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      Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau 
      (1616-1679)
 
        
      Inhaltsverzeichnis der Gedichte: 
  
        
      
       
      
      Hochzeit Gedichte 
      
       
      Die Weichsel-Nymfen an eine königliche Braut 
      
       
      Komm / Königliche Braut / zu Kronen auserkohren / 
      Dein Blut kennt mehr als eine Welt / 
      Was Purpur um und in sich hält / 
      Ist nur vor Könige gebohren. 
      Wir öfnen dir die treue Brust / 
      Wir bücken uns zu deinen Füssen / 
      Und unser Strom kriegt eine Lust / 
      Nach deines Willens Schluß / und auf dein Wort zu flüssen. 
      Die Donau baute dir die glatte Winterbrücken / 
      Und macht aus Eys dir eine Bahn: 
      Schaustu die Weichsel freundlich an; 
      So bricht ihr Eys in tausent Stücken. 
      Was schmelzt nicht deiner Strahlen Macht? 
      Was kan vor dir gefroren bleiben? 
      Die Kronen hat in Brand gebracht / 
      Wird um den Weichsel-Strom den Winter bald vertreiben. 
      Was nur dein Fuß berührt / muß Graß und Blumen geben / 
      Dein Athem führt den Früling ein; 
      Dein Himmelreicher Tugendschein / 
      Giebt der Natur ein neues Leben. 
      Vor deiner Hand verbleicht Jesmin / 
      Und wünscht in solcher auch zusterben. 
      Die Rose schätzet für Gewien / 
      Nach deiner Lippen Glanz ihr zartes Blat zufärben. 
      Die Vogel dencken schon auf süsse Hochzeit-Lieder 
      Dein Glanz macht ihre Frülings-Zeit / 
      Des Jahres beste Liebligkeit / 
      Kömmt nur durch deine Schönheit wieder. 
      Es will sich Ufer Wald und Feld/ 
      In grün und bundte Farben kleiden / 
      Und was den Winter raues hält / 
      Wird durch den heissen Blick der klaren Augen scheiden. 
      Dein König küst dich schon in lieblichen Gedancken; 
      Ein Mahlwerck wird ihm zum Magnet; 
      Das Zimmer wo dein Bildnüs steht / 
      Wird vor sein Aug' ein süsser Schrancken. 
      Er höret schone / wie dein Mund 
      Mehr als die Mutter-Sprache liebet; 
      Uns aber ist es ja vergunt: 
      Daß man sich selber dir zu einem Opfer giebet. 
      Dein Antlitz wird sich uns als neue Sonne zeigen; 
      Dein Diamant als Firmament; 
      Das was sich groß und schöne nennt / 
      Wird sich vor deinem Throne neigen. 
      Was Pohlen heist / vergnüget sich; 
      Und wir erkühnen uns zu scherzen: 
      Giebt Oesterreich dem Pohlen dich; 
      So giebet Pohlen dir den König und die Herzen. 
      
      
      (aus: Hochzeit Gedichte S. 3-5 [635-637]) 
      
      
      
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      Die verliebte Vereinigung der 
      Schwanen und Rosen 
      
       
      Die Göttin in der Schoß der wilden Flut entsprossen / 
      So mehr zerschmolzen Salz als süsse Milch genossen / 
      Als sie die Muschel hat gewieget in der See / 
      Die nu vor langer Zeit an ihrem Sieges-Wagen 
      Das schönste Theil der Welt als Sclaven hat geschlagen / 
      Schlug ihr ein schönes Zelt auf neu-gefallnem Schnee. 
      Desselben werther Zeug war von Catayer-Seide / 
      So ihm der edle Wurm spinnt zu dem EhrenKleide / 
      Wenn er befliessen ist zu ändern seinen Stand / 
      Tlascaler-Cuchenil und frembde Scharlach-Beeren 
      Die wolte diß Gewand zur Farbe nicht begehren / 
      Weil solche Kostbarkeit es noch zuschlecht befand. 
      Ein Ding das weder Wurm noch Beere geben können / 
      Ließ Venus meisterlich in das Gewebe rinnen; 
      Sie hatte längst dazu gesammelt in ein Glas / 
      Und diesen Safft geschärfft durch der Verliebten Thränen. 
      Ein mehres kan davon die Feder nicht erwehnen / 
      Genug / Aurora war für dieser Röthe blaß. 
      Die Pracht aus Potosi erhöht von Bengals Schätzen / 
      Die wolte sich vermählt auff diesen Purpur setzen / 
      Es fand sich umb und umb ein Stikwerk kluger Hand / 
      Der Nadel Stich verrieth / was Psiche vor gewesen / 
      Wie Cäsar um den Nil die Blumen abgelesen / 
      Und sich der Hercules bey funffzig Bräuten fand. 
      Das Seil-Werk umb und umb kam von den reinsten Haren / 
      So auff verliebter Haut zuvor gestanden waren / 
      Cupido hatt' es selbst mit Pfeilen angepfleckt / 
      Man schaute nechst dabey den leichten Wagen stehen / 
      Dem Phöbus Fahr-Zeug selbst nicht gleiche weiß zu gehen / 
      Wenn sein vergoldtes Rad die faule Welt erweckt. 
      In diesem Zelte saß auf einem hohen Throne 
      Die Venus / dazumal geziert mit einer Krone / 
      In welcher Ost und West verschwendet Werth und Schein / 
      Das reich-gerollte Haar schwam auf den vollen Brüsten / 
      Die zwar als Nachbarin einander freundlich grüsten / 
      Doch von einander nicht berühret wolten seyn. 
      Cupido saß nicht weit von seiner Mutter Füssen / 
      Man schaut' ihn dazumal die weissen Schwanen küssen / 
      Von Venus zarter Haut allein beschämt gemacht: 
      Sie sprache Du Bösewicht / wilst ewig müssig liegen / 
      Dein Pfeil vergist die Kunst und Jugend obzusiegen / 
      Du bist itzund auff nichts als Büberey bedacht. 
      Die eine Taube hast du neulich fast erdrücken / 
      Den Schwanen unvermerckt die Federn ausgepflücket / 
      Und meinen Perlen-Schmuck gebraucht zu Kinder-Spiel: 
      Du Lekker sollst nun auch vor deine Fehler büssen / 
      Zur Straffe wirst du mir itzt Rosen holen müssen / 
      Sie seyn auch wo sie seyn: genung vor dich / ich wil. 
      Was / Mutter / sagt er ihr / was habt ihr mir befohlen? 
      Was Flora nicht gewehrt / soll euch Cupido holen? 
      Das wollen ist umsonst / wenn Mögligkeit gebricht: 
      Der Strahl von oben her / des Frühlings süsse tauen / 
      Die lassen Wald und Feld beblümt und lieblich schauen / 
      Die kalte Winter Schoß zeugt solche Kinder nicht. 
      Die Venus war entrüst / und eilte von dem Throne / 
      Sie nam den Gürtel ab / und sprach zu ihrem Sohne: 
      Du weist gewiß noch nicht was meine Straffe kan / 
      Du bleibst nicht ungepeitscht / verweilest du zu draben  
      Ich wil und muß von dir itzt Winter-Rosen haben / 
      Sonst streich ich dir die Haut mit Purpur-Blumen an. 
      Der arme Knabe lieff / mit Schrekken in den Lenden / 
      Mit Aengsten in dem Sinn / mit Zittern in den Händen / 
      Mit Bleichheit um den Mund / mit Flügeln um den Fuß; 
      Er sucht' auff Berg und Thal / und in den tieffsten Gründen / 
      Es konte seine Hand doch keine Rosen finden / 
      Erstarrt von kalter Lufft / ermüdet von Verdruß. 
      Er murrte bey sich selbst: Soll ich nu Blumen lesen / 
      Der ich zuvor ein Gott der Herzen bin gewesen? 
      Ein rother Mund ist mehr als tausend Rosen werth. 
      Ich will mich wiederum von meinem Bogen nähren / 
      Denn was unmöglich ist / kan keiner nicht begehren / 
      Ich weiß wie leichte sich der Mutter Zorn verzehrt. 
      Es ward in einer Stadt auff einem weitem Saale 
      Viel jung-gesinntes Volk ergetzt durch Tanz und Schale / 
      So unser Jahre Lenz vor andern frölich macht; 
      Ein angenehmer Scherz versüste Tranck und Speisen / 
      Ein künstlich Seiten-Spiel und schöne Lieder Weisen 
      Verlängte Scherz und Lust / verkürzte Sorg' und Nacht. 
      Cupido hatte diß / ich weiß nicht wie / vernommen / 
      Er wünschte nichts so sehr / als auch dahin zukommen; 
      Doch wolt' er nicht entblöst vor keuschen Augen stehn / 
      Er kaufft' ein leichtes Kleid von einem Gaukler-Knaben / 
      Und bat er möchte doch wie sonst Erläubniß haben / 
      Mit einem kleinen Sprung' entgegen hir zugehn. 
      Es trug das liebe Volk darüber schlecht Bedenkken 
      Cupido zeigte sich mit viel geschwinden Renkken / 
      Sein erstes Neigen ward des Lachens werth geschätzt; 
      Den Bogen hatt' er ihm in einen Reiff verkehret / 
      Des Köchers tieffe Schoß von Pfeilen ganz geleeret / 
      Und vieler Vögel Art davon hinein gesetzt. 
      Er ließ aus Büberey bald diese Thiere fliegen / 
      Viel grieffen hin und her / in Hoffnung was zukriegen / 
      Auch der Behuttsamkeit rieß hier das Lachen auß: 
      Man hört' ihn Nachtigal und Lerche gleiche singen / 
      Man schaut' ihn durch den Reiff' und über Stühle springen / 
      Sein Mund war Taube / Hahn / Gans / Storch
      und Fleder-Mauß 
      Cupido wuste sich so artig zu bequemen / 
      Das kein Bedencken war ihn auf die Schoß zunehmen / 
      Man schenkt' ihm Marmelad' und GenueserWerk / 
      Man ließ Canari-Sec in seine Kehle fliessen / 
      Ihm vor gehabte Müh' die Lippen zuversüssen / 
      Es hielt ihn iedermann vor einen kleinen Zwerg. 
      Man scherzte so mit ihm / befreyt von allen Sorgen / 
      Als er den leichten Pfeil / so er bißher verborgen / 
      Durch Farb' und Band verstellt aus einer Falte nam: 
      Es hatt' ihn längst zuvor ein starker Safft durch beißet / 
      Davon auch nur der Dampff den Geist zur Liebe reißet / 
      Die vor dem SündenFall uns in die Adern kam. 
      Er fuhr mit diesem Pfeil in Gold und Porcelane / 
      Besonders merkt er ihm ein Glas mit einem Schwane / 
      Und eines dessen Mund wie eine Rose war: 
      In dieses trachtet' er das süsse Gifft zubringen / 
      Rosell' und Olerin mit Liebe zubezwingen; 
      So nennen wir itzund das angenehme Paar. 
      Das Absehn gieng nach Wuntsch; nach diesem
      schlauen scherzen 
      Floß das Getränk in Mund / die Lieb' in Geist und Herzen / 
      So endlich aus dem Herz' auch in das Auge trat; 
      Das Auge / so in uns verdolmetscht wenn wir schweigen / 
      Und durch verliebten Blick von ferne pflegt zuzeigen / 
      Wie dessen Cristallin auch seine Zunge hat. 
      Cupido war erfreut durch dieses Sieges-Zeichen / 
      Und seines Wuntsches Ziel mit Freuden zuerreichen / 
      So stekt er bey dem Licht' ein rundes Wesen an. 
      Es gleichte sich an Form den kleinen Feuer-Ballen / 
      Diß ließ er wol entbrand hin auff den Boden fallen / 
      Davon ich den Geruch nicht wol beschreiben kan. 
      Diß was der Araber schaut überflüssig rinnen / 
      Wird dieser Liebligkeit nicht ähnlich werden können / 
      Und die Versammlung kam in einen solchen Stand / 
      Daß endlich alle Krafft der Augen sich verlohren / 
      Und unser werthes Paar zum Liebes-Sieg erkohren / 
      Mehr durch Gewölk als Rauch sich ganz umbhüllt befand. 
      Es ward durch solchen Dampff fast unvermerckt bestrikket / 
      Mit lieblicher Gestalt aus diesem Saal' entrükket / 
      Es schaute nicht von wem / und wuste nicht durch was: 
      In kurzen fand' es sich in dieses Zelt geführet / 
      Wo man Natur und Kunst vermählt zu seyn verspüret / 
      Und Venus / auff dem Schnee / in Glut und Flammen saß. 
      Roselle stund numehr für den verliebten Throne / 
      Cupido sprach / was gibt die Mutter mir zu Lohne? 
      Nach Rosen solt' ich gehn: Hier habt ihr Sie und Mich: 
      Die Rose so allhier der Wangen Feld umschrenkket / 
      Und da die Keuschheit hat ihr Bildniß ausgehenkket / 
      Lobt ohne frembden Ruhm durch Schönheit selber sich. 
      Die Röthe so ihr ietzt in das Gesichte steiget / 
      Und einen Frülings-Strahl von tausend Rosen zeiget / 
      Ist dieses was die Zucht mehr als Rubinen schätzt: 
      Die Rosen so allhier mit Lilgen sich vermählen / 
      Und ihr der Augen Licht zum Sonnenschein erwählen / 
      Seyn Blumen von Natur in warmen Schnee gesetzt. 
      Der ihr zur Seiten steht / und bald in zarter Jugend 
      Mit Früchten sich versorgt der Sprachen / Kunst Tugend 
      Und zeitlich hat gelernt den Greisen gleicheseyn; 
      Den Sene / Tems und Po mit Weißheit angebauet / 
      Und der die Tyber nicht vergebens angeschauet / 
      Der stellt sich / Mutter / euch / zu einem Opffer ein. 
      Er hofft ein Amber-Wort von eurem zarten Munde. 
      Zeigt daß ihr Venus seyd / verkürzt ihm Noth und Stunde. 
      Und nehmt diß Edle Paar zu euren Diensten auff / 
      Bestrahlt ihm Brust und Brunst durch vielgeneigte Blikke / 
      Verknüpfft es durch ein Band gewirket von Gelükke / 
      So Richtschnur werden kan von Lieb' und Lebens-Lauff. 
      Sie nam darauff diß Paar / und blies in seine Flammen / 
      Sie drükt Ihm Hand und Hand / ja Herz und Herz zusammen/ 
      Sie that ihm einen Wuntsch / und gab Ihm einen Kuß / 
      Sie sprach es müssen Euch die Rosen lange blühen / 
      Und sie der Reiff umsonst zu bleichen sich bemühen / 
      Ja stets verjünget seyn durch süssen Uberfluß. 
       
      Der Himmel lasse hier des Segens tauen rinnen / 
      Die Parcen müssen Euch so feste Faden spinnen / 
      Die der gestählte Zahn der Zeiten nicht durchbricht / 
      Es müß Euch Liebligkeit zu Bett' und Tische dienen / 
      Die Freud' umb Euer Haus mit breiten Blättern grünen / 
      Und der gewölkte Nord schwäch' Eure Flammen nicht. 
      Versäumet aber nicht die Euch gewünschte Stunde / 
      Brecht Zukker-Rosen itzt einander auff dem Munde / 
      Durch einen warmen Kuß der nach dem Herzen schmekt. 
      Nicht ändre / Liebste Braut / durch dieses dein Gesichte / 
      Es ist ein' alte Kost / ein Paradis-Gerichte / 
      So Adam fertig fand von seinem Schlaf' erwekt. 
       
      Es müß Euch diese Tracht mehr süsse Bissen geben / 
      Als Federn umb die Brust von meinen Schwanen schweben / 
      Lebt von der Jahre Frost noch lange Zeit befreit. 
      Es müssen sich umb Euch des Ruhmes Flügel breiten / 
      Und dessen heller Schall Euch überall begleiten; 
      Erreicht der Väter Witz / der Mütter Frömmigkeit. 
       
      Die Venus über-span hierauff mit weicher Seide / 
      So dekt und nicht beschwert / die angenehmen Beide / 
      Ihr Athem rühret' Ihn' die Funken-volle Brust; 
      Sie brandten ohne Schmerz / und scherzten mit einander / 
      Auch mitten in der Glut als treue Salamander / 
      Ein süsser Seuffzer war der Auffbot ihrer Lust. 
       
      Die Geister netzen sich in Schalen von Rubinen / 
      Die Lippen musten hier zu feuchten Feldern dienen / 
      Sie rennten ab und zu auff dieser Purpur-Bahn / 
      Aus einem kurzen Ach entstund ein langes Lachen / 
      Die Zungen konten nicht viel gleiche Silben machen / 
      Weil heisse Liebe sich nicht wol verworten kan. 
      Cupido schlug hierauff mit Freuden in die Hände / 
      Er sprach / gewehrt der Welt viel süsse Liebes-Brände / 
      Denn Asche sammlet man auff dieser Brand-Stadt nicht. 
      Befleist Euch ungesäumt ein Ebenbild zu pregen / 
      So bey den Freunden wird diß Freuden-Wort erregen / 
      Schaut Olorinens Geist / Rosellen Angesicht. 
      
      
      (aus: Hochzeit Gedichte S. 5-15 [637-647]) 
      
      
      
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      Der aus dem Himmel verbante Cupido 
      
       
      Der kleine Wunder-Gott / der Meister meister Herzen / 
      Der zuvermählen weiß die Schmerzen mit dem Scherzen / 
      Und unsre Thränen ihm vor seinem Balsam hält / 
      Der ward so bald er nur aus Mutter-Leibe kommen / 
      Auch in die Bürgerschaft des Himmels aufgenommen / 
      Und als ein kleiner Gott den Göttern zugesellt. 
      Der grosse Jupiter der nahm ihn auf die Armen / 
      Die stolze Juno ließ ihn auf der Brust erwarmen / 
      Die reine Suada sprach ihm selbst die Wörter für / 
      Diana lehret ihn den ersten Bogen führen / 
      Mars wolt ihn alsobald mit einem Helme zieren / 
      Nur die Minerva sprach: Mein gröster Feind ist hier. 
      Die Götter ehrten ihn mit mehr als tausend Küssen / 
      Man schaute nichts als Lust umb seine Lippen flüssen / 
      Sein helles Auge war ein Thron der Freundligkeit 
      Sein schreien konte selbst den Nektar süsse machen / 
      Saturnus muste stets des klugen Kindes lachen / 
      Ja auch die Trauersucht war durch sein Spiel erfreut. 
      Doch wolte dieses Lob nicht lange hir bekleiben / 
      Die Boßheit kam den Ruhm der Anmuth zuvertreiben / 
      Sein Scherzen roch nach List / sein Spiel nach Büberey / 
      Auf allgemeinen Ruhm kam allgemeines klagen / 
      Ein ieder wust ihm itzt was böses nach zusagen / 
      Und der Beschwernüß war auch nicht der Vater frey. 
      Bald miste Cynthia den allerbesten Gürtel / 
      Den Parcen den verschob er manchesmahl die Wirtel / 
      Den Ganymedes nannt er oft ich weiß nicht wie / 
      Der Mutter Taube selbst berupft er Schwanz und Flügel / 
      Der Juno träuft er Wachs auf ihren besten Spiegel / 
      Und keine Göttin war so sehr geplagt als sie. 
       
      Den weiten Thierekreiß besucht er alle Wochen / 
      Da ließ die Mutter ihn oft allenthalben suchen / 
      Hier that er Vieh und Mensch viel tausend Schalkheit an / 
      Er wolt einmahl dem Krebs die eine Scheere rauben / 
      Der Juno sie verkehrt zusetzen auf die Hauben / 
      Die weil sie seine List der Mutter kund gethan. 
      Diß und der gleichen kam dem Jupiter zu Ohren / 
      Der Lieb und auch Gedult nun allbereit verlohren / 
      Er sprach / der kleine Schalk der muß vertrieben seyn / 
      Er düfte mir einmahl die Donnerkeul entführen / 
      Und seine schlaue Hand mit einem Zepter zieren / 
      Für dem sich itzund bückt der goldne Sonnen-Schein. 
      Er ließ den Himmel bald sein strenges Urtheil wissen / 
      Mercurius ruft aus der Erz-Gott ist befliessen 
      Zuzeigen / daß sein Grimm wie Blitz und Brand verzehrt 
      Er will den kleinen Gott der sich Cupido nennet / 
      Und dessen Büberey der ganze Himmel kennet / 
      Verbannen und ihm sey hirmit das Reich verwehrt. 
      Die Venus zog den Bann ihr treflich zu Gemüthe / 
      Sie sagte bey sich selbst / so sol ich mein Geblüthe / 
      Das Göttlich ist wie ich / ja meiner Sinnen Lust 
      Von mir gerissen sehn; was soll ich aber machen? 
      Es wird der Jupiter nur meiner Thränen lachen / 
      Diß naget mir das Herz und ängstet meine Brust. 
      Sie rufte bald den Sohn / sie ließ bey tausend Küssen 
      Ihm eine heisse Bach umb beyde Schultern flüssen / 
      Man schaute wie ihr Mund von trauren trächtig stund / 
      Sie sprach die Wichtigkeit des Werks heist mich schweigen / 
      Mein Auge wird dir mehr als meine Zunge zeigen / 
      Und dieser Seufzer thut dir meine Wehmuth kund. 
      Dich heisset Jupiter in seinem Zorne scheiden / 
      Du solst das weite Reich der grossen Götter meiden / 
      Ach daß ich Göttin bin und nicht zusterben weiß! 
      Hat Schaum und Muschel dann mich Göttin lassen werden / 
      Daß man mich itzt verlacht im Himmel und auf Erden / 
      Und fast geringer hält als Schwämme / Schnee / und Eyß. 
      Doch wirst du gleich itzund aus meiner Schoß gerissen / 
      Wird gleich dein zarter Fuß die Erde fühlen müssen / 
      So wird den Nahme doch durch dieses nicht vergehn / 
      Die Göttin des Gerichts die wird ihn höher führen / 
      Als wo der Donner-Gott läst seinen Blitzen spüren / 
      Ich weiß er heist ihn noch um seine Crone stehn. 
      Drauf nahm sie ein Geschirr gemacht von Berg-Cristallen / 
      Und sprach / laß diesen Schatz bald auf die Erden fallen / 
      Wenn du berühren wirst den Kreiß der Unter-Welt / 
      Der Liebe heisser Trieb der lieget hier beschlossen / 
      So selbst aus meiner Hand in dieses Glaß geflossen / 
      Und als ein fester Leim die Welt zusammen hält. 
       
      Cupido wuste fast kein Wort nicht anzubringen / 
      Er nahm das edle Pfand und kehrte seine Schwingen 
      Der schweren Erden zu. die Mutter schaut ihm nach / 
      Es kam ihm ohngefehr ein Marmel zu Gesichte / 
      So macht er den Cristall mit steiffer Hand zunichte / 
      Und warf ihn daß er wol in tausend Stücken brach. 
      Es schwam der werthe Saft der nicht geschätzt kan werden / 
      Nach dem das Glaß zerbrach / vergossen auf der Erden / 
      Der starke Dampf umzog den weiten Erden-Kreis / 
      Ein süsses etwas drang dem Menschen um die Stirne / 
      Und pflanzt / ich weiß nicht was / ihm heimlich ins Gehirne / 
      So man zwar fühlen kan / doch nicht zunennen weiß. 
      Die Welt ward ein Spittal an tausend / tausend Krancken / 
      Der Schmerzen war gestärckt durch schlüpfrige Gedancken / 
      Der Geist fühlt einen Zug der mehr als fleischlich hieß / 
      Die Flüsse lieffen an / von viel verliebten Thränen / 
      Die Winde stärckten sich durch Seufzerreiches Sehnen / 
      So das entbrandte Herz aus seinem Schrancken bließ. 
      Die Kräuter von der Noth und Schwachheit zugenesen / 
      Die waren nirgendwo zufinden und zulesen / 
      Man nennt es allbereit die Kranckheit ohne Rath / 
       
      Ich weiß nicht wie es hat der Zufall so geschicket / 
      Daß einer ohngefehr den süssen Fund erblicket / 
      Und ihm durch einen Kuß gewünscht gerathen hat. 
      Nachdem das Pflaster nun für diese Liebes-Wunden 
      Der menschliche Verstand ergründet und erfunden / 
      So fiel in einem Nu des Kummers Uberfluß: 
      Den Krancken und den Arzt den fand man stets beysammen / 
      Die Flammen leschten sich nicht selten in den Flammen / 
      Der Becher war der Mund / der Saft ein heisser Kuß 
      So lange nun das Rund der Erden wird bestehen / 
      So wird die schöne Noth der Liebe nicht vergehen / 
      Die Liebe bleibet doch die Stütze dieser Welt / 
      Das Pflaster so man braucht / trägt oftmals selber Wunden / 
      Oft hat das Pflaster selbst der Wunden Pflaster funden / 
      Wann diß / was es verletzt / ihm wird hinzugesell't. 
      Mein Bruder darff ich itzt noch eine Sylbe sagen / 
      So schwer' ich daß du nicht nach Mitteln hast zufragen / 
      Das Mittel deiner Noth wünscht itzt bey dir zuseyn / 
      Die Rose / so der Braut die zarten Wangen zieret / 
      Und Zeugin ist der Zucht so sie im Herzen führet / 
      Stellt als ein Eigenthum sich itzo selber ein. 
      Sie krancket gleich wie du / sie scheuet zubekennen / 
      Daß Flammen gleich wie dir / ihr um das Herze brennen / 
      Daß sie der Dampf bestrickt der aus Cristallen kam / 
      Ihr Geist ist allzukeusch zu melden den Gebrechen / 
      Und ist sie gleich bereit ein Wort davon zusprechen / 
      So wird ihr doch der Mund versiegelt durch die Scham. 
      Du wirst ohn alle Müh' erlernen und verspüren / 
      Wie dir die Kranckheit ihr zuheilen sol gebühren / 
      Betrachte doch nur recht ihr keusches Augen-Licht / 
      Das wirstu selber dir mit treuen Farben zeigen / 
      Als spräch' es / dieses Bild / das wünsch' ich mir zu eigen / 
      So sagt der Augen-Glanz spricht gleich die Zunge nicht. 
      Hier ist es keine Zeit zu bitten und zu fragen / 
      Der Liebe Flügel seyn Geschwindigkeit und Wagen / 
      Hier buchstabiret man gar selten J und A. 
      Das Frauenzimmer steht den Parthen an der Seiten / 
      Sie zeigen durch die Flucht oft ihre Lust zustreiten / 
      Und ein erzürntes Nein / ist oft ein süsses Ja. 
      Es ist um hohe Zeit die tieffe Lust zubüssen / 
      Die Stunden die vergehn / die Sternen die verschüssen / 
      Cupido zeucht dir selbst den leichten Fürhang auf / 
      Die Röthe / so der Braut in das Gesichte steiget / 
      Wil itzt Aurora seyn / so auf / die Sonne zeiget / 
      Die durch der Lüfte Kreiß sol nehmen ihren Lauff. 
      Und du / O keusche Braut / schlägst dein Gesichte nieder / 
      Das Mittel heil zuseyn / das ist dir fast zuwieder / 
      Du wilst und wilst auch nicht: die eingepflanzte Zucht / 
      Die lehret dich itzund die reinen Augen sencken / 
      Der unbekannten Lust verwehrtes Angedencken 
      Bringt alle Freudigkeit dir schleunig auf die Flucht. 
      Heb nur die Augen auf / die reinen Liebes-Flammen / 
      Dadurch sich Herz und Herz verknüpfen läst zusammen / 
      Beflecken dir ja nicht die Schwanen-reiche Brust / 
      Ja die Verleumbdung selbst / so sich durch Tadel speiset / 
      Und auch der Tugend oft ein falsches Auge weiset / 
      Die steht itzund bereit zu loben deine Lust. 
      Die Lieb ist ja ein Werck so aus dem Himmel kommen / 
      Und so der Erden Kreiß mit Lust hat eingenommen / 
      Wer reine Liebe hast / liebt Gott und Menschen nicht. 
      Die Tugend wie mich deucht die tadelt dein Verweilen / 
      Und heisset dich itzund zu der Ergötzun eilen / 
      Die dir der Himmel selbst mit reiner Hand verspricht. 
      Dein ander Leben kommt itzt auf dich zugegangen / 
      Entrück ihm nicht den Mund / entzeug ihm nicht die
      Wangen / 
      Ein Kuß verbleibet doch ein Aufboth unsrer Brunst / 
      Er reichet dir die Hand / der Ernst steht bey dem Scherzen / 
      Er giebet mit der Hand dir auch zugleich das Herzen / 
      Und heist es Siegel seyn der ungefärbten Gunst. 
      Laß itzt die Reinligkeit geschwätziger Rubinen / 
      Mit Küssen angefüllt ihm zu der Schale dienen / 
      Und tritt die erste Lust mit frischem Herzen an / 
      Gehorsam wil allhir die beste Tugend heissen / 
      Und der Vertrauligkeit mustu dich itzt befleissen / 
      Die dich die Liebe lehrt und ich nicht meldn kan. 
      Seht rüstig zu der Ruh und last die heissen Sinnen / 
      Ein ungespieltes Spiel / zu dieser Zeit beginnen / 
      Das Gott hat ausgeführt und Adam aufgebracht / 
      Ein mehres weiß itzund die Feder nicht zuschreiben / 
      Sie neiget sich forthin in meiner Hand zubleiben / 
      Sie wüntscht euch ferner nichts als eine süsse Nacht. 
      Ich weiß der Hymen wird euch alles dieses lehren / 
      Was die verliebte Lust geschickt ist zuvermehren / 
      Ein süsses Ach und Ach reist keine Wollust ein / 
      Eh noch das andre Jahr die Rose wird verblühen / 
      Und das Geflügel wird das andre Nest beziehen / 
      So wird ein junger Fürst aus Flandern kommen seyn. 
      
      
      (aus: Hochzeit Gedichte S. 16-24 [648-656]) 
      
      
      
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      Die versöhnte Venus 
      
       
      Die Göttin so die Welt und alle Herzen bindet / 
      Die Wasser / Erd und Lufft durch ihren Strahl entzündet / 
      Auf welcher WunderWort erzittert niederfällt / 
      Was Nord / Süd / Ost und West in seinen Armen hält. 
      Die gieng nach ihrer Arth zu dem erhöhten Throne / 
      Es war das stolze Haubt umbzirckt mit einer Crone / 
      Darauf der Berge Schatz und des GewässersPracht / 
      Durch ihrer Haare Gold noch werther war gemacht. 
      Es küsten dazumahl die wolgestalten Ohren 
      Zwo Perlen / den der Ost nicht gleiches hat gebohren / 
      Es war der zarte Leib durch einen Rock geziert / 
      Den Phrygien gestrickt / der Sydons Farbe führt. 
      Umb diesen schaute man der Venus grosse Thaten / 
      Die Helden so durch sie in Dienstbarkeit gerathen / 
      Achillem / Herculem / Philippen und die Hand / 
      So Persien bezwang / und Poren überwand / 
      Hieß diese Mahlerey der Nadel knechtisch stehen / 
      Cupido wolte gleich von ihrem Saale gehen / 
      So sprach das Wunder-Weib / was komt dich wieder an? 
      Du meinst das meine Faust dich nicht mehr straffen kan. 
      Die Berge zubeziehn / die Städte zubeschauen / 
      Der Kurzweil nachzugehn auf den begrünten Auen / 
      Zu sehen was der Nil / Euphrat und Ganges macht / 
      Bey Tage nichts zu thun / zuschlaffen bey der Nacht / 
      Ist nicht genung für mich. Wo sind die grossen Stunden / 
      Da deine Fackel brand / und deiner Pfeile Wunden 
      Fast iedes Herze trug? Wie daß nicht mehr die Welt / 
      Wie vormahls ist geschehn vor mir darnieder fällt? 
      Betrachte diesen Rock; was meinstu von den Siegen? 
      Durch die mein hohes Lob ist auf den Thron gestiegen / 
      Der Sonnen gleiche kommt / den Sternen gleiche geht / 
      Und beyde trotzen kan / der Zorn beginnt zuwittern / 
      Es heist die Ungedult mir Herz und Sehnen zittern / 
      Es zündet mir der Grimm Geblüth und Adern an / 
      Daß ich dir deinen Lohn nicht länger borgen kan. 
      Du allzukaltes Kind betracht ich diese Welt / 
      Was zwischen Gibraltar und Javan ist gestellt / 
      Den grossen WunderKreiß / den Zirckel dieser Erden / 
      Wo sich die Sonne wäscht und wo sie mit den Pferden / 
      Den alten Weg besucht; wo ihre Hitze brennt / 
      Und wo der Phöbus fast nicht seine Strahlen kennt / 
      So merck' ich wenig mehr / als Wüten / Mord und Kriegen / 
      Ich finde hin und her die todten Leichen liegen / 
      Die Männer stehn verwund / die Weiber stehn verblast / 
      Mein Mars wird angeruft und Venus wird verhasst / 
      Mars der mich selber nicht gescheuet hat zuküssen / 
      Man schaut das rothe Bluth vor Liebes-Thränen flüssen / 
      Kein Seuffzer kommet fast von meiner Regung hier / 
      Betracht ich Berg und Thal / beschau ich See umb Meer / 
      Setz' ich die ganze Welt in meinem Sinn zusammen / 
      So find ich keinen Dampf von diesen Wunderflammen / 
      Da eine ganze Stadt durch eine Gluth gebrannt / 
      Da einer Feindin Schoß den Feind zum Buhler fand. 
      Da zweyer Herzen Blut verliebt zusammneflossen / 
      Da das erzörnte Meer die Brunst nicht ausgegossen / 
      Da Armuth / Kälte / Schwerd / Flucht / Marter /
      Brand und Todt 
      Oft ein verliebter Sinn hielt vor geringe Noth. 
      Und wil ich gleich den Geist auf wenig Länder lencken / 
      Die ohne Zanck und Streit den Degen von sich hencken / 
      Da Fried und Einigkeit auf allen seiten steht / 
      Da Wollust ohne Maaß auf ihren Mauren geht / 
      Da nur das Pulver gilt / so sich nach Cypern nennet / 
      Und jede Kugel stinckt / so nicht Venedig kennet / 
      Von den kein ander Rohr für köstlich wird geacht / 
      Als diß so Zucker trägt und Indien gebracht. 
      So machen sie mich roth / und heissen dich verstummen / 
      Wie schöne bistu doch aus solchen Ländern kommen / 
      Ein Köcher ohne Pfeil / ein Kämpfer ohne Muth / 
      Ein Bothe sonder Fleiß / ein Herze sonder Bluth / 
      Die stehen hier für mir. Ich kan dich nicht mehr schauen / 
      Und deine Gegenwart erwecket mir ein Grauen / 
      Du kleiner Ehren-Dieb. Es hieng an einer Wand 
      Des Saales da sie war / ein altgesticktes Band / 
      Darauf der Perlen Glanz des Goldes Pracht umfassen / 
      Und der verliebte Mars der Venus hinterlassen / 
      Als seinen Leib Vulcan / Sie Geist und Leib umfieng / 
      Und dieser grosse Gott an schweren Banden hieng. 
      Das Zeugnüß aller Gunst must ihre Peitsche werden / 
      Sie stieß den kleinen Sohn erzürnet zu der Erden / 
      Sie grief mit einer Hand ihm in das schöne Haar / 
      Und peitschte biß sein Leib wie ihre Lippen war. 
      Biß Rosen um den Schnee der zarten Lenden stunden / 
      Cupido hatte kaum den ersten Schmitz empfunden / 
      So ruft er / Königin / ich bitt' euch umb den Pfeil / 
      Der mehr verrichten kan als Blitz und Donnerkeil / 
      Ich bitt' euch um den Scherz / ich bitt' euch um das küssen / 
      Durch die der starcke Mars ein Sclave werden müssen / 
      Und so diß alles noch gesucht ist allzuweit / 
      So bitt' ich euch umb diß davon ihr kommen seyd. 
      Die Göttin konte hier nicht mehr das Lachen halten / 
      Der Eifer / den sie trug begunte zuerkalten / 
      Sie warf das Band hinweg / und sprach mein kleiner Sohn / 
      Genung vor diesesmahl / und denck an diesen Lohn / 
      Den du durch Müßiggehn aus meiner Faust bekommen. 
      Es wird der Mutter Schlag geduldig aufgenommen / 
      Fieng der Cupido an mit Seufzen ohne Maß / 
      Als welchem Schmerz und Furcht auf Haut und Herze saß / 
      Und fuhr so ferner fort: Beherrscherin der Erden / 
      Sol diese Schuld allein auf mich gebürdet werden / 
      Greift meine Mutter mich mit Hand und Marter an / 
      Daß diese ganze Welt nicht länger brennen kan / 
      Und allzulaulicht ist. Es wird der strenge Bogen / 
      Wie vormahls ist geschehn / itzunder angezogen / 
      Mein Pfeil hat gleiche Maß und führet gleichen Stahl / 
      Daß Eiß und Eisen umb sich findet überall / 
      Und Wasser für das Blut die hohlen Adern füllet / 
      Daß Aetna itzt nicht mehr in allen Herzen quillet / 
      Ist ja nicht meine Schuld. Es ist nicht lange Zeit / 
      Da zog ich durch ein Land / wo Unmuth / Krieg und Streit 
      Gar frembde Gäste sind. Ich dachte hier zu siegen / 
      Da Agtstein gleich wie ihr sich läst die Wellen wiegen / 
      Und setzte meinen Fuß bald in die gröste Stadt / 
      Das Reichthum / Macht und Muth Verstand zum Bruder hat. 
      Mein Fürwitz führte mich in eine stille Kammer / 
      Da nicht erschallen kan des schwarzen Vaters Hammer / 
      Man schaute um und um manch hochgelehrtes Pfand / 
      So der Beredten Mund und vieler Tichter Hand 
      Von Rom / Corinth / Athen / und die sich diesen gleichen / 
      Den alle Männer noch der Künste Scepter reichen / 
      Den Menschen zugeschickt. Hier saß ein junger Mann / 
      Und sprach manch schönes Buch um seine Schätze an. 
      Ich war alsbald gemüht ihn schleunig zuerleilen / 
      Ich grief den Bogen an / ich spielte mit den Pfeilen / 
      Es war verspieltes Werck und Arbeit sonder Lohn / 
      Die Pfeile flogen weg / der Jüngling kam davon 
      Und hielt mich ungescheut vor einem KinderSchützen / 
      Ich ließ ihn dieses mahl bey seinen Büchern sitzen / 
      Ich hab ihn zwar nach dem auch ferner angerant / 
      Doch war ein ieder Pfeil vergebens ausgesand. 
      Ertheilet mir nun Rath / was ferner sey zu machen? 
      Die Mutter sprach / mein Sohn / hier liegt der Grund
      der Sachen / 
      Wer nicht durch suchet hat der Leiber Unterscheid / 
      Und nicht zu urthelen weiß von Sehnen / Blut und Zeit / 
      Nicht weiß / wenn dieser Trieb und jener sich beweget / 
      Wann Blut und Geist erwacht / wann Bluth und
      Geist sich leget / 
      Wann Feuer Meister wird / wann Wasser herschen wil / 
      Der trift / ich schwere dir / nicht auf das rechte Ziel. 
      Du wirst mein lieber Sohn fast keinen Menschen finden / 
      Der sich nicht leichtlich läst an dis und jenes binden / 
      Der sich nicht allsobald erschüttert und beweg't / 
      Wenn dieses auf ihn trift / was er im Herzen trägt / 
      So dencke nicht auf Pfeil / auf Bogen und auf Wunden / 
      Du habest denn zuvor den Herzens Trieb gefunden / 
      Und glaube daß allhier der Herzen Schlüssel liegt / 
      Wer nicht die Geister kennt hat selten obgesiegt. 
      Der eine liebet nur des Leibes Pracht und Gaben / 
      Ein ander will die Zucht zu einer Schwester haben / 
      Der eine meint / das Geld die beste Heyrath stift / 
      Ein ander heist die Treu das beste Morgen Gift / 
      Viel lieben Spiel und Tanz / nicht wenig auch das Singen / 
      Und manchem muß der Wein die Brunst zum Herzen
      bringen / 
      Viel seufzen ohne Maß nach zarter Bluhmen Pracht / 
      Viel heissen diesen Schatz ein Kleinod einer Nacht / 
      Viel locket und bewegt der Eltern Geist und Tugend / 
      Viel werden angereizt durch unverwelckte Jugend / 
      Der eine siehet nur die süssen Wörter an / 
      Viel sehen auch dabey was Spiel und Nadel kan. 
      Diß alles mustu wol und gar genau erwegen / 
      Es wird auch gleicher Pfeil nicht iedes Wild erlegen / 
      Und dieses hab ich schon vor vieler Zeit bedacht / 
      Und nicht nach meiner Arth der Pfeile Zeug gemacht. 
      Der eine schicket sich noch zu den grünen Jahren / 
      Ein ander sehnet sich nur nach den grauen Haaren / 
      Der eine lencket sich auf Herzen reich an Kunst / 
      Ein ander reizet nur die Adern voller Brunst / 
      Der eine führt Zibeth / viel schmecken nach der Küchen 
      Der eine weiß Latein / ein ander kennt die Grichen / 
      Der eine führet Gold / der ander stinckt nach Wein / 
      Viel sind von Ebenholz / und viel von Helffenbein. 
      So lauf nun vor mir hin / und gründe recht die Herzen / 
      Wo Ernst und Witz regiert / wo Lachen / Spiel und Scherzen 
      Fast immer müssig gehn / wo Kunst am meisten gilt / 
      Wo Füllerey und Wein die blauen Adern füllt / 
      Wird dieser Unterricht nur richtig eingenommen / 
      So wirstu liebes Kind bald wieder zu mir kommen / 
      Und ruffen / dem ich oft der Liebe Garn gestellt / 
      Der ist durch euren Sohn und meine Faust gefällt. 
      Cupido der genug der Mutter Wort erwogen / 
      Grieff nun mit Zuversicht auf Köcher / Pfeil und Bogen / 
      Und schwang sich ungesäumt auch wieder in die Stadt / 
      So von den Dähnen noch den alten Rahmen hat / 
      Und ihre Mutter itzt mit reichen Gaben ehret / 
      Ein Herz / so kein Pfeil der süssen Brunst versehret / 
      War dieses Schützens Zweck. Es war bey Tag und Nacht / 
      Der Bogen stets gespannt / das Herze stets bedacht / 
      Nach vielem Krieg und Streit dem Jüngling obzusiegen / 
      Wie oft er aber kam so fand er um ihn liegen / 
      Der Griechen kluges Heer der Römer weisen Rath / 
      Was Chäronea noch der Welt geschencket hat / 
      Halff nebenst Cordöen fast unermüdet kämpfen / 
      Auch Cato war bemüht der Pfeile Macht zudämpfen / 
      Und goß den heisen Brand mit seinen Sprüchen aus / 
      Cupido sprach bey sich: sol dieses Mannes Hauß 
      Mein Feuer und mein Pfeil denn nicht erreichen können / 
      Ist Eisen / Stahl und Stein der Grundzeug dieser Sinnen? 
      Er stellt ihm offtermahls durch ein verliebtes Blat / 
      Wie jener Lesbien / und der Corinnen bat / 
      Wie der Petrarcha schwur die Lauren stets zulieben / 
      Und was des Grafenhag vom Küssen hat geschrieben / 
      Marinens Wunderbuch / Gvarinens treues Pfand / 
      Was Drayten / Teophil / und Samtamann erfand / 
      Die schaut' er oftermals auf seiner Stelle scherzen / 
      Die Kunst gefiel ihm wol / das Gift drang nicht zum Herzen / 
      Und der erzörnte Gott war nunmehr ganz bereit 
      Zu meiden diesen Orth zu lassen diesen Streit / 
      Als dieser freye Geist bey schönen SommerStunden / 
      Als Erd und Himmel-Lust zusammen war verbunden / 
      Durch einen guten Freund / ward aus der Stadt geführt / 
      Der Orth so sie umfieng stund überall geziert 
      Mit schönen Tulipen / geholt aus frembden Erden / 
      Die itzund auch bey uns gemeine Bürger werden / 
      Viel andre Bluhmen mehr die waren hier gepaart / 
      Manch frembdes Wunder Kraut / so die erkühnte Farth 
      Dem Ost und West entraubet / war neben dem zuschauen / 
      Das geile Kind der Lust kam Nester hier zubauen / 
      Die kleine Nachtigall so nimmer schweigen kan / 
      Die stimmet ungestört ein süsses Brautlied an. 
      Es scherzten überall die Baltischen Syrenen / 
      Man hörte manches Lied mit höchster Lust erthönen / 
      Der Phöbus schaute selbst erfreuet durch die Luft / 
      Als Richter / wie ihm deucht / der Kurzweil angeruft. 
      Vor andern zeigte sich ein Kleinod aller Tugend / 
      Ein Spiegel aller Lust / ein WunderBild der Jugend / 
      Auf derer Stirne selbst des Vatern Nahmen saß / 
      Aus derer Augen man der Mutter Keuschheit laß / 
      Da Höfligkeit und Zucht einander Schwestern hießen 
      Da Sinnen / Geist und Bluth sich fromm zu seyn befliessen / 
      Der eher nichts gefällt als wenn der Vater wiel / 
      Und spricht / der Eltern Wuntsch ist mein gewüntschtes Ziel 
      Und meine Willens Zweck / der ernste Feind des Buhlen / 
      So nie ersuchet hat der Venus süsse Schulen / 
      That hier die Augen auf / und schaute wie die Welt / 
      Sich itzund lustig macht in Florens Lustgezelt / 
      So Feld und Gärte deckt. Doch war das keusche Prangen / 
      Derselben so ich itzt zu rühmen angefangen / 
      Ihm lieblicher als diß / was uns der Tulipan 
      Auf seinen Blättern zeigt / und nicht bestehen kan. 
      Cupido der sein Ziel zu keiner Zeit verlassen / 
      Begunte nebenst Trost auch seinen Pfeil zufassen / 
      Der Arm stund ausgestreckt / der Bogen war bereit / 
      Durch gleich gestellten Stahl der Sinnen Härtigkeit 
      Zu machen wie das Wachs. Er hielte zu dem Herzen / 
      Der Pfeil drang durch die Brust nicht ohne süsse Schmerzen / 
      Und das erkühnte Kind zu mehren seine Lust / 
      Traff auch das schöne Bild und ihre zarte Brust / 
      Die kein verliebter Strahl vor diesem angerühret / 
      Es ward die süsse Gluth durch beyder Blut geführet / 
      Sie schauten hin und her / sie schauten diß und das / 
      Und wusten fast nicht recht was in dem Herzen saß / 
      Biß daß die Flamm allhier iemehr und mehr entbrandte / 
      Und beyder Herz und Geist die süssen Flammen kante / 
      Da denn der Eltern Treu durch längst geneigte Hand / 
      Ihn'n Wuntsch und Segen sprach / und dieses Paar verband. 
      Cupido meinte nun vor freuden zuvergehen / 
      Er schaute höchst ergetzt die zwey verliebten stehen / 
      Er lachte daß den Schall auch Echo selbst vernahm / 
      Und wie man meinen wil in Juno Kammer kam. 
      Doch ließ die grosse Lust ihn länger nicht verziehen / 
      Er hieng den Bogen an der Mutter zuzufliehen / 
      Zu sagen / daß sie nun für einen rauhen Schlag / 
      Des kleinen Sohnes Haubt mit Rosen krönen mag. 
      Er schwang sich durch die Luft biß zu der Venus Throne / 
      Und rief / was düncket euch itzund von eurem Sohne / 
      Dem ich vor vieler Zeit vegebens Garn gestellt / 
      Ist nun durch mein Geschoß mit Wucher hingefällt. 
      Und ruft die Venus an zu seiner Liebsten Füssen / 
      Der Liebsten die mit ihm läst Liebes Thränen fliessen / 
      Doch wird ein festes Band bald enden ihre Pein / 
      Und Lachen vor die Noth / Lust vor das Weinen seyn. 
      Hab ich geung gethan? die Mutter war ergetzet / 
      Daß dieses zarte Fleisch des Sohnes Hand verletzet / 
      Sie satzt ihn auf die Schoß / sie druckt ihn an die Brust / 
      Sie nannt ihn ihren Schatz sie nannt ihn ihre Lust / 
      Sie küst ihn auf den Mund / sie klopft ihn auf die Lenden / 
      Sie nahm ihn aus der Schoß / sie trug ihn auf den Händen / 
      Und sprach weil sich itzund nicht alles sagen läst / 
      So eile nun von mir auch auf das HochzeitFest / 
      Dann kanstu ihre Noth und ihre Lust beschreiben. 
      Cupido läst sich nicht viel zu der Wollust treiben / 
      Er ließ der Mutter Hand / er ließ der Mutter Schoß / 
      Er machte sich alsbald der süssen Bande loß / 
      Und schwang sich über Baum / Thal / Häuser / See
      und Hügel / 
      Es glänzten wie Cristall die Silber-weissen Flügel / 
      Biß daß er in die Stadt des grossen Sieges kam / 
      Und seinen FreudenFlug recht in die Wohnung nahm / 
      Da dieses werthe Paar auf einem grossen Saale / 
      Bey Kurzweil / Liedern / Tanz / Gespräche / Spiel und
      Schale 
      In höchsten freuden saß. Da der berühmte Rein 
      Mit Weinen / die er hegt / nicht wolte sparsam seyn. 
      Tockäy und Mallaga / Bourdeaux und ihres gleichen / 
      Die lieffen auch den Schatz des Bacchus überreichen / 
      Was seltsam in der See / was köstlich in der Luft / 
      Was Erd und Bäume ziert / ward auf das Mahl geruft. 
      Hier muste Cinnamey das Haselhuhn umschlüssen / 
      Die Fische wolten nur in Muscateller fliessen / 
      Der stolze Phasian ward in ein Grab gethan / 
      Dergleichen Phönix nur ihm selber geben kan / 
      Was die Natur gebiert und was die Kunst erzwinget / 
      Was vieler Menschen Witz aus frembden Ländern bringet / 
      Was Zucker überzeucht und Specerey erhält / 
      Ward auf den FreudenTisch mit reicher Hand gestellt / 
      Und wolte Dinstbahr seyn den zwey verliebten Herzen / 
      Den nun die reine Lust durch tugendhaftes Scherzen 
      In alle Glieder trat / und den der süsse Brand / 
      Noch heisser ward gemacht durch Augen / Herz und Hand / 
      Es kam nun unvermerckt der Hesperus gegangen / 
      Der Reisenden Verdruß / der Liebenden Verlangen / 
      Er sprach durch seinen Schein geht zu der neuen Ruh / 
      Und schlüsset nicht die Lust mit euer Kammer zu. 
      Bezwinget euch der Schlaff / so macht das bey erwachen 
      Der Braut die Röthe kommt / den Bräutigam das Lachen / 
      Nicht traure zarte Braut / es sagt die ganze Welt / 
      Man samlet keine Frucht / wann nicht die Blüthe fällt. 
      
      
      (aus: Hochzeit Gedichte S. 24-36 [656-668]) 
      
      
      
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      Hochzeit Gedichte 
      
       
      Sol der Degen an den Nagel? 
      Wird der Helm nun abgelegt? 
      Ruht der blaue Feuer Hagel / 
      So den Schlacht-Gott selbst bewegt? 
      Soll die Lust den Feind zudämpfen 
      Zubezwingen Stahl und Stein / 
      Sol die Brunst zu Sturm und Kämpfen / 
      Todt und ganz erloschen seyn? 
       
      Also kan ein süsses Blitzen / 
      Und ein Wunder-reicher Brand / 
      Dich nach neuer Art erhitzen / 
      Und verändern Herz und Hand / 
      Daß du fühlst ein neues Brennen / 
      Daß du folgest frembder Fahn / 
      Daß dich Mars nicht mehr will kennen / 
      Daß du suchest neue Bahn. 
       
      Diß sind Kräften dieser Gaben / 
      Diß sind Kuncken dieser Gluth / 
      So der Himmel hat gegraben / 
      In der Liebsten Geist und Blut. 
      Dieses ist / was dich den Degen / 
      So dir noch kein Feind gethan 
      Freundlich heisset niederlegen / 
      Und dich übermeistern kan. 
       
      Und wie solten nicht die Blicke / 
      Die ein keusches Auge führt / 
      Derer Glut durch keine Tücke 
      Falscher Zeiten wird berührt; 
      Stahl und Eisen selbst entbrennen / 
      Mars und seine Helden-Hand 
      Solt Er diese Venus kennen / 
      Fühlte mehr als Liebes-Brand. 
       
      Sind nicht Adel / Witz und Tugend / 
      Vor Geschwister hier geacht? 
      Zeigt die frühlings-gleiche Jugend 
      Nicht die bundte Wunder-Pracht? 
      Sind nicht die berühmten Schätze / 
      So die Morgenröthe trägt / 
      Nach der Schönheit Kunst-Gesetze 
      Auf den keuschen Mund geprägt? 
       
      Sind die klaren Asteriten / 
      Und das ungemeine Licht / 
      So die Freyheit dir bestritten / 
      Und in deine Seele bricht / 
      Nicht der Sonnen selbst zugleichen / 
      So im Himmel Wache hält / 
      Und begierig Ihm zuweichen / 
      Zeitlich in die Wellen fällt? 
       
      Nun du wirst mit solchen Gaben / 
      Von der grossen Hand umbkränzt / 
      Die mehr Pracht und Schönheit haben / 
      Als in Ganges Muscheln glänzt / 
      Warlich du hast viel gewonnen / 
      Der du dieses Band erkiest / 
      So der Himmel selbst gesponnen / 
      Und fast mehr als Freyheit ist. 
       
      Schönste Braut sey nicht bestürzet / 
      Freude hindert nicht die Zucht / 
      Wer hat deine Macht verkürzet / 
      Und gestört des Siegesfrucht? 
      Herrsche frey auff deinem Throne / 
      Dessen Freyheit du belegst / 
      Setzet keines Reiches Crone / 
      Für die Fessel die es trägt. 
       
      Edles Paar / genieß der Früchte 
      So der Himmel euch geschenckt / 
      Schaut doch wie mit einem Lichte / 
      Hesperus sich zu euch lenckt. 
      Tausend hoch gestellte Kerzen / 
      Leuchten euch zur AbendRuh / 
      Und Cupido schleust mit Scherzen  
      Die berühmte Kammer zu. 
       
      Bleibet lange bey Gelücke / 
      Doch nicht allzulang allein / 
      Lasset zarter Augenblicke / 
      Eurer Liebe Zeuge seyn / 
      Zeugen eurer grünen Jugend / 
      Zeugen eurer jungen Zeit / 
      Zeugen eurer Väter Tugend / 
      Und der Mutter Freundligkeit. 
      
      
      (aus: Hochzeit Gedichte S. 37-40 [669-672]) 
      
      
      
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      Der reisende Cupido 
      
       
      Die Göttin / so die Welt ihr zinsbar hat gemacht / 
      Fuhr einen Morgen aus / gleich als des Phöbus Pracht 
      Sich erstlich sehen ließ umb der Gebirge Spitzen / 
      Sie zog durch Feld und Wald geschwinder als der Blitzen / 
      Und faßte sich zuletzt in ein begrüntes Thal / 
      Mit Blumen und mit Graß bekleidet überal. 
      Sie sagte kümmerlich wo muß mein Sohn verweilen / 
      Den ich zu WintersZeit mit Bogen und mit Pfeilen 
      Den Mohren zugeschickt / darmit das wilde Land 
      Entzündet möchte seyn durch einen süssen Brand / 
      So meine Glut erweckt. Der Lecker macht mir Schmerzen / 
      Ich weiß er nimmt mein Wort ihm nicht gar sehr zu Herzen / 
      Geht seinem Wesen nach / treibt Scherz und Kinderspiel / 
      Verübt in Mohrenland diß was er selber wil / 
      Wie es gewohnet ist. Wie kan mein Reich bestehen / 
      Wenn dieser kleine Schalck wil ewig müssig gehen / 
      Und seine Waffen nur aus Hoffart bey sich hält? 
      Ich glaube sicherlich daß endlich noch die Welt 
      Durch diesen Bösewicht wird müssen einsam leben / 
      Wer wird doch meine Macht und meinen Thron erheben / 
      Wenn mein Gewehre schläft? Ihr Mund war nun bereit / 
      Zu lehren diesen Ort des Sohnes Eitelkeit. 
      Als das berühmte Kind kam selbst herbey geflogen / 
      Vor Hitze ganz verbrant mit Unflath überzogen / 
      Der Köcher war geraubt / der Bogen halb entzwey / 
      Die Pfeile waren weg / so er aus Barbarey 
      Verlohren und verderbt. Die Mutter schaut ihn kommen / 
      Und ob sie gleich zuerst ihr gäntzlich fürgenommen / 
      Ihm schleunig scharff zuseyn; Doch fragte sie woher / 
      Woher mein kleiner Sohn? Was bringstu über Meer? 
      Wird bald ganz Mohrenland von meinen Flammen brennen? 
      Ach Mutter fieng er an / ich muß es nur bekennen / 
      Und fiel als wär er todt in Venus schöne Schoß / 
      Daß ihr der Thränen Bach für ihre Füsse floß. 
      Was Heuchler / sagte sie / soltu mich so betrüben / 
      Wo ist dir die Gestalt / wo sind die Pfeile blieben? 
      Wer ist des Köchers Herr? was hastu doch gethan? 
      Vor weisser als der Schnee / itzt schwärzer als Vulcan / 
      Ach Mutter! fuhr er fort / Ach wär ich nie gebohren! 
      Die Pfeile sind hinweg der Köcher ist verlohren / 
      Als ich in Mohrenland nicht weit vom Ufer gieng / 
      Und mir das schwere Ding an meiner Seite hieng / 
      So ließ ich mich ein Spiel ich weiß nicht wie bewegen / 
      Das Wesen neben mich ganz sicher hinzulegen / 
      Ich war nicht weit davon / als eine Welle kam / 
      Und meinen Bogen mir samt allen Pfeilen nahm. 
      Verschonet / und bedenckt es hats die See genossen / 
      Die See daraus ihr selbst vor diesem seyd entsprossen / 
      Verschonet sagte sie / du arger Bösewicht / 
      Als iemahls angeschaut des hellen Tageslicht / 
      Heist diß die süsse Glutt in alle Menschen bringen? 
      Sol so der LiebesPfeil durch alle Herzen dringen? 
      Wann du ihm dem Neptun hast für das Maul gelegt / 
      Daß itzt ein frembder Gott mein bestes Wapfen trägt / 
      Und meine Pfeile führt. Mich wundert daß den Bogen / 
      Nicht auch Neptunus hat den Köcher nachgezogen / 
      Und nahm von grossen Zorn entzündet und gebrand 
      Den Bogen / so er trug / in ihre rechte Hand. 
      Sie schmidt die Sehn entzwey / und schlug mit
      zweyen Stücken  
      Den kleinen ReiseMann erbärmlich umb den Rücken / 
      Biß daß das klare Blut von seinen Lenden gieng / 
      Und ihr die Wehmuth selbst die Kraft zustreichen fieng. 
      Die Liebe trieb sie doch ihn endlich noch zuküssen / 
      Cupido lag gestrackt zu seiner Mutter Füssen / 
      Sie sagte lieber Sohn / diß was ich itzt gethan / 
      Nihm als die Züchtigung der lieben Mutter an / 
      So niemahls Feindin ist. Doch lehre mich auch ehren / 
      Und durch die gantze Welt mein hohes Lob vermehren. 
      Weil dir denn auch der West nicht allzu dienen wil / 
      So setz ich deinem Pfeil hiermit ein ander Ziel. 
      Du solst auf mein Befehl von hier nach Norden eilen / 
      Hiermit verseh' ich dich mit zweyen goldnen Pfeilen / 
      Mit Köcher / und was mehr zum Treffen nöthig ist / 
      Nur daß dein Wesen ihm ein rechtes Ziel erkist / 
      Und suche wie er soll zwey recht bequeme Herzen / 
      So beyde würdig sind zufühlen meine Kerzen / 
      Wird dieser mein Befehl recht von dir ausgericht / 
      So nenn ich dich forthin mein Leben und mein Licht. 
      Die Thränen lieffen nach / der Schalck fieng an zulachen / 
      Und ob ihn wohl der Schmerz nicht ließ viel Worte machen / 
      So nahm er doch den Pfeil und Bogen in die Hand / 
      Und sagt ich bin bereit zu reisen in das Land 
      So von der Mitternacht den Nahmen hat bekommen / 
      Die Pfeile so ich itzt aus eurer Faust genommen / 
      Und als ein werthes Pfand in meine kommen sind / 
      Die ehr' ich williglich als euer liebstes Kind. 
      Ich weiß ich wil damit zwey schöne Herzen zwingen / 
      Und auch in kurzer Zeit die gute Zeitung bringen / 
      Was meine Faust gethan. Drauf hört er plötzlich auf / 
      Fuhr über Stock und Stein / und nahm den schnellen Lauf 
      Durch manch berühmtes Land / durchreiste Städt'
      und Felder / 
      Durchzog manch schönes Thal und manche grüne Wälder / 
      Durchgieng diß was die Hand der Alten hat gesetzt / 
      Wo Donau / Schelde / Rein / viel schöne Mauren netzt / 
      Und ihre Macht bezeugt / doch war noch nichts zufinden / 
      Was ihm der kleine Sohn erwählte zu entzünden / 
      Drum fuhr er weiter fort und kam in eine Stadt / 
      So umb den Oderstrom nicht ihres gleichen hat. 
      Da ließ der kleine Gott sich dürftiglich darnieder / 
      Durchkroch den ganzen Orth lieff schleunig hin und wieder / 
      Den Bogen in der Hand die Mutter in den Sinn / 
      Und kam fast unbemerckt auf eine Hochzeit hin. 
      Da traff er bey der Nacht auf einem grossen Saale / 
      Da alles frölich war bey Liedern / Tanz und Schaale / 
      Ein angenehmes Paar zwey junge Herzen an / 
      So die Verachtung selbst nicht tadeln wil / noch kan. 
      Er ließ sein gut Geschoß nicht länger mehr verweilen / 
      Und traff das schöne Volck mit seinen göldnen Pfeilen / 
      Es hatte das Geschoß ihr Herze kaum geritzt / 
      So war ihr junges Blut beweget und erhitzt / 
      Sie wusten nicht woher doch diese Schwachheit käme / 
      So ihnen alsobald die besten Kräfte nehme / 
      Die Lippen waren bleich die Augen waren roth / 
      Und kanten noch nicht recht den kleinen Liebes-Gott / 
      Biß daß die reine Glut den gantzen Leib bekriegte / 
      Und ihnen durftiglich in ihrem Herzen siegte / 
      Da mercketen sie erst woher die Kranckheit kam  
      So ihnen diesesmahl Muth / Herz und Sinnen nahm  
      Und ihre Freyheit fieng. Cupido ward ergötzet / 
      Daß er das junge Volck so meisterlich verletzet / 
      Drum ließ er dieses Paar durchwandern Herz und Brand / 
      Und eilte schleunig fort nach seiner Mutter Land 
      Und auf sein Cypern hin. Er war nicht weit geflogen / 
      So kam die Venus selbst aufs prächtigste gezogen / 
      Zuschauen ob ihr Sohn der oftmahls tückisch ist / 
      Nicht wie er vor gethan / das spielen hat erkist 
      Und Pfeil und Bogen läst an allen Orten liegen / 
      Cupido / das sein Sieg nicht lange sey verschwiegen / 
      Rieff bald der Göttin zu / ach Mutter folget mir 
      In einen schönen Ort nicht allzuweit von hier / 
      Wo zweyer Ströhme Fluth zusammen sich vermählen / 
      Da wil ich euch den Sieg / so ich gehabt erzehlen / 
      Und daß man heute noch dahin gelangen kan / 
      So spann ich mich zugleich in eurem Wagen an / 
      Und führe die mich führt und alle Welt kan blenden. 
      Doch stehet diß allein in deinen kleinen Händen / 
      Sprach Venus / und befahl man solte fleisig seyn / 
      Cupido führte sie schnell über Stock und Stein / 
      Und brachte sie alsbald in einen Pusch voll Buchen / 
      Rieff seiner Mutter zu / hier möget ihr euch suchen / 
      Die Stelle / so mit recht kan zieren euren Thron / 
      Ich laß euch itzt allein und eile bald darvon 
      Zu finden dieses Paar so eure Satzung liebet / 
      Und auf die Stunde hoft / so ihnen Freyheit giebet / 
      Zuschmecken was die Lust für Nektar in sich hällt / 
      Durch welches schmeltzen muß der Circul dieser Welt 
      Und in ein süsses Land zusammen sich verbinden / 
      Bereitet einen Thron / ich hoffe bald zufinden 
      Das Flammen-reiche Paar / so eure Satzung hört' / 
      Und nichts als euren Thron und meinen Bogen ehrt / 
      Die Mutter hieß den Sohn sich schleunig weiter schwingen / 
      Ihr die Verliebten zwey bald vor den Tag zubringen: 
      Cupido war gemüht / die Venus säumte nicht / 
      Ihr grüner Ehren Thron war plötzlich aufgericht. 
      Mit Laubwerg um und um aufs zierlichste bekleidet / 
      Mit Blumwerg untermengt / und was die Zeit nicht leidet  
      Hier völlig darzuthun / das bilde selbst dir ein: 
      Der Haare schöner Glantz der Augen schönet Schein / 
      Des Leibes Wunder Werck / der Lippen rothes Prangen / 
      Des Kleides weisser Schnee damit sie war umhangen / 
      Ersetzten überall wo noch ein Mangel war. 
      Die Venus satzte sich / es kam das edle Paar / 
      So Schönheit / Tugend Zucht mit reichen Gaben zieret / 
      Von Flammen ganz entzündt / durch Venus Sohn geführet / 
      Und trat / wie sichs gebührt / für diesen hohen Thron: 
      Die Göttin war entfernt: Es sprach ihr kleiner Sohn / 
      Nun Mutter schaut das Paar / so mein Geschoß gefället / 
      So sich vor diesen Thron zu euren Füssen stellet / 
      Und euren Satzungen die Ohren offen hält / 
      So ewig rühmen muß das grosse Rund der Welt / 
      Gefält euch dieses Paar und diß was ich gethan / 
      So nehmt die lieben zwey aus meinen Händen an: 
      Verknüpfet ihren Geist und gebet sie zusammen / 
      Verbindet Herz und Herz / vermischet Flamm und Flammen / 
      Die Venus rührte sich: Sie sprach: Ihr schönes Paar / 
      Dem vor der FreyheitsSchatz das beste Kleinod war / 
      Legt allen Kummer hin / gedenckt an keinen Schmerzen / 
      Ergetzet euren Sinn / eröfnet eure Herzen / 
      Die Lieb' ist zwar ein Band doch so nach Honig schmeckt / 
      Und diesem der recht liebt mehr Liebligkeit erweckt / 
      Als Jupiter nicht läst aus seinem Becher fliessen / 
      Der so ihm ewig wünscht die Freyheit zugenüssen / 
      Wil ewig dienstbar seyn / und schickt den leichten Sinn 
      Bald gegen Mitternacht / bald gegen Morgen hin / 
      Und pfleget sich durch diß / was er Ergetzung nennet. 
      Wol euch die ihr itzund von reinem Feuer brennet / 
      So keine Sorgen kennt / und keinen Kummer weiß / 
      Läst manch erhartes Herz ersterben / Stein und Eiß 
      Scheut meine Flammen nicht / so euch itzund bestricken / 
      Es sol euch das Gelück aus allen Seiten blicken / 
      Und ewig um euch seyn / hier habt ihr meine Hand 
      Auf euer Haupt gelegt / als meine Liebe Pfand / 
      So euch zu keiner Zeit sol von der Seite weichen / 
      Doch weil die kurze Zeit beginnet zu verstreichen / 
      So laß ich euch alsbald ihr liebes Paar von mir / 
      Geht / stellt ein Opfer an / dazu euch die Begier 
      Glut / Messer und Altar wird vor den Augen zeigen / 
      Und wenn der süsse Rauch wird gegen Himmel steigen / 
      So denckt / daß Venus euch gewiß zugegen sitzt / 
      Und durch der Liebe Strahl das Opfer selbst erhitzt 
      Und euer Wesen liebt. Geht folget meinem Sohne / 
      Ich bin nu schon bereit zusteigen von dem Throne / 
      Geht / opfert / daß die Welt von eurem Wesen weiß / 
      Und dieses schöne Land erhebet euren Fleiß 
      Und eure Thätigkeit. Die Venus wich zurücke / 
      Und die Verliebten zwey vermischten ihre Blicke / 
      Und sprachten durch die Hand / weil Venus grosse Pracht 
      Und ihre Gegenwart sie gleichsam stumm gemacht. 
      Sie dachten wie itzund die vorgehabten Schmerzen 
      Durch manchen heissen Kuß / durch manches süsses
      Scherzen 
      Ganz würden hingelegt. Cupido stund bereit / 
      Erregte neben ihm viel tausend Liebligkeit / 
      Und brachte sie dahin / von dar sie ausgegangen / 
      Da ward das junge Volck mit vieler Pracht empfangen. 
      Es rief die ganze Stadt / daß beyder Sinn und Hand 
      Verbunden möchten seyn durch ein so festes Band / 
      So keiner Zeiten Biß vermochte zuversehren / 
      Cupido war gemüht die Kurzweil zuvermehren / 
      Erdachte nach Gebrauch viel tausend Gauckelspiel / 
      Und schaute hin und her / wo er ein neue Ziel 
      Vor seinen Wunder-Pfeil inskünftig könt' erwehlen / 
      Man ließ die ganze Zeit nichts an Ergetzung fehlen. 
      Biß die berühmte Glut zu grossen Kräften kam / 
      Und unser liebstes Paar ihm selbst die Freyheit nahm 
      Zuweichen / und die Frucht der süssen Lust zuschmecken / 
      Und ihm die Schlüpfrigkeit mit Freuden zu erwecken / 
      So billich ehren muß die ganze weite Welt 
      Als einen süssen Leim / der sie zusammen hält. 
      Sie gaben gute Nacht und spielten mit den Küssen / 
      So zu der letzten Lust den Schlüssel reichen müssen / 
      Und schlossen sich zuletzt in eine Kammer ein / 
      Die kan der süssen Lust der beste Zeuge seyn. 
      Was ferner ist geschehn wird dieser künftig sagen / 
      Der ihren Nahmen wird und ihre Tugend tragen. 
      Doch schrieb der kleine Gott der niemahls schweigen kan / 
      Diß was nach diesem folgt in ihre Kammer an. 
       
      Auf zarte Jungfrauschaft! nun ist es Zeit zuweinen / 
      Das Feuer gehet an / das Opfer ist allhier / 
      Du schaust doch durch die Treu der EheLiebe scheinen / 
      Und der dich schlachten wird / steht gar nicht weit von dir. 
      Erhebe deinen Mund / laß deine Lippen zagen / 
      Man rühret allbereit dein reines Wesen an / 
      Doch ehe du noch Ach / und wieder Ach wirst sagen / 
      So bistu / Aermeste / gewißlich abgethan. 
      
      
      (aus: Hochzeit Gedichte S. 41-52 [673-684]) 
      
      
      
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      Der Pallast der Liebe 
      
       
      Ich weiß nicht was mir nechst vor eine Regung kam / 
      Daß ich das Wunder-Buch Marinens vor mich nahm / 
      In welchem Venus selbst mit ihrer Faust geschrieben / 
      Da fast ein ieder Wort nach diesem Balsam schmeckt / 
      Der alles Leid ersäuft / der alle Lust erweckt / 
      Und unsern Augen streut den Zunder zu dem Lieben. 
      Ich wandte dazumahl ein Feuer-reiches Blat / 
      Das wie ein Spiegel-Glaß die Schönheit in sich hat / 
      So diese Welt bezwingt und den Adon gefangen / 
      Mich nahm die Liebligkeit dermassen selber ein / 
      Daß ich erstarret saß / wie Eisen / Stock und Stein / 
      Und bin itzund bestürzt / daß ich nicht so vergangen. 
      Mich überfiel ein Schlaff / so dieses schlaffen heist / 
      In dem ein Augenblick die Kräfte von uns reist / 
      Und ein geschwindes Nun die matten Sinnen bindet / 
      Mich dauchte bald darnach wie mich die Venus fieng / 
      Und um den schlechten Hals mit diesem Arme hieng / 
      So fast die ganze Welt mit süssem Garn umbwindet. 
       
      Sie sagte / weiß ichs recht / dieweil dein sanfter Geist 
      Nicht meinen Nahmen hast / nicht alle Thoren heist / 
      Die einen kühnen Reim durch meine Thaten zieren / 
      So reich' ich dir hirmit die Schwanen-weisse Hand / 
      Die Zeugin meiner Gunst / das unbefleckte Pfand / 
      Und bin itzund bereit / dich in mein Hauß zuführen. 
       
      Kein Vogel in der Luft / kein Tyger-schneller Fluß 
      Kan so geschwinde seyn / als mein geringer Fuß 
      Geflügelt / wie es schien / durch dieser Göttin Willen; 
      Diß was Arabien in seinem Busen hegt / 
      Die Bluhme / so das Blut der schönen Venus trägt / 
      Bemühte sich den Weg mit Anmuth zuerfüllen. 
      Sie brachte mich in eyl auf einen weiten Plan / 
      Da man in aller Lust die Wohnung schauen kan / 
      So sich umzircken läst durch immergrüne Myrthen / 
      Die Tauben sassen hier / es that ein ieder Paar / 
      Woraus zuschlüssen stund / wer ihre Göttin war / 
      Und wie die Venus auch die Vogel kan bewirthen. 
       
      Es war das schöne Schloß durch einen Fluß berührt / 
      So nassen Cristallin in seinen Armen führt / 
      Und den berühmten Grund des weiten Hauses ehret / 
      Die Mauren waren hier von Marmel aufgebaut / 
      Umb welches man den Raub der schwarzen Mohren schaut / 
      Und den berühmten Stein / den nicht der Strahl versehret. 
      Von aussen trug ein Feld den Kunstschnid grosser Hand / 
      Wie der erhöhte Schaum getrieben an das Land / 
      Und Venus aus der Schoß der weiten See gestiegen / 
      Dem recht entgegen stund / wie die vertraute Last / 
      So itzt Cupido heist / den damahls neuen Gast / 
      Die schöne Mutter giebt den Grazien zuwiegen. 
       
      Die dritte Seite lehrt / wie alles / was sich regt / 
      Wie selbst der Juno Brust der Liebe Bande trägt / 
      Und sich der Venus Brunst zu Pluto Gluth gesellet / 
      Es führt das Fordertheil / so auch den Eingang zeigt / 
      Wie Jupiter mit Lust von seinem Throne steigt / 
      Und seine Himmels-Macht in einen Schwan verstellet. 
       
      Dann ward ich unvermerckt auch in die Wohnung bracht / 
      Wo ordentliche Kunst das Silber unwerth macht / 
      Wo Peru schamroth wird und Sidon muß verbleichen / 
      Wo die gelehrte Hand fast die Natur bezwingt / 
      Wo Nadel-Mahlerey der Perlen Glanz verdringt / 
      Und wo der Steine Schein nicht wil den Sternen weichen. 
       
      Es macht das Wunder-Werck das ungemeine Licht / 
      Daß mir / wie vor der Muth itzund die Kraft gebricht / 
      Des Himmels gleiches Hauß genugsam zubeschreiben / 
      Ich war / diß weis ich wol / auf einen Saal gestellt / 
      Wo durch den Pinselstrich noch die verliebte Welt / 
      So lange Zeit verlebt / kan für den Augen bleiben. 
      Der Macedonier / Achilles / Hannibal / 
      Der erste Kayser selbst / und wie die grosse Zahl 
      Der alten Buhler heist / die waren hier zufinden / 
      Hier schaut der grosse Carl den grossen Heinrich an / 
      Der achte Heinrich steht beym Brittischen Johann / 
      Und banden neben Ihm den grosse Banden binden. 
       
      Argia klagt allhier / den Unfall der sie trift / 
      Die Sophonisbe trinckt das überschicke Gift / 
      Und Pätus Ehgemahl verlachet ihre Wunde / 
      Bey vielen andrer Zeit / Beschaffenheit und Art / 
      Die ihrem freyen Geist den Männern nicht gespart / 
      Stund auch ein Labyrinth mit einer Rosemunde. 
       
      Die Göttin führte mich darauf in eine Gruft / 
      Wo Amber und Zibeth durchstreicht die dünne Luft / 
      Und wo der Balsam wil in güldnen Lampen brennen; 
      Hier hatte Venus selbst aus anvertrauter Macht / 
      Die schönsten Buhlerin mit Fleiß zusammen bracht / 
      Und ließ den alten Schein auch aus den Leichen kennen. 
      Cupido hatte sie mit etwas balsamirt / 
      So er dem Jupiter aus seinem Schatz entführt; 
      Sie liegen in Cristall und können nicht verwesen / 
      Des Mundes Muschel ist der Purpur nicht verwehrt / 
      Es hat der Haare Gold noch nicht die Zeit verzehrt / 
      Und Haubt und Stirne läst die alten Gaben lesen. 
       
      Hier ist Cleopatra / es lebet noch die Krafft / 
      So dem Antonius die Freyheit hingerafft / 
      Man schauet Helenen zu dero zarten Füssen / 
      Es schwebt die Freundligkeit noch um den zarten Mund / 
      Es macht die weisse Brust auch nach dem Tode kund / 
      Das Paris / und mit ihm auch Troja brennen müssen . 
      Den grossen Königin war gleichfalls beygesetzt / 
      Was kurz vor unser Zeit der Männer Geist verletzt / 
      Doch ließ ich diese Gruft und kam in eine Kammer / 
      Es war der ganze Platz mit Silberstück umbhengt / 
      Darinnen sich ein Brand mit Anckern hat verschrenckt / 
      Wie gleichfalls Mavors Helm / und des Vulcanus Hammer. 
      Ich war auch kurz darauf in ein Gemach gebracht / 
      Wo Venus und ihr Sohn verweilen bey der Nacht / 
      Das Bette füllt der Schwan / den Fürhang
      ferbt die Schnecke / 
      Allhier hat Bengala mit Bantam sich vermählt / 
      Und aller Schätze Schatz den Sammelplatz erwält / 
      Die Sonne wil sich selbst erzeigen in der Decke. 
       
      Die Venus reichte mir beynebenst auch das Gift / 
      Daß ihre Pfeile netzt und so viel Wunder stift / 
      Sie hält es wol verwahrt in einer weiten Schale / 
      Es stunden nechst darbey viel Bücher an der Wand / 
      Sie lehrten Leben / Zeit befreundten That und Land / 
      Der meisten in der Gruft / der meisten auf dem Saale. 
       
      Die Göttin nahm zugleich auch einen Spiegel her / 
      Sie sagte was mein Sohn bezwingt auf Land und Meer / 
      Erweiset sich allhier in diesem glatten Runde / 
      Was Africa beseufzt / was in Europa brennt / 
      Und was in Asia mich seine Göttin nennt / 
      Das lehret dieses Glaß in einer kurzen Stunde. 
       
      Sie zeigte mir darbey im Glase mit der Hand / 
      Wie ihres Sohnes Pfeil / und der berühmte Brand 
      Denselben Augenblick viel Liebes-Sclaven machten. 
      Ich schaute hier Madrit / Pariß und Lisabon / 
      Mit Londen / Augspurg / Wien / Rom / Moßkau / und Lion / 
      Und unser Breßlau selbst das kont' ich hier betrachten. 
      In dieser werthen Stad / da schaut ich auch ein Paar / 
      So mir nicht unbekant / dem ich gewogen war / 
      Sie stunden voller Glut / sie lebten in den Flammen / 
      Sie spielten wie es schien / mit Blicken vieler Art / 
      Bey ihren Blicken war das Lachen nicht gespart / 
      Und gaben durch die Hand die Herzen selbst zusammen. 
       
      Die Venus der nicht viel verborgen bleiben kan / 
      Die schaute mich darauf mit frischen Augen an / 
      Sie sprach: hier siehestu auch die Bekandten brennen / 
      Viel Federn dieser Stadt die sind itzund bemüht / 
      Sie dencken allzumahl auf ein verliebtes Lied / 
      Und lassen ihre Gunst auch aus den Reimen kennen. 
       
      Ein Freund der dieses Paar für allen andern ehrt / 
      Der hat die grosse Zahl der Reimen auch vermehrt / 
      Ich habe dieses Werck aus meine Sohnes Händen / 
      Ich muß / dieweil dein Geist auch die Gedichte liebt / 
      Und ihnen manchesmal die Zeit zu eigen giebt / 
      Es melden / wo du wilst / ich will es zeitlich enden. 
       
      Es trauret Cynthia wann Phöbus ihr gebricht / 
      Sie zeucht ihr Silber ein / und läst den Schmerzen blicken / 
      Der Phöbus schencket auch der Erden Kraft und Licht / 
      Und wil ihr Schoß und Brust / mit Frucht und
      Bluhmen schmücken. 
      Der Sternen reiner Zeug / das ungezehlte Heer / 
      Fühlt auch den Liebes Zug / sie kommen oft zusammen / 
      Es dringt der heisse Brand / auch in das kalte Meer / 
      Und aus der tieffen See entstehen Liebes Flammen / 
      Es muß der Erde Brust / der Liebe Schauplatz seyn / 
      Es läst der kühne Löw die Liebe sich bezwingen / 
      Die Bäume lieben auch / es liebet Stahl und Stein / 
      Und ieder Vogel wil verbulte Liebe singen. 
       
      So kom nu liebes Paar erfreue deinen Geist / 
      Und laß die süsse Lust mit vollem Zügel rennen / 
      Nicht scheue diß zuthun / was dich der Himmel heist  
      Und was die Erde muß für ihren Grund erkennen / 
      Das Küssen schmecke dir nach süsser Götter-Kost / 
      Dein Schertzen müsse sich dem reinen Nektar gleichen. 
      Es fülle Liebligkeit / dir Adern Marck und Brust / 
      Es müsse nicht die Kraft von deiner Seite weichen. 
      Genung Cupido komt / und lescht die Lichter aus / 
      Es wil der kleine Gott mit euch zu Bette gehen / 
      Der Hymen lacht und lauft mit Freuden durch das Hauß / 
      Und heist die Gratien in eurer Kammer stehen. 
       
      Es eylt auch Hesperus / es scheint die Stunde ruft / 
      Geht zu der neuen Lust und thut mit heissen Sinnen / 
      Was Phöbus / Cinthia / Stern / Erde / Meer und Luft / 
      Leu / Vögel / Bäume / Stahl und Stein nicht lassen können. 
      Die Göttin schloß zwar hier / doch sagte sie noch viel / 
      Was sich in meinen Reim aus Zucht nicht reimen wil / 
      Und allzusehr entdeckt der Venus kühne Tücke / 
      Sie zeigte mir ein Bild gemahlet an der Wand / 
      Da fuhr der Spiegel ihr durch Zufall aus der Hand / 
      Und sprang auf einen Stein in mehr als tausend Stücken. 
      Es jagte mir der Klang die matten Augen auf / 
      Die Geister kamen auch in ihren alten Lauff / 
      Es gieng nun wie zuvor das Uhrwerk meiner Sinnen / 
      Mein Träumen ist vorbey / es träumt der ganzen Welt / 
      Und ob mein Träumen gleich nicht grossen Ruhm erhält / 
      So wird die Meinung doch gelobet werden können. 
      
      
      (aus: Hochzeit Gedichte S. 53-63 [685-695]) 
      
      
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      aus: Christian Hofmann von Hofmannswaldau 
      Gesammelte Werke 
         
      Band I Deutsche Übersetzungen und Getichte Teil 2 
      Nach dem Druck vom Jahre 1697 
        (Hrsg. von Franz Heiduk. Nachdruck Olms 1984, Hildesheim, Zürich) 
       
      (Anmerkung: Die Seitennumerierung bezieht sich 
      auf die Originalausgabe vom Jahre 1697; 
      in eckigen Klammern dagegen auf die Nachdruck-Ausgabe von 1984) 
      
      
       
       
        siehe auch Teil 1
      Teil 2 
      Teil 3 
      und Teil 4 
       
      
       
       
      
       
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