Hans Sachs (1494-1576) - Liebesgedichte

Hans Sachs




Hans Sachs
(1494-1576)
 

Inhaltsverzeichnis der Gedichte (Teil 5):
 

 




Ulisses mit den meerwundern der Syrenen,
den leibs-wollust andeutent.

Als Ulisses von Troya fuhr
Und yrr auff weytem meere wur
Und kam auch zu fraw Circe dar,
Bey der wohnt er ein gantzes jar.
Auß irem rath fur er gen Hellen
Hinnab mit seinen reißgesellen,
Bey Thiresia zu erfragen,
Zu welchen zeyten oder tagen
Er wider kommen möcht zuhand
In sein geliebtes vaterland.
Nach dem er diß bescheiden wur,
Er wider zu fraw Circe fuhr.
Die gab im gar getrewe lehr,
Wenn er heimschiffet auff dem meer,
Das er vermeyden solt besonder
Syrenes, die schnöden meerwunder.
Wo die leut für sie thetten faren,
Sich nicht fleissig vor in bewaren
Und irm süssen gesang zu-hörten,
Dieselben menschen sie bethörten,
Erweichten in mit gsanges schertz
Ihr vernunfft, sinn, gemüt und hertz,
Das sie dardurch vergessen sind
All irer freund, weib unde kind,
Nicht mehr heim zu kommen gedencken,
Sonder irem gesang zulencken,
Weil sie so übersüssig singen,
Darmit die leut zu schlaffen zwingen.
Als denn umbkeren sie die schieff
Und stürtzen sie zu grunde tieff.
Als denn erwürgen sie die lewt,
Fressens, ziehen in ab ir hewt,
Die irem singen hören zu.
Wie die wirst sehen sitzen du
In ir ynsel auff grüner wiesen,
Welliche thut das meer umbfliesen,
Umb die wirst sehen du allein
Ein grossen hauffen todtenpain,
Auch menschenhewt ein grosse summ.
Mein thewrer Ulisse, darumb,
Eh du kompst zu ihr ynsel dar,
So versteck dein geferten gar
Ire ohren mit siegelwachs,
Wilt anderst entgehn des ungmachs!
Wilt aber ir gesang du hörn,
Das sie dich nicht darmit bethörn,
So las dich an den segelbaum pinden,
Mit guten riemen vorn und hinden,
Beyde mit füsen und mit henden!
Befilch dein gferten an den enden,
Wenn du dich begerst auff zu lösen,
Ins meer zu springen zu den bösen
Syrenes, dass sie denn zuhandt
Noch baß verstricken deine pandt,
Auff das du von in kompst mit fried!
Nach dem und Ulisses abschied
Von Circe, folgt er irer leer.
Als er nun kam auff wildem meer
Zu der ynsel nahent gefahrn,
Darinnen die Syrenes warn,
Der himel war heyter und still,
Hetten der starcken wind nicht vil.
Den segel sein gferten auffpunden,
Mit kleinen rudern fahren kunden,
Mit wachs verkleibt er in die ohrn,
Das sie das gsang nicht konten hörn.
Er aber ließ sich mit eim zaum
Starck pinden an den segelbaum.
Kamen zu der ynsel umblamg.
Da hört Ulisses das gesang
Der Syrenen mit heller stimm,
Des inhalts als zu ehren im.

Der Syrenen gsang.

Ulisses, starck der Griechen heer,
Dein weg und schieff her zu uns ker!
Halt still und hör vor unser gsang!
Darvon dein heimfart freud erlang!
Warlich, kein heer zu keiner frist
Vorhin so schwind fürgfaren ist,
Der nicht vernem unser gesang,
Darmit wir keinen halten lang.
Dein grosse that ist uns bewust,
Darzu der Griechen groß verlust,
Den sie vor Troya gnommen han,
Da blieben ist manch stoltzer mann.
Als Ulisses hört das gesang,
Sein hertz im gleich vor freuden sprang
Und wincket auf-zulösen sich.
Da stricktens erst zu krefftiglich
Noch fester alle seine pand.
Mit dem kamen sie allesand
Für die ynsel auß der gefar
Durch den rath fraw Circe fürwar,

(Beschluß.)

Wie solchs Homerus uns beschrieb,
Der hoch poet, auß dem uns blieb
Ein schöne geheimnus und lehr:
So wir in diesem jammer-mehr
Umbfaren unsers lebens zeyt
Durch mancherley gefehrligkeyt,
Yrrig und elend allen enden,
Eh wir an sichrem port zulenden
In unsrem rechten vatterlandt,
So sollen wir auch sein vermant
Und uns auch trewlich lassen warnen
Vor den schmeichlen, betrigling garnen
Der süß singenden Syrenes,
Welche sind oben gleich gemeß
Allerley leiblichen wollüst,
Dardurch wirdt leib und seel verwüst,
Die uns sam mit süssem gesang
Reitzen zu unserm untergang
Mit irer falschen süssigkeyt,
Wenn wir meynen in sicherheyt
Zu sthen on alle hindernus,
An zal und maß in überfluß,
Leben in wollust, freud und wunn,
Gantz on sorg drinn entschlaffen thun,
Vermein, den wollust haben bsessen,
So hat der wollust uns gefressen,
Uns abzogen in unser jugent
Alle gut sitten, zucht und tugent,
Gesundheit, sterck, krefft, ehr und gut,
Bringt uns schand, schaden und armut,
Kranckheit und dergleich böse stück,
In summa alles ungelück.
Aller sünd und schendtlichen laster
Ist leibes wollust ein ziechpflaster.
Derhalb, wil man sich des erwern,
Muß man augen und ohrn abkern
Und die wollüst nicht sehen an,
Wenn sie uns unter augen gan,
So reytzent und schmeichlend herprangen,
Sonder, wenn sie nun sind vergangen,
Was schaden sie las seel und leib,
Wie Aristotiles beschreib.
Drumb wer wil wollust uberwinden,
Der muß sich williglich anpinden
An segelpaum der messigkeyt,
Wie Ulisses in dieser zeyt,
Sich aller wollust messig prauch
Und sich im zaum wol halte auch,
Das er alle umbstend thu fliehen,
Die in zu wollust wollen ziehen
Durch der anreitzung mancherley.
Marcus Tullius spricht, es sey
Der wollust wie ein bulerin,
Reytzet schmeichlend und reyst uns hin
Von unser seel, dem höchsten theil,
Macht uns gleich eim vieh frech und geil.
Seneca dergleichen jach,
Das uns des leibs wollust umbfach
Freundtlich und kützelt uns voron,
Heckt darnach wie ein scorpion,
Das er uns würge und verderb,
Uns beyde seel und leib ersterb.
Weil aber yetzt wollust regiert
In gantzer welt, darumb es wirdt
Ye lenger erger allen enden
In ober und in unter stenden,
Wie man sicht augenscheinlich heut.
Derhalben verderben land und leut
An leib und gut, tugent und ehren.
Das thut der wollust als verzeren.
Derhalb es also ubel steht
Und geht in der welt, wie es geht,
Weil yederman braucht in überfluß
Das wollust, darauß volgen muß
Gar mancherley göttliche straff,
Die uns auffwecke von dem schlaff,
Darinn wir liegen hart entmücket
Von dem schnöden wollust verschlücket,
Das messigkeyt wider auffwachs
Sampt allen tugenden, wünscht Hanns Sachs.
Anno salutis 1557 jar, am 27 tag Novembris.
(Band 7 S. 410-414)
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Ein poetische fabel: Drey artzney für die lieb.

Lucianus, der poet, schrieb
Drey stück für bulerische lieb,
Wie man der selben möcht entgan,
Beid jüngling, junckfraw, weib und mann,
Und solchs durch ein lieblich gedicht
Offenbaret, und also spricht:
Als Venus, die göttin der lieb,
Ir gsprech mit Cupidine trib,
Irem son, den sie het erzogen,
Nacket, blind, mit stral und handbogen,
Die sprach: Mein son, thu mir ansagen,
Warumb du mich vor jar und tagen
Hast mit deim scharpfen stral verwundt,
Mit lieb in meines hertzen grund?
Hast auch dergleich mit deim handbogen
Apollinem, den gott, betrogen,
Den hohen gott aller gestirn,
Daß er auch must in lieb hoffirn
Lewcothoæ, der zartn jungfrawen,
Das in doch hertzlich hat gerawen,
Wann ir vatter ein zorn erhub,
Sie lebend in die erden grub,
Das auß irm grab wuchs der weyrauch.
So hastu ie verwundet auch
Den gott deß meeres, Neptunum,
Als derselb auff dem meere schwum,
Und sach an deß meeres refiren
Coronis, die junckfraw, spatziren:
Er stig ans land und ir nachlieff,
In lieb ir aber nit ergriff;
Sie ward in ein kraen verkert,
Flog darvon, von im unversert.
Grossen unmut het er ob dem.
Auch hast den höchsten gott Jovem
Durch dein stral auch verwundt also:
Da er des küngs dochter Io
Hin-füret und sie auch beschlieff,
Welche Juno aus neid angriff,
Sie ward verwandelt in ein khu
Von Jove, der on rast und rhu
Kaum wider bracht ir menschlich gstalt.
So hastu bracht durch dein gewalt
Mit deinem stral drey hoher gott
Durch lieb in grose angst und not.
Nun sag mir auch, mein lieber sun,
Warumb hast auch nit schiessen thun
Der weißheit göttin Minervam?
Und auch die göttin Dianam,
Welche deß weidwercks göttin ist?
Auch hastu verschont alle frist
Der neun muse, keine geschossen.
Weß haben die kunst-göttin gnossen?
Cupido antwort ir und sprach:
Wiß, ich bin auch offt gangen nach,
Minervam mit dem stral zu schiessen,
Mit heisser lieb zu ubergieesen,
Sie aber lebt nüchtern und messig
Und war allem wollust gehessig,
Hieng an der weißheit in ir jugend,
Allen guten sitten und tugend,
Veracht alln uberflues allein.
Derhalb sie allzeit spottet mein,
Und verachtet all mein geschoß,
An ir ich all mein sieg verloß.
Dergleich mir mit Diana gschach,
Die hengt irem weidwerck nach
Durch wüste wälde, berg und thal,
Mit müh und arbeit uber al,
On alle rhu tag unde nacht;
All rhu und faulkeit sie veracht,
Den iren leib mit arbeit thiert
Und leschet auß der lieb begird.
Derhalb all mein reitzende kunst
Der lieb halb war gen ir umb sunst;
Wann ich war gantz veracht pey ir,
Der gleich ist auch geschehen mir:
Die neun musæ, welche mit lob
Lagen den künsten teglich ob
Auff dem birg Parnasso zu hauß;
Der keine gieng umbschweiffend auß,
Sunder blibn eingeschlossen sunst.
Darzu nöt sie die lieb ir kunst,
Der hiengen sie so emsig an
Mit höchstem fleis on abelon,
Daß ich ir keine mocht gefellen,
Wie fleissig ich in nach thet stellen,
Weil ich keine betretten kund.
Schaw, mutter, so hastu den grund
Der ding, so du gefraget hast.
Darmit het ir gesprech sein rast.

Der beschluß.

Auß diser poetischen fabel
Lert man, als auß einer parabel:
Wer bleiben wil ledig und frey
Schentlicher lieb und bulerey,
Der hab acht auff dise drey stück,
Daß er der lieb reitzende dück
Entgeh allhie in diser zeit,
Erstlich durch ware messigkeit,
Beide in tranck und auch in speiß,
Im schlaffen auch allerley weiß,
Alles uberflus müssig-geh,
Weißlich in nüchterkeit besteh.
Wo aber der bauch ist vol und truncken,
So zündt er an der unkeusch funcken,
Die fahen in im an zu wallen,
Dardurch ein mensch thut endlich fallen
In ein unehrlich gferlich leben,
Das endlich schnöden lohn thut geben,
Das sunst geschech zu keiner zeit
In recht nüchterer messigkeit.
Zum andern sol ein mensch sich tiern
Mit arbeit, die zeit nit verliern,
Und fliehen allen müssiggang;
Müssig-gehn ist oft ein anfang
Zu solcher unordnlicher lieb.
Sunder in arbeit hab sein trib
Ein ieder in dem handel sein,
Er sey geleich groß oder klein.
Wann uns ein altes sprichwort seit:
Der müssiggang vil unrats geit,
Das menschlich hertz das feyert nicht,
Sunder zabelt, tracht, ficht und dicht,
Itzund disem, denn jhenem nach.
Mit arbeit solch gedanckn auß-schlag,
Wann wer ob arbeit ist gesessen,
Hat bald der bulerey vergessen,
Die im sunst brecht grösser unrhu,
Sünd, schaden, schand und spot darzu.
Zum dritten mag hie leren than,
Daß sich ein mensch, fraw oder mann,
Sol sich wol in-halten zu hauß,
Und nicht vil gehn spatziren auß,
Zu gastereyen oder täntzen,
Sich auch mit kleidung nit auff-sprentzen,
Ander leut reitzen zu der lieb,
Weil die statt machet offt den dieb,
Sunder in gedanck-, werck- und worten
Sich innhalten an allen orten,
Nit außschweiffig, leichtfertig werden
Mit all sein sitten und geberden,
Fein erber tuegentlich ein-ziehen,
All geile weiß meiden und fliehen,
Auch müessig-gen aller person,
Die lust und gunst zu bulen han.
Wann wo kolen bey fewer leit,
Die weren glauend kurtzer zeit,
Sunder halt sich zu lewten mehr,
So lust haben zu zucht und ehr,
Und aller liebe müssig-geh,
Biß er ein mal kom in die ehe.
Die selbig lieb die ist mit ehrn,
Die gott beschuff, die weit zu mehrn.
Auff daß der ehlich stand auff-wachs
In lieb und trew, das wündscht Hans Sachs.
Anno salutis 1563, am 30 tag Januarij.
(Band 21 S. 139-143)
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Schwanck und poeterey: Die vier natur einer frawen.

Phocilides, der alt poet,
Auß hoher kunst beschreiben thet
Gar artlich eines weibs natur,
So hie auff erd geboren wur:
Die hat ir neigung und begir
Auff erd nach art viererley thier.
Doch eins minder, deß andern mehr.
Nun höret deß poeten lehr,
Wie er sollichs erkleren werd.

Die erst natur.

Die erst natur wer von dem pferd,
Daß gewönglich ein iedes weib
Wer stoltz und hoffertig von leib,
Het sehr grossen lust und begir
Zu kleidung und zu leibes-zir,
Mit schönem geflochtenem har;
Darzu het sie lust uber gar,
Und ließ sich zu-mal geren sehen,
Wo gastung und die täntz geschehen,
Und wer pränckisch an allem ort
Mit gehn und stehn, mit werck und wort,
Und trug gar einen hohen mut,
Vorauß wo sie wer reich an gut.
Wo aber armut und unfall
Ein weib treibet in den notstal,
Thut in ungedult sich auffbaumen
Und lest sich auch nit geren zaumen,
Lest sich auch nit geren beschlagen.
Was man ir straffweiß zu thut sagen,
Derselb ir freundschafft bald verschertzet,
Wer sie aber streichet und hertzet,
Dem ist sie willig in den tagen
Beide mit ziehen und mit tragen.

Die ander art.

Zum andern thut der poet kund,
Ein weib hab die art von dem hund:
Wie derselbig thut bellen gern,
Könn sie deß schweigens nit entbern,
Erfehrt geren vil newer zeit
Und verschweig wenig heimligkeit;
Auch seys schmeichelhaftig mit worten
Und zuthetig an allen orten,
Wo sie vom mann etwas begert.
Wo aber sie nit wird gewert,
Wenn sie all ir list hat versucht,
Als-denn sie heimlich murrt und flucht,
Und wird denn marret wie der hund,
Und nimmet denn das schwert in mund,
Da sie mit gar wütigem zorn
Denn thut hart wüten und rumorn,
Und thut gar dückisch umb sich beissen,
Einem sein böse dück verweisen.
Iedoch wer sie von hertzen trew,
Daß sie darnach offt het nachrew,
Wo sie im zorn zu vil het than.
Gleichwol fecht sie der neid auch an,
Daß sie von hertzn wer neidig den,
Sos glückhafft thet noch besser gehn.

Die dritt eigenschaft.

Zum dritten het das weib allein
Auch eine teils natur von dem schwein,
Das zu dem wollust wer begirig,
So wer auch inbrünstig und schwirig
Zu mancherley wollust das weib,
Und wer gar ansehlich von leib,
Doch an vernunfft und sinnen schwach,
Untüglich zu künstreicher sach,
Kein scharpffe kunst verwalten kund
Weder mit hande oder mund;
Müst sein samb unachtsam elend,
Kündt verwalten kein regiment,
Kein rhat, gericht, noch herrlich ampt:
Solch ehrntittel wern all versamt,
Müst sich gleichsam verachtet schmiegen,
Unterthenig im miste ligen;
Auch stieß ir unterd hand allzeit
Mancherley unlust und kranckheit,
Welche sie denn het von natur,
Dardurch ir leib geschwechet wur.
Derhalb müst sie sein unterthan,
Und ir gmahel wer herr und mann.

Die vierdt natur.

Zum vierdten het ein frawe zart
Der edlen bin tugend und art,
Welche würcket die hönigwaben,
Darvon man frucht und nutz ist haben.
Also eins weibs trew, zucht und scham
Ist irem mann ein honigsam,
Die im erfrewen thut sein hertz,
Ihn trösten kan in leid und schmertz,
Und im beysteht zu aller zeit
In aller widerwertigkeit
Mit freundlichen wercken und worten,
Gantz holdselig an allen orten,
Er sich auff sie verlassen kan;
Ist im ghorsam und unterthan,
Und im gebiret liebe kind,
Die sie auffzeucht, und ir haußgsind
Thut gar fein ördenlich verwalten
Mit gantz fürsichtigem haußhalten,
Arbeitsam mit kauffen und kochen.
Ein solch mann selig wird gesprochen,
Dem gott ein sollich weib beschert.
Ißt dergleich wortn der poet lehrt.

Der beschluß.

In dem spruch wird kurtz angezeiget,
Warzu die frawen sind geneiget
Diser vier thier hie obgenent,
Mit irer eigenschafft erkennt.
Doch keine geneigt zu den vieren
Von gantzer art genanten thieren,
Eine zu dem, die ander zu disem,
Wie es denn teglich wird erwisen
Von einer diß, der andern das,
Der viererley natur etwas,
Entweder böß oder gleich gut,
Wie der poet anzeigen thut,
Und wie eine allhie ist leben.
Wird ir preis oder schmach zu-geben.
Derhalb ein weib in irer jugend
Fleiß sich der art, sitten und tugend
Der edlen bin, thu die bewaren,
Laß der andern untugend faren,
Auff daß durch tugend ir auffwachs
Lob, ehr und preis, wünscht ir Hans Sachs.
Anno salutis 1562, am 7 tage Julij.
(Band 21 S. 144-147)
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Ein gesprech eyner bulerin und eines ligenden narren
unter ihren füssen.

Sie spricht:

Ich bin ein schöne bulerin,
Der list ein scharpffe schulerin.
Baldt ich auff-steh, ist es meyn sit,
Das ich hin für den spiegel trit,
Meyn har und angesicht zu putzn,
Bestreychen und gar höflich mutzn,
Meyn hals mit schnürn und ketten ziern,
Mit wolrichenden wasser schmiern,
Meyn hend müssen geschmucket seyn
Mit korallen und fingerleyn.
Dann ist meyn herdt gerichtet zu,
Darauff ich narren fahen thu.
Ich lach und wayn auch, wenn ich wil,
Darmit lock ich der narren vil.
Mit meyn lieblichen augenblicken
Kann ich der narren viel verstricken;
Mit süß- und schmaichelhafting wortn
Fell ich die narren an viel ortn,
Trenck sie mit gifft aus meiner schaln,
So müssen sie das gloch bezaln,
Unter meyn füssen ich sie hab.
Wer nicht auß-geyt, der ist schabab;
Wann ich bin her von Bruck aus Flandern
Und gib ein narren umb den andern.

Der narr spricht:

Ich armer narr, was hab ich than,
Das ich mich lieb laß über-gahn:
Der metzen lieb und bulerey,
Durch ihr gespenst und fantasey?
Wer mich ye darumb straffen wolt,
Dem wardt ich tot-feyndt und abholdt;
Wann ich war blindt, blindt, uberblindt,
Bis ich yetz an der letzt empfindt,
Das sie helt weder lieb noch trew.
Deß hab ich yetzt grosse nachrew,
So ich erkenn ihr falsche art,
Die nye ehrlich noch löblich wardt.
Nu wil den stal ich machen zu,
So mir ist hin kalb und die ku
Und alles unglück inn dem hauß
Und dem schimpff gar der boden auß.
Deß leyd ich spot zu meinem schadn
Und muß in meiner kappen badn
Mit ducken, schmuckn hinten und forn,
Die schellen klingen mir umb dohrn.
Des lig ich da trawrig elend
Und weyß meyns unglücks gar kein end.
Weyl du siehst also liegen mich,
Stoß dich an mich und hüte dich!
(Band 23 S. 6-7)
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Dreyerley klagred dreyer weibsbild:
Lucrecie, Thisbes und Virginie.


Lucretia bin ich genant,
Ein Römerin, gar weit erkant.
Colatinus, mein lieber herr,
Der war von mir gereiset ferr.
Dieweil kam Sextus auß dem heer,
Mir stellet nach weiblicher ehr,
Dann er an einem abent spat
Kam in mein hauß und herberg bat.
Die sagt ich im (und billich) zu.
Als ich zu nacht lag in der rhw,
Macht er ein packt mit meiner meidt,
Nam gelt, sagt im allen bescheidt
Und schloß im auff die kammer mein.
Diebisch schlich er zu mir herein,
Mit senfften worten mich sehr bat,
Zu geben seinem willen stat.
Als ich nicht wolt, zog er sein schwert,
Mich zu ermörden mit gefert
Oder sein willen zu verbringen:
Den todt erkiest ich in den dingen.
Er schwur, mein knecht auch zu erstechen,
In zu mir legen, wolt den sprechen,
Ich het mein ehe mit im gebrochen,
Darumb er uns beid het erstochen.
Da ich hört, das ich sterben solt,
Mich auch der ehr berauben wolt
Nach meinem todt durch falschen schein,
Da verbracht ich den willen sein,
Auff das mein unschuld kem zu liecht.
Wann nach der schentlichen geschicht
Mein freundtschafft ich eillendt besandt
Und dise ding vor in bekant
Mit wainent kleglicher geper,
Wie ich begweltig worden wer
Von Sexto, des königes sun,
Das wolt ich an mir rechen thun
Und het die rach bis-her gespart,
Das mein unschuld wurdt offenbart.
Mein freunde mir der wort gelaubten,
Mit worten alle an mir staubten,
Das ich mir selb nichts arges thet.
Dis aber ich als wider-redt
Und sprach: Seit ich nun ruchtbar bin
Bey allen edeln Römerin,
Auff das mir keine folge nach,
Wil ich an mir begehn die rach!
Und erstach mich mit einem messer,
Dacht: ehrlich sterben ist mir besser
Den schentlich leben hie auff erdt
Im ehbruch, offentlich vermerdt.
Und wart darnach ehrlich begraben.
Das mein geschicht beschrieben haben
Herr Valerius Maximus,
Dergleich auch Thitus Livius
In einem spiegel reinen frawen,
Darinn sie mögen wol anschawen,
Zu hüten sich vor frembden gesten
In iren heusern, ist am besten.
Dann frembder mender beywonung
Geit reinen frawen böß belohnung,
Das sie fallen in tödtlich lieb.
Man spricht: die stat macht offt den dieb.
Ist eine gleich in ehren fest
Und sich wol zu verwaren west,
Ist besser doch allein und frey;
Dann es stet groß gefar darbey,
Bringt etwann ein böß wert darvon,
Ob sie gleich ist unschuldig on,
Des ir doch ein böß grücht erwachs
Durch frembde gest. So spricht Hans Sachs.

Ein klagred Thisbes ob irer unbesunnen unzeytigen lieb.

Thisbes wart mir mein nam erkorn,
Zu Babylonia geborn.
Da ich ein jüngling mir erwelt,
Die lieb mein hertz mir teglich quelt.
In gleicher lieb der jüngling was,
Nechst an meins vaters hause saß,
Das nur ein wand war zwischen uns.
Darinn erspehet ich ein kluns,
Dardurch wir heimlich möchten reden.
Da ward beschlossen von uns beden,
Die eh einander wir verhiessen,
Die eltern wir nicht wissen liessen,
Trugen die lieb heimlich verborgen,
Die wuchs ie mehr abent und morgen.
Ein anlaß ward von uns gemacht,
Wie das wir auff die andren nacht
Wolten gehn für den wald hinab
Zu Nini, des königes, grab
Zu einem weisen maulberbaum.
Zu dem ich kam und beitet kaum,
Wenn mein liebhaber zu mir kem.
Der mond gieng auff, und bald nach dem
Eine wilde löwin kam geloffen
Mit bluting maul am angel offen,
Die etwann het ein thier zerrissen,
Vor zoren ire augen glissen.
Ich floch in ein höle speluncken.
Als nun die lewin het getruncken,
Fandt sie mein mantel auf der strassen,
Den ich het hindter mir gelassen,
Zerris den und loff ein gen wald.
Piramus aber kam gar bald
Und kennet der lewin fußpfadt,
Fand auch mein mantel an der stat
Zu-rissen und von blut gerött.
Da meinet er, ich wer gedött
Von der lewin, das er erschrack,
Gab seinem hertzen manchen schlack,
Sprach: Umb dein leben pracht ich dich!
Darmit sties er sein schwert durch sich,
Sein blut sprützt und den baumb benetzt.
Als mir die furcht vergieng zu-letzt,
Mein lieb zu suchen bey dem prunnen,
Das fand ich gar mit blut berunnen
Halb todt ligen mit bleichen mund.
Wainent ich im zu-schreien kund:
O Pirame, o Pirame!
Antwort! ich bin dein lieb Thisbe.
Sein tödlich augen er auff-warff
Und sach mich an sehnlich und scharpff,
Stil schweigent, er also verschied.
Den grimmen todt durch lieb er lied.
Todt druckt ich in an meinen arm
Und sein scharpff schwert, von plut noch warm,
Stach ich durch mich in leides quel
Und jagt auß mein trawrige seel.
Die fürt hin meins lebens vertrus,
Wie das schreibet Ovidius
Zu warnung jungen leuten wol,
Das sich ir iedes hüten sol
Bey zeit vor heimlich lieb und gunst;
Das ist die aller-peste kunst.
Wie man denn spricht: Die beste hut
Ist, die im der mensch selber thut;
Dann bald man ist der lieb nach-hengen,
Mit wort und weis sich ein thut mengen,
Als-denn sie uberhand gewindt,
Denn geht man an, als sey man blindt.
Darnach hilft weder hut noch wehr,
In dschantz schlecht man oft gut und ehr,
Daraus denn aller unrat wachs.
Lieb ist laids anfang, spricht Hans Sachs.

Ein klagred Virginie, der junckfrawen.

Virginia heis ich mit nam,
War eins burgers tochter zu Rom,
Züechtig, erber, doch schöner gstalt.
Appius Claudinus, der alt,
Mein zu unzüchtiger lieb begert.
Als er von mir blieb ungewert
Und im sein lieb gentzlich abschlug,
Da richt er an das mit betrug:
Ein alter bößwicht kurtz hernach
Mich für sein leibeigen ansprach
Und mit mir für gericht hin-kam.
Dem mich Appius an all scham
Zu-sprach, mit im zu füren heim,
Welcher schalck mich hernach in kheim
Dem Appio wolt uber-geben,
Mit mir nach seim willen zu leben.
Als mich mit gwalt der füret hin,
Von meim eigen vater ich bin
Erstochen worden mit eim messer;
Dann er vermaint, es wer mir pesser,
Ich nem mit todt ein keusches endt,
Denn das ich lebent wurt geschendt.
Also ich zu der erden sanck
Abkrefftig, in anmacht, todt-kranck.
So gab ich auf mein keuschen geist,
Wie Thitus Livius beweist.
1554.
(Band 23 S. 27-31)
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Der trawrig traumb.

Als ich in meinen jungen jarn
In tüegenden noch unerfaren,
Ein junckfrawen ich mir erwelt,
In eren sich zu ir geselt
Mein hercz, doch haimlich in der stil,
Thet der-gleich weder weng noch vil,
Gen ir kains dinst mich unterzueg,
Mein lieb also verporgen trueg.
Doch wart ich noch herter verstricket,
Weil sie mich oft freuntlich anplicket;
Darpey ich gar wol mercken thet,
Das sie mich auch haimlich lieb het.
Dis meret mir mein senlich pein,
Kam ie lenger dieffer hinein.
Darzu peweget mich aber
Ir erliche zuechtige geper;
Ir stilles, erliches gemüet
War gleich meins herczen und geplüet.
Derhalb ir liebe uberwünd
Mein gmuet und hercz, mir fing und pund
Durch-drang mein hercz, gepain und marck
Und uberweltigt mich so starck,
Das ich genczlich kain rw mer het;
Ich as und dranck und was ich thet,
Stund doch zu ir all mein gedanck,
Ir lieb mich machet mat und kranck.
Der-gleichen mir vor nie war gschehen
Mein leben-lang, mag ich wol jehen,
Ich forcht, ich wer pezaubert worn,
Gedacht mir doch, die auserkorn
Die thet so üebel nit an mir!
Ich dacht haimlich, ich wil gleich ir
Mein lieb eröffnen und anzaigen,
Gedacht: wirt sie sich gen mir aigen,
Den wol wir unser lieb in eren
Elich peschliessen und verzeren.
Daran ich gar kain zwayffel het.
Wie mir mein hercz anzaigen thet,
Wart ich als guetten von ir hoffen,
Ging zu ir, macht ir haimlich offen
Mein hercz und ir mein lieb ansagt.
Schamrot sie ersewfzt und mir clagt,
Sie het sich vor mit eim verluebet,
Darob wer sie herczlich petrüebet,
Sunst wolcz, das sie mein aigen wer.
Von der red wurd mein gmüet so schwer,
Ir suese lieb in meinem herzen
Wurt mir verkert in pitter schmerzen,
Weil ich die, so ich herczen-holt
Het, ainem andren lassen solt,
Weil ich vermerckt, mein lieb und gunst
Wer pey ir nit gewest umbsunst;
Wan sie pekent, her in vil tagen
Het sie mir lieb und gunst getragen
Haimlich vur all manspild auf erd,
Und auch mein herczlich het pegert,
Weil sie in anderhalbem jar
Nie het gewist genczlich vurwar,
Wo ir preutgam im lande wer,
Lebentig oder dot. „Doch er
Mir newlich zu-geschrieben hat
Und ist her-kumen in die stat.“
Erst wurt petruebter das herze mein
Mit solch herber marter und pein,
Als ob mir wolt mein hercz zerprechen.
Unmüeglich ist mir, aus-zu-sprechen
Die trawring einfel und gedancken,
Die in meim herzen dettn umbrancken.
Mit solchem haimlich pitern leiden
Solt mein lieb gegen ir ab-schneiden.
Die nam doch ymer fester zu,
Das ich lebet on rast und rw
Und mir oft wünschst selb den dot,
Das nur ent nöm mein angst und not.
Kein freud noch kurczweil kund mich drösten,
Mein hercz thet sich in trawren rösten.
Ains nachtz ich ungeschlaffen lag
In solchem we sewfzender clag
Meinr unglueckhaften lieb nach-sun,
Pis der schlaff uberhant gewun,
Das ich schwermüeticlich entschlieff.
Mir traumbt, wie ich lag also dieff
In ainer grewling gfencknus unden,
Mit ainer ketten angepunden.
Ein stral durch-drangen het mein pruest.
Mich dawcht, wie ich erfawlen muest
In der gfencknus, die-weil sich mein
Niemant anumb in solcher pein;
Wan ich dorft es auch nymant sagen,
Mein senent herczlich leiden clagen.
In dem sach ich mit liechtem glancz
Fraw Eer her-gen petruebet gancz.
Die-selbig füer den kercker ston,
Fing ir red kleglich also on:
„O gsel, sag, wie hast dich vergangen,
Das dich fraw Venus hat gefangen,
Mit der junckfrauen-lieb pethöret,
Die doch aim andern zu-gehöret?
Dw liegst verwund und überwunden,
In ir grewlichen gfencknus punden,
Welcher gfencknus dw vor warst feint.
Wie hastus übersehen heint,
Das dich ain solche frembde lieb
Hat hinterschlichen wie ain dieb?
Hestw auf mich, fraw Er, thun warten,
Ich wolt dich mit ainr schönen zarten
Junckfrawen pegabt habn, auf mein trew!
In eliger lieb stet und new.
Weil dw pist fraw Venus anhenger,
Kan ich pey dir nit pleiben lenger.
Dein guet geruech, wolfart und glueck
Sambt deim reichtum ist alles flueck,
Wirt sich als mit mir von dir schwingen.“
Erst erschrack ich ob diesen dingen,
Sprach: „O fraw Er, verlas mich nicht,
Dw waist, das ich dir pin verpflicht,
Pin on schueld in die gfencknus kumen,
Hab mich aus herczen-trew angnumen
Der junckfrawen, in zuecht und eren,
Mein lieb mit ir elich verzeren,
Die-weil sie war plüender jugent,
Güettig und vol sitlicher tuegent.
Der-halb mir war die erentreich
An sin und gmüet eben geleich,
Zuechtig und erberer geper.
Derhalb stand zu ir mein peger.
Als aber sie verlüebet war
Eim andern, macht mirs offenpar
Die zart mit trawriger geper,
Wie ir prewtkam schon kumen wer.
Des erschrack ich gar yniclich,
Umb trewen rat so pat sie mich.
Ich gab ir herczen-trewen rat:
Weil sie im die ee gelobt hat,
Das sie im das hielt unzw-rissen;
Es macht ir sunst ain pös gewissen.
Wie-wol ich ir diesen rat gab,
Nam doch mein lieb nit gen ir ab,
Mein hercz kund ir lieb nit auf-geben,
Plieb in trawren und unmuet schweben,
Weil mir die liebest war genumen:
Pin also in die gfencknus kumen
On schueld. Fraw Er, darumb ich pit,
Dw wolest mich verlassen nit,
Sunder mir gnedig hilff erzaigen,
Auf das ich frey werd und dein aigen.
Wo nit, so mues ich hin verderben,
Als ein trostloser elent sterben.“
Fraw Er sprach: „So las dein lieb fallen,
So hilff ich dir pald auß dem allen,
Das dw wirst ledig deiner gfencknus,
Darin dw liegest in pezwencknus.“
Ich antwort: „O! das kan ich nicht,
Was unracz mir halt drob geschicht,
Ir lieb kan mein hercz nit auf-geben,
Die-weil ich hab mein leib und leben.“
Pald fraw Er das von mir verstund,
Im augenplick sie gar verschwund
Und lies im finstern kercker mich.
Erst mich groser unmuet durch-schlich,
Die ich kan ausgesprechen kaumb.
Mich daweht in diesem schweren traumb,
Wie ich hilfflos verlassen wer,
Mein hercz und gmüet war mir erst schwer,
Dacht, nun mus ich gefencklich pleiben,
Mein zeit in der hartsel vertreiben.
In den gedancken hört ich füer
Dieser grawsamen kerckers-thüer
Die junckfrawen, meins herzen trawt,
Welche doch war eins andern prawt,
Die drat in die gfencknus zu mir,
Zw drösten mich, sprach: „Wie das dir
Mein lieb lest krencken das hercz dein,
Weil es ie kan nit mer gesein,
Das ich dir elich werd zu dail.
Derhalb wünsch ich dir glueck und hail
Zu ainer anderen junckfrawen,
Der dw dich elich thuest vertrawen,
Durch die dw liebreich werst getröst,
Aus der schweren gfencknus erlöst.“
Da antwort ich: „O herczlieb mein,
Dein, dein, allain wil ich nur sein;
Wan ich pin dir allain ergeben
Mit er und guet, mit leib und leben,
Kainer andern ich nit peger.“
Sie antwort: „Wen es gocz wil wer,
Das ich dir elich wert vertrewt,
Wer mir auf erd die hochste frewt.
Weils abr got so hat geschicket,
Ich mit aim andern pin verstricket,
So grewff auch gluecklich zu der ee,
So wirt gestilt dein herczlich we
Und wirst, erledigt aus peschwerden,
Fort wie for frölich lebn auf erden.
Ich danck dir aller lieb und drew,
Der ich mich auch von herzen frew.
Weil dw vur all ander junckfrawen
Dich elich woltest mir vertrawen,
Wil ich mein lebtag dir ingedenck sein.
Got pscher dir ein gemahel fein
Nach deins herczen gemüet und willen;
Die dir kan alles herczlaid stillen,
Wünsch ich dir!“ Darmit sie herging,
Mit armen freuntlich mich umbfing
Und gab mir ain holtseling kues,
Der mich mein lebenlang frewn mues.

Der beschlues.

In dem ich ploczlich auf-erwacht;
Da war es noch stickfinster nacht.
In schrecken ich mich auf-ermundert,
Des trawring traumes mich hoch wundert,
Dacht mir: im draumb des menschen geist
Heimlich verporgne ding oft weist.
Der-halb ich im mit fleis nach-son,
Dacht: daraus ich wol lernen kon,
Das mir am aller-nüeczten sey
Im traumb die hailsambst arzeney,
Das ich gemelte lieb aus-schlag,
So vil ich ymer kan und mag,
Das nicht daraus volg ungluecks meer,
Wie mir darin das riet fraw Er,
Auf das ich wuerd frey und erledigt,
Von gemelter lieb unpeschedigt;
Der-gleich die aller-liebste mein,
Die mir auch riet im traumb allein,
Ich solt pald grewffen zu der ee,
So würt mir hail meins herczen we.
Wie-wol mein hercz nain darzu sagt,
Sunder noch wainet, sewfzt und clagt,
Das es die liebsten mus verlon,
Der es sich het ergeben schon,
Der kon es ie vergessen nicht,
Der ich macht dis cleglich gedicht.
Das ir glueck, hail und freud erwachs,
Das wünscht ir von herczen Hans Sachs.
Anno salutis 1560, am 5 tag Juli.
(Band 23 S. 174-180)
_____


Ain puelied ainer erlichen tugenthaften junckfrawen
mit irem namen.


Ich wünsch ein new guet selig jar
Aus meines herzen grunde
Der thuegenthaften junckfraw clar,
Der schön mir hat verwunde
Mein senent hercz
Mit liebe-schmercz,
Das leit gar ungesunde.
Un rue verzer ich nacht und tag
Mit senlichem verlangen,
Das ich der holtseligen clag,
Die mein hercz hat umbfangen.

2
Liebliches lieb, erparm dich mein,
Wan ich peger nit mere,
Den liebe mich, herzlieb, allein
In trewen, zuecht und ere.
In trewem dinst
Mich alzeit finst,
Darumb dich zu mir kere!
In hochster trew durch all dein güet
Thw ainen trost mir geben,
So wirt erfrewt mein hercz und gmüet,
Deinr hoffnung thw ich leben.

3
Ach, wie mocht ich frewdreicher sein,
Den so ich künd erlangen
Dein gunst, das dw würst aigen mein,
Dich freuntlich zu umbfangen,
Nem ent mein we
Im stant der e,
Mit dir hofflich zu prangen.
An dir nun all mein hoffnung leit,
Dir pin ich gar ergeben.
Ich wünscht, all meins lebens zeit
Mit dir in frewd zu leben

Anno salutis 1565, am 28 tag Decembris.

4
Doch sagt man, lieb hab kurcze fraid,
Doch lang und grosen schmerczen,
Pring entlich schweres herzen-laid.
Ich aber glaub an scherczen,
Ob gleich unglüeck
Pringt durch sein dueck
Zway liebhabenden herczen
Vil anstos, doch ir liebe pünd
Thuet sich teglichen meren,
Die-weil er stet auff starckem grund,
Weil ir lieb ist in eren.
Anno 1566, am newen jar.

Die anfangsbuchstaben der ersten und achten teile in den beiden ersten strophen
und die der ersten, fünften und achten teile in der dritten strophe
sind in S besonders hervorgehoben, sie ergeben den namen Juliana.
(Band 23 S. 259-260)
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Ain puelied mit verrkerten namen.

Ste auf hercz, muet und sine,
Hilff loben gar suptil
Meins herzen kaiserine,
Mit gsang und saittenspil,

2
Nach der sich sent all stunde
Mein sel, gemüet und hercz,
Welches sie hat verwunde
Mit haiser liebe schmercz.

3
Ach, Cupito hat droffen
Mein hercz mit scharpffem stral,
Doch dw ich trostlich hoffen
In schmerczen und truebsal,

4
Herczlieb, zw dir allaine,
Dw werdest trosten mich,
Weil ichs in trewen maine,
In eren zuechticlich.

5
Ach, thue dein hercz auf-schliesen
Gen mir in zuecht und er,
Deiner lieb zu geniesen
Ye lenger und ie mer.

6
Nichs frewdreiches auf erden
Kund meinem herzen sein,
Den sos in lieb mocht werden
Der ainig diener dein.

7
Ainig allain auf trawen
Hat dich mein herz erwelt
Für all ander junckfrawen,
In lieb zu dir geselt.

8
Ich hoff, werst nit verschmehen
Mein trew diensthaft gemüet,
Mit gnaden mich ansehen
Durch dein junckfrewlich güet.

9
Liebhaben mich in trewen
In masen, wie ich dich,
Unsr paide zu erfrewen
In der lieb suesiclich.

10
Venus, gottin der liebe,
Ain glueckseling anfang
Zu unser lieb uns giebe,
Das sie wer ewig lang.

11
In trewen, zuecht und eren
Sey dir dis lied gemacht,
Das sich die lieb thw meren
Zw dawsent gueter nacht.
Anno salutis 1566, am 3 tag Aprilis.
Juliana, Hans ergeben die anfangsbuchstaben
der strophen rückwärts gelesen.
(Band 23 S. 262-263)
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Ain schons puelied ainer erlichen frawen
mit aim namen in den anfengen.

Mir liebt in grünem Mayen
Die frölich sumer-zeit,
In der sich thuet erfrayen
Mit ganzer stetikeit
Die aller-liebst auf erden,
Die mir im herzen leit.

2
Ach May, dw edler Mayen,
Der dw den grünen walt
Gar herlich thuest erfrayen
Mit plüemlein manigfalt,
Darinen thüet spaciren
Mein feins-lieb wol-gestalt.

3
Got, dw wöllest mir geben
In diesem Mayen grüen
Ain frolich, gsundes leben,
Darzu die zart und schüen,
Die dw mir hast erkoren,
Die mir ir lieb vergüen.

4
Darumb, dw grüner Mayen,
Wan ich an die gedenck,
Die mein herz thuet erfrayen,
Der ich vil sewffzen senck,
Die-weil ich leb auf erden,
Mein hercz nit von ir wenck.

5
Ach, halt an trew und eren,
Mein aller-hochster schacz,
Und las dich nit ab-keren
Des schnöden klaffers schwacz,
Gib iren falschen zungen
In deim herzen kain placz.

6
Lieb, ach wolt got, mein herze
Künst sehen in dem grund,
Wie das in liebes-schmerze
Von dir ist worden wund!
Thw das mit eim wort drosten!
So wirt mein hercz gesund.

7
Ewig wolt ich mich frewen,
Wen ich dein aigen wer,
Und dir dienen in trewen.
Der-halb furcht kain gefer!
Nichs ich, den er und glüecke,
Von got und dir peger.

8
Nach silber und nach gold
Thw ich nit senen mich,
Als der, die ich herzholde
Hab, zu der mich versich
Aller lieb, trew und ere,
Weil ich leb auf ertrich.

9
Ach, thw von mir nit keren
In liebes-anefang!
Hoffnung thuet mich erneren
Forthin mein lebenlang.
Vil dausent gueter nachte
Wünsch ich dir mit gesang.
Anno salutis 1568, am 14 tag Aprilis
Die anfangsbuchstaben der strophen ergeben den namen Magdalena.
(Band 23 S. 311-313)
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Ain schöns lied ainer erlichen junckfrawen in aignem thon
mit irem namen in 5 puchstaben.


Mein hercz hat mir umbfangen
Mit sueser liebe prunst,
Mit senen und verlangen,
In trewer lieb und guenst
Ein junckfraw, schön und zart,
Gancz dugenthafter art:
Die-weil ich lept auf erden,
Kein mensch mir lieber wart.

2
Ach wolt got, das die raine
Erkent mein hercz und gmüet,
Das ich peger allaine
Gnad ir miltreichen güet.
Darauf dw hoffen ich,
Sie werd aufnemen mich
Zw aim trewen liebhaber
Hie und dort ewiclich.

3
Rain in elicher trewe,
In lieb und stetikeit
Sich unser lieb vernewe
Unsers gancz lebens zeit,
Das sich mer paidersam
Unser geschlecht und stam,
Fruchtpar mit hail und gluecke,
Mit undötlichem nam.

4
Ich pit, mein ainigs eine,
Dw mein hercziges hercz,
Gib dein willen dareine,
So nembt ain ent mein schmercz.
Guet hoffnung mich ernert,
Dein hercz wert zu mir kert,
Wer mir die höchste frewde,
Wüert mir das hail peschert.

5
All hoffnung thw ich seezen,
Mein höchster schacz, auf dich,
Dw werst mich laids ergeczen,
Günstig pegnaden mich,
Das dw werst ewig mein
Und ich werd ewig dein
In dem elichen stande.
Wie möcht uns pas gesein?!
Anno salutis 1568, am 17 tag Januari.
Die anfangsbuchstaben der strophen ergeben Maria.
(Band 23 S. 381-382)
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Ain schons junckfraw-lob an leib und gmüet,
zw singen im vorigen thon.


Mach dich auf, hercz, sin und muete,
Hilff mir, die auserwelt
Loben, die zart und guete,
Die meim herczen gefelt,
Die duegenthaft und schön,
Pis in der götter tron
Vür all junckfraw auf erden
Mit hohem lob pekrön.

2
Ach got, schön wunderpere
Ist sie geliedmasirt,
Drit adelich da-here,
Hofflich gschmüeckt und gezirt,
Mit freuntlichem angsicht,
Frolicher gstalt, roslicht,
Züchtiger weis und perde,
Idermon ir wol spricht.

3
Rossen-rot ißt ir munde
Und ir kelen schneweis,
Ir prüestlein weis und runde;
Ir suptil hent ich preis,
Ir praune euglein klar,
Ir golt-varb, langes har,
Ir leib gepersoniret
On alle mackel gar.

4
Ich lob den schacz : ir tuegent,
Ir scham, zucht und kewscheit
Ir holtseligen jügent,
Ir still und stetikeit,
Ir frunckheit, trew und güet,
Ir aufrichtig gemüet,
Ir guet sitten, demuete
Durch-dringt mein herz und pluet.

5
Ach, het sie thun anschawen
Bocacius, der poet,
Zun durchlewchtigen frawen
Er sie geseczet het.
Drin wer die eren-fest
Die schönst und aller-pest,
Der ich hie dien auf erden;
Kain höhern schacz ich west!

6
Wolt got, das ich mit eren
Alhie auf dieser erd
Mein leben solt verzeren
Pey der junckfrawen werd,
Der ich als güecz vertraw,
Auf ir schön duegent paw.
Das sey zw lob gesungen
Dir, holtselige junckfraw.
Anno salutis 1568, am 20 tag Januari.

Die anfangsbuchstaben der ersten fünf strophen,
die in S besonders hervorgehoben sind,
ergeben den namen Maria.
Die sechste strophe hat Hans Sachs später
mit der überschrift 6 und der unterschrift anno 1568 jar hinzugefügt,
 auch durch einen strich ausdrücklich bezeichnet,
wohin sie als sechste strophe gehört.
(Band 23 S. 383-384)
_____




Ain puelied: Des puelers abschaiden mit 8 puchstaben.

Glüeck, dw pist sinbel runde
In der lieb anefang,
Erfrewst des herzen grunde,
Pestest aber nit lang.
Dein flüegel schwingst,
Wanckel abschlingst,
Vil sorg und schmerzen pringst.

2
Ich hab erstlich entpfunden
Wol dein holtselikeit,
Lieb wurd zu ainer wunden
Meim herzen kurczer zeit,
Pald ich dich, glueck,
Se wanckel flueck
Durch dein hemische düeck.

3
Erst wart ich ungemuete,
Weil ich mercket und sach
Ringen die zart und guete
Auch ander liebe nach.
Da merckt ich on
Mich ausgethon:
Des wil ich auch darfon.

4
In so senendem leiden
Nem ich urlob allein,
Nach dem auch abzuscheiden
Von der herczliebsten mein.
Hercz, muet und sin
Trauret darin.
Gesegn dich got! ich far dahin.
Anno 1568, am 9 tag Juli.
Die acht anfangsbuchstaben der stollen ergeben den namen Geilerin.
(Band 23 S. 392-393)
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Ein puelied: Des herczen clag, antwort und drost.

Der liebhaber.

Wach auf, mein senent hercze,
Sey frolich wol-gemuet!
Jag aus unmuet und schmercze,
Die-weil die zart und guet
Lieberin, die dw hast auserwelt,
So trewlich ob dir helt.

Das hercz.

In lieb lig ich hart-wunde,
Aber die schön und zart
Doch mit herczen noch munde
Ist sie mir streng und hart:
Der lieb mir keinen droste geit
Mit ir holtselikeit.

Der liebhaber.

Da schont die edel fruchte
Ir junckfrewlichen er
Durch schaut und kewscher zuechte,
Das sie der nit verser,
Fein stiller, tugentlicher art
Ir lieb nit offenbart.

Das hercz.

Derhalb ist mir peschweret
Mein hercze und gemüet,
Weil ich plieb ungeweret
Von ir miltreichen güet,
Pegert idoch von ir nit mer,
Den lieb in zuecht und er.

Der liebhaber.

Mein hercz, thw drostlich hoffen,
Ir lieb und freuntlikeit,
Ir trewes hercz wirt ofen
Und dich in kurczer zeit
Gewern deiner erlichen pit
Und gar abschlagen nit.

Das hercz.

O, wen mich den geweret
Die schön und adelich
Ir lieb, wie ich pegeret,
Mit frewden wuniclich,
Den wuerd mir meines herczen grund
Frewdreich, frisch und gesund.

Wer sie gewest pey leben,
Da künig Paris solt
Der aller-schönsten geben
Den apfel, clar von golt,
So het in gwis mein kaiserin,
Der diener ich nun pin.

Erst wirt mein lieb sich meren
In trew und stetikeit,
Die nymant sol umkeren
Durch-aus meins lebens zeit.
Mit lob, er, danck ich nun pekrön
Die zuechtig, zart und schön.
Anno salutis 1568, am 11 tag Juli.
(Band 23 S. 394-395)
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Ain schon lied ainer thuegenthaften schönen junckfrawen
mit irem namen der 9 puchstaben.


Mein hercz hat auserwelet
Ain herzenliebes lieb
Und sich zw im geselet,
Der ich mich gar ergieb,
In zuechten, trew und eren
Mich ir ewig verschrieb.

2
Ach, wer ich gwest im leben
Zw künig Paris zeit,
Da er solt ubergeben
Den guelden apfel weit
Ainer der drey gottine
Zw groser wirdikeit! -

3
Gwaltig reich Juno ware,
Die gottin, irer zeit,
Minerva sinreich clare,
Ain gottin der weisheit,
Venus, die gottin schöne
Der lieb holtselikeit -

4
Doch het ich warhaft geben
Den guelden apfel dir
Füer die drey gottin eben,
Herczlieb, glaub sicher mir!
Weil dw hast uberfluessig
Der drey göttin schmuck und zir.

5
Als Juno gwalt, reichtume,
Der gottin, herlich war,
Doch gieb ich dir den rueme;
Reicher pist, herczlieb, gar,
Vol gueter sitten, tuegent,
Machen dein namen clar.

6
Loblich Minerva weisse,
Durch sinreiche weisheit,
Hastw auch rum und preisse
Pey deines lebens zeit
Fur alle ander junckfrawen
In kunst-verstendikeit.

7
Erdig, schön und holtselig
Venus, die gottin, was,
Menschen, gotern gefelig,
Doch gfelt meim herzen pas
Dein zuecht, scham und geperde,
Die dich zirt ubermas.

8
Noch deiner zarten jugent
Hast aller schecze sum,
Gueter sitten und duegent.
Des hastw eer und rum,
Drum hab ich dich erwelet
Füer all schecz und reichtum.

9
Ach, dw holtseligs pilde
Mit engelischer schön,
Gancz erenreich und milde,
Dort in der götter trön
Füer die drey höchstn gottine
Ich dich mit lob pekrön.
Anno salutis 1568, am 10 tag Oetobris.
Die neun buchstaben heißen Magdalena.
(Band 23 S. 404-405)
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Ein ander erlich lied: Das lob ainer erlichen junckfrawen
mit 9 puchstaben.


Mein hercz hat im erwelet
Ain herczenliebes lieb,
Das meim herczen gefelet,
Der ich mich ubergieb
In herzenlicher lieb und drew,
Das mich alzeit erfrew.

2
Ach, wer ich gwest pey leben
An stat künig Paris
Und solt haben aus-geben
Den guelden apfel gwis
Der schönsten götin auserwelt
Der dreyer zu-gestelt.

3
Gwis het ich warhaft geben
Den guelden apfel ir
Füer die drey gottin eben,
Weil sie mit schön und zir
Fürdrift sie die drey gottin gar
Uberflüessig vurwar.

4
Durch ir schön wunderpere
Ist sie geliedmasirt,
Drit adelich da-here,
Hofflich gschmuckt und gezirt,
Mit freuntlichem zarten angsicht,
Holtselig und roslicht.

5
Auch rosen-rot ir munde
Und ir kelen schneweis,
Ir prüestlein weis und runde,
Ir suptil hend ich preis,
Ir praune lichte euglein clar,
Ir goltgelb langes har.

6
Löblich der schacz ir dugent,
Ir scham, zucht und keüscheit
Ir holtseligen jugent,
Ir stil und stetikeit,
Ir frunckheit, drew und milte güet,
Ir aufrichtig gemüet.

7
Erber von stam und gschlechte,
Gancz adelicher art,
Erenfest und aufrechte,
So ist die schön und zart
Herkumen aller eren wert,
Welcher mein hercz pegert.

8
Nun die adeliche schöne,
Sinreich, vürsichtig, weis,
Mit eren ich pekröne
Mit lob, rumb, wird und preis,
Für all junckfrawen lobeswert,
So icz leben auf erd.

9
Auch ist ir nam erhaben
Von mir in dem lobgsanck
Der ersten neun puchstaben,
Das ich ir macht zu danck.
Wil nun durch das gancz leben mein
Ir stetter diener sein.
Anno salutis 1568, am 13 tag Octobris.
Die ersten neun buchstaben heißen Magdalena.
(Band 23 S. 406-407)
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Ain anfang aines puelers lied.

Venus, göttin der liebe-tröne,
Cupido aus dem sal,
Wecke mir auf die adelich und schöne
Mit der lieb süesen stral,
Das ir in lieb auch prinne
Gen mir hercz, muet und sinne
In lieb füer ander all,

2
Das mir ir hercz auch werd offen
In holtseliger lieb,
Wie ich ir das trawe und pin hoffen,
Weil ich mich ir ergieb.
Wan ich peger nit mere,
Den in zuchten und ere,
Das ich ir diner plieb.

3
Drauff wart ich mit senendem schmercze,
Dw, mein holtseligs M,
Das dw offnest dein freuntlichs hercze,
Zw dienen mich aufnem:
Die-weil ich leb auf erden,
Mocht ich nit froer werden,
Mein hercz zu rwe kem.
Anno salutis 1568, am 24 tag Novembris.
(Band 23 S. 415)
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Ain schön lied aines geselen mit ainer junckfrawen der lieb
in franczosischer weis.



Der gesel facht an:

Venus, gottin
Der lieb, darin ich prin,
Umb hilff ich schrey
Zu dir, und ste pey!

Schick ab zu thal
Mit seiner liebe stral
Cupidinem,
Das er mein herczigs M

Haimlichen schies,
Das sie ir hercz auf-schlies
In lieb gen mir,
Wie mein hercz ste gen ir,
In lieb an rue,
Das ir lieb mir sag zw,
Ee ich verzagen thw.

Die junckfraw antwort:

Mein hercz ist wund
Worden pis auf den grund
Von Cupido
Mit der lieb stral also.

Ach, das ich west
Sein lieb und drew so fest,
Wie er anzaigt,
So wer ich im genaigt.
Gar oft felt weit
Der liebe sicherheit,
Pringt auch auf ert
Gar mancherley gefert
An zucht und eer;
Drumb dich, gesel, abker!
Ich gieb kein antwort mer.

Der gesel antwort:

Ach, herczigs hercz,
Mer nicht meinr liebe schmercz,
Die ich dir trag!
Nit frölich werden mag,

Pis dw, mein M,
Mich dir lest sein angnem:
In deinem dinst
Mich drew und stet dw finst.

Drumb mir vertraw,
Auserwelte junckfraw,
Mein cleglich pit
Und zweifel an mir nit,
Las mich allein
Dein drewen diner sein
In steter liebe dein!

Die junckfraw antwort:

Die freuntling wort
Der lieb an manchem ort
Oft feletz weit,
Manch unrat sich pegeit,

Auch mich peschwert,
Lieb pringet vil gefert,
Lieb im anfang
Verhaist vil wort nit lang.

Leicht mancher helt
Nach fremder liebe stelt,
Sein lieb erkalt
Und zewcht ab manigfalt.
Drumb ich das spil
Mit dir nit wagen wil,
Weil lieb pringt unglüecks vil.

Der gsel spricht:

Was zeichstw mich?
Ich hab erwelet dich
Vür all auf erd,
Mein hercz deinr lieb pegerd,

Das ich möcht dein
Stet drewer diner sein.
Schlechst dw mirs ab,
Kein drost auf erd ich hab.

We mir der not!
Lieber wer mir der dot,
Den das ich leb,
In schmercz und unmuet leb.
Darumb so went
Dein freuntlichs hercz pehent,
Dröst mich in dem elent!

Die junckfraw spricht:

Erst hat mit kraft
Dein cleglich pit pehaft,
Das auf dein clag
Ich dir mein lieb zu-sag.

Noch gar nit mer,
Den in trew, zucht und er,
Magstw fort sein
Ein steter diner mein,

Aber mich las
Dein ainigs lieb sein vürpas.
Der-gleich wil ich
Ainig lieb haben dich
Zu aller zeit
In lieb-holtselikeit,
Weil got mirs leben geit.

Er peschlewst:

Erst hat ein ent
Mein hartsel und elent
Auf dein zusag,
All sorg ich nun auschlag,

Mich dir ergieb
In herzen-drewer lieb,
In zuecht und er,
Hab auch pegert nit mer.

Den deiner güet
Freuntlichs herz und gemüet
Hat tuegentlich
In warer lieb umbfangen mich.
Nun soltw sein
Mein hercz-lieb allein,
Weil wert das leben mein.
Anno salutis 1568, am 26 tag Novembris.

N. I. R. E. H. C. S. T. E. L. (umgekehrt lies Letscherin)
Die anfangsbuchstaben der stollen und abgesänge
in den antworten der jungfraw ergeben den namen M a g d a l e n a.
Sie sind von Hans Sachs besonders hervorgehoben.
(Band 23 S. 416-419)
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Ain schön junckfraw-lob in franczosischer melodey
mit 9 puchstaben.


Mit lob pekrön
Ich die uberzart schön,
Weil sie auf erd
Ist alles lobes werd.

Auch ist die mild
Gancz holtselig gepild,
Geschmückt und zirt,
Gancz artlich glidmasirt.

Get aufgericht,
Mit freuntlichem angsicht,
Wer sie sicht an,
Ir nicht urloben kon.
Mit hochem fleis
Ich ir schon lob und preis,
Yrs gleichen ich nit weis.

2
Dar-zw die werd
Ist hofflicher geperd
Mit wort und dat,
Guet sitten an ir hat.

Aufrichtig alle zeit,
Sinreicher gschicklikeit,
Nach irem stant,
Drit her in schöm gewant.

Lieblich und stil,
Einzogen, ret nit vil,
Liebt zuecht und er.
Derhalb preis ich auch mer
Die schön und zart,
Die lebet alle fart
Gancz thuegentreicher art.

3
Erlich ir jugent,
Ein schacz der edlen tugent,
Sie ist auch worn
Von guetem stam geporn.

Noch lebt die guet
In ghorsam und demuet,
Fuersichtig, weis,
Zuechtig, schamhaft und fleis.

Auch im gemüet
Erber in trew und güet
In irer lieb.
Drumb ich das lob ir gieb
Vor allen gar,
Wünsch ir von herczen clar
Ein glüeckseliges newes jar.
Anno salutis 1568, am 8 tag Decembris.
Die anfangsbuchstaben der stollen und der abgesänge,
die S hervortreten läßt, ergeben den namen Magdalena.
(Band 23 S. 420-421)
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Ein antwort ainer erlichen junckfraw
ainem liebhabenden gesellen, der sich verhairat hat.


Gesel, dein senlich clage
Und herczlich lieb und trew
Hab ich erkent vil tage,
Deiner dienst ich mich frew.
O wolt got, dw werst mein
Und ich wer elich dein,
Das uns möcht nymant scheiden,
Den got der herr allein.

2
Traw dir noch alles guette,
Wie-wol sind gschaiden wir.
Doch mein hercz, sin und muete
Das secz ich nit von dir.
Hoff, dw gerst auch nit mer,
Den lieb in zuecht und eer,
Dein hercz in lieb und trewe
Auch nit von mir abkeer.

3
All dein dinst drewer liebe,
Die dw mir trugst allein,
Rein on all mackel pliebe;
Drumb solst ungschieden sein.
Trewlich in meim gemüet
Wünscht dir junckfrewlich güet
Ein guet selig new jare,
Got dich vor laid pehüet.
Anno salutis 1569, am 1 tag Januari.
Die anfangsbuchstaben des ersten stollens in strophe 1 und 2, sowie beider stollen
und des abgesanges in der dritten strophe
ergeben den namen Gothart.
Hans Sachs hat sie durch größere schrift hervorgehoben.
(Band 23 S. 428)
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Ain schöns puelied ains geselln mit ainer junckfrawen.
Klag und antwort mit aim verkerten namen.


Ach, meins herczen künigine,
Umb gnad rueff ich zu dir,
Mein hercz, gemüet und sine
In lieb gefangen mir,
Ich pit, wolst durch dein güete
Drosten meins herczn pegir.

Sie antwort: 2

Nain, der liebe ain ritter,
Pist uberwunden dw
Mit strenger liebe pitter,
Drin ist kein rast noch rw.
Darumb füercht ich fon herczen,
Mein lieb zu sagen zw.

Er singt weiter: 3

Ich pit, las mich geniessen
Der drewen dienste mein,
Dw mir dein hercz aufschliessen,
Schleus mich freuntlich hinein
Mit trewer lieb und gunste!
Wie möcht uns pas gesein?

Sie antwort: 4

Gesel, ich ste in sorgen,
Unser lieb würd offenpar;
Lieb pleibt nit lang verporgen,
Pringt mit ir vil gefar.
Drum ich pey all mein tagen
Mein eer vol lieb pewar.

Er antwort: 5

Ey, ich peger nit mere,
Dan dein gunst, trew und lieb,
Allain in zuecht und ere,
Dir ich mich gar ergieb,
Das ich mein leben lange
Dein stetter diener plieb.

Sie antwort: 6

Richt auf dein hercz und gmüete!
Weil dw pegerst allein,
Herczlicher trew und güete
Mein liebhaber zw sein,
Das kan ich nit abschlagen,
Doch in eren allein!
Anno salutis 1569, am 19 dag Marci.
Die anfangsbuchstaben der strophen,
die Hans Sachs auffallend geschrieben hat,
ergeben rückwärts gelesen den namen R e g i n a.
(Band 23 S. 448-449)
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Der gefangen leb von frawen-lieb.


Die erst fraw. A.

Kein man war nie so hoch und guet,
Den nit pezwang sein hercz und muet,
Das sich zu frawen-liebe neiget,
Ir freuntlich lieb und dinst erzeiget
Paide mit lieb, freud, er und güet,
Mit guenst, rumb, adel, sin und muet
Und sich gehorsam untergeit
In hoher lieb in dieser zeit.

Die ander fraw. B.

Ob er schon ist tiranisch wild,
Von frawen wirt er pald gestyld,
Sie thuet dem lebn sein maul auf-reissen,
Er lest sein zorn und thuet nit peissen,
Sunder wirt mitsam und senfmüetig,
Gen weipling pild freuntlich und güetig:
Ein senft wort pringt ain senftes wort
Guet williclich an allem ort.

Die 3 fraw. C.

Ain leb, das aller-trewest dier,
Peruembt mit sterck und adels-zier,
Uns frawen gundt er guecz von herczen,
Mit den guetigen ist guet scherczen;
Welche durch guet sind uberwunden,
Die sind mit lieb gfangen und punden,
Und pleibt gezemet ir gemüet
Mit trewer lieb, freuntschaft und güet.

Das 4 weib. D.

O hüebscher leb, in spigel sich,
Wir frawen haben zemet dich!
Leids mit gedueld! det dirs ain mon
Wider dein wiln, dw wüerz nit thon,
Sunder sein hochmuet an im rechen
Als an eim muetwiligen, frechen.
Aber die schön weiplich gestalt
Ist deins gemüetes aufenthalt.

Das 5 weib. E.

Gwaltiger küng, mechtiger herr,
Dein gleich ist nit in nach noch ferr,
Dw uberdrifst all, gros und klein,
Darumb solt dw gekrönet sein
Paide mit preis, rumb, lob und eer.
Dein lieb gen frawen teglich mer,
Auf das die erentreich vil jar
Pestet von aller weiber schar!

Das 6 weib. F.

Hör, leb, wie-wol zu fuerchten pist,
Noch satelt dich der frawen list,
Die mit ir lieb dich zwingen kon.
Recht lieb wont pey aim trewen mon,
Das er freuntlich leid und gedueld
Von frawen rechter trew und hueld:
Voraus wen sis vermaint in trewen,
Sol in sein trewer dinst nit rewen.

Die 7 fraw. G.

Wol-zirter leb, wie man dir duet,
So pistw keck und wol-gemuet:
Wer solch gemüet in im ist hon,
Der ist ain holtseliger mon
Und kan halten sein lieb und trew,
Hat drob kein wancken noch abschew,
Sunder in lieb dregt frewd und leit,
Hoffnung erhelt in alle zeit.

Die 8 fraw. H.

Hör, lebe, dw pist sinreich gancz,
Verschlaifst dein fuesdrit mit deim schwancz,
Darmit man dich nit spueren sol.
Wer haimlich puelt, der merck das wol,
Das er verperg sein lieb haimlich
Mit wort noch werck, der rüme sich,
Das sein lieb nit werd offenwar
Der falsch-, neidigen klaffer-schar.

Der leb peschlewst. I.

Ich las wol kurzweil mit mir hon
Mit frawen-dinst; was ligt mir tron?
Weil ich ir weiplich trew vermerck,
Im herzn halt ich meiner lieb sterck,
Wo ich aber spuert ir untrew,
Palt ich ob irer lieb het schew,
Der puelerey nit mer nach-ge,
Sunder dret in den stand der e,
Das ich entging vil ungemachs
Nach gottes-wort. So spricht Hans Sachs.
Anno salutis 1569, am 25 tag Aprilis.
(Band 23 S. 461-463)
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Aus: Hans Sachs
Herausgegeben von Adelbert von Keller
Für den litterarischen Verein in Stuttgart
Gedruckt von H. Laupp in Tübingen 1870
Bände 1-26


siehe auch weitere Gedichte:
Teil 1    Teil 2    Teil 3    Teil 4




 


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