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Heinrich Vogeler
(1872-1942)
Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
Herzallerliebste denke mein,
Wenn im Garten blühen die Blümelein,
Wenn morgends der goldene Sonnenschein
Schaut in Deine Fensterlein!
Dann musst Du hinab in den Garten gehn,
Musst liebevoll nach den Blumen sehn.
Manch Mägdlein liess sie traurig stehn.
Sie mussten sterben und vergehn.
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Wenn der Mond in hellen Silbernächten
Steigt leise in Dein Kämmerlein,
Wenn er spielt mit Deinen goldnen Flechten,
Schaut in die Augen Dir hinein,
Wenn er küsst Dein weiches Seidenhaar,
Dann bringt er Dir meine Grüsse dar.
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Ihr bunten Frühlingssänger zieht
Über Wald und Haide mit meinem Lied!
Du wilder rasender Frühlingswind
Grüss' in der Ferne mein goldiges Kind!
Braus' über die weite Haide hin,
Grüss' meine Herzenskönigin!
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Blaue Hyazinthenblüten
Zittern leis im warmen Frühlingsduft.
Wetterschwere fahle Wolken
Schwimmen träg in weisslich blauer Luft.
Müde spielt die Frühlingssonne
In dem grünenden Geäst,
Nur die Amsel trägt geschäftig
Reiser ins verborgne Nest.
Langsam schleichen mir die Stunden,
Leer stirbt mir der Tag dahin, -
Ruhe glaubte ich gefunden,
Da ich fern von Dir jetzt bin! -
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Auf blankem Strom
Zwischen Schilf und Ried
Mein gleitender Kahn zur Heimat zieht
Die Sonne vergoldet zum letzten Mal
Die Gräserspitzen im schweigenden Thal.
Es athmen die Wiesen Blumenduft
Die Schwalbe badet in goldener Luft.
Die Reiher ziehn in die Ferne -
Ach wenn ich mein Mädel im Arme hätt'
Das Eiland dort würd' unser Hochzeitsbett
Bleichrote Schilfblumen hielten Wacht
Vor unsrer einsamen Märchenpracht
Bis tief in die Nacht!
Dann könnte die Welt in Trümmer gehn
Im Himmel würden die Sterne wir sehn
In Seligkeit mit ihnen untergehn
Und auferstehn!
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Hohe Blumen, steile Gräser
Zittern leis im frühlingstrunknem Duft.
Dämmernd schimmern Apfelblüten
In der hohen Abendluft.
Golden kriecht die letzte Sonne
Durch das wirre Baumgeäst
Küsst zur Nacht die kleinen Blüthen,
Küsst das kleine Finkennest.
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Schwarzes nächtiges Thal, lichterbesät,
Der Nachtigall lockendes Schlagen,
Ein Suchen, ein Finden,
Ein Schmiegen, ein Pressen,
Weich legt sich Dein zitternder Arm
Um meinen gebeugten Nacken.
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In weissen Anemonenkissen lag
Ein graugranitner Stein.
Hier sassen manchmal wir bei Tag,
Die Hände ein in ein.
Und vor uns lag
In brauner stiller Haide
Ein blanker See,
Und wie in heller Freude
Spielten mit ihm
Die Wolken aus luftiger Höh'.
Sie zogen, wenn der Abend naht,
In weite, weite Ferne,
Und bauten Schlösser Thürm und Stadt
Wie folgten wir so gerne.
Und wenn sich dann der Abend müde streckt
Auf seinem weiten braunen Haideland,
Und wenn die Dämmrung dann das Lager deckt
Bis an den fernen, dunstgen Hügelrand,
Dann zittert lockend durch die weiche Luft
Bald mächtig schwellend in der Abendluft
Zu hohem Lied, zu vollem Schall
Der Sang der Nachtigall.
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Bleichschimmernder Stern aus weitem Reich
Wiegt golden sich spiegelnd im dämmrigen Teich
Die Luft ist warm und von Blütenduft trunken.
Im steilen Gras in Blumen versunken,
Ruhn still zwei Menschen Hand in Hand
Und träumen von einem Wunderland.
Die Nachtigall singt das Hochzeitslied,
Ein Falter von Blume zu Blume zieht,
Glühwürmchen leuchten zu Füssen, -
Die Blumen nicken und grüssen.
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Der Frühling tobte aus sein glänzend Blumenfest
Der Sommer ging, die Schwalbe liess ihr Nest.
Da kam der Herbst und mit ihm kam der Tod,
Der eisig alle Blumen knickte
Und mit ihm kam auch unsre Trennungsnot:
Der harte Zwang, der mich ins Leben schickte.
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Wir sassen still in Deiner kleinen Kammer,
Tief bücktest Du Dich auf die Arbeit nieder
Und tiefer sank Dein Kopf Dir auf das Mieder.
- Wer kennt den hoffnungslosen Jammer
Wenn Menschen, die sich ewig lieb,
Der Kampf des Lebens auseinander trieb.
Noch fühle ich Dein warm pulsierend Leben,
Noch fühl ich Deinen zarten Körper beben
In meinen Armen, die zum letzten Mal
Dich fest umschlossen in der Trennungsqual.
Ich eilte fort, und langsam schwand
Das Häuschen in der dichten Nebelwand.
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Leise lockend
Gleitet schmeichelnd
Still die unendliche Fluth,
Spielt mit dem höhnisch sich
Spiegelnden, winkenden
Leben der Stadt in verlöschender Gluth.
Langsam gleitet ein Kahn.
Er hält nicht an,
Gleitet hinab in die Ferne,
Dort wo die Sterne
Küssen die Fluth.
Stumm in dem schwarzen gleitenden Boot
Steht mir Frieden verheissend der Tod.
Bang vor dem Leben,
Das mir gegeben,
Schrei ich dir zu:
Gieb mir die Ruh!
Ende die Not!
Nimm mich, Tod!
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Langsam strich ich durch den alten Garten,
Wo bemooste Apfelbäume starrten
Mit den krummen Knorrenarmen
In die hohe Abendluft,
Wo im erdgen Bodenduft
Kleine weisse Glockenblumen
Auf den Gruss der Sonne warten.
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Von dem Berge, durch die niedern Föhren
Stieg ich langsam, Abenddämmerschein
Grauer Winter war's, hoch über Nebelwogen,
Die von unten aus dem Thal herzogen,
Tönte rauh der Wildgans grelles Schrein.
Hinter winterkahlen Lindenhecken
Lag als wollten sie es schützend decken,
Still das weisse, rotbedachte Haus.
Träumend staunen in den alten Garten, -
Wollen sie ein Wunder stumm erwarten? -
Fenster, heimlich blinkende, hinaus.
Müde flüchtend aus den lauten Wogen
Hat es sehnend heimwärts mich gezogen.
Und das Leben, das ich gerne liess,
Tausch ich nun mit trautem Paradies.
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Aus: Dir. Gedichte
von Heinrich Vogeler
Worpswede
Erschienen im Insel Verlage zu Leipzig 1921 (4. Auflage)
[ohne Seitennumerierung]
Biographie:
http://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Vogeler
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