Adolf Ritter von Tschabuschnigg (1809-1877) - Liebesgedichte

Adolf von Tschabuschnigg



Adolf Ritter von Tschabuschnigg
(1809-1877)

Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 



 



Mädchenbrauch

Du schautest mich so freundlich an,
Wenn ich vorüberstrich,
Da war es um mein Herz gethan,
Und, ach! ich liebte dich!

Manch Blümchen gabst du ungeseh'n
Und leis erröthend mir,
Da glaubt' ich deutlich zu versteh'n:
"Mein Herz gehört nur dir!"

Doch auch nach Andern siehst du hin,
Gibst Andern Blumen auch,
Nun fühl' ich's wohl mit trübem Sinn',
Es ist nur so dein Brauch!
(S. 9)
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Im Frühlinge

Rings such' ich dich, rings lausch' ich dir
Mit thränenfeuchtem Blik',
O holdes Liebchen komm' zu mir,
Kehr' in mein Thal zurük!

Die Wiese grünt, die Veilchen blüh'n,
Und süße Düfte weh'n,
Wie könnten wir im jungen Grün
So wonnig uns ergeh'n!

Dort an der Straße will ich steh'n,
Im Früh- und Abend-Strahl',
Mit Blumen dir entgegen weh'n,
Kehrst du zurük in's Thal.
(S. 16)
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Im Mairegen

Es war so heiß, es war so schwühl,
Manch Blümchen starb dabei,
Nun aber regnet's lind' und kühl,
Und alles hebt sich neu.

Da trag' ich meine Blumen auch,
An meinem Fenster dort,
Hin in den freien, linden Hauch,
In's kühle Regnen dort.

's thut ihnen wunderbarlich wohl,
Kühl ist es und doch lau,
Halb träumend bebt die Rose, voll
Vom lieben Seegenthau.

Ach! könntest du mich kühlen auch,
Du liebe Maienfluth,
Und könntest stillen, linder Hauch,
Des Herzens heiße Gluth!

Möcht' träumend, wie die Rose steh'n,
Im Freiem frisch und lau,
Möcht' warten auf ein kühles Weh'n,
Auf einen Tropfen Thau!
(S. 19-20)
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Einmahl noch

Laß noch einmahl alle Lust und Freude
Still vorbei an meinem Herzen geh'n,
Laß noch einmahl, eh ich von dir scheide,
Mich in meinen ganzen Himmel seh'n!

Preß' noch einmahl die entfloss'nen Stunden
Wuchernd all' in einen Augenblik,
Einmahl noch, bevor es ganz entschwunden,
Zeige mir mein ganzes Glük!

Einmahl noch das Lächeln voller Wonne,
Gottes schönsten Lohn für seine Welt,
Das in gleicher Klarheit auf die Sonne,
Und in stilles Blüthendunkel fällt.

Einmahl noch die warme Hand in meiner,
Und der Vollmond über dir und mir;
Einmahl meine Brust noch eng an deiner,
Eine stille Stunde noch mit dir!

Einmahl noch den Blik bis tief zu Herzen,
Sehnsuchtvoll, in Thränen mild verklärt,
Der mir selbst der Trennung Schmerzen
Still in Wonneschauer kehrt.

Einen Kuß noch für das lange Scheiden,
Mit dem Kuß dein ganzes Herz,
Als Erinn'rung an vergangne Freuden
Stärk' er mich in meinem Schmerz'!

Einmahl noch dein ganzes Bild, - o säume!
Und geblendet mög' der Blik vergeh'n,
Daß ich dann von dir nur träume
Immer bis zum Wiederseh'n!
(S. 21-22)
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Liedchen

Die Erle weht, die Quelle rauscht
So wehtmuthvoll vor mir,
Wenn Erl' und Quelle wieder rauscht,
Bin ich nicht mehr bei dir!

Drum, süßes Liebchen, lebe wohl!
Und denke fürder mein!
Und rauscht die Erde dumpf und hohl,
Mög' ich im Sinn' dir sein!

Einst rauscht' die Erl' im jungen Grün,
Die Quell' in voller Lust,
Dann sink' ich wieder seelig hin
An deine treue Brust!
(S. 23)
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Das Ländchen der Liebe

Voll Kämpfe und Falschheit, gar arg ist die Welt,
Gar übel zumahl ist's auf Erden bestellt,
Doch kenn' ich ein friedliches, freundliches Land,
Es wird nur das Ländchen der Liebe genannt.

Ist anderswo Nordsturm und drükende Gluth,
Erstirbt jedes Blümchen in Thränen und Blut,
Gluth, Nordsturm wehen hier schonend vorbei,
Im Ländchen der Liebe ist ewiger Mai.

Nicht mißt's man nach Meilen, es ist gar klein,
Oft schließt es ein blühendes Laubendach ein,
Es ist groß genug dem liebenden Sinn',
Stets finden zwei Herzen ein Plätzchen darin.

Und Mancher, den außen das Leben erfaßt,
Der danklos sich mühet in redlicher Hast,
Dem winket der Friede, die Ruhe nur hier,
Ihn lohnen zwei himmlische Stunden dafür.

Manch Einer, dem Kummer das Herz schier zerdrükt,
Dem Blume und Knospe das Leben zerpflükt:
Ins Ländchen so heimlich da baut er sein Glük,
Da glänzt nur in Thränen der Wonne Blik.

Der Weg in's Ländchen der Liebe ist schmahl,
Führt heimlich, in Rosen verborgen, durch's Thal,
Ihn findet allein nur ein offener Sinn,
Es führet nicht Geld und nicht Macht dahin.

Im Ländchen der Liebe sind alle sich gleich,
Da kennt man nicht Fürsten, nicht arm und nicht reich,
Da freut sich der König im blühenden Gras,
Wo jüngst noch so seelig der Bettler saß. -

In's Ländchen der Liebe, da flücht' ich gar oft,
Wenn Manches zerflittert, woran ich gehofft,
Stets kehr' ich so kräftig in's Leben zurük,
Mit Glauben im Herzen, verklärtem Blik.
(S. 27-28)
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Zum Abschiede

Holdes, liebliches Mädchen, lebe wohl! ach,
Ferne wirst du von mir nun sein, doch immer
Werd' ich dein noch gedenken, liebe Seele!
Feuchteren Blikes. -

Und gedenken der schönen, heil'gen Stunden,
Wenn, ergriffen vom Aufschwung deiner Lieder,
Kühn und wirbelnd mein Geist in schön'ren Träumen
Fessellos schwebte;

Dein gedenken, wenn künstlich und gemessen
Mich die Sänger der Residenz ergözen;
Anders klangen, so fühl' ich dann, die Lieder
Meiner Luise!

Ach! ein Jubeln, ein Seufzen war dein Singen,
Im verklärteren Auge schwamm der Himmel,
Und der heilige Busen hob sich zitternd,
Leise erbebend.

Wann der Busen dir wieder heilig aufbebt,
Und dein Auge im Liederschwunge leuchtet,
Dann, Luise! dann mög'st du mein gedenken -
Feuchteren Blikes!
(S. 50-51)
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Vergiß

Vergiß! das ist mein leztes Wort im Scheiden,
Reich' lächelnd mir die Hand hin und vergiß!
Vergiß das Weh und deine kleinen Freuden,
Vergiß den Flitterkranz, weil er zerriß!

Vergiß! dies eine Wort kann ich dir geben,
Für's Dasein weih' ich mit dem Wort' dich ein; -
Vergessen heißt die eine Hälfte Leben,
Die and're Hälfte die heißt - fröhlich sein.

Vergiß, daß du gejubelt und geweinet,
Fang' neu zu lächeln und zu weinen an,
Vergiß die Stunden, die uns einst vereinet;
Vergiß dich selbst und mich - und was verrann!

- Wie, Thränen! weg damit von frischen Wangen,
Raub an dem Leben ist Erinn'rungschmerz, -
Sieh' mich noch einmahl an, bin ich gegangen,
Wirf dich vergessend an ein and'res Herz!
 (S. 74)
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An *

Leise kam es, wie so Vieles,
Unter Scherz und unter Lust
Stand ich an dem End' des Zieles,
Des Erringens unbewußt.

Und des Glükes schöne Spende
Nannt' ich froh und dankend mein,
Drükte seelig dir die Hände,
Und mein ganzes Herz war dein.

Wie gekommen, so vergangen,
Ferne seh' ich wieder dich,
Freude glüht auf deinen Wangen,
Aber, ach! kein Strahl für mich.

Und das Herz will trüb' sich regen,
Alte Wünsche werden wach, -
Sieh', da zieht auf fernen Wegen
Jedes stumm dem Schiksal nach.
(S. 95)
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Fragen an Sie

Denkst du noch mein im süßen Blüthenschatten,
Denkst du noch mein im kühlen Mondenstrahl'?
Und wallst noch oft durch die bekannten Matten
Zum stillen Quell' hinab in's liebe Thal?

Weilst du noch gerne dort im Blätterdache,
Und weh'n die Erlen noch so ahnungvoll?
Blüh'n die Vergißmeinnichte noch am Bache,
Wo wir geweint das lezte Lebewohl?

Gehst wohl noch oft in traute Waldesfülle
Und wekst den vollen, weichen Lautenklang?
Singst noch die Lieder in der tiefen Stille,
Die Lieder, die dein Freund dir liebend sang?

Trägst du noch ganz die alte Lieb' im Herzen,
Ist deine Lieb', dein Herz noch, wie es war?
Hast du sie nie entweih't durch eitles Scherzen,
Und bist die Meine wohl noch ganz und gar?

Schmükt sie dich noch die schöne Lokenfülle,
Und hast kein Lökchen tändelnd weggeschenkt?
Bist wohl die Alte noch, so fromm und stille,
Die liebend noch des wilden Flüchtlings denkt?

Und hast die blasse Schleife oft genommen,
Die liebe Schleife, die einst ich dir gab? -
Wirst froh an's Herz mir sinken, - werd' ich kommen,
Und führst mich dann, wie einst mein Wanderstab? -
(S. 113-114)
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Der Traum

Nun seit sie ferne, da seh' ich
Sie manchmahl im Schlaf' vor mir,
Heut' brachte mich wieder ein böser,
Ein lieber Traum zu ihr.

Sie saß am Sopha, es hielt sie
Ein schöner Mann an der Hand,
Sie war so zärtlich, ich lehnte
Vergessen an der Wand.

Mir wurde so weh', - doch als ich
Erwachte, da dacht' ich doch,
Ach! wär' sie nur hier, und lehnt' ich
Einsam bei Seite noch!
(S. 117)
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Auf Nimmerwiedersehen

Bin oft von dir gewandert,
Kam aber stets zurük,
Hab' lächelnd dir getroknet
Den Scheidethränenblik,
Reich' nur die Hand her, Liebchen!
Muß wieder einmahl geh'n,
Wein' aus an meinem Herzen
Auf Nimmerwiederseh'n.

Bist mir im Arm' gelegen,
Wie's immerdar sein soll,
Die Stunden flieh'n und kommen,
Was weinst nun drüber toll?
Das Herz möcht' dir zerspringen!
Ei, Närrchen! glaub' es nicht,
Ein Fels kann eh' zerfallen,
Eh' nur ein Herze bricht.

Willst nimmer wieder kosen!
Halt' ein das blöde Wort,
Der Frühling kommt und schmüket
Jeden verlass'nen Ort;
Die Laube grünt, es schmachtet
Ein Pärchen, traut gesellt,
Du bist dabei, - ich irre
Wo draußen in der Welt.

Verlorne Zwillingrosen
Eint oft ein lindes Weh'n,
Doch wir geh'n auseinander
Auf Nimmerwiederseh'n!
Und hab' ich dich geherzet,
So war's auch deine Lust,
Und herz' ich einmahl wieder,
Ist's nicht an deiner Brust!
(S. 118-119)
_____



Begegnung

Da drängtest du dich wieder mir entgegen,
Verwegen war der Laune Wunsch und toll,
Fort gingen wir auf weitzerriss'nen Wegen,
Nicht troknes Auges, aber ohne Groll.

Wahr ist's, dein Frühling lag an meinem Herzen,
Mein Arm umschloß dein ganzes Himmelreich,
Doch rechte nicht! sieh', auf wie viele Schmerzen,
Fällt nie ein Strahl, - und Alle sind wir gleich.

O dieses Herz! oft scheint's so zahm und eben,
Doch kettet sich ein zweites Herz daran,
Da braus't es jäh' und stürmt in irrem Streben,
Der Wildniß Kind, durch Steppen ohne Bahn!

Du bist so bleich, o diese Wangen blüh'ten
Einst röther denn des Lenzes Purpurschein; -
Verwelkt die Augen fast, als sie noch glüh'ten,
Wie sah ich seelig und verzükt hinein!

Was soll die Thräne noch in deinem Blike,
Des Vorwurfs bitt'rer Zug um deinen Mund?
Weil ich nicht jammernd rechte mit dem Glüke,
Glaubst du, dies Herz sei drum auch minder wund?

Zwei holde Engel spielen dir am Schooße,
Mein Lebenbaum steht ohne alle Frucht,
Und fühlst du auch die Dornen mit der Rose,
Du fandest dennoch mehr, als du gesucht!

Leb' wohl noch einmahl! - seh'n wir uns je wieder,
So wollen wir das traut're Nahen flieh'n;
Der einz'ge Gruß sei der der stummen Brüder:
Gedenk' des Todes! - und uns sei verzieh'n!
(S. 124-125)
_____



Neue Liebe

Des Morgens, wenn ich erwache,
Da denk' ich ganz fest bei mir:
Heut' gehst du zu Bier oder Spiele,
Zu Allem, nur nicht zu ihr.

Doch eh' noch der Abend gekommen,
Da geht schon mein Sinn zurük,
Da siz' ich vor ihr und starre
In den süßen, bethörenden Blik.

Und in der Brust treibt es wieder
Hold, wie im Frühlings-Raum', -
Aber jede Nacht d'rauf im Schlafe
Verfolgt mich ein böser Traum.

Es ist finster und schaurig, am Ring' nur
Steht wogend ein dunkler Schwarm,
Dann bewegt sich's, und Alle schreiten
Zu Paaren Arm in Arm.

Sechs schwarze Träger kommen
Mit einer Jungfrauenbahr',
Darauf zwölf weiße Mädchen,
Mit Kränzen und Rosen im Har'.

Ich frag' nicht lange, und gehe,
Wie man so mit nun zieht,
Und schau' auf die weißen Jungfrau'n,
Wie man auf derlei sieht.

Drauf hält der Zug, und der Pfarrer
Weih't lange und singt dazu,
Nachbetet der Glökner, ich wünsche
Der Stillen süße Ruh'.

Es werfen die Kerzen im Kreise
Auf den Sarg ein grelles Licht,
Ich trete näher und blike
In ein bekanntes Gesicht.
(S. 131-132)
_____


Aus: Gedichte von Adolph Ritter von Tschabuschnigg
Dresden und Leipzig
in der Arnold'schen Buchhandlung 1833
 


Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_von_Tschabuschnig

 

 


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