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 Andreas Tscherning
 (1611-1659)
 
 
 Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 
 
      
 
 An eine Jungfrau
 
 O Fürstin meiner sinnen/
 Nach der mein herze strebt/
 Du lenckest mein beginnen/
 Wie schiffe der magnet.
 Es zeucht mich deine zier/
 Und nimmt mich selber mir.
 
 Wer liebt/ ist ohn gesichte/
 Ja weiß nicht wer er ist.
 Seit ich nach deinem lichte
 Zu wandeln mir erkiest/
 Muß ich gefangen ziehn/
 Und bin nicht/ der ich bin.
 
 Du siehest mich zwar brennen
 In heisser liebespein/
 Wilst aber nichts erkennen/
 Bist wie ein Marmorstein.
 Ich muß in traurigkeit
 Verbringen meine zeit.
 
 Schlägst du dann mein begehren
 So gäntzlich in die lufft?
 Sol ich mich selbst verzehren/
 Und tragen in die grufft?
 Wilst du nicht bey mir stehn/
 So muß ich untergehn.
 
 Sterb' ich für liebespein/
 O licht/ umb deinetwillen/
 So bilde dir nur ein/
 Ich wil mein grab erfüllen
 Dir bleibet trauren hier. 
      (S. 59-60)
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 An eine abwesende Buhlschafft
 
 Ein ander möchte pflügen
 Sein feld mit tausend zügen/
 Besitzen geld und gut/
 Ich wolt' es gerne leiden/
 Wann ich nicht dürffte meiden
 Nur dich/ o treues blut.
 
 Nichts kan von allen ecken
 Mir armen lust erwecken/
 Wann ich nicht bey dir bin.
 Du hast zu unerhöret
 Das herze mir versehret/
 Bezaubert meinen Sinn.
 
 Wie lange sol ich klagen/
 Mich selbst zu grabe tragen?
 Es frisst mir marck und bein/
 Wie ich vorhin geschrieben/
 Daß wir einander lieben/
 Und nicht beysammen seyn. 
      (S. 93)
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 An eine Jungfrau
 
 O du Glantz und Ziehr der Jugend/
 Andre Venus dieser Zeit/
 Alles Volck rühmt deine Tugend/
 Und deß Leibes Ziehrlichkeit.
 Ich/ so viel ich richten kan/
 Schawe dich für Göttlich an.
 
 Die Natur hat dich mit Gaben/
 Als Ihr Meisterstück erdacht.
 Was viel ander eintzel haben/
 Ist bey dir zusammen bracht.
 Was man Tugend heist und Ziehr/
 Solches hastu gantz an dir.
 
 Wer erhebt nicht deine Sitten/
 Deiner Lippen Rosenschein/
 Deiner Augen Asteritten/
 Deines Halses Helfenbein?
 Wem erfreut nicht Herz und Mut
 Deiner Wangen Milch und Blut?
 
 Wem wird nicht zu Herzen steigen
 Deiner Reden Freundlichkeit?
 Zwar du redest/ kanst auch schweigen/
 Wie es etwan heischt die Zeit.
 Summa/ schöne Blum und Ziehr/
 Alles ist berümbt an dir.
 
 Billich hastu dich zu freuen/
 Billich daß man wo du stehst/
 Solte Rosen umb dich streuen/
 Rosen/ wo du liegst und gehst.
 Dann so viel ich richten kan/
 Schau ich dich für Göttlich an. 
      (S. 191-192)
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 Auff einer Jungfrawen Nahmenstag
 
 Wolan der Lucifer
 Wirfft seine Stralen her/
 Der Tröster dieser Erden/
 Legt auß sein Purpur Haar/
 Treibt ab der Sternen Schaar/
 Und läst es lichte werden.
 
 Der Titan kommt heran
 Spannt seine Klepter an/
 Ich sehe schon den Wagen.
 Die Luna ligt zur ruh/
 Und hat jhr Auge zu/
 Läst jhren Bruder tagen.
 
 O angenehmer Schein!
 Die sol gebunden seyn/
 So erstlich mich gebunden
 Durch jhrer Augen Licht/
 Daß ich kein Mittel nicht
 Befreyt zu seyn gefunden.
 
 Wer knüpffet mir ein Band
 Der Liebsten umb die Hand?
 Du Kind der süssen Schmerzen
 Du weissest Hülff und Raht/
 Bind' an der Hände stat/
 Uns beyde mit den Herzen.
 
 Zwar ich bin längsten wund/
 Und werde nicht gesund
 Von dir du nackter Schütze.
 Trieft nun auch meine Ziehr.
 Wird dann dein Bogen dir
 Nur bloß bey Männern nütze?
 
 Wann du jhr Herze rührst
 Mit Pfeilen die du führst/
 So bin ich halb genesen:
 So sagt die Zunge frey
 Daß noch kein Tag nicht sey
 So glückhafft mir gewesen. 
      (S. 246-247)
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 Liebe zeucht an
 
 Wie sich die Sonnenblume kehrt
 Wohin deß Titans Wagen fährt:
 So zeucht der Liebsten jhr Magnet
 Den Buhler wo er geht und steht. 
      (S. 285)
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 Alles durch Liebe
 
 Daß hier der Erden Klufft/ der Himmel/ Lufft und Meer
 In eintracht noch bestehn/ komm von der Liebe her. 
      (S. 285)
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 Eines zündt das ander an
 
 Zwey Schwerdter fangen Glut/ wann man sie harte treibet:
 So wird auch Lieb' entzündt/ wann Liebe Liebe treibet. 
      (S. 285)
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 Gleiche Liebe
 
 Wie einem Lichte muß ein anders Feuer geben/
 So kriegt auch Liebes Brunst von gegenlieb ihr Leben. 
      (S. 285)
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 Beständige Liebe
 
 Kein Unfall/ keine Zeit wird rechte Liebe trennen.
 Die Liebe so zergeht/ ist Liebe nicht zu nennen. 
      (S. 286)
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 Aus: Andreas 
      Tschernings Deutscher Getichte Früling
 Auffs neue übersehen verbessert und nachgedruckt
 In Rostock durch Johann Richeln
 In Verlegung Joachim Wilten o. J. [1646]
 
 
 
      
      Biographie:
 
 https://de.wikipedia.org/wiki/Andreas_Tscherning
 
        
      
 
 
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