust wie meine Sehl und Sinnen
dein schönes Wangen Feld und deinen Tugend-schein
so hertzlich wie mich selbst/ mein Sehlchen! lieb gewinnen:
Kom Adelmuht/ komm hehr/ versüsse meine Pein.
(S. 17)
_____



VI.
Er flehet Sie üm Hülfe an

1.
Liebstes Seelchen wiltu nicht
meine heisse Klagen hören/
sol ich schwinden wie ein Licht
und in Asche mich verkehren
Adelmuht mein Rosen-Kind!
sei ach sey mihr doch zu willen/
du/ du kanst mein Leiden stillen/
drüm so sei wie ich gesinnt.

2.
Deinen Deamanten Sinn
laß mein trübes Bluht erweichen!
außerkohrne Mensch-Göttinn!
bleibstu so/ muß ich verbleichen/
ja ich muß wie Rauch vergehn.
Adelmuht mein Licht und Wonne
meiner keüschen Liebe Sonne!
ach laß deine Gunst mihr sehn.

3.
Tausendfache Traurigkeit
zörget meine frischen Glider;
Adelmuht du Licht der Zeit/
nim zu Hertzen meine Lieder
die mein Hertze streüet aus
laß dihr meiner Liebe lallen
liebes Selchen wol-gefallen/
du der Tugend Wunder-Hauß.

4.
Was hat dich mein Kind gezeügt
daß du so in Feindschafft schwebest?
wo mich nicht mein Sinn vertreügt
halt' ich daß du ähnlich lebest
Tigern; ja dein stoltzer Sinn
der so hart wie Stahl und Eisen
wil sich nicht geneigt erweisen/
meines Hertzens Halb-Göttin!

5.
Denk wie offt ich mit Begihr
deiner Liebe Gunst gesuchet:
du hingegen hast dafür
meine keüsche Taht verfluchet/
Adelmuht was dunkket dich
bistu Tigern nicht zu gleichen?
ja auch Tiger müssen weichen
deinem Sinn/ o du mein Ich.

6.
Sol ich/ Seelchen! nun wol nicht
über deiner Härte klagen?
ja/ ach ja! mein Hertz zerbricht
meine Sehle wil verzagen/
ja ich sterbe schier mein Kind!
aber ach! sei mihr zu willen
du nur kanst mein Leiden stillen
drüm so sei wie Ich gesinnt.
(S. 18-20)
_____



Er verschwindet

Der Mensch der sich mag stets bei seiner Liebe finden
und geben Kuß üm Kuß ist trefflich wol daran/
der aber welcher muß vor Liebes Leid verschwinden
ist dürrem Schatten gleich der nicht bestehen kan.

Dem letzten gleich' ich sehr/ dem ersten muß ich weichen
ich lieb' und werde doch gehasset von dem Licht/
das mich zum Lieben treibt. Drüm bin ich auch zu gleichen
dem Schatten; schaut nur hehr! mein bin ich selber nicht.
(S. 20-21)
_____



VII.
Der Fröliche

1.
Beliebtes Sehlen Kind du Rose der Jungfrauen/
ach habe grossen Dank für deinen Zukker-Kuß!
was ich dihr zugesagt das machstu sicher trauen/
o schönest' Adelmuht und süsser Nectar-fluß.

2.
Du keüsches Adel Hertz/ du Außbund aller Schönen/
du Kunst Kind meiner Zeit/ du meine Lebens Ruh!
vor könt' ich nicht in mihr den Liebes-streit versöhnen
biß daß ich deinen Kuß empfing. Ach hörestu!

3.
Nun aber weil ich stets kan deinen Mund geniessen/
(du meiner Liebe Grund du meine Lust allein!)
von welchem gar gewünscht viel Liebes Ströhme flissen/
bin ich gantz frei gemacht von solcher Liebes Pein.

4.
Dieweil ich stetes kan mit dihr auf grünen Auen
viel tausend Zukker-Küß verwechseln? schönste Zier!
so bin ich wol vergnügt und kan mit Freüden bauen
den angenehmen Standt der Liebe für und für.

5.
Ach Adelmuht mein Schatz laß immer glüklich blühen
die keüsche Lieb' in dihr/ du Zukker-reiche Bluhm/
so werd' ich nimmer las dihr willig nach zuzihen:
Drüm bleibe mihr getreü mein wehrtes Eigentuhm.
(S. 22-24)
_____



Sie ist getreü

Derselbe lebt vergnügt der sich nicht hat verbunden
mit einer solchen Dirn/ die Gunst im Munde trägt
auf deren Lippen nichts als Zukker wird gefunden
im Hertzen aber List und bittre Falschheit hägt.

Das nehm' ich bei mihr ab den Adelmuht mein Leben
giebt Worte sonder Gall das ist ja Freüd und Lust
die eine falsche Sehl mihr nimmer-mehr kan geben.
Warum? darum weil jhr kein falsch sein ist bewust.
(S. 24)
_____



VIII.
Er preiset jhre Gunst

1.
Ach Adelmuht/
mein liebstes Guht!
Jtzt hemt sich mein Verlangen
weil Ich den Gruß
und süssen Kuß
von deinem Mund' empfangen.

2.
Wie offt hab' ich
mich jämmerlich
üm dich mein Kind gequählet/
auch hab' ich schier
üm deine Zihr
mich selber ach! entsehlet.

3.
Dein Angesicht
war mihr ein Licht
wie du wirst selber wissen:
Doch brachte Pein
dein Mündelein
wen ichs nicht dürffte küssen.

4.
Nun weil ich kan
frei setzen an
bin Ich voll Lust und Freüden/
ich lebe wol
dieweil ich sol
mit dihr die Lämmer weiden.

5.
Mein Aufenthalt!
dein schöner Wald
ist guht für meinen Schafen/
auch deine Brust/
die bringet Lust
wen ich mag bei dihr schlafen.

6.
Kom hehr mein Kind
und sei gesinnt
wie ich/ mein Licht und Leben!
so wil ich dihr
geläub es mihr
noch tausend Küsse geben.
(S. 25-27)
_____



Ihrer Lippen Safft ist kräfftig

Gleich wie der Aland-Wein ist trefflich guht den Augen/
wan man jhn offtmahls trinkt mein Hertzen Adelmuht!
So ist dein Lippen-Wein wen ich jhn stets mag saugen
von deinen Lippen ab für meinen Augen guht;

für meinen Augen die von Liebe tunkel werden
drüm bitt' ich dich mein Licht reich deine Lippen hehr/
und gönne dise Gunst mein Schatz mihr noch auf Erden/
so bin ich gnug erfreüt du meines Lebens Ehr.
(S. 27-28)
_____



IX.
Der Küssende

1.
Adelmuht ach meine Wonne/
mein beliebtes Zukker Lam/
Meine Krohne meine Sonne!
warüm bistu mihr so gram?
Ist dihr leid daß ich gegeben
dihr ein Küßchen? o mein Leben/
gieb mihrs wieder wiltu mihr
geben meinen Lohn dafür.

2.
Ist das Küssen doch itzunder
in der gantzen Stad gemein;
Darüm/ ist es nicht groß wunder
daß üm einen Kuß allein
Ich ein Dieb und Feind muß heissen?
Ich wil mich noch mehr befleissen
solchem rauben nach-zugehn
wan du schon wilt zornig sehn.

3.
Hemme deine stoltze Sinnen/
den mein Hertze hastu schon;
Denkke doch für mein beginnen
hab' ich einen Kuß zu lohn?
Du hast mihr das Hertz genommen/
Ich hab' einen Kuß bekommen/
durch betrug nahmstu mein Hertz
ich nam einen Kuß im Schertz.

4.
Ach! warüm mag ich dich lieben/
die du mihr nicht günstig bist?
Nichts hab' ich als nur betrüben
weil ich deinen Mund geküst/
möcht' ich dich nicht gleichfals hassen
und dich/ wie du mich verlassen
dan könt' ich von meiner Pein
frey und aufgelöset sein.

5.
Wiltu daß ich sol verbleiben
dein getreües Hertz allein/
und mich deinen Diener schreiben/
ach so stell das Hassen ein:
Hab' ich heimblich was bekommen/
und den Kuß von dihr genommen?
Nim zur wieder-geltung Zwey
wen du wilt es steht dihr frey.
(S. 28-30)
_____



Der Freigebige

Als Adelmuht eins schlif' hab' ich mihr unternommen
zu rauben einen Kuß von jhrem Purpur-Mund'/
und drüber ist diß Bild aus jhrer Ruh gekommen
Sie hat mit ungestühm mein Hertze sehr verwundt;

Ach Sie ist bös' auf mich. Ihr Freier sagt ohn schertzen
ob nicht in aller Welt das Küssen jedem frei?
Ihr ruffet alle: Ja! so sag' ich auch von Hertzen:
Daß Sie vor disen Kuß mag nehmen wieder Zwey.
(S. 30-31)
_____



X.
Der Jauchtzende

1.
Lustig dieweil ich mit freüden empfangen
Adelmuht deine gewünschete Roß!
solche vergnüget mein heisses Verlangen/
jauchtze den ich bin von Schmertzen gantz loß:
Adelmuht du
bist meine Ruh
weil ich dich habe so kan ich wol prangen.

2.
Adelmuht Bluhme der schönsten Jungfrauen
liebeste Seele der Liebe Lichtschein
laß mich nun immer mit Freüden anschauen
deine bepuderte Wangen ohn Pein/
ach deine Brust
setzet in Lust
meine Begierde/ das magstu wol trauen.

3.
Fakkel der Ehren und Pärle der Schönen!
Lilien Hertze/ des Lebens Liebin!
Lachendes Seelchen! ich wil dich bekröhnen
stetes mit Wonne geehrte Göttinn!
auch wil ich dich
lieben wie mich
und dihr zu Ehren viel Lieder antöhnen.

4.
Liebste die Rose die du mihr gegeben
machet mein Hertze so frölich jtzund
alle Gelieder die tantzen und schweben
was nur das Hertze wil/ wil auch der Mund/
Himmel laß zu
daß ich in Ruh
möge mit Adelmuht schliessen mein Leben.
(S. 31-34)
_____



Der Fröliche

Nun sag' ich gar gewiß: Der hat das beste Leben
wer liebt und Gegen-lieb' ohn Haß und Zank geneüst;
Diß weiß ich weil ich kan in Lust und Wonne schweben
in dem mein' Adelmuht die Strahlen auf mich scheüst

die Strahlen ihrer Gunst. Wer ohne Hoffnung stehet
der ist im Leben tod/ ja/ weiß nicht was er ist;
sein Angesicht wird blaß der feiste Leib vergehet
weil Er nicht so wie ich wird allezeit geküst.
(S. 34-35)
_____


ENDE
Des Zweiten Zehens


Überschrifften

Als Sie einen Alten ehlichen wolte

Ein Baum der Wurtzel-loß kan keine Früchte tragen/
der Saft ist außgezehrt die Zweige sonder Zihr/
nichts bessers dienet dem als nur herüm geschlagen
geworffen in das Feür/ begraben nach gebühr.

So ist ein Alter Mann auch ohne Kraft und Gaben/
nimt er ein Junges Weib er thut nicht wol daran/
weil er nicht ihre Brunst und heisses Bluht kan laben:
ein Grab wer' ihm mehr guht weil er nichts nützen kan.
(S. 37-38)
_____



Sein Wunsch

Adelmuht/ Adelmuht Pärle der Jugend/
Bluhme der Schönen und Insel der Tugend!
möcht' ich dich Schönste nur einmahl hier haben
wolt' ich mit hertzen mein Hertze recht laben.
(S. 38)
_____



Er ist voll Honig

Neülich war Ich auf das Feld wo die Liebe wohnet kommen/
da hab' ich ein Honig-süß aus den Liebes Bluhmen nommen/
davon bin ich nun gantz voll Ach! wo trag' ich selbes ein?
Sei du meiner Liebe Korb Adelmuht mein Täubelein.
(S. 38-39)
_____



An seine Göttin

Es war mihr angenehm/ als Ich dich erst ersahe
o Adelmuht mein Licht! noch lieber wird es sein/
wan Ich nach diser Zeit dich lieblichen ümfahe
und küsse tausendmahl in meinem Bettelein.
(S. 39)
_____



Ein anderes

Ey bleibe doch zurük' und sihe mich nicht an
den dein Lieb-äügeln mihr die Sinnen gar verrükket;
so gar daß ich auch mich fast selbst nicht kennen kan:
Es sey dihr doch dennoch mein Hertze zugeschikket.
(S. 39-40)
_____



Geschenke wirken Gunst

Bitt' Ich ein Mägdelein noch klein und jung von Jahren
üm einen Kuß/ alßdan/ so spricht es balde: nein!
doch halt' ich nur was an/ und sprach: Ach Kindelein!
den Apfel geb' ich dihr so kan mihrs widerfahren.

Also wolt Adelmuht auch ihre Küsse spahren:
Als Ich ihr aber auch nur einen Apfel gab/
da hatt' es keine Noht ihr wegern ging ins Grab
Ich krigte tausend Küß da Sie doch schon bey Jahren.
(S. 40-41)
_____



Sie kränket und erquikket

Das Land gantz außgezehrt von heissen Sonnen Strahlen
ligt wüst und bringet nichts von Graß und Korn herfür/
die Gärten können nicht mit jhren Bluhmen prahlen
wo aber Regen fält da wächset grüne Zihr.

Ich bin ein dürres Land von deiner Augen Sonnen
in solchen Stand gesetzt/ du nur/ o mein Rubihn!
du hast durch deinen Glantz mihr alles abgewonnen:
Doch deiner Lippen Naß macht mich von neüen blühn.
(S. 41-42)
_____



Als er mit ihr biß an den Morgen wachete

Des Nachts so fält ein Tau/ der Laub und Graß erfrischet
mihr der ich bin geleich wie Laub und dürres Graß/
ist auch von Adelmuht in diser Nacht getischet
ein Tisch mit Lippen Tau. Ein mehr den Himlisch Naß

war mein' Erquikkungs Kost die Ich von Ihr empfinge
möcht ich nur manche Nacht bey diser Schönen sein/
so weiß ich daß ich nicht ohn Lippen Tau verginge
den ihrer Lippen Tau flösst mihr das Leben ein.
(S. 42-43)
_____



Uber die empfangene Küsse

Die Last die Ich mihr selbst zu Nacht hab' aufgeladen
die war zwar süß als Ich Sie anfangs auf mich nam/
itzt aber fält Sie mihr sehr schwer und bringet schaden
drüm nim Sie wider hinn du mein geehrtes Lam.
(S. 43)
_____



An eben selbige

Was machts/ o Adelmuht daß dich die Manschaft liebet/
und dihr so manchen Dienst in wahrer Demuht giebet?
weil deine Wangen blühn wünscht Sie derselben Frucht/
und drüm wirstu so oft von ihr auch heim-gesucht.
(S. 44)
_____



Als ihm Adelmuht ihr Bildnuß zugeschikkt

Dein Conterfeit hab' ich/ mein Sehlchen! zwar empfangen
doch hilft es mihr nicht viel und stilt nicht mein Verlangen
den was mich recht erquikt befindt sich nicht daran
mein! sage nun ob auch was tod ist helffen kan.
(S. 44-45)
_____



Uber derselben Bildnuß

Hie siht man Adelmuht gebildet nach dem Leben/
Sie trägt kein eintzigs Glid das mihr nicht Lust kan geben/
des Künstlers Hand hat Sie getroffen also wol:
Das Leben mangelt nur/ sonst siht man was man sol.
(S. 45)
_____



Als er ihr ein Buch schenkete

Nim dises Buch von mihr o Bluhme der Jungfrauen
ein Zeichen sol es sein daß ich dein Diener bin/
die Lieder sein nicht Geül das machst du sicher trauen
Sie sein zur Lust gesetzt/ o meine Herscherinn.
(S. 45-46)
_____



Als Sie ihm einen Krantz schikkete

Der Krantz ist mihr sehr lieb den du mihr zugeschikket;
zur wil-komst hab' ich Ihn wol tausendmahl geküst.
Noch besser wird mihr sein/ wen von mihr wird berükket
dein zweites Kräntzelein mit Ehren-preiß versüst.
(S. 46)
_____



An Basiletten

Du hast mihr Basilette ertheilet ein Versprechen
daß du verschaffen wilst daß Adelmuht mein Hertz
ein kleines Schreiben mihr sol schikken sonder Schertz/
wen wird dein Halten eins beginnen anzubrechen.
(S. 47)
_____



Uber einen Binde-Brief

Diß ist es so deiner Hochadelen Zihr
die Musen verehren. Nim Schöne von mihr
diß Hertze von Bänder zusammen gewunden
Auch unsere Hertzen sein ewig gebunden.
(S. 47-48)
_____



Als Sie ihm einen Seidenen Band schenkte

Was sol doch dises Band/ o wehrtes Bild der Jugend
was sol doch dises Band/ ach sag es mihr mein Licht!
wie wiltu etwan mich/ du Wunder-Bild der Tugend
mit solchen binden fäst? Ach nein! gedenkke nicht

daß diß so kräftig sey üm mich dihr zu-verbinden:
Dein Wangen-Roht allein mich dihr gefangen hält
kein schöner Bändchen weiß ich Adelmuht zu finden
als deiner Wangen Bluht in diser gantzen Welt.
(S. 48)
_____


ENDE


Das dritte Zehen
Beweiset die getreüe Liebe
des edlen Schäfers Siegreichs;
wie den auch die Flandrische
und falsche Liebe seiner Adelmuht

Der Jugend zum ewigen Denkmal aufgerichtet
Im Jahr 1659


I.
Als er verreisen wolte

1.
Nun muß Ich fort
von disem Ort
das bringet meinem Hertzen
noch mehr den Weh und Pein/ es bringet tife Schmertzen
und nimt hinweg das Schertzen.

2.
Doch weine nicht
mein Liebes Licht
ob Ich schon muß verreisen
so wil ich doch dennoch mit tausend Klage-weisen
dich liebste Sehle preisen.

3.
Ach Adelmuht
mein höchstes Guht
du bist und bleibst mein Leben/
was sol ich dihr weil ich mich muß von dihr erheben
zum steten Denkmahl geben?

4.
Ich wil itzund
mit Hand und Mund
dihr meine Treü verehren
kein Leid kein Ungemach sol mich von dihr abkehren
und unser Treü versehren.

5.
Du schöne Bluhm
mein Eigenthum
was ich von dihr empfangen
sol stetes gläub' es mihr in meinen Sinne prangen
weil ich in dihr gefangen.

6.
Muß ich davon
o meine Krohn!
so wil es Gott so haben
der bringt mich auch zurük/ dann können wir uns laben
das sind ja grosse Gaben?

7.
So können wir
alsdan allhier
in Lust und Freüden schweben
wir können immerfort auch unser junges Leben
der Freudigkeit ergeben.

8.
Wir können auch
nach Hirten Brauch
die Lämmer lassen gehen
auf disen Wisen-Plan/ wir können freüdig sehen
Wie Sie bei-sammen stehen.

9.
Ade mein Hort!
Ich muß nun fort
laß doch das Weinen bleiben
Ich wil so lang' ich werd' durch Wald und Wisen treiben
von deinem Lobe schreiben.
(S. 1-4)
_____



Seine Hoffnung

Ein Berg der bleibt wol stehn und kan nicht förder reifen
alsda er ist gesetzt von GOtt dem HErren hinn;
wie sol ich dihr mein Kind! ein besser Gleichnuß weisen
als wie ich itzt gesagt und sag'/ o Schäferinn!

Die Berge stehen still und bleiben feste stehen
die Menschen aber nicht die reisen hin und hehr;
Wir werden ob ich reis' uns doch bald wieder-sehen
mein Hertzen Adelmuht/ ach! daß die Zeit schon wär.
(S. 4-5)
_____



II.
Er lobet Sie als er die Alster zum erstenmahl besuchte

1.
Alster die du lieblich fleüst
und mit süssem Lispeln scheüst
durch die grüne Wisen
Heüte sol mit Hand und Mund
hihr auf deines Ufers Grund
meine sein gepriesen.

2.
Uber-klug ist ihr Gehirn/
lieblich steht die Liljen-Stirn/
sehr gewünscht die Wangen
und das Gold-gemängte Haar
samt dem hellen Augen-klar
hält mich ihr gefangen.

3.
Nichtes ist das schöner sey
als ihr rohtes Lippen zwey
und die weissen Hände
ihrer Äpfel-Brüste Schein
ist ein' Uhr-sach meiner Pein
und quählt mich ohn' ende.

4.
Auch ihr Bauch der Liebe Hauß
schlägt mihr fast die Augen aus
durch sein schönes weben;
Ihre Füsse trotzen schier;
aller Nimfen Fuß allhier
muß ihr weit nach-geben.

5.
Also pranget Adelmuht
die mein aller-schönstes Guht
billig ist zu nennen/
keüsch an Sinnen/ reich an Witz/
ach! Sie ist der Tugend-sitz
wie man muß bekennen.

6.
Sie ist meiner Liebe theil
Sie macht meine Wunden heil
durch ihr süsses Hertzen
möcht' ich wieder bey ihr sein
solte meine Liebes Pein
weichen ihrem Schertzen.

7.
Süssest' Alster fliß doch hin/
hin zu meiner Schäferinn
gieb ihr zuverstehen
meine heisse Liebes Pein;
weil ich nicht kan bey ihr sein
muß ich schier vergehen.
(S. 5-7)
_____



Er sehnet sich

Ach Adelmuht möcht' ich nur einmahl wieder-sehen
dein helles Angesicht/ das mihr so manchen Blikk
vermischt mit Lieb' und Treü/ gegeben; möcht' ich stehen
bey dihr und küssen dich das wär' ein grosses Glük.

Hier ist kein Trost für mich; Nicht Archiatnen lachen
und rohtes Lippen pahr vermögen was bey mihr;
kein eintzigs Nimfenbild kan mich hie frölich machen
nur du o Adelmuht bist meine Lust und Gier.
(S. 8)
_____



III.
Bey seiner Zurükkunfft

1.
Adelmuht ach sei gegrüßet
sei geküsset für und für
weil dich in die Armen schlißet
widerum mit Hertzens Gier
dein getreüer Hirt und Schäfer
Siegreich der von Hertzen lacht/
du weist wol daß er kein Schläfer
wen er bey den Lämmern wacht.

2.
Siegreich liebet dich von Hertzen
du der Tugend Eigentuhm/
ja er nennt dich sonder schertzen
seine süsses Zukker Bluhm
Liebstes Hertze seinen Willen
wirstu wie schon offt geschehn
künfftig auch noch mehr erfüllen
und beständig bey ihm stehn.

3.
Er wil dich in seinen Armen
heüte/ morgen/ allezeit
mit gewünschter Lust erwarmen
und das bringet Fröligkeit;
Adelmuht ach deine Rose
die du ihm gegeben schon
wil er lieben. Gold-Zeitlose
bleibe stetes seine Krohn.

4.
Er wil dein Adon verbleiben
nichts nicht sol auch seinen Sinn
Adelmuht von deinem treiben
bleibe seine Schäferinn;
bleibe seine Sehl' und Leben/
seines Hertzens Lust-Rubihn/
Er wil dihr die Liebe geben
biß Sie noch in jhm wird blühn.

5.
Jtzund küsset er die Wangen
die mit Milch und Bluht benetzt
Er vermeint auch zu empfangen
was das keüsche Hertz ergetzt:
Adelmuht du wirst erfüllen
sein begehren: Und dabey
wirstu seine Schmertzen stillen/
tuhstu das? so ist Er frey.
(S. 9-11)
_____



Seine Freüde

Das ist die beste Lust wan Liebe wird belohnet
mit keüscher Gegen-Lieb'/ ach der ist wol daran
der in der Liebsten Hertz als ein Beherscher wohnet
und der Sie ohne scheü fast stündlich küssen kann.

Diß Glük hab' ich nun auch von Adelmuht empfangen
ich mag so offt ich wil Sie küssen auf den Mund:
Von Hertzen bin ich froh dieweil ichs kan erlangen.
Vor war ich matt und krank nun bin ich recht gesund.
(S. 11-12)
_____



IV.
An die mehr als Rosen-schöne Adelmuht

1.
Quäll' und Fluß der güldnen Tugend/
und der Weißheit Eigentuhm/
schönstes Wunder reinster Jugend/
und der höchsten Keüschheit Bluhm!
Du der Nimfen Ehr und Plan
hör mein schlechtes singen an.

2.
Gestern als der Schatten wiche
und das Licht der stillen Nacht
dises Erden rund beschliche
und zur süssen Ruhe bracht'/
ach da ward mein blöder Muht
Kind/ von deinem singen guht.

3.
Doch dein singen hat mein Leben
angezündet und verletzt
daß es von der Lieb ümgeben
und in Leiden ist versetzt/
was ich vormahls offt verflucht
wird mit fleiß von mihr gesucht.

4.
Du bist meine Sang-Sirene
die mein Hertze zwingen kan/
du bist meine traueste Schöne
und ich bin dein Untertahn/
deiner Stimme Kunst und Macht
hat mein Hertz zu dihr gebracht.

5.
So könt Arion nicht singen
wie du kanst mein Hertzen Ich!
Orpheus könte so nicht zwingen
Tihr und Wälder wie du mich/
Zukker Seelchen gläube frey
daß dein singen kräfftig sey.

6.
Alles was in Wäldern lebet/
alles was die Elbe hegt/
was in Busch und Feldern schwebet
und was dise Gegend trägt
wird so bald dein Kälchen singt
flugs mit Lihbes Pein üm-ringt.

7.
Solt ich den von Stahl und Eisen/
auß-erkohrnes Leben sein/
daß mein Sinn durch deinen Weisen
würde nicht genommen ein?
Nein Ich bin auch Fleisch und Bluht
und hab' einen Menschen Muht.

8.
Siegreich werd' ich zwar genennet
aber itzund bin ichs nicht
weil du meinen Sieg getrennet/
meiner Liebe Rosen-Licht!
vormahls sigete fürwar
ich/ mein Kind! auch in Gefahr.

9.
Jtzund aber nicht mein Leben
den ich muß dihr geben nach/
kan mit-nichten wieder-streben/
(o ein schönes Ungemach!)
deiner Stimme Liebligkeit
Siegen ist nun von mihr weit.

10.
Weil den nun dein schönes singen
mich in Liebe Leid gebracht?
Wol! so laß mihrs jtzt gelingen
laß mich ohne Gegen-macht/
sonder Schaden und Gefahr/
küssen offt dein Lippen-pahr.
(S. 12-16)
_____



Ihre Stimm ist kräfftig

Der braune Nachtigal wen er sein Kölchen reget
im dik-belaubten Busch/ beim Risel-Kisel-bach
so wird dem/ der es hört/ flugs Hertz und Muht beweget;
Er spricht: Mein Vogel du machst süß mein Ungemach:

dihr hör' ich offters zu. Wer aber dich hört singen
o Adelmuht mein Kind! der muß im Nu gestehn/
daß deine Stimme kan die stärksten Hertzen zwingen
daß Sie für Liebe krank/ dihr müssen stets nachgehn.
(S. 16-17)
_____



V.
Als er nacher Norden reisen müste

1.
Ach liebste Sehle weine nicht
ob ich von disen Weiden
und auch von deinem Angesicht
muß abermahl schon scheiden
den Gott mein Hort
der treibt mich fort
der wird mich auch/ mein Leben!
dihr/ dihr bald wieder-geben.

2.
Die Norder-Klippen rufen mich
daß ich sol bald erscheinen
die Uhrsach weistu wol mein Ich
drüm lasse doch das weinen
Ich werde bald
mein Aufenthalt/
von aller Angst entnommen
zurükke wieder-kommen.

3.
Mit guhtem Glükke werd ich dich
mein liebstes Kind üm armen/
dein kaltes Hertze sol dan sich
an meiner Brust erwarmen
wir wollen auch
nach Hirten Brauch
auf disen grünen weiden
verjagen Angst und Leiden.

4.
Es sol die Rose so von dihr
Ich liebstes Kind empfangen
nicht trostloß bleiben für und für/
mein' Hoffnung und Verlangen!
Sie sol gewiß
dihr einen Riß
von ihrer Schönheit geben/
das gläube mihr mein Leben.

5.
Drüm Adelmuht mein All und Ich/
mein Lieb und Lebens Sonne!
verbleibe treü und liebe mich
du meine Lieb und Wonne!
Mein treüer Sinn
o Schäferinn
sol nimmer treüloß werden
so lang' ich leb' auf Erden.

6.
Drauf bitt' ich nochmals weil ich muß
von dihr/ halt ein die Trähnen
gieb mihr noch einen Letze-Kuß
vergiß dein kläglichs Sehnen
mein Täubelein
mein Sonnenschein
Mein trautes Hertz laß sehen
wie standhafft du wilt stehen.

7.
Ade! mein Lieb nun fahr ich fort/
Ade! du Glantz der Jugend!
Ade mein Licht und Hoffnung Port!
du Ziraht aller Tugend.
Ach lebe wol
sey Freüden voll
biß daß an deinen Wangen
ich wiederüm mag hangen.
(S. 17-20)
_____



Der Tröstende

Ob schon das grüne Graß das Laub der Bäume schwindet
wen Hyems schläget auff sein Zältlein bey uns hihr?
So kreücht es doch dennoch wen sich der Früling findet
auch wiederüm hervor mit angenehmster Zihr.

So auch/ mein Kind! ob ich schon muß itzunder reisen
itzt da der Winter kömt: so werd' ich doch mit Lust
dan kehren wieder hehr/ dich schönstes Bild zu preisen
und mit der Wechsel-treü zu laben deine Brust.
(S. 20-21)
_____



VI.
Als er weit von jhr ins Norden sich auf hielte

1.
Weil ich itzund kan deine Wangen
O Adelmuht hie sehen nicht/
meins Hertzen Trost und mein Verlangen
auch meiner Wege helles-Licht/
so bitt' ich sehr mich fäst zu lieben
weil du dich willig mihr verschrieben.

2.
Du bist mein Lam mein Hertz-Sirene/
mein bester Trost in meiner Pein/
mein' außerkohrne meine Schöne!
ich hoffe bald bei dihr zu sein/
Ich bitte mich mit macht zu lieben
so wie du dich mihr hast verschrieben.

3.
Ob hie schon Archiatna weidet/
ist doch mein Hertz auf dich gericht;
die Archiatna wird geneidet
weil du noch lebst mein Trost und Licht!
Drüm bitt' ich redlich mich zu lieben
weil du dich willig mihr verschrieben.

4.
Wen ich dich werde wieder sehen
so wil ich dan mit Hertzen Gier
(ach daß es möchte bald geschehen!)
dich schönste küssen für und für/
nur bitt' ich immer mich zu lieben
weil du dich willig mihr verschrieben.

5.
Wir wollen empsich Rosen brechen
biß übers Haupt in Rosen gehn
die Dörner werden uns nicht stechen
weil wir auf keüsche Liebe sehn.
Drauf bitt' ich immer mich zu lieben
so wie du dich mihr eins verschrieben.
(S. 21-23)
_____



Er verlanget nach ihr

Ach möcht' ich dich/ mein Kind! auf disen Wisen haben/
so wolt' ich Adelmuht üm-armen deinen Leib/
Ich wolte meine Treü in deine Sehle graben
und küssen deinen Mund. Ach gläube was Ich schreib.

Hie hilfft mihr nichts mein Lam. Nicht Archiatnen Küsse
vermögen was bey mihr du bist es nuhr allein
die mich erquikken kan. Drüm wünsch ich mihr die Flüsse
von deinem Rosen-Mund' in meiner Angst und Pein.
(S. 23-24)
______



VII.
Nacht-Lied
Der Flandrischen Archiatnen zu gefallen

1.
Jtzt da der Himmel schon bedekt
der helle Tag verschwunden?
wirstu von mihr noch aufgewekt
das machen meine Wunden
die ich von dihr
empfangen hihr
als ich dich sahe schertzen
und jenen freündlich hertzen.

2.
Wie treülich hab ich dich geliebt
du immer grüne Jugend!
und noch zu keiner Zeit betrübt
dein' angestrichne Tugend;
nun aber höhr!
trau was ich lehr':
ich wil dich nicht mehr lieben
und mich wie vor betrüben.

3.
Fragstu: warum? darum allein/
weil du mit vielen Knechten
dich täglich läst zum Spielen ein
zum tantzen/ küssen/ fechten;
ein' albern Hand
zum Liebes Pfand
hastu dihr itzt erkohren
da du es vor verschworen.

4.
So weistu nun warum ich dich
hinfort nicht werde lieben:
bey dihr hält Treüe keinen stich
das bringet nur betrüben/
darüm magst du
auch nun/ ach nu!
mit disen dich ergetzen
in Angst und Schmertzen setzen.

5.
Ich aber sage Dank itzund
für deine Rosen-Wangen
und für den süssen Zukker-Mund
den ich so offt empfangen;
Ich wil hinfort
den lieben Ort
so dihr bewust nicht haben
wiewol er auch kan laben.

6.
Drauf schlaf Verliebte wieder ein
ich wil von hinnen gehen
und bleiben einsam und allein
biß ich kan wieder-stehen
am Elben-fluß
und einen Kuß
von Adelmuhten Wangen
gantz frank und frei empfangen.
(S. 24-27)
_____



Er erkläret seine Liebe

Ich fühl' ein ander Feür in meinem jungen Hertzen
Ich fühl' o falsche Nimf! ein solches Feür in mihr
das besser ist dan deins/ es bringt mihr keüsche Schmertzen.
o Archiatna! hör' ich flihe deine Zier:

Den Adelmuhten Glantz durch-wandert meine Wangen.
Drüm sag' ich dihr: Ade! mein/ Fluche mihr doch nicht!
Den Adelmuht hält mich durch jhren Schein gefangen.
Dihr sag' ich guhte Nacht. Sie aber bleibt mein Licht.
(S. 27-28)
_____



VIII.
Er beklaget ihr untreü

1.
Sol ich weinen oder lachen
Adelmuht du Wetter-Kind?
sage mihr was sol ich machen
weil du nicht wie vor gesinnt/
weil dihr treüloß sein beliebt
welches doch nur Schmertzen giebt.

2.
Pfui daß man von dihr muß sagen
daß ein grimmes treüloß sein
dihr gefält mit Lust zu tragen
als den schönsten Demant-stein:
sage mihr o Halb-Göttin!
was verkehrte deinen Sinn?

3.
Sol ichs nicht mein Seelchen wissen
warüm du verwandelt bist
und dich nicht wilt lassen küssen
sage Schöne/ was es ist/
Doch ich weiß es: Gifft und Neid
stürtzen mich und dich in Leid.

4.
Deiner Freunde Hoffarts Sinnen
haben deinen Sinn verkehrt/
und dein angenehm Beginnen
spinnen-gifftig ümgekehrt!
aber wisse daß der Welt
dein umwechseln nicht gefält.

5.
Deine Freunde sein zu gleichen
denen die vor Augen guht
hintern-rükken aber weichen
ümzuzeigen ihren Muht/
der in Un-bestand besteht
und mit Falschheit schwanger geht.

6.
Aber du mein Licht und Leben
soltest halten Lieb' und Treü/
so du einmahl mihr gegeben
flihen aller Heücheley.
Sage schönstes Nimfen Bild/
sage was du bist gewillt.

7.
Thißbe liebte ja von Hertzen
Ihren liebsten Pyramus/
heilte seine heisse Schmertzen
in geheim mit einem Kuß/
Neid und Haß vermöchten nicht
zu verwandeln ihre Pflicht.

8.
Auch Caliste liß nicht wanken
ihre Treü die Sie gesetzt
auf Lisandern. Ach den Krankken
hat Sie mehr als offt ergetzt/
ob schon ihrer Freünde Schahr
disem sehr zu wiedern war.

9.
Ja/ noch tausend könt ich bringen
die im Lieben Treü gewest.
Aber nein/ Ich wil nicht singen
mehr hievon weil du verläst
mich der ich mit Hertz und Sinn
stetes Treü gewesen binn.

10.
Untreü wird dich endlich schlagen
und in Untreü stürtzen dich/
daß du wirst mit Wehmuht klagen
wegen Liebe gegen mich/
und mit allzu-spätter reü
lernen reden von der Treü.

11.
Drüm so liebe mich von neüen
liebe mich mein liebstes Kind!
Seelchen liebe mich mit treüen
und verlache jenen Wind
den dihr deiner Freünde Neid
fast anbläset allezeit.

12.
Unterdessen magstu wissen
wo du nicht wilt halten still/
deinen Zukker Mund zu küssen
daß ich nicht drüm weinen wil:
Lachen muß ich solcher That
weil ich schon weiß bessern Raht.
(S. 28-32)
_____



An die Treü-lose

Ist den nuhn wiederüm dein Hertz in Eiß verwandelt/
O Adelmuht mein Licht! wie? liebstu mich nicht mehr?
Wie? meinstu daß es sey von dihr so wol gehandelt?
Ach nein! diß wirkket Angst und quählt die Sinnen sehr.

Doch ist dein Hertz wie Eiß? so denk nur eins zurükke
wie durch der Sonnen Krafft das Eiß im Nu vergeht;
wen ich nur mag dein Hertz mit einem süssen Blikke
beblikken/ flugs den auch deins Hertzens Eiß verweht.
(S. 32-33)
_____



IX.
Nacht-Lied

1.
Jtzund da fast alle Welt
eine sichre Ruhe hält/
muß ich in der irre gehn
zwischen Furcht und Hoffnung stehn.

2.
Gleich wie ein verirrtes Schaf/
geh' ich in der irr' ohn schlaf;
ich geh' immer ohne Ruh
und thu gar kein Auge zu.

3.
Doch daß ich hihr stehe still
macht weil ich vernehmen wil:
Ob du mich nicht wilt einmahl
machen frey von meiner quahl.

4.
Den dein wunder-schönes Hahr/
deine Brüst' und Augen-klar
wie auch deiner Hände schne
machen daß ich schier vergeh.

5.
Sprich nur bald o Adelmuht
ob du meine Liebes-Gluht
dempfen wilt? sonst geh' ich fort
und verfluche diesen Ort.

6.
Mache bald das Fenster auf/
daß ich hemme meinen Lauf/
schau/ o Schöne! schau herab!
weil ich sonsten füll' ein Grab.

7.
Auch eröffne flugs die Tühr
und kom eilig her zu mihr!
wo ich sol dein Liebstes sein?
ach! so laß mich zu dihr ein.
(S. 33-35)
_____



Die Nacht ist mein Tag

Die Nacht/ die schwartze Nacht/ ist meine Lust und Freüde/
Sie ist mein Hoffnungs Port/ der ich mein Elend klag/
die in beliebter Still' erschallt von meinem Leide
von meinem Hertzens Feür/ von meiner Liebes Plag

und schweren Ungemach. Du kennest meine Schmertzen
die ich üm dich allein/ mein Sehlchen leiden muß.
der Tag der bringt mihr Weh/ die Nacht ist guht dem Hertzen
die stille Nacht dient mihr in meiner Kümmernuß.
(S. 35-36)
_____



X.
Er stirbet wegen ihrer Unbarmhertigkeit

1.
Traure mit mihr liebste Herde
weil ich von dir scheiden werde!
weil die Adelmuht nicht mehr
mihr wil geben frey gehör.

2.
Auf ihr Bäüm in dikken Wäldern/
Büsch und Sträuch in grünen Feldern/
last die Bläter fallen ab/
komt und geht mit mihr ins Grab.

3.
Auch du Bluhmen-reiche Heide
da ich meine Herde weide/
laß doch dein beliebtes Grühn
meinetwegen Schwartz anzihn.

4.
Ihr auch lieblich schöne Wisen
die ich offtermahls geprisen/
ach/ verändert die gestalt
werdet meinetwegen alt.

5.
Den ich wil zu Grabe gehen
bald werdt ihr mich nicht mehr sehen
und mein Vieh bey eüch in Freüd;
Guhte Nacht Wald/ Wisen/ Weid.

6.
Guhte Nacht ihr meine Schafe!
seht wie ich vor Leid entschlafe;
nicht mehr werd' ich bey eüch sein
allerliebsten Schäfelein.

7.
Adelmuht du stoltze Sehle
Uhrsach meiner Grabes-Höhle/
lebe wol! doch denkke frey/
daß mein Tod dein Tod auch sey.
(S. 36-38)
_____



Er ist bereit zu sterben

Des Lebens zartes Seil kan ja sobald vergehen
als eine Purpur-Bluhm die itzund steht und blüht
und für den strengen Nord muß wie ein Licht verwehen;
so sag' ich fält der Mensch eh daß er sichs versiht.

Ich eine frische Bluhm/ muß wider alles hoffen
auch eilen hin ins Grab/ weil Sie die Adelmuht
mit ihrer strengen Lihb' hat Hertz und Geist getroffen.
weil Sie mich aber hasst ist mihr mein sterben guht.
(S. 38-39)
_____


ENDE
Des Dritten Zehens


Überschrifften


Er ist getreü

Was meinstu Adelmuht daß Ich nicht treü im Liben
ey lasse disen Wahn! zwar ehr' ich Eufrosill/
nicht aber daß ich Sie zu eigen haben wil.
Du bist mein ander Ich/ wie solt' ich dich betrüben?
(S. 41)
_____



Seine Seüftzer

Ach möcht' ich doch itzund hie meine Schöne haben
so wolt' ich meine Sehl mit einem Kraft Kuß laben.

Sie heisset Adelmuht und ist mein Täubelein/
Ich wil Sie immerfort hie in der Fremde preisen/
das sollet Ihr ihr Bäum für allen Leüten weisen:
Ach daß diß schöne Kind nur möchte bey mihr sein.
(S. 41-42)
_____



Als er ihr den im Schertz entwendeten
Fingerhuht wider-gab

Stek widerrüm mit Lust an deiner Finger-Schne
den schönen Silber-Huht/ du Bild der edlen Tugend!
damit die Nadel dihr nicht bringe Quahl und Weh/
gebrauch ihn mit bedacht in diser deiner Jugend.
(S. 42)
_____



Als er von aussen ihr Hauß ansehen müste

Muß Ich von aussen schon dein schönes Hauß ansehen
so wil ich doch/ mein Kind! so lang zu friden sein
biß daß uns wird das Glük/ (ach möcht es bald geschehen!)
versellen anderswo zu dihnen unsrer Pein.

Du Schöne/ du/ du kanst nur einen Ohrt erwehnen
da ich mit dihr mein Licht mag pflegen keüsche Treü/
durch dise Gunst kanst du verzukkern meine Thränen/
und mein umschloßnes Hertz das kanstu machen frey.
(S. 43)
_____



Uber ein Gedicht

Geehrte was Ihr hie vor eüren Augen sehet
komt mit dem/ was ihr von mihr habet/ überein.
In was vor Furcht und Angst mein Hertz itzunder stehet
das zeiget dise Schrift geliebtes Täubelein!

Ach nehmt es willig an und schmähet mich mit nichten/
Ich dien' eüch für und für geehrtes Tugend-Licht/
mein Hoffen und mein Tuhn wil ich auf eüch stets richten.
Denkt ihr dan eins an mich. So sterb' ich Schöne! nicht.
(S. 44)
_____



Als er ihr sein Bildnuß schikkete

Weil du lebendig mich itzunder nicht kanst sehen
so bitt ich daß du wolst nach Basiletten gehen
und fordern/ Adelmuht/ mein Bildnuß von ihr ab/
das lieb und halte wehrt biß in das schwartze Grab.
(S. 45)
_____



Als er nicht bey Ihr sein könte

Wiewol ich muß allhie mit Archiatnen weiden
die kraußen Schäfelein: kommt mihrs doch weinig freüden
den mein verliebtes Hertz das sehnet sich nach dihr
ruft oftmahls Adelmuht/ ach werest du bey mihr.
(S. 45-46)
_____



Sie ist unbeständig

Jtzt blüht der Rosen-stok in an-nehmster Gluht
eh man es aber meint ist dessen Schmuk verlohren.
So blühet auch die Treü an meiner Adelmuht/
drüm halt' ich daß Sie sey vom Rosen-stok gebohren.
(S. 46)
_____



Der Eid wird sich rechen

Wer hätte je gedacht daß du den teüren Eid
den du mihr hast getahn/ so balde soltest brechen.
Ach gläub' es/ Adelmuht/ es blikket schon die Zeit
da sich der Eid wird selbst an deiner Falschheit rechen.
(S. 46-47)
_____



Er entschläget sich ihrer

Ich mag Sie nicht mehr sehn weil Sie von Flandern ist
und gantz ohn unterscheid fast alle Schäfer küst.
(S. 47)
_____



Ein ander

Ich wil/ ich mag/ ich kan/ den Mund/ die Brust nicht küssen/
Sie wil/ ich sol/ ich muß/ den Mund/ die Brust genissen.
(S. 47)
_____



Er saget ihr guhte Nacht

Adelmuht ach guhte Nacht/ weil du voller Schlangen-List
wirst du meinem keüschen Sinn/ auch du noch so lieblich bist/
gläüb' es frey und sicherlich/ nun und nimmermehr gefallen.
was du für ein Thierlein bist/ davon sol die Welt erschallen.
(S. 48)
_____


ENDE

Aus: Jacob Schwiegers Adeliche Rose
Welche den Getreüen Schäfer Siegreich/
und die wankkelmühtig Adelmuht;
der Edlen und keuschen Jugend vorstellet
In drey Theile abgetheilet
Gedrükket zur Glükstadt durch Melchior Koch
Im Jahr 1659
[Seiten-Numerierung der drei Teile jeweils getrennt]

 


Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Jacob_Schwieger

 

 


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