Hans Sachs (1494-1576) - Liebesgedichte

Hans Sachs




Hans Sachs
(1494-1576)



Inhaltsverzeichnis der Gedichte (Teil 2):
 

 

 

Ein kampf-gesprech zwischen frau Wollust und fraw Ehren.

Als ich in meiner jugend blü
Vor tag lag an eym montag frü,
Da mir inn eynem traum erschin,
Wie ein mechtige königin
Zu mir thet inn mein kenmat gon,
Gezieret mit zepter unnd kron.
Prechtig, schön war die ir gestalt,
Wie man die göttin Venus malt.
Als sie meiner bettstat nahen was,
Da war es die fraw Voluptas,
Die man auch sunst nent fraw Wollust.
Sie legt mir ir hand auff mein brust

(Fraw Wollust)

Und sprach: Wol auff, geselle mein,
Zu der hertz-aller-liebsten dein!
Die hat lang zeit auff dich gewart.
Kumb! erfrew sie nach liebes-art!
Heint hast gleich ein gelegne nacht.
Mich daucht, wie ich frey mundter wacht.
In freuden rüst ich mich darzu.
Daucht mich, ich legt an hoßn und schu
Und mein feyer-teglich gewand.
Fraw Wollust nam mich bey der hand
Und füret mich auß der kemnat.
Mich daucht, bald ich heraußer trat,
Ich aygentlich und klar vernim
Auß meiner lieberey ein stim,
Die sprach, samb mit betrübten sin:

(Fraw Ehr)

O jüngling, bleib! wo wilt du hin?
Und mich verlassen hie elend?
Als ich mich dieser stimb nach wend,
Daucht mich gar wol, es wer fraw Ehr,
Welche reich mit getrewer lehr
Vor in meiner blüenden jugent
Het zogen auff sitten und tugent.

Der jüngling.

Ich sprach: Fraw Ehr, kumb auch mit mir!

Fraw Ehr.

Sie sprach: O ich kan nicht mit dir,
Weil fraw Wollust dich an der hand
Fürt; bey der hab ich kein bestand.
Drumb bleib bey mir, wilt du mich han!

Fraw Wollust:

Kumb, jüngling! Was woltst bey ir than?
Sprach fraw Wollust; bey irem brangen
Liegst gleich samb in eym kercker gfangen.
Bey ir hast weder freud noch wun.

(Fraw Ehr)

Fraw Ehr sprach: Bleib da, lieber sun!
Laß dich Wollust nit uberwinden!
Sie thet dich sunst fangen und binden,
Das du nicht leicht wurdst von ir ledig.

Fraw Wollust:

Gesell, ker dich nit ahn ir predig,
Sprach fraw Wollust; ich gib dir viel
Frewden und minigkliches spil.
Was wer doch sunst menschliches leben?
Wo du fraw Ehr dich thust ergeben,
So hast du ein ewiges trawren.

Fraw Ehr:

Jüngling, der ding laß dich nit tawren!
Sprach fraw Ehr. So du bleibst bey mir,
Frid, freud und ruh hast alzeit dir.
Der tugend schmuck thu ich dir geben,
Ein stett inwendiges wol-leben,
Darzu ein frey sicher gewissen,
Wirdst du vom wollust hin gerissen,
So verfürts dich, das du must wandern
Von einem laster zu dem andern,
Darinn da endlich gar erblindst.

Fraw Wollust:

O kumb, jüngling! Bey mir du findst,
Sprach fraw Wollust, den schatz auff erd,
Des alle creatur begert.
Was woltst du dein blüende jugent
Martern mit den sitten und tugend?
Sag an! was hetst du doch darvon?

Frau Ehr:

O jüngling, fleuch der Wollust lon!
Wann wer in den wollüsten lebt,
Inn hohen frewden darinn schwebt,
Maint, er hab die wollust besessen.
So haben sie in selb gefressen,
Wie man das selbig teglich sicht.
Seneca nit vergeben spricht:
Wollust umbfahen uns von nöten,
Auff das sie uns würgen und tödten.
Schaw zu! das ist des wollusts end.

Frau Wollust:

Wollust sprach: Gsell, zu mir dich wendt!
Weil alle welt mich ausserwelt.
Der kleinst thail nach fraw Ehren stelt.
Sie ist nur ein muter der alten.

Fraw Ehr.

Fraw Ehr sprach: Thu dich an mir halten!
Mein hast vor Got und der welt ehr.
Raitzt dich fraw Wollust noch so sehr
Und rümbt ir freud so angenem,
Muß sie sich doch in alle dem
Vor Gott und vor der welt auch schmigen.
Drumb thuts nur bey der nacht auf fligen,
Gleich der schedlichen fledermauß.
Wers sieht, speyt uber sie doch auß.
Ich fraw Ehr darff mich lassen schawen
Bey byderleuten, man und frawen.
Darumb, mein jüngling, bleib bey mir!

Frau Wollust:

Jüngling, was wilt doch thun bey ir?
Nichts ist bey ir zu aller zeit,
Denn lanckweil und schwermütigkeit,
Verhaist groß freud und grossen lon,
Bleibt doch als nur in worten ston.
Gar nichts erfolgt sich in der that.

Fraw Ehr.

Fraw Ehr sprach: Jüngling, folg meym rat!
Für die lang weil ließ und studier!
Darmit dein verstand schmuck und zier!
Yeb dich inn tugent alle zeit!
Des vertreibt dein schwermütigkeit.
Denn wirdst bey allen menschen werd.

Fraw Wollust.

Fraw Wollust sprach: Niet dich auf erd,
O jüngling, deiner jungen tag!
Ker dich nit an fraw Ehren sag!
Im alter nem die tugend an!

Fraw Ehr.

Fraw Ehr sprach: Folg mir, junger man!
Wollust verfüret dich inn schand.
Denn stedts nit mehr in deiner hand,
Das du erraichest mich, fraw Ehr.

Fraw Wollust.

Fraw Wollust sprach: Folg meiner lehr!
Du kanst wol fein still mit umbgehn,
Das es sunst nyemand thut verstehn.
Darumb, mein jüngling, mit mir kumb!

Fraw Ehr.

Fraw Ehr die antwort widerumb:
Jüngling, glaub nit ir schmaichlerey,
Das solchs die leng zu bergen sey,
Darvon dir kummet schand und spot,
Feindschafft gehn der welt und gehn Got
Von wegen kurtzer wollust hie,
Die sich enden mit wollust ye.
Darumb auch Cicero thut jehen:
Die wollust soll wir nit ansehen,
Wenn sie anfengklichen her brangen,
Sunder wenn sie nun sind vergangen,
Schawen irs verdeblichen ends.
Archita nendts ein pestilentz,
Die verderbet menschlich geschlecht.
Drumb, mein jüngling, versteh mich recht!
Ob schon kein hell noch himel wer,
Wollust wer auch kein sünde schwer,
Diß hindan gesetzt alles samen,
Soltst du doch deinen guten namen
Nit vermeyling durch den wollust.
Den schandfleck du sunst tragen must
Bey allen ehrling bider-leuten,
Die dirs zu schand und laster deuten.
Derhalben fraw Wollust veracht
Und mir, fraw Ehr, allein nach tracht
Von wegn des guten namen dein!

Fraw Wollust.

Frau Wollust sprach: O jüngling fein,
Folg mir! ich schaff dir freud und lust,
Des du dich alzeit frewen must!
Folgst du aber fraw Ehr auff erden,
So must noch ein aynsidel werden,
Von der welt gentzlich abgeschidn.

Fraw Ehr.

Fraw Ehr sprach: Laß in nur zu friedn!
Wenn er nun kumpt zu seinen tagn,
Sol im nichts werden abgeschlagn.
Ich wil ihm ein gemahel geben,
Mit der er soll inn frewden leben,
Das es Gott und der welt gefall.
Die soll er lieb haben für all.
Als denn mag er mit Got und ehrn
Sein freud haben und die welt mehrn,
Mit der seins lebens zeit vertreyben.
Da will ich alzeit bey ihm bleiben,
Sein hauß zieren mit aller tugend
Biß ins alter von seiner jugent,
Darauß im folgt wolfart und glück,
Das er wirt mechtig, reich und flück
Und behelt ein ehrlichen namen
Auff sein nachkumen, gschlecht und stamen.
Schaw! diß alles hat er von mir,
Und wo er aber folget dir,
So kumpt er inn groß ungelück,
Das du wollust tregst auff deim rück,
Schad, schand, armut, angst und kranckeit,
Trübsal und widerwertigkeit,
Wie man dann sicht darinn verderben
Dein diener, gar hartselig sterben,
Auch nach dem tod ein böß gerüch.
O das sind gar herte bain-brüch.
Darum, o jüngling, sprach die mild,
Nun folge du, welcher du wilt!
Hie hörst du unser bayder end.

Der jüngling beschleust.

In dem daucht mich, wie ich mein hend
Fraw Wollust widerumb wolt zucken.
Sie aber thet so fast mich drucken,
Das ich mit gwalt die von ir riß
Und gar hart an ein bett-bredt stieß
Mein elen-bogen, das es kracht.
Darvon ich blötzlich aufferwacht.
Inn grossem wunder ich da lag,
Sun nach dem traum, biß es wart tag,
Gedacht mir: Nun will ich fraw Ehr
Folgen und ihrer trewen lehr
Und mich ir halten, weil ich leb,
Auff das ich in der tugend schweb,
Welche den menschen macht auff erd
Namhafftig, darzu ehren werd,
Und die schedlichen wollust fliehen,
Die den menschen in unglück ziehen
Alles jamers und ungemachs.
So spricht von Nürnberg Hans Sachs.
Anno salutis 1549, am 25 tag Septembris.
(Band 3 S. 158-164)
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Klag der vertriben fraw Keuschheyt.

Fraw Keuscheyt ich genennet bin,
Ein vertribene königin.
Des sitz ich hie inn der wüstin
Mit trawring hertz, gemüt und sin,
Trostloß, ellend für hin unnd hin.

Ein mal da gieng ich inn dem meyen,
Mich zu erlüsten unnd erfrewen,
Auff eynen berg inn eynem waldt,
Darein ich vor offt mannigfalt
Was gangen ahn ein lustig ort,
Da ich dann allmal het gehort
Der vögel uber-süssen hal.
Also ich yetz aber eyn mal
Durch lust kham inn diese wildtnuß,
Gieng darinn gemach fuß für fuß
Unnd hört der vögel singen zu.
Das frey gewild lag inn der ruh
Undter den büschen ferr und nohen.
Ein tayl ersahen mich unnd flohen
Unnd sich ferr inn die püsch verschloffen.
Erst ward mein hertz inn freuden offen
Unnd kam gar weyt inn diese wüste
On alle weg inn kurtzer friste,
Ey weytter viel, dann vormals nye.
Ich dacht: Zu ferr gehn möcht ich hie.
Ich findt, thet mir ein schatten suchen.
Inn dem sah ich ein hohe buchen
Steen außgebrayt an eynem range.
Zu der gieng ich, saumbt mich nit lange,
Wolt ruhen da ein kurtze zeyt.
Inn dem hört ich von mir nicht weyt
Kleglich schreyen inn dieser wild,
Inn maß als werens frawen-pild.
Darnach hört ich viel hunde gauchtzen.
Darvon wart mir ein wenig schauchtzen.
Mein gesicht kert ich hin gar bald
Hin nab gehn thale inn den walt.
Da sach ich viel junckfrewlein klar
Dort lauffen in zerstrewtem har,
Die schryen alle: Wee unnd ach!
Deß erschrack ich; kürtzlich darnach
Wardt ich sechzehn frewlein erblicken,
Fürten viel hunde an den stricken.
Mit dem so ritt ein köngin zart,
Die gundt erschällen also hart
Ein klar güldenes jäger-horn.
Ir angesicht brennet vor zorn,
Inn der ein hand het sie ein bogen,
Darauff zwen scharpffe ströl gezogen.
Diese köngin mit dem waydwerck
Reytt in dem walt uber die zwerg.
Mein hertz inn wunder ward gesetzet,
Warumb man die jungkfrewlein hetzet,
Unnd stund also inn dem getrecht.
Inn dem ich hindter mir erspecht
Ein schwartz sammaten frawen-schu.
Das wundert mich; ich gieng hinzu.
Inn dem sach ich von dieser stat
Durch ein gestreuß ein new fußpfad.
Ich nam den schuch unnd dacht: Fürwor
Ich will nach geen diesem gespor.
On zweyfel ein junckfrewelein
Ist allda entpflohen hinnein.
An dem da will ich wol erfragen,
Warumb diese königin thu jagen
Die junckfrewlein. Damit ich leiß
Schleich nach dem spor in das gestreyß.
Also fürt mich diß spor mit eyl
Bey eyner halben viertel-meyl
In eynen uber-tieffen grunde,
Von baumen finster, darinn funde
Ich stehen ein rauhen felsen hoch.
Darein gieng gar ein wildes loch.
Zu dem gieng diß gespore ein.
Ich gieng hin zu unnd schawt hinnein.
Do sach ich gar ein klares brünlein
Auß dem felß fliessen in eyn rinlein,
Inn eyn merbel gehawen schon.
Darbey lag ein zerbrochne kron,
Ein brochner zepter, helm unnd schildt.
Darbey erplicket ich ein bild
Sitzen, als ein köngin geziert,
Was gar subtil geliedmasiert
So uber-zart, rein und so pur,
Als het sie engelisch natur,
Inn atlaß weiß bekleydet gantz.
Auf ihrem haupt het sie ein krantz
Von liechten rosen, rot und weiß.
Ir har recht als das golt geleiß.
Yedoch saß sie sam trawrigklichen.
Ir mund, wenglein ein kleyn erplichen
Und mit trehen reichlich begossen.
Ire euglein het sie beschlossen,
Ir haupt inn die ein hand geneyget.
Kein leben sie an ir erzeyget,
Inn aller maß, als ob sie schlieff.
Mit senffter stymme ich ir rieff,
Aber sie wolt darvon nit hören.
Ich erschrack, dacht, wider zu keren
Von dann, dacht: Du bist ein gespenst,
Seyd du dich nit meldest noch nenst.
Als ich stund inn solchem verzagk,
Blicket sie auf unnd hart erschrack
Und sprach doch bald: O wer hat dich
Zu mir her gebracht so haymlich?
Ich bitte dich: Widerumb wend
Von mir! laß mich an diesem end
Mein zeit inn trawrigkeyt verschliessen!
Erst wurd mein hertz groß wunder kiesen.
Ich hub bald an, sagt ir die mär,
Wie ich durch die wüsten daher
Wer kummen durch diß new gespor,
Auch was ich het gesehen vor.
Darnach pat ich, das sie mir saget,
Wer sie wer und warumb sie klaget,
Auch ob sie west von dem gejeyd,
Das sie mir deß auch geb bescheyd;
Darnach wölt ich dann von ir gon,
Fürbaß sie ungemüet lon.
Sie sprach zu mir: O jüngeling,
Solt ich erzelen dir die ding,
So würd vernewert mir mein klag.
Doch so wil ich, als viel ich mag,
Kürtzlich die ding erkleren dir.
Darfür wirdst du verheissen mir,
Zu thun, was ich zu letzt dich bitt.
Ich sprach: Köngin, warumb des nit?
Zu stund mit waynen sie durch brach.
Mit seufftzendem mund sie do sprach:
O jüngeling, wiß, das ich bin
Ein vertribene königin.
Junckfraw Keuscheyt heiß ich und saß
In dem königreich Virginitas,
Das mir fraw Ehr, mein muter, gab,
Darinn ich geregieret hab
Gar ordenlich manniche jare
Mit mancher schönen junckfraw klare.
Der het ich bey mir one zal
Auß allen landen uberal.
Ein thayl schicket ich noch weyter
Zu der edlen köngin fraw Ehr.
Nun gieng ein strassen durch mein land
Zu der köngin Venus genandt.
Darbey het ich zwölf fürstin zart,
Die den leuten werten ir fart.
Also regiert ich mit gewalt,
Wurd doch geneydet manigfalt
Von Venus, der königin mechtig.
Doch hielt ich mich so gar eintrechtig
Mit den zwölff fürstin hochgeborn,
Die ich zu dienst het ausserkorn
Mir; diese zwölff edel fürstin
Waren auch mein hofmaysterin
Und darzu all meyner junckfrawen
Und musten allzeyt darauff schawen,
Das sie lerten ritterlich sitten,
Ob ich durch Venus würd bestritten,
Das sie mein land mir hülffen retten.
Mein junckfrawen diß gern theten,
Von den fürstin gar fleissig lehrten
Und mich villeicht darinn auch ehrten,
Wann sie all kün und streytbar waren,
Wann kürtzlichen in wenig jaren
Kam fraw Venus gezogen offt
Und mich dazu vertreyben hofft.
Aber wie offt sie das versucht,
Schlug ich sie allmal inn die flucht,
Das sie mir wenig junckfrawen nam,
Dann welch mit dem schwert was lancksam,
Darvon mein lob erhal gar weyt.
Darnach uber ein kurtze zeyt
Etlich jungkfrawen der meyst theyl
In meynem reich mir zu unheyl
Wurden den zwölff fürstin gantz feindt
Und wurden in gemayn vereyndt
Und vertrieben gar haymeleich
Die zwölff fürstin auß meynem reich.
Als bald Venus, die königinne,
Diese missethat was worden inne,
Des erschrack ich alda zu hand,
Dacht: Nun hat mein reich kein bestand.
Zu hand kam Venus auß dem berg
Mit ihrem listigen waydwerck,
Das du dann im walt hast gesehen.
Het bey ir der fürstin sechzehen.
Mit den fiel sie in mein landschafft,
Zertrent mein junckfrawen mit krafft.
Kleyn widerstand sie ir da theten,
Seyd sie die zwölff fürstin nym heten,
Die sie vor lerten in dem streyt.
Darumb Venus mit irem jeyt
Der sechzehen fürstin gehlingen
Meyn junckfrawen schier alle fiengen,
Yede fürstin füret ir schar
Inn Venus berg besunder war.
Darinn ir nam wirt gantz verdischet,
Groß layd mit kleyner freud gemischet.
Wenn sie ein zeyt dann bey ir finn
So schicket sies dann weyter hin
Zu eyner königin, heißt fraw Schand.
Der werden sie schier alle sandt.
Aller-erst werden sie ellend.
Also ward mir mein reich zertrent,
Das ich auch selbs kaum darvon kam,
Mit etlichen junckfraw lobsam.
Mit den bin ich gezogen fer
In vil königreichen hin und her
Zu manchem schönen frawen-zimmer.
Da weyset man mich fürbaß immer.
Auch kam ich zum gaystlichen stand,
Bey den ich auch kein statt nit fand.
Ir ayd und glübd was gantz vergessen,
Wann Venus het sie gar besessen.
Also namb ich weyter mein flucht
Und schier all stend der welt auß sucht.
Wo man mich etwan het gantz holdt,
Yetzt man mich nimmer kennen wolt.
Also kert ich inn diese wüste,
Mich mit den jungkfrawen zu friste.
Undter ein linden wir zam sassen.
Zu stund erhört wir Venus plasen.
Davon wurden wir bald zerstreyt
Inn dem wald von einander weyt.
Also kam ich flüchtig herein
Haymlich in diesen holen stein
Unnd sitz hie in hertzlichem trawren.
Der groß verlust der thut mich tawren
So fast, das mir mein hertz möcht brechen.
Yedoch hoff ich, Got söl mich rechen
An Venus und mich wider setzen
Inn mein reich und mich des ergetzen.
Des wil ich hie inn dieser wildt
Erwarten der götlichen milt.
Sich, jüngling, nun hast du gehört,
Was du zu hören hast begert!
Herwider beger ich von dir,
Wann du hin nauß kommest von mir,
Wo du die rein junckfrewlein sechst,
Das du in züchtigklich zusprechst,
Das sie zu mein zwölff fürstin keren.
Die helffen sie künlich erneren,
Ob in etwan Venus wolt nahen,
Sie mit den sechzeh fürstin fahen.
Oder sprich, das sie ziehen hin
Zu fraw Eer, der edlen köngin!
Mit dem die köngin mir urlab
Gab; damit schied ich trewlich ab
Auß dieser wildtnuß in mein hauß
Und declinieret zu stund auß
Die materi, die fürbaß sehr
Mag kummen zu haylsamer leer
Den jungen, schön, zarten junckfrawen,
Darmit ir ehr bleib unverhawen
Durch fleyschlich lieb biß in die ee.
Darumb hört! so erkler ich meh,
Wer Keuscheyt sey, die königinne,
Die dort regiert mit zwölff fürstinne.
Ist die tugend keuscheyt; merckt eben!
Welche jungkfraw darinn ist leben,
Dieselbig muß zwölff fürstin han,
Das seind zwölff tugent wolgethan,
Das ist scham, gehorsam, demut,
Zucht, messigkeyt, warheyt behut,
Wenig red und einmütigkeyt,
Fürsichtigkeyt, embsig arbeyt,
Gut und darbey ein starck gemüt.
Durch die zwölff tugent wol behüt
Ein jungkfraw ir ehr und keuscheyte,
Helt sie die steet zu aller zeyte,
Wann keuscheyt wirt bestritten vil
Von fleischlicher lieb one ziel,
Die deuten die köngin Venus
Mit den sechzehen fürsten süß.
Das sind sechzehen stück geacht,
Dardurch keuscheyt zu fall wirdt bracht.
Reytzung die erst ist an der spitz,
Die schnöd hoffart und auch fürwitz,
Unmessigkeyt und schmaychlerey,
Schön geperd, gespielschafft darbey,
Scharpff list, gewaltiger bezwang,
Geytz und darzu der müssiggang,
Wollust, dienst, trew auß dem gemüt,
Beywonung und auch das geblüt.
Durch die sechtzehen stück bestimmet
Fleischlich lieb ihren anfang nymmet,
Welche lieb manches junckfrewlein
Bringet zu solcher not und pein,
Das sie verleust keuscheyt und ehr,
Der sie gewinnet nimmer mehr.
Fürbaß in sünd, schand und ellend
Beleyben muß biß an sein end.
Darumb, ir junckfraw all zumal,
Euch zu vermeyden solchen fal,
Will ich euch die zwölff tugend lehre,
Der edelen keuscheyt zu ehre
Wider die solche stück, versteet!
Das erst, wo euch reytzung anweet,
Es sey mit worten oder wercken,
Mit rechter scham solt ir euch stercken,
Ewer augen undersich schlagen,
Nit verantworten alle fragen.
Ob euch auch hoffart wolt bezwingen,
Manßbilder in reytzung zu bringen
Mit kleydung und grossem geschmuck,
Das ist fleyschlicher lieb ein pruck,
Die euch bringet den weg zu geen.
Mit demut solt ir widersteen.
Wölt ir fliehen der liebe flamme,
Seyt ewern eltern gehorsame!
Last euch verfüren nicht fürwitz,
Zu erfaren jhenes noch ditz!
Fliecht dentz und schertz, recht als das fewer!
Wann fürwitz macht die junckfraw tewer
Und bringet in auch böß argwon.
Mit zucht so solt ir widerston
Und seyt züchtig bey allen leute!
Fliecht in dem tranck unmessigkeyte,
Wann viel werden dardurch verfürt!
Mit messigkeyt so seyt geziert!
Fliecht auch mit fleiß alle liebkosung!
Wann tugenthafftig ist die zung.
Die fellt ir viel, sie ist süßhafftig.
Treybet nit solch wort! seyt warhafftig!
Fliecht der mans-bilder schön geper,
Das sie euch nit bringen in schwer!
Redt wenig mit! beschliest die munde!
Wann viel wort das hertz machen wunde.
Vor böß gespielschafft euch auch hüt,
Das ir nicht werdet mit verfürt!
Darmit werden verfüret vil.
Halt euch einmütigklich und stil!
Seyt fürsichtig zu aller frist,
Das euch verfür kein scharpffer list,
Der man in mancher weiß dann pfliget!
Darmit mancher man obgesieget,
Der dann on massen gar vil send.
Fliecht auch mit fleiß solliche end,
Daran ir möcht werden bezwungen
Durch gwalt! mancher ist misselungen,
Die verloren hat keuscheyt, ehre.
Von geitzigkeyt thut euch abkere!
Fliecht verheissung, gaben und schencken,
Die dann mancher ir ehr thun krencken,
So sie mit schenck sich lest erweichen!
Fliecht müssigkeyt auch deß-geleichen!
Mit embsiger arbeyt euch dieret!
Nit vil auff der gassen spacieret!
Schlafft nit zu lang! davon kem sust
Betrachtung flaischlicher wollust,
Dardurch auch manche kumpt zu fal.
Fliecht alle dienstbarkeyt zumal,
Damit man euch zu lieb wolt bringen
Als saytenspil, hofieren, singen!
Auff sollich dienst habet kein acht!
Dienst hat ir viel zu liebe pracht.
Hüt euch auch, wo man euch thut trew,
Mit hilff, rat, trost und wie das sey,
Die bezalt widerumb mit güte!
Doch habend darinn starck gemüte,
Das trew in lieb nit werd gewendet!
Wann trew gar offt in lieb sich endet,
Die zu letzt gibt gar böß belonung.
Hüt euch, wo ir seyt in beywonung
Mansbilder, junge oder alt!
In wort und wercken euch enthalt!
Seyt ernst, starckmütig und on schertze!
Wann beywonung verwund vil hertze.
Wo stro bey fewer nahend leyt,
Das wird brinnend inn kurtzer zeyt.
Deßgleichen euch auch eben hüt,
Wo euch verwunden wolt geblüt,
Welches auß der natur her kümmet,
On ander sach vor her bestimmet!
Ist, so eyner hertz zu eym stünd,
Ihm unerkandt viel gutes günd,
So schlagt das auß! thut darzu schweigen!
Thut keynem haymlich lieb erzeygen
Mit worten oder augen-blicken,
Das ir nicht thüt in im erquicken
Flayschlicher lieb brinnendes fewer,
Von dem euch dann wirt keuschheyt tewer!
Also hab ich kürzlich erzelt,
Wie sich ein yede jungfraw sölt
Erweren der sechzeh artickel,
Die reyner hertzen sind ein bickel,
Fleischlicher lieb ein anefangk,
Welche lieb ist ein gifftig tranck,
Wann lieb selten on layd zu-geet.
Hüt euch vor dieser lieb! seyt steet,
Biß das ir kummet in die ee!
So halt ein lieb und keyne meh!
Ein solche lieb die ist mit ehren.
Doch bittet zum erst Got, den herren,
Das er bschütz ewer ehr vor schand!
Wann an im ligt es alles-sand.
On in ist alle hut umb sunst,
Zu empfliehen der liebe brunst,
Die wir dann habn von natur.
Got ist allein die hilffe nur
Zu leben in rechter keuschheyt.
Dem sey lob, ehr in ewigkeyt!
Amen.
Hans Sachs, schuhmacher.
Anno salutis 1518, am 4 tag May.
(Band 3 S. 282-292)
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Der dreyer buler undterscheyd.

Eins abends sas ich bey dein mät,
Gar mancherley pursch sich zu dreht,
Gesundert auß inn viel parthey;
Da sassen zwen, dort sassen drey,
Doch yeder an eyner sündern zech.
Undter den hört ich ein gesprech
Von dreyen jungen ghraden gsellen.
Darüber solt ein urthayl fellen
Ein alter mann, der in sas bey.
Sie aber stritten alle drey,
Welcher der beste buler wer.

Der erst buler.

Der erst fing an unnd saget her:
Groß bulerey hab ich getrieben.
Der bulschafft hab ich offt wol siben,
Der yeder tritt ich für die thür.
Wo eyne geht zu mir herfür,
So gieb ich ir die besten wort:
Mein schatz und aller-höchster hort!
Und gieb ir zu verstehn darbey,
Sam sie die aller-liebest sey.
So thu ich ir ein nasen drehen.
Bald ich ein andre thu ersehen,
So uber-red ichs gleich wie die,
Ich hab kein lieber mensch, denn sie,
Und mach ir auch ein plaben dunst.
Das ist zu bulerey mein kunst.
Darmit wirt manche uber-redt,
Das sie mir schenckt ein facilet,
Ein hemmat, aber offt ein schmecken.
Durch bulerey thu ichs auffwecken.
Hab auch schier all sontag ein krantz.
Wo ich denn kumb an eynen dantz,
So find ich mannig mal darbey
Meyner bulschafft eyne oder drey.
Da halt ich mich denn zu in fest.
Ein yede maynt, sie sey die pest.
Keyne waiß von der andren nicht.
Auch stell ich mich in zu gesicht
Int kirchen an dem feyertag,
Da mich ein yede sehen mag.
Auch thu ich in zu nachts hofiren
Mit geygen, singen und quintiren.
Vor yeder hauß thu ich ein schrey,
Das sie mich kennen soll darbey.
So halt ichs zu freund alle sander.
Mir ist eyne lieb wie die ander.
Ich vertraw keyner dennoch gar,
Nemb ihrer wort gar eben war,
Das keyne mich mit wortn fang,
Auff das ich nit an ir behang,
Wann ich ger keyner zu der ee.
Derhalb verhüt ich mich dest mehr.
Ich halt mich auch an keyner nicht.
Bald eyne sawer mich ansieht,
Schlag ich sie auff die haber-waid.
Ir abschied ist mir auch nit layd.
Wann wo ein andre mich anplickt,
Mach ich mich zudeppisch und gschickt
Und stels zu red an eynem ort.
Bald sie mir gibt ein gutes wort,
Schreib ichs in mein register ein
Und muß denn auch mein bulschaft sein.
Solt ich all bulschafft zammen rechen,
Künd euchs in eynr stund nit außsprechn.
Wo auch ir eyne geht für mich,
Die ich etwan freundlich an sich,
So treyben mich mein gsellen mit.
Ja wol so laugen ich gar nit,
Das ich ein solch statpuler sey,
Sag in denn von meiner bulerey,
Wie, wo und wenn, an alles muncken.
Solt ich mich des denn nicht gut duncken?
Ich leg den rum euch bayden nieder.

Der ander buler.

Der ander gsell antwort hinwider:
O deyner elenden bulerey!
Du lauffst umb auff der termaney.
Wann deine bulschafft alle siben
Habn dich am narren-sail umb triben.
Kaine tregt dir lieb oder gunst.
Dein bulerey ist gar umb sunst.
Es geht allein in worten hin.
Merck, was ich für ein buler bin!
Ich thu nit lang hofiern und bitten
Nach deynem bulerischen sitten.
Ich kenn mein federspiel am flug,
Das ich den fach im ersten zug.
Bald ich erdapp ein gute gspiln,
So thu ich ir denn haymlich zieln
Zun kupplerin und dayber-ecken.
Da selbn thu ich mein gelt fürstrecken.
Da hab wir freud und guten mut,
Wie yedes hertz gelusten thut,
Mit essen, trincken, spieln und dantzen.
Da darff es nicht so viel kramantzen.
Ich find mein wayd, wie ichs beger.
Der eyfer bringt mir auch kein bschwer,
Wann ich ir keyne hab allein,
Weil sie sind yederman gemein.
Setz etwan eyne in mein hauß,
Da leben wir denn inn dem sauß.
Niet ich mich eynr, so las ichs wandern
Und halt mich darnach zu eynr andern.
So hab ich ein gute fickmül,
Darmit ich wol mein kertz erkül.
Das ist mein bulen uber jar.
Nit hart ichs auch verbergen dar.
Es waiß yederman von mir wol,
Das ich der büberey steck vol.
Ich hoff: ich gwinn den preiß darmit.

Der dritt buler.

Zu diesen wortten sprach der dritt:
Was rumbs mainst du, das sey darbey?
Dein bulen ist ein hurerey.
Su thust dich inn dem unlust süln,
Wir die sew inn den misthüln.
Der metzen hat dich keyne hold,
Denn so weyt raicht dein gelt und golt,
Und halten sich auch nicht an dir.
Hört auch mein liebhaben von mir!
Mir ist mein hertz in kurtzer stund
Gehn eyner junckfraw worden wund
Gantz wider mein vernunfft und willen,
Das ich mein heetz kund nicht gestillen,
Das ich doch vor an manchem end
Von solcher lieb het abgewend.
Mein lieb ye lenger stercker wur,
Viel-leicht durch einfluß der natur,
Vergleichung unser bayder blüt
Und bayder hertzen, sinn und gmüt.
Ich aber parg mein lieb so lang,
Biß sie mein hertz gweltig bezwang,
Das ich ir mein lieb macht offenbar.
Inn gleicher lieb auch brinnen war
Diese junckfraw inn zucht und scham,
Zu eym liebhaber mich an nam
Inn zucht und ehrn, wie ob erzelt.
Also hab ich mir ausserwelt
Die tugenthafft unnd ehren-werd
Für alle menschen auff der erd,
Der ich nun weder nacht noch tag
Kein augenblick vergessen mag.
Geht es ir ubel, so trawre ich;
Geht es ir wol, so frew ich mich.
Als, was ich ir zu dienste kan,
Teglichen lassen oder than,
Das find sie an mir ungespart.
Inn trewer hut wirdt sie verwart
Vor schanden, schaden und gefehr,
Als ob sie mein augapffel wer.
Inn unser lieb ward an keym ort
Geredt nye kein unzüchtig wort,
Das ihren ehren sein möcht schedlich.
Also auffrichtig, trew und redlich
Halt wir unser lieb inn der stil.
Derhalb ich hie gewinnen will
Den preyse für euch bayde sander.
Herwider antwort mir der ander:
Sag an! was bringst du denn darvon
An dieser deiner lieb zu lon,
Denn ein trawrig, hartselig leben?
Der dritt thet wider antwort geben:
Ach wiewol uns das ungelück
Beweyset stets viel böser dück,
Der klaffer, senen und das meyden
Sambt dem eyffer macht pitter leyden,
Auch thut das schayden mich oft krencken
Mit manchem schweren seufftzen sencken,
Doch wirt mir dennoch offt und dick
Ein solch lieblicher augenblick,
Der mir erhebt mein trawrig hertz
Auß sorgen, angst und pitrem schmertz,
Dargegen manch freundtlich gesprech,
Das sterckt mein hertz, des sunst zu-prech.
Dergleichen thut mir offt gelücken
Ein minnigliches hendlein drücken.
Dergleich wirt mir auch offt zu danck
Ein holdseliger umbefanck,
Das sich frey keret prüst gehn prüst
Nach liebes art und hertzen lüst,
Darzu manch frewdenreicher kuß,
Der ye das hertz erquicken muß
Und haylen, ob es gleich ist wund,
Wenn also rüret mund an mund.
Schaw! ist das nicht ein hoher lon,
Ehrlicher lieb ein schmuck und kron?
Des bin ich gantz von ir gewert,
Hab weitter auch nye mehr begert,
Biß es Got schickt, das wir mit ehrn
Unser gantz leben mügen verzehrn
Im ehling stand mit freud und schertzen,
Des ich beger von gantz meym hertzen,
Das layder yetz nicht mag gesein.
Das ist mein aller-schwerste pein.
Schaw! solche lieb in trew verpunden
Halt wir haymlich zu allen stunden
Auf baydem thail gantz stät und vest.
Nun urtayl, welcher sey der pest
Undter uns bulern allen dreyen!
Dem thu sein rum und lob außschreyen!

Beschluß.

Nach dem fing der eyßgrabe man
Zum ersten buler also an:
Dein hertz das ist ein tauben-hauß;
Ein lieb fleugt ein, die ander auß.
Du waist von keyner lieb zu sagen,
Hast nye kein lieb im hertzen tragen.
Du bist deyner siben bulschaft gauch.
Und zu dem andern sprach er auch:
Du erlangst hie zu mal kein lob.
Du bist ein hurer, schnöd und grob.
Bey dir wondt weder zucht noch scham.
Kein rechte lieb in dein hertz kam.
Drumb gehst du umb gleich eynem narrn
Und gar eynem groben stat-farrn.
Und wenn ein gayß ein schlayer auf het,
So bätst du sie drumb an der stet.
Du kauffst, wo du deins gleichen finst.
Darvon endtlich dein lohn gewinst.
Und zu dem dritten sprach er aber:
Du bist ein warhaffter liebhaber,
Weyl du beheltest scham und zucht,
Ein eynigs lieb dir außgesucht,
Der denn dienst in gantzen trewen,
Die dich herwider thut erfrewen
Mit all dem, das sie mag mit ehren,
Biß ir mügt ewer zeyt verzehren
Im stand der eh, wann es Got schicket,
Darinn ir bayde werd erquicket,
Da ir zwo seel werd und ein leib,
Du werst ir man und sie dein weib
In liebe ungeschayden gantz,
Gewunnen hast den ehren-krantz.
Auff das dein lieb zu nemb und wachs
In zucht und ehren, wünscht Hans Sachs.
Anno salutis 1544, am 5 tag Novembris.
(Band 3 S. 376-382)
_____



Fraw Venus zwencknuß, Sturm und gefencknus.

An eynem abendt-dantz
Schin mir der sunnen glantz,
Das war ein junckfraw zart
Gantz adelicher art.
Als ich dantzet mit ihr
Inn brünstiger begier,
Ich sie freundlich umbfieng.
Zu stund mein hertz durch gieng
Ein süssigkeyt der lieb.
Den tag ich also blieb
Inn mancherley gedancken
Mit innwendigem zancken,
Ob ich mich solt begeben
Zur lieb inn meynem leben,
Oder ob ich solt fliehen,
Mich von der lieb abziehen,
Wann ich het bey meyn tagen
Kein lieb vor nye getragen.
War noch ein junges blut,
West weder böß noch gut,
Was bittrigkeyt und gfer
Inn lieb verborgen wer.
Aber die zart unnd mildt
War mir starck ein gebildt,
Das ich mich gleich versprach,
Der lieb zu hengen nach,
Und rüfft an Venerem
Sambt dem Cupidinem,
Zu helffen inn den dingen
Inn lieb mir zu gelingen.
Nach dem ich mich legt nieder,
Dacht der lieb hin und wider
Nach, inn die nacht gar tieff,
Biß ich darinn endtschlieff.
Inn dem hört ich ein stopffen,
Ein puchen unnd anklopffen,
Vor meym hauß ein getümmel,
Ein lautraysig geprümmel.
Ich erschrack; mich bedeucht,
Mein kammer was durchleucht.
Als ich auf plicken kundt,
Zu meynen haupten stund
Minerva, die göttin,
Gleich samb betrübt erschin,
Sprach: Was gest hast geladen,
Dir selb zu eynem schaden?
Venus unnd Cupido
Die puchen an also
Sambt ihrem hofgsind allen,
Wöllen dich uberfallen
Mit ketten, netz und garnen.
Darvor thu ich dich warnen,
Das du sie nicht last ein,
Als lieb unnd dir ist dein
Leib, seel, glück, ehr unnd gut,
Gsundheyt unnd tugend mut!
Inn dem mit ungestümb
Klopfft Venus widerümb.
Ich aber schawt hin nauß.
Da stund vor meynem haus
Ein grosser hauff inn furm,
Gerüst zu eynem sturm.
Venus mich lieblich an
Blickt, batt mich, auff zu than.
Ich aber het die wort
Der Minerva gehort,
Schlug Venus ab ihr bitt.
Bald ich wolt aber nit,
Wurd erst ein groß anstossen,
Ein pollern unnd anpossen,
Als solt es gehn zu trümmern.
Ich thet mich hart bekümmern,
Umb hülff Minerva batt.
Willig sie mit mir tratt
Hin nah an die hauß-thür
Unnd schoß den riegel für.
Inn grosser angst ich stan.
Erst pucht man gwaltig an
Mit manchem herten stoß.
Inn dem Cupido schoß
Ein fewerglasting stral
Durch die thür, zu unfal
Mir inn mein aygen hertz,
Mit wehmütigem schmertz
Wart es brinnend und wund,
Das ich mich nit mehr kund
Wehren unnd nyeder sanck,
Krafftloß, anmechtig, kranck.
Minerva mich verließ.
Zuhand Venus auffstieß
Die thür mit ihrm hofgsind,
Mich uberfiel geschwind
Mit eyner ketten groß
Unnd eynem starcken schloß,
Mir hend unnd füsse bund,
Das ich nit weichen kundt,
Sam ich bezawbert wer.
Nach dem reicht Venus her
Samb auß mildter begabung
Mir schwachen zu eynr labung
Inn eyner schewern ein wenig
Gar uber-süsses hönig,
Vermischt mit pittren gallen.
Nach dem thet mir anfallen
Mein hertz mit seynen zenen
Das wehmütige Sehnen
Und gar langkweylig mich
Mit harren unnd verzüg.
Dergleich die lang fraw Meyden
Thet mir mein hertz durch-schneyden
Mit eyner scharpffen segen.
Auch ist ob mir gelegen
Der Eyfer mit vil sorgen.
Auch haymlich unnd verborgen
Nug mich der schnöd Argwon,
Kam mich oft wider on.
Der Neyd mein hertz auch fraß.
Der Zoren unnd der Haß
Schlugen auf mich mit ruthen,
Das mir mein hertz wart pluten,
Het nindert mehr kein trost,
Wann es legt auf ein rost
Mein hertz die Klafferey.
Inn nachred mancherley
War mir stets hindterrück.
Dergleich fraw Ungelück
Mich heftig tribuliert.
Fraw Thorheyt mich vexiert,
Verband mein augen blind,
Macht mich daub unnd unbsind.
West selb nymmer, was ich thet,
Gedacht, hört oder redt.
Her kam auch der Vertruß,
Tratt mich mit eynem fuß.
Lang wurd mir stund und zeyt.
Auch die Schwermütigkeyt
Setzt sich oben auf mich,
Drückt mich gar hertigklich,
Das ich inn dem bekrencken
Viel seufftzen tief thet sencken.
Auch kam die Trawrigkeyt
Inn eynem schwartzen kleyd
Und fing mich gar zu letz
Inn ihr garen und netz,
Jagt all freud von mir auß.
Auch tratt ein inn mein hauß
Der wehmütige Schmertz,
Derselb mein wundtes hertz
Erst zwingen thet und pressen.
Auch het mich gar besessen
Die unruhig Unruh.
Die zwickt mich ymmerzu
Und namb mir meynen schlaff.
Nach dem mich auch antraff
Die schnöd Verwegenheyt,
Und fraw Leichtfertigkeyt,
Wolten mich binden mit stricken.
Auch thet scharpff auf mich blicken
Fraw Schand und fraw Armut.
Erst gruselt mir das blut,
Wann yede trug ein ketten.
Dergleich mir trowen thetten
Kranckheyt und gottes plag
Inn zukünfftige tag.
Also lag ich gebunden,
Sigloß und uberwunden,
Des ich mich hertzlich gremet,
Mich vor mir selbert schemet,
Das ich lag also schendlich
Uberweltigt. Und endtlich
Da hört ich noch ein kleynen
Hauffen schnupffen und waynen.
Ich dacht: Wer mag noch sein,
Der sich erbarmet mein?
Da sah ich stehn fraw Ehr,
Die neun Muse unnd mehr
Ander sittliche tugendt,
Die ich lieb het von jugendt.
Die wayndten all umb mich,
Das ich so hertigklich
Lag, unnd giengen ihr strassen.
Musten mich all verlassen.
Minerva ließ ein gal
Vor grossem layd unnd qual.
Darvon ich aufferwacht,
Da wars stick-finster nacht.
Ich lag inn kaltem schwaiß.
Mir war vor angsten haiß.
Ich lag erschluchtzet gar.
Gedacht mir: Ist das war,
Das mich so ubel weckt
Die lieb, inn dem schlaff schreckt,
Was wurd denn thun die lieb,
Wenn ich sie wachent trieb?
Weyl sie so viel unrat
Mit ir zu gferten hat,
Will ich ihr müssig gan.
Darmit gewarnet han.
Das auß lieb nyemandt wachs
Ein nachrew, wünscht Hans Sachs.
Anno salutis 1544, am 18 tag Decembris.
(Band 3 S. 383-388)
_____



Der buler kercker.

Als ich noch war ein junges blut,
Thet ich, als noch viel mancher thut,
Ein junckfrawen mir ausserwelt.
Inn ehren sich zu ihr geselt
Mein hertz, doch haymlich inn der still.
Thet der-gleich weder weng noch viel
Gehn ir, keynr dienst mich undterzug.
Mein lieb also verborgen trug.
Dacht, ich wolt mein selb mayster sein.
Ich kam doch immer tieffer drein.
Darzu bewegt mich on gefer
Ir stiller mut, züchtig geper,
Mich on ir wissen uberwund.
Inn lieb mich also fing und pund,
Durch-trang mein hertz, gepain unnd marck
Und uberweltigt mich so starck,
Das ich gentzlich kein rhu mer het.
Ich aß, ich dranck und was ich thet,
Stund doch zu ir all mein gedanck,
Das ich gleich wurd dol, daub und kranck,
Der-gleichen vor mir nie was gschehen,
Mein lebenlang, mag ich wol jehen.
Ich förcht, ich wer bezaubert woren.
Gedacht mir doch, die ausserkoren
Die thet so ubel nicht an mir.
Ich dacht heimlich: Ich wil gleich ir
Mein lieb eröffnen und anzeygen.
Gedacht: Wirt sie sich gehn mir aygen,
So möcht wir unser lieb in eren
Elich beschliessen und verzeren.
Als ich es offenbart und wagt,
Schamrot sie mir erseufftzt und clagt,
Sie het sich vor mit eim verliebet.
Erst wurt viel härter ich betrüebet,
Weil ich vermerckt, mein lieb und gunst
Gen ir nit waß gewest umb sunst.
Weil es aber ie mocht nit sein,
Fieng sich erst an mein hertzlich bein,
Das ichs eim andern lassen solt,
Wann ich het sie iniklich holt,
Kein freud noch kürtzweil kund mich tröstn.
Mein hertz thet sich in trauren rösten.
Eins nacht ich ungeschlaffen lag
In solchem we, seuftzender klag.
Meiner unglückhaffting lieb nach sun,
Biß der schlaff uberhand gewun,
Das ich schwermütiklich entschlieff.
Mich daucht, wie ich lag also tieff
In einer greulichen gfencknus unden,
Mit einer ketten hart gepunden.
Ein stral durch-drungen het mein brust.
Mich dacht, wie ich erfaulen must
Inn der gfencknuß, dieweil sich mein
Nyemand an numb. Inn solcher pein
Sach ich inn einem liechten glantz
Fraw Ehr her gehn, betrübet gantz.
Dieselbig für den kercker stan
Und fing ir red gar kleglich an.
O gsell, sag! wie hast dich vergangen,
Das dich fraw Venus hat gefangen,
Mit der junckfrawen lieb bethört,
Die doch eym andren zu gehört,
Verwund und also uberwunden,
Inn ir grewlichen gfencknuß punden,
Der du doch ye und ye warst feind?
Wie hast dus ubersehen heindt?
Hetst du aber auff mich thun warten,
Ich wolt dich mit eynr schönen zarten
Junckfraw begabt habn, auff mein trew,
Inn ehlicher lieb stät und new.
Weyl du fraw Venus bist anhenger,
Kan ich bey dir nit bleyben lenger.
Dein gut gerüch, wolfart und glück
Sambt deim reichtumb ist alles flück,
Wirt sich samt mir als von dir schwingen.
Erst erschrack ich ob diesen dingen.
Sprach: O, fraw Ehr, verlaß mich nicht!
Du waist, das ich dir bin verpflicht.
Bin on schuld inn den kercker kummen.
Hab mich der trew zu vil angnummen,
Der ich denn all mal was genayget.
Schaw, das mir bald werd hilff erzayget,
Weil ich lieg in höchster gefer!
Inn dem da trat Minerva her,
Die göttin der weißheyt, und saget:
Nun sey es allen göttern klaget,
Das ich dich find inn dieser gfencknus,
In der hart mörderlichen zwencknuß,
Die dir schwecht dein sinn und vernunfft
Und setzt dich inn der thoren zunfft!
Die lieb keyns weysen nit verschonet.
Vor hab ich lang bey dir gewonet,
Nit lenger bleib ich nun bey dir.
Ach edle göttin, bleib bey mir!
Sprach ich: Venus thet ubereylen
Mich mit ihren unsichting pfeylen,
Das ich on mein willen und wissen
Inn diese gfencknuß wurd gerissen.
O rath, wie ich mög ledig wern!
Minerva sprach: Von hertzen gern.
So du selb wilt werden erledigt,
Kumbst du darvon noch unbeschedigt.
Erstlich such all mittel und ursach,
Dardurch die lieb werd wider schwach,
Dein hertz werd wider abgewendt!
Halt an dich augen, mundt und hendt!
Uberhör das, wie wee es thut,
Das dir befestigt werd dein mut!
Zu dem will ich dir bhilflich sein.
Nach dem tratten auch zu mir ein
Die neun Muse gar trawrigklich
Und wayndten alle samb umb mich,
Des ich so hart gefangen lag.
Die erst fieng an mit schwerer klag:
Ach wie bist inn die hartsehl kummen!
Hast doch wol künnen ubersummen
Durch unser gab manch schön gedicht,
Wie Venus sey so gar entwicht,
Ir diener mach so armut-selig,
Arm, kranck, ellend, matt und hellig,
Won-sinnig, vergessen und wütig,
Lanckweylig und auch wanckelmütig.
Wie bist denn yetz so gar endtricht!
Wie schweygen yetz all dein gedicht!
Wie bist so kurtzer zeyt verdorben!
Du bist gleich lebendig gestorben.
Des müssen wir auch von dir weichen.
Do bat ich sie: Ir künstenreichen
Göttin, bleybt da und tröstet mich,
Wie erledigt möcht werden ich!
Ich bin in der gfencknuß unwillig.
Sie sprachen: So rat wir dir billig.
Heb an! mach etliche gedicht
Vonn der lieb unnd darinn bericht,
Was ubels darinn werd verborgen,
Trübsal, wemut, förcht, angst und sorgen,
Eyfer, sehnen, klagn und meyden,
Unruh, seufftzen, senckn und leyden,
Der-gleich lieb pitter-herbe frucht.
Weyl du es zum thayl yetz hast versucht,
Wirdst du es wissen herauß zu streichen,
Zu eynr artzney dir und deins gleichen,
Fürbaß zu hüten vor der lieb,
Die zu euch einschleicht wie ein dieb.
Ich naygt mich, danckt in guter lehr.
Inn dem eintraten zu mir mehr
Etlich wenig sitlicher tugendt,
Bewaynten mein verderbte jugendt,
Weil sie mich funden in dem kercker,
Der Veneri peinlichen ercker.
Sprachen: O wer hat dich verfürt,
Das dir dein hertze hat berürt
Der Venus liebhabenden stral?
Nun werden dich der laster zal
Eins nach dem andern manigfeltign,
Dich endtlich also uberweltign,
Das du darundter wirst verderben,
Als ein verruchter ellend sterben.
Wir künnen nymmer bey dir wonen,
Wiewol wir dir als guten gonen.
Inn dem all tugendt von mir wichen.
Erst saß ich elend und erblichen.
Wen hab ich nun, der mir beysteh,
Weil Minerva und die Muse
Fraw Ehr und die sitlichen tugend
In meyner gefengeklichen jugend
Mich im tödlichen kercker lassen?
Ich sach, das ringweiß umb mich sassen
Innwendig dieses kerckers pflaster
Ein unzal der grewlichen laster,
Lüg, untrew, unzucht und unkeusch,
Der begierden ein groß gereusch,
Armut, kranheyt, schand und schaden,
Angst, sorg, böß gwissen und ungnaden,
Die all mit ketten und mit stricken
Grimmiklich theten auff mich plicken,
Mich zu fahen und zu verderben,
Inn der gfencknuß ellend zu sterben.
Ich rüfft auff in gröster gefer:
O gütiger got Juppiter,
Du allein sey mein hilff und trost,
Das ich der gfencknuß werd erlost,
Eh das die laster mich beschedigen
Ich kan mich selbert nit erledigen.
Inn dem Jupiter auß dem saal
Schoß eynen lawten fewer-stral
In kercker, das es als erkracht.
Von dem gedöß ich aufferwacht.
Dacht: Ist inn der lieb solch beschwer,
Unglück, verderben und gefer,
So wil ich zu drückn, gleich eym thorn,
Hertz, augen, mund, hend und die ohrn,
Nichts dencken, sehen, hören noch reden,
Das uns nach der zeyt allen beden
Zu lieb möcht geben hülff und stewer,
Anplasen mehr der liebe fewer,
Sonder freywillig innen halten,
Auff das abkrefftig muß erkalten
Die lieb, auff das nicht darauß wachs
Schand oder schaden, wünscht Hans Sachs.
Anno salutis 1544, am 19 tag Junii.
(Band 3 S. 389-394)
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Die gfencknus der göttin Calipso.

Als ich bey meynen jungen tagen
Von Ulisse viel höret sagen
Und ich selb eynes abendts saß,
Den poeten Homerum las
Von Ulisse weyte irrfart,
Nach dem Troya zerstöret ward,
Wie er mit seynem volck abschied,
Was grossen unfals er erlied
Auff dem meer biß ins zehend jar,
Im streyt der Ciconiter schar
Unnd inn der höll Poliphemi,
Auch wie Circes bezawbert sie,
Wie er kam unden inn die hell
Von der Sirenen süß geschell,
Auch wie sein diener zu vermessen
Der sunnen ir viech theten essen,
Drumb Jupiter auß seynem sal
Schoß eynen fewring donner-stral
Mitten ins schiff, der hat sie troffen,
Das sie all inn dem meer ersoffen...
Allein Ulisses selb ergriff
Im meer wider das brochen schiff,
Darinn er zu Caribdim rucket.
Der wirbel das schiff undterzucket,
Das Ulisses ergriff gar kaum
Am fels ein wilden feygenbaum.
Daran hieng er, biß das schiff groß
Widerumb auff im strudel schoß.
Da fiel er drein unnd für inn klag
Darinn biß an den neundten tag,
Das er denn in der insel kam,
Die man denn nendt Ogigiam,
Da die göttin Calipso saß,
Die in frölich auffnemen was.
Die göttin het in lieb und holdt,
In auch unsterblich machen wolt.
Hielt in gar ehrlich, werd und lieb.
Bey der er siben iar lang blieb.
Was sie ihm freud macht, gab und schenckt,
Wart im sein hertz doch stets bekrenckt
Teglich mit viel seufftzen und trenen,
Wann er thet sich so hertzlich senen
Zu seynem rechten vatterland,
Inn sein vorig ehlichen stand.
Teglich saß er zum meere tieff,
Wartend auff ein zukünfftig schiff.
Aber in diesen siben jaren
Kam kein schiff alda fürgefaren
Und must da bleyben sam gefangen.
Wie hart in thet hin haym belangen,
Biß Jupiter sich sein an numb,
Schickt Calipso Mercurium,
Herr Ulissem ledig zu lassen,
In zu fertigen auff die strassen,
Wiewol sie das thet gar ungern.
Iedoch sie Jovem must gewern.
Ulisses fellt zwayntzg bawmen groß,
Darauß er machet eynen floß.
Darauff im die göttin zu danck
Gab klaydung, speiß und das getranck.
Aynig fur er dahin inn klag
Und an dem achtzehenden tag
Kam Neptunus, des meeres gott,
Der im feind war biß in den todt.
Der macht im meer ein ungestümb.
Mit wellen groß trieb er in umb,
Endtlich den floß im gar zertrümmert,
Ulisses ellend und bekümmert
Riß von im auch das seyden klayd,
Das im schenckt Calipso gemayd,
Und warff das selbig inn das meer,
Dieweil es in wolt irren sehr,
Schwam auff eim pret zwo nacht und tag,
Biß inn Phenicia (ich sag),
Da kaum bloß, nacket er auß kam.
Der könig ihn freundlich auff namb,
Der mit köstlicher schenck und gwand
Hin haym schickt in sein vatterland
Zu seyner lieben Penelope,
Mit der er lebt frölich als ee,
Vonn der er außgewesen war
Im ellend biß ins zwayntzigst jar.
Nun diese wunderlich histori
Die behielt ich in mein memori.
Des wurd ich durch melancoley
Verwickelt inn der fantasey,
Den dingen so tieff nachgedacht.
Als ich entschlieff die selbig nacht,
Traumbt mir, wie ich inn ungestümb
Auch für auff wildem meere umb,
Aynig allayn in brochnem schiff,
Wie auch die insel ich ergriff
Ogigiam mit grosser gfer,
Wie auch dret gegen mir daher
Calipso, die göttin lobsam.
Die mich gar freundtlich da auffnam,
Die an den jaren nicht was alt,
Brauns angesichts, freundlicher gstalt,
Baklaydet als ein göttin herrlich,
Gar wol beredt, dapffer und ehrlich.
Mich daucht, so bald ich trett zu land,
Naygt ich ir, sie pot mir ir hand,
Fürt mich durch eynen anger grün
Inn iren sal gezieret schön,
Da sie mich köstlich trenck und speist.
Mir all gutwilligkeyt beweist,
Mich auch gar freundlich halst und kust,
Macht mir allerley freud, wollust.
Als was inn ehren ich begert,
Wurd von der göttin ich gewert,
So holdselig; das daucht gleich mich,
Wie ein gantz küler wind durch-schlich
Gepayn und marck, sehl, hertz und gmüt.
Gantz frölich machet mich ir güt,
Das ich meins vatterlands vergaß.
Inn solcher freud ich bey ir was
Gar wol getröstet und ergetzt.
Doch wurd mein weyl mir lang zu letzt,
Wann mir war inn wort und geper,
Als ob ich gar bezawbert wer.
So gar wart ich bunden und gfangen.
Da wurd mich offt hertzlich verlangen
Nach meym geliebten vatterland,
Das ich wie in vorigem stand
Möcht bey meynem gemahel leben.
Wie offt erseufftzet ich auch eben!
Wie Ulisses, mein hertz wandt sehr.
Offt tratt ich an das wütend meer,
Das die insel umbringet het,
Darin ich auch ersehen thet
Gar mannig erschröcklich meerwunder,
Darob mir grawset gar besunder.
Nach mir sie schnapten mannig mal.
Offt rüfft ich auf in höchsten sal
Zu Jove, dem gnedigen got,
Mir bey zu stehn inn dieser not,
Weil an sein hülff auß den geferden
Und strickn ich nit kund ledig werden.
Inn solcher gstalt ich bey ir war
Im traum auff siben viertel-jar,
Eh Jupiter gab inn den sin
Calipso, das sie mich ließ hin,
Iedoch nit geren und schwerleichen,
Wiewol sie gar nit thet der-gleichen,
Und halff mir machen einen floß
Von dannen-paumen schwer und groß.
Ich nam urlaub und bald auffsas.
Mein letz ein kuß und umbfang was.
Ein seyden klayd warff sie her mir.
Darbey solt ich gedencken ir.
Erst wurd mein hertz mir also schwer,
Als ob es lauter pleyen wer.
Ich glaub wol, ir wer auch also.
So fur ich hin von Calipso.
Sie stund waynend und sach mir nach.
Erst mit jamer mein hertz durch brach,
Schickt ir viel seufftzen hindtersich.
Also schied ich wehmütigklich,
Wiewol mich Jupiter gewert
Het, des ich lang zeyt het begert.
Als ich nun kam auff das hoch meer,
Daucht mich im traum, wie das sich seer
Verperg der liechten sunnen glantz.
Der himel wurd umbzogen gantz
Mit gwülck; inn dem theten einfallen
Die sturm-wind; da fieng an zu wallen
Das wütig meer mit wellen groß,
Das sie bedeckten mir den floß.
Mich daucht, wie ich inn hertzen-layd
Ins meer auch wurff ihr seyden klayd,
Bloß, nacket auff eyner dillen schwem
Und ein sehr grosser strudel kem,
Der mich drey klaffter hoch bedeckt.
Im augenblick wart ich erweckt
Auß grosser angst des trawmes wegen,
Darinn ich schwitzend ward gelegen
Eben siben gantzer stund.
Wie fro was ich von hertzen grund,
Das es nur war ein traum gewesen,
Geflossen auß meym fleissing lesen!
Nun bey Ulisse und dem gsicht
Nemb hie ein mensch zu undterricht,
Das er bleib inn seym vatterland!
(Verstet: inn dem elichen stand!)
Und nicht umbschwaiff fürwitzigklich
Mit wort und wercken haymelich,
Darmit er frembder lieb nach such,
Das er nicht erleyd ein schiffbruch
Inn seym gewissen, sich ergeb
Inn frembde lieb, darinn bekleb
Verblendet in gemüt und hertz
Mit kleyner freud und grossem schmertz,
So er erkendt die gferligkeyt,
Darinn er lebet alle zeyt,
Die ihn umbringet umb und umb,
Gleich samb das meere ungestümb
Umblauff Ogigiam, die innsel,
Auff das er nicht denn klag und winsel
Und vil kleglicher seufftzen senck.
Wenn er widerumb haym gedenck,
Zu weyb und kind ins vatterland,
Zu leben in vorigem stand,
Und sich wolt ehrlich halten gern!
So kan er denn nicht ledig wern,
Sunder bleybt in der lieb gefangen,
Samb zwischen himel und erden hangen,
Bis das in Got durch sein genad
Selb gweltig frembder lieb entlad,
Samb nötig in, das er ablaß
Und fertig ihn auff die heym-straß.
Erst gschicht im wee, doch muß er sehr
Haymfaren durch das jamer-meer,
Von im hinwerffen all ir schenck,
Sie selten sech, ir weng gedenck,
Das nicht die selb im mach ein irrung,
In seiner haymfart ein verwirrung,
Das nicht die himlisch göttlich rach
Im mit viel unglücks volget nach,
Das er muß leyden ein schiffbruch
An seynen ehren und geruch,
Da schand und spot in undtertucket,
Kranckheyt und armut nidertrucket,
Das er kaum außschwimt auß dem meer
Bloß, nackat, an leib, gut und ehr,
Müsam kumpt in sein vatterland,
Widerumb in vorigen stand,
Da er und gutt im wider wachs
Im eling stand, das wünscht Hans Sachs.
Anno salutis 1546, am 8 tag Februarii.
(Band 3 S. 395-401)
_____



Kampff -gesprech von der lieb.

Ich bin genandt der liebe streyt,
Sag von der liebe wunn und freud,
Darzu von schmerz und trawrigkeyt,
So inn der lieb verborgen leyd.


Eins mals was mir mein weyl gar lang.
Ich thet durch kurtzweyl eynen gang
Uber ein wasser inn ein awen.
Nach hertzen lust ward ich anschawen
Das grüne gras mit grün gemenget,
Mit rot und weiß zierlich durch-sprenget.
Darundter ward gemischet da
Die lilgen praun unnd feyel plaw.
Dardurch wuot ich mit frewden hin.
Für eynen walt stund mir mein sin,
Darinn mannicher vogel sang.
Also keret ich meynen gang
Mit frewden inn das holtz hin eyn.
Da sah ich viel der wilden schwein.
Viel hasen, hünden, rech und hirschen
Sah ich inn grünem holtz umb pirrschen,
Wölff, füchs und auch vil grimmig peren.
Inn dem begund ich weytter keren
Und kam zu eynem kleynen pach.
Dem selbigen dem gieng ich nach,
Nur fuß für fuß für lange weyl,
Inn dem walt auff ein halbe meyl,
Zu eynem brünlein frisch und kalt.
Des klaren wassers namb ich bald.
Der durst gab mir nit mehr zu schaffen.
Ich dacht: Ich will mich legen schlaffen
Ein weyl, und sucht, biß ich wart finden
Ein schatten undter eyner linden.
Ich legt mich nyder inn das graß.
Das war von külem tawe naß.
Erst wardt mir baser viel, dann vor.
Mein haubet hub ich auff entpor.
Von ferren sah ich zuher gan
Ein alten, erbern, grawen man.
Von schwartzer farb so was sein klayd.
Ich mercket wol, das er trug layd.
Derselb auch zu dem prünlein kam
Und auch des frischen wassers namb.
Von dem prünlein kert er bald wider.
Bey eyner aychen saß er nieder.
Sein haubt neyget er in sein hend.
Er west mich nit an diesem end.
Nach dem da kam ein ritter stoltz
Geritten durch das grüne holtz,
Von prawner farb was sein gewand,
Der on gefehr das prünlein fand.

Der ritter.

Zu dem der junge ritter keret,
Der auch des alten klag erhöret.
Er keret umb unnd sach in an
Und sprach: Mein freund, wer hat euch than,
Das ir also betrübet seyt?

Der alt.

Der alt man sprach: Ich hab groß leyd.
Wölt ir das selbig wissen schier,
So steyget ab! setzt euch zu mir!
Abstieg der edel ritter kün,
Pand sein roß an die linden grün.
Darundter lag ich rhuen do.
Er sach mich nit, des war ich fro,
Und gieng, setzt zu dem alten sich.

Der allt.

Der alt man sprach: Vernemet mich!
Inn dieser nacht so ist mir heindt
Mein sun gestorben, der best freund,
Ein jüngeling bey zwaintzig jaren.
Dem was ein kranckheyt wiederfaren,
Die ihm von keynem artzt auff erden
Mit nichte mocht gebüsset werden,
Biß doch der todt in namb von hin.
Darumb, ritter, ich trawrig bin,
Verzer mein zeyt inn ungemach.

Der ritter.

Der ritter zu dem alten sprach:
Es ist lecht der aussatz gewesen.
Von dem hab ich offt hören lesen,
Wie darvon werde nyemand rein.

Der alt.

Der alt mann sprach: Ach ritter mein,
Seiner kranchheyt ich euch bescheyd.
Sich hat begeben kurtzer zeyt,
Das im sein hertz wart hart verhawen
In strenger lieb gehn eynr junckfrawen;
Des ich im doch nicht wolt verhengen,
Das er sie nemb, thet das verlengen.
Die weyl gab man ihr zu der eh
Ein edelman, als ichs versteh.
Das krencket meynen sun so fast,
Het darnach weder rhu noch rast.
Inn sollichem sehnen und leyden
Ist er in dieser nacht verscheyden.
Darzu hat ihn die lieb genöt.
Kein kranckheyt er sonst an ihm höt.
O lieb, du falsch verfluchtes krawt,
Vermaledeyt ist, wer dich bawt.
Du bringest manchen umb sein leben.

Der ritter.

Der ritter gund bald antwort geben,
Sprach: Es geschieht gar offt und dick,
Das inn die lieb kumpt ungelück,
Wiewol ich von euch hab gehört,
Die lieb hab ewren suhn ermört.
Da ist die lieb unschuldig an.
Es hats das ungelück gethan.
Umb unschuld ihr der liebe fluchet.
Ich glaub, das ir nye habt versuchet
Der liebe uber-süsse frücht.

Der allt.

Der alt man sprach: Ich laugne nicht,
Mein hertz hat nye kein lieb erkendt.
Ich hab es alzeyt abgewendt,
Wann lieb ist nichts, dann bitter leyden,
Vermischet gar mit kleynen freuden,
Als Ovidius hat beschrieben.
Darumb die lieb von mir ist blieben
Allzeyt verschmehet und veracht.


Der ritter.

Der ritter sah ihn an unnd lacht.
Ir sprecht, die lieb sey leydes vol.
Das selb gelaub ich nit gar wol.
Sey turnieren, tantzen und springen,
All seytenspiel, hofieren, singen
Und was man kurtzweyl mag gepflegen,
Geschicht als von der liebe wegen.
Seyt dann all freud lieb dienen sein,
So denck ich in dem hertzen mein,
Lieb sey die höchste freud auff erd.

Der alt.

Der alt sprach: Edler ritter werdt,
Wen die lieb hat so streng behafft,
Dem nimbt sie all sein sinn und krafft.
Er acht nicht reichtbumb, ehr, noch kunst,
Sehnt sich allein nach lieb und gunst,
Darvor er nymmer rhu gewinnet.
Tag unde nacht der lieb er dienet
Und hat doch selb kein freud darvon.
Zu letzt gibt sie offt bösen lon.
Wurd nicht herr Achilles, dem ritter,
Der liebe dienst sawer und bitter,
Die er nach Polixene trug?
Die schuff, das ihn ihr bruder schlug
Felschlich zu todt, den kuonen heldt.
Also im mancher ausserweldt
Ein lieb und diendt ihr lange zeyt,
Die ihm zu letzt den lon auch geyt.
Der hat zu dem schaden den spot.


Der ritter.

Der ritter sprach: Ja, das walt Gott!
Solt solche lieb nicht bringen schmertzen,
Wo sie geht auß eym falschen hertzen?
Als auch Dalia Samson thet.
Von solcher lieb wirdt nicht geredt.
Ich mayn allein, wo zwey geblüt
Bewandeln sich in ein gemüt,
Die gleich brinnen in liebe-flammen
Und sich in trew binden zusammen,
Ein solche lieb die hat ein grundt.

Der alt.

Der alt sprach: Ritter, mir ist kundt,
Das sich offt zwey lieb undterwinden
Und sich in rechter trew verbinden,
Halten doch das ein kleyne zeyt,
Das zwischen ihn ersteht groß neyd,
Das sie einander werden feind.
Darvon hab ich gelesen heindt,
Wie hertzog Jason ward verbrand
Von Medea also genandt,
Hetten doch vor viel zeyt vertrieben
Inn rechter trew, freundlichem lieben,
Das zwischen ihn wardt gantz verkört,
Das sie ihn lesterlich ermört.
Lieb hat offt trewen anefang,
Das wert ein zeyt und doch nit lang,
So sucht der eyn tayl seynen nutz.
Im augen-schein stelt er sich guts
Und sticht doch haymlich wie ein atter.


Der ritter.

Der ritter sprach: O lieber vatter,
Die lieb wirt offt zu feindschafft zwungen.
Das kummet von der falschen zungen,
Die solcher lieb nit leyden mügen
Und hertzlieb gehn hertzlieb verliegen.
Wo aber rechte liebe leyt,
Ob gleich ein klaffer etwas seyt,
Dem glaubt sie nicht, das es war sey.
Sie wondt ihm stets in trewen bey
Und gieng biß inn den todt mit ihm,
Als ich von Pyramo vernim,
Da ihn Thißbes erstochen sach,
Da kam sie rechter liebe nach
Und zog das schwerdt auß seynem leyb,
Stach das durch sie, das trewe weyb.
Wo lieb ist also starck und gantz,
Die tregt der ehren wol ein krantz.
Sollicher lieb gib ich den preiß.

Der allt.

Bald antwort im der alte greiß:
Wo gleich zwey hertz bleyben verbunden
Inn rechter lieb zu allen stunden,
Könnens doch das verbergen nicht.
Es kumpt zu letst doch an das liecht.
Dardurch sie leyden spot und schand,
Ein böß gerüch durch das gantz land,
Als David gschach mit Bersabe,
Vergilio unnd andern meh,
Der lieb inn schand war offenbar.


Der ritter.

Der ritter sprach: Die liebe gar
Mancherley scharpffe liste lehret,
Darmit sie sich lang zeyt erneret.
Sie waiß verborgen weg und straß.
Von Guisgardo ich nechten laß,
Der gieng zu fraw Gißmunda werdt
Durch ein heymlich gang durch die erdt.
Dergleichen auch herr Tristrant
Gar viel haymlicher weg erfand.
Also wirdt sie durch list bewart.

Der alt.

Der alt sprach: Lieb hat ja die art,
Das sie lißt suchet hin unnd her,
Das sich gibt mancher inn gefer,
Dardurch er kummet umb sein leben.
Leander wolt auch schwimmen eben
Zu Heron heymlich und ertranck.
Es hilfft nit allmal list und ranck,
Wann wen die liebe uberwind,
Der ist verwegen, doll und blind,
Vermaint, er geh verborgen pan,
So es doch mercket yederman,
Und geht hin nan, frech, dürr und kurtz,
Biß er zu letzt leydt eynen sturtz
An ehren, gut oder an leyb.
Es sey geleich man oder weib,
So ist doch lieb angst, sorgen vol.

Der ritter.

Der ritter sprach: Ja, es gschicht wol,
Das lieb durch unglück wird verfürt,
Das lieb bey lieb ergriffen wird.
Iedoch die lieb sie lehren kon,
Das sie durch list kummen darvon,
Als ritter Florio gescha
Mit der schön Biantzefora.
Warden bayde vom tod erledigt.
So lieb durch unglück wird geschedigt
Und eynen schaden da empfing,
So macht es doch die liebe ring.
Lieb machet süß die bittern gallen.

Der alt.

Der allt sprach: Mir ist eingefallen,
Ob gleich die lieb lehrt solche list,
Darmit sie sich inn langer frist
Vor solchem schaden hüten künnen
Iedoch sie selten freud gewinnen,
Wann unglück ist so mancherley,
Darvon wirt offt ir freud entzwey.
Die eyfer-sucht sie hart fexirt,
Der klaffer sie auch teglich irt.
Darumb bringt lieb stät haymlich wee.

Der ritter.

Der ritter sprach: Ja, ich besteh,
Das in lieb ist offt haymlich leyden,
Wo zwey einander müssen meyden
Etwan viel zeyt, biß sie gelück
Zusammen bringt und helt in rück.
Dann habens so lieblich geberden,
Darvon sie dann erfrewet werden,
Und würdt gantz all ir leyt zu-trendt.

Der allt.

Der alt man sprach: Wann sie dann send
Beyde inn solchen frewden süssen,
Noch künnen sie ihr lieb nicht büssen,
Sie maynn, ihr hertz da zu erquicken.
So thund sie es noch baß verstricken
Und scheyden sich dann also hart
Und wissen nicht: ir widerfart
Mag offt lang haben nimmer fug.
Ritter, ist das nicht leydens gnug?
Dann ist ir zeyt und weyl in lanck,
Sehnen macht sie von hertzen kranck,
So all anschleg gehn hindersich.

Der ritter.

Der ritter sprach: Vernemet mich!
So unglück ist den weg beschliessen
Und keyner list mügen geniessen,
Iedoch erneret sie hoffnung.

Der alt.

Der alt der sprach: O ritter jung,
Wie bitter wirt dann da ihr leyden,
So hertzlieb von hertzlieb muß scheyden,
Etwan viel meyl in frembde land
Und gentzlich kein hoffnung mehr handt,
Zusam zu kummen nymmer meh!
O ritter, das ist hertzlichs wee,
Das ich geleich dem grimmen todt.
Des kam Lucretia in not,
Da Eurialus von ihr schyd
Und für sie durch die statt auß ritt.
Zu stund verkeret sie ihr farb,
Zu letzt vor grossem leyde starb,
Als auch sunst ist noch mehr geschehen.
Darumb von liebe mag ich jehen,
Es sey ein schmertz ob allem schmertz.

Der ritter.

Der ritter sprach: Zwey trewe hertz
Scheyden sich von einander nit,
Ye eynes nympt das ander mit,
Wo es zu wegen bringen kan.

Der allt.

Bald antwort im der alte man:
Es bleybt aber nit ungerochen.
Paris ward auch darumb erstochen,
Da er die schön Helena numb.
Also in summa summarum
So ist lieb leydens anefanck,
Der seel ein uber-gifftig tranck,
Dem leyb ein wütend regiment,
Dem hertzen ein trawriges end,
Ein blendung der vernunfft unnd sinn,
Ehlicher keuscheyt störerin,
Ein verwüstung sittlicher tugent,
Ein verderbung der zarten jugend,
Ein schiff, das kranckheyt bringen thut,
Ein schlüssel auch zu der armut,
Ein sündfluß, laster, sünd und schand,
Ein zerstörung lewt unde land,
Ein feyndschafft gehn der welt und Got,
Ein port vom leben zu dem todt.
Diß alles die lieb bringen thut.

Der ritter.

Der ritter lacht, sprach wolgemut:
So bin ich auch an diser schar,
Was unglück mir halt widerfar,
Wann ich hab auch ein lange zeyt
Inn lieb versuchet freud und leyd
Mit eyner edlen hertzogin,
Nachmals mit mir gefüret hin.
Auß Franckenreich bring ich sie her,
Da hat sie lassen gut und ehr
Und ist mit mir gezogen bald.
Die ward auff mich inn diesem wald
Dort bey eynem rosen-gedürn.
Darauß da sprang ein eingehürn,
Dem bin ich lang geritten nach,
Biß das ich dieses brünlein sach.
Also ich zu euch kommen bin.
Nun will ich wider reytten hin,
Da ich die ausserwelten find.

Der allt.

Der allt man sprach: Böß mär da sind.
Ich sag euch das bey meynen trewen:
Es wirt euch noch von hertzen rewen,
Habt ir gefüret hin die fraw.

Der ritter.

Der ritter sprach: Ich hoff und traw:
Es sol mich rewen nimmer mehr.
Für sie setz ich leib, gut und ehr.

Der allt.

Inn dem der allt gehn hymel sach.
Da kam geflogen also hoch
Ein greyff freysam, grewlich und wild,
Der fürt mit im ein weybes-bild,
Das schrey gar laut mit seyner stimb.
Der greiff zureiß das weib mit grimb.
Das haubt fiel herab in das gras.
Der alt man bald auffzucket das,
Gab es dem ritter, ließ ihns schawen;
Da war es seyner lieben frawen,
Von der er erst gesaget het.

Der ritter.

Ein seufftzen tieff er sencken thet
Und ließ gar ein kleglichen schrey:
O weh! nun ist mein freud entzwey.
Sein schöne farb er da verkert
Und sanck darnider zu der erdt.
Der alt mit wasser ihn erquicket.
Der ritter trawerlich auffblicket.

Der allt.

Der allt man sprach: O strenger ritter,
Ist euch die süß lieb worden bitter,
Die ir gar lang mit süssen worten
Versprochen habt an allen orten?
Schaw, wie elend sie euch bekrencket!

Der ritter.

Der ritter eynen seufftzen sencket,
Inn dem ein kleyne krafft empfieng.
Der alt man zu der linden gieng
Und löset ab des ritters roß,
Fürts, da der ritter saß krafftloß.
Der saß auff mit betrübtem sinn,
Namb das tod haupt und ritt mit hin.
Der alte man der gieng auch mit.
Wo sie hin kamen, waiß ich nit.
Bald ich sie nimmer sehen kund,
Mit grossen forchten ich auff stund.
Vor wunder kund ich kaum genesen.
Ich dacht: Es ist ein trawm gewesen.
Ich gieng gar schnell hin zu der eychen,
Ob ich möcht finden ein warzeychen.
Gelb frawen-har, die waren blutig,
Fand ich; darvon ward ich unmutig.
Bald auß dem wald macht ich mich do.
Ich ward trawrig und wunder-fro.
Mit grosser eyl ich heym-hin kam.
Die matery ich für mich nam
Und repudieret alle ding.
Darnach zu dichten ich an fing,
Die lieb mayndt damit zu ergründen.
Mein sinn mochten kein grund nit finden.
Darumb ich endet mein gedicht,
Zu eyner warnung zugericht,
Auff das, wer lieb im hertzen hab,
Der laß zu rechter zeytte ab
Und spar sein lieb biß inn die ee,
Dann halt ein lieb und keyne meh,
Darauß im glück und heil erwachs!
Den trewen rat gibt im Hans Sachs.
Anno salutis 1515, am 1 tag May.
(Band 3 S. 406-417)
_____

 

Aus: Hans Sachs
Herausgegeben von Adelbert von Keller
Für den litterarischen Verein in Stuttgart
Gedruckt von H. Laupp in Tübingen 1870
Bände 1-26


siehe auch weitere Gedichte:
Teil 1    Teil 3    Teil 4    Teil 5
 



 

 


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