Christiana Mariana von Ziegler (1695-1760) - Liebesgedichte



Christiana Mariana von Ziegler
(1695-1760)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte: (Teil 2)
 

 




Cantata

Aria
Seh ich meine Heerde schertzen /
Wie sich Paar und Paar vergnügt,
So belach ich derer Schmertzen,
Die der Liebes-Gott besiegt,
Ich verstopffe Hertz und Ohren,
Wenn mir will ein Anfall dräun,
Denn ich hab es fest verschworen,
Amors Opfer-Magd zu seyn.

So fieng die Chloris bey recht ängstlichen Gebehrden
Einst zu sich selber an,
Als sie bey ihren muntern Heerden
Sich gantz allein befand;
Doch eh sie sichs versah,
Erblickte sie bey sich Myrtillen mehr als nah,
Er nahm sie bey der Hand
Und wuste selbige, vor Brennen und Entzücken,
Nicht zärtlich gnug zudrücken;
Doch weil sie solche fahren ließ,
Und ihm sein freches Thun verwieß,
So sucht er sie, indem sie wolt entrinnen,
Durch diesen Zuspruch zu gewinnen:

Aria
Liebste Chloris, laß uns schertzen,
Amor bietet unsern Hertzen
Tausendfaches Labsal an.
Lösche meine Liebes-Flammen,
Die vom Himmel selber stammen,
Weil sie sonst nichts löschen kan.

Wie? sprach die Chloris drauf,
Ich solte dir mein Hertze weyhn?
Nein, nein,
Ich mag von dem verwirrten Lauf
Der Liebe gar kein Wort mehr hören,
Kein Schäfer wird so leicht, ich schwör es, mich bethören,
Das Lieben ist mir recht verhaßt,
Der feste Schluß, den ich erfaßt,
Wird, glaub es, ohnverändert bleiben,
So lang ich werde Heerden treiben.

Aria
Sich unter Amors Joch begeben,
Und auf den wilden Wellen schweben,
Ist wahrhafftig einerley;
Denn wenn die Fahrt am besten gehet,
 So bricht, weil Sturm und Grauß entstehet,
Schiff und Mast geschwind in zwey.
Da Capo

So kurtz sie den Bescheid auch dem Myrtillo gab,
So ließ er doch nicht ab,
Der Chloris weiter zuzusetzen:
Ach wilstu, sprach er, mich nicht deiner würdig schätzen:
Geliebte, laß dich überwinden,
Du solst an mir,
Ich schwöhr es dir,
Den allertreusten Schäfer finden.

Aria
Bespiegle dich an deiner Heerde,
Du unbarmhertzge Schäferin.
Schau wie sich bey kühlen Schatten,
Die verliebten Lämmer gatten,
Aber ich muß einsam seyn;
Siehe wie sie schertzen, hüpffen,
Jedes sucht sich zu verknüpffen,
Aber ich muß trostloß seyn;
Mercke, wie sie nach dem Spielen
Sich an Bächen wieder kühlen,
Aber ich muß durstig seyn.
Si replica

Allein
Sein Antrag war vergebens,
Denn Chloris Hertz blieb Stahl und Stein,
Drum riß sie sich aus Zorn von ihn,
Und ließ in vollen Lauf und Fliehn,
So eyfrig er sie doch schien zu verehren,
Zu seinen schlechten Trost, ihn dieß zum Abschied hören:

Aria
Viel lieber will ich Leib und Leben,
Und meine Heerden, die hier stehn,
Zum Raub den wilden Thieren geben,
Als in des Amors Fröhne gehn,
Mein Hertze läst sich nicht behandeln,
Und solt auch jeder Halm und Laub,
In Menschen Zungen sich verwandeln,
So bleibt die Chloris dennoch taub.
(S. 8-11)
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Gespräch zwischen dem Schäfer Amyntas und der Chloris

Aria
Amyntas:
Ihr Winde spielet mit den Sträuchern,
Ich aber muß ohnmächtig seyn.
Hätt ich doch nur dergleichen Macht,
Wie wolt ich Chloris Hertz bewehen,
Und eher nicht von dannen gehen,
Biß daß ich es an mich gebracht.
Si replica

Ach Chloris hast du denn gehört,
Wie scharff der Wind durch das Gebüsche fährt?

Chloris:
Ich hab es wohl gesehen,
Kein Baum bleibt unverschont,
Wir Hirten sind es längst gewohnt.
Es ist ja heute nicht zum erstenmahl geschehen.

Amyntas:
Das ist wohl wahr, doch aber kan der Sturm
So Stamm als Aeste beugen,
Nur meiner Seuffzer Hauch und Macht,
Kan, weil mich Chloris stets verlacht,
Dein unbeweglich Hertz zu mir nicht leider neigen.

Aria
Ihr Winde lehnt mir die Gewalt,
Damit ich Unglückselger bald
Diß feste Hertze kan, wie ihr, die Aeste rühren;
Bewegt sich solches nur, und läßt die Oeffnung spühren,
So schleicht Cupido sich gewiß so dann hinein,
Und Chloris wird verliebt, nicht mehr tyrannisch, seyn.

Chloris:
Verliebt? Ach das versteh ich nicht,
Ich mag davon auch keinen Unterricht,
Cupido bleibe wer er sey,
Ich halte nichts von solcher Phantasey,
Wie könt ich ruhiger, als hier bey meinen Schaafen,
Bethörter Schäfer, schlafen?

Aria
Wer sich läßt von den Amor locken,
Verfällt in ewge Sclaverey.
Ich wehle nicht vor Rosen Neseln,
Und lasse mich so leicht nicht fesseln,
Mein Hertz und Geist bleibt immer frey.
Da Capo

Amyntas:
Ach Chloris! laß den Irrthum schwinden,
Wer hat den Liebes-Gott, der doch so liebreich strahlet,
Dir nur allein so heßlich abgemahlet?
Will deine Schönheit sich mit Grausamkeit verbinden?
Wohlan! so soll bey meiner Pein,
Der Tod der beste Retter seyn.

Chloris:
Was Tod? Ich gehe fort;
Wann du ja sterben wilst, so stirb nur immerhin,
Damit ich nur kein Zeuge bin,
Es möchte sonst das Volck auf die Gedancken kommen,
Als hätt ich mir dergleichen Mord,
Dich loß zu werden, vorgenommen.

Duetto:

Amynt:
Ach sorge doch vor mein Erblassen.

Chlor:
Ich sorge nicht vor dein Erblassen.

Amynt:
Wie? achtest du mein Sterben nicht?

Chlor:
Leb, oder stirb, ich acht es nicht.

Amynt:
O Grausamkeit! der nichts kan gleichen.

Chlor:
O Thorheit! der nichts zu vergleichen.

Amynt:
Kanst du diß sonder Wehmuth sehn?

Chlor:
Ich kan es sonder Wehmuth sehn.

Amyntas:
Was wird zu deinen Eigensinn,
Du unbarmhertzge Mörderin,
Entmenschte Chloris! einst die späthe Nachwelt sprechen?
Ich weiß gewiß,
Daß diß
Der Himmel selbst wird rächen.

Chloris:
Ich habe weder Stahl noch Gifft,
Der dir dein ängstlich Hertze trifft,
Mein Schäfer-Stock, was wilst du von Ermorden sagen?
Hat keinen noch verwund, geschweige todt geschlagen.

Amyntas:
Du spottest meiner nur,
Amyntas geh, verlasse Heerd und Fluhr,
Geh, kühle deine Liebes-Flammen,
Die selbst der Himmel nehrt und Chloris will verdammen,
Im nächsten Fluß nunmehr auch ab,
Da findst du doch das beste Grab,
Das dich dem Schmertz und Harm entreisset /
Und ein erwünschtes Schutz-Dach heisset.

Aria
Schließt mich, ihr Zucker-süssen Wellen,
In eure feuchten Armen ein.
Ich mag von Chloris nichts mehr wissen,
Dich / schönste Thetis, will ich küssen,
Ich weiß du wirst mitleidig seyn.
Da Capo (S. 16-20)
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Cantata

Aria
Die Einsamkeit bleibt mein Vergnügen,
Und auch der Zucker dieser Welt.
Was mich anjetzo kan erfreuen,
Das sind entlegne Wüsteneyen,
Da kan der Umgang nicht der Menschen mich beschweren.
Die Vögel mögen immerhin /
Wenn ich nur gantz alleine bin,
Von mir die matten Seuffzer hören.
Da Capo

Da mein Geliebter fort,
Muß Schmertz und Leid mein Element nun heissen.
Die Seele muß ich leider nur,
Mit Sorgen und Verwirrung speissen.
Ihr Büsche seyd zwar starck belaubt,
Mir hat das widrige Geschicke,
Zu meinen Schmertz und Ungelücke,
Den Schmuck, der mich geziert, beraubt.

Aria
Ihr Seuffzer! blaßt, ihr Zähren! löscht
Mein Lebens-Licht mir vollends aus.
Da das, was mich auf dieser Welt
Allein vergnügt, und mir gefällt,
Mit den mir sonst so güldnen Stunden
Zu meinen grösten Schmertz verschwunden.
Da Capo

Und soll es dann nun seyn,
Wohlan! so geh ichs willig ein,
Wann sich auch gleich die Lippen färben,
So will ich doch getreu ersterben.

Aria
Ich begehre nicht zu leben,
Blasser Tod, komm, säume nicht,
Mir den Scheide-Brief zu geben,
Weil mein Liebstes mir gebricht;
Ihm gehört mein Hertz im Leben,
Das mich hieß die Liebe weyhn,
Drum will ich es ihm auch geben,
Wann es wird erkaltet seyn.
(S. 26-27)
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Cantata

Aria
Ich kan es länger nicht verhehlen,
Der Zug greifft mich zu hefftig an,
Es reget sich in meiner Seelen,
(Ihr Sterne! was habt ihr gethan?)
Ein Trieb von ungemeinen Flammen,
Die bloß von euren Einfluß stammen,
Ich weiß gar nicht wie mir geschehn,
Und muß mich überwunden sehn.

Entweich! O Freyheit! nur forthin aus meiner Brust,
Ich reiche dir den Scheide-Brief mit Lust,
Mein biß anher betrogner Sinn
Denckt auf was Angenehmers hin,
Der Augen-Riegel springt, ich spühre Licht und Schein,
Drum will ich auch, und diß mit allen Freuden,
Denn meine Seele kan die Quaal nicht länger leiden,
Dem Amor künfftig dienstbar seyn.

Aria
Die Lippen will ich fügen,
Mit Lust und mit Vergnügen,
 An des Geliebten Mund;
Und wird mich jemand fragen,
Will ich zur Antwort sagen:
Er hat mein Hertz verwund.

Vergnügte Sclaverey! die Fesseln kommen mir
Von eitel Gold und Diamanten für,
Die Liebe läßt mich göldne Zeiten hoffen;
Wie schön ist nicht der Tausch getroffen!
Mein Lico hat bereits gesieget,
Weil es das Schicksal so gefüget,
Drum geb ich ihm auch Hertz und Hand
Zum Unterpfand.

Aria
Nimm die Freyheit und mein Hertze,
Lieblichster der Erden, hin.
Ewig werd ich dich verehren,
Jeder Tropffen Blut wird lehren
Daß ich treu beständig bin.
Si replica (S. 40-41)
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Cantata

Aria
Ihr artgen Wangen
Habt mich gefangen,
Ich sag es frey;
Die Lieblichkeit der holden Lippen,
Kömmt den im Meer versteckten Klippen /
Woran das Schiff zerscheitert, bey.

Wer euch nicht liebt muß Stahl und Stein,
Und nur ein halber Mensche seyn;
Der Augen Allmachts-voller Strahl
Setzt alle Welt in Schmertz und Quaal;
Ich selber muß es dir bekennen,
Daß deine Schönheit mich heißt unaufhörlich brennen.

Aria
Was könt ich schöners mir erwehlen /
Als dich, Annehmlichste der Welt:
Dein mehr als überirrdisch Wesen
Läst was aus Stirn und Augen lesen,
Daß auch den Göttern wohlgefällt.
Da Capo

Mißfällt mein Antrag dir,
So kan ich, Schönste, nicht dafür.
Warum? die Marter meiner Seelen
Läst sich wahrhafftig nicht verhehlen.
Betrachte nur mein Angesicht,
Wie mir die Gluth aus Stirn und Wangen bricht,
O kühle selbge doch durch dein Erbarmen ab,
Und laß mich Gegen-Gunst geniessen;
Wo nicht, so stürtzest du mich vor der Zeit ins Grab,
Und ich Armseelger muß,
Bey solchen mehr als harten Schluß,
Mein Unschuld volles Leben schliessen.

Aria
Entschließ dich, Schönste, mich zu lieben
Die Großmuth bringt dir Ehr und Ruhm;
Erhalt ich nach so vielen Schmertzen,
Ein Stückgen nur von deinen Hertzen,
So schätz ich selbiges mehr als ein Kayserthum.
Si replica (S. 44-45)
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Schreiben an Seladon

Dein Wohlseyn solte mich gantz sonderbahr erfreuen,
Der Himmel wird nicht stets mit Zorn Cometen dräuen;
Zieht offt ein Wetter auf bey schwartzer Mitternacht,
So fügt sichs, daß hernach die Sonne Glantz und Pracht
Läst desto stärckerer am Horizont erblicken,
Mein Geist empfindet schon ein inniges Entzücken,
Wenn ein geliebter Brief davon mir Nachricht giebt,
Den ich so starck als dich, mein Seladon, geliebt.
Die Liebe heißt vor dich mich auch entfernet wachen,
Ich dencke tausendmahl: was muß er jetzt wohl machen?
Mein Hertz begleitet dich mit gleich gemeßnen Schritt,
Und suchet jeden Stein, den nur dein Fuß betritt.
Die Sehnsucht läst mich nicht dir von der Seite gehen,
Ich sehe dich im Geist vor mir leibhafftig stehen,
Und habe bis anher noch nimmer nicht geglaubt,
Daß mir ein frembdes Land dich, Werthester, geraubt.
Ich küsse dich, wie vor, muß ich gleich nur mit Schatten,
Das ist, mit deinem Bild, mich unterdessen gatten,
Und bleibe dir getreu auch in Abwesenheit,
Weil ich mein Hertze dir und keinen sonst geweyht.
Nichts Frembdes, glaub es mir, wird leichte mich bethören,
Mein Ohr will nur von dir und keinen andern hören;
Du bist und bleibest doch mein Liebstes auf der Welt,
Das meine Seele reitzt, und mir allein gefällt.
Zwar sitz ich oftermals nicht anders als in Schlummer,
Und mache mir dabey den ungerechten Kummer:
Vielleicht hat deine Treu auf Spiegel-Glaß gebaut,
Wo man das bald vergißt, was man darinnen schaut,
Doch will ich meinen Geist so viel als möglich fassen,
Ob mich das Schicksal gleich scheint noch so sehr zu hassen.
Die Hofnung heist bey mir das allerschönste Wort,
Die führet mich bereits schon an Vergnügungs-Port.
Beflügle deinen Lauff, und eile bald zurücke,
Die Seele sehnet sich nach deinen holden Blicke,
Und kan es noch nicht seyn, verdopple Brief und Schrifft,
 Weil sonst nichts in der Welt mir ein Vergnügen stifft.
(S. 46-48)
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Antworts-Schreiben des Seladons

Geliebtes Engels-Kind, dein letzt-geschriebner Brief
Kam um dieselbe Zeit, als man zur Tafel rief;
Ich ließ das Essen stehn, zu dem ich mich schon schickte,
Dieweil mein Auge was in deinem Blatt erblickte,
Das meine Seel und Geist weit besser sättgen kan,
Als das so schmackbare und süß-beschriebne Man;
Denn die Versicherung, die mir dein Kiel gegeben,
Heist eine Kost, von der ich gantz allein kan leben.
Nur dieses schmertzet mich und mehret meine Noth,
Wormit auch ausserdem mir dein Entfernen droht,
Daß dich der Zweifel will auf die Gedancken treiben,
Ob ich in frembder Lufft getreu dir würde bleiben.
Ists möglich? daß dir auch hiervon nur träumen mag,
Dergleichen Argwohn schreckt mehr als ein Donnerschlag,
Mein Engel, meine Treu wird nun und nimmer wancken,
Ich, ich, ich opffre dir Seel, Sinnen und Gedancken.
Du bist mein Götzen-Bild, mein Weyrauch brennt vor dich,
 Dein Knecht ist höchst-bestürtzt, er kränckt und grämet sich,
Ich muß den Tauben gleich nach dir, Entfernte, girren,
Wenn Einsamkeit mich heißt bald da bald dorthin irren.
Die Sehnsucht ruffet dich, und trifft dich doch nicht an;
Wer ist, der meine Pein und Schmertzen schiltern kan?
Wenn sich das Auge schließt, so küß ich dich in Schlummer,
Erwach ich von der Lust, o was vor Schmertz und Kummer
Befällt mein armes Hertz! weil diß kein Labsal ist,
Wenn man den Schatten faßt, den Cörper aber mißt.
Weckt mich Aurorens Schein, so bitt ich um Erbarmen
Den Himmel! daß ich dich, ach, balde möcht umarmen.
Und rückt des Hespers Glantz zur Abend-Zeit heran,
So streb ich noch darnach, ob ich dich haben kan.
Hieraus so schliesse nun mein sehnliches Verlangen,
Mich reitzt kein schön Gesicht, kein Mund wo Rosen prangen,
Kein Auge, das mit Gluth und Flammen um sich  blitzt,
Weil mir dein Conterfey in Seel und Hertzen sitzt,
Und deine Seltenheit, die man bewundernd siehet,
Von andern Frauenvolck mein eckles Auge ziehet.
Mein Wort, das ich dir gab, war nicht von Porcellan,
Und zarten Spiegel-Glaß, ich dencke noch daran,
Und werde nicht so leicht mit Schwur und Eyden spielen,
Der Himmel möchte sonst an mir die Rache kühlen.
Verlaß dich sicher drauf, und zweiffle gar nicht mehr,
Als ob nicht Seladon bereits der deine wär.
Ich werd indeß so viel, als immer möglich, eilen,
Kuß, Schertze, Blicke, Hand, und Hertz mit dir zu theilen.
Ich ziehe mit Triumph im Geist bey dir schon ein,
O könt es heute noch, Geliebte, möglich seyn!
Wer weiß, wie balde mir die Hofnung läst versprechen,
Daß ich, mein Engel, kan Vergnügungs-Rosen brechen,
Wenn sich von ohngefehr ein frembder Gärtner find,
So sage, daß vor ihn die Dörner übrig sind;
Wiewohl kein Argwohn mich auf Sucht und Eifer treibet,
Weil deiner Tugend Strahl mir stets vor Augen bleibet.
(S. 49-52)
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Cantata

Aria
Rache! Rache! will ich schreyen,
Dein Untergang soll mich erfreuen,
Blitz, Donner, Hagel, Keil und Bley,
Der schlage dich so gleich entzwey!
Geh Mammeluckin, geh, nach Orcus Schwefel-Grufft,
Die dich, Abtrünnige, nunmehr zur Strafe rufft.

So schrihe Seladon, als Schmertz
Und Kummer ihn halb rasend wolte machen,
Er dacht an ein und andre Sachen,
Es ruffte sein beleidigt Hertz
Gleich nach der Nemesis;
Allein indem er sich besann,
Was er in Zorn und Wuth gethan,
So fand er sich gar sehr betrogen,
Es war ein blosser Traum,
Der ihn zur Eifersucht bewogen;
Drum gab er ihm nicht ferner Raum,
Und sprach: es ist nur Phantasey,
Belline liebet mich, und ist mir noch getreu;
Ich bitt ihr in Gedancken ab,
Was mir die Eifersucht eingab.

Aria
Ich sterbe fast vor deinen Füßen,
Und will die Straffe gerne büßen,
Die ein verwegner Mund verdient,
Laß mich, mein Engel, nur noch wissen,
Ob ich dich darff von neuen küssen,
Und ob du völlig ausgesühnt.
(S. 53-54)
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Cantata

Aria
Mein Engel, eile doch zum küssen,
Laß uns der süssen Lust geniessen,
Worzu sich Amor jetzt erbeut;
Schau wie die Schaar der Amouretten
Uns beyderseits auf Blumen betten,
Und wie die Flora Rosen streut.

So hieß die Sehnsucht und Verlangen,
Den höchst-verliebten Phidias,
Der wartend schon im Garten saß,
Die Schöne zum voraus umfangen;
Ein jedes rauschend Blat,
Stahl ihm gleich das Gehör,
Er dachte, daß es schon Alcestis wär,
Drum warff er gleich die Sehnsuchts-vollen Glieder,
Auf Blum und Kräuter nieder,
Und sang aus heisser Liebe diß,
Mich dünckt es hieß:

Aria
Grüne Wiesen, kühlen Winde /
Machet daß ich balde finde,
 Alcestis! dich mein andres Ich,
Ihr Blumen steht in eurer Blüthe,
Doch mein unruhiges Gemüthe
Labt noch an keiner Knospe sich.
(S. 59-60)
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Als Sie zum letztenmahle an Ihn schrieb

Ich soll zum letzten mahl an dich, Geliebter, schreiben,
Die Hand ist gantz verstarrt, ich kan vor Schmertz nicht bleiben,
Die Dinte will nicht so, wie meine Thränen, fließen,
Die sich den Ströhmen gleich mit auf das Blatt ergießen.
Des Schicksals Grausamkeit will, daß ich dich soll missen,
Und nun an deiner Statt den leeren Schatten küssen,
Mein höchstbeklemmtes Hertz sucht Rath und Trost zu finden,
Und trifft doch keinen an; mein Fuß durchstreicht die Linden,
Kein Donner rührt so hart die allerstärcksten Bäume,
Ich weiß wahrhafftig nicht, ob ich schon wachend träume.
Kein Sturm kan wohl so starck auf Fluth und Wellen rasen,
Und bey des Aeols Wuth auf Schiffe brausend blasen,
Kein Blitz, kein schneller Pfeil, fliegt, schwör ich, so behende,
Als ich mich ängstiglich bald da, bald dorthin wende.
Mein gantzer Mensche scheint entseelet und betrübet,
Weil deine Cynthia nichts über dich geliebet,
Sie weiß bey den Verlust sich, Schönster, nicht zu fassen,
Ich soll, bedenck es selbst, dich lieben und doch lassen.
Doch ja! ich liebe dich, so lange Blut und Leben
Noch in den Adern ist, verbleibt es dir ergeben.
Sucht das Verhängniß uns vor dießmahl gleich zu trennen,
Will ich doch biß in Tod dein Eigenthum mich nennen.
Mich soll kein frembder Strahl auch in Entfernung blenden,
Mein Auge wird sich stets von andern Cörpern wenden.
Wenn ein Narcissus mir die Schlinge wolte legen,
So wird sich doch bey mir kein Trieb noch Neigung regen.
Raubt gleich ein harter Schluß durch dich mir mein Vergnügen,
So will ich durch Gedult den Unstern doch besiegen.
Dein Bild bleibt unterdeß in meiner Brust gepräget,
So lange, biß man mich in Sand und Erde leget,
Und solt ich vor der Zeit in Grufft und Bogen reisen,
Wird Asch und Moder doch in dich verliebt noch heissen.
(S. 61-62)
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Antwort
Auf Seiner Geliebten Schreiben

Dein allerliebstes Blat / das du mir zugeschickt,
Hat mein erstorbenes Hertz recht wiederum erquickt.
Muß ich gleich, liebstes Kind, von dir nach frembden Ländern,
Wird doch die frembde Lufft mein vorges Hertz nicht ändern,
Weil überall dein Knecht die Fessel mit sich trägt,
Die deine Lieblichkeit ihm längstens angelegt,
Er bleibet dir getreu und wird der Deine heissen,
Ja Pluto mag mein Hertz in tausend Stücken reissen.
Dafern es Schönste, dir nicht gantz allein verbleibt
Und bis ins kalte Grab sich dir ergeben schreibt.
Ach fasse dich daher, verbanne Gram und Schmertzen,
Verbeiß der Zähren Saltz, liebst du mich noch von Hertzen.
Mein Schmertz verdoppelt sich sonst durch der Thränen See,
Und deinen Seladon geschieht dadurch zu weh.
Was hilfft die Wehmuth dir? was nutzen deine Klagen?
Man muß des Himmels Schluß, mein Kind, gedultig  tragen.
Ich leide mehr als du, erweg ich meine Noth,
Und gienge, glaub es mir, viel lieber in den Tod.
Ich soll, bedenck es selbst, dein schönes Auge missen
Und dich im Bilde nur, nicht mehr persönlich, küssen.
Entsetzlicher Verlust! Raub, dem nichts gleichen kan!
Wie gerne, dürfft ich nur, gäb ich mein Reisen an!
Denn deines gleichen zeigt mir wohl kein Theil der Erden,
Drum dencke, wie mir muß darbey zu Muthe werden,
Da Post und Horn mich rufft, davon das Ohr mir gällt,
Weil meiner Seuffzer Schall zugleich darein mit fällt.
Mein Hertz wird Centner schwer; ists möglich daß ein Wagen
Dergleichen Lasten kan so weit auf Achsen tragen?
Mein Engel, lebe wohl, nunmehro fahr ich fort,
Die Feder sinckt mir hin, ich kan von Schmertz kein Wort
Zu deiner Lindrung mehr und Trost als so viel schreiben:
Dein Seladon wird dir auf ewig treu verbleiben.
(S. 63-64)
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Cantata

Aria
Ihr Thoren! ändert eure Sinnen,
Wie könt ihr doch was lieb gewinnen?
Ich lache der Liebe, sie heget nur Pein,
Sie suchet die Seelen,
Empfindlich zu quälen,
Drum soll die Freyheit gantz allein
Mein einiges Vergnügen seyn.

So strenge war das Hertz der schönen Livia,
Hier war gar kein Erbarmen da,
Sie lacht und spottete der tollen Liebes-Flammen,
Die Grauß und Eckel hieß verdammen.
Indem sie noch so sprach,
So floh ihr Amor nach,
Er spannte, weil er ihr gewogen,
So schnell es möglich war, den Bogen?
Sie aber wurd ihn gleich gewahr,
Und merckte die Gefahr,
Entflohe selbigen und sagt ihm noch ins Ohr,
Diß eilig vor:

Aria
 Cupido spahre deine Pfeile,
Du triffst mein Hertz wohl nimmermehr.
Such bey den andern dich zu üben,
Die deine Gauckel-Possen lieben,
Ich setze mich zur Gegenwehr.
Da Capo (S. 65-66)
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Cantata

Aria
Wie? Must du mich doch noch verrathen,
Du ungetreues Augen-Paar!
Du soltst den Zug und Trieb verdecken,
Den du siehst in den Adern stecken,
Und machst zu meinen grösten Schmertzen,
Das innerste von meinen Hertzen,
Nunmehr auf einmahl offenbar.
Da Capo

Ach ihr Verräther meiner Brust!
Entdecket doch nicht die Gedancken.
Solt ich mich nicht mit euch,
Bey dem so unverhofften Streich,
Vor Rach und Eifer würcklich zancken?
So Min als Wort kan man zur Noth noch endlich zwingen,
Doch bey den Augen will der Zwang nicht so gelingen,
Sie zeigen unsre Leidenschafft.

Arioso:
Das liebste kennen,
Und heimlich brennen,
Erfordert freylich Stärck und Krafft.

Aria
Ein Feuer läst sich schwer verbergen,
Der Rauch und Dampff verräth die Gluth.
So tieff auch Amors Pfeil uns in dem Hertze sitzen,
So heimlich Druck und Schuß geschehn,
So kan man doch davon die Spitzen
In unsern Augen leichte sehn.
Si replica

Sprich nicht, Amyntas, zu der Welt,
Ich hätte dir mein Hertze zugestellt,
Mein Mund, du weist es, hat darvon kein Wort gesprochen,
Das Auge, welches sich
An mir so meisterlich
Und unbarmhertzig hat gerochen,
Hat sonder meinen Vorbewust,
Dir, leider! nun mein Hertz und Brust,
Die noch kein einger Strahl gerühret,
Alleine zugeführet.
Ihr Sternen! Saget doch, wie bin ich drum gekommen?
Doch da mein Auge mir es mit Gewalt genommen,
Und dir bereits schon übergeben,
So kan ich auch nicht widerstreben.

Aria
Wo das Auge hingeflogen,
Mag nunmehr das Hertz auch seyn.
Hat es das Schicksal so gefüget,
Daß du durch meiner Augen List
Mir in das Hertz geschlichen bist,
Und mich zugleich dardurch besieget,
So nimm es eigenthümlich hin,
Weil ich damit zufrieden bin.
Da Capo (S. 69-71)
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Cantata

Aria
Armseligster! ach möchtst du sterben,
Mein Kummer warlich ist zu groß,
Das Schicksal suchet mein Verderben
Vorher saß ich dem Glück in Schooß,
Jetzt aber speist es mich mit Thränen,
Es raubt mir Ruhe, Schlaff und Lust,
Und will ich meinen Schmertz erwehnen,
Entkräfft ich vollends meine Brust.

Das Schicksal hat sich wider mich verschworen,
Mein Liebstes flieht, wohin! das weiß ich nicht.
O weh! Ich bin verlohren,
Wo find ich dich verborgnes Licht,
Ich suche dich vom Abend biß zum Morgen,
Sag an, wo hältst du dich verborgen?

Aria
Erblaster Mund, hör auf zu klagen,
Was wilst du Thäl und Wälder fragen?
Wo fliehet mein Vergnügen hin?
Ach unter diesen kalten Steine
Find ich vielleicht noch die Gebeine
 Von meiner liebsten Schäfferin.

Doch nein!
Es kan nicht seyn,
Sie würde, läg sie hier verscharrt,
In ihres Damons Gegenwart,
Ihm doch das letzte Liebes-Zeichen,
Durch Regung und Empfindung reichen,
Ihr Sternen! Weiset doch bey der verwirrten Bahn,
Mir ihr verborgnes Grab bald aus Erbarmung an,
Damit ich ihr mein letztes Opfer bringen,
Und noch diß Abschieds-Lied mag auf den Steine singen:

Aria
Fliehst du von mir, geliebte Seele,
So soll nunmehr auch deine Höle,
Mein Leib-Gedinge künfftig seyn.
Das gantze weite Rund der Erden,
Will mir zu bang und enge werden,
O räume mir
Doch neben dir,
So schmal es heist, ein Plätzgen ein.
Die Helffte liegt von mir mit dir bereits begraben,
Drum hohle mich nur nach, du solst mich völlig haben.
(S. 74-75)
_____



Cantata

Aria
Die Freyheit soll allein,
Bloß mein Vergnügen seyn.
Sucht Amor mich zu fällen,
Will ich mich schon verstellen,
Ich kenne seine Streiche,
Wann ich zurücke weiche,
So fliegt der Pfeil vorbey,
Mein Hertz verbleibet frey.

Heist diß wohl eine Lust,
Wann sich die Brust,
Mit Ketten sieht umschlossen?
Nein, nein, ich kenne schon des Amors Possen,
Er wird bey mir nichts fangen,
Ich bin dem Sprenckel schon gar offtermahls entgangen.

Aria
Solt ich Amors Lockung trauen?
Und auf sein Versprechen bauen?
Diß geschicht wohl nimmermehr.
Sein so hold verstelltes Schertzen
Raubt mir nichts von meinen Hertzen,
Wann er noch so listig wär.

Welch edelmüthiger Entschluß!
Den alle Welt bewundern muß,
Mein Geist entgehet deinen Stricken,
Die Seele läst sich nicht berücken.
Solt ich den Kopff in Händen tragen,
Mich sehnen, seuffzen, ängstlich klagen?
Nein, nein, ich küsse meine Ruh,
Und seh der andern Schiffbruch zu,
Die in des Amors Hafen
Gedachten still und sanfft zu schlafen.

Aria
Zufriedenheit der Seelen
Bleibt doch ein Paradieß.
So süß uns auch das Lieben schmecket,
So hat es öffters doch entdecket,
Daß es das Ebenbild der Hyacinthen weißt,
Woran die Blume süß, der Stengel bitter, heißt.
Da Capo (S. 80-81)
_____



Cantata

Aria
Vergnüge dich nur in Gedancken,
Mein armes Hertz, bey deiner Pein.
Ich will doch nicht in Hoffen wancken,
Vielleicht trift noch mein Wünschen ein,
Hat es der Himmel nicht versehen,
Wohlan! so fasset sich mein Sinn,
Läst es das Schicksal nicht geschehen,
So geb ich alles willig hin.

Verzage nicht, armseelges Hertze,
Ermuntre dich bey deinem Schmertze,
Ergreiffe den gesetzten Schluß:
Was Himmel und Natur vor dir nicht auserkohren,
Das geh auch immerhin verlohren.

Aria
Ja, ja, ich will euch lassen
Und meine Seele fassen,
Weil es der Himmel will,
So schweig ich gerne still.
Ihr angenehmen Wangen!
Der Purpur eurer Pracht
 Erweckte mir zwar offt ein sehnliches Verlangen;
Jedoch weil mir das Glück nicht lacht,
So will ich auch an das nicht mehr gedencken,
Was mir das widrige Geschicke nicht will schencken.

Jedoch
Euch lieben und zugleich auch zu verlassen,
Kan gar nicht möglich seyn.
Es gehe, wer da will, dergleichen Vorsatz ein,
Ich kan den Schluß nicht fassen.
Der Himmel mag mit Qual und Marter dräuen,
So wird mich der Entschluß doch nicht gereuen,
Es widerrufft mein Mund, was ich vorher gesprochen.
Ich hoffe biß mir wird die Liebes-Bahn gebrochen.

Aria
Ich liebe dich biß an mein Ende,
Und bete deine Schönheit an.
Die Fesseln drücken nicht die Hände,
Die mir dein Anblick umgethan.
Mein Hertz verbleibet dir ergeben,
Es blendet mich kein frembder Strahl,
Denn soll ich ohne dich, entfernte Schöne, leben,
So heisset mir die Welt ein finster Todes Thal.
(S. 92-93)
_____



Cantata

Aria
Sehnsucht, Zweifel und Verlangen
Martert jetzo meine Brust,
Was genoß ich nicht vor Lust,
Auf Celindens Purpur-Wangen?
Doch da sie mir wird entzogen,
Muß ich Armer trostloß seyn,
Bleibt sie mir gleich noch gewogen,
Linderts doch nicht meine Pein.

Wie könte, Schönste, wohl das Glück mich ärger hassen,
Als daß es dir so schnell
Befiehlt mich zu verlassen?
Heist diß nicht ungerecht? welch unbarmhertzger Schluß!
Daß ich dich lieben soll und doch entbehren muß.

Aria
Verfolgt mich nicht, grausamen Sterne!
Ihr zeiget mir nur das von ferne,
Was ich so nahe sonst besiegt.
Soll ich mich nur mit blossen Schatten,
 Statt würklicher Umarmung, gatten,
So bleib ich ewig mißvergnügt.

Armseeligster der Welt!
Wie falsch ist leider! nun dein Liebs-Compaß gestellt.
Was Schönes in Gedancken küssen,
Und das Original vermissen,
Heist im Vergnügen
Sich selbst betrügen.

Aria
An blosser Hoffnung sich vergnügen,
Muß gar ein schlechtes Labsal seyn.
Wie vielmahl pflegt sie zu betrügen,
Wie selten trifft das Wünschen ein!
Ach! Was vor Kummer, was vor Plagen
Muß nicht ein Liebender vertragen?
Er schertzt beym Liebes-Spiel, lacht küßt und sitzt in Ruh,
Doch eh er sichs versieht, so fällt die Scene zu.
(S. 105-106)
_____



Cantata

Aria
Ich will nichts von Lieben wissen,
Freyheit bleibe mir getreu.
Amors abgeschmacktes Küssen
Ist nur eitel Kinderey.
Fragt mein Hertze, fragt die Minen,
Fragt das Auge, fragt den Mund,
So wird euch zur Antwort dienen:
Auch kein Püncktgen ist verwund.

Die Freyheit soll mir gantz allein,
Die lieblichste Gespielin seyn.
Was ist gemeiners in der Welt
Als daß man auf das Lieben fällt?
Nein, ich verwerffe solche Possen,
Cupido trifft mich nicht, so offt er doch geschossen.

Aria
Wer auf Rosen schlaffen kan,
Wird sich nicht auf Disteln betten.
Amors strenge Dienstbarkeit
Stöhret die Zufriedenheit,
Weg mit den verhaßten Ketten.
Da Capo

Wie leichte kan es nicht geschehn,
Daß ein verliebtes Hertz
Den Schiffbruch muß ersehn.
Wohl dem, der an dem Port
Vernünfftig stehen bleibt
Und sich an andrer Noth und Untergang bespiegelt,
Mit einem Wort,
Mein Hertze bleibt verriegelt,
Und wenn der Schwarm der Amouretten
Es um und um belagert hätten,
So soll man doch, ich kan es heilig schwören,
Von keiner Ubergabe hören.

Aria
Die Freyheit, so mich in den Leben
Auf Tritt und Schritt begleitet hat,
Soll mir auch biß zur Grabesstatt
Dereinsten das Geleite geben.
Ich kan mein Hertze nicht verschencken,
Denn es gehört mit in das Grab.
Was würden denn die Würmer dencken?
Zög ich es ihrer Erbschafft ab.
(S. 110-111)
_____



Cantata

Aria
Sagt, ihr irrenden Gedancken!
Scheint vor mich kein Sonnen-Licht?
Ach mein Schiff fängt an zu wancken,
Weil der Sturm die Seegel bricht.
Meine Hofnung geht verlohren,
Chloris hat sich längst verschworen,
Sie verschliest vor mir ihr Hertz,
Und verlacht nur meinen Schmertz.

So muß mein Sinn auf wilden Fluthen schweben,
Ich wünsche mir den Tod und mag nicht länger leben.
Grausame, doch vollkommne Schöne,
Dient dir mein Hertze gleich zum Spott und zum Gehöhne,
So will ich doch dein Bild nicht aus denselben reissen,
Auch mitten in der Noth,
Wormit das Liebes-Meer mir Unglückseelgen droht,
Soll die Beständigkeit doch mein Polar-Stern heissen.

Aria
 Ich werde dich doch stets verehren,
Will gleich dein taubes Ohr nicht hören,
Stell ich doch nicht mein Flehen ein.
Meine Seuffzer, meine Klagen
Stummen Lüfften vorzutragen,
Werd ich unermüdet seyn.

Wie? hörest du noch nicht
Was dein verschmähter Damon spricht?
Kan die Beständigkeit dich nicht, Verstockte, rühren?
Wie lange wilst du noch tyrannisiren?
Hör auf, die Grausamkeit verstellt dein schönes Wesen,
Das Himmel und Natur uns gibt an dir zu lesen.

Aria
O! rüste doch dein zornges Auge,
Einmahl mit Liebes-Flammen aus.
Nimm alles was ich opffern kan:
Mein Blut, mein Hertz, mein gantzes Leben
Will ich dir willig übergeben
Blickst du mich nur mitleidend an.
Da Capo (S. 115-116)
_____



Betrübte Klage der Sylvia
Uber das Absterben Ihres Geliebten

Mehr als verhaßter Tag, an dem ich bin gebohren,
O Schmertz, dem in der Welt nichts zu vergleichen ist!
Mein liebster Seladon geht leider! nun verlohren,
Den meine Seele sich zur Nahrung auserkiest.
Ists möglich? kanst du mich mein andres Ich verlassen.
Ergießt, ihr Augen, euch in eine Thränen-See.
Fängt Stern und Schicksal mich auf einmahl an zu hassen?
Ach Schönster! deine Flucht gebiehrt mir eitel Weh.
Das Blut in Adern wallt, der Puls hört auf zu schlagen,
Ich bin schon halb entseelt, mein blasses Angesicht
Kan unsrer Welt vielleicht mehr als ich selber sagen,
Weil Mund und Feder mehr als halb gebrochen spricht.
Dein Sterben rühret mir das innerste der Seelen,
Dein jäher Scheide-Brief durchbohret Hertz und Brust.
Ich kan mein Leiden wohl erwehnen, nicht erzehlen,
Dem Himmel ist mein Schmertz und meine Noth  bewußt.
Dein Umgang hiese mir ein Himmel hier auf Erden,
Dein holdes Augenpaar, das nur geweyhet hieß
Und dem an Anmuth nichts kan fast vergliechen werden,
War mir ein Lust-Revir und irdsches Paradieß.
Dein süß ambrirter Mund erquickte Geist und Hertze,
Dein Arm hieß meinen Leib die schönste Ruhestatt.
Befand ich mich bey dir, so wust ich nichts von Schmertze,
Ich wurde deiner Huld und Liebe niemahls satt.
Dein und mein Hertze war in eine Form gegossen,
Dein und mein Wille hieß ein gleich gestimmter Chor.
Was hab ich nicht bey dir vor Zucker-Lust genossen,
Ich stelle sie mir noch durch Angedencken vor.
Jedoch um alles diß bin ich nunmehr gekommen,
Mein Freuden-Stern verkehrt sich in Cometen Schein,
Der Schmuck wird meinen Haupt auf einmahl abgenommen,
Ich soll durch Sturm und Wind nunmehr entblättert seyn.
Ihr Sternen! sucht ihr denn mein gäntzliches Verderben?
Ja sucht es immerhin, ich bin darzu bereit.
Ihr seht ja, wie sich Mund und Wangen schon verfärben,
Und wie der Harm und Gram mir als ein Mörder dräut.
Ach laß mich Seladon dich bald von neuen küssen,
Eh vollends Fäul und Wurm der Lippen-Pracht zerfleischt.
Ich kan und mag mich nicht von dir entfernet wissen,
Weil Lieb und Sehnsucht nun von mir dergleichen heischt.
Nimm Liebster, nimm mich mit, du solst mich völlig haben,
Ich lege mich vergnügt mit in den Sarg hinein.
Da wo mein Hertze liegt, muß man mich auch begraben,
An deiner Seite muß auch Sylvia mit seyn.
Und wilst du mir den Wunsch und solche Lust verwehren,
So siehe, Seladon, es sonder Wunder an,
Wenn du dereinst auch das von mir wirst gleichfals hören,
Was Artemisia aus Zärtlichkeit gethan.
Indessen ruhet sanfft, ihr lieblichen Gebeine!
Ich gehe wiederum nun in mein Marter-Hauß,
Worinnen ich gewiß euch Tag und Nacht beweine,
Denn mein Vergnügen ist mit euch nun leider aus.
Verläst mein matter Fuß gleich eure düstre Kammer,
 So sitz ich doch im Geist beständig an der Grufft;
Mein Hertze bleibt beklemmt, die Seele voller Jammer,
Biß mir des Himmels Winck, euch nachzufolgen rufft.
(S. 117-120)
_____



Cantata

Aria
Blauer Augen holder Schein
Strahlt allein
Tieff in meine Brust hinein.
Andre mögen Schwartze lieben,
Amor hat mirs vorgeschrieben,
Daß ein blaues nur allein
Soll mein Leib-Gestirne seyn.

Betracht ich euren Allmachts-Strahl,
So denck ich allemahl,
Daß selbst das Firmament der Welt
In euren Creyssen wird gedoppelt vorgestellt.
Ich mag und will
Kein Kind der Finsterniß und schwartzer Nächte seyn,
Was mich entzünden soll, führt Licht und hellen Schein,
Wie solt ich nicht an euren Glantz und Licht
Mein Sehnsuchts-volles Auge weyden,
Da sich die Götter selbst in eure Farbe kleiden.

Aria
 Eure Strahlen-volle Blicke
Heissen rechte Zauber-Stricke,
Hertz und Freyheit geht dahin,
Wann ich euch recht in der Nähe,
Blau-gefärbten Augen, sehe,
Weydet sich mein Aug und Sinn.

Jedoch was nutzet mir
Dergleichen Lust und Augen-Weyde?
Wenn ich dafür
In meiner Seele leide?
Ihr setzt mein Hertze zwar im Brand,
Allein durch Löschen thut ihr keinen Widerstand.

Aria
Bespiegelt euch, ihr unbarmhertzgen Augen!
An Jovis Flammen-reichen Strahl.
Sein Blitz und Keil zünd offters an,
Doch löscht er auch durch Regen wieder;
Ihr aber habt nur Lust daran
Und brennte gleich darbey mein gantzes Hertze nieder.
Da Capo (S. 121-122)
_____



Cantata

Aria
Ich bin frey von Amors Ketten
Und verlache dessen Pfeil:
Solt ich Freyheit und mein Leben
Hertz, Vernunfft, Geist, Seel, und Sinn,
Dem Tyrannen übergeben?
Dem ich so gehäßig bin;
Nein, er hat an mir kein Theil.
Da Capo

Mit solchen Vorsatz schlieff, bey Lunens Silber-Schein,
Der trotzige Mirandor ein,
Jedoch er hatte kaum die Augen zugethan,
So gab sich Amor schon im Traum und Schlummer an,
Und legt im Bild ihm eine Schönheit dar,
Die sonder ihres gleichen war.
Kaum daß er dis Portrait erblickt,
So wurd er gantz entzückt,
Und so, daß er nunmehr bey tieff gehohlten Ach!
Diß zu sich selber sprach:

Aria
Welch angenehmes Götter-Bild
Bezaubert mir Hertz, Sinn und Geister:
Annehmlichste der gantzen Welt!
Dir sey mein Hertze zugestellt,
Ich bin von mir nunmehr nicht Meister.
Si replica

Armseelger Mensch!
Die Röthe steigt dir in dein Angesicht,
Du weist wahrhaftig nicht, wie dir in Schlaf geschieht.
Wie groß hast du vorher gethan,
Und jetzo betst du gar ein blosses Bildniß an.
Kaum daß er diß gesagt, erwacht er wiederum
Und sahe sich verwirrt auf seinen Lager um,
Er merckte zwar, daß es ein Traum gewesen,
Doch weil ihm Morpheus Phantasey
An einen blossen Conterfey
Ließ gantz was Ungemeines lesen,
So ward er würcklich so entzückt,
Daß er der Flüchtigen die Seuffzer nachgeschickt:

Aria
Schönste! bist du nicht mehr hier?
Engels-Kind, ach sage mir,
 Wilst du dich so früh verstecken,
Und mir Schmertz und Pein erwecken?
Deine Flucht betrübet mich,
Meine Seele sehnet sich.
Morpheus laß es bald geschehn,
Daß ich sie mag wieder sehn.

Ihr Götter, sagt mir, wo ich bin,
Wo ist mein Hertz und wo die Freyheit hin?
Ich bin im Schlaff darum gekommen,
Die Schöne hat von mir
Den gantzen Menschen mitgenommen.
Kan mich der stumme Riß von ihr
So gleich in Band und Fesseln schlagen,
Was würde da Mirandor vollends sagen,
Wenn Glück und Stern ihm günstig hieß,
Und das Original davon erblicken ließ.

Aria
Will gleich der Mund die Quaal verschweigen,
So spricht das Hertze: rede doch!
Wer kan dir, Schönste, widerstreben?
Mein Hertze bleibt an deinen kleben,
Ich fühle leider nun ein Centner schweres Joch.
Da Capo

Wie wohl war mir zuvor,
Eh ich der Freyheit Gold verlohr,
Ich wuste nichts von Sehnsucht, Pein und Schmertzen,
Doch deiner Augen Allmacht-Strahl
Setzt meine Seel in Angst und Quaal.
Ach! reiß doch wiederum den Pfeil aus meinen Hertzen.

Aria
Erbarmet euch, ihr holden Augen!
Und last euch mich im Leben sehn:
Wo nicht, so könt ihr leicht ermessen,
Daß mich muß Quaal und Sehnsucht fressen,
Es ist gewiß um mich geschehn.
Si replica

Entschliesse dich,
Mein andres Ich!
Doch nein! ich darff nicht dran gedencken,
Du bist mit meinen Traum zugleich auch weggeflogen,
Des Morpheus Schattenwerck hat leider mich betrogen.

Aria
Stöhre mich im Schlaf nicht ferner,
Amor, durch diß schöne Bild.
Laß den abgematten Geist sich an Rast und Schlummer laben,
Den dein Frevel unterbricht.
Ich begehr es nicht zu sehn, was ich nicht soll wachend haben,
Mag ich auch im Schlafe nicht.
Da Capo (S. 131-135)
_____



Als er sich über ihre Härtigkeit beklagte

Geliebtes Engels-Kind! dein unempfindlich Wesen,
Das mir dein kaltes Hertz und Auge gibt zu lesen,
Verzehrt mir Marck und Bluth aus Adern und Gebein,
So daß ich leider! muß ein halber Mensche seyn.
So oft die Leidenschafft mich heist mit dir besprechen,
So suchst du das Gespräch mit List zu unterbrechen.
Dein Hertz ist Felsen gleich und dein verstockter Sinn
Macht, daß ich meiner nicht, wie vor, mehr mächtig bin.
Du merckst wohl meinen Schmertz, und doch muß ich mich quälen,
Die Sehnsucht rühret mir das innerste der Seelen.
Mein Hertz verwelckt dabey wie dürres Espen-Laub,
Und dennoch bleibest du bey meinen Bitten taub.
Ihr Sterne! helfft mir doch ihr Hertze mit erbitten,
Ihr wist, was ich bißher um selbige gelitten.
Wiewohl es ist umsonst, ihr seyd so schwach als ich,
Ihr harter Sinn verlacht euch ebenfals wie mich.
Ach strenge Flavia, behertzge dein Beginnen,
Du siehst das herbe Naß der Thränen hefftig rinnen,
Und doch wilst du dabey ein Scyth und Barbar seyn;
Verbleibt denn deine Brust noch immer Stahl und Stein?
Besinne dich, mein Kind, laß Härt und Kälte schwinden,
Du kanst leicht auf der Welt wohl keinen Menschen finden,
Der dich so zärtlich liebt, mehr als sein Auge hegt,
Und sich zu deinen Fuß mit grössrer Ehrfurcht legt.
Verstelle dich nur nicht, als köntest du nicht lieben,
In deiner Augen Paar steht warlich was geschrieben,
Woraus ein iederman mehr als zu deutlich schaut,
Die Liebe habe dir ihr Wappen anvertraut.
Hör auf, Annehmlichste, mich fernerweit zu quälen,
Die Großmuth ist ja sonst das Merckmahl schöner Seelen,
O laß doch selbige dir auch zur Seiten stehn,
Damit ich mit Triumph kan in dein Hertze gehn.
Die Hoffnung scheinet mich noch immer zu begleiten,
Obgleich mein Hertze will mit Furcht und Zweifel streiten.
Erbarm, O Schönste! dich, ertheile mir Bericht,
Ob mir nunmehr dein Mund ein gnädig Urthel spricht.
Fehl ich, so will ich mich in mein Verhängniß  schicken,
Und nunmehr weiter nicht nach etwas andern blicken,
Vielleicht kan dir, wie mir, dergleichen auch geschehn,
Wenn sich dein Augen-Paar was liebes ausersehn.
(S. 136-138)
_____



Cantata

Aria
Fragt mich nicht, ihr schönsten Augen,
Was mein Hertz in Fesseln schlägt;
Eure Reitzungs-vollen Blicke
Raubten mir der Freyheit Gold,
Wann ihrs gleich nicht haben wolt,
Nehm ich es doch nicht zurücke,
Denn dergleichen Sclaverey bringt mir Lust und eitel Ruhm,
Warlich ich vertauschte sie nicht mit einen Käyserthum.
Da Capo

Jedoch was hilfft es mir,
Daß ich mit meiner Ketten-Last,
Die du, Stellanie, mir angeleget hast,
Vor aller Welt so triumphire,
Da doch dein Hertz, wie ich verspühre,
Mir leider zu verstehen gibt,
Daß es nur hohe Seelen liebt.

Aria
 Schweigt, ihr unbesonnen Lippen!
Und verbeist Verlust und Schmertz
Gebt der Welt nicht zu verstehen,
Daß ihr müßt in Ketten gehen,
Denn sie treibt mit euch sonst Schertz.
Da Capo

Ach zürne nicht, erlauchtes Götter-Bild,
Daß ich den Schmertz, der mich in meinen Banden
Bisher gedrückt, so frech und frey gestanden;
Ich weiß, daß Crito nichts in deinen Augen gilt,
Dein Strahl, dem man nicht leicht entfliehen kan,
War einig Schuld daran.
Du kanst mir doch, Erzürnte, nicht verwehren,
Daß ich bey deinen Haß dich dennoch muß verehren.

Aria
Fluche nicht auf meine Liebe,
Weil ich es nicht ändern kan,
Denn der Ursprung meiner Triebe
Fieng von deiner Schönheit an.
Held- und Riesen müssen zittern,
Weil ein einger Blitz von dir
Muß sogleich ihr Hertz zersplittern,
Engels-Kind, vergib es mir.
(S. 139-140)
_____



Cantata

Aria
Fürcht euch nicht, verzagten Sinnen,
Daß mein Geist entrissen wird:
Amor findet kein Gehör,
Wenn er auch ein Riese wär,
So soll er mir doch nicht der Freyheit Gürtel rauben,
Sein Arm ist viel zu schwach, ihr könt es sicher glauben.
Da Capo

Es mag auch alle Welt
Den so beschriehnen Wunder-Held
Unüberwindlich nennen,
So wird er mich doch nicht zu Boden werffen können,
So reitzend er auch seine Minen,
Wodurch er manches Hertz bewegt,
Uns offtermahls zu machen pflegt,
So müssen selbge mir recht zum Gelächter dienen.
Ich fürchte weder Pfeil noch Bogen,
Wie vielmahl hat er sich nicht schon,
Zu nicht geringen Spott und Hohn,
In seinen Schuß betrogen?
Mein Hertze liegt zu weit entfernt,
Wenn er nicht besser schiessen lernt,
So wird er nimmermehr,
Hört! wie man ihn muß äffen,
Mein Hertze treffen.

Aria
Amor, bilde dir nicht ein,
Daß ich würde zinßbar seyn.
Wird dein Altar, du stummes Götzen-Bild,
Von andern gleich mit Opfern angefüllt,
So soll er doch von mir kein Körngen Weyrauch schmecken,
Ich kan ohnmöglich mich mit kleinen Kindern zecken.
Da Capo

Nein, glaube nicht
Daß diß geschicht,
Erspahre ja den Rest von deinen Pfeilen,
Es ist umsonst,
Ich kan mein Hertz nicht theilen.
Der Musen-Gott soll nur allein
Davon der Eigenthums- und Erb-Herr seyn.
Der Pierinnen Sayten-Spiel,
Das mir von Jugend auf gefiel,
Kan mir die Zeit,
In meiner stillen Einsamkeit,
Mehr als zu wohl vertreiben,
Drum will ich ihm auch treu verbleiben.

Aria
Euch ihr lieblichen Gespielen,
Bleibt mein Hertze zugethan:
Last uns Creiß und Reihen machen,
Singen, spielen, schertzen, lachen,
Und wann Amor uns im Spiel,
Durch sein Blendwerck stöhren will,
Wollen wir dem kleinen Geck, Brunst und Kützel zu vertreiben,
Sein vertracktes Haut und Fell mit den schärffsten Nesseln reiben.
Da Capo (S. 144-146)
_____



Cantata

Aria
Meine Doris zu erlangen,
Wag ich alles auf der Welt,
Weil die Anmuth ihrer Wangen
Hertz und Geist gefangen hält.
Ruh und Freyheit ist verlohren,
Wunderschön ist der Verlust;
Drum hab ich mich ihr verschworen,
Sie beherrschet meine Brust.

Ich küsse dich, doch nur in den Gedancken,
Mein Schiff der Liebe will zwar wancken,
Allein es kan vielleicht den Port,
Geliebte Doris, bald erreichen,
Den längst gewünschten Ort,
Allwo das widrige Geschicke,
Nach einen aufgeklärten Blicke,
Vor uns muß doch zuletzt die stoltzen Seegel streichen.

Aria
Stellet ihr mißgönstgen Sterne!
Euren Groll und Feindschafft ein,
 Helfft uns beyden doch zusammen,
Weil die starcken Liebes-Flammen
Nimmermehr zu löschen seyn.
Da Capo

Jedoch mir ist,
Als säh ich das, was ich bisher vermißt,
Bereits vor meinen Augen stehen.
Ihr Sternen, last mich ihr entgegen gehen,
Die Hofnung hat nunmehr gesiegt,
Ich finde das, was mich vergnügt.

Aria
Liebster Engel, bist du da,
Sage doch ein gütig Ja.
Sprich ein Wort, das mich entzücket,
Da das Glück es so geschicket,
Daß ich dich, erwünschter Tag!
Wiederum umarmen mag.
O! so soll das Rund der Erden
Mir zum Paradiese werden.
(S. 151-152)
_____



Cantata

Aria
Verschmähtes Hertz, zur Rache!
Verachte Lieb und ihre Lust;
Vertilg ihr Bild aus deiner Brust.
Chloris sucht dich zu verlassen,
Kanst du das geschehen lassen,
Nein, verschmähtes Hertz, zur Rache!

O widriges Geschicke!
Die Ungetreue nimmt
Schwur, Eyd, und Wort zurücke.
Bundbrüchige! wo bleibt denn dein Versprechen?
Kanst du so frech der Treue Siegel brechen?
Wohlan! Ich will nunmehr die Rache kühlen,
Du solst den Lohn, den deine Missethat
Von mir mit Macht erzwungen hat,
Mehr als empfindlich fühlen.

Aria
Ich will die Mammeluckin meiden,
Und sie nicht mehr vor Augen leiden,
Alecto, du solst Mörder seyn.
Hilff mir den falschen Leib zerstücken,
 Und das verfluchte Hertz zerpflücken,
Zur Kühlung meiner Rach und Pein.

Die Welt mag sagen, was sie will,
Ich bleibe doch bey meinen vorgesetzten Ziel.
Wie könt ich mir wohl anders Ruhe schaffen?
Als daß ich durch Alectens Waffen
Dasjenige, was mich betrübt,
Und nunmehr etwas anders liebt,
Auf eine mehr als zu gerechte Weise,
Mir aus den Augen reisse.

Aria
Mein Eigenthum, das ich besasse,
Kömmt nicht in eine frembde Hand.
Viel lieber laß ich es geschehn,
Daß das, was vormals mich vergnüget,
Erstarrt zu meinen Füssen lieget,
Als daß ich solches Schmertzensvoll
Zu meiner Schmach und Schande soll,
In andern Schoose ruhen sehn.
Da Capo (S. 156-157)
_____



Crito an die Magdalis

Geliebte Magdalis, Annehmlichste der Erden,
Verschmähe nicht mein Blat, das dir die Hände küst.
Ich weiß, daß du nicht kanst entrüstet drüber werden
Weil jeder, der dich sieht, nicht mehr sein eigen ist.
Betrachtet man an dir die Rosen-schwangern Wangen,
Der Lippen Purpur-Schein, der Augen Majestät,
So wird ein Rieß und Held gefesselt und gefangen;
Was Wunder? wann es so dem schwachen Crito geht.
Mein Hertze liegt so hart, als Fuß und Hand, geschlossen,
Mich drückt ein hartes Joch, die Freyheit ist dahin.
Dein Strahl ist gar zu tieff in Marck und Blut geschossen,
Ich geh als wie in Traum, und weiß nicht wo ich bin.
Dein Wesen, das man muß gar unvergleichlich nennen,
Und deine Seltenheit hat mich so starck gerührt,
Daß man, ich kan es selbst nicht sonder Scham bekennen,
Gar nichts mehr menschliches an deinen Knecht  verspührt.
Hast du nun, Engels-Kind, mir alles diß entrissen,
Was uns zum Menschen macht, so will ich auch nunmehr
Nichts mehr vom Uberrest, der mir verblieben, wissen;
Nimm alles vollends hin und gib mir nur Gehör.
Ich schwöre, daß mein Hertz von dir wird nimmer wancken,
Dein Bild bleibt meiner Brust auf ewig eingeprägt,
Denn Crito opfert dir, Geist, Sinnen, und Gedancken,
So lange biß man ihn zu den Erblaßten legt.
Du kanst nicht, Magdalis, auf mein Beginnen fluchen,
Weil selbiges von nichts, als deiner Schönheit stammt,
Und wirst vorhero wohl den Fehler untersuchen,
Eh mich dein schöner Mund aus Ungedult verdammt.
Mein Geist muß zwischen Furcht und Hofnung leider! schweben,
Mein Engel, schreibe doch, ertheile mir Bericht,
Was ich mir Armen soll hierauf zur Antwort geben,
Und ob mir Magdalis ein gnädig Urtheil spricht.
Erschreck mich, Schönste, nicht durch widriges Bezeigen,
Denn soltst du gegen mich etwan tyrannisch seyn,
So wirst du deinen Knecht mehr als empfindlich  beugen,
Du stürtzest vor der Zeit mich in die Grufft hinein.
Die Grausamkeit kan nicht so schöne Seelen kleiden,
Die Großmuth heist vor sie die schönste Liberey.
Laß deinen Crito nicht so lange Marter leiden,
Ach! mache selbigen von Band und Fesseln frey.
Es hat zwar die Natur dich, als ein Meister-Stücke,
Aus zarten Marmor-Stein und Elfenbein geschnitzt;
Doch glaub ich, daß ein Hertz, und diß zu meinen Glücke,
In deiner Schwahnen-Brust von zarten Fleische sitzt.
Verwirrte Zeilen geht, schmiegt euch zu ihren Füssen,
Um die sich Crito schon aus Demuth wind und flicht;
Die Sehnsucht heisset mich, erlesner Engel, schliessen,
Ich schliesse zwar den Brief, doch meine Hoffnung nicht.
(S. 158-160)
_____



Magdalis Antwort an Crito

Ich lache, wenn man will von Lieb- und Sterben reden,
Drum kömmt mir auch dein Blat recht frembd und artig für.
Die Liebe wird so leicht wohl keinen Menschen töden,
Es ist ein falscher Wahn, ach! Crito, glaub es mir.
Dein Kiel versteht die Kunst dem Frauen-Volck zu schmeicheln,
Er hat ein Probe-Stück bey mir auch abgelegt;
Doch wir verstehen auch der Männer süsses Heucheln,
Wir wissen lange schon, wie viel der Seiger schlägt.
Du setzest, schlauer Freund, mich in der Schönen Orden
Und dichtest mir so viel von Treflichkeiten an,
Daß ich, indem ichs las, recht schamroth bin geworden,
Weil ich die Schmeicheley nicht wohl vertragen kan.
Jedoch dadurch läst sich mein Hertze gar nicht beugen,
Ich achte keine Lieb und auch kein Schmeicheln nicht,
Denn wisse, daß durch dein so zärtliches Bezeigen,
Der allergröste Tort mir in der That geschicht.
Die Klagen, welche mich läst deine Feder lesen,
Als hätt ich, Crito, dir die Fesseln angelegt,
Seynd ein erdichtetes und falsch-verstelltes Wesen,
Das Morpheus dir vielleicht in Traum hat eingeprägt.
Mein! Warum solt ich dich in Band und Fesseln schlagen,
Du hast ja nichts gethan, so viel mir wissend ist;
Ein Missethäter muß nur solch Geschmeide tragen,
In deren Rollen du doch nicht zu setzen bist.
Dein Leiden soll von mir und meiner Schönheit stammen,
Du thust, als hätt ich dich in Gluth und Brand gesetzt,
Ich weiß kein Wort davon, weil niemals unsre Flammen,
Die der Camin und Heerd erregt, ein Hertz verletzt.
Es sehnet sich dein Geist das Urtheil anzuhören,
Das meine Feder dir bey deinen Vortrag spricht;
Allein auch dieses will die Ohnmacht mir verwehren,
Ich bin, du weist es ja, kein Rechts-Gelahrter nicht.
Doch kan ich dir so viel nur in Vertrauen sagen,
Daß die, so dieses schreibt, ein Feind vom Lieben heist,
Sie wird sich mit dem Gold der edlen Freyheit tragen,
So lange sich noch Blut in ihren Adern weist.
Man hat die Liebe mir recht furchtbar vorgerissen,
Cupido solte blind, bedenck es Crito, seyn;
Wir könten, liebten wir, nicht unser Unglück wissen,
Wie offtermahls bricht nicht ein Blinder Hals und Bein.
Nein, solchem Unfall muß ein kluger Mensch entgehen,
Entreisse ja dein Hertz des Amors Netz und Strick;
Und daß du besser kanst auf Hut und Wache stehen,
So schick ich selbiges dir wiederum zurück.
(S. 161-163)
_____



Cantata

Aria
Kommt, ihr flüchtigen Napäen!
Last uns in die Fluhren gehen,
Wo Diana Hofstatt hält.
Last uns jagen, last uns hetzen,
Jagen bleibet mein Ergötzen,
Meine Lust, so mir gefällt.

Weg mit der Liebe Phantasey!
Mein Hertze bleibt von ihren Anfall frey.
Last die und jene Schäfferin,
Die Amor jämmerlich geschossen,
Sich immerhin
An den verliebten Possen,
Die Tityrus und Tyrsis macht
Und die die kluge Welt belacht,
Vergnügen und die Zeit vertreiben,
Mich soll man leichte nicht zu solchen Thoren schreiben.

Aria
Ihr angenehmen Büsch und Thäler!
Ihr seyd mein liebster Auffenthalt:
 Wenn andre sich bey schwielen Tagen
Durch Liebes-Hitze martern, plagen,
So hetz ich in dem kühlen Wald.
Da Capo

Der Jäger-Hörner Schall, der durch die Lüffte fährt,
Kan uns weit mehr vergnügen,
Als wann man bey Verliebten hört
Viel abgeschmackte Seuffzer fliegen;
Wie viel bemühen sich so Garn als Netz zu stellen,
Um des Geliebten Hertz zu fällen;
Allein sie können doch nichts fangen,
So eyfrig und entbrandt sie selbgen nachgegangen.
Jedoch in unsrer Fluhr
Kan uns kein Wild entspringen,
Der Fang, verbleibt man auf der Spuhr,
Muß allezeit uns wohl gelingen.
Drum liebsten Schwestern auf! legt eure Waffen an,
Diana ist schon längst voran,
Last uns an Jagen und an Hetzen
Bey dieser schönen Zeit ergötzen.

Aria
Edle Lust, beliebtes Jagen,
Angenehmer Zeitvertreib,
Dir will ich Hertz und Freyheit schencken
 Und nicht an Amors Possen dencken,
Ja wolt er mir mit seinen Angriff dräuen,
So muß er sich vor meinen Waffen scheuen.
Da Capo (S. 164-166)
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Cantata

Aria
Angenehmsten Blicke!
Kommt und eilt zurücke,
Ach ich sehne mich.
Sonder euch zu leben
Ist mir nicht gegeben,
Komm mein andres Ich.

Entflohner Damon, meine Brust
Weiß jetzo leider! nichts von Schertzen, Freud und Lust,
Drum eile doch, ach eile bald zurücke,
Weil ich mich schon im Geist an dir erquicke.
Beflügle deinen Lauf,
Denn Phyllis wartet ängstlich drauf.
Ists möglich, daß du dich so lange kanst entfernen?
Welch widriges Verhängniß von den Sternen,
Gedenckst du nicht bald auf die Wiederkehr?
Dich zu entbehren fällt mir schwer.

Aria
Könnt ich nur mein Hertz bekommen,
Das mir Damon mitgenommen,
 Doch es kan nicht möglich seyn.
Nun er mag es auch behalten
Und mit selbgen schalt- und walten,
Es gehört ihm gantz allein.

Ich kan mich nicht vor unsrer Welt verstellen,
Ein ieder mag sein Urtheil drüber fällen,
Mein Hertze liebet was, das liebenswürdig heist
Und mir recht viel Vergnügen weist.
Verlacht mich immerhin
Ihr spöttischen und höhnschen Seelen!
Ich laß ihn doch nicht aus den Sinn
Und werde weiter nichts zu meiner Lust erwehlen,
Als Damon, den mein Geist mit sehnlichen Verlangen
Wünscht balde zu umfangen.

Aria
Ich küß euch schon, ihr schönen Wangen /
Den euer allzu holdes Prangen
Hat mich zu dem Geständniß bracht.
Ohn euch wird mir das Rund der Erden
Zu einen düstern Kercker werden,
Biß mir die Sonne wieder lacht.
(S. 169-170)
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Cantata

Aria
Ach lockt mich nicht, ihr artgen Augen,
Durch eure süsse Zauberey.
Vielleicht soll ich zum Schertze taugen /
Nein, nein, ich bleibe lieber frey.
Ich kenne die verstellten Blicke,
Wie balde nehmt ihr sie zurücke,
Ihr lachet, weil ich euch geliebt,
Ihr schertzet, weil ihr mich betrübt.

Mein Hertze, waffne dich mit Unempfindlichkeit
Und sey nicht gleich zur Gegen-Gunst bereit,
Obgleich ein falscher Blick mit eyfrigen Verlangen
Die Freyheit sucht zu fangen.
So sang Caliste dort, die auf dem bunten Graß
In ihrer Einsamkeit vor sich gelassen saß.
Sie überlegte wohl des Amors List und Tücke,
Die Schlingen und verführschen Stricke,
Und sahe bey dem ihr gemachten Schertze,
Durchs Fern-Glaß der Vernunfft in diß und jenes Hertze.
Nein! sprach sie, hier ist nicht zu trauen;
Wer Amors glatten Worten glaubt,
Wodurch er uns die Hertzen raubt,
Der wird auf Sand und Schalen bauen.

Aria
Ihr säusselnden Winde,
Kommt, wehet geschwinde
Des Amors Pfeil und Seufzer weg.
Ich mag mit diesen falschen Knaben
Nichts weiter mehr zu schaffen haben /
Die Freyheit bleibt mein eintzger Zweck.

Ihr Blumen mögt euch immerhin
Bey Zephyrs sanfften Lispeln küssen,
Mein fest gesetzter Sinn
Will nichts von Gegen-Liebe wissen;
Die Vorschrifft ist umsonst, die ihr mir hier gegeben,
Das Lieben ist nur Phantasey,
Mein Auge bleibet nicht an eurer Buhlerey
Durch Reitzung und Verführung kleben.
Die Liebe hat gar offt entdeckt,
Was vor ein bittrer Kern in süssen Schalen steckt.

Aria
Amor, komm mir nicht zur nahe,
Warlich du verspiehlst bey mir:
Wagst du / frecher Cörper! diß,
 O so will ich gantz gewiß,
Um die Schmach an dir zu rächen,
Köcher und den Pfeil zerbrechen,
Und die Flügel dir zum Spott,
Unverschämter Liebes-Gott,
Läst du dich noch einmahl finden,
Wie den Bauer-Gänsen binden.
Da Capo (S. 176-178)
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Cantata

Aria
Nichts vermag uns mehr zu quälen,
Als die eyfersüchtgen Seelen,
Argus, der beständig wacht,
Kan auch nicht mit hundert Augen
Solchen tollen Argwohn saugen,
Als sich mancher Träumer macht.

O bildet euch nicht ein
Daß man euch kan, ihr Thoren, günstig seyn,
Wann nichts, als Eifersucht, aus Wort und Minen blitzet,
Und ihr das goldne Vließ, bey dem ihr lauschend sitzet
Nach Drachen-Art,
So Tag als Nacht bewahrt.
Dergleichen Irrlicht führt, wenn euch zu rathen stehet,
Wahrhafftig von dem Weg, der zu dem Hertzen gehet.

Aria
Sucht euch, ihr eyfersüchtgen Gecken,
Mit solchen Gifft nicht zu beflecken,
Das uns ein Grauen machen kan.
 Ein jedes Blat, das sich nur reget,
Macht, daß ihr neuen Argwohn heget,
Es käm ein Neben-Buhler an.

Was nutzt euch solche Furcht, die ihr euch selber macht,
Und die die kluge Welt belacht?
Ihr denckt, ihr müstet gantz allein
Der Hahn im Liebes-Korbe seyn,
Und wißt doch selber nicht,
Ob man, so süß es euch pflegt offtermals zu träumen,
Euch Willens ist ein Plätzgen einzuräumen.
Ihr schmeichelt euch, wie offt geschicht,
Mit eitler Dunst;
O lernet zu vorher die Kunst,
Die Sache besser anzufangen,
Wenn man der Damen Gunst und Hertze will erlangen.

Aria
Die Freyheit haßt Befehl und Zwang,
Die Liebe dultet kein Gesetze.
Mag wohl auf dieser gantzen Erden
Was thörichters ersonnen werden?
Als wenn man Vögeln schon voraus die Schwingen bind,
 Die doch noch nicht gefangen sind.
Da Capo

Nein, solche Ruthen bindet man
Sich nicht auf seinen Rücken.
Wer andre nicht mit in Gesellschafft leiden kan,
Und solche tolle Sucht im Umgang läst erblicken,
Der macht sich überall verhast,
Und wird dem weiblichen Geschlechte recht zur Last.
Man macht ein grosses Creutz vor ihn.
Bescheidenheit gewinnt weit mehr, als Eigensinn.

Aria
Schertzen, lachen, tantzen, spielen,
Heist der Damen Zeitvertreib:
Nimmt ein jeder Theil daran,
Der in ihren bunten Reihen
Hertz und Geist will mit erfreuen,
Sieht man ihn vor artig an.
Doch wenn einer in dem Spiel
Immer oben schwimmen will,
So muß man ihm sodann bald zu verstehen geben,
Er wisse nicht zu leben.
Da Capo (S. 179-182)
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Als der verliebte Schäfer Amyntas seine geliebte Schäferin
verlohren hatte, und ungefehr wieder fande

Geist, Leben, Hertz und Muth, und alles ist verlohren,
Seit dem ich das vermist, was unentbehrlich heist
Myrtille, meine Lust, der ich die Treu geschworen,
Sag an, durch welche Fluhr dein liebster Fuß jetzt reist.
Wie schmertzt mich dein Verlust, ich darf ihn nicht erwehnen,
Ihr Schäfgen schertzt und spielt, bey meiner Noth und Pein;
Ich Armer aber muß, bey Grämen, Seuffzen, Sehnen,
Von eurer Freud und Lust ein Schmertzens-Zeuge seyn.
Ach! freylich wißt ihr nicht den Quell von meinen Leiden,
Das mehr als Centner schwer und unerträglich ist,
Wie soll mein Auge sich an dieser Gegend weiden?
Die meine Schäferin mit mir zugleich vermist.
Myrtylle, deine Flucht, worauf du bist gekommen,
Macht, daß Vernunfft und Geist von mir auch leider flieht.
Du hast mein Hertz mit dir, Abtrünnige, genommen,
Das über Berg und Thal mit dir im Lauffen zieht.
Die Heerde steht verwäyßt, mein Schutz hat sie verlassen,
Ich sorge gar nicht mehr vor sie, wie sonst geschicht
Denn da dein Auge mich scheint, Flüchtige, zu hassen,
So acht ich auch nunmehr vor Schmertz der Heerde nicht.
Such ich dein Bildniß vor, so muß ich, Schönste, sagen,
Daß jeder Blick darnach mich aus mir selber setzt.
Mir ist, als wolten mich die Rosen-Lippen fragen,
Ob sich mein Augen-Paar noch mit den Deingen letzt.
Du rufst mir, denck ich zu, wie? hast du mich vergessen,
Dein lasser Fuß hat ja sich noch nicht aufgemacht.
Du hast in sichrer Ruh und Rast bisher gesessen
Und an Myrtillen wohl noch nicht einmahl gedacht.
Ach nein! dein Vorwurff ist recht sündlich zu benennen,
Ich gehe, wie du siehst, im Traume stets herum.
Die Sehnsucht heisset mich durch Fluhr und Wälder rennen,
Ich sehe mich nach dir in den Gebüschen um.
Mich schreckt ein rauschend Blatt, es zittern alle Glieder,
Angst, Zweifel, Furcht und Noth, nimmt die  Gedancken ein,
Voll Kummer leg ich mich in meine Hütte nieder,
Voll Sorgen findet mich auch des Orions Schein.
Ihr Sterne, saget doch, wer hat sie mir entrissen?
Ist ihr was widriges von ungefehr geschehn?
Hat sie ein wildes Thier vielleicht wohl gar zerrissen?
So last mich doch von ihr das Uberbleibsel sehn.
Indem er dieses sprach, so zeigte sich Myrtille;
Hilff Himmel! rufft er aus, ist diß der Geist von ihr?
Doch ward er wiederum im Augenblicke stille
Und stellte sich erfreut ihr holdes Wesen für,
Sie lag im grünen Klee, im allertieffsten Schlummer,
Drum setzt er sich gemach an ihre Lagerstatt:
Was machst du, sprach er, mir, mein Kind / vor Sorg und Kummer?
Den dein Amyntas doch nunmehr nicht nöthig hat.
Heißt dich ein süsser Schlaf hier deine Glieder strecken,
So will ich, gönn es mir, ein treuer Wächter seyn,
Und deine Schwahnen-Brust vor Hitz und Strahlen decken;
Ach stimme, Schäferin, in mein Verlangen ein!
Er küßte Hand und Mund gantz unvermerckt und sachte,
Damit die Schöne nicht, die hier so sanffte schlieff,
Und im Gebüsche lag, von dem Geräusch erwachte
 Und ihm nicht wiederum aus Garn und Netze lieff.
Doch eh er sichs versah, so regten sich die Glieder,
Er sah sie gantz entzückt, sie ihn halb schamroth, an.
Ach! find ich, brach er aus, dich hier, mein Engel, wieder,
Dich, die ich auf der Welt gar nicht entbehren kan.
Du glaubst nicht, was mein Hertz bisher um dich gelitten;
Ich suchte dich mit Schmertz, und habe Tag und Nacht,
Durch meiner Thränen-Naß, das Graß, auf Tritt und Schritten,
Weit stärcker angefeucht, als es Aurora macht.
Myrtillens Hertze brach vor Mitleid und Erbarmen,
Die Gegenwehr war hin, sie merckte seine Pein;
Drum ließ sie sich von ihm in reiner Lieb umarmen,
Und schwuren beyderseits einander treu zu seyn.
(S. 183-186)
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Cantata

Aria
Ich lieb, und sage Nein,
Wie kan das möglich seyn?
O ja! wer wolte sich nicht heut zu Tag verstellen /
Die Welt mag, wie sie will, ihr Urtheil drüber fällen.
Ich lieb, und sage Nein,
Wie kan das möglich seyn?

Zerbrecht, Neugierigen, euch nicht den Kopf entzwey,
Wer mein Geliebter sey.
Ich weiß, daß Amor, den ihr fragt,
Euch mein Geheimniß schwerlich sagt,
Der lose Schalck sucht euch zu äffen,
Ihr werdet leichte nicht das rechte Fleckgen treffen.
Schreyt, wen ihr wolt, gleich vor mein Schooß-Kind aus,
Ich mache mir gar nichts daraus.

Aria
Amor läst sich nicht so leicht
In sein Cabinettgen sehen:
Auch das hellste Perspectiv
Wird das Auge hier betrügen.
Was in unsern Hertzen tieff
Und verborgen pflegt zu liegen,
Muß man vor neubegiergen Seelen.
Und Spöttern unsrer Welt verhehlen.
Da Capo

Drum quälet euch nur weiter nicht,
Ihr werdet doch darbey nicht euren Zweck erlangen,
Begnüget euch an dem Bericht,
Ich sag es selbst, ich bin gefangen;
Doch mein geliebter Gegenstand
Wird euch so leichte nicht bekant.

Aria
Zweyer Wangen
Holdes Prangen
Bleibt dem Hertzen eingeprägt.
Doch muß kein einiges Gebein von Menschen wissen,
Was mir die Freyheit hat durch Blick und Glut entrissen
Und wer die Fesseln angelegt.
(S. 187-188)
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Als sie ihm auferlegte nichts mehr in seinen Briefen
von Cupido zu erwehnen

Dein Kiel hieß, Seladon, mir angenehm und lieb,
So offt mir selbiger was artges überschrieb;
Doch geb ich dir darbey zugleich auch diese Lehre,
Vermeide künfftig hin, was ich nicht gerne höre.
Du weist, Cupido muß so forn als hinten seyn,
Wenn deine Muse mir ein Blättgen sucht zu weyhn;
O laß diß Götzen-Bild, wofern es kan geschehen,
Ins künfftige nicht mehr in dein Concept mit sehen.
Was heimlich bleiben soll, vertraut man Knaben nicht,
Durch deren Plaudern offt Verrätherey geschicht.
Du kanst ja, wie du wilst, die nette Feder rühren,
Was läst du dir ein Kind die Hand im Schreiben führen?
Die Liebe hat mit mir wahrhafftig nichts zu thun,
Drum laß den Amor doch mit seiner Mutter ruhn.
Er hat schon so genung mit seinen Liebes-Waffen,
Die Welt ist gar zu groß, so hier als dar zu schaffen.
Ach traue nicht dem Schalck, der sich zwar ehrbar stellt,
Doch bey der Gleißnerey den Trug zurücke hält.
Es ist mit selbigen wahrhafftig nicht zu schertzen,
Er raubt, so arg er kan, und stiehlt der Menschen  Hertzen.
Du siehest, Seladon, liß es nur mit Bedacht,
Wie sehr Asterie vor deine Ruhe wacht.
Wie leichte könt er dir, bey so gestallten Sachen,
Dein Hertz gantz unvermerckt zum Mammelucken machen;
Und stähl er selbges dir, so dürffte wohl die Welt,
Die dich, du bist es auch, vor gantz vollkommen hält,
Beliebter Seladon, so dann verstümmelt heissen,
Du köntst dein Hertz nicht mehr, das schönste Stückgen, weissen.
(S. 190-191)
_____



Cantata

Aria
Amor geh mir aus den Augen,
Ich werde dir recht Spinnefeind:
Läst du dich wiederum auf meiner Schwelle blicken,
Mich durch dein Gauckel-Spiel aufs neue zu berücken,
So brech ich dir, es bleibt darbey,
Aus Rache Bein und Arm entzwey.
Da Capo

Mit was vor List und Schmeicheley
Hast du Betrüger mir Celinden angepriesen
Und mich an selbige gewiesen.
Dein ehemahlges Conterfey
Das du von selbger mir vorgemahlet,
Trifft leider! nun zu meiner Pein
Nicht ein.
Du hast, wie die Erfahrung lehrt,
Mit saubrer Müntze mich bezahlet,
Ihr äusserlich verstelltes Wesen,
Das mich verblendet und bethört,
Läst mich das Gegenspiel mehr als zu deutlich lesen.
Sie liebet ja, doch nicht beständig,
Ihr Sinn und Hertz ist wetterwendig,
Wer heut im Sattel sitzt, liegt morgen auf der Erden,
So schöne können wir von dir betrogen werden.

Aria
Sich was Geliebtes auserwehlen,
Und hundert Neben-Buhler zehlen,
Heist wohl die allergröste Pein.
Wer nicht allein soll Hahn verbleiben,
Und sich läst aus dem Korbe treiben,
Der stelle ja sein Lieben ein.

Verhaßter Koppler, nimm, und diß im Augenblicke,
Celindens falsches Hertz zurücke,
Was solte mir es nützen?
Da man in selbigen sieht Kuntz- und Heintzen sitzen.
Vor mich ist nicht dergleichen Kauf,
Drum hänge, wenn du wilst, diß liebe Seelgen auf,
Ich könte, hätt ich sie so blindlings angenommen,
In des Actäons Sippschafft kommen.
Nein,
Stich dich nicht darein,
Was mir nicht Farbe hält, daß mag zum Hencker wandern,
Ich hohle mir kein Weib aus Flandern.

Aria
Ein Kluger bricht nicht leicht Narcissen,
Die Wesp und Käfer schon beschmissen,
Wenn Reinere darneben stehn.
Wer sich was Liebes will erwehlen,
Der wird nach edelmüthgern Seelen,
Und nicht nach Flatter-Geistern gehn.
(S. 192-194)
_____



Schreiben Philanders an Sylvien

Mein Engel, lebe wohl, was kan ich anders schreiben?
Ich muß noch heute fort, eh daß sich Luna zeigt.
Ein widriges Geschick sucht mich von dir zu treiben,
Das mich, ich schwör es dir, mehr als empfindlich beugt.
Erwege, wie mir muß das Blut in Adern wallen,
Das Wehmuth Gram und Schmertz aus seinen Circul bringt.
Mir ist in einen Huy, Muth, Hertz und Sinn entfallen,
Weil dieser Donnerschlag durch Marck und Beine dringt.
Ich dencke, doch mit Schmertz, an die vergnügten Stunden,
Da dein beglückter Knecht dir noch zur Seiten saß
O! was vor Süßigkeit hab ich nicht offt empfunden,
So daß ich vielmahl mich darüber selbst vergaß.
Durfft ich dir deine Hand von Elffenbeine drücken,
Küßt ich den Purpur-Mund, wo tausend Rosen blühn,
So kont ich mich nicht satt an solcher Kost erquicken,
Die leider! mir nunmehr das Schicksal will entziehn.
Dein englischer Verstand, dein unvergleichlich Wesen,
 Der Sitten Artigkeit, der Stellung Zierd und Pracht,
Die mich dein Umgang ließ aus Min und Worten lesen,
Hat mich viel tausendmahl mehr als entzückt gemacht.
Diß alles soll ich nun, Armseeliger, vermissen,
Unschätzbarer Verlust! durch den die Helffte mir,
Von meinen Hertzen wird, Annehmlichste, gerissen.
Ach! stelle dir nur selbst Philanders Elend für.
Der Abschied fällt mir schwer, wie bitter ist das Scheiden!
Ein jeder Glocken-Schlag schlägt mir ins Hertz hinein.
Du glaubst nicht, was dabey muß meine Seele leiden;
Ists möglich kan in mir noch Geist und Athem seyn?
Kan das Verhängniß wohl an mir sich grimmger rächen?
Als daß es mir durch dich der Seelen Nahrung nimmt.
Mein Hertze möchte mir in tausend Stücken brechen,
Zu was hat leider! mich der Sternen-Muth bestimmt.
Doch was vergrößr ich mir die Pein durch häuffges Klagen?
Genug daß das Schicksal spricht: es muß geschieden seyn.
Was nicht zu ändern steht, muß man gedultig tragen
Vielleicht zeigt mir das Glück bald wieder Sonnen-Schein.
Mein Engel, gute Nacht! muß ich dich gleich verlassen,
So reist Philander doch nur halb hinweg von dir.
Führt das Verhängniß mich gleich auf entfernte Strassen,
So nehm ich doch mein Hertz nicht, wie du denckst, mit mir.
Du hast es mir geraubt, du solst es auch behalten,
Verbanne Harm und Gram, gib selbgen kein Gehör,
Denn meine Liebe wird so leichte nicht erkalten,
Und wenn ich auch von dir viel tausend Meilen wär.
Dein reitzend Wesen wird mir stets vor Augen bleiben,
Dein Bild bleibt meiner Brust beständig eingeprägt,
Der Zeiten Schwamm vermag es nicht daraus zu reiben,
Nicht eher bis der Tod in kühlen Sand mich legt.
Ich bleibe dir getreu und will dich stets verehren,
Die weil kein frembder Strahl das Deinge rauben soll.
Philandes Hertz wird sich, ich schwör es, nicht  verkehren,
Das Post-Horn klingt bereits, mein Engel, lebe wohl!
(S. 195-197)
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Antwort der Sylvien an Philandern

Ists möglich, daß ich noch kan Hand und Feder rühren?
Du schreibst, Philander, mir vielleicht nur in dem Traum,
Wie? solt ich dich so schnell und unverhofft verliehren,
Ach treibe doch mit mir nicht Schertz, ich glaub es kaum.
Jedoch was Traum und Schertz? dein ängstliches Bezeigen
Gibt, liebster Hertzens-Freund, mir leider! zu verstehn,
Daß sich ein Zorn-Comet am Liebes-Himmel zeigen
Und meine Sonne will nun mehr zu rüste gehn.
Kein grauses Beben kan das Erdreich so erschüttern,
Kein Keil betäubt uns so, so hart er immer klingt,
Als meine Seele muß vor Furcht und Schrecken zittern,
Da deine Feder mir ein Lied zum Abschied singt.
Philander, deine Flucht und dein so jähes Reisen
Macht mir, ich schwör es dir, nunmehr die Welt verhast;
Denn da mein Augen-Trost von mir entfernt soll heissen,
 So wird mir alles das, was um mich ist, zur Last.
Entmenschte Sylvia! du bist gantz ausser Sinnen,
Das Schrecken raubet dir Vernunfft und die Gestalt,
Du weist nicht was du thust noch was du solst beginnen,
Dein Hertze wird dir welck, das Blut in Adern kalt.
Wie zärtlich hab ich dich, erweg es selbst, geliebet?
Was aber hab ich denn dafür zu Lohn und Danck?
So viel, daß mir dein Kiel den Scheide-Brief nun giebet,
Der mir im Lesen recht durch Marck und Seele drang.
Welch unbarmhertziges und widriges Geschicke
Rufft dich, durch jähen Winck, von mir in frembde Lufft?
Philander, folg ihm nicht, ach! bleibe doch zurücke,
Du stürtzst mich, gehst du fort, wahrhafftig in die Grufft.
Was soll bey dem Verlust vor Trost mir übrig bleiben?
Was vor ein Unterpfand wird mir wohl zugestellt?
Wer will als Bürge sich, Geliebter, unterschreiben,
Daß deine Sylvia ihr Recht an dir behält?
Zwar will dein Abschieds-Brief mir viel Versichrung geben,
Du schwörst mir heilig zu, dein Auge würde nicht
An einen frembden Strahl und Antlitz bleiben kleben;
Allein behertzge wohl, was deine Feder spricht.
Zeit und Entfernung wischt ein Bild leicht aus den Hertzen,
Und wär auch selbiges mit Blut gleich eingeprägt.
Ach! dieser Kummer macht mir hundert tausend Schmertzen,
Mit dem sich Sylvia nunmehr beständig trägt.
Das männliche Geschlecht, wie die Erfahrung lehret,
Ist leider allzusehr dem Wechsel zugethan.
Wie leichte wird ihr Hertz durch frembden Blick bethöret?
Wie balde zündet es ein Strahl von neuen an?
Wie viel Syrenen läst das Liebes-Meer erblicken?
Ihr süsser Lock-Gesang bezaubert Hertz und Ohr.
Besitzst du Krafft genug den Trieb zu unterdrücken?
Philander, stelle dir diß ja nicht leichte vor.
Doch was vermehr ich mir, durch Argwohn noch mein Leiden?
Das mich Verlaßne läst gantz trost- und krafftloß stehn,
Befiehlt das Unglück mir dein Augen-Paar zu meiden,
So will ich mit Gedult an mein Verhängniß gehn.
Geliebter, fahre wohl! mehr weiß ich nicht zu schreiben,
Weil meiner Thränen Lauf die Feder stockend macht.
Was übrig ist, das muß bey mir verschwiegen bleiben
Ich überlasse dich den Sternen, gute Nacht.
(S. 198-201)
_____



Auf die betrübte Chloris

Es scheint, als wärest du nicht, Chloris, mehr am Leben,
Du bist, wie man ersieht, ein blosses Schatten-Bild,
Dein Geist bedünckt mich nur an Haut und Bein zu kleben,
Und deine Seele heist mit Wehmuth angefüllt.
Das Auge will sich mit beständger Trauer tragen,
Des Kummers Wappen hängt in deinen Angesicht.
Was leb ich länger noch? hört man dich vielmahls klagen,
Da meiner Brust die Ruh, dem Hertzen Trost gebricht.
Stirb, arme Chloris, stirb, laß deinen Schmertz begraben,
Ein kalter Stein bedeckt dich und dein Ungemach.
Mein! Sage was du wilst mit den Lamenten haben,
Und was verleitet dich zu solchen Weh und Ach?
Entdecke deine Noth, liegt dir was auf den Hertzen?
Entschütte dich der Last, die dich zur Erden drückt.
Vielleicht ersinnt man noch ein Mittel vor die Schmertzen,
Ist denn kein Cicero zu trösten dich geschickt?
Allein du bleibest stumm und wilst dich nicht  verrathen,
Doch wisse, daß man was aus deiner Stirne list.
Es zeugen deine Min und alle deine Thaten,
Daß du gewiß verliebt, betrübte Chloris, bist.
(S. 205-206)
_____



Cantata

Aria
Unter diesen grünen Schatten
Sucht sich Blatt und Laub zu gatten,
Und die holde Nachtigall
Zeigt durch ihren Zauber-Schall,
Daß die Flora wiederum, Geist und Seele zu erquicken,
Sich mit ihrer Hofstatt läst in Gezelt und Lager blicken.

O was vor Zucker-süsse Lust
Empfindet die recht neugebohrne Brust!
Beliebter Lentz! du Printz der Jahres-Zeiten,
Ich bin in dich verliebt, denn deine Lieblichkeiten
Sind werth, daß man dir nur allein
Sein Hertze muß statt Opfer streun.
Es mögen andre sich in Amors Fluhr vergaffen,
Ich habe nichts mit ihm zu schaffen.
Dir, angenehme Gegend, will
Ich künfftighin in aller Still
Und Einsamkeit, wie könt ich schöner leben?
Mein Hertz und meine Freyheit geben.

Aria
Schliest mich, ihr schönen Püsch und Auen!
In euren bunt beblümten Schooß.
Euch will ich eigen zugehören,
Ihr reitzt mich immer mehr und mehr,
Uns soll kein Neben-Buhler stöhren,
Und wenn es auch ein Paris wär.
Da Capo

Ja solte mich gleich Cypripor,
Mit seiner Amouretten Chor,
In diesem Lust-Revier
Allhier
Auch heimlich überschleichen;
Um mein an euch bereits verschencktes Hertz;
Durch seinen schmeichel-vollen Schertz
Und Arglist zu erweichen,
So würd ich diß
Ihm gantz gewiß
Und droht er mir auch gleich mit hundert tausend Pfeilen,
An statt der Antwort bald ertheilen:

Aria
Du kömmst wahrhafftig viel zu späte,
Mein Hertz ist schon bereits verthan.
 Man muß dem erstern treu verbleiben
Denn Zweyen sich zugleich verschreiben,
Geht, überleg es selbst, nicht an.
Da Capo (S. 207-209)
_____



Als er sich nicht konte entschliessen sie zu lieben

1.
Ein schwartzes Haar sucht mich zu binden,
Zur Zeit verlacht es noch mein Hertz.
Wie? solt ich mich wohl überwinden,
Nein, freyhen ist fürwahr kein Schertz.
Es bleibt ein Kauff, wann er geschlossen;
Es gilt, wenn man gleich fehl geschossen.

2.
Ich lobe mir ein freyes Leben,
Ein Gläsgen Wein, a L'ombre Spiel,
Diß kan mir süsses Labsal geben,
Ein Küßgen hab ich, wenn ich will.
Man darff die Mägdgen nur flattiren,
So wird man Gegen-Gunst verspühren.

3.
Sie lassen es gar gern geschehen,
Daß man mit ihnen freundlich spricht.
Es mag es jederman wohl sehen,
Wenn nur nicht gar zu viel geschicht.
Ich mag wohl gerne dahlen, dämpern,
Nicht aber mich so gleich verplämpern.

4.
Drum will ich es nur frey bekennen,
Mich bind kein schönes Angesicht.
Ein Blick muß nicht so hefftig brennen,
Daß man die Ehe gleich verspricht.
Cupido mag nur Schlingen weißen
Vor die, so tumme Gimpel heißen.

5.
Ich will ihm aus den Wege weichen,
Zeigt er gleich was, das leicht verführt,
Wird er den Zweck doch nicht erreichen.
So sehr mich Chloris auch charmirt,
So wird sie doch vergebens lauren,
Mich solte meine Freyheit tauren.
(S. 214-215)
_____



Schäfer-Lied

1.
Angenehmen grünen Zweige!
Ihr seyd Zeugen meiner Pein.
Was ich aller Welt verschweige,
Soll euch unverhohlen seyn.
Weil mich Busch und Schatten schützen,
Hier auf dem beblümten Klee,
Wo ihr mich seht einsam sitzen,
Klag ich euch mein bittres Weh.

2.
Seht ihr nicht die Thränen rinnen?
Schaut der Wangen Strassen an,
Untersuchet mein Beginnen,
Sterne! Was hab ich gethan?
Saget, was ist mein Verbrechen?
Daß ihr mich so sehr betrübt,
Wolt ihr mir diß Urtheil sprechen?
Darum, weil das Hertze liebt.

3.
Lieb ich ja, so seyn die Triebe
Nicht unedel und gemein.
Spühr ich doch an Schaafen Liebe,
 Die gar unvernünfftig seyn.
Wer kan nun der Menschen Flammen,
Die Vernunfft und Tugend nährt,
Billig tadlen und verdammen?
Da das Lieben uns gehört.

4.
Da mein Licht, mein andres Leben
Sich von dieser Trifft gemacht,
Mir den Scheide-Brief gegeben
Und mich bey der Flucht veracht,
Sitz ich recht in Finsternissen,
Mich bescheint kein Sonnen-Licht;
Muß ich ihren Umgang missen,
Mag ich auch die Sonne nicht.

5.
Mich erschrecken offt die Blätter,
Die man sanffte rauschen hört,
Wenn bey kühlen Dämrungs-Wetter
Zephyr durch die Büsche fährt.
Wo sich nur ein Blümgen rühret,
Das ein Schmetterling geküßt,
Denck ich, weil es mich verführet,
Daß es meine Phyllis ist.

6.
 Komm, du Helffte meines Lebens!
Dein Adonis ruffet dich.
Ist mein Hoffen gantz vergebens,
Ach! so will ich lieber mich
Unter wilde Thiere machen,
Trifft und Heerde, fahret hin,
Ich kan euch nicht mehr bewachen,
Weil ich satt des Lebens bin.

7.
Sagt mir, lauen Zephyr-Winde,
Die ihr auf die Gegend weht,
Saget, ob ich das bald finde,
Was mir an die Seele geht,
Hoffnung, Sehnsucht und Verlangen
Fressen mir das Hertz gantz ab.
Kan ich Phyllis nicht umfangen
Stürtz ich mich noch heut ins Grab.

8.
Zeiget mir, ihr gütgen Sterne!
Wann es nicht kan nahe seyn,
Meine Schöne nur von ferne,
Und soll ich auch ihren Schein
In der Weite nicht geniessen,
Ach! so last von ihren Fuß
Mich die süssen Tapffen küssen,
 Weil ich sonst verschmachten muß.
(S. 219-222)
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Aus: Christiana Marianna von Ziegler
Versuch in gebundener Schreibart
Leipzig Johann Friedrich Brauns Erben 1728


siehe auch Teil 1



 

 


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