Anonyme Barockdichter - Liebesgedichte

Neukirch-Sammlung



Anonyme Barockdichter
aus der Neukirch-Sammlung

 

Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 

 





Zwey Arien auf vorgegebne endreime

1.
Ach feßle mich nur nicht erst - wieder /
Vollkommne göttin / schönstes - kind /
Weil herz und sinnen / und die - glieder /
Dir längsten ganz gewidmet - sind.
Kan ich dich gleich nicht gnug - erheben /
Will ich doch dein gefangner - leben.

2.
Dein kluger geist / dein thun und - wesen /
Das meinen geist gebunden - hilt /
Das macht mich kranck / und nicht - genesen /
Die glut nimmt zu / wird nicht - gestillt.
Da lieb und treu zusammen - kämpffen /
Und keine kan die andre - dämpffen.

3.
Ich fliehe nicht die werthen - eisen /
Ich suche keine - sicherheit /
Die süsse knechtschafft werd ich - preisen
Durch meine ganze lebens- zeit.
Ich achte weder schmerz noch - plagen /
Geduldig will ich alles - tragen.

4.
Ich will und mag nicht seyn mein - eigen /
Nichts anders wird mir kommen - ein /
Als wie ich kan mein leben - zeigen.
Wen nicht entzündt dein holder - schein /
Der ist der gröste aller - thoren /
So iemahls auf der welt - gebohren.

5.
Nun schöne Flora / bleib - gegrüsset /
Und glaube / daß dein sclave - zwar
Die fessel fühlet / aber - küsset /
Daß er schon längst der deine - war.
Sein herz gleicht wachs / nicht harten - steinen /
Doch wird die freyheit nicht - beweinen.
(Theil 3 S. 81-82)
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Das gegentheil

1.
Du fesselst mich so leicht nicht - wieder /
Vollkommne Flora / liebstes - kind /
Nachdem die sinnen und die - glieder
Des hartes jochs entschlagen - sind.
Ich will dich nach verdienst - erheben
Und dennoch ungebunden - leben.

2.
Zwar ists gewiß / dein thun und - wesen /
Das meinen geist gefangen - hielt /
Hemmt ein'ger massen mein - genesen /
Die glut ist noch nicht recht - gestillt;
Doch will ich sie / o schweres - kämpfen /
Mit hundert tausend thränen - dämpffen.

3.
Gehabt euch wohl ihr schönen - eisen /
Ich will euch in der - sicherheit
Als pfänder meiner knechtschafft - preisen /
Sie währte zwar nicht lange - zeit /
Und fiel doch unter andern - plagen
Mir ärmsten schwer genug zu - tragen.

4.
Itzt bin ich loß und fest mein - eigen /
Die freyheit stellt sich wieder - ein;
Vernunfft / dir will ich danck - erzeigen /
Denn deiner strahlen heller - schein
Hat mich schon halb verlohrnen - thoren
Itzt gleichsam wieder neu - gebohren.

5.
Du aber / Flora / bleib - gegrüsset /
Und wisse daß dein sclave - zwar
Die angenehmen fessel - küsset /
Mit denen er geschlossen - war:
Doch will er lieber frey auff - steinen /
Als eingeschrenckt auff rosen - weinen.
(Theil 3 S. 82-83)
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1.
Soll denn ich nur ungeblendet
Dich / o schönste / sehen an /
Da es keiner noch geendet /
Oder enden wird und kan.
Wie kein auge frey kan schauen
In das helle sonnen licht /
Also darff sich niemand trauen
Zu betrachten dein gesicht.

2.
Deine augen sind zwey sonnen /
Derer klarheit alles fällt /
Wo noch keiner ist entronnen /
Der zu nah sich hingestellt /
Derer krafft noch mehr den sinnen /
Als den augen / schaden bringt /
Ja der sonnen abgewinnen /
Weil die nicht ins herze dringt.

3.
Soll ich ärmster nur alleine
Gleichen einem stock und stein /
Da zu zweyer sonnen scheine
Diese welt noch viel zu klein?
Soll ich nicht von liebe brennen /
Da sonst alles fühlt den brand?
Soll ich mich denn selbst nicht kennen
Und mein schmerz seyn unerkandt?

4.
Da sich engel dir ergeben /
Deine gaben halten hoch /
Dir zu dienste wollen leben /
Suchen selbst der liebe joch /
Denck / ob schwache menschen können
Wider das verhängniß stehn /
Schlecht hin ändern ihr beginnen /
Ungehört zu grunde gehn?

5.
Schau / ich lege dir zum füssen
Meine treue / lieb / und mich!
Du wirst / göttin / selbst schon wissen /
Was für busse schicket sich.
Hab' ich straffe ja verdienet /
So ist diß die gröste schuld /
Daß ich mich zu frey erkühnet /
Zu verlangen deine huld.
(Theil 3 S. 83-84)
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1.
Mein glück entdeckt mir zwar / als wie von ferne /
Bey ungeheurer nacht zwey helle sterne /
Doch trägt mein unglück schuld daran /
Daß ihr beliebter strahl nicht völlig würcken kan.

2.
Ach wenn die finsterniß sich schleunig trennte /
Daß dises zwillings-licht recht scheinen könte /
Wie würde schnee und eiß vergehn /
Und das betrübte feld in vollem wachsthum stehn.

3.
Doch die verzweifelung setzt dem vermögen
Des angenehmen scheins sich ganz entgegen /
Und weist nur / daß ich diß erkiest /
Was / ob man es gleich wünscht / nicht zu erlangen ist.

4.
Und was am ärgsten ist / so muß ich schweigen /
Ich darff mein übel nicht den andern zeigen /
Vor diese schmerzen ist kein rath /
Weil die verschwiegenheit hier zu befehlen hat.

5.
Was der und jener sagt / das muß ich dencken /
O ungemeine pein / o herzens kräncken!
Wo dieses spiel noch länger währt /
So werd' ich / wie ein brand / durch eigne glut verzehrt.

6.
Ach hätt' ich diesen glanz / der zwar erquicket /
Und doch darbey verletzt / nur nicht erblicket;
So lebt' ich in vergnügter ruh /
Itzt aber setzt mir furcht und hoffnung immer zu.

7.
Es bleibet schon darbey: diß schöne schimmern
Würckt theils verborgne lust / theils auch bekümmern /
Und wird / wo nicht ein sonnenschein /
Zum wenigsten ein licht zu meiner baare seyn.
(Theil 3 S. 84-85)
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1.
Strahlt mit ungemeiner schöne /
Strahlt ihr fackeln jener welt /
Ich weiß doch / daß Clorimene
Eurem glanz die wage hält.
Hüllet eure seltsamkeiten
Nur in flor und zindel ein /
Sie / der zierat unsrer zeiten /
Wird euch schon gewachsen seyn.

2.
Ihr vergöttertes gesichte
Nimmt der sonnen selbst den preiß /
Denn sie strahlt mit einem lichte /
Das von keinen flecken weiß.
Darum will / wie ieder spüret /
Sie der himmel uns entziehn /
Was den creiß der erden zieret /
Soll im sternen-garten blühn.

3.
Ach geschicht uns dieser possen /
Den man uns schon längst gedräut /
Hat der himmel diß beschlossen /
So geschicht uns nur aus neid /
Daß die welt / die diese schöne
Zu bedienen alles wagt /
Mehr nach einer Clorimene
Als nach tausend sternen fragt.
(Theil 3 S. 86-87)
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1.
Ach ihr anmuths-losen felder /
Die mein fuß betreten kan /
Und ihr ungeheuren wälder /
Höret meine klagen an /
Da ich fast zu ieder stunde
Bey euch niederlegen muß /
Weil die stolze Rosemunde
Mir nicht gönnet einen kuß.

2.
Ihr vergöttertes gesichte
Hat mich aus mir selbst gebracht /
Denn sie strahlt mit einem lichte /
Das mich ganz entzückt gemacht /
Dannenher bin ich beflissen
Ihr zu melden meine pein /
Vielleicht / wenn sie es wird wissen /
Wird sie mir genädig seyn.

3.
Doch die hoffnung hat betrogen /
Und mein vorsatz ist gestört;
Rosemund' ist nicht gewogen
Dem / der sie so hoch verehrt.
Sie verlachet alle schmerzen
Die in meiner brust entstehn /
Und ist froh in ihrem herzen /
Wenn es mir muß übel gehn.

4.
Weil mich nun nichts hilfft mein sehnen
Und die müh vergebens ist /
Ach so fließt ihr milden thränen /
Die mein auge von sich gießt;
Fließt / ich will euch gar nicht sparen /
Und bezeugt durch euren fluß /
Daß ich in den besten jahren
Ganz unschuldig sterben muß.

5.
Wenn ich aber dieses leben
In so unerhörter noth
Willig werde von mir geben
Als ein opffer vor den tod /
Sollen feld- und wälder sprechen /
Daß mir unrecht sey geschehn /
Und der himmel wird es rächen /
Weil er selbst mein leid gesehn.

6.
Geh' indessen Rosemunde /
Geh' auff einer rosenbahn /
Es kommt doch wohl eine stunde /
Die den hochmuth stürzen kan.
Wird dein wangenfeld erblassen /
Geht die schönheit endlich ein /
O so wird dich ieder hassen /
Und ein kuß sehr theuer seyn.
(Theil 3 S. 87-88)
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Die bewachte Schönheit

1.
Ist der garten gleich verschlossen /
Wo die götter-früchte seyn /
Gucke dennoch ich zum possen
Zum stackete noch hinein.
Ob ihn thür und riegel schlüssen /
Will ich doch noch was geniessen.

2.
Diß / woraus vergnügen quillet /
Kan auch eine rose seyn /
So sich noch in knospen hüllet /
Rosen so an sonnenschein
Ihre welcke blätter breiten /
Können schlechte lust bereiten.

3.
Ist mit gittern sie umfangen /
Will ich mich doch noch bemühn /
Sie durchs gitter zu erlangen;
Lilgen die nicht ieden blühn
Werden mit mehr lust beschaut /
Als was ieder bauer baut.

4.
Ja wenn diesen Götter-garten
Hercules schon selbst bewahrt /
Kan mans doch so bund noch karten /
Wenn die müh nicht wird gespart /
Daß / trotz allem widersprechen /
Ich kan seine frühte brechen.

5.
Er wird ja nicht aller enden
Mit gleich grossem eyffer stehn:
Wird er sich zur rechten wenden /
Will ich auff die lincke gehn.
Will er denn von hinten wachen /
Will ich seiner forne lachen.

6.
Ist der garten schon verschlossen /
Wo nur meine rose steht /
Wart ich dennoch unverdrossen /
Biß der hüter sich vergeht /
Der mich noch wird lassen müssen
Ihren hohen purpur küssen.
(Theil 3 S. 89-90)
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Quid juvat aspectus, si non conceditur usus

1.
Unglücklichs glück! ich seh der schönheit sonne /
Die auf mein herz die liebes-saaten streut /
Doch rosen blühn nicht nach verlangter wonne /
Weil neid und haß die wurzelung verbeut.
Die sonn ist schön und zeigt verpurpurt sich /
Ach aber ach! sie ist nicht schön vor mich!

2.
Die schöne gluth die aus den augen blitzet /
Woraus die lieb' ihr göldne faden spinnt /
Hat diese brust verwundet und zerritzet /
Daß noch mein herz von jammer-thränen rinnt;
Die augen zwar sind schön und heitern sich /
Ach aber ach! sie sind nicht schön vor mich!

3.
Das reine feld der nie befleckten wangen /
Wo lilj' und schnee in schönheits-rosen liegt /
Kan doppelt schön mit milch und blüte prangen /
Dieweil ihr glanz der sonnen licht besiegt
Die wangen sind sehr schön und färben sich /
Ach aber ach! sie sind nicht schön vor mich.

4.
Die lippen seyn die pforten von corallen /
Der tempel wo die seelen opfern gehn /
Ja das altar worauf die seuftzer fallen /
Wenn seel und seel in naher bindnüß stehn /
Der mund-rubin ist schön und röthet sich /
Ach aber ach! er ist nicht schön vor mich.

5.
Die arme sind als marmel anzuschauen /
Die sich aus schnee und Alabaster ziehn /
Der hände paar sind recht Narcissen-auen /
Worauf man sieht der adern Türckis blühn /
Die schönheit rührt in allen gliedern sich /
Ach aber ach! sie ist nicht schön vor mich.

6.
So martert man mit süssen grausamkeiten /
Wenn man was schön nicht sicher lieben darf /
So kan man uns in rosen-gärte leiten /
Der dornen heer ist aber viel zu scharf /
Ich seuftz umsonst; du bist zwar schön vor dich /
Mein engel / ach! nicht aber schön vor mich.

7.
Die gröste pein ist flammen zu verdecken /
Und trocken in dem regen stehn /
Die liebe kan mich aus der ruh erwecken /
Sie heisset mich an schwere foltern gehn /
Ach tod! mein arzt / komm und erbarme dich /
Denn du allein bist nur noch schön vor mich.
(Theil 3 S. 90-91)
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1.
Marindgen hat ein solches herze /
Das allen noch belieben kan /
Sie steht im ernst und auch im scherze
Der compagnie nicht übel an.
Und wenn mich sonsten nichts vertreibet /
So bleib ich gerne / wo sie bleibet.

2.
Sie hat zwar allzeit ihres gleichen /
Und ist die allerschönste nicht /
Sie wird auch keinen ruhm erreichen
Durch ihr beliebtes angesicht;
Doch lieb ich ihren schönen sinn /
Daß ich mit ihr zu frieden bin.

3.
Nur dieses will mir nicht gefallen /
Wenn ich ein wenig höfflich thu /
So lacht das lose kind zu allen
Und denckt im herzen wohl darzu:
Ein mensch der solche worte giebt /
Der sey ohnfehlbar recht verliebt.

4.
Ach stich dich nicht in meine liebe /
Fürwahr es ist gefahr dabey.
Wenn mir das wasser aussen bliebe /
So brennte mir das herz entzwey.
Nun kenn ich auch den rechten geist /
Der mich so sehr im leibe reist.

5.
Ach nein! es muß mir besser kommen /
Ich habe mich der löffeley
Nur aus gewohnheit angenommen /
Darum erhalt ich mich dabey.
Und leid er gerne / wenn ein kind
Mir eine freundlichkeit vergönnt.

6.
Ich nehm es leichtlich an / und wandre
Mit einem durch die ganze stadt /
Ein mensch ist warlich wie das andre /
Wann man nur was zu spielen hat.
Doch kommt mir eine vors gesicht /
So laß ich meine possen nicht.

7.
Wiewohl die mädgen sind im herzen /
So viel ich schliesse / gleich also:
Sie suchen ihre lust im scherzen /
Und sind von ganzer seele froh /
Wenn iemand seine pflicht erweist /
Er mag auch heissen wie er heist.

8.
Marindgen / darff ich diß bekennen /
Nun so gefällt mir alles wohl.
Ich kan zwar nicht vor liebe brennen /
Jedoch wofern ich scherzen soll /
So will ich stets in dem geruhn /
Und dirs am allerliebsten thun.
(Theil 3 S. 91-93)
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Auf Ambrettens küsse

1.
Nichts ist Ambrette das wie liebe bindet /
Weil ihr Magnet die seelen zieht:
Ihr feld ist nur wo man vergnügung findet
Und wo der anmuth rose blüht.
Doch kennt dein kuß noch frembde lust /
Die auch der anmut selbst noch unbewust.

2.
Es muß der lippen paar / das rosen heget /
Vom himmels-thau selbst schwanger seyn /
Die lust die dich als amme selber träget /
Flößt dir sonst nichts als Manna ein.
Die biene selbst die honig macht /
Hat ihren zeug in deinen mund gebracht.

3.
Wann gleich die liebe selbst im sarge lege
Der anmut thron wär ziegel-grauß /
Wenn man die freudigkeit räumt aus dem wege /
Und störte ihren thron und hauß;
So würde alle lieblichkeit
Durch einen kuß von dir seyn zubereit.

4.
Drum wo du wilt vor mich vergnügung hegen /
So hülle sie in küsse ein /
Und wenn dein geist sich selbst will schlaffen legen /
Laß meinen mund die wiege seyn.
Wer will mit lust nicht schlafen gehn /
Der vor sich sieht der wollust bette stehn.

5.
Man muß bey deinem kuß wie eiß zerflissen /
Und ohne krafft und regung seyn /
Und wo du wilt noch mein verhängniß wissen
So schließ ichs diesen worten ein /
Daß alles mir nur sey verdruß /
Wenn es nicht schmeckt / Ambrette / wie dein kuß.
(Theil 3 S. 93-94)
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Klage eines verliebten mädgens

1.
Niemand hat so schöne sitten
Als der edle Lucius /
Niemand geht mit engern tritten /
Und setzt netter seinen fuß /
Daß ihn auch ein iedes kind
Auff der gassen lieb gewinnt.

2.
Doch was hilfft das leere brennen /
Und der liebe gauckelspiel /
Wenn er keine neigung kennen
Und sie nicht erwiedern will?
Wenn er diese / so ihn liebt /
Dem verzweifeln übergibt?

3.
Ach götter dieser erden /
Denen meine brunst bekandt /
Wenn soll ich erlöset werden
Von dem heissen liebes-brand?
Soll ich unter solcher pein
Ewig unerquicket seyn?

4.
Aendert doch die harten sinnen /
Die er von mir abgelenckt /
Daß er mich muß lieb gewinnen /
Weil ich ihn mein herz geschenckt.
Brechet seinen harten schluß /
Daß er mich doch lieben muß.

5.
Lasset doch die treuen blicke
Und des angesichtes schein /
Den ich täglich auf ihn schicke /
Nicht so gar vergebens seyn /
Sonst ersteckt der rauhe schmerz
Endlich das verschmähte herz.

6.
Ach ihr götter hört mein flehen /
Sehet meinen jammer an /
Lasset doch den wundsch geschehen /
Daß ich ihn umbfangen kan!
Denn ich muß und will allein
Nur von ihm geküsset seyn.
(Theil 3 S. 94-95)
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Auff schwarze augen

Schwarze augen sind der zunder /
Der mich noch zu asche macht.
Dieses sind die stärckste blitzen /
Die aus schwarzen wolcken gehn.
Was sie kan noch mehr erhöhn /
Ist / daß sie / gleich einem wunder /
Sonnen sind und doch auch nacht.
Schwarze augen sind der zunder /
Der mich noch zu asche macht.
(Theil 3 S. 95-96)
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1.
Ach ich lieb und muß verschweigen
Das / was meine seele drückt /
Ich darff nicht mein feuer zeigen /
Weil die mißgunst auff mich blickt.
Aepffeln in dem Paradise
Wohnen ja stets schlangen bey?
Und du treffliche Belise
Bist nicht von den widern frey.

2.
Schick ich auch gleich von der seiten
Die verstohlne blicke hin /
Kan dirs doch nicht recht andeuten /
Wie sehr ich verliebet bin.
Was ich thu / thu ich verstohlen /
Durch verstellung glück und pein /
Denn in meinen liebes-kohlen
Darff kein füncklein feuer seyn.

3.
Mein gesicht kan zeugniß geben /
Wies dem herzgen gehen muß /
Bleibt mein aug an deinem kleben /
Klebt mein herze auch gewiß,
Dencke wie mir sey zu muthe /
Ich muß frieren da mir heiß /
Feurer steckt in meinem blute /
Und muß kälter seyn als eiß.

4.
Doch ich nehm umb deinet willen
Gerne die verstellung an /
Und bezwing mich zu bestillen /
Biß ich dich einst sprechen kan.
Ich will mich in mir verschliessen /
Dulten beydes weh und wohl /
Biß daß du mich lässest wissen /
Wie ich ferner lieben soll.
(Theil 3 S. 96-97)
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1.
Liebstes seelgen sey zu frieden /
Bin ich itzt gleich manchen tag
Allzuweit von dir geschieden /
Daß ich dich nicht sehen mag;
Ey so gläube sicherlich /
Meine seele denckt an dich.

2.
Alle seuffzer / die ich lasse /
Schick ich mit der botschafft aus:
Flieht doch auff die wehrte straffe /
Vor das angenehme hauß /
Und beschreibet meinen sinn /
Daß ich kranck vor liebe bin.

3.
Also wenn ein sanfftes windgen
Unter meine wangen geht /
Denck ich / daß von deinem mündgen
Diese liebes-post entsteht.
Weil ich mich vor iederman
Deiner treu versichern kan.

4.
Nun mein kind was ist dir bange?
Haben wir doch keine schuld;
Wird dir gleich die zeit was lange:
Ey so warte mit gedult.
Denn das ende dieser pein
Wird uns desto lieber seyn.

5.
Denn will ich mit freuden brennen
Gegen dich mein liebstes kind
Und kein unfall soll uns trennen /
Biß wir ganz vergnüget sind.
Ich bin dein und du bist mein /
Diß soll unser jawort seyn.

6.
Unterdessen liebstes leben /
Sey deßwegen nicht betrübt /
Lerne dich darein ergeben /
Weil dich meine seele liebt.
Denn was ich nicht sehen kan /
Bet' ich in gedancken an.
(Theil 3 S. 97-98)
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Aria

1.
Glaube nicht / daß ich dich hasse /
Ob ich schon nicht bey dir bin /
Ob ich dich gleich ietzt verlasse /
Ehrt dich doch mein treuer sinn;
Ich bekenn / es macht mir schmerzen /
Dß ich dich nicht sehen kan;
Doch brenn ich in meinem herzen
Dir ein täglich opffer an.

2.
Solte wohl mein geist dich kräncken /
Der von deinem geiste lebt?
Nein die blume muß sich lencken /
Da wo ihre sonne schwebt.
Und so geh ich in gesetzen /
Die mir deine liebe schreibt /
Und weiß keine lust zu schätzen /
Die nicht diese quelle treibt.

3.
Keine zeit kan mich verbinden.
Keinem wechsel lauff ich zu /
Will sich gleich was schönes finden /
Stört es doch nicht meine ruh.
Ich bleib ewig dir gefangen /
Da ich meiner liebe ziel
Mit vergnügen zu erlangen /
Unverändert hoffen will.

4.
Jetzo wünsch ich nur die stunden /
Dir zu zeigen meine treu.
Wie nicht meine brunst verschwunden /
Sondern recht verdoppelt sey:
Wiltu mich nun bey dir wissen /
Umb zu heilen meine pein /
Wil ich stets vor deinen füssen
Dein getreue sclave seyn.
(Theil 3 S. 98-99)
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1.
Roselle schönstes licht /
So wilstu denn in thränen ganz zerfliessen /
Und will dein Angesicht
Von anders nichts als wasser-perlen wissen /
Bloß weil die zeit uns die gemeinschafft trennt /
Und deinem knecht ein ander bleiben nennt?

2.
Wird nicht der thränen macht
Die lieblichkeit der wangen gäntzlich bleichen?
Wird nicht die rosen-pracht
Durch dieses leid von deinen lippen weichen /
Ach stelle doch so herbes trauren ein /
Du weist / der schluß muß nun vollzogen seyn.

3.
Wer hat wohl ie geliebt /
An dem sich nicht der himmel hat gerochen /
Daß er zuletzt betrübt
Hat lebe wohl / und gute nacht gesprochen?
Doch dieser riß greifft nur die glieder an /
Den seelen hat die trennung nichts gethan.

4.
Kan kein candirter kuß
Nicht wie vorhin den heissen mund erquicken /
Und will das strenge muß
Den treuen leib aus deinen augen rücken /
Soll doch mein geist umb deine gränzen stehn /
Und nicht mit mir in ferne lande gehn.

5.
Schau wie mein auge will
Das thränen-salz den deinen zugesellen /
Weil das gesteckte ziel
Kein seuffzer kan mit seinem winde fällen.
Weil dieser schluß / so mich verreisen heist /
Die land-uhr leer / die thore offen weist.

6.
Man rufft: das pferd kommt an /
Ein ieder freund will seinen abschied nehmen /
Ja was nur schreiten kan /
Will neben mir sich zum geleit bequemen /
Ein iedes schreyt: Lysander lebt beglückt /
Biß euch die gunst des himmels wieder schickt.

7.
Nun gute nacht / ich geh /
Wer weiß / wenn wir einander wieder sprechen;
Doch glaube / daß ich steh
In lieb und treu / biß mir die augen brechen /
Biß daß man mir den sterbe-kittel macht /
Noch einen kuß: Du engel gute nacht!
(Theil 3 S. 102-103)
_____



Schönheit besteht in der einbildung

1.
Der eiteln schönheit unbestand
Ist ein recht zweiffelhafftes wesen /
Ein blick / ein blitz / ein tand /
Sie wird von diesem auserlesen /
Von jenem aber ganz veracht:
So daß nur blinder wahn die schönheit schöne macht.

2.
Sie ist vor den / so sie besitzt /
Ein unglückhafftes glück voll schmerzen /
Und welchen sie erhitzt /
Dem bringt sie noth und tod zum herzen.
Ihr glück ist nichts als eitelkeit /
Und gleichwohl wircket sie ein wesentliches leid.

3.
Sie ist zu schwach an rechter macht
Ein herz in liebe zu entzünden:
Ihr zwang wird nur verlacht /
Und sie muß wie ein rauch verschwinden /
Wenn der versehung starcke krafft
Nicht in uns gegen sie die strenge liebe schafft.

4.
Die schickung ist es nur allein /
Durch die wir werden angetrieben /
Daß wir der schönheit schein
Entweder hassen oder lieben.
Und es steht in unser hand /
Worzu in uns der sinn und wille wird gewandt.

5.
Des leibes und der güter zier /
Und daß ich kan in purpur leben /
Das alles ist nur mir
Zu schwerer todtes-pein gegeben.
Weil mein geliebter mich nicht liebt /
So ist das lauter angst / was mir der himmel giebt.
(Theil 3 S. 104-105)
_____



Von der begierde

1.
Begierde feindin aller tugend
Du gift der argen laster-sucht /
Du greul und schandfleck meiner jugend /
Du grab der unbefleckten zucht /
Wo find ich rath an dich zu dencken
Und mich in dir zu kräncken?

2.
Ich war zu schwach dir obzusiegen /
Ich wehrte mich / doch ohne macht.
Drum must ich endlich unten liegen /
Und war in dies gefängniß bracht /
Hier steckt dein pfeil noch in den wunden /
Hier bin ich angebunden.

3.
Zwar klebt die schwachheit unsern sinnen /
Uns allen von der wiegen an /
Doch kan manch herze noch gewinnen /
Wenns nur zu kräfften kommen kan /
Wenn aber alle lüste stürmen /
Wer kan sich da beschirmen?

4.
Hier lieg ich nun mit schmach gefangen /
Und bin nicht mehr mein eigen ich;
Ich wünsch und kan doch nichts erlangen /
Ich plage selbst und foltre mich;
Ich bin ein hencker meiner seelen
Und übe mich im qvälen.

5.
Ich trau und weiß mir nicht zu rathen /
Ich sehne mich und weiß nicht wie /
Ich möchte stets vor liebe braten /
Doch friert mich mitten in der müh.
Ich bin ein lustspiel meiner lüste /
Und auch ihr traur-gerüste.

6.
Ihr menschen wolt ihr glücklich leben /
So wehrt euch weil der athem wehrt;
Bemüht euch nur nicht nachzugeben /
Und thut nicht was die lust begehrt /
Denn / den sie einmahl überwunden /
Der ist und bleibt gebunden.
(Theil 3 S. 357-358)
_____



Klagen über ihre Abwesenheit

1.
Seither / Asterie, mein Abgott meiner Seele /
Ich durch den harten himmels-schluß
Von dir entfernet leben muß;
Hab lebend ich geschwebt in einer todten-höhle.
Die bange einsamkeit schreckt meine stille brust /
Der unsre quahl und pein und marter recht bewust.

2.
Jedwede stunde kan von tausend seuffzern zeigen /
Mein ein’ger thon ist ach / und weh /
Mein Wort: wo ist Asterie?
Der meine seele hat verschworen sich zu eigen.
Glaub / daß die lufft die sich um deine brüste find /
Und ihre kugeln rührt / sey meiner seuffzer wind.

3.
Noch ist kein freudenstern bey meiner nacht erschienen /
Mein tag hegt keine sonne nicht /
Nachdem dein auge mir gebricht /
Nur finsterniß will mir zu allen seiten dienen.
Ein jammerreicher schmerz nagt meinen matten geist /
Der ausser dir nicht kennt diß / was vergnügung heist.

4.
Ach! daß nur gar zu sehr mein herz erfahren müssen /
Was sey vor hellen-schwere pein /
Bey der geliebten nicht zu seyn /
Sie nicht zu sehen / nicht zu sprechen / nicht zu küssen;
Vielleicht wird meine seel so ungemein betrübt /
Weil in der Welt kein Mensch / als ich / so treulich liebt.

5.
Doch trag‘ ich alles diß mit mehr als stillem herzen /
Und nehme mit gedult diß an /
Was meine macht nicht ändern kan /
Es wird doch auch ein ziel gesetzt seyn meinen schmerzen;
Die nacht vergeht / es bleibt nicht sturmwind immerdar;
Ein trüber brunnen wird doch endlich wieder klar.

6.
Der schmerzen zucker will / die hoffnung / mir liebkosen /
Die deiner augen sonnenlicht
Mit tausend strahlen mir verspricht /
Mich deucht ich gehe schon auff einer bahn von rosen /
Und wie mein muntrer fuß die liljen-spur berührt /
Die meinen durst’gen mund zu deinen quellen führt.

7.
Alsdenn wird tag und nacht sich von einander scheiden /
Denn wird mein kind / Asterie,
In deinem süssen himmels-klee
Mein fast erstorbner leib die matten geister weiden /
Denn reichet mir dein mund was süssers als Confect
Und ich dir einen kuß / der nach dem herzen schmeckt.
(Theil 4 S. 107-108)
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Sie nimmt abschied von ihrem geliebten Philadon

1.
Der himmel pflanzet mein gelücke
Nunmehr an einen andern orth‘ /
Und darum folg‘ ich seinem blicke
Und geh von dir mein schäffer fort /
Gleich da der sanffte frühlings-wind
Der blüten junge knospen küsset;
Und da den winter uns versüsset /
Ein angenehmes blumen-kind.

2.
Der winter zwar in meinem herzen /
Da es noch lauter wehmut schneit /
Vermehret sich durch abzugs-schmerzen /
Und fühlet keine frühlings freud /
Weil ich die linden lassen muß /
Darunter noch ein schäffer bleibet /
Dem sich mein herze treu verschreibet /
Durch diesen letzten abschieds-kuß.

3.
Nun dieser mischet sich mit thränen /
Er schmeckt nach bittern wermuth-safft;
Der mund verliehrt die lust durch sehnen /
Durch ach! und seuffzer seine krafft /
Der wangen rosen werden blaß /
Die augen die an deinen blicken
Mein schatz / sich konten offt erquicken /
Die sind von vielen thränen naß.

4.
Denn denck‘ ich an die schönen stunden /
Da ein gespräch ein spiel und scherz
Uns öffters hat beysammen funden /
Ach! so betrübet sich mein herz /
Das künfftig deiner anmuth pracht /
Und deine gegenwart soll meiden /
Vornehmlich da mit tausend freuden /
Der grüne frühling wieder lacht.

5.
Wie herzlich wurd ich offt ergötzet /
Mein Philadon, auff deiner Schooß /
Da mich / wann ich mich nur gesetzet /
Dein schönes armen-paar umbschloß /
Und so durch einen sanfften zwang /
Mich feste an dein herze drückte /
Von meinem munde nelcken pflückte /
Und ich von deinem Nectar tranck.

6.
Denck ich nun diesen zuckerlüsten
Mein Philadon, was weiter nach /
So wächset in den zarten brüsten
Ein grosser trieb voll ungemach /
Weil künfftig deine liebligkeit
Mir armen gänzlich wird benommen /
Und ich nicht mehr kan zu dir kommen /
Das bringt ja schmerz und herzeleid.

7.
Doch muß der abschied uns gleich kräncken /
Den glück und zeit mir aufferlegt /
Soll doch dein süsses angedencken /
Mir sein tieff in das herz geprägt /
So lang ich noch begeistert bin /
Und man mich einen menschen nennet /
So lange soll sein ungetrennet /
Der dir ergebne liebes-sinn.

8.
Kann ich dich nicht wie vor anblicken /
Will ich dich in gedancken sehn /
Dir durch die lüffte küsse schicken /
Und sie mit seuffzern zu dir wehn /
Gibt mir der tag dazu nicht raum /
So soll mein herz bey nachtes-schatten /
Sich offt mit deinem geiste gatten /
In einem süssen liebes-traum.

9.
Indessen bleib mein ander leben /
Mein höchstgeliebter Philadon,
Der bin ich ewig treu ergeben /
Muß ich gleich itzt betrübt davon /
Und kan mein wuntsch was nach sich ziehn /
Wüntsch‘ ich / so viel an bäumen blätter /
Daß noch vielmehr und noch viel netter /
Dein ruhm und glücke müssen blühn.

10.
Leb wol mein kind / die sylben brechen /
Mir auff der blossen lipp‘ entzwey /
Ich kan nicht mehr so frey dich sprechen /
Als da ich war von schmerzen frey /
Das herz ist zwar der wüntsche voll /
Der mund kan aber nichts vor klagen
Als diese letzte wörter sagen:
Mein halbes herz gehab dich wol.
(Theil 4 S. 108-111)
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Die verliebte sehnsucht

1.
So kan ich länger doch nicht schweigen /
Mein herze nimmt die sehnsucht ein /
Es wil sich fast zum tode neigen /
Und länger nicht mehr meine seyn /
Es sucht bey dir / mein kind / sein halb verlohrnes leben /
Ach! warum wiltu es ihm doch nicht wieder geben.

2.
Man soll ja seinem nechsten dienen
In allem was geschehen kan;
Und ziehen gleich die klugen bienen
Den honig von den rosen an /
So muß der rose doch geruch und schönheit bleiben;
Der ruhm besteht auff dem / was andre leute gläuben.

3.
Da wird / was öffters voller Flecken /
Für rein und schöne doch geschätzt /
Und welche in der hoheit stecken /
Die werden unten angesetzt /
Was weiß der pövel denn / ob ich bey dir gewesen /
Weil man das ding ja nicht kan aus der stirne lesen.

4.
Sucht ihm ein storch zu seinen zeiten
Für schnee und kälte doch ein loch;
So kanstu mir nicht übel deuten /
Ich suchte vor und suche noch /
Drumb laß mich / liebstes kind / nur endlich bey dir finden /
Die höle / die mein herz vom froste kan entbinden.

5.
Und fürchstu etwann schaden /
Das früchte könten draus entstehn /
Damit dein schöner leib beladen /
Alsdenn zu winckel müste gehn /
So wird die schnöde furcht durch dieses leicht verschwinden:
Wer vor dem dorffe schiest kan keine scheun' anzünden.
(Theil 4 S. 111-112)
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An dieselbe
[An Libindgen]

1.
Libindgen nur noch einen satz /
Nicht wegre dich mein kind / mein schatz
Mir selbst den feuchten mund zu bitten;
Nimm zung‘ und lippen willig ein
Und laß die deinen munter seyn /
Aus heissen trieb‘ in mich zu wütten.

2.
Entblösse deine marmel-brust /
Das reiche bergwerck aller lust /
Laß mich dein schnee-gebürge schauen /
Das zweyfach durch die glutt sich trennt /
Und stets voll heisser flammen brennt /
Die kalten herzen auffzutauen.

3.
Sie da! mein herze giebt sich bloß /
So wird sich ja dein zarter schooß /
In diesem stück mir gleich bezeugen
Ich schwer dir einen teuren Eyd /
Daß ich dagegen iederzeit
Getreu will seyn und ewig schweigen.
(Theil 4 S. 117-118)
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Auff ihre Schönheit

1.
Dein schöner mund kan rosen übersteigen /
Und wenn dein arm mit der narcisse spielt /
Muß die beschämt ihr haubt zur erden neigen /
Weil sie die macht von deiner schönheit fühlt;
Denn deiner hand gebleichte silber-liljen /
Die können schnee und alabaster tilgen.

2.
Mein antlitz bricht / wenn dein entflammtes blitzen /
Durch schwarze nacht verbulter augen schlägt /
Ja wenn sich will dein heisser blitz erhitzen /
Der meinen geist schier in die asche legt /
So muß das gold der sonnen dieser erden /
In einem nu erblast und dunckel werden.

3.
Die nackte brust gespitzet mit rubinen /
Der schöne hals mit perlen überschneit /
Die sind der ort wo Venus mir erschienen /
Und wo ihr sohn mir waffen zubereit /
Kurz du allein / (ich rede frey von höhnen)
Bist und wirfst seyn die Crone aller schönen.
(Theil 4 S. 118-119)
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An die Doris

1.
Glaubt meine Doris nicht daß Seladon sie liebe /
Und ihn das lieben hat gelehrt?
Ihr erster blick der mich beehrt /
Nam meiner seite gleich des paradieses ribe /
So daß mein fleisch und bein sich itzt in Doris liebt /
Und / was er hier erlernt / an seinem meister übt.

2.
Du weist / was erstlich mir dein auge vorgeschrieben /
Als ich / dein schüler / dich gesehn /
Ist’s gleich vor längsten schon geschehn /
Hat von der vorschrifft doch die zeit nichts ausgerieben;
Ein weiden-reiß das bleibt / wie man es einmal bricht /
Und wie man sich gewehnt / so bleibt das herz gericht.

3.
Die liebe wird nicht alt / sie wächset mit den jahren /
Das kleinste feur wird endlich glutt /
Ein brunn macht letztlich eine flutt /
Die zeit bezeicht den felß mit mooß / als eignen haaren;
Soll denn mein herze nun nach vieler jahre schein /
Die deine sonne macht / nicht auch ein Aetna seyn?

4.
Ich habe / Doris / dich zu lieben mich gewehnet /
Und kan nicht wieder davon ab /
Verscharre mich ins tieffe grab /
Die Seele stirbt doch nicht die sich nach deiner sehnet /
Dich kennen ohnverliebt / das kan ich nicht zugleich /
Mein herz‘ ist zu verliebt; du bist zu tugendreich.

5.
Laß die beständigkeit dich aber auch bewegen /
Du wirst doch Seladons nicht loß /
Du hast ja fleisch in deiner schooß /
So rege es auch nach meines herzens schlägen /
Durch vieles fallen weicht ein tropfen fels und stein;
Du / schönste Doris / kanst ja auch nicht härter seyn.

6.
Du kanst / erweg‘ es nur / dein eigen werck nicht hassen /
Wer tadelt / was er hat gelehrt?
Was ich gelernt / ist lobens werth /
Ich werd‘ auch / weil ich’s kan / es nimmer unterlassen /
Hab ich / als schüler / mich hierinn an dir geübt /
Ist’s billig / daß mein herz dich auch als meister liebt.
(Theil 4 S. 119-120)
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Die geqvälte liebe

1.
Verdrüßliche stunden! was qvälet ihr mich!
Ich liebe und leide /
Spinn' elend vor Seide /
Der morgen
Bringt sorgen /
Bey nachte
Wächst sachte /
Der kummer nach dem ich nicht trachte.

2.
Mein heisses verlangen ersätigt sich nicht;
Ich lieg' oder stehe /
Ich ruh' oder gehe /
So rennet
Und brennet /
Ganz helle
Und schnelle
Der schmerz als mein steter geselle.

3.
Ich spanne die flaqven der hoffnung itzt auff /
Damit ich erfinde
Bey glücklichem winde /
Behende
Das ende /
Worinnen
Die Sinnen
Den hafen der liebe gewinnen.

4.
Zwar glaub ich der ancker sey standhafft gesenckt;
Weil aber die wunden
Nicht bald sind verbunden /
So einen
Zum weinen
Und thränen
Gewehnen /
Soll eyfer den weg hierzu bähnen.

5.
Entweder ich sterbe verzweiffelungs voll /
Bald oder ich kriege
Erhörung zum siege /
Und übe
Die liebe /
Im leiden
Und freuden /
Doch wünsch' ich das letzte von beyden.
(Theil 4 S. 123-124)
_____



An die weinende Megane

1.
Entschlage dich / Megane / deiner thränen /
Und heb die perlen besser auff /
Man soll sich nicht nach eitelkeiten sehnen /
Noch selbst verkürzen seinen lauff /
Sie werden aufferm wasser hart /
Und du benimmst uns deine gegenwart.

2.
Gedencke nur der börnstein wächst in wellen;
Was machstu dich demselben gleich /
Dein silber muß zum thon sich nicht gesellen /
Sonst macht die nachbarschafft es bleich /
Die zehren sind darum erdacht /
Daß sie wie gifft verzehren unsre pracht.

3.
Man suchet zwar in flutten die Corallen;
Man hohlt die schätze von der See;
Doch wo es schlost und viele regen fallen
So wird zerschmelzt der schönste schnee;
Und deinen hellen mund-rubin
Richt eben wol die grosse nässe hin.

4.
Sagstu mir gleich: es baden sich die schwanen /
Und haben ihre lust im fluß;
So wisse doch hingegen das Meganen
Sich anderwerts ergötzen muß /
Du lebest uns noch nicht zu lang'
Und niemand wünscht auch deinen grabgesang.

5.
Bezwinge drum die fliessenden gebehrden
Die perlen lauffen dir nicht fort /
Du kanst noch stets zu einer mutter werden /
Die muschel bleibt an ihrem Ort'
Als Nioben der Schmerz nahm ein
Ward sie zum fels und ihre thränen stein.
(Theil 4 S. 127-128)
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An die grausame Celimene

1.
Du Celimen / bist was ich hier vergleiche /
Dein grausam-seyn ist meine noth /
Du schilts den sarg und machst dich selbst zur leiche
Denn deine freundlichkeit ist tod /
Die auff sich selbst im zorn verraucht /
Und dein Gesicht zur todten bahre braucht.

2.
Zeigt deinen schmerz dein' angenehme blässe /
So redt vor mich mein heisses blutt /
Das mein gesicht beschwert mit rother nässe /
Wenn deine bleiche wunder thut;
Verwesung hält im herzen hauß
Und todten farbe sieht zun fenstern rauß.

3.
Wilstu zugleich zwo leichen nicht begraben /
Begrabe deinen Zorn und haß /
Du wilt man soll erbarmung mit dir haben /
Und machest andrer augen naß /
Ach Celimene sey kein stein
Und laß noch heut mein aufferstehen seyn.
(Theil 4 S. 128-129)
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An die nicht wiederliebende Phyllis

1.
Lichte glutt in vollen flammen
Ziehet keinen rauch zusammen;
Liebe die in vollem brennen /
Läst sich nicht die zeit zertrennen.

2.
Strahlen / die man recht empfunden /
So / daß man auch süsse wunden
Hat erlangt von solchen qvählen /
Lassen schwerlich sich verhelen.

3.
Welche seele will erkennen
Diß mein innigliches brennen?
Welche will die flammen nähren
Eh sie geist und herz verzehren?

4.
Soll mein Feuer denn verschwinden?
Ist kein liebes-öhl zu finden /
Das die glut erhalten könte
Und zu leben mir vergönnte?

5.
Lieben und nicht liebe finden /
Schmerz / der niemals zu ergründen /
Stirne / mund und brust voll wunden /
Hab‘ ich drüber offt empfunden.

6.
Pflegt den nicht der kreiß der zeiten
Aus dem lenz in herbst zu leiten?
Wilstu Phyllis mir entziehen /
Früchte die ich sehen blühen?

7.
Wilstu mir denn nicht vergönnen /
Daß ich dörffte sammlen können /
Früchte / die die Venus heget /
Wann sie sich zu bette leget.
(Theil 4 S. 129-130)
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An Lauretten

1.
Als nechst ich mein gesicht' auff ein paar brüste wante /
Ward mir gelohnt mit feur und glut /
Ich sah zwar nichts als milch und blut /
Und was sich weisser noch als Alabaster nannte /
Es wieß ein schneegebürg vor meinen augen sich
Und aber / ach! dennoch umbgaben flammen mich.

2.
Wie wunderbahr kanstu / Laurette dich verstellen!
Ich dacht bey deiner brüste paar
Als fleisch und blut / sey nicht gefahr /
Sie aber wurden mir zu lauter flammen-qvellen /
Ich wolt' auff deiner brust die zucker-äpffel sehn /
Und feuer-ballen seh' ich mir daraus entstehn.

3.
Ein Anmuts-Westwind der auff selben damals spielte /
Facht noch darzu das feuer auff /
So daß die flamme ihren lauff /
Durch mein entbrannte brust mit voller macht erhielte /
Jemehr dieselbig' in der brüste bälge stieß
Jemehr er auch die glut in meiner brust anbließ.

4.
Und noch itzund muß ich der flammen macht erkennen /
Mein herz so damals angebrandt /
Brennt noch zum weyrauch deiner hand /
Und will auff ewig auch zu deinem ruhme brennen;
Denn weil ein kühner blick hat meinen geist beliebt /
So leidet er mit recht vor das / was er verübt.

5.
Jedoch solt dieser brand mir unerträglich fallen /
So gönne mir nur einen tag /
An dem ich mich abkühlen mag /
In deinem schneegebürg' und wässrichten Corallen /
Denn machstu vollend dich zum wunder aller welt /
Wenn kühlung deine schoß / die brust feur in sich hält.

6.
Willtu mir aber glutt und feuer zuerkennen:
Wolan: so geh ichs willig ein /
Nur lasse mir erlaubet sein /
Auff den zwey bergen deiner brüste zu verbrennen /
Wer will der zieh zum grab in das gelobte land /
Ich bin vergnügt / wenn hier mein körper wird verbrand.
(Theil 4 S. 130-132)
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An die unbeständige Lisette

1.
Lisette / hat die kurze zeit
Verändert die beständigkeit /
In der ich bin verreist gewesen /
Mein abschieds-kuß schrieb unsern bund
Dir ja so deutlich auf den mund /
Itzt kan ich kaum was davon lesen.

2.
Die sonne / wenn man sie nicht sieht /
Durchwürcket dennoch das geblütt /
Und schönheit reitzt auch in der ferne /
So hab ich auch in frembder welt
Dein bildnüß mir stets vorgestellt /
Und zwar im hellen Venus-sterne.

3.
Wie läst mich denn dein holder blick?
Die sonne geht ja nicht zurück /
Sie dreht sich immer weit und weiter /
Die liebe gleicht sich einem fluß /
Der sich vergrössert durch den guß /
Und an dem ende stets wird breiter.

4.
Doch muß vielleicht dein angesicht
Verändern schatten glanz und licht /
Nachdem der neid es dich heist machen;
Weil doch bey der verbothen frucht /
Und wo man güldne äpffel sucht /
Die schlangen und die drachen wachen.

5.
Ist dieses / was dich kälter macht /
So nimm dich äusserlich in acht /
Beherrsche minen / mund und augen;
Laß aber / was im herzen brennt /
Und meine liebe zunder nennt /
Mir auch zum ew'gen brande taugen.
(Theil 4 S. 132-133)
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An die zornige Lisette

1.
Lisette / mein Engel / wie lohnstu mir doch /
Ich liebe / du hassest und tödtest mich noch /
Mein blasses gesichte /
Zieht deins vor gerichte /
Als welches mein auge zur liebe gebracht;
Ach! wär' es so güttig als lieblich gemacht.

2.
Du warest mir günstig und bist es nicht mehr!
Itzt findet kein seuffzen noch klagen gehör /
Was hab ich begannen?
Mein wunsch und verlangen!
Spricht etwann der argwohn was falsches von mir?
Ach! glaube mein herze gehöret nur dir.

3.
Denn thu ich gleich etwas zu deinem verdruß /
Geschieht es / mein engel / dieweil ich so muß /
Sonst bleib ich dein eigen /
Und muß ich's verschweigen
Hegt dennoch mein herze verdeckete glut
Lisette / dir brennet unendlich mein blut /

4.
Ja liebe durch mißgunst und strenge der zeit /
Lisette / noch morgen so grausam als heut /
Liebt dennoch mein herze /
Sie mitten im schmerze /
Wird endlich ihr wütten auff nimmer gerächt /
So sterb' ich auch einer Tyrannin ihr knecht.
(Theil 4 S. 133-134)
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Er ist unglücklich in der Sehnsucht

1.
Das ist recht des todes quälen /
Und die bittre sterbens-angst:
Wenn du wünscht von ganzer seelen /
Und doch nicht den wunsch erlangst /
Wenn dein treues herz begehret /
Das / woran dein leben hängt /
Und dir dieses wird verwehret /
So wird geist und seel bedrängt.

2.
Keiner liegt in diesem spittel /
Kräncker nieder als wie ich /
Eines wohlgeplagten tittel /
Zieret keinen so wie mich;
Seit mir feuer in den beinen /
Und im herzen liebe wohnt /
Ist mit kummer pein und weinen /
Meine treue abgelohnt.

3.
Zwar ich darffs nicht eckel nennen /
Daß ich eine hab gewolt /
Der mein keusches opffer brennen /
Und mein weyrauch steigen solt;
Treue ists / daß ich die strenge /
Durch verachtung nicht verlacht /
Und mein herz bey grosser menge
Habe besser angebracht.

4.
Meine seuffzer / und verlangen
Finden stets ein taubes ohr /
Meine tod-farb-nasse wangen
Kommen blöden augen vor /
Und die wehmuth / die mich plaget /
Die durch alle blicke bricht /
Wird nur nicht einmal beklaget /
Nein / man achtet sie gar nicht.

5.
Offt verbiet ich meinem herzen
Daß es mehr verliebt soll seyn;
Offt verbeiß ich meine schmerzen
Und laß keine regung ein;
Aber schwachheit! wenn ich dencke /
Wie ein mensch der Gottheit gleicht /
Ists / als wenn in all gelencke /
Mir die liebe wiederkreucht.

6.
Dieses tröstet mich am meisten /
Daß noch hoffnung bey mir grünt /
Und mein fleiß will dienste leisten /
Ob er gleich umbsonst offt dient;
Tropffen höhlen doch die steine
Ob es gleich was lange währt;
Und nach vieler folter peine /
Wird die treue doch verehrt.

7.
Malmt den Demant gleich kein hammer /
So zergeht er doch im blutt;
Hievon treibt mein langer jammer
Aus den augen eine flut /
Diese wird das stein-gemütte
Meiner schönen weichen ein /
Und ihr kalt gesinnt geblütte
Lassen für mich wärmer seyn.
(Theil 4 S. 136-137)
_____



An die still-liebende Belisse

1.
Was hält Belisse viel vom lieben /
Und läst nicht dessen probe sehn?
Wer von der flamme wird getrieben /
Kan nicht so heimlich als sie gehn:
Denn lieb‘ und glut und unsre lust
Verdecket keine menschen-brust.

2.
Man kan zwar still im geiste brennen /
Denn liebe lebt so stumm als blind /
Doch muß es dessen herz‘ erkennen /
Für dem man seins erzündet find;
Hier aber bleibt der seelen-brand
Auch dem geliebten unbekand.

3.
Auch ist es leichtlich sich verstellen /
Und der vertrauten freundligkeit
Verblühmtes hassen zu gesellen /
Zu täuschen den verblendten neid;
Belisse nur ist allzeit still /
Und man vernimmt nie was sie will.

4.
Wenn wolcken gleich die sonne decken /
Redt doch der tag von ihrem schein;
Das feur so Aetna muß verstecken /
Läst er durch asche kundbahr seyn;
Und in Belissen liebes-fluhr /
Ist auch nicht die geringste spur.

5.
Verändre dich mein kind / Belisse /
Und habe deutlicher mich lieb /
Wir sind nicht mehr im Paradiesse /
Das allezeit verschlossen blieb /
Der fall hat solches auffgethan /
Legt auch kein schloß dem herzen an.

6.
Dein' anmuth nützt nichts in der ferne /
Ob sie dein auge gleich bewacht /
Was helffen uns des himmels sterne
Die uns der tag unsichtbahr macht?
Sie seyn wie ein verborgnes licht /
Es brennt und man geneust es nicht.

7.
Liebstu ja das geheime wesen /
So mache mir es erstlich kund /
Man kann aus stummen minen lesen /
Und reden sonder zung‘ und mund /
Denn was man nicht der sprache traut /
Sagt kuß und handdruck sonder laut.

8.
Geschiehts / so will ich frey bekennen:
Ich habe dir zu viel gethan /
Denn der Belisse stilles brennen
Zeigt kluger liebe kunststück an /
Daß sie durch stummes fleisch und blut
Mehr als die hellste stimme thut.
(Theil 4 S. 140-141)
_____



Die verspottete zaghafftigkeit

1.
Verzagter! pfui dich an /
Was stehstu hier und träumest?
Dein glück / das du versäumest /
Sucht einen andern Mann /
Du must dich billig schämen /
Du hast das herze nicht /
In deinen arm zu nehmen /
Die / küß mich: schweigend spricht.

2.
Das allerzahmste wild
Ist dir ins netz gegangen /
Du aber wilt nicht fangen
Dies angenehme bild;
Es wird dir angetragen
Ein überirrdisch pfand;
Und du wilt es nicht wagen
Zu nehmen in die hand.

3.
Die schönste ziehlt auff dich /
Sie laufft dir in die arme /
Spricht gleichsam: ach! erbarme
Dich liebster über mich /
Sie redet dir mit blicken /
Mit hände drücken zu /
Der sich nicht weiß zu schicken /
Verzagter der bist du.

4.
Ein furchtsamer Soldat
Ist nicht geschickt zum kriegen /
Dieweil er zu dem Siegen
Ganz keine hoffnung hat;
So ist es mit dem lieben
Auch ebenfals bestalt /
Wie kan was tapfers üben /
Der zaghafft ist und kalt.

5.
Wie daß dir itzund graut
Vor Amors pfeil und bogen /
Was hat dich denn gezogen
Auff diese bären haut?
Du bist ja sonst gestanden
Als wie ein krieges-mann /
Ist denn kein muth vorhanden?
Verzagter pfui dich an.
(Theil 4 S. 142-143)
_____


An die nacht

1.
Komm schwarze nacht! umbhülle mich mit schatten
Dein flor beziehe meines purpurs glanz /
Weil sich mit mir will eine sonne gatten /
Vor deren licht erbleicht der sternen kranz /
Laß deinen teppich meine brust bedecken /
Und meinen sieg in dein gezelt verstecken.

2.
Verbirg in dir den raub geheimer liebe /
Dein dunckel-seyn umbschliesse meine brust;
Ihr wolcken! eilt und macht den himmel trübe /
Befördert mir doch meine himmels-lust /
Umbstricket mich geliebte finsternissen
Daß nichts von mir des hofes augen wissen.

3.
Komm Engelsbild! komm laß dich bald umbfangen /
Dein lippen-Julep kühle meinen brand /
Mein herze lechst mit feurigem verlangen /
Biß deine kühlung ihm wird zugesand;
Komm zeuge; daß entzünden und selbst brennen /
Des himmels wahrer vorschmack sey zu nennen.
(Theil 4 S. 143-144)
_____


Die sorgen-volle liebe

1.
Was ist die lust des sorgen-vollen lieben
So nur der eitle wahn hochschätzt?
Hat Götter sie nicht von dem thron getrieben
In unvollkommenheit gesetzt?
Wer will mag mit dem Jupiter,
Europen führen durch gefahr und meer.

2.
Traut nicht zu sehr den engel-gleichen blicken /
Ihr glanz verdüstert unsre pracht /
Ihr auge kan die unsrigen zu drücken /
Wenn man seyn volles licht betracht;
Ein donnerblitz offt viele blendt /
Was wunder! wenn gedoppelt feuer brennt!

3.
Der haare zier sind trübsands sanffte wellen /
Wo unsre ruh und geist versinckt /
Ihr Meer kan wohl in stille sich verstellen /
Woraus doch sturm und wetter dringt;
Was hoffet man beständigs mehr /
Die Venus kommt ja selbst von wellen her.

4.
Auff wangen blühn offt schmerzen gleiche freuden /
Ihr purpur hegt versüste pein
Hüllt nicht die sonn‘ ihr nebel-schwarzes scheiden
Offt in gezwungne klarheit ein?
Der strahl den uns der abend schickt /
Wird bald hernach mit finsternüß bestrickt.

5.
Ein ander mag in Venus-Muschel schwimmen /
Kein wasser leschet diese gluth /
Auff diesem Meer sind der Syrenen stimmen /
Bey welchen das verderben ruht /
Drum soll mein letzter willen seyn:
Man meide stets der Venus zauberschein.
(Theil 4 S. 145-146)
_____


Die verdammte liebe

1.
Verdammter trieb der lieben mich gelehret!
Was hat mich für ein geist geregt?
Hat denn kein Witz der thorheit abgewehret /
Die mich itzt mit der reue schlägt /
Ach! daß ein Mensch sich selbst verbrennt
Und seinen trunck durch taumeln erst erkennt.

2.
Hat jemand wohl so sehr als ich geliebet /
Der bloß umb eines Menschen gunst /
Den himmel selbst und sein gelück betrübet
Als zeuge dieser schweren gunst /
Was aber ist dafür mein lohn?
Ihr herz' ist falsch / ihr hochmuth spricht mir hohn.

3.
Lernt denn von mir und meinen späten schmerzen /
Ihr buhler / was die jungfern seyn /
Sie führ'n den mund an leibern und im herzen /
Ihr liebreitz ist aprillen schein /
Der / ehe man sich des versieht /
Des himmels glanz mit wolcken überzieht.

4.
Wir bauen zwar auff ihre marmol-brüste
Uns ein vermeintes felsen-hauß /
Weht aber nur ein lüfftgen aus der wüste /
Sinckt dieser grund wie sand und grauß /
Der athem / der dieselbe regt /
Ist selbst ein wind den wanckelmuth bewegt.

5.
Traut also nicht den engel-gleichen blicken /
Ihr feuer heget lauter rauch /
Sirenen sing'n die menschen zu berücken /
Und schönheit reizt und tödtet auch /
Der Sodoms-apfel ist zwar roth /
Doch stecket er voll würmer und voll koth.

6.
Wer suchte wol in Phyllis edlen gaben /
Was leider mein verhängnüß spinnt /
Ich freute mich mit Phyllis gunst zu laben /
O freudigkeit! so bald verschwindt /
Seht doch die schönste dieser Welt /
Hat dies an sich / was jedes weib verstelt.

7.
Was kan ich thun! der fehler ist begangen /
Der schaden macht die albern klug /
Ich bin dießmal / als wie ein wild / gefangen /
Doch forthin trifft mich kein betrug /
Hat Jupiter doch selbst gefehlt /
Und als ein gott ein weibsbild sich vermählt.

8.
So geht es mir / ein bild hat mich gerühret /
Das meine demut betet an;
Ich bin nicht schuld ihr aug' hat mich verführet /
Als irrwisch dieser freuden-bahn /
Ach! daß ich allzuviel getraut /
Und / was mich hast / so zärtlich angeschaut.

9.
Hiermit verschwer' ich alle solche triebe /
Und lasse Phyllis ihre müh /
Vergessen ist die zusag' unsrer liebe /
Und sterb' ich ja verliebt in sie /
Soll dieß mein letzter wille seyn:
Man meide so die liebe wie den wein.
(Theil 4 S. 146-148)
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aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer
Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke)



siehe auch Teil 1 Teil 2 und Teil 4



 

 


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