Ernst von Wildenbruch (1845-1909) - Liebesgedichte

Ernst von Wildenbruch




Ernst von Wildenbruch
(1845-1909)

Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 



Liebe

Das ist ein glückseliges Leben
Wenn Liebe bei Liebe wohnt,
Und reicheres kann es nicht geben,
Als Liebe von Liebe belohnt.

Doch gibt es auch einsame Tränen
Von keinem gesehn und gezählt
Und heißer brennet kein Sehnen,
Als Liebe, wenn Liebe ihr fehlt.

Sie ist wie das Feuer, das große,
Das herab aus der Sonne loht:
Alles Leben trägt sie im Schoße,
Doch daneben den glühenden Tod.
(S. 13)
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Unnötiges Forschen

Wie in Liebe sich die Herzen finden,
Danach mußt du nicht die Menschen fragen,
Denn der Weise wird dir lächelnd sagen:
"Liebes Kind, das läßt sich nicht ergründen."

Glücklich der, den keine Zweifel plagen,
Dem's genügt, still selig zu empfinden,
Daß die Herzen sich zusammen finden,
Der sich liebend hingibt, ohn' zu fragen.

Ist die Liebe doch der Born, der süße,
Der von Anbeginn der Zeiten quillet,
Und noch heut den Durst der Menschen stillet;
Wär' sie's, wenn die sich ergründen ließe?
(S. 13)
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Ständchen

Rosen und duftende Veilchen
Bring' ich fein Liebchen dir,
O nur ein kleines Weilchen
Neige dich her zu mir.

Laß meiner Zither Töne
Klagen dir all meinen Schmerz.
Nimm sie, du Holde, du Schöne,
Nimm sie liebreich an das Herz.

Sieh wie der Mond am Himmel
Leuchtet in stiller Pracht,
Stumm ist der Menschen Getümmel,
Lautlos und duftig die Nacht.

Könnt' in dem tiefen Schweigen,
Das uns traulich umgibt,
Könnt' ich mein Herz dir zeigen,
Wüßtest du, wie es dich liebt.
(S. 14-15)
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Der Verlassenen Klage

Wieg' in Schlaf mich, o Mutter, daß ihn ich vergesse,
Ihn, den ich liebte zu sehr.
Wieg' in Schlaf mich, o Mutter, daß ihn ich vergesse,
Der mich betrübte zu schwer.

Daß ich vergess', wie mit lächelndem Munde
Er mir von Liebe zum erstenmal sprach,
Daß ich vergesse die finstere Stunde,
Da er mich ließ und das Herz mir zerbrach.

Daß ich vergesse die bitteren Tränen,
Die ihm geflossen in einsamer Nacht,
Daß ich vergesse das sehnende Sehnen,
Das ihm gefolgt, wenn ich klagend gewacht.

Wieg' in Schlaf mich, o Mutter, daß ihn ich vergesse,
Den ich doch nimmer vergessen kann,
Ihn, den treulosen, den liebesvergessenen,
Den ewig, ach ewig geliebten Mann.

Wieg' mich in Schlaf, nie mehr mich erwecke,
Laß mich so ruhen, mein selbst nicht bewußt,
Daß mir der Rasen, der kühlende, decke
Freundlich die Schmerzen-beängstigte Brust.

Kehrt dann der Ferne zur Heimat aufs neue,
Führ' ihn, o Mutter, hinaus an mein Grab,
Sag', daß die Liebe, die immerdar treue,
All meinen Kummer und Schmerz ihm vergab.

Wird eine Trän' auf den Hügel dann fallen,
Tief, tief im Grabe fühl' ich es noch,
Lippe, die kalte, wird zuckend noch lallen,
Freu' dich, mein Herze, er liebet dich doch.

Mutter, doch blickt er mit kalter Gebärde
Nieder aufs Grab, will ich sprengen die Tür,
Tief dann in kalter, in finsterer Erde
Bett' ich den treulosen Liebsten zu mir.
(S. 16)
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Serenade

Gute, Liebe, Schöne,
Hör' mein Liedchen an,
Seine Klagetöne
Klagen, Herz, dich an.

Gute, Schöne, Liebe,
Süßes Mädchen du,
Wurdest ja zum Diebe,
Ach, an meiner Ruh.

Schöne, Liebe, Gute,
Sieh, mein Herz ist wund,
Daß es nicht verblute,
Liebe mich gesund.
(S. 17)
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Liebespost

In der Mondesnacht, in der stillen Nacht,
Wenn da alles schläft, rings kein Auge wacht,
Da gedenk' ich süßes Mädchen dein,
Möchte ach so gerne bei dir sein.

Höre Mond mich an, stiller Wandersmann,
An ihr Fenster geh, klopfe leise an,
Schick ihr einen süßen Traum hinein,
Sage ihr, der Liebste denket dein.
(S. 17)
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Frühlingsstimme

Wie der Flieder haucht, wie die Nachtigall singt
Süßen, sehnend bestrickenden Laut;
Wie aus Büschen und Bäumen das Lied erklingt
Das alte allmächt'ge von Bräut'gam und Braut.

Wie der dämmernde Laut mir die Schläfen umfließt,
Wie er flüsternd ins träumende Herz mir zieht -
Du holdselige Maid, die mein Arm umschließt,
Vernimmst du das wundergewaltige Lied?

An dem ersten Tag, als aus flutendem Raum
Die glühende Erde sich selber fand,
Da kam dieses Lied wie ein göttlicher Traum,
Aus dem Herzen des Ew'gen herniedergesandt.

An dem ersten Tag, als des Menschen Kraft
Sich tobend gegen den Menschen erhob,
Als zum ersten Male die Leidenschaft
Dem Bruder "mein Feind du" ins Antlitz schnob,

Da kam es, der Liebe hochheiliges Lied,
Wie ein Engel der ew'gen Barmherzigkeit,
Der weinend über die Erde zieht,
Wehklagend der Menschen Unseligkeit.

Wie ein Rosengebüsch, das an Gräbern erblüht,
Mit Rosen bedeckt süß duftend und rot,
So entsproß dieses Lied aus zerrißnem Gemüt,
Das nicht lieben gedurft und geliebt bis zum Tod.

Wie ein wimpelumflattertes, brausende Meer
Wo der Reichtum wohnt und die Hoffnung lacht,
So rauschte der Sang von der Liebe einher,
In seiner jungherrlichen Fülle und Pracht!

Und am letzten Tag, wenn die Erde versinkt
In dem grauen flutenden Schoße des Nichts,
Wenn im Meere des Dunkels die Sonne ertrinkt,
Die himmlische Quelle der Liebe, des Lichts:

Dann steigt zum erloschenen Himmelszelt
Ein letzter, ein süßer, ein zitternder Laut,
Wehklagend der Menschen verlorene Welt:
Das allmächtige Lied von Bräut'gam und Braut.
(S. 19-20)
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Liebeszauber

Ach, es ist ein Feind gekommen
Über mich in dunkler Nacht,
Hat mein Herz im Sturm erklommen,
Ganz zum Sklaven mich gemacht.

Hält mich nun in seinen Schlingen,
Ohn' Erbarmen, wie er will,
Und es will mir kein Entspringen,
Ach kein Widerstand gelingen,
Folgen muß ich, halten still.

Wo sie wandelt, muß ich schreiten,
Nur ihr Antlitz muß ich sehn!
Freunde stehn zu Weges Seiten,
Möchten den Verlornen leiten,
Laßt mich, Freunde, laßt mich gehn.

Eins nur ist noch, was mich rette,
Hör' mich, grimmer, süßer Feind!
Fest, noch fester schling die Kette,
Sei, wo du bist, meine Stätte,
Sei ich ganz mit dir vereint.

Wie der goldne Sonnenmorgen,
Mir die Nacht vom Herzen lacht,
Laß mich so nach Qual und Sorgen,
Süß gebettet, sanft geborgen,
Auferwachen aus der Nacht.

Seh' ich dann auf mich sich neigen
Dein geliebtes Angesicht,
Dann mag jede Freude schweigen;
Sonne selbst vom Himmel steigen,
Denn ich will kein ander Licht.
(S. 19-20)
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Der Spröden

Du hast mich ganz, ich bin dein eigen,
Und meine Seele lebt in dir!
Laß alle andern Stimmen schweigen,
Hör' nur die Liebe; folge ihr.

Die Stimme, die mich sehnend bannte,
Als sie mir flutend scholl zum Ohr,
Dies Auge, das in meinem brannte,
Sie schreiben mir mein Schicksal vor.

Mit allen Mängeln, allen Schwächen
Ergeb' ich mich und bin nun dein;
So laß mein Herz zu deinem sprechen,
Wie ich mich gebe, sei du mein!

Tu ab den Stolz, denn Stolz ist Kälte;
Blick' freundlich, strenges Angesicht;
Daß Strenge mehr als Liebe gelte,
Jungfräuliche, o glaub' es nicht!

Laß dieses Zittern, laß es schwinden!
Denn alles, alles, was du gibst,
Du wirst es doppelt wiederfinden
Im Augenblicke, da du liebst.

Denn in der Liebe stirbt das Sorgen,
Das nur den kalten Sinn bedrückt;
Du bist geliebt und bist geborgen,
O liebe selbst und sei beglückt!
(S. 22)
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Verlust

Wie gedenk' ich jener Zeit so gerne,
Da ich, Süße, dich zuerst erblickt,
Da ich, wie der Wandrer seinem Sterne,
Deinem Pfade folgte, still beglückt.

Süß Geheimnis mir den Busen füllend,
Sel'ge Träume in verschwiegner Brust,
Nur der Blick dem Blicke es enthüllend,
Wider Willen und doch so voll Lust.

Und das alles nun so ganz versunken.
All das schöne goldne junge Glück,
Von dem Himmelsbrand ein öder Funken,
Nur Erinnrung einzig noch zurück.

Ach, es will die Seele mir verzagen;
Wär' ich fort aus diesem Qualenland!
Hilf mein Gott, du hast zu schwer geschlagen,
Ich zerbreche unter deiner Hand.
(S. 23)
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Verzweiflung

Wenn ich sonst im alten Buch gelesen,
Daß die Liebe Menschen hingerafft,
Sprach ich wohl, ein Märchen ist's gewesen,
Liebe hat ja nicht zum Töten Kraft.

Anders, anders lehrte sie's mich kennen;
Qualen fand ich, ihre Freuden nicht.
Hör' ich heut der Liebe Freuden nennen,
Denk ich, ach, daß man in Märchen spricht.
(S. 23)
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Guter Rat

Die Zeit vergeht, die Welt wird alt,
Das Haupt wird grau, das Herz wird kalt,
Ihr Menschen gedenket des Herzens.
Die Flamme, die es einst durchglüht,
Die Blume, die ihm einst erblüht,
Und es durchhaucht mit Seligkeit,
In der Zeit der Liebe, der Jugendzeit,
Bewahret, bewahrt sie im Herzen.

Nennt Torheit nicht, was ihr gefühlt,
Wenn Alter euren Busen kühlt;
Die zitternde, die junge Brust,
War reicher ja an heiliger Lust,
Als das alte, das richtende Herze.

Und das es einst so ganz erfüllt,
Das eine einz'ge süße Bild,
Das wie ein Spiegel in euch war,
So ohne Makel, rein und klar,
Bewahret es rein euch im Herzen.

Dann winkt es wie ein Himmelsstern
Euch lächelnd zu von fern, von fern,
Erinnerung alter, sel'ger Zeit,
Und winket Trost in letztem Leid
Dem alten, dem einsamen Herzen.
(S. 24-25)
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Abschied

Nun fahr wohl auf deinen Wegen,
Die der junge Lenz umlaubt,
Gottes Frieden, Gottes Segen,
Auf dein schönes, teures Haupt.

Ebnen Weg zu allen Zeiten
Unter deinen sanften Fuß,
Blühend Land zu beiden Seiten,
Und von jedem Wandrer Gruß.

Und am Ziele dann die Stille
In dem trauten, eig'nen Haus,
Dieses Lebens ganze Fülle
Göss' ich gerne vor dir aus.

Und für alles, was ich schenke,
Teure, was verlange ich?
Einmal nur von ferne denke,
Vielgeliebte, noch an mich.
(S. 25)
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Der letzte Besuch

Du Blume, die sie mir gepflücket,
Süße Blume aus ihrer Hand;
Du Stelle, wo sie sich gebücket,
Du Ort, wo ihr Füßchen stand,

Ihr stillen, vertraulichen Orte,
Im schattigen Garten versteckt;
Ihr süßen, verklungenen Worte,
Die manchmal das Echo geweckt,

Ihr alle glückselige Stunden,
Du Himmel, der auf uns gelacht,
Wie die Schwalben seid ihr verschwunden,
Wie ein Traum, verträumt in der Nacht.

Noch einmal geh' ich die Gänge
Und denke: "hier war es und hier."
Im Herzen wird es mir enge,
In den Augen quillet es mir.

Horch - klang nicht ein Fenster dort oben?
Sieh - blickt nicht ein Köpfchen heraus?
Nein, niemand, die Winde nur schnoben
Ums alte, verlassene Haus.

Wer sollte auch meiner noch harren?
Nur einmal ist Liebe und Glück. -
Die Pforte schließt sich mit Knarren,
Nun kehr' ich nicht wieder zurück.
(S. 25-26)
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Zwei Sträuße

Hier von Frühlingsblumen
Bring' ich einen Strauß,
Wähle, liebes Mädchen,
Dir die schönsten aus.

Blaue, weiß und rote,
Gar verschiedner Art,
Aber duftig alle,
Alle hold und zart.

Hier von Frühlingsliedern
Bring' ich einen Strauß,
Wähle, liebes Mädchen,
Dir die liebsten aus.

Klingen gar verschieden:
Hoffend, sehnsuchtsbang,
Doch es tönt durch alle
Ein verwandter Klang:

Willst du sie verstehen,
Schau ins Auge mir:
Süßes Kind: "Er liebt dich",
Sagt ein jedes dir.
(S. 31)
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Maiglöckchen

Den Frühling ersehnend, des Winters so satt,
Durchstreif ich die Felder so traurig und matt.
Da tönt es wie Glöckchen mir lieblich zum Ohr,
Da heben sich Köpfchen, da lächelt's empor:

Nach Winter und Trauer, nach Schnee und nach Eis,
Im weißen Gewande, die Kinder des Mai's.
Ei sagt mir, ihr Glöckchen, was plaudert ihr mir?
"Von Hoffnung und Liebe erzählen wir dir.

Die Blumen die sterben auf Erden nicht aus,
Die Lieb' ist auf Erden ja allzeit zu Haus."
Ihr Blumen, was sagt euer schneeweiß Gewand?
"Es sagt, daß uns brach eine schneeweiße Hand."

Seid Boten mir, Blümchen, bestellt es genau:
Vieltausendmal grüßt die holdselige Frau!
Ich kenne sie wohl, die ich lange erkannt,
Die lieblich und rein, wie Maiglöckchens Gewand.
(S. 31-32)
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Ewige Liebe

Was soll ich anders sagen,
Dir, mein geliebtes Kind,
Als immer nur dies eine:
Ich bin dir treu gesinnt.

Dein Name steht geschrieben
Mir tief ins tiefste Herz,
Mit goldnen Flammenzügen,
Die fester stehn als Erz.

Wir wollen uns gehören
Von nun in Ewigkeit,
Dich freue, was mich freuet,
Dein Leiden sei mein Leid.

Der Leib wird welken, sterben,
Die Seele nicht verdorrt,
Lieb' ist der Seele Blume
Und blüht im Himmel fort.
(S. 35)
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Versprechen

Auf Dornen hat mein Weg mich oft geführet,
Du lieber Engel wandle sanft und weich;
Des Lebens Schwere hab' ich oft verspüret,
Dir lieber Engel sei es freudenreich.

Wir sind nicht reich an allen jenen Dingen,
Die man die Güter nennet dieser Welt;
Doch Liebe gibt den Seelen Hoffnungsschwingen
Und Hoffnung ist ja mehr als Gut und Geld.

Und hätt' ich nichts, was dir den Weg versüße,
So breitet' ich die Hände vor dir her
Und spräche: schreitet drauf, ihr müden Füße,
Für die Geliebte dulden ist nicht schwer.
(S. 35-36)
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Naturbeschreibung

Manches Antlitz ist ja sauber,
Manches Kind so übel nicht,
Doch es fehlt der süße Zauber,
Der sogleich zum Herzen spricht,

Auf mein Mädchen paßt das nicht!
Ihr Gesichtchen das ist sauber,
Ihr Gesichtchen hat den Zauber,
Welcher Leib und Seel' umflicht.

Manches Kind mit rotem Munde
Spricht gar klüglich hübsch und fein;
Kommt nur nicht vom Herzensgrunde,
Dringt auch nicht zum Herzen ein.

Auf mein Mädchen paßt das nicht!
Jeder Laut der süßen Kehle
Ist ein Stückchen ihrer Seele,
Mich ergreift, was sie nur spricht.

Manches Mädchen mag man leiden,
Manchem Kinde ist man gut,
Aber muß man morgen scheiden,
Wird nicht trübe drum der Mut.

Auf mein Mädchen paßt das nicht!
Sollt' es einmal mir geschehen,
Daß ich von ihr müßte gehen,
Sicher mir das Herz zerbricht.
(S. 36)
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Dichterwert

Ein Dichter, der nicht Frauen liebt,
Ist ein Wein, der keine Blume gibt,
Ein Stahl, der nicht in Funken stiebt,
Nicht wert, daß um ihn man sich freut noch betrübt.
(S. 37)
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Der Zauberstab

Ich wollte, mir würde geschenket
Ein zaubergewaltiger Stab!
Was je mich gequält und gekränket,
Wie schüttelt' ich alles dann ab.

Viel hundert goldne Paläste
Erbaut ich mir hoch dann am Meer,
Das Köstlichste, Schönste und Beste,
Die Erde gäb' alles mir her.

Doch wollte sie alles mir geben,
Wie wenig erfreute es mich:
Mein Herz, meine Seele, mein Leben,
Was wäre mir das ohne dich.

Ich wollte, mir würde geschenket,
Ein zaubergewaltiger Stab!
Was je uns gequält und gekränket,
Mein Liebchen, wir schüttelten's ab.

Dann macht' ich zwei Flügel uns beiden,
Blauleuchtend mit Golde darauf,
Aus Not und aus Sorgen und Leiden
Wie höben wir jauchzend uns auf.

Dann käme vom Himmel gestiegen
Der Engel glückseliger Chor,
Die müßten dann all uns umfliegen
Und sängen zur Harfe uns vor.

Wir aber in Liebe ertrunken,
Wir flögen nur immer so fort,
Still Auge in Auge versunken
Und sprächen kein einziges Wort.

Was könnt' uns die Erde noch geben?
Nie kehrten zu ihr wir zurück.
Mein Herz, meine Seele, mein Leben,
Wo du bist, da ist ja mein Glück.
(S. 37-38)
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Gartengespräch

Sie
Welch ein Klappern an dem Pförtchen?
Auf den Stufen wessen Schritt?
Ei, wer schleicht sich in mein Gärtchen?
Ist's der Liebste? Ist er's nit?
Ja, wer trät auch so herein!
Ja, wer sollt' es anders sein?

Er
In der stillen Geißblattlaube
Welch ein liebes Angesicht?
Ist es meine süße Taube?
Ist's die Liebste? Ist sie's nicht?
Angesicht voll Frühlingsschein!
Ja, wer sollt' es sein?

Sie
Laßt uns ihn ein wenig necken,
Laßt uns tun, als säh'n wir nicht.

Er
Will sie etwa sich verstecken?
Oder sah sie mich noch nicht?

Sie
Horch, er scharrt schon mit dem Fuße,
Sehr verlangt ihn nach dem Gruße.

Er
Seht doch, wie sie lächeln tut!
Ei du Schalk und Übermut!
Guten Morgen schönstes Dämchen!

Sie
Ei wer kommt? Ach, ist es er?

Er
Dieses Lächeln, was bedeutet's?

Sie
Wie neugierig ist der Herr! -
Doch nun ist er ja gekommen,
Alles hat ja seine Zeit,
Mir zur Seite Platz genommen,
Tausend, tausendmal willkommen,
Bleib' er nur in Ewigkeit!
(S. 38-39)
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Getrennte Liebe

Ich hab' die lange dunkle Nacht
Ohn' Schlaf und Ruhe hingebracht,
Weil ich der Heißgeliebten
In Schmerzen nur gedacht.

Ich weiß es wohl: wie ich zu ihr,
So sehnt auch sie sich her zu mir -
Ach, wehe, wir Betrübten,
Wir Armen, Armen wir!

Da sitz' ich nun am fremden Ort,
Und denk' und denke immerfort,
Wann tönt einmal uns beiden
Des Glückes Losungswort?

Und da erscheint mir ein Gesicht,
Vor Tränen schier erkenn' ich's nicht -
Es bebt der Mund in Leiden -
"Niemals", die Liebste spricht.
(S. 42)
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Jägers Farbe

Heut sprach ich zu meiner Geliebten:
"Der Farben gibt's mancherlei -
Nun sage, welche von allen
Auf Erden die liebste dir sei?

Ist es das Silber, das lichte?
Oder ist es das rote Gold?
Oder ist es das Blau, das dunkle,
Das im Meere flutet und rollt?

Oder ist es das Rot, das warme,
Nach dem deine Seele verlangt?
Das Kleid, in welchem die Rose
Und die feurige Lilie prangt?"

Da sprach sie: "ich liebe die Farben
Sie alle, die glühen und sprüh'n,
Doch hast du die schönste vergessen:
Die liebste, das ist mir das Grün.

Denn grün wird die Mutter Erde,
Wenn der Frühling zieht in das Land,
Drum kleidet in Grün sich die Hoffnung
Und Grün ist der Liebe Gewand.

Und weil du dem Grün dich ergeben,
Ein Jäger zu bleiben, zu sein,
Drum hast du mein Herz dir erjaget,
Herzliebster, und drum bin ich dein!"
(S. 42-43)
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Der Liebsten schönster Augenblick

Ob mir am Abend oder am Tage
Meine Geliebte am besten gefällt,
Diese gewichtige schwierige Frage
Hab' ich mir zweifelnd so manchmal gestellt.

Ist sie am schönsten, wenn Lampenschimmer
Golden sein Netz um die Wangen ihr webt?
Oder, wenn leuchtendes Sonnengeflimmer
Ihr um die Glieder, die reizenden, bebt?

Ist es der Frühling, der Sommer, der Winter,
Wo mir die Liebste am besten gefällt?
Diese gewichtige Frage nicht minder
Hab' ich mir zweifelnd so manchmal gestellt.

Ist sie am schönsten, wenn sie im Lenze
Wandelt durch's Feld wie ein spielendes Reh?
Wenn ich die Schläfen, die vollen, ihr kränze
Mit der Maiblumen holdseligem Schnee?

Aber im Sommer - ach diese Wonne -
Wenn in den Adern ihr lodert das Blut
Und mir ihr Auge, hell wie die Sonne,
Lacht unterm breiten, beschattenden Hut!

Und dann im Winter - wenn ihr die Flocken
Tanzen um's weiche, ums warme Gesicht,
Und in die dunklen flatternden Locken
Perle an Perle silbern sich flicht -

Wär' ich dabei doch! Wär' ich darunter!
Könnt' ich die letzte der Flocken nur sein,
Ach wie so wirbelnd, ach wie so munter
Flög' ich zum reizenden Hafen hinein!

Ach wie so dürstend wollte ich hangen
An diesen Wangen, die mein Verlangen;
Auf diesen Lippen, auf diesen süßen,
Wollt' ich zergehen, wollt' ich zerfließen!

Und als kristallener Tropfen hernieder
Wagt' ich mich schlüpfend dann unter's Mieder,
Bis zu dem holden, dämmernden Orte,
Tief an des Herzens verborgener Pforte -

Ob mir die Liebste, ob sie am Tage
Oder am Abend besser gefällt -
Nimmer zu lösende, törichte Frage,
Ist sie doch selber das Licht meiner Welt!

Nur wenn sie schmachtend mir sinket zum Munde,
All ihren Stolz in Liebe vergißt -
Das ist die einzig alleinzige Stunde,
Wo du, Geliebte, am schönsten mir bist!
(S. 43-44)
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Reiche Beschäftigung

Abends, wenn ich zur Ruhe geh',
Denk' ich an meine Grete,
Morgens, wenn ich früh aufsteh',
Mach' ich's, wie abends späte.

Zwischendurch so am Vormittag
Denk' ich, was sie wohl treiben mag.

Mittag- aber und Vesperzeit
Sind dem Gedanken an sie geweiht.
Sagt mir nun um des Himmels willen,
Wo bleibt mir Zeit, meine Akten zu füllen?
"Ei so setze die Nacht daran,
Nachts man trefflich schaffen kann."
Ja, wie sollt' ich die Nacht versäumen?
Muß doch von meiner Grete träumen.
(S. 44-45)
_____



Menschenleben
(Hochzeitsgesang)

Ich will den Sänger preisen,
Denn Gott hat ihn entzückt,
Daß er in tausend Weisen
Kann singen und kann preisen
Was Menschenherz beglückt.

Daß ihm in tausend Bildern
Die Sprache ward geschenkt,
Zu sagen und zu schildern,
Zu lindern und zu mildern
Was Menschenherzen kränkt.

Hoch auf dem Berge droben
Stand ich und sah ins Tal,
Ich sah die Welt umwoben
Vom Morgensonnenstrahl.

Wo Nachtgewölk gelegen,
Da loderte der Tag,
Auf Wegen und auf Stegen,
In Feld und Wald und Hag.

Ein Glühen und ein Sprühen
Ohn' Ende, ohne Ziel;
Ein Duften und ein Blühen
Und Lebens-Wonne-Spiel.

Ein Strömen und ein Rinnen
In Quellen, Bach und See,
Und von den Bergeszinnen
Floß purpurrot der Schnee.

Mein Herz ging auf in Wonne,
Heiß flammte mein Gesicht -
"O Wundermacht der Sonne,
O heilig starkes Licht,

Das du zu allen Tiefen
Die Erde süß durchschreckst,
Die Quellen, die da schliefen,
Mit deinem Kusse weckst,

Schön bist du wie der Morgen
In junger Menschenbrust,
Wenn da in sel'gen Sorgen,
In Bangen und in Lust,

Das süße Rätsel aufgeht
In seiner Wundermacht,
Die trunk'ne Seele aufsteht
Aus liebeleerer Nacht

Und dann die Lebensgluten
Aufflammen in das Herz
Und ganz darüber fluten -
Ein Meer von Lust und Schmerz;

Schön wie die sel'ge Stunde,
Die einmal, einmal ist:
Wenn mit dem Flammenmunde
Uns erste Liebe küßt." -

Hoch auf dem Berge droben
Stand ich und sah ins Tal,
Ich sah die Welt umwoben
Vom Abendsonnenstrahl.

Der goldne Sonnenbogen
Sank zu des Westens Tor,
Vom bleichen Mond gezogen,
Fuhr still die Nacht empor.

Und von den Bergen schauernd
Floß weiß und kalt der Schnee,
Die Erde sagte trauernd
Dem schönen Licht ade.

Die Augen mußt' ich senken,
Weh wurde mir die Brust:
Ach schmerzliches Gedenken
An alte Liebeslust.

Und tiefer kam gesunken
Die feindlich, kalte Macht
Die Welt war ganz ertrunken
In öder, finstrer Nacht.

Da flammt' es aus dem Dunkel
Hell leuchtend rechts und links,
Da wurde ein Gefunkel
Von tausend Flammen rings,

Da war die Nacht zerrissen,
Als wie durch Zauberschlag;
Es schuf in Finsternissen
Der Mensch sich neuen Tag.

Und dunkel war die Erde,
Und schaurig war's dadrauß',
Licht war's am Menschenherde,
Warm in der Menschen Haus.

Nach Jugend-Sturm-Gebrause
Kommt einst des Alters Nacht,
Beglückt wem dann im Hause
Die stille Flamme lacht -

Da sitzen dann die Alten
Stillsinnend, tiefgebückt,
Ins Angesicht voll Falten
Still eins dem andern blickt.

Wie sie dem Pendel lauschen,
Der rastlos weitergeht,
Zieht durchs Gemach ein Rauschen,
Und Geisterodem weht,

Ein Traum vergang'ner Stunden
Tritt leise ins Gemach,
Küßt ihnen alte Wunden
Und alte Freuden wach.

Und siehe, leise, leise
Und wunder-wunderbar:
Das Angesicht der Greise
Wird jung, wie einst es war.

Und alles, was gewesen,
Kehrt noch einmal zurück;
Wie er zuerst gelesen
In der Geliebten Blick.

Und all die trauten Orte,
Wo sie sich durften nah'n,
Und all die süßen Worte,
Als sie zuerst sich sah'n,

Wie sie mit sel'gem Stocken,
Tiefglühend, sagte ja,
Die Maid in blonden Locken,
Alles ist wieder da.

Und in den Augen sprüht es
Von alter, süßer Lust,
Und sehnend wieder zieht es
Die beiden Brust an Brust.

Denn Lieb' kann nicht veralten,
Ist ewig jung und neu,
Und sie kann nicht erkalten,
Denn wahre Lieb' ist treu. -

Ich sah aus Nacht und Morgen,
Den Erdentag entstehn,
Ich sah durch Lust und Sorgen
Des Menschen Leben gehn.

Und was mein Herz durchklungen,
Als ich den Tag geschaut,
Das hab' ich dir gesungen,
Adele, holde Braut.
(S. 45-49)
_____



Liebchens Ärger, Liebchens Lust

Liebchen schenkte heut' Blumen mir -
Sprach: "Gestehe, es ist eine Zier!"
Rosen und Nelken - wie war es schön!
Sprach ich: "Schon Besseres hab' ich geseh'n."

Liebchen schenkte heut Blumen mir:
"Ach, wie das duftet! gefällt es dir?"
Rosen und Nelken - wie süße das roch!
Sprach ich: "Noch Süßeres kenne ich doch!"

Liebchen machte ein kraus Gesicht:
"Seht mir solch' einen verzogenen Wicht!
Hältst meine Gabe du so gering?
Sage mir gleich, wo ist das Ding,
Das schöner ist als die Blume da?"
Lacht' ich und sprach: "Es ist ganz nah."
"Das süßer riecht als die Blumen hier?"
Lacht' ich und sprach: "Hier dicht bei mir.
Besser als alle Blumen der Welt
Mir meines Liebchens Gesichtchen gefällt!
Nicht Rosen und Nelken duften so schön,
Als wenn ihre Locken im Winde weh'n.
Und Rosen und Nelken gibt's ohne Zahl,
Doch mein einziges Lieb nur einziges Mal,
Und bist du mir noch böse, so sag' es nur dreist."
Da lachte süß Liebchen: "Damit du nur weißt:
Eins nur verübelt' ich ewig dir,
Käm' dir ein Glück, und es käm' nicht von mir!"
(S. 51)
_____



Am Fenster

Wenn du so sitzest im traulichen Stübchen,
Sinnend ans Fenster das Köpfchen gelehnt,
Sag' mir, mein Mädchen, sag' mir, mein Liebchen,
Was sich dein Herzchen dann hoffet und sehnt.

Wenn dann die Augen träumerisch gehen
Über die Felder und grünende Flur,
Sag', was sie suchen, sag', was sie sehen,
Sind es die Blumen, die blühenden, nur?

Wie? oder weben die duftigen Träume
Dämmernd von ferne ein Bildnis dir vor,
Flüstern die Blumen und rauschen die Bäume,
Ach, dir ein Märchen, ein süßes, ins Ohr?

Künftige Tage, selige Zeiten,
Lächeln sie dir in die ahnende Brust?
Siehst du sie kommen von weiten, von weiten,
Dinge, die halb du bis heut nur gewußt?

Wogt es im Herzen dir höher und höher?
Einer erscheint - o sage mir, wer?
Lächelnd erscheint er, kommt näher und näher,
Kennst du ihn, Herz? ist es er? ist es er?
(S. 52)
_____



Tränen im Auge

Warum so bleich und blaß,
Geliebtes Angesicht?
Warum von Tränen naß,
O du mein Augenlicht?

Manch Leid will ich besteh'n,
Und ich verzage nicht -
Dich aber weinen sehn,
Ach, ich ertrag' es nicht.
(S. 52)
_____



Das Lorbeerblatt

Das dunkelgrüne Lorbeerblatt
Im dunkelblonden Haar,
Das ist's, was mich gefangen hat,
Bezaubert ganz und gar.

In meinen Träumen malt es sich,
Und wachend ist's vor mir,
Und sanft und mächtig ruft es mich,
Ewig zu ihr, zu ihr.

Und atm' ich ihre süße Näh'
Wie stille wird mein Sinn,
Gleich einem Strom in tiefer See
Fließt meine Seele hin.

All mein Verlangen kommt zur Ruh,
Mein Sehnen schlummert ein,
Denn meine Sehnsucht bist nur du,
Nur du und du allein.
(S. 54)
_____



Vereinigung in der Ferne

Tief verloren in Gedanken
Saß ich heut' und dacht' an sie,
Werd' ich je sie wiedersehen -
Klagend Herz gab Antwort: "Nie."

"Wirst die Augen nicht mehr sehen,
Die mit Schmerzen dich beglückt,
Wirst die Stimme nicht mehr hören,
Deren Laut dich so berückt."

Also flossen die Gedanken
Um mich her, ein nebelnd Grau;
Da aus Nebeln ward ein Bildnis,
Warm lebendig, hold genau:

Und sie trat an meine Seite,
Wie an jenem ersten Tag,
Als auf meinem Arme zitternd
Ihr geliebtes Händchen lag.

Noch einmal von ihren Augen
Floß der wunderbare Blick,
Der so plötzlich mir geboren
All mein Leiden, all mein Glück.

Noch einmal von ihren Lippen
Scholl der tiefe Wonneklang,
Der wie Ahnung neuen Lebens
Schauernd mir zum Herzen drang.

Und es sprach mein süßes Leben:
"Siehe, über Zeit und Raum
Trug zu dir mich deines Herzens
Glutentzückter Liebestraum.

Und so will ich zu dir kommen,
Jedesmal so oft du nahst,
Mit dem Zauber ersten Blickes,
Wie du jenen Tag mich sahst.

Liebe heißet ew'ge Nähe,
Trink' aus Liebe Zuversicht,
Nur die Liebe laß nicht enden,
Die Geliebte fehlt dir nicht."

Ja, du bist mir nicht entschwunden,
Vielgeliebtes Mädchen du.
Liebe schlägt die tiefsten Wunden,
Doch sie selber schließt sie zu.
(S. 54-55)
_____



Liebesbann

Wie mir das Herz im Busen brennt,
Ach so voll Lust, ach so voll Weh,
Wenn man nur ihren Namen nennt,
Wenn ich nur ahne ihre Näh'.

Von allen Plänen himmelhoch,
Wie ruft es mich zur Erd' herab,
Wie zwingt es meinen Stolz ins Joch
All meinen Ehrgeiz in das Grab!

Ahnst du ihn, süßes Mädchen, du,
Den mächt'gen Zauber, den du übst?
Dein ist die Macht, schenk' du mir Ruh',
Indem du selbst dich mir ergibst.
(S. 57)
_____



Andenken

Ob sie's bewahrt mag haben,
Das Röschen purpurrot,
Das ich am Sommerabend
Ihr schüchtern damals bot?

Ob ihr's ein Traum verkündet,
Der kosend sie umfing,
Wie ich so tief entzündet
Den Abend von ihr ging?

Daß ich viel mehr ihr schenkte
Als eine Blume bloß?
Daß all mein Herz ich senkte
In ihren duft'gen Schoß?

Und daß ihr Bild mich ewig
Umschwebt bei Nacht und Tag,
Ob sie denn nur ein wenig
Von all dem ahnen mag?
(S. 57-58)
_____



Weißt du noch?

Wie wir uns fanden zum erstenmal
Unterm Fliederbusch, bei der Mühle im Tal,
Wo die Quelle rann am verborgenen Platz,
Hans, du mein Lieb, Hans, du mein Schatz,
Weißt du noch?
Weißt du es noch?

"Hing nicht der Flieder über uns her,
Eine schattige Laube, duftend und schwer?
Sang nicht die Nachtigall süßen Laut?
Clärchen, mein Lieb, Clärchen, mein Traut -
Freilich doch
Weiß ich es noch."

Wie wir das saßen auf einsamer Bank,
Bis dir mein Haupt an die Wange sank,
Wie es da ruhen und rasten blieb -
Hans, du mein Schatz, Hans, du mein Lieb -
Weißt du noch?
Weißt du es noch?

"Als wir uns setzten, stand hoch ja der Tag,
Als wir aufstanden, der Mondschein lag
Über den Wiesen, duftig betaut;
Clärchen, mein Lieb, Clärchenh, mein Traut,
Freilich doch
Weiß ich es noch."

Wie wir dann gingen durch Wiesen und Land,
Arme in Armen und Hand in Hand,
Was du mir sagtest und flüstertest dort,
Hans, du mein Schatz, das glückselige Wort,
Weißt du noch?
Weißt du es noch?

"Sah ich nicht glühen dein süßes Gesicht,
Als ich dir sagte ganz leise, ganz dicht:
Bist mir mein alles, mein Herz, meine Braut -
Clärchen, mein Lieb, Clärchen, mein Traut,
Freilich doch
Weiß ich es noch."

Nicht mehr zusammen durch Wiesen und Land
Gehen wir beide nun Hand in Hand -
Sag mir, wie lang ist das all nun vorbei,
Siehst mich heut an, ob ich's selber noch sei,
Fragst wo das Antlitz, das lachende, blieb -
Hans, du mein Alter, Hans, du mein Lieb,
Sprächest mir heut
Nicht wie vor Zeit.

"Rücke mir näher dein liebes Gesicht,
Will dir was sagen, ganz leise, ganz dicht:
Clärchen, mein Altchen, Clärchen, mein Traut,
Warst mir mein alles, mein Herz, meine Braut,
Warst es vor Zeit,
Bist es noch heut,
Sollst es mir bleiben in Ewigkeit."
(S. 58-59)
_____



Fröhliches Blut

Es flattert das Band mir am Hute,
Novemberlich heulet der Wind -
Es starret der Frost mir im Blute,
Doch ist mir so selig zumute,
Denn ich denk' an mein herzliebes Kind!
Nur eines, nur eines wüßt' ich gern,
Ob sie meiner auch denkt in der Fern'!
Schon tauchet mit Türmchen und Zinnen
Das Städtchen dort drüben empor -
Auf, tummelt euch, Rosse, von hinnen -
Trapp, trapp und schon sind wir darinnen,
Halt ein nun, schon sind wir am Tor!
Hinauf jetzt zwei Stiegen nur noch -
Poch, poch nun am Türchen, poch, poch!
"Wer klopfet denn da so verwegen?"
"Herzliebste und wer wird es sein?
'S kommt einer aus Sturm und aus Regen!"
"So will ich ihn herzen und hegen,
Herein nur, Herzliebster, herein!"
Tür auf und hinein nun im Nu -
Tür zu und seh keiner uns zu!
(S. 59-60)
_____



Das eine Wort

Du wundersüßes Mädchen,
Ich liebe dich so sehr;
Ich wollt', ich wäre klüger,
Dann sagte ich dir mehr.

So kann ich nichts dir sagen,
Als dieses Wort allein,
Das muß statt aller andren
Dir nun genügend sein.

Du aber bist so lieb ja,
So reizend und so klug,
Drum mein' ich, sagt dies Wörtchen
Statt aller dir genug.
(S. 60)
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Begegnung

Heut morgen aus dem Hause
Trat ich vor meine Tür,
Und wem kam ich entgegen?
Entgegen kam ich ihr.

Da flammte ihr im Antlitz
Empor die holde Glut,
Und mir zum Herzen strömte
So brausend gleich das Blut.

Da in der Brust erwachte
So jauchzend mir der Mut,
Und tief in meiner Seele
Sprach es: "Sie ist dir gut."

Dir nun zu Füßen lieg' ich,
Geliebter Herzensdieb.
Sprecht aus, ihr süßen Lippen:
Ich hab', ich hab' dich lieb.
(S. 60-61)
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Veilchen am Wege

Mühevoll einsamen Weg geh' ich durch feindliche Welt,
Sonne winket mir nicht, kalt ist das Himmelszelt,
Und wohin auch mein Blick dürstend nach Labungen sucht,
Nirgends ein sprudelnder Quell, nirgends ein Baum voller Frucht,
Da - was ist es, was dort freundlich und lächelnd mir blickt?
Einsam stehen für sich, still zueinander gebückt,
Veilchen am Wege.

Ach, von der Weite bedrückt und von der Öde umgähnt,
Stehen sie ängstlich allda, Köpfchen an Köpfchen gelehnt,
Und wo sie stehen, da ist blau wie der Himmel das Land,
Und ich atme den Duft, den sie empor mir gesandt,
Hemme des stürmenden Schritts ehrgeizbeflügelte Hast,
Lagre still mich herab, bette zu euch mich zur Rast,
Veilchen am Wege.

Und wie ihr liebender Hauch freundlich das Haupt mir umhüllt,
Kommt ein glückseliger Traum, der mir die Seele erfüllt,
Ehrgeiz schwindet dahin, der mir den Busen geschwellt,
Hier, wo die Veilchen erblühn, schließt sich der Kreis meiner Welt.
Groß, wem ein herrliches Ziel leuchtend geschrieben ist,
Selig, wer es dir willig und trunken vergißt:
Weibliche Liebe.
(S. 61)
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Heilung

Es liegt die Nacht auf Erden schwer
Mit allen ihren Schauern;
Mein Herz ist dunkel, kalt und leer,
In mir ist nichts als Trauern.

Steh auf, du Himmelssonnenlicht,
Zünd' an die warmen Kerzen!
Geh auf, du Engelangesicht,
In meinem müden Herzen.

Hauch' ab die kalte Erdennacht
Mit deinem Flammenmunde!
Lacht in das Herz mir, Augen, lacht!
Daß ich, daß ich gesunde!
(S. 62)
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Mein Lieb' ist eine Lilie

Mein Lieb' ist eine Lilie,
Die hoch am Stiele nickt,
Eine Königin des Gartens,
Die herrscht und herrschend beglückt.

Mein Lieb' ist eine Rose,
Der heiß am Stocke lacht,
Der süße Liebling des Gartens,
Voll Wonne, voll Duft und voll Pracht.

Mein Liebchen ist ein Veilchen
Auf stillverborgenem Beet,
Der holde Gespiele des Morgens,
Wenn jung er aufersteht.

Sie ist mein sel'ger Garten,
Voll Frühlings-Morgen-Duft,
In dem die Nachtigall wohnet,
Die trunken zur Liebe ruft.

Sie lockt bei Nacht und Tage
Und ruft mich ohne Ruh',
Im Garten lieg ich und träume
Und höre ihr träumend zu.

Und über dem Singen vergaß ich
Zum Ausgang den Weg und die Tür;
Nun bin ich im Garten gefangen,
Und bleibe für ewig allhier.
(S. 62-63)
_____



Das Jawort

Der Gründer, wißt ihr, strotzt von Gelb,
Nun hört, ich tu' euch kund:
Der größte Gründer von der Welt,
Das ist des Mädchens Mund.

Des Mädchens Mund ist fein und klein; -
Doch, ob ihr's glauben wollt,
Ein Wörtchen soll darinnen sein,
Das wiegt 'nen Zentner Gold.

Klein wenig tut sich auf der Mund -
Wupp ist das Wörtchen da,
Und wer es fängt, der tut 'nen Fund,
Das Wörtchen, das heißt "ja".
(S. 63)
_____



Liederschmuck

Mein Herz ist von der Liebe
Zur Liebsten so erfüllt,
Daß sie in tausend Tropfen
Darüber strömt und quillt.

Und jeder dieser Tropfen
Glänzt wie ein Edelstein,
Und all die tausend Tropfen,
Die fange ich mir ein.

Und füge sie zusammen
Zu einem dichten Kranz,
Um meiner Liebsten Stirne
Wind' ich den lichten Glanz,

Daß rings die Erde lachet,
Wenn sie vorübergeht,
Und alles steht und staunet:
"Seht die Holdselige, seht!

Das ist gewiß 'ne Fürstin,
Von Ländern reich und hehr?"
Nein, eines Dichters Liebste -
Und das ist noch viel mehr.
(S. 63-64)
_____



Winterspaziergang

In Nacht und Winter
In Sturm und Wind
Spaziert' ich mit meinem
Herzlieben Kind.

Und wie ihr der Sturmwind
Ums Antlitz pfiff,
Nach meinem Arme
Herzliebchen griff

Und schmiegte sich enge
In meinen Arm -
Mir ward im Winter
So sommerwarm.

Da fühlt' ich ihr Herzchen
An meiner Brust!
In Sturm und Winter
O Wonne, o Lust!

"Wem klopft's so laut da?
Das sage du mir."
Wie süß sie da lachte:
"Nur dir, nur dir!"

Schön ist's im Frühling
Spazieren allein;
Doch schöner, im Winter
Spazieren zu Zwei'n.
(S. 64-65)
_____



Reichtum in der Liebe

Mein Liebchen ist gar nicht von vornehmem Stand,
Keine hochwohlgeborene Dame,
Und wird sie gerufen und wird sie genannt,
So ertönt kein klingender Name.
Doch das grämet mich nicht und das kümmert mich nicht,
Denn ich lieb' nicht den Namen, ich lieb' das Gesicht.

Es schmückt sie nicht Gold und nicht Edelgestein,
Sie trägt keine Kleider von Seide,
Ihr Zimmer ist niedrig und dürftig und klein,
Hat Raum nur kaum für uns beide.
Doch was kümmert mich das und was frag' ich danach?
Es braucht keinen dritten in unserem Gemach!

Und hat sie nicht Schätze, so ist sie mein Schatz,
Mein süßer, mein trauter, mein lieber;
Und wohnt mir im Herzen am obersten Platz,
Keine Königin wohnet darüber.
Und der Reiche sei reich und behalte sein Geld, -
Wenn die Liebste mich küßt, so gehört mir die Welt.
(S. 66)
_____



Die Eine

Ein holdselig Gesicht und zwei Augen so klar
Und schlank wie die Blume, die süße,
Und die Stirne so licht und so dunkel das Haar,
Und so reizend vom Haupt auf die Füße -
Das ist sie, das ist sie, die ich meine,
Die Liebste, die Einzige, Eine.

Ein knospendes Röschen auf schwellender Brust
Und so klopfend das Herz unterm Mieder,
Meine Sonne und Wonne und Freude und Lust,
Der holdselige Quell meiner Lieder -
Das ist sie, das ist sie, die ich meine,
Und neben der Einzigen keine.

Es liebt sie ein jeder und lodert in Glut
Und möchte ihr gerne gefallen;
Doch allem und jedem, dem ist sie nicht gut,
Einen Einzigen liebt sie von allen.
Der Glückselige, Einzige, Eine -
Das bin ich, das bin ich nur alleine.
(S. 66-67)
_____



Liebeslied

Küsse mich - küß mich lang und heiß,
Bis dies Herz, dies wild erregte,
Dies von Sorgen dumpf bewegte,
Wie von Lethes Fluten trunken
Tief in deinen Schoß gesunken,
Nichts von Qual und Sorgen weiß -
Küß mich lang - küß mich heiß!

Küsse mich - küß mich lang und süß;
Aus der Ruh', die du gegeben,
Wecke wieder mich zum Leben,
Daß ich wachend, Stund' auf Stunde,
Leben trinke dir vom Munde,
Du mein Erdenparadies -
Küß mich lang - küß mich süß!

Küsse mich - küß mich immerdar,
Daß, wie Lipp' auf Lippe schließet,
Dasein ganz in Dasein fließet,
Ewigkeit den Bund uns segne,
Kein Verlieren uns begegne -
Nimmer Trennung - nimmerdar -
Küß mich immerdar.
(S. 176)
_____



Werthers Lotte
Im grauen Haar. (Zu einem Bilde)

Grau ist das Haar, verwelkt ist das Gesicht,
An welchem Liebe sehnend einst gehangen.
Doch zitternd wie ein süßes Abendlicht
Spielt Lächeln noch um Augen, Mund und Wangen.

Stört nicht dies Lächeln - steht in Ehrfurcht - schweigt,
Sie träumt von einer wunderbaren Stunde,
Da sich ein Gott im Kuß zu ihr geneigt
Und sie unsterblich ward an seinem Munde.
(S. 176)
_____



Frühling

Endlich, ach endlich, Frühling, geliebter,
Kehrst du zurück zu der schmachtenden Welt,
Endlich die Fesseln zu sprengen, in denen
Lastender Winter gefangen uns hält.

Nun in den Tälern werden die Blumen
Endlich, ach endlich, wieder erstehn,
Nun von den Bergen werden die Quellen
Jauchzend und brausend wiederum gehn.

Bräutlich entlodernd, neigt sich der Himmel,
Küsset der Erde schwellende Brust -
Sei mir gegrüßet, Stunde der Jugend,
Stunde der Liebe, Stunde der Lust!

Alle die Ströme, welche da wandeln,
Gärend in Tiefen der Erde den Saft,
Alle die Flammen, welche da lodern,
Nährend in Gluten die treibende Kraft,

Alle, sie alle wirbeln zusammen,
Stürzen ins Herz mir, ein brausender Schwall,
Sieh, und da brechen mir aus dem Herzen
Lachende Blumen allüberall.

Und unter allen eine, die schönste,
Duftend in süßer, verschwiegener Pracht -
Zitternd und ahnend in schweigender Wonne,
Wie in der Seele die Liebe erwacht.
(S. 177)
_____



Brautlied

Horch! die Blumenglocken läuten
Uns den süßen Frühling ein,
In der Erde jungen Adern
Braust es wie von jungem Wein.
Immer wieder mit der Erde
Treibt der Lenz das alte Spiel.
Seid ihr's jemals satt geworden?
Saht ihr jemals es zuviel?
Menschenseele, Menschenliebe,
Süß verschwistert, selig Paar,
Werdet je des altes Spiels Ihr
Müde werden? Nimmerdar!
Ob Jahrtausend nach Jahrtausend
Durch die Erde schreiten mag -
Immer, wo die Liebe aufsteht,
Ist der erste Schöpfungstag.
(S. 177-178)
_____



Schlummernde Geliebte

An meine Brust dein schönes Haupt gelehnt,
Dies Haupt, das tagesüber so besonnen,
Vom Schlafe jetzt, vom übermannenden,
Ins Märchennetz des Traumes eingesponnen.

Laß mich belauschen deinen Atemzug,
Der zwischen halb verschloßnen Lippen säuselt
Wie eine Quelle, die aus nächt'gem Schacht
Geheimnisvollen Dunkels aufwärts kräuselt.

Wie tief du schweigst - der süße, leise Hauch
Verkündet einzig mir von deinem Leben;
Im Arme deine stumme Lieblichkeit,
Fühl ich den Reichtum, der sich mir ergeben.

Schlaf weckt den andern Menschen in uns auf -
Den einen gab dein Wachen mir zu eigen,
Den andern, auf dein Angesicht gebeugt,
Trink ich mit deinem Hauch und deinem Schweigen.

Der schönre? Welcher? Du Holdselige,
O laß mich töricht wägen nicht und scheiden -
Dein Wachen gib mir, gib mir deinen Schlaf,
Mit deinen Menschen gib dich mir, den beiden!
(S. 178)
_____



Besiegt

Ich hab' es gebannt, ich bin ihm entflohn,
Dem Bild, das vor Zeit mich verstrickte zu tief -
Ich glaubte, es wäre gestorben schon -
Ich habe geirrt, es schlief nur, es schlief.

Als ich wiederkam zu dem Lindenbaum,
Der in Blüten stand, wie er blühte vor Zeit -
Da kam er zurück, der versunkene Traum,
Der mich einstens berauschte mit Wonne und Leid.

Als ich von ihr ging, wie zürnend allda,
"Auf ewig fahr wohl!" von den Lippen mir scholl -
Als ich wiederkam und sie weinen sah,
Wo war da mein Zorn, wie verrauschte mein Groll!

Mit der Klage im Herzen, so wollte ich nah'n,
"Du zerrissest mein Herz, warum tatest du das?" -
Und ich sagte kein Wort, ich blickte es an
Das geliebte Gesicht, so betränt und so blaß.

Meinen Frieden kam ich zu heischen zurück,
Und ich sah sie selbst in Leiden und Qual -
Ihr zu Füßen sank ich - "Du nahmst mein Glück,
Und willst du, so nimm es zum zweitenmal!" -
(S. 179-180)
____



Überfall

In der Nacht ist er gekommen,
Dunkel war um ihn und mich,
Und kein Stern war noch verglommen,
Als er wieder mir entwich.

War es träumen, war es Wachen,
Was so plötzlich kam und ging,
Dieses Jauchzen, dieses Lachen,
Diese Glut, die mich umfing?

Sinnend der vergangnen Wonne
Liegt mein Haupt, wo seines lag,
Wie so strahlend blickt die Sonne,
Wie so neugierig der Tag!

Laß empor die Sterne steigen,
Liebesmutter, süße Nacht!
Dir will ich mein Antlitz zeigen,
Das die Scham zur Glut entfacht.

Will mich keinem sonst entdecken,
Horch - was flüstert in der Näh?
Ist er's - o der tiefe Schrecken. -
Ist er's nicht - o bittres Weh!
(S. 180-181)
_____



Einsame Stunde

Ich les' im alten Buche,
Das sie mir einst geschenkt;
Mein einsam Herz in Sehnen
Der alten Zeit gedenkt.

Da steh'n auf erster Seite,
Von der geliebten Hand
Geschrieben noch die Zeilen,
Die sie mir einst gesandt.

Die Zeilen gehn so stetig,
Klar ist die Schrift und licht -
Es taucht mir aus den Zeilen
Das teure Angesicht. -

Ans Fenster leise, leise
Der Frühlingsnachtwind schlägt,
Mir ist, als ob ein Lispeln
Er mir zum Ohre trägt,

Und eine süße Stimme
Tief, tief ins Herzt mir hallt:
Ich warte dein schon lange,
Komm nach, komm nach, komm bald!
(S. 182)
_____



Weihnachtsfrühling

Komm, laß uns denken, es wäre heut,
Heute noch einmal wie damals vor Jahren,
Als unterm ersten Weihnachtsbaum
Junge Leute wir beide noch waren.

Drinnen im Zimmer der flimmernde Baum,
Draußen das lautlose Flockengestiebe,
Nur wir beide und niemand sonst -
Ja - noch ein drittes: unsere Liebe.

Ach, in dem Zimmer wie still es war -
Hörst du es noch, das selige Schweigen?
Siehst du die winkenden Träume noch
Aus dem Born der Verheißung steigen?

Träume - wo sind sie? Im rinnende Strom
Sind mit der Zeit sie dahin geschwommen,
Liebe - wo blieb sie? Ihr süßes Gesicht,
Ward es nicht alt und hat Falten bekommen?

Da, wo das selige Schweigen war,
Tobte da später nicht manchmal Gewitter?
Herzen voll Unmut, grollender Blick -
Ach, und von Worten der Mund so bitter?

Komm, es ist Weihnacht, am Himmel der Stern,
Ganz wie damals glänzt er noch heute,
Draußen drängen die Kinder sich
Ganz wie damals, glückselige Leute.

So wie ich damals den Baum dir geputzt,
Schmück' ich ihn heut dir mit Äpfeln und Nüssen;
Laß uns denken, es sei noch der,
Der sich freute an unsern Küssen.

Horch - da draußen auf Treppe und Gang
Kommt da nicht jemand verstohlenen Schrittes?
Türe auf - zu uns zweien herein
So wie damals kommt noch ein drittes.

Unsere Liebe ist wieder da!
Ach, wie dein Antlitz mir lächelt und leuchtet!
Wie das lockige Haar dich umwallt!
Wie dein Auge so süß sich feuchtet!

Komm, so wie damals komm an mein Herz,
Das vor allen dich einzig erlesen.
Kummer, Enttäuschung, Hader und Groll,
Alles, alles ist Traum nur gewesen.

Was unsre Herzen damals gefühlt,
Das war Wahrheit, ist es geblieben.
Weihnacht sagt's, und wir wissen es heut,
Daß wir uns lieben, daß wir uns lieben.
(S. 187-188)
_____

Aus: Ernst von Wildenbruch
Gesammelte Werke
Herausgegeben von Berthold Litzmann
Band 15 (Gedichte und kleine Prosa)
G. Grotesche Verlagsbuchhandlung Berlin 1924


 

Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_von_Wildenbruch

 

 


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