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Johann Sigismund
Scholze (Sperontes)
(1705-1750)
Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
-
Ein edles Hertz ist stets
vergnügt (Nr. 1)
-
Hofnung, süsser Trost des
Lebens (Nr. 2)
-
Alte Liebe rostet nicht (Nr.
3)
-
Lieben, und nicht dürffen
küssen (Nr. 4)
-
Ich möcht es bald verschwören
(Nr. 7)
-
Unter hundert tausend Schönen
(Nr. 9)
-
Packe dich weit von mir
thörichte Liebe (Nr. 11)
-
Liebe mich redlich, und bleibe
verschwiegen (Nr. 12)
-
Ihr sanfften Winde (Nr. 15)
-
Angenehmer Bund (Nr. 24)
-
Lieben ist ein Werck der
Götter (Nr. 29)
-
Liebe mich! doch auch alleine
(Nr. 31)
-
Der Abschieds-Tag bricht nun
heran (Nr. 34)
-
Dorimene, schönstes Kind (Nr.
35)
-
Nichts ist meiner Brust
verhaster (Nr. 38)
-
Schlage nur, betrognes Kind
(Nr. 42)
-
Verstoßnes Hertze, brich und
springe (Nr. 43)
-
Brecht Fessel und Bande (Nr.
44)
-
Ihr bunten Felder, und du
belaubter Wald (Nr. 45)
-
Ach! wenn kommt der frohe
Tag? (Nr. 46)
-
Dir zu Liebe, werthes Hertze
(Nr. 48)
-
Ich muß es frey gestehn (Nr.
49)
-
Engel gleiches Kind (Nr. 51)
-
Nimm die Musche (Nr. 52)
-
Verliebtes, geliebtes und
zärtliches Hertz (Nr. 54)
-
Lieben und zweifeln
vergrössert die Schmertzen (Nr. 56)
-
O beglückte Zeit (Nr. 57)
-
Zweifle nur, mein Kind, nicht
mehr daran (Nr. 61)
-
Wenn mich Hertz und Augen
hassen (Nr. 64)
-
Geliebtes Kind, soll mein
Verlangen (Nr. 65)
-
Schöne Kinder lieben (Nr. 67)
-
Weg mit verliebter Lust (Nr.
69)
-
Mein Kind, ich liebe dich
(Nr. 71)
-
Mein Kind, nun merck ich
recht (Nr. 72)
-
Nichts kan schöner als die
Liebe (Nr. 75)
-
Liebsten Schäfer, kommt
herbey (Nr. 76)
-
So geht es in der Welt (Nr.
77)
-
Tadle nicht, geliebter Engel
(Nr. 81)
-
Mädgen, trau mir nicht (Nr.
82)
-
Blauer Augen holdes Wesen
(Nr. 83)
Nr. 1
Ein edles Hertz ist stets vergnügt,
Und sieht in stiller Ruh,
So wie es nur das Schicksal fügt,
Gelassen immer zu.
Nichts mindert seinen Muth:
So wohl bey Gluth als Fluth,
Bey Regen wie bey Sonnenschein
Kan es vergnüget seyn.
Wie bald, wie leicht und unverhofft
Vergeht ein Tag der Noth;
Ein trüber Morgen bringet offt
Ein helles Abend-roth.
Die Hofnung treibt geschwind
Den rauhen Unglücks-Wind,
Und stellt zuweilen ohngefehr
Das Glücke wieder her.
Die Mißgunst ist des Glückes Frucht:
Und pflegt es zu geschehn,
Daß die Verleumbdung offt versucht
Den Pfeil auf mich zu drehn;
Die Großmuth ist dafür
Das sicherste Panier:
Je mehr der Neid den Frevel schützt:
Je mehr das Glücke spricht.
Mein Wohlfahrts-Schiff eilt diesem nach
Getrost durch Strohm und Fluth;
Ob gleich manch Sturm und Ungemach
Dem Lauffen Einhalt thut.
Geduldig und gefaßt
Sind Seegel, Ruder, Mast,
Der Ancker die Zufriedenheit,
Der Hafen Glück und Zeit.
_____
Nr. 2
Hofnung, süsser Trost des Lebens,
Meiner Wünsche Port und Ziel!
Sage: hof ich wohl vergebens?
Oder hof ich auch zu viel?
Soll ich mir zur Qvaal und Pein
Zweyfach zweifelhafftig seyn?
Holder Leitstern meiner Sinnen!
Flösse mir zur Nachricht ein,
Was mein Lieben soll gewinnen?
Tadle nicht mein Dienstbar seyn!
Denn die Ketten sind zu schön
Vor ein sterblich widerstehn.
Nimm die Ehrfurchts vollen Triebe
Der verliebten Sehnsucht hin!
Und gewehre meiner Liebe
Was ich liebe zum Gewinn.
Zeige deinen Sclaven an,
Wenn er glücklich anckern kan.
Auf mein Geist! und sey vergnüget!
Wickle dich vom Kummer loß!
Was mein Hertz so schön besieget,
Giebt sich würcklich wieder bloß,
Und die Hofnung stellet mir
Schon des Glückes Hafen für.
_____
Nr. 3
Alte Liebe rostet nicht:
Wenn das Schicksal gleich zu Zeiten
Ihren Fortgang unterbricht;
Ach es hat nichts zu bedeuten!
Wenn man sich nur wieder spricht:
Alte Liebe rostet nicht.
Was sich einmahl recht gekennt
Und zusammen fest verbunden,
Was die Liebe kostbar nennt
Über dieses wohl empfunden,
Bleibt ihr gar zu gern verpflicht.
Alte Liebe rostet nicht.
Nimmer thut ein alter Brand
Bey erfolgtem neuen Feuer,
In der Gluth den Widerstand
Als ein unverletzter neuer:
Eh geschiehts, daß jener bricht.
Alte Liebe rostet nicht.
Mißgunst, Argwohn, Eifersucht
Mühen sich aus allen Kräfften
Auch der allerbesten Zucht
Offt ein Fleckgen aufzuhefften.
Schade vor solch falsch Gedicht:
Alte Liebe rostet nicht.
Aus den Augen, aus dem Sinn
Ist ein Sprichwort schlechter Seelen:
Mich, ich sey auch wo ich bin,
Muß kein solcher Vorwurff qvälen.
Denn diß bleibt mein Unterricht:
Alte Liebe rostet nicht.
_____
Nr. 4
Lieben, und nicht dürffen küssen,
Ist ein blosses Kinder-Spiel:
Früchte sehn und nicht genüssen,
Ist mir eben auch so viel.
Soll mich nur dein Schatten laben?
Schönstes Kind, vergieb es mir!
Was das Auge sucht zu haben,
Wünschet auch der Mund von dir.
So wie sich die Sonnen-Blume
Nach der Sonne sehnlich neigt,
Und mit ihr an Flor und Ruhme
Täglich höher wächst und steigt:
Also wünschet mein Verlangen,
Das aus reiner Liebe spritzt,
Dich auch einmahl zu umfangen;
Weil du meine Sonne bist.
Gönne doch nur meinem Munde
Den erwünschten Perlen-Thau!
Ich erwart ihn jede Stunde
Auf der Lippen Rosen-Au.
Soll dein Strahl mir ferner leuchten!
Willst du, daß ich lieben muß?
Laß mich auch die Gluth befeuchten,
Und erlaube mir den Kuß!
_____
Nr. 7
Ich möcht es bald verschwören
Ein Mädgen zu verehren:
Denn auf ein tausend Mann
Getreue Männer Leiber
Trifft man beständ'ge Weiber
Kein viertheil hundert an.
Ich möcht es bald verschwören
Ein Mädgen zu verehren.
Ja, ja es bleibt dabey:
Es ist nur Hudeley!
Ich laß mich nicht betrügen
Mit solchem Schwur und Lügen:
Ein Wort geredt, und auch
Von Hertzen wohl gemeinet,
So seyn als wie man scheinet,
Das ist mein Liebes Brauch.
Ich laß mich nicht betrügen
Mit falschem Schwur und Lügen:
Zwey Wörter: Ja und Nein
Soll meine Losung seyn.
Ich will mich auch nicht grämen,
Wenn keine mich will nehmen:
Ich lache nur dazu,
Und bleibe sonder Sorgen
Von Morgen bis auf Morgen
In angenehmer Ruh.
Ich will mich auch nicht grämen
Wenn keine will mich nehmen:
Nennt man es Eigensinn;
Genug, daß ich so bin!
_____
Nr. 9
Unter hundert tausend Schönen,
Die mein Auge nur gesehn,
Soll mein Hertz
Allen Schmertz
Jederzeit verhöhnen.
Immerhin!
Denckt mein Sinn.
Und so bleib ich wer ich bin.
Besser frey
Als hierbey
Lange Zeit zu fröhnen.
Will das Mädgen, was ich wehle,
Spricht die Mutter Nein dazu:
Will die noch;
Fürcht man doch,
Daß der Vater schmähle.
Jederman
Denckt daran,
Wie er es verbinden kan.
So wird Brauch,
Daß man auch
Alle Blicke stehle.
Kommt es denn, daß Zeit und Glücke
Endlich das Verlangen stillt:
O wie bald
Wiederschallt
Nicht der Untreu Tücke;
Schwur und Eyd
Wird bereut,
Und der Liebe Pflicht entweyht.
Also schaut!
Also traut
Nicht auf solche Brücke!
Drum so hab ich mich entschlossen
Nimmermehr verliebt zu seyn.
Einsamkeit
Macht erfreut!
Weg mit Amors Possen!
Wenn der Welt
Die drauf hält,
Gleich mein Schluß zuwider fällt:
Sag ich doch
Endlich noch:
Welt du bist geschossen!
_____
Nr. 11
Packe dich weit von mir thörichte Liebe!
Eifersucht, Falschheit und wanckende Treu
Fürcht ich viel ärger als Schelmen und Diebe:
Denn es ist meistens mehr Schaden dabey.
Diesen verschlüß ich Haus, Stuben und Schrancken;
Doch dein listige und hämscher Betrug,
Raubet mir alle Vernunft und Gedancken,
Und macht endlich mit Schaden nur klug.
Bey den von Venus bezauberten Kriegen
Leb ich in Frieden und meide den Streit:
Unter die Fessel der Thorheit zu schmiegen
Hätte mich immer und ewig gereut.
Schwöret ihr andern zur Fahne der Narren,
Die ihr Cypripors Zucker geleckt!
Unter dem Huthe sind Hörner und Sparren
Euch zum Troste beständig verdeckt.
Aber ich liebe die Freyheit alleine
Und dabey mehrentheils immer vergnügt.
Lieb ich was anders; geschicht es zum Scheine:
Weil mich so keine Verbindung betrügt.
Laßt euch, ihr Mädgen, zur Nachricht es dienen!
Mir gefällt zwar ein schönes Gesicht;
Aber verspahret im Ernste die Mienen!
Denn zu nehmen verlang ich euch nicht.
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Nr. 12
Liebe mich redlich, und bleibe verschwiegen,
Lencke dein Hertze mit Vorsicht dahin,
Unter die Aufsicht der Neider zu schmiegen!
Schweigen bringt öffters beym Lieben Gewinn.
Was lieget dir daran,
Obgleich nicht jederman
Was uns geheim vergnügt,
Zu wissen kriegt?
Liebe mich redlich, und bleibe verschwiegen!
Lieben ist ärger als irgend ein Spiel:
Willst du mit Vortheil die Leute betrügen!
Traue den Wänden auch nimmer zu viel.
Wer seinem Nachbar traut,
Der in die Karte schaut,
Wird, eh er es bedacht,
Labeth gemacht.
Liebe mich redlich und bleibe verschwiegen!
Vorsicht und Glücke, Verhängniß und Zeit,
Werden es endlich schon wissen zu fügen,
Daß dich dein Lieben und Schweigen nicht reut.
Ich bin dir ewig treu,
Und schwör ohn Heucheley:
Du sollst mein nur allein
Kein andrer seyn!
_____
Nr. 15
Ihr sanfften Winde,
Weht meinem Kinde
Die Seuffzer meiner Brust
Zum Denckmahl jener Lust
Gemächlich zu!
Entdeckt der Schönen
Mein kläglich Sehnen,
Und alles was ich hier
Aus Lieb und Treu zu ihr
Tag täglich thu.
Bringt ihrem Hertzen
Ein Theil der Schmertzen,
Doch nicht zu ihrer Qvaal;
Nein: daß sie nur manchmahl
An mich gedenckt!
Ich will mit Freuden
Alleine leiden;
Nur, daß auch sie dafür
Das Hertze nicht von mir
Auf andre lenckt.
Wenn denn die Stunden
Einmahl verschwunden
Die unsren Bund verweilt;
So kommt nicht, sondern eilt
Auf mich zurück!
Denn mein Verlangen
Sie zu umfangen,
Zehlt so schon Tag für Tag,
So jeden Stunden-Schlag
Als Augenblick.
_____
Nr. 24
Angenehmer Bund!
Wo man Mund auf Mund,
Hertz an Hertze fügt,
Und mit Lust besiegt,
Tag und Nacht
Schertzt und lacht,
Drückt und küßt,
Und vergißt
Aller Sorgen Noth und bange Qvaal.
Schönsten Kinder auf!
Seht der Liebe Lauf,
Seht den Vortheil an,
Den sie bringen kan!
Kuß um Kuß
Tilgt Verdruß:
Kommt herbey
Sonder Scheu
Zu dem allerschönsten Liebes-Mahl!
Reicht mir Hertz und Hand!
Nehmt zum Gegenstand
Meinen treuen Sinn,
Edle Seelen, hin!
Lernt von mir
Mit Begier,
Wie man sich
Meisterlich
In dem Orden der Verliebten hält:
Er ist schön und leicht,
Denn die Strenge weicht;
Nichts als Lust und Schertz
Spührt ein treues Hertz;
Nur seht zu,
Daß die Ruh
Und die Lust
Eurer Brust
Kein verbothner Wanckelmuth befällt.
_____
Nr. 29
Lieben ist ein Werck der Götter:
Drum verdenckt es mir doch nicht,
Ihr verruchten Liebes-Spötter,
Daß mein Hertz drauf abgericht.
Weil ich lebe will ich lieben,
Und mich in dem angenehmen Wesen üben.
So ein reitzendes Beginnen
Stärckt den gantzen Lebens-Safft:
Es bemeistert alle Sinnen
Mit entzückter Fühlungs-Krafft.
Wer die Krafft auch meist verlohren,
Wird durch diese Regung gleichsam neu gebohren.
Nur von etwas schönem hören,
Pflegt ja schon ans Hertz zu gehn;
Wie muß sich die Lust erst mehren,
Wenn man selbst mit angesehn,
Daß die Schönen dieser Erden
Sich zum Theil fast mehr als Englisch-schön gebehrden?
Nimmer kan so mild und süsse
Alycanth und Spanscher-Wein,
Als der Nachschmack sanffter Küsse,
Der Verliebten Ausbruch seyn!
O was Inbrunst kan man fühlen
Endlich in den angenehmsten Liebes-Spielen!
Stinckend faule Wollust-Triebe,
Euch gebührt zwar Haß und Fluch;
Doch der Weyrauch edler Liebe
Ist mein bester Wohlgeruch.
Auf! nur auf entzückte Sinnen!
Lieben ist und bleibt ein göttliches Beginnen.
_____
Nr. 31
Liebe mich! doch auch alleine;
Kommt dir etwas anders für,
Liebe mich! nur nicht zum Scheine;
Denn ich will es ja von dir.
Solt ich dich auch zehnmahl fragen:
Falsche Seele, liebst du mich?
Must du mir zur Antwort sagen:
Treues Hertz, ich liebe dich.
Zweifelt gleich mein Mund im Schertze,
Glaube du den Worten nicht!
Denn es ist mir nicht ums Hertze,
Wenn mein Mund von Argwohn spricht.
Es geschicht in allen Ehren,
Und ich will mit solcher List,
Deine Gluth nur stets vermehren;
Weil mir sonst nichts lieber ist.
Laß dich nicht den Vorwurf kräncken,
Der zu meiner Lust gereicht!
Freylich hat man viel zu dencken;
Denn die Liebe strauchelt leicht.
Doch wenn ich an dir erblicke,
Daß mein Eifer dich betrübt:
Macht mich so erwünschtes Glücke
Noch einmahl so sehr verliebt.
Zeige mir nur deine Treue,
So wie du bisher gethan,
Täglich mehr und mehr aufs neue
Mit verliebten Blicken an;
Und vergieb dem freyen Munde,
Wenn dich so ein Vorwurf schmertzt,
Daß er offt, zwar ohne Grunde,
Doch aus Liebe, mit dir schertzt.
_____
Nr. 34
Der Abschieds-Tag bricht nun heran,
Daß ich nicht länger bleiben kan:
Drum nimmt mein Hertz
Mit Ach und Schmertz
Mein Engel, gute Nacht!
Das Schicksal will: ich soll, ich muß
Nach seinem vorgesetzten Schluß
Von hier zu gehn,
Nicht wiederstehn.
Wer hätte dieß gedacht?
Erwege selbst, geliebtes Kind,
Was meine Brust,
Statt vorger Lust
Anitzt vor Schmertz empfindt.
Dich lieb ich eintzig und allein:
Du solst mein Licht und Leit-Stern seyn:
Jtzt aber giebt
Sich höchst betrübt
Ein andrer Pharus an.
Der spricht zu mir dieß Donner-Wort:
Die Zeit ist hier und du must fort.
Er läst mir kaum
Noch so viel Raum,
Daß ich dirs sagen kan.
Mein Hertze schmeltzt bey Gluth und Fluth:
Und dieses macht
Nebst deiner Pracht
Des Schicksals Wanckelmuth.
Doch aber hoff ich dieß dabey:
Daß deine Treu nicht also sey.
Drum nehm ich auch
Nach meinen Brauch
Den Schluß gelassen an.
Ist gleich die Welt voll Unbestand!
Die Liebe liebt ein festes Band;
Ihr sanffter Zug
Flieht den Betrug
Und allen falschen Wahn.
Der beste Trost beym Scheiden ist:
Wenn man dabey
Beständig treu
Zu seyn, niemahls vergißt.
Ich bin den stärcksten Felsen gleich:
Mich macht kein Unglücks-Wetter weich:
Kein Donner-Strahl
Rührt nicht einmahl
Die treu-beständge Brust.
Und wenn ich selbst nicht bey dir bin:
So küß ich dich in meinem Sinn,
Und stelle mir
Im Traume für
Die schönste Liebes-Lust.
Genung! die Stunde kommt herbey:
Ich muß von dir,
Du bleibest hier;
Doch, bitt ich, bleibe treu!
_____
Nr. 35
Dorimene, schönstes Kind!
Liebst du mich,
Wie ich dich?
Oder bist du wider mich grausam gesinnt?
Sage: soll ich glücklich seyn?
Stimmt einmahl
Deine Wahl
Mit dem Wunsche meines Herzens völlig überein?
Oeffne dich, beliebter Mund!
Mache mir,
Weil ich hier
Also sehnlich bitt und fleh, deinen Ausspruch kund.
Furcht und Hoffnung rauben mir
Meine Ruh:
Rede du!
Denn es liegt doch alles mit allem an dir.
Sprich, nur sprich ein eintzig Wort!
Auf dein Ja
Ist sie da,
Und die Furcht verliebter Sehnsucht schleinigst wieder fort.
Nun ich hoffe, werthes Licht!
Daß dein Mund
Diesen Bund
Zwischen dir und mir sogleich vor genehm ausspricht.
_____
Nr. 38
Nichts ist meiner Brust verhaster
Als die Unbeständigkeit.
Hertzen, die täglich den Wechsel verüben,
Werden von jederman billig gescheut.
Drum so meid ich dieses Laster!
Liebe duldet bey der Liebe
Keinen schnöden Wanckelmuth.
Zuversicht mehret die lodernden Flammen;
Zweifel und Eifer ersticken die Gluth.
Drum so meid ich diese Triebe!
Liebe thut den treuen Sinnen
Einen Qvell der Wollust auf.
Aber der Falschheit verstocktes Bemühen
Hemmet und dämmet den richtigen Lauf.
Drum so meid ich ihr Beginnen!
Soll ich mir nun was erwehlen,
Muß es auch beständig seyn.
Anders mein Hertze beym Lieben zu kräncken,
Würde mich immer und ewig gereun.
Drum so meid ich falsche Seelen!
_____
Nr. 42
Schlage nur, betrognes Kind,
Lieb und Hoffnung in den Wind!
Denn mit deinen Schmeicheleyen
Kommst du warlich bey mir blind.
Schlage nur betrognes Kind
Lieb und Hoffnung in den Wind!
Deine Falschheit kenn ich schon;
Darum mach ich mich davon,
Wo Syrenen lieblich singen,
Schreckt mich auch der schönste Thon,
Deine Falschheit kenn ich schon:
Darum mach ich mich davon.
Meinst du, daß ich thöricht bin?
Wirf den falschen Argwohn hin!
Nein: der Endzweck meiner Liebe
Richtet sich nach meinem Sinn!
Meinst du, daß ich thöricht bin?
Wirf den falschen Argwohn hin!
Einmahl, oder ewig treu
Ist bey mir stets einlerley:
Eh ich aber wechseln wolte,
Blieb ich lieber immer frey.
Einmahl, oder ewig treu
Ist bey mir stets einerley!
Wenn der Liebe Treu gebricht,
Acht ich auch die Schönheit nicht.
Glaube nur zu falschen Räncken
Ist mein Hertz nicht abgericht.
Wenn der Liebe Treu gebricht,
Acht ich auch der Schönheit nicht.
Drum so sey der Schluß gemacht:
Falsche Seele gute Nacht!
Wer sich dich verblenden lässet,
Wird mit allem Recht verlacht.
Drum so sey der Schluß gemacht:
Falsche Seele gute Nacht!
_____
Nr. 43
Verstoßnes Hertze, brich und springe
Vor Schmertz und Jammer nur entzwey!
Denn was ich denke, red und singe,
Ist ein Begriff verletzter Treu.
Meine Schöne
Dorimene
Bricht das Band,
Und die Triebe
Ihrer Liebe
Sind voll lauter Unbestand.
Lieb und Treue sind verschwunden,
Eyd und Schwüre gelten nicht:
Die mit Lust verfloßnen Stunden
Werden mir zum Schmertz-Gedicht.
Kurtze Freude,
Die dem Leide
So zur Hand!
Ach was Schmertzen
Bringt dem Hertzen
Falscher Seelen Unbestand!
Doch was qväl ich meine Liebe
Mit dem Vorwurff jener Lust;
Dorimenens falsche Triebe
Waren mir vorher bewust:
Wer so bauet
Und vertrauet,
Kommt auf Sand.
Ich bereue
Meine Treue
Und verfluch den Unbestand.
_____
Nr. 44
Brecht Fessel und Bande!
Man bricht mir zur Schande
Den heilig beschwornen Liebes-Bund.
Auf, Schicksal, zur Rache!
Entscheide die Sache!
Straffe den schändlich verlogenen Mund!
Ich liebte von Hertzen:
Nun werd ich mit Schmertzen
Durch Falschheit und Unbestand betrübt.
O flatternde Triebe
Unseeliger Liebe!
Hätt ich doch nimmer so hertzlich geliebt!
Was hab ich erlitten?
Was hab ich bestritten?
Ach hätt ich doch eher nur geglaubt!
Verführisches Schmeicheln!
Dein schändliches Heucheln
Hat mich doch würcklich der Sinnen beraubt!
Verschwendrische Treue!
Itzt folget die Reue
Doch aber zur Unzeit, hinten nach.
Brecht Fessel und Bande!
Ich liebte zur Schande,
Lieb ich noch länger, so leb ich zur Schmach.
_____
Nr. 45
Ihr bunten Felder, und du belaubter Wald,
Gönnt meinen Klagen doch den Aufenthalt!
Es ist geschehen
Um meine Schäfferin:
Da hilfft kein Flehen,
Auch kein getreuer Sinn;
Denn das Verhängniß tobt so scharf,
Daß ich nun nichts mehr hoffen darf.
Ihr müßt es wissen: ich liebte sie allein;
Jtzt nimmt ihr Hertze doch ein andrer ein.
Du schöne Weyde!
Auf der wir ehedem
Uns alle beyde
Die Zeit so angenehm,
Und was noch mehr? verliebt verkürtzt,
Wie bitter wird die Lust verwürtzt!
Ergrimmtes Schicksal, bezähme deine Wuth!
Wo nicht? so straffe nur den Wanckelmuth.
Ich bin beständig:
Warum verfährest du
So gar unbändig,
Und stöhrest meine Ruh,
Und raubest mir so ungescheut,
Worauf ich mich schon längst gefreut?
Wiewohl vergebens! ich klage tauber Lufft;
Weil sie ihr Hertz von mir selbst wiederrufft.
Ich muß es leiden,
Daß sie die Treue bricht;
Doch sie zu meiden
Wehrt mir kein Hencker nicht,
So lange noch durch Feld und Wald
Der Wunder-Nahme Daphne schallt.
_____
Nr. 46
Ach! wenn kommt der frohe Tag?
Wenn erscheint die süsse Stunde,
Da ich dich Vergnügungsvoll,
Schönster Engel küssen soll?
Tadle nicht die bangen Triebe
Und den Ausbruch meiner Liebe!
Denn mein sehnliches Verlangen
Dich bald wieder zu umfangen,
Zehlet jeden Stunden-Schlag.
Wie bey starcker Feuers-Gluth
Ein verscheuchtes Täubgen girret,
Und nach seinem Gatten rufft;
Also klag ich auch der Lufft:
Was mein Hertz in Brand gestecket,
Wie der Abschied mich erschrecket,
Wie mich die Entfernung plaget,
Was die Wiederkunfft versaget,
Und am allerwehsten thut.
Ach! wenn kommt der frohe Tag!
Zeit und Weile wird mir lange.
Schicksal! lindre meinen Schmertz:
Oder stirb geqvältes Hertz!
Denn die Sehnsucht meiner Liebe
Foltert die getreuen Triebe,
Und macht, kan es nicht geschehen,
Dich, mein Engel, bald zu sehen,
Daß ich auch nicht leben mag.
_____
Nr. 48
Dir zu Liebe, werthes Hertze,
Will ich auch im grösten Schmertze
Gelassen seyn!
Laß das Schicksal mich beneiden!
Deinetwegen nur zu leiden,
Versüßt die Pein.
Dir zu Liebe, werthes Hertze,
Will ich auch im grösten Schmertze
Gelassen seyn.
Gieb der Schmähsucht kein Gehöre;
Was ich einmahl red und schwöre,
Bleibt immerfort.
Dich alleine zu verehren,
Soll mir kein Verhängniß wehren:
Dieß ist mein Wort!
Gieb der Schmähsucht kein Gehöre!
Was ich einmahl red und schwöre,
Bleibt immerfort.
Laß mich ja nur nicht erleben,
Daß du dich wo sonst ergeben,
Und mich veracht!
Dadurch würden meinem Hertzen
Mehr als Tod- und Höllen-Schmertzen
Zuwege bracht.
Laß mich ja nur nicht erleben,
Daß du dich wo sonst ergeben,
Und mich veracht!
Endlich lohnet doch die Liebe
Auch die treu-gesinnten Triebe
Mit Freud und Lust.
Grabe dir zum Angedencken
Dieses, unter Gram und Kräncken,
Nur in die Brust:
Endlich lohnet doch die Liebe
Auch die treu-gesinnten Triebe
Mit Freud und Lust.
_____
Nr. 49
Ich muß es frey gestehn,
Ich liebe Wunder-schön;
Dieß fehlt mir nur dabey:
Mein Liebgen ist nicht treu.
So viel ein Wetter-Hahn
Sich täglich ändern kan,
Der, wie der Wind ihn dreht,
Bald Nord- bald Süd-werts steht,
So vielmahl ändert sie,
Das heist Galanterie!
Ey schade doch davor!
Ich will kein solcher Thor
Hinfort im Lieben seyn.
Nur weg mit falschem Schein!
Was Treu und Redlichkeit
Durch Eigensinn entweyht,
Durch Eigennutz verblendt,
Bald hin, bald her sich wendt,
Und täglich wechseln kan,
Das steht mir nicht mehr an!
Es bleibt also dabey:
Ich lieb und liebe treu,
Und werffe meinen Sinn
Auf etwas anders hin!
Dein schnöder Unbestand
Dorinde, bricht das Band.
Mich qvält dein Wanckelmuth;
Mich schmertzt mein treues Blut;
Geh in dich, falsches Hertz!
Und hemme meinen Schmertz!
Jedoch mein Wünschen rufft
Vergebens in die Lufft;
Du siehest meine Pein,
Und willst nichts anders seyn.
Wohl an! ich bin bereit,
Vielleicht kommt bald die Zeit,
Die anderweit ersetzt,
Was du an mir verletzt.
Wer weiß, rächt nicht die Reu
In kurtzem meine Treu.
_____
Nr. 51
Engel gleiches Kind,
Ist dein Hertz gesinnt,
Eines andern mit Vergnügen
Theil zu seyn?
Räume doch ein Plätzgen,
Angenehmes Schätzgen,
Mir zur Lust und Liebe davon ein!
So bey Lust und Freud,
Als bey Schmertz und Leyd
Solst du von mir ein beständig Opffer haben:
Glaube mir, die Liebe
Hat dergleichen Triebe
Schwerlich mehr in eine Brust gegraben,
Als mit welchen ich,
Schönster Engel, dich
Kan und will vor deine Treu begaben.
Sprich zu meiner Ruh
Nur dein Ja dazu,
Und erfreue den dir ewig treuen Sinn!
Wilst du aber schweigen,
Und dich grausam zeigen?
Wohl; so nimm mein Hertz zur Folter hin!
Dennoch sag ich frey:
Nur die Liebe sey
Alles, alles was ich wieder dich begangen.
Ist denn mein Bekennen
Straffens-werth zu nennen?
Will ich auch den Tod behertzt umfangen;
Denn ich wünsche mir
Weiter nichts von dir,
Als mein Recht gehörig zu erlangen.
_____
Nr. 52
Nimm die Musche
Von der Gusche,
Schönstes Kind, verstell dich nicht.
Wenn es der Natur gebricht,
Wirst du durch dergleichen Sachen
Dich wohl schwerlich schöner machen:
Drum entlarve dein Gesicht.
Deiner Blicke
Zauber-Stricke
Ziehen jedes Hertz an sich.
Glaube nur: auch ohne mich,
Und dein so gestellt Gesichte,
Fällt der Schönheit Ruhm-Gerüchte
Unter allen doch auf dich.
_____
Nr. 54
Verliebtes, geliebtes und zärtliches Hertz,
Laß klagen,
Laß zagen,
Verlache den Schmertz!
Gewöhne die Triebe der redlichen Brust
Zum niedlichsten Schertzen ersinnlicher Lust!
Bald drücke,
Bald zwicke
Dein artiges Kind.
Du darfst dich nicht schämen; denn Amor ist blind.
Bezwinge der Freyheit verdrüßlichen Sinn!
Erwege
Die Stege
Zum Liebes-Gewinn!
Die Blume der Jugend verbleichet und fällt,
Wenn man sie zum öfftern am kostbarsten hält;
Die Nelcken
Verwelcken,
Die Rose verblüht;
Wohl! wer so beyzeiten den Vortheil einzieht!
_____
Nr. 56
Lieben und zweifeln vergrössert die Schmertzen;
Lieben und hoffen vermehret die Lust.
Dieses erwecket beständige Hertzen;
Jenes verändert die treueste Brust.
Glückliches Fügen!
Süsses Vergnügen!
Wo so beliebt geschwind
Flammen mit Flammen vereiniget sind.
Ist nicht das Lieben ein wahres Verlangen,
Welches man gegen einander bezeugt!
Hält denn die Hofnung den Zweifel gefangen,
Sieht man, daß täglich die Gegen-Gunst steigt,
Biß man am Ende
Hertz, Mund und Hände
Glücklich zusammen fügt,
Und damit Zweifel und Hofnung besiegt.
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Nr. 57
O beglückte Zeit!
Statt der Traurigkeit
Nimmt Zufriedenheit
Nun meine Seele völlig ein.
Ich bin ausser Schmertz:
Denn das treue Hertz
Hüpft vor Lust und Schertz.
O! was kan wohl beglückter seyn?
Meine Schöne,
Dorimene
Giebt endlich meinem Seufzen nach.
Was dem Marmor gleicht,
Ist nunmehr erweicht;
Lieb und Treue siegt,
Qvaal und Freyheit liegt:
Herrlicher Gewinn!
So verlacht mein Sinn
Auch forthin alles Ungemach.
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Nr. 61
Zweifle nur, mein Kind, nicht mehr daran:
Daß ich dich ewig ehr' und liebe!
Glaube, daß ein falsch geschöpffter Wahn
Mich von dir bis in den Tod betrübe.
Wenn ich dich einmahl verlassen will,
Muß gewiß die Sonne selber still
An dem Himmel stehen,
Oder rückwerts gehen;
Eher kan es warlich nicht geschehen!
Alles, alles was mein Mund verspricht,
Das hat den Ursprung aus dem Hertzen.
Darum sage, liebster Engel, nicht:
Ich beliebte nur mit dir zu schertzen.
Nimm davor den sichern Bürgen an,
Der dich nimmermehr betrügen kan;
Laß mich wieder wissen:
Daß mein treu Entschlüssen
Dir den Zweiffel aus der Brust gerissen.
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Nr. 64
Wenn mich Hertz und Augen hassen,
Und ich dir zuwider bin;
Werd ich dich doch nicht verlassen,
Angebethner Eigensinn!
Aendre deine Liebes-Triebe
Dir zur Lust und mir zur Pein,
Muß dir meine treue Liebe
Doch ein steter Vorwurf seyn.
Steckt mir Falschheit im Gemüthe?
Oder hast du noch verspührt,
Daß ein Tropfen schlimm Geblüthe
Sich in meinen Adern rührt?
Nein! mein redliches Gewissen
Ist davor mir Bürg und gut:
Also kanst du leichtlich schlüssen,
Wie mir deine Falschheit thut.
Hat ein übereilt Versehen
Dich vielleicht von mir betrübt?
Muß es darum denn geschehen,
Daß dein Hertz nicht weiter liebt?
Ich erdulde Straf und Rache,
Straffe nur nach Billigkeit!
Und vergieb auch eine Sache,
Die mich tausendmahl gereut.
Dencke, liebste Dorimene,
Dencke nach, wie wir vorher
Uns so liebreich, still und schöne -
Doch der Ausdruck fällt mir schwer!
Das vergangene zu loben,
Mehrt die gegenwärtge Pein,
Und was einmahl aufgehoben,
Kan nicht mehr erfreulich seyn.
Gute Nacht, ihr schönen Stunden!
Gute Nacht, vergnügte Zeit,
Die noch schmertzlicher verschwunden,
Als sie mich vorher erfreut!
Gute Nacht, ihr holden Blicke!
Hand und Lippen gute Nacht!
Weil mein widriges Geschicke
Gar die Hoffnung scheiternd macht.
Aber du, geliebte Seele,
Die du mich dazu gebracht,
Daß ich mich so schmertzlich qväle,
Nimm mein Leyden wohl in acht!
Und gedenck bey meiner Treue,
Die dich dennoch nie vergißt:
Daß zum öfftern späte Reue
Falscher Seelen Richter ist.
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Nr. 65
Geliebtes Kind, soll mein Verlangen
Denn immer fruchtlos untergehn?
Du weists, wie hart du mich gefangen;
Du weists, und wilst es nicht verstehn.
Verschwinden nicht einmahl
Die Tage meiner Qvaal?
Ach lindre doch
Mein schweres Joch
Nur heute noch!
Ich habe dir mit tausend Schwüren
Mein Hertze ia vorlängst verpflicht:
Und kan dich dieses noch nicht rühren,
So sieh mir nur ins Angesicht!
Alsdenn so sage mir:
Ob auch ein Blick von dir
Zurücke kehrt,
Der nicht gewehrt,
Was du begehrt?
Aus meinen Augen must du lesen,
Wie sehr ich dir gewogen bin:
Drum laß dein zweifelhafftes Wesen,
Und wirf den Argwohn von mir hin!
Es ist, fürwahr! kein Schertz:
Daß dir mein gantzes Hertz
Ohn Heucheley
Beständig treu
Verbunden sey.
Nun, so versage, liebste Seele,
Mir länger deine Liebe nicht!
Sprich: daß dein Hertz mein Hertz erwehle,
Und bleib ihm ewig treu verpflicht.
Nichts als der Tod allein
Soll unser Schiedsmann seyn!
Hertz, Mund und Hand
Schlüß dieses Band!
Weg Unbestand!
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Nr. 67
Schöne Kinder lieben,
Ist uns von Natur
Schon in das Hertz geschrieben,
Und die schöne Spur
Erleichtert Müh und Wege;
Zeigt die rechten Stege
Zum erwünschten Port
Uns immer, immer fort.
Schöne Kinder küssen
Ist die gröste Lust:
Denn was wir da genüssen,
Labet Mund und Brust.
O köstliches Vergnügen,
Mund auf Mund zu fügen!
Was kan schöner seyn?
Als diese Lust allein.
Schöne Kinder nehmen
Ist das höchste Guth:
Die sich dazu beqvemen,
Und mit steiffen Muth
Beständig treu zu bleiben,
Sich einmahl verschreiben,
Bringen voller Ruh
Die Zeit des Lebens zu.
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Nr. 69
Weg mit verliebter Lust!
Wann Doris deine Brust
Sich mit fremden Flammen nährt und brüst.
Soll ich nicht eintzig und allein
Der Hahn in deinem Korbe seyn:
O so gehe!
Denn ich krehe
Nimmermehr auf solchem faulen Mist.
Was Treu und Farbe hält,
Das ist, was mir gefällt:
Nur getheilte Liebe mag ich nicht.
Sprichst du: es ist galant und fein.
Sag ich: es ist mir zu gemein.
Denn die Triebe
Meiner Liebe
Fordern schlechterdings gantz andre Pflicht.
Wiewohl, was qväl ich mich?
Wenn endlich du und ich
Eines so dem andern nicht gefällt.
Mein Schaden geht ja noch wohl an!
Liegt dir nun eben nicht viel dran?
Unbetrübet:
Denn es giebet
Unsers gleichen noch wohl in der Welt.
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Nr. 71
Mein Kind, ich liebe dich,
Und brenn in meinem Hertzen
Die reinsten Liebes-Kertzen
Vor dich, mein ander ich:
Mein Kind, ich liebe dich!
Ich seh an deiner Jugend
Den Spiegel aller Tugend
Mit ungeschmincktem Wahn,
Als meinen Leit-Stern an,
Der mich zu dir geführet,
Der dich erhebt und zieret,
Und nichts hat über sich.
Mein Kind, ich liebe dich!
Mein Kind, ich liebe dich!
Erweis' den treuen Trieben
Nur gleich gesinntes Lieben,
Und glaube sicherlich:
Mein Kind, ich liebe dich.
Des Schicksals Wuth und Plage
Verbittre meine Tage
Mit aller Qvaal und Pein;
Wofern ich untreu seyn,
Und dich verlassen werde!
Du, du bist auf der Erde,
Sonst keine nicht vor mich.
Mein Kind, ich liebe dich!
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Nr. 72
Mein Kind, nun merck ich recht:
Ich bin vor dich zu schlecht;
Nicht wahr? Dein hoher Sinn
Sucht besseren Gewinn?
Gesteh es mir nur zu!
Wie anders köntest du
Sonst gegen meine Pein
So unempfindlich seyn?
Hielt dich kein besser Glück
Von meiner Gunst zurück.
Du thust gar recht daran!
Denn nach gemeinem Wahn
Gilt schon der Groschen nicht,
Wo man von Thalern spricht;
Und die Vergessenheit
Gedenckt der alten Zeit
So wenig, als man offt
Auf Besserung gehofft,
Und eh man sichs versieht,
Den Schaden nach sich zieht.
Dieß wünsch und gönn' ich dir
Zwar nimmermehr dafür:
Nein! meine Redlichkeit
Vergeht sich nie so weit.
Doch solte künfftighin
Dennoch dein leichter Sinn
Damit bestraffet seyn;
So denck an meine Pein,
Und mit bey dem Betrug:
Mit Schaden wird man klug.
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Nr. 75
Nichts kan schöner als die Liebe
Und ihr himmlisch Wesen seyn!
Denn sie schrenckt ja alle Triebe
In vergnügte Knechtschaft ein.
Was wir wünschen, was wir wollen,
Was die Sehnsucht nur begert,
Wird durch ungeweigert Zollen
Uns beym Lieben auch gewehrt.
Schweigt, nur schweigt von den Beschwerden,
Die ihr sonst geliebet habt!
Lieben und geliebet werden,
Ist ein Zug, der heimlich labt;
Auch ein Centner Qvaal im Lieben
Überwiegt kein Qventgen Lust,
Die den treuen Liebes-Trieben
Edler Seelen nur bewust.
Eher wird das blinde Glücke
Selbst von der Verändrung frey,
Als das tägliche Geschicke
In dem Lieben einerley;
Aber dieses sind die Proben:
Wird dadurch ein Hertz bewehrt,
Sieht man, daß die Macht von oben
Lieb und Glück in eines kehrt.
Und so mag mirs in der Liebe
Künfftig wie es will ergehn;
Ich will dennoch diesem Triebe
Nun und nimmer wiederstehn.
Denn, gesetzt! daß ich die Sonne
Meiner Freuden heut verliehr;
O! sie bricht mit neuer Wonne
Morgen gantz gewiß herfür.
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Nr. 76
Liebsten Schäfer, kommt herbey:
Nehmet mich in eure Reyhen!
Schlüßt mit Hertz und Hand und Mund
Mich in euren Freundschaffts-Bund!
Kommt nur eilends her gegangen!
Denn ich warte mit Verlangen:
Theilt mit mir die schöne Weyde
Und vergönnet mir die Freude,
Daß ich eure Freundin sey.
Wie ein muntres Schäfgen schertzt
Und um seinen Hirten springet,
Wenn es ihn einmahl erblickt,
Ach! so bin ich auch entzückt,
Wenn ich auf der grünen Aue
Meinen Schäfer bey mir schaue,
Wenn mich Thyrsis freundlich grüsset,
Wenn mich Damon lieblich küsset,
Und mein Mund euch wieder hertzt.
Lasset uns hier Hütten baun,
Und die Zeit also vertreiben,
Daß wir selten nur allein,
Aber offt beysammen seyn.
Wehlt die Gegend nach Gefallen!
Mir ist alles gleich; Bey allen
Aber dieses desto lieber,
Wenn wir künfftig gegen über
Jederzeit ein ander schaun.
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Nr. 77
So geht es in der Welt:
Das meiste Frauenzimmer
Das nur den Schein und Schimmer,
Der in das Auge fällt.
So geht es in der Welt!
Die angenehmsten Mienen,
Die uns zur Lockung dienen,
Sind wohl von Zauberey,
Nur nicht von Falschheit, frey,
Die freundlichsten Caressen
Auch offt so leicht vergessen,
Als einmahl ausgestellt.
So geht es in der Welt!
Der Hochmuth ist zu groß
Bey manchen schönen Kindern:
Das muß die Liebe mindern!
Das machet Feßel-los!
Der Hochmuth ist zu groß.
Je mehr man liebt und ehret,
Und seine Gluth vermehret,
Je weniger behält
Die Liebe doch das Feld.
Ein Kopf voll hoher Dinge
Hält alles vor geringe
Und gegen sich als bloß.
Der Hochmuth ist zu groß!
Verhaßte Freundlichkeit,
Die bey den meisten Fällen
Sich also zu verstellen,
So wenig bergt als scheut:
Verhaßte Freundlichkeit!
Verfinstre deine Blicke!
Wo nicht; so laß die Tücke
Von deinem Übermuth,
Und meide falsche Gluth!
Bezwinge deine Triebe
Mit ewig treuer Liebe,
Und mit Bescheidenheit!
Verhaßte Freundlichkeit!
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Nr. 81
Tadle nicht, geliebter Engel,
Daß ich dir gewogen bin:
Noch den sonder alle Mängel
Treu- und Ehrfurchts-vollen Sinn,
Der mich hier zu deinen Füssen,
Seufzend um dich, niederlegt,
Und auf dein beliebt Entschlüssen
Freuden-voll die Bande trägt.
Bey dem Himmel deiner Augen,
Bey den Kertzen meiner Treu,
Die mir hier zum Leitstern taugen,
Schwör ich dir ohn Heucheley:
Daß ich sonder aufzuhören,
Hertz und Mund stimmt überein,
Dich, mein Engel, will verehren,
Und stets sonder Wechsel seyn.
Qväle nur die treuen Triebe
Nicht mit langem Widerstand,
Und ergieb dich meiner Liebe;
Siehe! hier ist Ring und Hand!
Nimm diß schlechte Liebes-Zeichen,
Und versichre dich dabey:
Daß an Treue meines gleichen
Fast kein Mensch auf Erden sey.
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Nr. 82
Mädgen, trau mir nicht,
Wenn mein Mund verpflicht,
Und mit dir von Liebe spricht.
Es ist nur ein Schertz,
Und mir nicht ums Hertz:
Daß mich dein Schöneseyn besiegt,
Ja ich sage frey!
Daß dich meine Treu
Oeffters bloß aus Höfligkeit belügt.
Wirf den falschen Sinn,
Wirf den Glauben hin,
Daß ich dir ernstlich günstig bin.
Wähle dir ein Hertz,
Daß dich anderwerts
Mehr als das meine wieder liebt,
Und sich mit der Zeit,
Deiner Artigkeit
Gantz und gar zu eigen übergiebt.
Meine Freyheit bricht
Pracht und Schönheit nicht:
Und der hat sich mein Hertz verpflicht.
Aendert sich der Schluß,
Soll mein erster Kuß
Gantz gewiß dir gewidmet seyn.
Warte, bis sichs fügt!
Aber itzt vergnügt
Mich die Freyheit eintzig und allein.
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Nr. 83
Blauer Augen holdes Wesen,
Das ist mein irrdisch Himmelreich!
Denn die Sterne
Sind von ferne
Zwey Sonnen an der Würckung gleich.
Dieß Saphierne Lust-Gefilde
Zieht stärcker noch als ein Magnet.
Jede Blicke
Führen Stricke,
Durch welche man gebunden steht.
Nähert euch, ihr stärcksten Helden,
Nur ja nicht diesem Augen-Strahl!
Denn die Hitze
Seiner Blitze
Durchdringt ein Hertz von Fels und Stahl.
So zwey Sonnen zu beschauen,
Laufft warlich jederman Gefahr!
Ich bekenne:
Ja! ich brenne
Nur bloß durch dieses Augen-Paar.
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Aus: Sperontes Singende Muse
an der Pleisse
in 2. mahl 50 Oden
Der neuesten und besten musicalischen Stücke
mit den darzu gehörigen Melodien
zu beliebter Clavier-Übung und Gemüths-Ergötzung
Nebst einem Anhange aus J. C. Günthers Gedichten
Leipzig auf Kosten der lustigen Gesellschafft 1736
[ohne Seitennumerierung]
Biographie:
https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Sigismund_Scholze
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