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Christiana Mariana von
Ziegler
(1695-1760)
Inhaltsverzeichnis der Gedichte: (Teil 1)
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Du Schattenreiche Fichte (27.
Ode)
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Ach dichte keine Klagen (28.
Ode)
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Ihr so schön und grünen Auen
(29. Ode)
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Zürne nicht, wenn ich dir sage
(30. Ode)
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O scheltet immerhin (1.
Schäferlied)
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Thyrsis! fragst du wo ich bin
(2. Schäferlied)
-
Komm Schäfer, komm zu Scherz
und Lust (3. Schäferlied)
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Eilt ihr Schäfer aus den
Gründen (4. Schäferlied)
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Dies ist der schöne Tag, da
Seladon gebohren (5. Schäferlied)
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Wie sieht es nun um uns,
verweiste Brüder, aus? (8. Gedichte)
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Wie munter sahst du dich nach
Thirsis Heerden um? (10. Gedichte)
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In was für Einbildung und
wunderlichem Wahn (13. Gedichte)
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Mein Leben, meine Lust, mein
Liebstes mein Vergnügen (16. Gedichte)
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Hiermit beschwer ich dich,
mein Herze, du sollst sagen (17. Gedichte)
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Hör! Schäfer kannst du nicht
stets deine Chloris küssen (18. Gedichte)
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Mein Thyrsis! könnt ich dich
auf diesen schönen Auen (19. Gedichte)
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Dein Herze will ich stets in
meiner Brust verwahren (20. Gedichte)
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Ich könnte dich, mein Kind,
noch endlich lieben (27. Gedichte)
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Saget mir, ihr grünen Bäume
(2. Cantata)
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Weg mit dem schlechten
Zeitvertreib (3. Cantata)
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Meiner Chloris zum Vergnügen
(4. Cantata)
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Schläfert mich, ihr kühlen
Winde (5. Cantata)
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Sage doch gekränktes Herze
(6. Cantata)
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Die Männer sagen uns wohl
immer (7. Cantata)
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Wenn die muntern Heerden
scherzen (8. Cantata)
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Ihr Mädchen, laßt mich
ungeplagt (9. Cantata)
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Dem Mädchen bin ich herzlich
gut (10. Cantata)
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Sylvander, was hab ich
gesehn? (11. Cantata)
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Auf ihr zärtlichen Napeen!
(12. Cantata)
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Ihr seyd es ja ihr holden
Augen (13. Cantata)
27. Ode
Du Schattenreiche Fichte,
Vergönne mir die Lust!
Ich setze mich und dichte
Von dem was dir bewust.
Du kennst längst meine Klagen,
Du kennst mein bittres Ach.
Denn leiden und nichts sagen,
Gar nicht ein Wörtchen sagen,
Dazu bin ich zu schwach.
Von schönen Augen brennen
Das ist mir wohl erlaubt;
Allein ich darf nicht nennen
Was mir die Freyheit raubt.
So mehret sich mein Leiden,
Mich tödtet jeder Blick:
Denn lieben und auch meiden,
Das Liebste gänzlich meiden
Bringt nicht das Herz zurück.
Mein Liebstes, mein Vergnügen,
Mein alles auf der Welt:
Dein Knecht ist so verschwiegen
Von dem was ihm gefällt;
Und will die Gluth verschweigen,
Die kein Erbarmen kühlt;
Ich werde dir nur zeigen,
In allen Minen zeigen,
Was meine Seele fühlt.
Wie lange soll ich hoffen?
Wenn ändert sich dein Sinn,
Daß ich das Ziel getroffen,
Und ganz der deine bin?
Die Freyheit, und mein Leben,
Mein Herz, mein ganzer Muth
Bleibt einzig dir ergeben,
Aufs zärtlichste ergeben,
Wie jeder Tropfen Blut.
(S. 111-112)
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28. Ode
Antwort auf die
vorhergehende Ode
Ach dichte keine Klagen,
Denk nur auf Scherz und Lust.
Du darfst nichts weiter sagen,
Dein Schmerz ist mir bewust.
Und kannst du ja nicht schweigen,
So sprich von deiner Pein,
Ich werde dir auch zeigen,
Wie zärtlich werd ich zeigen,
Daß du sollst glücklich seyn.
Ja Chloris wird dich lieben,
Die deinen Brand erregt.
Von deinen reinen Trieben
Wird Herz und Geist bewegt.
Verbanne Schmerz und Leiden,
Ich merk auf deinen Blick,
Und kann dich schwerlich meiden,
Ich kann dich gar nicht meiden,
Ich küsse mein Geschick.
Dein Liebstes, dein Vergnügen
Lebt nur allein vor dich,
Mein Auge kann nicht trügen
Du bleibst mein ander ich.
Laß nur dein Herze brennen,
Die Glut ergreift mich schon,
Denn hör ich dich nur nennen,
Nur deinen Namen nennen,
Rührt mich der sanfte Thon.
Dein Wunsch ist eingetroffen,
Daß dich mein Herze liebt.
So kannst du alles hoffen
Was dir Vergnügen giebt.
Denn was du mir willst geben,
Bekommst du schon von mir.
Ich habe nur ein Leben,
Ach nur ein einzig Leben;
Und das gehöret dir.
(S. 112-113)
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29. Ode
Ihr so schön und grünen Auen,
Meiner Augen Lustrevier,
Euch will ich mich anvertrauen,
Brecht ihr Seufzer, brecht herfür.
Ein geheim und still Verlangen,
Ein nur mir bewuster Schmerz
Hält die Brust schon längst gefangen:
Thyrsis lebt, doch ohne Herz.
Ist es möglich, daß ich lebe?
Was nährt die gequälte Brust,
Daß ich nicht den Geist aufgebe?
Ach! wo bleibt die erste Lust?
Saget mir, verflogne Stunden,
Wo ist mein Vergnügen hin?
Itzo fühl ich erst die Wunden,
Da ich nicht mehr meine bin.
Ruh und Freyheit ist verlohren,
Alles, alles ist dahin!
Wozu bin ich auserkoren,
Ach und Pein ist mein Gewinn.
Echo, hör[e] auf mein Klagen,
Denn dein holder Wiederschall
Soll es in der Gegend sagen,
Chloris Tod war Thyrsis Fall!
Fraget nicht, was ich beweine,
Was mich in die Gegend ruft.
Ach! die lieblichen Gebeine
Ruhen hier in dieser Gruft.
Meiner Chloris Angedenken
Spricht mir Geist und Leben ab.
O! erbarmt dich nicht mein Kränken?
Nimm mich doch nur mit ins Grab.
Sammlet euch ihr matten Glieder,
Du mein abgehärmter Leib,
Du umarmst die Chloris wieder,
Das so tugendreiche Weib.
Ihre kalt erstarrten Hände
Und der Klugheitsvolle Mund
Trösten mich bis an mein Ende.
Nur der Tod trennt unsern Bund.
Wohl, ich warte mit Verlangen,
Bis der Tod das Herze bricht.
Meiner Schönen kalte Wangen
Küß ich, weil mir wohl geschicht.
Oeffne dich, du Grabeshöle,
Ach! wie sanfte ruh ich hier,
Neben meiner andern Seele,
Welt, ich tausche nicht mit dir.
(S. 114-115)
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30. Ode
Zürne nicht, wenn ich dir sage,
Daß ich dich nicht lieben kann.
Wenn ich Aug und Herze frage,
Giebt es mir die Ursach an:
Amor herrscht gleich den Tyrannen;
Räumt man ihm nur etwas ein,
Sucht er alles zu verbannen,
Was ihm nicht will dienstbar seyn.
Ruh und Freyheit gieng verlohren,
Der Verlust fiel mir zu schwer;
Dazu bin [ich] nicht gebohren,
Nein, mein Ohr giebt kein Gehör.
Kühl die Gluth an andern Blicken,
Was nutzt eine kalte Brust?
Sich an Schnee und Eis erquicken
Bringt dem Herzen schlechte Lust.
Du bist edel von Gemüthe,
Du bist angenehm und schön,
Du bist in der schönsten Blüte,
Jede mag dich gerne sehn.
Dein Verstand, dein ganzes Wesen
Liebt ein Herz das lieben kann;
Ja dein Werth bleibt auserlesen,
Nur ich nehm nicht Theil daran.
Ja ich will mich selbst verdammen,
Mein Herz ist zu felsenfest,
Da im Ursprung deiner Flammen
Es dich gar verschmachten läßt.
Darum muß ich mit dir leiden,
Daß ich dich nicht trösten kann;
Dich und deinen Umgang meiden
Seh ich selbst für strafbar an.
Hoffe nur und sey zufrieden,
Zeit und Stunden ändern sich.
Was der Himmel dir beschieden,
Das erhält er auch vor dich.
Er kann Geist und Herze lenken;
Sieht er meine Unschuld an,
Wird er auch an dich gedenken,
Daß ich dich noch lieben kann.
Dennoch will ich mich vergnügen,
Wenn mein Schicksal widerspricht.
Sollte ja die Hoffnung trügen,
Trügt doch deine Liebe nicht.
Ich kann dich doch niemals hassen;
Denn der erste Blick und Tag
Ließ mich was ins Herze fassen,
Das ich nicht gestehen mag.
(S. 116-117)
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1. Schäferlied
Die über ihre Freyheit sich vergnügende Galathee
O scheltet immerhin
Mich einen Eigensinn;
Und sprecht: Der Galathee
Ihr Herz wär Eis und Schnee.
Ich lache nur darzu,
Wenn ihr die süsse Ruh
So frech und unerlaubt
Euch selbst, Gespielin, raubt,
Und keine Reyhen schließt,
Wo nicht ein Schäfer ist.
Die Lieb ist nicht vor mich;
Nein, Galathee läßt sich
Durch seufzendes Bemühn
Nicht in die Schlinge ziehn.
Der edlen Freyheit Trieb
Und Zug ist ihr zu lieb.
Ja, wenn es Pan auch wär,
Fänd er doch kein Gehör;
Von solcher Sclaverey
Bleibt dieses Herze frey.
Zwar lenkt mein Aug und Sinn
Sich nach Sylvandern hin,
Der, wo er nur erscheint,
Sich einzuschmeicheln meynt.
Doch daurt er mich fürwahr:
Denn unter unsrer Schaar
Kömmt ihm kein Schäfer bey
An Redlichkeit und Treu,
So in dem Herzen sitzt,
Ihm aus den Augen blitzt.
Das mehr als gute Thier
Schmiegt sich ja recht vor mir,
Ein jeder Tropfen Blut
Meynts mit mir herzlich gut.
Jagt ihn durch Dampf und Rauch,
Sylvander geht hier auch.
Er böthe Haut und Haar
Vor mich aus Liebe dar,
Und scheute, winkt ich nur,
Auch nicht des Grabes Spuhr.
Wie lang ists? Noch gar kurz
Schenkt er mir diesen Schurz
Der meine Hüften ziert,
Und mir fast nicht gebührt.
Ja heute noch gar früh
Fiel er vor mich aufs Knie.
Wie bat er nicht mit Schmerz
Um Galatheens Herz,
Und seiner Thränen Naß
Bespritzte Halm und Gras!
So oft sich nur ein Nest
Von Lerchen blicken läßt,
Bringt sie die gute Haut
Mir als vermeynten Braut;
Er theilt den Bissen Brodt
Mit mir, und leidet Noth.
Streckt seine Schäferinn
Sich bey den Buchen hin,
So schnarcht sie süsse hier.
Der Schäfer wacht bey ihr.
Bey früher Sonnen Lauf
Sucht er schon Kräuter auf,
Durch deren Umschlag man
Die Kranken heilen kann.
Kommt er nun aus dem Wald,
So schüttet er sie bald
In meinen Schooß hinein:
Das laßt mir Liebe seyn!
Gewiß er sorgt für mich
Weit mehr als selbst vor sich.
Das zwäng wohl manches Herz,
Das bey des Schäfers Schmerz
Nicht recht bewaffnet wär,
Zum Mitleid und Gehör.
Mich aber beugt es nicht,
So schön er thut und spricht,
So weis ich ihn doch fort,
Denn ein verliebtes Wort
Thut gleich der Galathee
In Herz und Ohren weh.
Weg mit dem Liebesjoch!
Mein Ohr verstopft sich doch
Vor allen Lockungsschall;
Ich folg der Nachtigall.
Das Körnchen, so sie frißt
Und von den Hufen liest,
Stellt sie sich süsser für,
Als alles was man ihr,
So gut es immer schmeckt,
In ihren Keficht steckt?
Wie kann mir besser seyn,
Als wenn mir ganz allein
Die schön beblümte Trift
Lust und Ergetzen stift?
Da wo ich in der Näh
Die Lämmer gehen seh;
Und, weil mein Ohr nichts hört,
Das mich durch Winseln stört,
Bey sorgenlosem Sinn
Vergnügt und einsam bin.
Da sitzet Galathee
Recht sanft auf Gras und Klee,
Und sieht in schönster Ruh
Nur ihren Heerden zu.
Sie weidet Aug und Brust;
Ihr Hector macht ihr Lust;
Der, wenn er sich nicht streckt,
Sich mit den Ziegen zeckt,
Die Böcke schekernd jagt,
Bald zwickt, bald anders plagt.
Da stellt die ganze Schaar
Mir einen Abriß dar,
Was ein selbst eigner Geist,
Und was die Freyheit heißt.
Was nur vier Beine hat,
Das springt und hüpft sich satt.
Es jauchzt in freyer Luft,
Und hasset Schmauch und Duft,
So oft es mit Verdruß
In Ställe kriechen muß.
Verliebte Schäfer, flieht!
Die Freyheit, so mich zieht,
Verkauft sich nimmermehr.
Hofft nur auf kein Gehör!
Und zwingt einst Tod und Grab
Mir Stock und Freyheit ab,
So senkt mich in den Sand,
Doch sonder Männer Hand;
Dies thät der Galathee
Auch noch im Grabe weh.
(S. 141-145)
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2. Schäferlied
Thyrsis! fragst du wo ich bin,
Quält dich Sehnsucht und Verlangen;
Klagst du mit bestürztem Sinn,
Daß dir Doris ist entgangen?
Ja sie floh, doch steht sie hier,
Dir von weitem nach zu blicken,
Da mich das Verhängniß dir
Will aus Fluhr und Augen rücken.
Frage nur den Wiederschall,
Der durch Thäl und Wälder dringet,
Und die Wörter überall
Die er fängt, zusammen bringet.
Frag ihn nur, ob Doris klagt,
Die den Abschied schuldig blieben,
Was sie dem entfernet sagt,
Den sie noch muß zärtlich lieben.
Holde Gegend, fettes Gras!
Meiner Augen schönste Weyde,
Wo ich oft mit Thyrsis saß,
O was spührten wir für Freude!
Ach, wie süsse roch der Klee,
Der die bunten Wiesen zieret;
Itzo hat ein herbes Weh
Mich und meine Brust gerühret.
Stolzer Bach! was rauschest du?
Laß dein Rieseln stille schweigen.
Höre mir, der Doris zu,
Sie erkiest dich hier zum Zeugen.
Sage meinem Schäfer an,
Was du siehst für Thränen fliessen,
Die dein Umfang gar nicht kann
Mit in seine Quelle schliessen.
Still, hier hör ich einen Klang,
Es verdoppelt sich mein Klagen.
Sucht vielleicht in diesem Gang
Mich mein Thyrsis auszufragen?
Träum ich, oder, hör ich ihn,
Will ein Waldgeist mich verführen,
Feige Doris willst du fliehn?
Nein! ich such ihn auszuspühren.
Eilt ihr Schäfchen! kommt mit mir,
Laßt uns ihm entgegen gehen,
Denn ich weis gewiß, daß ihr
Seine Stimme müßt verstehen.
Wißt ihr nicht, wie manches Lied
Mir, und euch vielleicht, gefallen,
Das mein Schäfer sonst bemüht
Ließ auf eurer Weid erschallen.
Schaut, dort kömmt er in der That,
Ach, ich seh ihn schon von weiten;
O du höchst beglückter Pfad!
Den mein Thyrsis will beschreiten.
Ja, dies hab ich wohl gedacht,
Daß mein Ach! ihn müste rühren,
Und auch bey der finstren Nacht
Uber Stock und Steine führen.
Holder Schäfer, zürne nicht,
Wenn du mich entfernt gefunden.
Wem das Schicksal wiederspricht,
Dem ist Hand und Fuß gebunden.
Dieses riß mich zwar von dir,
Aber dich nicht aus dem Herzen,
Doch vergiß es, weil es hier
Uns vergnügt läßt wieder scherzen.
Sage mir, du, den der Pan
Als den Preis von unsern Hirten
Gar nicht satt bekrönen kann,
Schwer es mir bey seinen Myrrthen!
Bist du, da man uns gestöhrt,
Seit der Zeit auch treu geblieben?
Hat was Fremdes, das entehrt,
Was das Glück mir zugeschrieben?
Doch, mein matter Schäfer gleicht
Stummen Bäumen in den Thälern,
Sucht ein Satyr hier vielleicht
Meine Lieb und Treu zu schmählern?
Rede doch, Gespiele, sprich,
Hat ein Feind dich aufgehetzet,
Daß du deine Freundin, mich,
Hast so schnell hindan gesetzet?
Ach ihr Sterne! was geschicht,
Ist es möglich, daß ein Schatten,
Mich, die doch kein Schlaf anficht,
Läßt mit meinem Thyrsis gatten!
Wahrlich, es ist nur ein Traum
Und ein blosser Schein gewesen,
Daß ich zuckersüssen Schaum
Von des Schäfers Mund gelesen.
Falscher Nachtgott quäle doch
Mich nicht mit dergleichen Bildern!
Willst du bey so schwerem Joch
Mir noch meinen Abgott schildern?
Den ich, da die Hoffnung trügt,
Leider muß nunmehr vermissen;
Was mich wachend nicht vergnügt,
Mag ich auch im Traum nicht küssen.
Rede Doris nicht zuviel,
Da dich Zorn und Eifer treibet,
Weil auch bey dem Schattenspiel
Thyrsis doch dein Liebling bleibet!
Wohl, ich will zufrieden seyn,
Find ich ihn nicht in der Nähe,
Wenn ich nur von ihm den Schein
Träumend in dem Schlafe sehe.
Braune Nacht! verlängre dich,
Laß den Hesper lange wachen,
Daß ich ihn, mein ander ich
Seh im Geist und Bilde lachen.
Hat man doch wohl ehr gesehn,
Daß ein Traum was prophezeyet.
Hoffe fest, es kann geschehn,
Daß die That dich bald erfreuet.
(S. 145-149)
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3. Schäferlied
Komm Schäfer, komm zu Scherz und Lust,
Der Frühling labt die frohe Brust.
Ruft Schaf und Rinder in das Feld,
Wir sind vor sie zur Huth bestellt.
Es zäckt sich alles in der Luft,
Hör nur, wie eins das andre ruft.
Die fromme Taube lockt und girrt,
Weil ihre Gattin sich verirrt.
Wie schlägt die muntre Nachtigall?
Merk Schäfer, auf den holden Schall.
Der Kukuck schreyt, die Lerche singt,
Daß es durch Feld und Wälder klingt.
Der Storch baut seiner Störchin Nest,
Das Rebhun setzet sich auch fest.
Die Schwalbe zwitschert, und der Matz
Sucht auf den Bäumen seinen Schatz.
Die Rinder fressen fettes Gras,
Die Füllen treiben Scherz und Spaß.
Die Gänse schnattern nur aus Lust,
Das Kalb spielt mit der Mutter Brust.
Kurz, die Natur wird itzt verjüngt.
Ergreif dein Rohr, weil Doris singt.
Mein Schäfer siehst du mir nicht an,
Was ich nicht mehr verstellen kann?
Die Eintracht von dem Flügelheer,
Der Schaafe Unschuld reizt zu sehr.
Der Fische und der Thiere Scherz
Veränderten mein sprödes Herz.
Drum thu ich dir den Vorsatz kund,
Das Herze denkts, es sprichts der Mund:
Ein Schäfer von so edler Art
Ist würdig, daß sich Doris paart.
Wohlan, so reich ich dir die Hand,
Ich geb mich selbst zum Unterpfand;
Ich schwere bey dem grossen Pan:
Ich bin dir ewig zugethan.
So wahr du führst den Hirtenstab,
So lieb ich dich bis in mein Grab.
Eh soll die Heerde untergehn,
Als daß du mich sollst untreu sehn.
Ich schmücke schon mein Hirtenhaus
Mit frischen Blumenkränzen aus.
Die Liebe macht die Lagerstatt,
Sie speist mit uns, sie macht uns satt.
(S. 149-150)
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4. Schäferlied
Eilt ihr Schäfer aus den Gründen,
Eilt zu meinem Thyrsis hin,
Und, so bald ihr ihn könnt finden,
Sagt, daß ich ihm günstig bin;
Sagt, was er mir mitgenommen,
Nennt die Freyheit und mein Herz;
Sagt, er soll auch wieder kommen,
Denn man treibt damit nicht Scherz.
Ach! wie stellt sein holdes Wesen
Sich mir in Gedanken vor;
Thyrsis bleibet auserlesen
Unter unserm Schäferchor.
Sagt, ihr Nymphen an dem Strande,
Wo die klare Pleisse fließt,
Ob man nicht an ihm befande,
Daß er liebens würdig ist?
Ich vergesse Fluhr und Heerde,
Ja, ich kenn mich selbsten nicht,
Weil ich ganz bezaubert werde,
Wenn man nur vom Thyrsis spricht.
Will der Wolf das Lamm zerreissen,
So belach ich den Verlust;
Der ist leichte zu verbeissen,
Thyrsis herrscht in meiner Brust.
Denk ich noch, geliebte Seele!
An der Stunden schnelle Flucht,
Wenn ich sie zurücke zehle,
Die mein Geist vergeblich sucht;
Denk ich auch der zarten Liebe,
Die mein Thyrsis blicken ließ,
Und die fromm und reinen Triebe,
Da er mir mein Herz entriß.
Seufzer speisen, sehnlich Klagen,
Macht das Herze müd und matt;
Doch muß ich dir heimlich sagen,
Was mich längst bekümmert hat;
Ich girr, wie die Turteltaube,
Die durch ächzen Tag und Nacht,
Sich nach ihres Gatten Raube,
Selbst verzehrt und kraftlos macht.
Sitz ich unter Tann und Buchen,
Fällt mir auch mein Thyrsis ein;
Diesen will ich nur da suchen,
Ach! frag ich, wo mag er seyn?
Da lauf ich durch Fluhr und Auen,
Ob mein Schäfer sich versteckt?
Doch, ich kann der Spuhr nicht trauen,
Weil mich alles Wild erschreckt.
Nichts kann mir mehr Freude stiften,
Als wenn ich oft ganz allein,
Auf den buntbeblümten Triften,
Darf mit meinen Heerden seyn.
Fliegt die Taube mit dem Haufen,
So bleibt sie doch stets gepaart,
Keine wird vom Gatten laufen;
Das ist treuer Seelen Art!
Mir ist weiter nichts geblieben,
Als dies, daß ich sagen muß,
Ewig will ich Thyrsis lieben;
Ewig, ist mein fester Schluß.
Schöner Wechsel! süsses Leiden!
Thyrsis! hörst du, hörst du nicht?
Ich will auf den Auen weiden,
Wo ich seh dein Angesicht.
Denn ein Blick aus deinen Augen,
Wenn mich Frost und Hitze plagt,
Kann zu meiner Stärkung taugen,
Daß der Mund sich nicht beklagt.
Speis und Trank muß mich erquicken,
Wär es auch nur Rohm und Brodt;
Wenn ich dich kann streicheln, drücken,
Weis ich nichts von Sorg und Noth.
Leg ich mich des Abends nieder,
Spiel ich auf dem Haberrohr;
Bleibt der Innhalt meiner Lieder,
Thyrsis Name, wie zuvor.
Ach! du wohnst in meiner Hütte,
Wenn du gleich entfernet bist.
Denn ich spühr auf jedem Schritte,
Daß mein Thyrsis bey mir ist.
Soll ich mich mit deinem Schatten,
Weil mein Schicksal widerspricht,
Unterdeß im Traume gatten?
Wohl! ich weigre mich auch nicht.
Endlich schlägt die frohe Stunde,
Endlich kommt der frohe Tag,
Da ich dich aus Herzens Grunde,
Wie ich wünsche, küssen mag.
(S. 151-153)
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5. Schäferlied
Auf des Schäfers Seladon
Geburtstag
Dies ist der schöne Tag, da Seladon gebohren;
Tag, der zu meiner Lust vor andern auserkohren;
Tag, der mir in der Welt der allerliebste bleibt;
Tag, den die Liebe selbst in mein Gedächtnis schreibt;
Tag, den ich nimmermehr kann hoch genug verehren;
Tag, der die reine Gluth kann in der Brust vermehren;
Tag, der den Geist besiegt, das Herz empfindlich macht;
Tag, der die Seele letzt, an dem mein Glücke lacht.
Du bleibst mein einig All, mein Paradies auf Erden!
Und sollst deswegen auch mit Lust besungen werden.
Auf Schäfer! kommt herbey, helft diesen Tag begehn!
Laßt Mopsen unterdeß auf Huth und Wache stehn;
Legt euren Schäferschurz um die so schlanken Lenden;
Ich will euch Huth und Strauß und allen Ausputz senden.
Kommt, weil der Morgenthau noch auf den Matten ist,
Weil sich das Flügelheer noch in den Nestern küßt.
Pflückt Blum und Kräuter ab, brecht Blätter von den Zweigen,
Denkt nur auf Scherz und Lust; kein einiges soll schweigen.
Die Stöcke müssen frisch und wohl bebändert seyn,
Die Becher ausgespühlt. Nun schenk sich jeder ein,
Weil ich den schönsten Kranz mit eignen Händen winde,
Vor meinen Seladon, zu seinem Angebinde.
So sprach jüngst Sylvia: bald kam der ganze Chor,
Und jeder pfiff ein Lied auf seinem Haberrohr;
Da nahten sich zugleich die holden Schäferinnen,
Es suchte jegliche was neues auszusinnen,
Damit die Lust vermehrt, das Fest vollkommner ward.
Nur fehlte Seladon mit seiner Gegenwart.
Kaum, daß die Schäferzunft die Cythern angerühret,
So ward schon ein Geräusch im nächsten Busch verspühret;
Die muntre Nachtigall fiel in den Ton mit ein,
Die wilde Wachtel kam, und wollte Zeuge seyn.
Der Kukuck lies sich auch mit seiner Stimme hören;
Er ließ sich weder Tanz, Gesang, noch Leyer stöhren;
Die Schwalbe zwitscherte; der Bienen schwärmend Heer
Verliessen ihr Gefach, und flogen hin und her;
Die Taube sehnte sich nach ihrem frommen Gatten,
Das Männchen kam zu ihr, sie setzten sich im Schatten;
Die Schaafe zäckten sich; dort sprangen Zieg und
Bock
Den Hügel auf und ab, und über Berg und Stock;
Das Vieh, so kreissend noch war in dem Stall geblieben,
Das fühlte keinen Schmerz, es wuste nur vom Lieben;
Das Lamm vergnügte sich an seiner Mutter Brust;
Ja, Pan der Hirtengott empfande selbst die Lust,
Er rief den Schäfern zu: kommt schneidet in die Linden
Den Namen Seladons, desgleichen nicht zu finden
An Werth und Trefflichkeit. Wenn ihr die Reyhen schließt,
So wünschet, daß er uns bald in den Linden grüßt!
Die Schäfer säumten nicht, den Namen einzuritzen;
Nur Sylvia blieb itzt am Bach von weitem sitzen.
Ihr Herze ward bekämpft von Unruh, Furcht und Streit,
Doch endlich sang sie noch aus grosser Zärtlichkeit:
Saust ihr Winde! Spielt ihr Aeste!
Singt ihr Vögel auf das beste,
Meiner Regung beyzustehn!
Euch darf ich mein Herze zeigen,
Ihr könnt zwitschern, ihr könnt schweigen,
Nun so hört was mir geschehn!
Selbst die Vorsicht muß es fügen,
Seladon bleibt mein Vergnügen,
Und mein Alles auf der Welt.
Er ist bloß vor mich gebohren,
Und vor andern auserkohren,
Der den Augen wohlgefällt.
Wenn ich sehnlich nach ihm blicke,
Und ihm manchen Seufzer schicke,
So erfordert es die Pflicht.
Dies sind Zeugen wahrer Liebe,
Stumme Redner reiner Triebe,
Wenn der Mund kein Wörtchen spricht.
Echo! laß dich doch erbitten,
Eile in des Schäfers Hütten,
Mit dem holden Wiederschall;
Laß ihm mein Geständnis wissen,
Sag, ich kann ihn nicht mehr missen,
Sag, ich such ihn überall.
Melde, wie ich heute singe,
Was ich ihm für Wünsche bringe,
Wie der Tag unschätzbar bleibt.
Wie die Heerde hüpft und springet,
Wie es jeglichem gelinget,
Wenn er seinen Namen schreibt.
Meines Schäfers ganzes Leben
Sey mit tausend Lust umgeben,
Durch des Himmels holden Blick.
Dieser mehre seine Jahre,
Damit ich dereinst erfahre,
Nichts vergleicht sich seinem Glück.
Endlich soll das Schicksal fügen,
Alles das was sein Vergnügen
Tausendfach verdopplen kann.
Lebe Schäfer! ohne Sorgen,
Kommts nicht heute, kommts doch morgen;
Nimm indeß den Willen an.
(S. 154-157)
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8. Gedichte
Damons Klage über den Verlust und Abschied der Phillis
Wie sieht es nun um uns, verweiste Brüder, aus?
Die Reihen sind getrennt; der Tanz und Hirtenschmaus
Ist leider uns und auch der Schäferinnen Orden
Nach unsrer Phillis Flucht ein Klagelied geworden.
Seit dem sie ihren Fuß aus unsrer Trift gesetzt,
Entflieht auch alles das, was sonst das Aug ergetzt.
So stark die Wiesen hier mit Blumen schwanger gehen;
So fett und häufig auch man hier den Klee sieht stehen;
So scheint doch alles todt. Der Blumen Kayserinn,
Der Augen schönste Lust, die Phillis ist dahin!
Die Lämmer gehen hier mit uns zugleich im Leide;
Wie hängen sie den Kopf? sie hungern auf der Weide
Vor lauter Schmerz und Gram. Warum? weil jedes sieht
Daß ihre Schäferinn den Feldern sich entzieht.
Kein Thal noch Wald kann uns nach solchem Raub erfreuen.
Ihr allerschönster Platz gleicht wilden Wüsteneyen.
Aurora weinet selbst. Seht ihr die Thränen nicht
Auf allen Blätern stehn? das sonst so heitre Licht
Des Titans scheinet Glanz und Ansehn zu verliehren,
Da Phillis sich nicht läßt auf unsern Auen spüren.
Unsäglicher Verlust! wer ruft nicht tausendfach?
Wer sieht der Schönen nicht vor Wehmuth sehnlich nach?
Ihr alle werdet es, ihr müßt es auch, bekennen,
Daß man nichts liebers hört als ihren Namen nennen.
Der Schäferinnen Chor wird ohne Zwang gestehn,
Daß keine sich davon erkühnt ihr vorzugehn.
Wer war der Phillis gleich, doch keine zu verachten,
Wenn wir nach Hirtenart hier scherzten, tanzten lachten?
Stellt euch, ihr Freunde, nur den Abriß noch von ihr,
Und ihre Lieblichkeit in den Gedanken für.
Mir ist, als säh ich sie noch in den Reihen sitzen,
Und Huld und Ernst zugleich aus Stirn und Augen blitzen.
Ihr Geist war aufgeweckt, doch sittsam auch dabey.
Mag Himmel und Natur ein netter Conterfey
Von einer Schäferinn auf allen Auen zeigen,
So weit und breit man auch nur läßt sein Auge steigen?
Reizt euch nicht die Gestalt, und ihrer Glieder Pracht?
Wie schlank war nicht der Leib, wie schmal ihr Fuß gemacht?
Wer tanzte zierlicher, als Phillis in den Reihen?
Wer sang wohl lieblicher, die Hirten zu erfreuen,
Wodurch sie aller Ohr und Sinn zugleich bethört?
Ja selbst die Nachtigal hat ihr oft zugehört,
Und in dem Busch gelauscht, um bey so schönen Dichten
Sich nach der Phillis Schall und holden Ton zu richten.
Gefährten! könnt ihr wohl, da dieser Raub geschehn,
Vor Jammer, Leid, und Gram nach euren Heerden sehn?
Sie mögen irren, fliehn, und sich im Wald verschlagen,
O kommt! laßt uns dafür das Leid einander klagen.
Am aller meisten mir, mir, dem zu weh geschicht;
Dem Trost und Zuspruch fehlt. Wie Damon, wirst du nicht
Vor Schaam und Schrecken roth? vergebt es mir, ihr Brüder!
Schmerz, Sehnsucht und Verlust, schlägt mich dermassen nieder,
Daß ich mich leider selbst vor Jammer und Verdruß,
Nach meiner Phillis Flucht, nunmehr verrathen muß.
Ich habe sie geliebt, und dies mehr als zu heftig;
Ihr Wesen war zu schön, ihr Augenstral zu kräftig.
Ists möglich? daß ihr nie die Glut an mir verspürt,
Indem ich ganz verwirrt die Heerden oft geführt?
Wie oftmals hab ich nicht, wenn ich bey ihr gesessen
Freund, Lämmer, Haus und Hof, ja gar mich selbst vergessen?
Bracht euch mein Aufzug, Putz, und meine Liverey
Dergleichen Argwohn nicht, ihr blinden Schäfer, bey?
Schloßt ihr nicht aus dem Gang, aus Stellung, Wort und Minen
Was ich verborgen hielt? wenn bin ich wohl erschienen
Daß nicht ein frischer Strauß, den ich mit Sorgfalt las
In ungezwungner Pracht, auf meinem Hute saß?
Es muste Strumpf und Schu stets knapp und glatt gebunden,
Die Tasche bunt gestickt, die Flasche schön und rein,
Die Wäsch auf meiner Haut schneeweis wie Phillis seyn.
Kein Schäferstock ist wohl in unserm ganzen Orden
So nett und rund gedreht, so reich bebändert worden.
Mein Hirtenkleid das ich um Hüft und Lenden schlug,
Und wie ihr selber wißt, doch alle Tage trug,
Beschämt an Reinlichkeit auch eure Festtagsröcke:
Wenn habt ihr einen Strich auch von dem kleinsten Flecke
Auf selbigem gesehn? wie oft hab ich die Nacht
Wenn ihr in Ruhe schlieft, mit Tanzen zugebracht!
Die Misgunst gab mir selbst den Vorzug unter allen.
Und warum that ich dies? der Schönen zu gefallen.
Vergebner Putz und Müh! was hab ich denn erreicht?
Dies, daß die Schäferinn aus unsrer Flur entweicht.
Ach Phillis, meine Lust! nun aber mein Verlangen!
Wie oft bin ich die Trift nicht auf und abgegangen,
Nur was von dir zu sehn? auch deine blosse Spur
Vergnügte meine Brust. Erblickt ich Armer nur
Von deinem Schäferstock die weit entfernte Spitze,
So ward ich schon entzückt, entbrannt von Glut und Hitze.
Es war als böte mir der Schutzgott, unser Pan
Sein ungezähltes Heer und seinen Reichthum an.
Die Nacht, worauf doch sonst die andern Hirten hoffen,
Die hat zu meiner Qual mich stets zu früh betroffen.
Sie war mein gröster Feind. Die Hütte, wo ich lag,
Glich einer finstern Gruft. Ich seufzte, wär es Tag!
Wie hab ich oft vor dich den Schlaf mir unterbrochen
Und vielmals vor Verdruß und Ungeduld gesprochen:
Aurora säume nicht! weil Deck und Stroh zu hart,
Und weil es mir zu bang auf meinem Lager ward,
Ja, konnt ich gleich noch nicht Orions Glanz erblicken,
So ließ ich aus dem Stall doch schon die Heerde rücken.
Ich riß den Säugling selbst von seiner Mutter Brust,
Er trunke sich nicht satt, ich störte seine Lust:
Bloß um am ersten dich nach deiner Ruh zu fragen,
Und meinen Beystand dir zum Hüten anzutragen.
Hieß denn der Abend mich in meine Hütte gehn:
So sah ich dich im Geist an meiner Seite stehn;
Doch dieser Afterschein bethörte mich so nahe,
Daß Damon nicht einmal bey seiner Anzahl sahe
Das was er heimgebracht. Zehlt ich im Hof die Schaar
Und das was in den Stall bereits gedrungen war,
So traf sie niemals ein: da fehlte was vom Haufen,
Da must ich armer Tropf mit Angst zurücke laufen.
Du warst mein Morgenstern und auch mein Abendrot,
Auch nur ein Blick von dir versüßte Trank und Brodt:
Doch hab ich manches mal mein liebes bißchen Essen
Aus Kümmerniß versäumt, und über dir vergessen.
Schnitt ich den Bissen ab bey so verwirrtem Sinn:
So reicht ich unbewust ihn meinem Hector hin,
In Meynung, daß ich ihn in meinen Mund gestecket,
Und daß er mir so süß als Phillis Kuß geschmecket.
Mein Haberrohr, das nichts als Phillis Namen rief,
Wenn meine Schäferinn auf grünen Matten schlief,
Worauf die Müdigkeit das Helfenbein der Glieder
Bey schwülen Stunden warf, hat dir viel tausend Lieder
Statt Opfers dargebracht. Was spielt ich, Schöne, dir,
Doch in Entfernung nur, und in der Stille für?
Was dir mein feiger Mund sich nicht erkühnt zu sagen,
Daß muste dir mein Rohr verliebt und sehnlich klagen?
Warum? dies wurde nicht dabey so roth, als ich.
Sein freyer Ton und Schall hieß: Damon liebet dich.
Kein Schäfer, sollten mich auch alle drum beneiden,
Weis einen Namen leicht so künstlich einzuschneiden,
Als ich den Deinigen verschlungen angebracht,
Worüber ich auch oft manch Messer stumpf gemacht.
Hier durfte weder Ficht noch Erl verschonet bleiben,
Die Liebe hieß mich ihn auf Birk und Linde schreiben;
Kein Eichenbaum blieb frey, kein Tannenbaum beschützt,
In Buch und Weiden ward er hier und dar geschnitzt;
Ich schnitte selbigen so tief in Schaal und Rinden,
Daß ich dabey das Bast von Fingern konnte winden.
Doch ist er nie so tief gekerbt und eingeprägt,
Als Damons treue Brust ihn noch beständig trägt.
Der hatte Hand und Herz dir unbewust verpfändet,
Und nie von seinem Hauch und Odem mehr verschwendet,
Als wenn er nur mit dir in den Gedanken sprach.
So Berg als Hügel zeugt, das Echo rief es nach
Durch Klang und Wiederschall. Nur dir blieb es verborgen,
Daß Damon dich geliebt vom Abend bis am Morgen,
Mit Sehnsucht dich genannt, zu seiner Lust erkiest,
Und keine Schäferinn, so reizend sie auch ist,
Dir vorgezogen hat. Du konntest dieses spühren,
So oft man bey dem Spiel dich sah die Reihen führen,
Wobey dein Schäfer zwar ein Auge voller Lust,
Jedoch zur Pein geholt. Es durft aus meiner Brust
Kein Seufzer, den die Furcht mich Armen hieß verschweigen,
Bey deiner Gegenwart in freye Lüfte steigen.
Mit meinen Augen selbst gieng ich ein Bündniß ein,
Aus Furcht, sie möchten einst bey dir Verrähter seyn.
Ich sahe dich wohl an, doch mit bescheidnem Blicke;
Denn Nachsinn und Vernunft hielt Flamm und Blick zurücke.
Ich bothe dir die Hand wenn mich die Ordnung traf,
Doch tanzt ich ganz verwirrt, und gieng als wie im Schlaf.
Bald kehrt ich dreymal um, bald schien ich selbst zu wanken,
Bald fieng ich wieder an; doch alles in Gedanken.
Ach, Phillis, liessen es die Sterne doch geschehn,
Daß ich dein Augenlicht noch einmal solte sehn,
Womit, da du nunmehr aus unserm Chor gegangen,
Ein weit entferntes Land und fremde Triften prangen,
Mein Seufzen ist gerecht, und doch auch scheltens werth,
Ich habe nichts als dich, und doch zu viel begehrt.
Ich sah es im voraus, daß wer dich, Schöne küßte,
Der allerschönste Hirt und Schäfer heissen müste.
Und dennoch fiel mein Aug, o Phillis, nur auf dich,
So bald ich dich nur sah, ach, so vergaß ich mich.
Vergib den stolzen Trieb, wofern man dir wird sagen,
Daß Damon dich geliebt, und was für herbe Klagen
Dein Abschied ihm erregt. Die Liebe höret ihn,
Drum fluche nicht, wenn er dich sieht mit Thränen fliehn.
Der müste wohl ein Gott, ein Stein, ein Felsen heissen,
Den deiner Schönheit Stral, nicht sollte niederreissen.
Dich liebt die halbe Welt. Beglückter Seladon!
Dir ist der Himmel hold, du trägst den Preis davon.
Nicht zürne, wenn das Rohr der Schäfer kläglich spielet,
Und jeder Hirt auf dich mit schelen Augen zielet:
Der Raub und ihr Verlust ist wahrlich gar zu groß!
Die schönste Schäferinn sitzt dir zwar in dem Schooß
Und bleibt dein Eigenthum, doch kannst du nicht verwehren,
Daß wir, obgleich entfernt, noch unsre Phillis ehren.
Entflohne! hörst du nicht? dein Damon ruft allhier
Den Pan zum Zeugen an: Er ruft, er schweret dir:
Es soll die Seuche mir die Lämmer alle strecken;
Das Sterben dringe sich zu Ziegen und zu Böcken;
Kein Euter trage Milch; der Zauberinnen Wuth
Behexe selbiges; das Melkfaß sey voll Blut;
Es mag kein einzig Thier im Jahre trächtig werden;
Der Miswachs zeige sich auf jedem Kloß der Erden;
Die Scheune bleibe leer, der Keller ohne Most;
Der Maden hungrig Heer durchwüle Speis und Kost;
Geschmeiß und Raupe soll mir Ast und Zweig entblättern;
Der Zeus mag meinen Hund, den Hector, gleich zerschmettern,
Der bey des Wolfes Grimm, und bey der Füchse List
Der Schaafe bester Schutz, mein treuster Beystand ist;
Ich will, wenn jeder kann die krausen Schaafe scheeren,
Die meinen nackend sehn, die fette Schur entbehren;
Es zeige meine Trift stets lauter Sand und Stein;
Die Wiesen müssen faul vom Sumpf und Moder seyn;
Kein frisches Morgennaß befalle meine Matten;
Kein Baum, kein kühler Busch beschütze mich durch Schatten,
Wenn mich die Sonne sticht; der frischen Bienen Heer
Verlasse Zell und Fach, und zinse mir nichts mehr;
Der Marder würge mir auf einmal meine Tauben,
Und mag in einer Nacht mir das Geflügel rauben;
Es mache Flamm und Glut, hör was der Schäfer spricht!
Mein Hirtenhaus zu Staub; wofern dich Damon nicht
So lange noch der Puls in seinen Adern schläget
In den Gedanken liebt, in Herz und Sinnen heget.
(S. 254-260)
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10. Gedichte
Der Eifersüchtige Endimion, mit seiner treuen Chloris
in reimlosen Versen
Wie munter sahst du dich nach Thirsis Heerden um?
Dein Auge war entbrannt; wie schlug dir nicht das Herz!
Das Feuer in der Brust brach auf durch Stirn und Wangen;
Kurz, Liebe Furcht und Pein verdoppelten die Flammen.
Ich sah dir zwar mit Lust, doch auch mit Schmerzen zu,
Und dachte bey mir selbst: wo bleibt da Schwur und Treu?
Du wurdest blaß und roth, das muste dich verrahten,
Als dich Endimion um deine Heerden fragte.
Was sollt ich Armer thun? ich eilte von dem Platz,
Da ich sonst so vergnügt an deiner Seite saß;
Und stehe noch betäubt, von dem was ich gehöret.
So sprach Endimion voll Unmuth und Gedanken,
Doch Chloris kam dazu und bot ihm einen Gruß;
Sie neigte ihren Stab, und sprach: Endimion,
Wie konnst du zornig seyn, da ich doch nichts verbrochen?
Was Thirsis mir gesagt, daß kann ich auch erzehlen:
Er fragte nach dem Lamm, das gestern sich verirrt,
Er fragte selbst nach dir, nach deiner Heerd und Trift;
Er fragte, ob ich dich auch öfters hier gesehen?
Er fragte wo die Fluhr der Doris anzutreffen.
Mich dünkt; dies alles kann dir nicht zuwider seyn.
Gesetzt, ich hätte mich dabey auch oft entfärbt;
Ich sah das erste mal den Thirsis auf der Heyde,
Du kennst mein schüchternes, mein allzublödes Wesen,
Das überzeuget dich, von meiner Redlichkeit.
Ja Chloris, sagt er drauf: dein Schäfer der vergiebt
Dir alles was geschehn, nur bleibe mir ergeben.
Mich schläfert; setze dich, und hüte nur die Schaafe.
Kaum als er dies gesagt, so schlief er ruhig ein.
Sie gieng und suchte sich den allerschönsten Ast,
Und schnitt ein nettes Rohr, den Schäfer zu beschenken.
Ihr Vater, welcher sich an diesen Baum gelehnet,
Der sprach: mein liebstes Kind, komm schele mir den Stamm,
Und reiche mir den Bast, und knüpf mir Schu und Strumpf.
O hätt ich einen Trunk von diesen klaren Bächen!
Ich bin so alt und krank, kann mich an nichts erholen.
Mich abgelebten Mann trägt nicht mein Hirtenstab,
Geh, hohle mir den Stock, der an dem Zaune steht.
Indem sie noch bemüht den alten Vater pflegte,
Wie? rief Endimion, voll Zorn und Eifersucht;
Ist das die Redlichkeit, die mir dein Mund versprach?
Wenn dich ein Schäfer lockt, so stehest du schon da;
Vergist Endimion, der dich nicht kann vergessen.
Du hast von meiner Gunst so viel und reiche Gaben:
So bald mein Schaaf gebiehrt, kriegst du das erste Lamm,
Kaum daß der Bienenheer Gefach und Korb verläßt,
Nehm ich den Honig aus. Du must ihn mit geniessen.
Mein Graß, mein Futter wächst auch mit vor deine Heerden,
Wenn dich die Sonne sticht, beschützet dich mein Laub,
So gar dein Schäferschurz kommt auch von meiner Hand.
Von Myrrthen hab ich dir oft einen Kranz gewunden.
Ich theile Käse, Milch, Rohm, Butter, Brodt, und Eyer,
Und schläfst du dann und wann bey deinen Heerden ein,
So pflück ich Blumen ab, bedecke deinen Leib,
Daß dich kein Unfall trift von Schlangen und Geschmeisse.
Mein Hector muß dich auch mit mir zugleich bewachen;
Ich webe dir dabey den schönsten Schäferhuth.
Doch alles ist umsonst, was ich vor dich gethan.
Sie wust indessen nichts von Vorwurf und von Klagen;
Sie nahm den Vater mit, und sprach mit vollem Lachen:
Nimm hin, Endimion, dies schmal und schlanke Rohr,
Das ich mit eigner Hand, mein Schäfer ausgeschnitzt,
Mein Vater kam dazu, und brachte mir die Tauben;
Die sollen Zeuge seyn, daß ich die Deine bleibe.
Da ward Endimion ganz ausser sich gebracht.
Verfluchte Eifersucht, du Henker meiner Ruh,
Die sich in meiner Brust zu Chloris Schmach entsponnen,
Gedacht er bey sich selbst; ich mag dich nicht mehr kennen.
Er nahm sie bey der Hand, er nahm sie auf den Schooß,
Und küßte ganz entbrannt ihr Stirne, Mund und Brust.
Kurz; der Zufriedenheit, war weiter nichts zu gleichen.
Ein tränenreicher Bach ergoß sich auf den Wangen,
Und mischte sich zugleich mit in den kühlen Thau.
Die holde Schäferinn entriß sich seinem Arm;
Und eilte nach dem Vieh, ließ ihn halb träumend sitzen,
Laß grüne Reiser auf, und schelte Schäferstöcke.
Wie nette flocht sie nicht den Korb nach Schäfer Art!
Dies sah Endimion mit starren Augen an.
Sie hieng denselbigen um ihre schlanken Lenden,
Und sprach: Endimion, schau, was ich unternommen,
Das ist vor dich allein aus Zärtlichkeit geschehn.
Dafern ein fremder Hirt auf diese Felder tritt,
Und sucht ein einig Wort mir nur ins Ohr zu sagen
Das dir zuwider ist, und meine Liebe kränket,
So reich ich ihm den Korb; mit meinem Hirtenstock
Jag ich den Näscher fort, ich schlage weil ich kann,
Auf den Verwegenen, der unsre Ruhe störet,
Denn Herz und Freyheit ist an dich allein verschenket.
Nimm, was mir zugehört, zu deinem Eigenthum.
Dein Eifer sey verbannt, der dich bisher gequält,
Ergreif dein Haberrohr, ich spiele schon die Leyer.
Sie suchten alsobald die schattenreichste Fichte.
Er pfiff, sie sang darein, dies war der frohe Tag,
An dem Endimion und Chloris sich versprach.
Drauf eilten auch herbey der andern Schäfer Chore,
Und man beschloß die Lust, mit Tanzen Scherz und Singen.
(S. 265-268)
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13. Gedichte
Der betrogene Coridon
In was für Einbildung und wunderlichem Wahn
Steckt doch nicht oftermals ein blinder Curtisan;
Der, weil der Liebesgott ihn körnet und ihm heuchelt,
Sich mehr als allzustark mit Gegenliebe schmeichelt?
Ob gleich die so er liebt, ihn nur mit Worten speist,
Und seinem Umgang sich so oft sie kann, entreißt,
So wird ihn jener doch gar leicht beschwatzen können:
Als säh er dieser Herz gleich einem Schorstein brennen.
Er leget jedes Wort, das doch die Unschuld spricht,
Und alles, was nur bloß aus Höflichkeit geschicht,
Zu seinem Vortheil aus; und rühmet sich der Ehre,
Als wenn er Hahn allein im Liebeskorbe wäre,
Den seine Göttin doch, die sich nicht leicht verstellt,
So fest als Herz und Sinn vor ihn verschlossen hält.
So gehts dem Coridon, den Selimene hetzet,
Weil er sich einen Wurm in seinen Kopf gesetzet.
Er bildet sich gewiß und recht unfehlbar ein
Als müst ihm selbige gar sehr gewogen seyn.
Ihr Herze, träumet er, sey ihm vor andern allen
Aus grosser Zärtlichkeit im Lieben zugefallen.
Held! der du Garn und Netz so schlau den Herzen
schlingst
Und, eh man es gemeynt, der Chloris Geist bezwingst,
Lehr uns doch deine Kunst die Schönen zu bemeistern,
Denn diese Zauberey stammt sicherlich von Geistern,
Und nicht von Menschen her; ihr Witz reicht hier nicht zu.
Wer kann so meisterlich und so geschwind, als du,
Die Nymphen, welche doch die stärksten Waffen tragen,
Und vor die Freyheit stehn, in Band und Ketten schlagen?
Wird deiner Chloris Gunst, die ihr doch niemals feil
Bey klugen Freyern war, so schleunig dir zu theil?
O Thore! glaub es nicht; man weis es alles besser,
Du baust, wie mich bedünkt, nur deine Hoffnungsschlösser,
Aus Luft und leren Wind. Betrogner Coridon
Du trägst der Schönen Gunst, nicht wie du glaubst davon.
Denn weil dies schlaue Kind, das dich vollkommen kennet,
Und einer andern gern solch Leckerbißchen gönnet,
Bey deinem widrigen und albern Liebesspiel
Dich mit der Margaris in Umgang bringen will;
So suchet sie sonst nichts, als den verliebten Affen
Den sie an dir gehabt, sich von dem Hals zu schaffen.
Doch, nein, ich irre wohl, denn jeder macht den Schluß,
Daß Selimene dich vortrefflich lieben muß.
Sie will dich doch nicht leer von sich zurücke senden;
Die andern haben nichts, du trägst den Korb in Händen.
(S. 275-277)
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16. Gedichte
Als er sich über ihre Untreue beklagete
und Abschied nahm in reimlosen Versen
Mein Leben, meine Lust, mein Liebstes mein Vergnügen,
Mein alles was mein Herz vor liebenswürdig hält,
Freund dessen Treflichkeit, den höchsten Grad erreichet:
So spricht dein falscher Mund, wenn ich im Zimmer bin.
Ich habe kaum das Schloß von deiner Thür in Händen,
So siehst du mich erfreut und munter von dir gehn.
Jedoch die Scene nimmt itzt ein betrübtes Ende:
Ich habe dich mein Kind, nur bloß zum Scherz geküßt.
Man merket allzufrüh wie deine Kreide schreibet.
Ein jeder Spaßgalan wird von dir angehört.
Dein nie gebundnes Herz kann sich allzeit verschenken;
Du liebst und weist selbst nicht was wahre Liebe heißt.
Mit einem solchen Schatz mag ich mich nicht
verbinden
Der einzig den Bestand im Unbestande sucht.
Hier hast du Herz und Hand mit schönstem Dank zurücke.
Die Freyheit wird dir auch mit selbigem geschenkt.
Nun kannst du Filidorn zu deiner Lust erwehlen.
Vielleicht daß deine Kunst bey ihm mehr Glauben hat.
Ich gönne dir und ihm die Lust, den Scherz, die Freude.
Nur denke nicht an mich, wenn ich entfernet bin.
Du marterst dich umsonst, ich komme nicht zurücke.
Ich reise ganz getrost nach meiner Vaterstadt.
Ein Mädchen solcher Art, darf man nicht lange suchen;
Nach solchen geh ich nicht; ich liebe mit Vernunft.
Drum magst du dich ja nicht auf meine Gunst berufen;
Mir ekelt wenn man mir nur deinen Namen nennt.
(S. 287-288)
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17. Gedichte
Die ihrer Liebe unwissende
Doris
Hiermit beschwer ich dich, mein Herze, du sollst sagen,
Was mich im Schlafe stört, und meinen Geist besiegt.
Ich kann mich wachend zwar nicht über dich beklagen,
Weil die Empfindung stets der Einsicht unterliegt;
Allein so bald der Schlaf die matten Glieder strecket,
Und mich zum Träumen bringt, so weis ich selber nicht,
Wer mich zur Zärtlichkeit und Schmeichelung erwecket.
Mein Herze, rede doch, gieb mir hierinn ein Licht.
Was hab ich dir gethan, und was ist mein Verbrechen,
Daß du dich gegen mich so fromm und fremde stellst?
Ach willst du denn nicht mehr, wie sonst, vertraulich sprechen:
Entdeck das Urtheil frey, das du itzt von mir fällst.
So klagte Doris jüngst; drauf schwanden Furcht und Kummer;
Der Schlaf befiel sie gleich den ersten Augenblick;
Sie lag in süsser Ruh; im angenehmsten Schlummer,
Und dachte nicht auf das was sie gestört, zurück.
Doch eh sie es geglaubt, vergnügte sie ein Schatten;
Sie rief voll Ungeduld; Ach - - bist du da?
So wie die Taube girrt nach ihrem treuen Gatten;
Und Doris wuste nicht, wie ihr vor Lust geschah.
Sie schlug die Augen auf; sie dachte hin und wieder,
Sie ward halb ausser sich, und die bewegte Brust
Nahm Lieb und Schrecken ein. Es drang durch alle Glieder
Der Vorschmack süsser Qual, die nie empfundne Lust.
Nun, sprach sie, kann ich erst den schönen Ursprung wissen,
Daraus mein Leiden fließt, und der mir doch gefällt.
Ach holder Schatten komm, ich will dich feurig küssen,
Bis mir das Schicksal auch den Körper zugesellt.
(S. 288-289)
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18. Gedichte
Warnung an den Coridon
Hör! Schäfer kannst du nicht stets deine Chloris küssen,
So denke, daß sie dich auch öfters muß vermissen.
Sie theilet Scherz und Lust, Betrüben, Furcht und Pein
Mit dir, drum muß davon die Helfte deine seyn.
Will sich, schau ihre Treu, zu ihr ein Hirte wagen,
Ergreift sie gleich den Stock, den Näscher weg zu jagen.
Sie scherzt, sie singt und spielt, und alles was sie macht,
Da wird gewiß an dich zugleich auch mit gedacht.
Auch die Entfernung trennt dich nicht von ihrem Herzen,
Zuweilen muß sie wohl mit guten Freunden scherzen,
Denn dies erfordert ja der Wohlstand und die Zeit;
Doch brennt sie nur vor dich in reiner Zärtlichkeit.
Was würde, wollte sie die Reihen unterbrechen,
Des Satyrs freches Maul zu ihrem Nachtheil sprechen,
Ein jeder spürte gleich, gäb sie niemand Gehör,
Daß sie aus Furcht vor dir so blöd und ekel wär.
Nein, eine Schäferinn muß nicht durch Wort und Thaten,
Und falsche Sittsamkeit es vor der Welt verrathen,
Daß sie was liebes hat, sonst ist das Räthsel aus,
Und ieder Hirte macht sich nur ein Liedchen draus.
(S. 289-290)
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19. Gedichte
Die Sehnsuchtvolle Schäferinn
Mein Thyrsis! könnt ich dich auf diesen schönen Auen,
Gleich in dem Augenblick an meiner Seite schauen,
Wie zärtlich wollt ich nicht mit dir im Grünen scherzen,
Wir theilten Wort und Kuß, und zwey verliebte Herzen.
Ich bände dir gewiß den aller schönsten Strauß,
Und nöthigte dich darauf mit in mein Hirtenhaus,
Da wollten wir mit Lust der Liebe Blumen pflücken,
Und bey dem Lesen uns sanft in die Wangen zwicken.
Hier küßt sich Blum und Halm durch Zephyrs süsse Triebe,
Dies sollt ein Vorbild seyn von unsrer reinen Liebe,
Allein die Einsamkeit macht mich hier stum und bleich,
Wo nicht mein Thyrsis ist da gilt mir alles gleich.
(S. 290)
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20. Gedichte
Als sie ihn nicht in Zweifel
lassen wollte
Dein Herze will ich stets in meiner Brust verwahren,
Daß keine Räuberinn ein Wort davon erfährt.
Ich werde keinen Fleiß, es zu bewachen, sparen,
Weil mir dasselbige schon längstens zugehört.
Du hast bereits gesiegt, und mich nun überwunden.
Ich muß es sonder Zwang, dir liebster Freund, gestehn,
Daß ich an deiner Gunst was treffliches gefunden,
Dies läßt sich Sylvia nicht aus den Händen gehn.
(S. 291)
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27. Gedichte
Als sich Thyrsis wegen seiner Sprödigkeit gegen die Chloris
entschuldigte
Ich könnte dich, mein Kind, noch endlich lieben;
Doch gehet es so gleich nicht an.
Dein mehr als täglich Wanken,
Das ich nicht leiden kann,
Entzieht dir noch mein Herze:
Ich kenne dich im Ernst, und auch im Scherze.
Dein Blick ist schön, und dringet in die Brust;
Mich bringt er nicht auf andere Gedanken?
Denn meine gröste Lust,
Wenn ich ja lieben soll, ist bloß die Treue;
Damit ich nicht die Wahl zu spät bereue.
(S. 295)
_____
2. Cantata
Die mit sich selbst streitende Chloris
Aria
Saget mir, ihr grünen Bäume!
Wozu ich mich entschliessen soll.
Ihr seht die Unruh meiner Seele,
Und wißt wo mit ich mich stets quäle;
Drum sollt ihr auch bey solcher Pein
Mein Rath und wahrer Beystand seyn.
Da Capo
So sprach die Chloris nächst,
Die bey verdrießlichen Geberden
Vor Unmuth halb verwirrt sich bey den muntern Heerden,
Auf fetten Klee gestreckt, und in dem feuchten Graß
Bey früher Morgenzeit allein und einsam saß.
Ihr Damon, welcher ihr sein Herz so lange Zeit
Durch öftern Antrag schon geweyht,
Und ihr auf allen Tritten,
Wo er die Spuren fand, verliebt war nachgeschritten,
Fiel ihr von neuem ein; und weil er halb mit Zwang,
Auf ihr gehoftes ja bey stetem Flehen drang,
So wust sie selber nicht, so gern sie immer wollte,
Was sie für einen Schluß nunmehr ergreifen sollte.
Der Streit war allzu groß, den sie bey sich empfand,
Bald both sie ihm die Hand zum Zeichen ihrer Gunst,
Bald schämte sie sich dieser kleinen Kunst,
Und trennte bey sich selbst das schon geknüpfte Band,
Und endlich warf die schöne Schäferinn
Den Stock aus ihren Händen hin,
Und ließ, um sich der Liebe zu erwehren,
Den endlichen Entschluß bey solchem Zweifel hören:
Aria
Damon, hoffe weiter nicht,
Deine Seufzer sind vergebens.
Nimm bey so widrigen Geschicke
Dein mir geschenktes Herz zurücke,
Und biet es einer andern an.
Weil Chloris so die Freyheit liebet,
Und sich ihr gänzlich übergiebet,
Unmöglich dich vergnügen kann.
Da Capo
Kaum, daß sie dies gesagt, so gab es doch der Schein,
Als müste sie dabey nicht unempfindlich seyn.
Sie stellte sich gleichwohl bey ihrem tauben Ohr
Die Lieb und Zärtlichkeit des guten Schäfers vor.
Ach! sprach sie zu sich selbst; ich muß es wohl beklagen,
Daß mein Entschluß von mir begehrt,
Mein Herz ihm abzuschlagen;
Ja freylich ist er Liebenswerth.
Mit was für sehnlichem Verlangen,
Mit was für Treu und Redlichkeit
Ist mir nun schon so lange Zeit
Der liebe Schäfer nachgegangen?
Wie manchen netten Strauß, den er mit kluger Hand,
Selbst von den schönsten Blumen wand,
Hat mir mein Damon nicht gereichet?
Mein Schäferhuth und Stock, dem wahrlich keiner gleichet,
Rührt auch von ihm noch her; wie ofte blies er mir
Auf seinem Haberrohr ein schönes Liedchen für!
Ja freylich hat er es bey mir sehr hoch gebracht,
Er sang beständig nur vom lieben.
Wie freundlich hat er mich darbey nicht angelacht,
Wenn ich die Heerden ausgetrieben?
Ich mag, wohin ich will, mein Auge lenken,
So find ich noch von ihm ein Angedenken;
Da steht kein Baum
So in der Fern als Nähe,
Auf dessen Rund ich nicht in einem glatten Raum
Der Chloris Namen schön und tief geschnitzet sehe.
Dies alles rührte sie, daß sie sich nach und nach
Bey ihren innerm Streit selbst dieses Urtheil sprach:
Aria
Undankbare! schäme dich.
Laß Eigensinn und Freyheit schwinden.
Dergleichen reine Liebes Flammen
Kann keine Schäferinn verdammen.
Drum lindre deines Damons Pein;
Schenk ihm dein Herze gern und willig;
Getreue Liebe muß wohl billig
Mit Gegengunst belohnet seyn.
Da Capo
Allein in einem Augenblicke
Zog die verwirrte Schäferinn
Gleich wiederum ihr Wort zurücke.
Die Freyheit fiel ihr wieder ein,
Nein, hob sie an, es kann nicht möglich seyn,
Daß ich der Freyheit Gold verschwende
Und Herz und Hand an ihn, so treu er liebt, verpfände.
Dies Kleinod kann ich nicht entbehren,
Vergöß auch Damon gleich so viel verliebte Zähren,
Daß er davon die Lämmer könnte tränken,
So wird er doch dadurch mich nicht zum Lieben lenken.
Die Freyheit ist und bleibt das schönste auf der Welt,
Ein jedes Schäfchen giebt mir merklich zu verstehen,
Wie viel es auf die Freyheit hält;
Wenn der Saturn bey ungestümen wehen,
Sie in die düstern und schmahlen Ställe schleußt,
Wie sinket ihnen nicht auf einmal Muth und Geist?
Wie hengen sie den Kopf, wie stehen sie bestürzt,
Weil Boreas die Luft verkürtzt?
Doch heißt sie Florens Wink so Duft als Moder fliehen,
Wie drängen sie sich nicht auf Weyd und Feld zu ziehen?
Ein jedes will das erste seyn.
Wie freudig schlucken sie nicht Gras und Hälmer ein?
Drum weg mit den verhaßten Ketten,
Wer sanfte schlafen will, muß sich alleine betten.
Aria
Freyheit, allerschönstes Wort,
Du sollst meine Losung bleiben.
Schmeckt nicht der Nachtigal, die in der Freyheit ist,
Ein Körnlein, das sie selbst vom offnen Felde liest,
Weit lieblicher, als wenn man ihr dagegen
Das schönste Zuckerbrodt will in den Kefich legen.
Da Capo
Wilst du bey meinem Schmerz, willst du bey meiner Pein,
Noch ferner grausam thun, und unempfindlich seyn?
Wie lange treibst du schon mit meinen Flammen Spott?
Ich schwere heilig dir bey unserm Hirtengott,
Und deiner Schönheit selbst, daß auf der ganzen Erden
Kein Schäfer mir an Treu kann vorgezogen werden.
Du bist, Annehmliche, mir Sonne, Licht und Stern,
Dein Damon liebt und ehrt dich in der Näh und Fern,
Belohne meine Treu, bekröne meine Liebe,
Du kennst mein redlich Herz, die ungefärbten Triebe,
Und auch - - - drauf schwieg er still, die Lippen wurden bleich;
Ihr aber auch dabey das Herz in etwas weich,
Drum ließ, indem die Dämmerung,
Mit ihrer Lämmer Heer befahl nun aufzubrechen,
Ihr Beyleid sie so viel zu Trost und Linderung
Noch gegen ihren Schäfer sprechen.
Aria
Damon schweig und fasse dich,
Stelle Seel und Herz zufrieden.
Verbeut mir gleich mein freyer Geist,
Der Band und Fesseln sich entreißt,
Mich deiner Gunst zu überlassen,
So kann dich Chloris doch nicht hassen.
Verändert ja die Zeit dereinst mein Herz und Sinn,
So glaube nur, daß ich so dann die deine bin.
(S. 305-309)
_____
3. Cantata
Die in Lorbern verwandelte
Daphne
Aria
Weg mit dem schlechten Zeitvertreib
Der mir so sehr verhaßten Liebe!
Winkt, tolle Nymphen, dem Gespielen,
Um Glut und Sehnsucht abzukühlen,
Der eure Neigung ausgespürt.
Leimt bey der Tilgung wilder Flammen
Im Küssen Mund und Mund zusammen;
Mein Herz wird nicht dabey gerührt.
Da Capo
So sprach die Daphne dort, die auf dem fetten Gras,
Des stark belaubten Waldes saß;
Ihr fester Schluß, den sie gefaßt,
War dieser, daß sie sich der Last,
Dem Joch der Liebe stets entschlagen,
Und niemals, andern Thoren gleich
In Amors Sclavenvollen Reich
Auch harte Fesseln wollte tragen.
Der Forst, allwo sie sich
An ihrer Freyheit Schutz ergetzte,
Die sie weit mehr als alles schätzte,
Stellt ihr zwar an dem Wild
Und bey der vielen Thiere Schaar
Der Liebe Musterbild
In ihrer Einsamkeit und stillen Ruhe dar;
Sie sahe, wie der Hirsch, den wohl was reizen muste,
Der Hindin liebzukosen wuste,
Und wie das Flügelheer, das mit verliebter Art
Sich hier und dar auf Ast und Zweig gepaart,
Bey zart gestimtem Thon und Klange
Die süssen Liebeslieder sange;
Doch alles dies galt nichts in ihrem zarten Ohr;
Drum sang sie dies zum Spott den blinden Thieren vor.
Aria
Buhlt euch nur satt verliebte Thoren!
Dergleichen Beyspiel reizt mich nicht.
Die Liebe kann aus meinen Augen
Nichts weniger als Nahrung saugen.
Auch Götter finden kein Gehör.
Wer Daphnen will durch Glut entzünden,
Der wird ein Herz von Felsen finden
Und wenns auch Ganymedes wär.
Da Capo
Kaum, daß sie dies gesagt, drang Phöbus in den
Wald.
Sie schloß sogleich aus der veränderten Gestalt,
Es müste dieser Gott von Amors Pfeil und Bogen
Gewiß gerühret seyn;
Sie fand sich auch hierinnen nicht betrogen;
Weil er sogleich ihr seine herbe Pein
Bey zärtlichen Beschwerden klagte,
Und ihr dabey viel schönes sagte.
Ach! holde Daphne, hob er an,
Wer ist, der deinen Lieblichkeiten,
Die mit den Gratien selbst um den Vorzug streiten,
Sein Auge wohl entreissen kann?
Die Liebe hat kein einig mal
In meiner feuchten Brust sonst Zunder fangen können,
Jedoch bey deinem Allmachtsstrahl
Scheint alles lichterloh zu brennen;
Der erste Blick raubt mir Zufriedenheit und Ruh;
Und endlich setzt er dies hinzu:
Aria
Lösche, tilge Brand und Flammen,
Eh Phöbus gar zu Asche wird.
Der Thetis Flut, der Wellen spielen,
Reicht hier nicht zu, uns abzukühlen,
Auch Jovis Naß ist viel zu klein.
Der Perlen Thau der mich entzücket
Und deine süssen Lippen schmücket,
Löscht solches Feuer ganz allein.
Da Capo
Die Daphne wuste nicht, weil sie sich nichts versah,
Wie ihr hierbey geschah.
Verwegner! fuhr sie auf, was störst du mich allhier,
Und sprichst mit mir
Von tollen Liebes Sachen
Die dich bethört, und mir den grösten Ekel machen?
Fleuch, schnöder Buhler, hin;
Entweyhe nicht der Daphne keuschen Sinn,
Der süß vermeynte Thon der geilen Liebeslieder
Und aller Männer Kuß ist mir zuwider.
Den Sternen ist bewust,
Daß sich in meiner reinen Brust
Kein Funken jemals blicken lassen;
Und daß mein fest gesetzter Geist
Auf ewig wird das Lieben hassen
Weil dieses meine Losung heißt:
Aria
Lieber leblos und entseelt,
Als im Arm des Buhlers liegen.
Eh laß ich meinen Leib die Furien zerfleischen,
Als mich vom blinden Gott gleich andern Nymphen
teuschen.
Mich dünkt es schmeckt der Höllen Fluß
Weit süsser als ein Männerkuß.
Dies alles hielte nicht bey dem entbrannten Blicke
Den feurigen Apoll zurücke.
Die Sehnsucht ließ ihm keine Ruh.
Drum grif er frech und kühne zu,
Und wollte bey so schmerzlichem Verlangen
Die Schöne durch den Kuß umfangen.
Sie, voller Furcht und Zorn, floh bey dem Ungemach,
Er aber eilt ihr schleunig nach.
Hier gieng, wie man leicht schliessen kann,
Das Laufen an;
Sie beyde liefen um die Wette,
Als wenn ihr Fuß Mercurens Flügel hätte.
Doch endlich ward sie müd und matt.
Und kaum, daß dieser Feind sie eingeholet hat,
Schreyt sie dem Peneus zu: Er möcht als Vater handeln,
Und sie noch ungeküßt so gleich in was verwandeln.
Gesagt, und auch erhört: Sie ward zum Lorberbaum.
Und als sie nach und nach verspürte,
Daß die Verwandlungskraft ihr Zung und Lippen rührte,
Sang sie dem Phöbus noch, eh sie den Geist verlohr,
So viel zum Abschiedslied bey seiner Liebe vor.
Verwegner Buler, hast du schon
Mein keusches Herz nicht rauben können,
So will ich deinem Helicon
Doch etwas zum Vermächtniß gönnen.
Wenn du forthin als Musenfürst
Die Pierinnen krönen wirst,
So soll mein Stamm die Lorbern schenken,
Damit du, wenn man Kränze flicht,
Die kahlen Epheublätter nicht
Darfst um so kluge Schläfe schränken.
Entweyhe nur nicht Zweig und Ast,
Der Saft und Wuchs von mir genommen;
Dieweil du selbst gesehen hast,
Wie schwer er mir ist angekommen.
Verschwende ja nicht, was hier grünt,
Gieb es nur dem, der es verdient;
Denn solltst du mich mit Schimpf entblättern
So wollt ich, daß in aller Eil
Der Zeus mit seinem Donnerkeil
Gleich Stamm und Wurzel ließ zerschmettern.
(S. 310-314)
_____
4. Cantata
Aria
Meiner Chloris zum Vergnügen
Geb ich Heerd und Fluhren hin.
Will der Wolf ein Schäfchen rauben,
Will ich ihm die Lust erlauben,
Wenn ich nur bey Chloris bin.
Da Capo
Komm, Schönste, rief der Schäfer ganz entzückt,
Komm, in mein Hirtenhaus
Schon gestern band ich dir den allerschönsten Strauß;
Mein Tisch ist auch gedeckt.
Versuche wie bey mir, Brodt, Rohm, und Käse schmeckt.
Die Sehnsucht wirkt durch Mark und Blut,
Ich küsse dich, mein einzig Gut.
Aria
Slagt ihr holden Nachtigallen
Meiner Chloris zu gefallen;
Lockt sie durch den Waldgesang.
Scherzt ihr Heerden, Böck und Ziegen.
Ich erwarte mein Vergnügen
Zeit und Weile wird mir lang.
Da Capo
Indem er noch so sang,
Kam Doris ihm entgegen,
Sie neigte ihren Stock, ergriff ihn bey der Hand,
Und sprach: Um deinetwegen
Komm ich auf diese Trift; mein Damon, meine Lust,
Vergönne der vergnügten Brust
Die Regung anzuzeigen,
Ich kann sie länger nicht verschweigen.
Aria
Mein Damon hat mein ganzes Herze;
So oft ich singe, tanze, scherze,
So muß er mir zur Seiten seyn.
Geh ich die Wiesen auf und nieder,
So geht die Lust durch alle Glieder;
Es fällt mir nichts als Damon ein.
Ach! dies Geständniß war zu schön.
Man sahe sie umarmt an jenem Baume stehn.
Doch Damon unterbrach das Stilleschweigen
Um seiner Chloris bald sein treues Herz zu zeigen.
Aria
Zehl die Hälmer auf den Feldern,
Zehl die Bäume in den Wäldern,
Zehl den Sand auf unsrer Trift.
So viel Lust giebt deine Liebe
Zu der Nahrung meiner Triebe;
So viel wirken deine Blicke
Wenn ich dich an mein Herz in voller Sehnsucht drücke.
(S. 314-316)
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5. Cantata
Aria
Schläfert mich, ihr kühlen Winde,
Schläfert mich zum Sterben ein!
Bäume, Aeste, Laub und Zweige,
Da ich euch mein Herze zeige,
Gebt mir Schatten, schafft mir Ruh.
Hört ihr Heerden, hört mir zu!
Wird Doris einst nach Thyrsis fragen
Ja sollte sie zu spät ihr Grausam seyn beklagen;
So zeigt ihr diesen Birkenbaum, in dem ihr Name steht.
Ich weis gewiß, daß sie bestürzt zurücke geht.
Aria
Mein Sterben kommt von deinen Händen,
Mein Leben nährt ein einig Wort.
Ja ich vergäß mich selbst im Schmerze,
Erquickte noch dein ja mein Herze;
Allein mein Hoffnungsanker bricht;
Denn Doris flieht und hört mich nicht.
Da Capo
Wohlan? so schick ich mich zu meinem Sterben!
Die Heerde mag ein andrer Schäfer erben.
Den Stab, das Rohr, die Flasche,
Den Huth, die Hirten Tasche,
Soll Hector noch bewachen;
Wenn Doris kommt mein Sterben zu belachen.
Vielleicht daß sie zurücke denkt,
Und meiner Asche noch ein Thränenopfer schenkt.
Und als er dies gesagt,
Und nun genug geklagt,
So sollte noch bey seiner Pein
Dies letzte Lied der Abschied an die Schäfer seyn.
Aria
Geht mein Tod euch nicht zu Herzen,
Könnt ihr tanzen, pfeifen, scherzen
Auf des Thyrsis Leichenstein;
So verspottet nicht die Triebe;
Denn der Ursprung meiner Liebe
Muste selbst mein Mörder seyn.
(S. 316-317)
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6. Cantata
Aria
Sage doch gekränktes Herze,
Was deines Leidens Ursprung ist?
Du kennst die Unruh meiner Seelen;
Wie lange soll ich mich noch quälen?
Sag, bin ich selber Schuld daran?
Entdecke mir nur mein Verbrechen;
Hernach magst du das Urtheil sprechen,
Ich hör es gern und willig an.
Da Capo
Du schweigst, was hilft mich alles Klagen!
Du willst zu meiner Pein,
Gar nicht ein Wörtchen sagen.
O mehr als harter Schluß
Den ich erwarten muß!
Aria
Hilft kein Bitten, hilft kein Flehen,
Ach! so ists um mich geschehen;
Liebste Freyheit gute Nacht.
Kann sich mein Herz dazu entschliessen,
So muß ich mein Verhängniß küssen,
Es stammt von einer höhern Macht.
Da Capo
Itzt komm ich auf die Spur?
Mein Herz, gesteh es nur:
Mirtillo bleibt dein Gegenstand,
Du giebst dich selbst zum Unterpfand.
Der Trieb muß von dem Himmel stammen;
So lieb ich künftig auch
Den Ursprung meiner Flammen.
Aria
Süsse Regung reiner Triebe
Laß die Unschuldvolle Liebe
Meiner Seelen Nahrung seyn.
Laß mich ja kein Schicksal trennen
Laß mich keine Falschheit kennen,
Sonst geh ich kein Bündniß ein.
Da Capo (S. 317-318)
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7. Cantata
Aria
Die Männer sagen uns wohl immer,
Nichts sey so schlimm als Frauenzimmer;
Allein sie kennen sich noch nicht.
Ihr Trotzen, Pralen, Trügen, Heucheln
Verführen, und mit Worten schmeicheln,
Führt oft die klügste hinters Licht.
Da Capo
Ihr wollt in allem zwar
Gesetzt und hoch vernünftig seyn;
Allein
Erweg ich euren Wankelmuth,
Was der aus Uebereilung thut,
So müst ihr euch gar oft bequemen
Euch vor euch selbst zu schämen.
Ihr Näscher denkt nur nach:
Was könnt ihr nicht ersinnen,
Des Frauenzimmers Gunst
Leicht zu gewinnen?
Aria
Bald liebt ihr eure Schäfer Magd
Wenn euch der Liebeskützel plagt;
Bald sehnt ihr euch nach andern Frauen.
Der Henker hat das Ding erdacht,
Daß ihr den Mädchens Nasen macht;
Kein Frauenzimmer sollt euch trauen.
Man fraget, das ist wahr,
Und noch dazu ganz offenbar:
Ist noch ein weiser Mann in eurem Orden?
Weil unser Frauenvolk so oft betrogen worden.
Ja, wo sie künftighin so zärtlich sind.
So ist das weibliche Geschlechte,
Und das mit gröstem Fug und Rechte,
Von Herzens Grunde blind.
Aria
Plagen, Sorgen, und Verdruß
Hat man bey euch im Ueberfluß.
Ihr könnt euch zwar wie Engel stellen;
Allein ihr reines Wesen fehlt,
So bald ihr uns das Herze stehlt,
Sucht ihr uns auch zugleich zu fällen.
(S. 319-320)
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8. Cantata
Aria
Wenn die muntern Heerden scherzen,
So vergnüg ich mich von Herzen;
Wenn der kühle Zephyr weht,
Locket mich sein sanftes Rauschen;
Sollt ich wohl die Lust vertauschen,
Der nichts zu vergleichen steht?
Da Capo
Das wär ein schöner Tausch,
Nähm ich das Herz des Damons an,
Der Handel reute mich, kaum daß ich ihn gethan.
Die Freyheit läßt sich nicht so leicht verscherzen.
Dein Seufzen, Schäfer, glaube mir,
Geht deiner Doris nicht zu Herzen.
Aria
Ach! den Ton der Nachtigallen,
Hör ich schon von weitem schallen,
Kommt, ihr Schäfchen, folgt mir nach.
Was les ich an dem Birkenbaume
Auf dem so schmal bemoosten Raume
Zu meiner allergrösten Schmach?
Ists möglich daß in unserm Orden
Ein Schäfer jemals ist
Sein eigner Mörder worden?
Damit ists ausgemacht, ja gieb mir nur die Schuld;
Ich hör es an, ich leid es mit Geduld.
Komm Hector, komm,
Hilf meine Heerden mit bewachen
Wenn ich den Tod des Damons muß belachen.
Aria
O lacht doch den verliebten Thoren
Ihr Schäfer, lacht doch, lacht ihn aus.
Weil Doris flieht vor Amors Trieben
Weil sie nicht will den Damon lieben,
Ergreift er den verhaßten Schluß,
Und stirbt aus Unlust und Verdruß.
Kaum als sie dies gesagt,
So kam mit einem Haufen
Der ganze Schäferchor gelaufen.
Sie hörten mit Erstaunen an,
Was Damon an sich selbst für einen Mord gethan.
Die Doris scherzte noch auf seinem Leichenstein,
Sie sprach, dies mag der Unterricht
Verliebter Hirten seyn:
Flechtet Körbe, bindet Kränze,
Und erfindet Schäfertänze,
Nehmet euch der Heerden an.
Flieht den blinden Liebesschützen;
Dieser wird euch wenig nützen,
Weil ihn Pan nicht leiden kann.
Da Capo (S. 320-322)
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9. Cantata
Aria
Ihr Mädchen, laßt mich ungeplagt,
Mein Herze ist schon längst versagt;
Drum kann ich euch nicht lieben.
Es lebet was in meiner Brust,
Das macht mir hundert tausend Lust,
Dem hab ich Hand und Wort verschrieben.
Doch hengt nur nicht den Kopf.
Bin ich gleich nicht verliebt,
So bin ich auch kein Sauertopf.
Ich hätte wohl den Spaß mit angenommen;
Allein ihr seyd zu spät gekommen.
Mein Herz ist nun verschenkt.
Die Freyheit hat gesiegt, ich bin ihr unterthan.
Euer Schönseyn, eure Gunst, geht mich nichts weiter an.
Aria
Lacht mich nur aus, ihr guten Kinder;
Ich bin kein dummer Teufel nicht.
Versteh ich mich gleich nicht aufs küssen,
So kann ich wohl was bessers wissen,
Das ist den meisten unbekannt:
Ich kenne nicht den Unbestand.
Ja, meines gleichen trifft man nicht
In dreyer Herren Landen an;
Es heißt bey mir, ein Wort, ein Mann,
Ich lebe ruhig, und vergnügt,
Weil mir sonst nichts im Sinne liegt.
Die Freyheit schläfert mich so sanft und süsse ein;
Sie weckt mich auf,
Sie muß stets um mich seyn.
Aria
Wenn der Tag beginnt zu grauen,
Kann ich schon mein Liebstes schauen.
Bey des Hespers hellem Schein
Wird es mir zur Seiten seyn.
Will ich scherzen, singen, lachen,
Alles sucht es mit zu machen;
So will ich gewiß mein Leben
Auch zugleich mit ihm aufgeben.
(S. 322-323)
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10. Cantata
Aria
Dem Mädchen bin ich herzlich gut,
Das nicht zu stolz und spröde thut,
Und kann vernünftig scherzen.
Was nutzt ein schönes Angesicht?
Wo man von nichts als Thorheit spricht,
Da geht mir nichts zu Herzen.
Ihr bildet euch zu viel auf eure Schönheit ein.
Wie renkt ihr nicht den Kopf
Und tragt den Hals empor!
Sagt man euch ohngefehr ein Wörtchen nur ins Ohr,
So seyd ihr aufgebracht
Als hätte man euch gar
Die gröste Schande zugedacht.
Aria
Ihr traut zuviel auf euren Spiegel.
Bedenkt wer nicht nach Schönheit freyt,
Dem kann das äusserliche Wesen,
Das sich ein Spaßgalan erlesen,
Nicht die geringste Reizung seyn.
Die Schönheit dauret wie die Blätter.
Bey Sturm, und bey dem kleinsten Wetter
Fällt eure ganze Lieblichkeit.
Kaum daß man sich die schöne Frau genommen
So ist man auch um sie, ich weis nicht wie, gekommen.
Wenn man sich nun darauf verläßt,
Behält man zwar den letzten Rest,
Allein
Was soll man weiter mit euch machen?
Zu reden wißt ihr nichts:
Soll man denn immer lachen?
Aria
Ihr Schönen lacht euch nicht zu tode.
Sprecht klug, nicht in den Tag hinein.
Sonst seyd ihr ausgeputzte Docken,
Die bloß mit ihrer Schönheit locken,
Den Klugen blendet nicht der Schein.
(S. 323-324)
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11. Cantata
Daphne:
Sylvander, was hab ich gesehn?
Du liessest Chloen heut ohn einen Morgengruß
Bey dir vorüber gehn.
Ists möglich? reizt dich nicht ihr muntres Angesicht?
Ihr Mund, der klug und schmeichelnd spricht?
Kein Schäfer kann sie hassen:
Sie wollen allesamt das Leben vor sie lassen.
Sylvander du allein
Willst unempfindlich seyn?
Aria
Die Anmuth blüht auf ihren Wangen.
Vielleicht hat sie dich schon gefangen.
Du schweigst und nährst die reine Gluth.
Ach! schweige nicht: dein sprödes Wesen
Läßt mich mehr als zu deutlich lesen.
Du seyst ihr recht von Herzen gut.
Sylvander:
Das räum ich dir mit freyem Herzen ein.
Ich kann ihr ebenfals wie andre, günstig seyn.
Doch liebt Sylvander nicht,
Wenn er mit Chloen spricht.
Ihr Mädchen denkt wir müssen euch entgegen rennen,
Von einem Blick gleich lichterlohe brennen.
Aria
Gesteht es nur, ihr guten Kinder,
Ihr wollt, wir sollen zärtlich seyn.
Wie könnt ihr nicht die Augen lenken!
So müssen wir wohl weiter denken;
Gesteht es nur, ihr guten Kinder,
Ihr wollt, wir sollen zärtlich seyn.
Daphne:
Sylvander, rede nicht so frey.
Mir ist es einerley,
Ich bin, wie du gesinnt.
Denn wer mich fangen will, der kommt gewiß sehr blind.
Nichts störet meine Ruh.
Ich scherz und singe mit, und hör auch gerne zu.
Befind ich mich in unsern Reihen,
So tanz ich mit, doch denk ich nicht ans Freyen.
Aria
Scherzt Schäfer mit den muntern Heerden,
Ergreift den Stock, werft Kloß und Sand.
Rennt Mops mit hundert tausend Sprüngen
Bey eurem Sehnsuchtsvollen Singen
Nach der geliebten Chloe hin;
So denk ich mit Ergetzen:
Der Freyheit ist nichts gleich zu schätzen
Ich liebe sie auch mit Bestand.
Da Capo
Sylvand:
Komm Daphne, setze dich zu mir.
Sylvander schweret dir,
Die Freyheit und sein Leben
In einer Stunde aufzugeben.
Daphne:
Hier hast du meine Hand
Ich schwere dir bey unserm Hirtenstand,
Mein Herze liebt die Freyheit mehr als Gold.
Ihr Schäfer höret zu, dafern ihr hören wollt.
Sylvander stimme mit mir an,
Was ich itzt kund gethan:
Aria Tutti.
Daphne und Sylvander:
Vertauscht die Hand, vertauscht die Herzen
Ihr Schäfer, liebet, scherzt und springt.
Wir gönnen euch die kurze Freude;
Wir finden unsrer Augen Weide
An dem was man weit edler schätzt.
Da Capo (S. 325-327)
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12. Cantata
Aria
Auf ihr zärtlichen Napeen!
Wollt ihr länger müßig gehen?
Schürzt zur Jagd den schlanken Leib.
Kommt, wir wollen jagen, hetzen,
Aug und Herze zu ergetzen,
Wehlet diesen Zeitvertreib.
So frischete auf jener Bahn
Der Atalanten Ruf nächst die Gespielen an,
Die sie bey manchen Tendeleyen,
In der verliebten Jäger Reihen
Zu ihrem merklichen Verdruß
Von weitem sahe müssig sitzen.
Wie? sprach sie, mag ein schnöder Kuß
Euch, träge Nymphen, so bethören,
Und von der mehr als edlen Lust,
Die uns im Jagen ist bewust,
Die muntern Sinnen kehren?
Last doch das tolle Liebesspiel,
Das Atalanta muß verlachen,
Euch bey dem ausgesteckten Ziel
Nicht laß und schläfrig machen.
Seht ihr verliebten Schwestern, nicht?
Wie eifrig winket euch das ganze Chor der Faunen,
Das über eure Rast und Trägheit will erstaunen,
Hört ihr nicht, wie Diana ruft und spricht:
Aria
Brecht ihr faulen Jäger, auf.
Greifet nach Gewehr und Waffen;
Hemmt der blinden Liebe Lauf,
Macht den Thieren was zu schaffen.
Flieht Cytherens geilen Sohn,
Laßt der muntren Hörner Ton
Statt verliebter Lieder klingen,
Und durch das Gebüsche dringen.
Dies flammte sie, wie man leicht schliessen kann,
Vor Schaam und Furcht von neuem wieder an,
Der Jägerinn, wie vormals, nach zugehen,
Die sie vor sich entrüstet sahen stehen.
Sie hetzten tapfer drauf. Doch als bey solcher Jagd
Sich Atalantes Fuß, der sich zu tief gewagt,
Im Wald verirret sahe,
So ließ Menalcas sich, der ihr zur Hand gar nahe
Daselbst geblieben war, in ein Gespräche ein;
Er klagt ihr seinen Schmerz, und die so harte Pein,
Die ihrer Augenstral
Ihm jedesmal,
So oft er sie erblickt, erreget;
Ich Unglükseliger! dies war sein Wort,
Hab oftermals so hier als dort
So manches Wild durch mein Geschoß erleget;
Allein dein Herz, du Schönheit dieser Welt,
Dem ich so lange Zeit schon Garn und Netz gestellt,
Läßt sich von mir bey sehnlichem Verlangen
Doch leider niemals fangen.
Und endlich sang er ihrem tauben Ohr
Dies Klagelied recht zärtlich vor.
Aria
Unempfindlichste der Erden!
Soll dein Herz mir nimmermehr,
Sag es doch, zu theile werden,
Giebst du mir denn kein Gehör?
Deine Hand führt Pfeil und Bogen,
Eben wie der Liebesgott;
Und, so sehr er dir gewogen,
Treibst du doch mit ihm nur Spott.
Bloß die Jagd will dich ergetzen;
Wohl; doch stell auch, bitt ich, dir
Bey dem dir beliebten Hetzen,
Atalanta, dieses für;
Wenn du durch die Wälder streichen,
Und bey Sonn und Mondenschein
Gar kein Stücke solltst erreichen,
Würd es dir nicht schmerzlich seyn?
Selbst die Göttinn, so den Fluren
Und der Jagd gewidmet ist,
Hat auf aller Jäger Spuren
Den Endymion geküßt.
Sollst du dich an ihr nicht spiegeln?
Wald und Thal schließt man nicht zu,
Und du willst dein Herz verriegeln?
Wer ist grausamer, als du?
Nachdem er ihr dies vorgesagt,
Und seine Schmerzen ihr geklagt,
So ließ sie Zorn und Wuth, die Freyheit zu beschützen,
Aus Aug und Stirne blitzen.
Du bist, sprach sie erbooßt, mit mir im Wald verirrt,
Weit stärker aber noch im Liebesgarn verwirrt;
Schweig mir von solchen Possen,
Hat dich der Liebesgott auch mit geschossen?
Verwegner Jäger, fleuch von mir,
Ich sag, ich schwer es heilig dir,
So lange noch Gebüsch auf Erden,
Und Wild darinnen wird von mir gefunden werden,
Läßt Atalanta sich, du darfst es sicher glauben,
Ihr Herz von keinem Jäger rauben.
Viel eher wird Actäons Schattenbild
Von neuem wieder Wild
Auf unsrer Bahne fällen,
Als daß ich meinen Bogen hier
Aus schnöder Lieb und Gunst zu dir
Sollt in bestaubte Winkel stellen.
Menalcas stutzte zwar dabey,
Und dennoch wollt er ihr aus süsser Schmeicheley
Gestreckt zu ihren Füssen,
Den Jagdschurz zärtlich küssen.
Sie aber reißt durch einen spröden Stoß
Sich vom verliebten Jäger los,
Und läßt, indem sie schnell zurück will kehren,
Im Fliehen ihn so viel an statt des Abschieds hören:
Aria
Fleuch mit dem blinden Liebesschützen,
Ich bin mit Thal und Wald verlobt.
Wo man hört Jägerhörner klingen,
Da kann ins Ohr kein Seufzer dringen,
Der aus verliebtem Herzen flieht.
Der schnellen Hunde muntres Bellen
Klingt, wenn wir Hirsch und Rehe fällen,
Weit süsser als ein Bulerlied.
(S. 327-330)
_____
13. Cantata
Aria
Ihr seyd es ja ihr holden Augen,
Woran mein Herze kleben bleibt.
Der Allmachtsstrahl von euren Blicken
Kann auch die Götter selbst entzücken;
Wie wollen Menschen widerstehn?
Wer euch genau und recht betrachtet,
Der muß, weil er vor Sehnsucht schmachtet,
Entmenscht von euch zurücke gehn.
Da Capo
So seufzte dort von Schmerz und Ungeduld.
Der Iphis nach Anaxaretens Huld,
Sie war vollkommen schön und wirklich auserlesen;
Drum hat ihr angenehmes Wesen,
Sein Herze zinsbar sich gemacht,
Und um die Freyheit ihn so gleich gebracht.
Der ungemeine Trieb, den er bey sich empfand,
Erregt in seiner Brust dergleichen starken Brand,
Daß er, so oft er sie zu sprechen nur bekam,
Ihr seine Leidenschaft und den entstandnen Gram
Den ihre Seltenheit erweckte,
Auf jeden Tritt und Schritt entdeckte,
Und keinen Tag vergaß, sie zärtlich anzuflehen,
Ein Liebesbündniß einzugehen.
Sein Antrag ließ ihr keine Ruh,
Kaum daß er nur von ihr den Schatten spührte,
So rief er ihr, weil ihn die Nymphe rührte,
Mit ängstlichen Geberden zu:
Aria
O nimm doch, auserlesne Schöne!
Das Herz des treuen Iphis an,
Vermische dein und seine Flammen
Durch Gegenlieb und Huld zusammen,
Mich tödtet ja dein täglich Fliehn.
An deinem Jawort hengt mein Leben
Du würdest durch dein Widerstreben
Mich in die Gruft unfehlbar ziehn.
Da Capo
Allein umsonst.
Des Werbers Mund sang dem verstopften Ohr
Sein Klagelied fast täglich vor.
So zuckersüsse Wort er ihr auch immer gab,
So schlug sie dennoch ihm die Gegenneigung ab.
Ihr hartes Herz, das Felsen schien zu gleichen,
Ließ sich zu nagendem Verdruß
Durch manchen heissen Zährenguß
Doch niemals nicht erweichen:
Und dies verdoppelte des Iphis Pein und Schmerz,
Der sich, sein angebothnes Herz
Von dieser Spötterinn zurück zu nehmen,
Wohl billig muste schämen.
Drum sprach er zu sich selbst: armseligster der Erden!
Soll deine Lieb und Treu so schlecht belohnet werden?
Was hilft es dir, daß du
Dein Augenpaar an dieser Schönen weidest,
Doch leider auch so viel in deiner Seele leidest?
Ach schließ es künftig hin Anaxareten zu.
Aria
Was Liebes täglich sprechen können
Und doch dabey vergebens brennen,
Schnitzt uns die härtste Folterbank.
So nahe bey dem Quell zu stehen;
Und voller Durst zurücke gehen,
Macht Seel und Herz vor Sehnsucht krank.
So bald er dies gesagt,
Und seine Noth sich selbst geklagt,
Veränderte sich sein Gesicht;
Die Schwermuth so ihn stark befiel,
Und bey der Liebe Zauberspiel
Aus seiner Stirne brach, die macht ihn ganz zu nichte.
Ja die Verzweiflung blies ihm ein:
Er würde doch nunmehr ein Spott der Menschen seyn.
Dies bracht ihn gar auf den Entschluß,
Vor Ungeduld, Harm und Verdruß,
Sich selbst bey solchem bittern Leiden
Den Lebensfaden abzuschneiden.
Betrogner! hob er an, entreiß dich aller Noth,
Und den so tollen Liebestrieben;
Viel besser todt
Als unglückselig lieben.
Ist alle Hoffnung nun dahin,
So will ich auch nichts mehr von der Verstockten wissen,
Und statt der Grausamen den kalten Sand itzt küssen.
Hör stolze Mörderinn!
Aria
Dein Iphis plagt dich nun nicht weiter
Mit Seufzen und vergebnem Flehn.
Kein einzig Wort mehr zu verliehren,
Will er sich selbst den Gang verschnüren,
Woraus so mancher Seufzer drang,
Die an sich harten Liebesstricke
Verwandeln sich im Augenblicke
Aus Rach in einen Henkersstrang.
Gesagt, und auch gethan. Er nahm den Strick zur Hand,
Den der Verzweifelte sich um die Gurgel band,
Und schlich bey Lunens fahlem Schimmer,
Vor der Anaxareten Zimmer.
Daselbsten hieng er sich bey Schwehrmuthvollem Sinn,
Gleich vor des Hauses Eintritt hin.
Doch ehe noch, durch die verzogne Schlinge
Ihm Luft und Sprache gar entgienge,
So stieß die Zunge noch, die Gang und Kraft verlohr,
Bey halb gebrochnem Klang so viel hervor:
Aria
Mein bis zum Tod getreues Herze
Beschämet dich vielmehr als mich.
Dein Haus und die doch stummen Schwellen
Die müssen mir ein Zeugniß stellen,
Wie schändlich du mich umgebracht.
Mein Blut hat Thor und Thür versiegelt,
Dieweil du mir dein Herz verriegelt,
Anaxareta! gute Nacht.
(S. 331-334)
_____
Aus: Christianen Marianen
von Ziegler, gebohrenen Romanus,
Vermischete Schriften in gebundener und ungebundener Rede
Göttingen Im Verlag der Königl. privil. Universitets-Buchhandlung 1739
siehe auch Teil 2
Biographie:
https://de.wikipedia.org/wiki/Christiana_Mariana_von_Ziegler
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