Hans Sachs (1494-1576) - Liebesgedichte

Hans Sachs



Hans Sachs
(1494-1576)
 

Inhaltsverzeichnis der Gedichte (Teil 3):
 

 

 



Gesprech frau Ehr mit eynem jüngling, die wollust betreffend.

Als ich inn meyner jugend standt,
Zu Münichen im Beyerland
Gesellen-weiß mein handtwerck trieb,
Da wurd gefangen ich in lieb
Gehn eyner junckfrawen fürwar
Etwas fast auff ein gantzes jar.
In solcher meyner strengen lieb
Mein vater mir gar ernstlich schrieb,
Das ich kemb eylend gehn Nürnberg.
Da daucht mich, wie ein schwerer berck
Auff mich fiel und truckt mir mein hertz.
Inn solchem sehnigklichen schmertz
Ich von der liebsten urlob namb.
Mit grossem trawren also kam
Hin nauß der stat mit grosser eyl.
Etwas auff anderthalbe meyl
Da fand ich uben eyner mül
Ein silber-klares prünlein kül
Auß eynein herten fels her fliessen
An eyner plumen-reichen wiesen,
Umbwachsen rumb mit hasel-stawden.
Zu dem da eylet ich mit schnawden.
Zu erquicken mein trostloß gmüt.
Es war gleich in deß mayen blüt.
Alda legt ich mich ein den schatten,
Schwermütigklichen in die schlatten
Und sehr viel tieffer seufftzen sencket.
Verlaßne lieb mein hertze krencket.
In den schweren gedancken tieff
Ich gleich einmütigklich entschlieff.
Da traumbt mir, wie durch das gestreuß
Zu mir rauscht durch das grün geheuß
Ein weibsbild ehrlicher gestaldt,
Nit gar zu jung, auch nit zu alt.
Da ichs recht sach, da wars fraw Ehr,
Die ich ein gantzes jar vor mehr
(Von anfang der lieb, mag ich jehen)
Nie het gespüret noch gesehen,
Die mir doch vor war wol bekanndt.
Mich daucht, wie sie mir bot ir hand,
Fragt, warumb ich so trawrig wer.

Der jüngling.

Da sagt ich von der bulschafft her,
Von der ich yetz wer abgespendt,
Meins hertzen freud het gar ein endt,
Darob mir also layd geschech,
Darob mir schier mein hertz zer-prech
Vor unaußsprechenlicher pein.

Fraw Ehr.

Fraw Ehr sprach: Du solt frölich sein
Mit Sophocleti in der frist,
Das du der lieb endtledigt bist,
Darmit du warst so schwer beladen
Als mit dem geferligsten schaden,
Darumb denn Diogenes sagt,
Wer mit der liebe werd geplagt,
Soll mit hunger sie von im schlagen
Oder mit dem alter verjagen;
Wo sie der zweyer keynes schick,
Sol er sich richten mit dem strick,
Das er sich von der lieb erlöß.

Der jüngling.

Ich sprach: Ist denn die lieb so böß,
Ach warumb hast du denn mit hut,
Du edler schatz, verlassen mich?

Fraw Ehr.

Sie sprach: Im anfang warnd ich dich
Gar trewlich vor der lieb begier,
Du aber woltst nit folgen mir,
Sonder du giengst der liebe strassen.
Derhalb must ich dich gar verlassen.
Ich bleyb nit bey unehrlicher lieb.

Der jüngling.

Ich sprach: Fraw Ehr, bescheyd mir gieb,
Warumb die lieb unehrlich sey!

Fraw Ehr.

Fraw Ehr sprach: Da wonet darbey
Almal ein unehrnliches leben,
Wie du wol hast erfarn eben
In deiner vergangenen lieb.

Der jüngling.

Ich sprach: Fraw Ehr, ich bitt dich: gieb
Mir örnlicher lieb auch beschayd!

Fraw Ehr.

Sie sprach: Wo zway in lieb und layd
Zusamb kummen inn stand der ee,
Halten ir trew in wol und weh,
Das bey in wirt gemert die welt,
Wie Gott selber ordnet und meldt,
Bey der lieb ich mein wonung hab.

Der jüngling.

Ich sprach: Glück mir sein gunst nit gab,
Das ichs ehlich genummen het,
Wie offt mein hertz das wünschen thet,
Wann sie war vor ehlich versprochen.

Fraw Ehr.

Sie sprach: So hat ir trew sie brochen
An ihrem brewtigam mit dir.

Der jüngling.

Ich sprach: fraw Ehr, gelaub du mir!
Zum werck der lieb seind wir nie kummen.
Eins von dem andern hat genummen
Ein kuß und liebling umbefang.
Dein, fraw Ehr, ich verschont so lang,
Der junckfrawen, auch mein darzu.

Fraw Ehr.

Fraw Ehr sprach: Sag an, jüngling du,
Warumb hast du lieb ghabt die jungen?
Hat dich ir tugendt darzu zwungen,
Welche wol ist der liebe werd?

Der jüngling.

Ich sprach: Schamhafftiger geberdt,
Warhafft, getrew, sinnreich und still
Wars, sunst hets tugend nit zu viel,
War zoren-waich und wanckelmütig,
Trutziger art, darzu ungütig,
Viel sorg sie tag und nacht umbgaben.

Fraw Ehr.

Fraw Ehr sprach: Wie möchst du lieb haben
Ein mensch, das nit war voller tugend?
Vil leicht so hat verfürt dein jugend
Ir adeliche hübsch und schön.

Der jüngling.

Ich sprach: Ir schön ich auch nit krön.
Ir schön hat mir selb nit gefallen,
Wie wols mir war die liebst ob allen,
So ich het durch mein gantzes leben.

Fraw Ehr.

Ich sprach: Vil leicht durch schenck und geben,
Durch ihre schetz und groß reichtumb
Dein lieb zu ir ein anfang numb.
Schenck und gab sind der lieb ein pand.

Der jüngling.

Ich sprach: Fürwar auß ihrer hand
Kein schenck ich nye entpfangen hab.
Ir aber ich teglichen gab,
Die weil sie des nottürfftig war.

Fraw Ehr.

Fraw Ehr sprach: Da bey merck ich klar,
Das sie dich weytter nit lieb hab
Gehabt, denn so weyt reicht die gab.
Bald du an dich hest zogn dein hend,
So het ir lieb gehabt ein endt.
Was hast an ir nur lieb gehabt?

Der jüngling.

Ich sprach: Die junckfraw war begabt
Mit strenger lieb, als wol als ich,
Das sie verparg gar züchtigklich
Gehn mir, yedoch ichs gründlich mercket.

Fraw Ehr.

Fraw Ehr die sprach: Dich het gestercket
Gehn ir in lieb manch schmaychel-wort.
Darmich so hat sie dich bethort,
Das du vermainst, sie het dich lieb.

Der jüngling.

Ich sprach: Fraw Ehr, mein bulschaft trieb
Gegen mir nit viel schmaychelwort,
War streng und rauch an allem ort,
Gantz ledig aller schmaychlerey.

Fraw Ehr.

Fraw Ehr sprach: Obs gleich also sey,
Das ir brendt bayde gleich in lieb,
Sag mir doch endtlich, was dich trieb
Zu dieser liebe anefang!

Der jüngling.

Ich sprach: Darvon wer gar zu lang
Zu reden, doch kurtz mit ermonung.
Anfang war die stäte beywonung,
Auch das ir etlich ander gsellen
Auff unehr theten auch nach stellen.
Das tawret mich und thet sie warnen,
Das sie entron auß ihren garnen;
Und bald sie diesen war entgangen,
Wart wir durch trew in lieb gefangen,
Embsig an alle rhu unnd rast.
Darumb gedenck ich strack und fast,
Wie ich bezaubert worden wer.
Doch hab ich offt gedacht seyt her,
Die lieb hab iren ursprung nur
Auß dem einfluß gleicher natur,
Das also zwayerley gemüt
Veraynt brinnen in liebe glüt.
So fing sich mein lieb-fewer on.

Fraw Ehr.

Sie sprach: Du redest recht darvon,
Das du seyest in liebe brennen.
Petrarcha thut auch also nennen
Die liebe ein verborgen fewer,
Ein lieblich wunden ungehewer,
Vergiffte süsse bittrikeyt
Und ein ergetzliche kranckheyt.
Des hertzen ein willige gfencknuß,
Sinn und vernunfft ein harte zwencknuß
Und gar ein unrusame rhu,
Wie wol in der lieb, maynest du,
Hast gehabt gar ein köstlichs leben.

Der jüngling.

Ich sprach: Fraw Ehr, sich hat wol eben
Die lieb verwandelt alle zeyt
Von frewden offt in trawrigkeyt.
Auch so stecket die lieb verborgen
Vol gferligkeyt, müh, angst und sorgen.
Iedoch du auch bedencken must
Den uberschwencklichen wollust,
Der süß macht alles bitter leyden.

Fraw Ehr.

Sie sprach: Archita, der weis heyden,
Spricht, kein schedlicher pestilentz
Sey inn der weyten weldte grentz,
Denn wo der wollust ob bestimmet
Des menschen hertz gentzlich ein nimmet,
Die weil auch auß des wollust brunnen
Kumbt alles-unglück her gerunnen,
Auch sey der wollust aller laster
Ein gewaltig starckes ziechpflaster
Und du lobst dennoch den wollust.

Der jüngling.

Ich sprach: Fraw Ehr, du mercken must:
Wollust ist ye das höchst auff erd,
Wie Epicurus das erklert,
Nendt wollust selb die seligkeyt;
Und du nenst sie in dieser zeyt
Ein gar schedliche pestilentz?

Fraw Ehr.

Fraw Ehr sprach: Gib mir audientz!
Diogenes der spricht zu letzt:
Welch mensch sein hertz auff wollust setzt,
Maynt, er hab die wollust besessen,
So hat der wollust ihn gefressen,
Verzert, gefangen und gebunden,
Inn allen stücken uberwunden.
Was lobs kanst du dann wollust geben?

Der jüngling.

Ich sprach: Wollust erhelt mein leben,
Den lobt Ovidius gar hoch,
Der mir mein hertz erfrewet noch
Und mich auch ewig frewen muß.

Fraw Ehr.

Sie sprach: Es schreybt Boecius,
Welcher mensch der wollüst beger,
Der selbig stets gepeynigt wer;
Und wer auch nach seins leybs begyrd
Mit dem wollust gesettigt wirdt,
Endtpfecht darvon alzeyt nachrew.
Ist denn sunst nichts, das dich erfrew,
Denn der verderblich leybs-wollust?

Der jüngling.

Ich sprach: Fraw Ehr, unrecht du thust
Dem wollust; der erquickt das hertz
Inn aller trübsal, angst und schmertz.
Wollust ist lieblich und holdselig,
Den göttern und menschen gefellig.
On schuld wird er von dir beklagt.

Fraw Ehr.

Fraw Ehr sprach: Seneca der sagt:
Wollust der umbfacht uns von nöten
Allein, das er uns müg getödten,
Wie dir die bücher uberal
Zeygen der buler ane zal
Inn tausendterley unglück gstürtzt.
Das sey dir gesagt auff das kürtzt!
Du selber denck im weyter nach!

Der jüngling.

Wieder ich zu fraw Ehren sprach:
Wollust las ich mir nit erlayden,
Ob ihn gleich schmehen etlich hayden.
Was wer on wollust menschlich leben?
Ich hab mich gar darein ergeben,
Gib im für allen dingen lob.

Fraw Ehr.

Fraw Ehr die sprach: Es ist gantz grob
Der schnöd wollust und die begier,
Weyl den haben die wilden thier.
Darumb nendt Socrates alzeyt
Wollust ein schwerlich dienstbarkeyt,
Der auch den menschen machet schier,
Spricht Anacharsis, zu eym thier,
Und er nembt auch so bald ein end,
Mit unlust Seneca bekendt.
Darumb ist wollust unlobwirdig.

Der jüngling.

Ich sprach: Wer wollusts ist begierdig,
Der hat vor deß wollusts anfang
Ein grosse frewde viel zeyt lang,
Ob gleich der wollust ist sehr kurtz.

Fraw Ehr.

Fraw Ehr sprach: Dein anschlag ist lurtz.
Aristotiles, der weiß man,
Spricht, wollust soll wir sehen an
Nit voran, wenn er her ist prangen,
Sonder wenn er gar ist vergangen,
Wie er laß ein verderblich endt,
Sein bsitzer inn angst und ellend;
So wurd wir wollust müssig gehn.

Der jüngling.

Ich sprach: Wenn man braucht müssig den
Wollust, wie kan er bringen schaden?

Fraw Ehr.

Sie sprach: Wollust der thut beladen,
Spricht Plutarchus, den menschen frey,
Er sey so ring er immer sey,
Hindert an viel ehrlichen dingen,
Viel zeyt unützlich thut hin bringen;
Darumb ist wollust allzeit schad.

Der jüngling.

Ich sprach: Noch hab ich sein genad,
Weyl Plato, der götlich poet,
Inn bulerey sein wollust het,
Arisippus und ander mehr.
Ich glaub, wann es schat also sehr,
Sie weren sein wol müssig gangen.

Fraw Ehr.

Fraw Ehr sprach: Sie wurden gefangen
Wie du, verblendet und betrogen,
Durch wollust in die lieb gezogen,
Wie Cebas Thebanus zaygt an
Inn seyner tafel, der weiß man,
Die er fürbildt menschlichem leben.
Also ists dir auch gangen eben.
Dein leichtfertiger mut darbey
Das ist gewest dein zawberey.
Beywonung hat entzuckt dein gmüt,
Das es in liebe tob und wüt.
Das verdeckt die gewonheyt frey,
Samb dein lieb lauter tugendt sey,
Wann gwonheyt billigt alle ding.
Dein lieb von erst inn forcht anfing,
Gieng darnach unverschemt im schwanck,
Hat dir gemacht dein gwissen kranck,
Das fast all tugendt von dir wichen
Und vil laster zu dir einschlichen.
Inn solcher liebe du noch brenst
Und dein selb ellend nit erkenst,
Thust dich darinn gleich selig nennen.

Der jüngling.

Ich sprach: Fraw Ehr, ich muß bekennen,
Das es als ist, gleich wie du sagst.
Ich bitt: hilff wider, ob du magst!
Gib mir dein haylsam artzeney,
Wie ich von dieser tyranney
Der lieb werd ledig widerumb!

Fraw Ehr.

Sie sprach: Nemb lehr durch Thulium!
Der spricht: Schaw an die lieb anfencklich!
Wie schnöd sind ir wollüst vergencklich,
Kurtz, armutselig, vol trübsal,
Knechtlich, vol unrhu uberal,
Vol gferligkeyt und gar verrucht,
Voller laster, schand und unzucht,
Vol trew, klag, schmertzen, angst und not,
Ein feindschafft gehn der welt und got.
Auch bringt die schnöd lieb auff dem rück
Armut, kranckheyt und viel unglück,
Ein böß gerücht und böß gewissen.
All tugend werden hingerissen.
Wenn du die ding betrachtest heind,
Würst du der lieb von hertzen feind,
Erst würdn die augn dir auffgehn,
Das du warhafftig würst verstehn,
Was übels und geferligkeyt
Inn solcher lieb verborgen leyt,
Das du dich vor dir selb würst schemen.

Der jüngling.

Ich sprach: Laß weyter mich vernemen!
Wie sol ich weyter halten mich,
Das nicht in künfftig zeyte ich
Wieder in sollich liebe fall,
Die bitter ist wie lauter gall
Und ist auch stercker, wan der todt!

Fraw Ehr.

Fraw Ehr sprach: Erstlichen bitt Gott,
Das er vergangne lieb verzeich,
Dir weytter sterck und gnad verleich,
All solcher lieb müssig zu gon!
Auch aller ursach müssig ston!
Meyd gsicht, gedancken, werck und wort
Der geliebten an allem ort!
Halt vor ir ohrn und augen zu!
Den müssig-gang solt fliehen du.
Ehrliche gschefft außrichten must,
Darinn findst auch freud und wollust.
Fleuch der weibsbild öde beywonung,
Die gar offt gibt böse belonung,
Das sie gerätt inn solche lieb!
Man spricht, die stat mach offt den dieb.
Darmit kumbst widerumb zu ruh
Deins leybs und gewissens darzu,
Biß du ein mal kumbst in die eh.
Denn hab ein lieb, sunst keyne meh!
Denn will ich, fraw Ehr bei dir bleiben,
Mit ehrn dein zeyt dir helffn vertreyben
Mit sampt andern tugendten mehr.
Inn dem daucht mich, wie mir fraw Ehr
Von mein füssen aufflöst zwo keten,
Die mich vor hart beschweret hetten.
Warff die von mir, das es erkracht.

Beschluß.

Im augenblick ich aufferwacht,
Stund frölich auff, mein strassen ging.
Mein hertz und füß mir waren ring.
Dacht: Warumb hab ich nit vor langst
Der lieb unruh, gfer, sorg und angst
Von mir geworffen und gejagt,
Die mich so schmertzlich hat geplagt?
Hab so viel edler zeyt verlorn,
Darmit erwecket Gottes zorn!
Den bat ich, er wolt mich begnaden,
Danckt im, das er vor grösserm schaden
Mich het in dieser lieb behüt,
Und namb mir für inn meym gemüt
Das kurtz gedicht, darmit zu warnen
Die jugendt vor der liebe garnen,
Der pfütschen alles ungemachs.
Das ir kein unglück darauß wachs,
Das wünschet zu Nürnberg Hans Sachs.
Anno salutis 1548, am 9 tag May.
(Band 3 S. 418-430)
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Ein artzney der lib für die jugendt.

Inn meyner ersten jugendt blüt
Ermundert sich das mein gemüt,
Durch-schawt in gsellschafft alle handel,
Wie denn die jugendt fürt ein wandel,
Das eyner facht, der ander rang,
Der dritt der sprung, der vierdt der sang,
Der fünfft und der tranck alzeyt gern,
Der sechst kund nicht vol spielens wern,
So trieb der sibend bulerey.
Nun diese hendel allerley
Het ich zum thayl ein weng getrieben,
Allein das holdselige lieben
Das het ich gar versuchet nie
Und sach doch all liebhaber, wie
Die frölich sprungen an den dentzen
Mit schön gezierten grünen krentzen
Und mit schnee-weissen facileten,
Sich auch vielfaltig rümen theten
Der süssen lieb, freud und wollust.
Des ich selb als geraten must
Und mich gleich der hartseligst daucht.
Schwermütig auff mir selbert haucht,
Mein hertz durch-brach mir gar mit jamer,
Saß eynsam, ellend in mein kamer,
Naygt seufftzend in ein hend mein haubt,
Das ich der freud solt sein beraubt.
Sprach: O, göttin der lieb, Venus,
Wie kumpt, das ich entperen muß
Aynig allein deinr süssen gab,
Das ich nit auch ein bulschafft hab,
Wie ander all? soll ich verderben
On süsse lieb, so einsam sterben?
Inn dem unmut und trawren tieff
Ich also gleich sitzend endtschlieff.
Inn diesem trawm da dauchte mich,
Wie auß dem gwülcken sichtigklich
Sich herab ließ ein himlisch bild
Inn gantz fliegender seyden mild,
Beklaydet schön, weiblicher art,
Sambt ander acht junckfrawen zart,
Die also süssigklichen sungen,
Zu mir von oben ab sich schwungen.
Ich dacht, die göttin Venus kem
Und ir Gracia mit ir nemb
Und wolt berüren mir mein hertz
Mit ihrem stral zu lieb und schertz.
Da ward ein jubel und frolocken.
Mein hertz vor grosser freud thet schocken
Ob der süssen göttin zukunfft.
Uber menschlich kunst und vernunfft
Ließ sich die göttin rab für mich
Sambt neundt, so leiß und sittiklich,
All blaycher farb mit augen tieff.
So daucht mich klar, wiewol ich schlieff.
Gar adelich die ausserwelten
Gantz zirckel-rund sich umb mich stelten.
Sie waren subtiler person.
Die eltest fing zu reden on:
O jüngling, warumb bist betrübet?
Waist nicht, das du uns bist verlübet
Worden in deinen jungen tagen?
Was darffst nach Venus lieb denn fragen?
Ich wurd schamrot und gar geschwayget,
Stund auff und mich den göttin nayget,
Erkendt an irn züchting gepern
Erst, wer die edlen göttin wern,
Nemlich die neun künstling Muse.
Sie sprach weyter: Jüngling, versteh!
Kenst du uns erst, weil wir dir haben
Geben die hymelischen gaben
Der poetrey, dich undterricht,
Zu machen gut teutsche gedicht?
Weyl du dich übst in unserm dienst,
Inn gegenwart uns hilflich finst.
Der unsern lieb der hast du ehr.
Sag! was bekümmerst du dich sehr
Nach Venus lieb? die ist doch arck!
Wo sie durchdringet pain und marck
Und endzünd vernunfft und gemüt,
Verwundet hertz, willn und geblüt,
So wüt denn der mensch immer zu,
Hat weder tag noch nacht kein rhu.
Er eß, er trinck, schlaff oder wach,
Er arbeyt oder was er mach,
So lebt sein hertz inn frembdem leyb,
Sey gsell, junckfraw, man oder weib.
Zeyt unde weil die ist im lanck.
Er hat gar mancherley gedanck.
Er ist unstät und wanckelmütig
Vergessen, unbesind, halb wütig,
Yetzund frölich, denn bald betrübet.
Sein seufftzend hertz inn klag sich übet.
Hat allein auff die lieb sein acht,
Schwecht sin, gedechtnuß, krafft und macht.
So bald denn lieb sein hertz ersicht,
Sein farb bleybt unverwandelt nicht.
Redt lieb mit lieb, so wirdt das hertz
Erst angezündt, biedmet vor schmertz.
Wo denn hertzlieb hertzlieb umbfecht,
Werden sie erst verwundet recht,
Vermain, ir hertz das sey erquicket,
So ist es nur noch baß verstricket.
Dann peynigt sehnen und das meyden.
Die klaffer bringen haymlich leyden,
Und es steh gleich kurtz oder lang,
Ist doch lieb laydes anefang,
Wann unglücks ist so mancherley,
Dardurch wird offt ir freud entzwey.
Auch sonderlich das letst abscheyden
Bringt gar ein bitter, herbes leyden.
Ich schweig der schnöden eyfersucht,
Auch, das die lieb scham, ehr und zucht
Verjaget sampt den andren tugendt
Und bringt ein unverschembte jugendt,
Pringt junckfrawschwechung und ehbruch.
Den bringt sie alles unglücks fluch.
Weil die lieb bergen mag nyemand,
Volgt laster, unehr, schmach und schandt,
Ein böß gerüch sand der reichthumb,
Verschwend sie auch ein grosse sumb.
Durch bul-dranck viel jüngling verderben,
Der sinn beraubt und ellend sterben,
Auß dorren an dem gantzen leyb.
Darzu auch bayde man und weib
Endtlich durch hurerey anstossen
Die ellend kranckheyt der Frantzosen.
Also die lieb verzeren thut
Dem menschen gsundheyt, ehr und gut.
Darzu so machet weyber-lieb,
Spricht doctor Freydanck, schelck und dieb,
Mörder, rauber unnd verräter
Und dergeleichen ubelthäter,
Die der hencker denn bringet umb.
Gedenck, wie ein unzelig sumb
Sunst durch den tod auch sey erlegen
Von solcher lieb und bulschafft wegen,
Wie uns die histori-schreyber schreyben,
On die sich selbert thun entleyben
Von wegen untreglicher marter!
Sag mir! wo war ein gfencknuß harter?
Begerst du dich denn auch zu stossen
In diese uberschwencklich grossen
Geferligkeyt in jungen tagen?
Ich ward den göttin widersagen:
Ich begert eyner ehrling lieb,
Nit weytter ich mich drein begieb.
Ich begert keyner hurerey.
Sie antwort mir: Mainst du, es sey
Die lieb also in deyner gwalt?
Sie hat kein zaum, das man sie halt.
Inn lieb kan man nicht halten maß.
Den göttren ist versaget das.
Es steht inn keynes menschen hend.
Die lieb gert allmal zu dem end.
Den menschen endlich fürt da hin,
Das er nye namb in seynen sin,
Wann sie ist doll, daub und gar blind,
Starck, das sie all ding uberwind.
Von ir der weysest wirt gebunden
Und auch der sterckest uberwunden.
Derhalb wer das end nicht will han
Der lieb, soll auch nit fahen an.
Derhalb, o jüngling, dich entzeuch
Der lieb! geleich dem fewer fleuch
Und mach dich ir nit undterthenig!
Sie ist ein süß vergifftes hönig,
Spricht Diogenes. Seneca seyt,
Sie sey ein recht unsinnigkeyt.
Drumb spar dein lieb biß in die eh!
Denn halt ein lieb und keyne meh!
Dieselbig lieb ist rayn und ehrlich,
Vor Got und vor dem menschen herrlich.
In mitler zeyt dein liebe richt
Inn unsren dienst auff die gedicht!
Darinn sein wir dir hilfllich gern,
All deyner bitt willig gewern.
Denn wirt dein nam mit unsern gaben
Gedechtnuß-wirdig aufferhaben
Durch auß inn gantzem teutschen landt.
Fraw Venus lieb hest du nur schandt,
Laster, verderbung und schaden.
Ich naygt mich, danckt iren genaden,
Erbot mich ihrem dienst gutwillig,
Der Venus abzusagen billich.
Bott ir darauff mein rechte handt.
Die druckt sie mir, damit verschwand.
Ich erwacht und bald umb mich schawt.
Dacht: Ist lieb so ein bitter krawt,
So vol gferligkeyt, angst und not,
So wöll mich darvor bhüten Got!
Doch stund ich auff, sucht hin und her
Inn büchern, ob es also wer;
Des mir reichlich bezeugen theten
Die gschichtschreyber und die poeten
Der lieb ellendes, wütigs wesen.
Do ich der het so vil durch-lesen,
Anfing ich und macht diß gedicht,
Das ich zu artzney hab zu ghricht
Der jugent; das ir kein unglück wachs
Auß solcher lieb, das wünscht Hans Sachs.
Anno salutis 1544, am 14 tag Junii.
(Band 3 S. 431-436)
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Der buler artzney.

Eins abends gieng ich auß spacieren,
Ringsweiß umb die gantz stat rifiren.
Als ich schlich aussen umb die festen,
Sah ich her gehn den aller-besten
Gsellen an der mawren dort nieden,
Der mich doch sehr lang het gemieden,
Von leyb geschmogen, dürr und mager,
Von angsicht thierisch, bleich und hager.
Den redt ich an: Wie geht es dir?
Er aber seufftzend antwort mir:
O gsell, wie get es mir so ubel!
Mich reidt des gantzen unglücks schübel.
Ich sprach: Es ist mir layd für dich.
Wenn du der sach berichtest mich,
Wolt ich ratsweiß kein müe nit sparen.
Er sprach: Ich hab dich wol vor jaren
Erkennet trew, still und verschwiegen.
Des will ich dir mein schwer anliegen
Erzelen und deins rats geleben.
Es hat sich vor eym jar begeben,
Das mir ward meines hertzen grund
In lieb gehn eyner frawen wund,
Das ich durch sehnen und verlangen
On alle rhu schier war vergangen.
Nach dem ich ir spat unde frü
Gedienet hab inn grosser müh
Mit hofieren manch kalte nacht,
(Doch wurd ich lang bey ir veracht)
Anfing ich, trawrig brieff zu schreyben.
Durch kuplerey und beren-treyben,
Durch kleynat, gab, schencken und bitten
Hab ich die allerliebst erstritten,
Das sie mir ward inn lieb vereynet.
Das unglück aber mir erscheynet
Inn meyner lieb an allen orten,
Als ich dir will mit kurtzen worten
Erzelen. Als ich meynen gang
Het zu ir, da wert es nicht lang,
Ir nachbaurn merktens ferr und nahen
Und finger-zeygend auff mich sahen.
Offt wardt ein wißplen uber mich.
Diß als maynt zu vermeyden ich,
Gieng bey nacht zu ir ein und auß.
Da mercktens die leut im haus.
Da must ich mich auch lassen nützen.
Auff der gaß jagten mich die schützen,
Wo sie mich on ein liecht ergriffen.
Auch wardt offt hindter mir auff pfiffen
Von mancher nassen, vollen rott,
Den ich auch kaum entlieff mit not.
Das trieb ich auff drey vierteyl-jar.
Da wurdens erst ir freund gewar.
Ir schweger, vettern und ihr brüder.
Erst wurd mein sach ie lenger müder.
Bey ir sie mich eins spechten auß
Und kamen haymlich inn das hauß
Und stiessen auff die kammer-thür,
Zogen zwey grosse licht herfür,
Grimmigklich in die kamer sprungen,
Mit gwerter hand her auff mich drungen.
Mir wurd nicht mehr, denn von in allen
Zum kammer-fenster auß zu fallen
Auff eynen mist, zwen gaden hoch,
Das ich auff allen vieren kroch.
Darvon in eynem wammas-hembdt
Kam heym, der kleyder mein empfrembt.
Da wardt ich scharff und hart capittelt.
Es war kein mensch bey mir, das mittelt.
Da stund ich bloß und kund nit laugen.
Mein freundschafft speit mir undter augen.
Erst ward mir angst und wee zu sein.
Da kam ein alte kuplerein
Zu mir, hefftige bottschafft sagt,
Bey den herren wer ich verklagt,
Man würd mich noch auffheben hewt.
Da wolt ich schicken bider-lewt
An ir freundschafft, mit in zu dayding,
Ob mir auch wider würd mein klayding.
Mein wolt sich nyemand nemen an.
Da hieß ich die alt hexen gan.
Geh! dayding, es kost was es kost!
Die alt gieng und bracht wieder post,
Zehen gülden ir freundschafft nem,
Doch das ich nimmer wider kem,
So lieb mir leyb und leben wer.
Bald gab ich ir die gülden her.
Bin also leyder abgespendt,
Wie kind von mutter-brüst endwend.
Mein freundschafft helt mich in dem zaum.
Vor ir freundschafft hab ich kein raum.
Ir nachpauren und handtwercks-gsellen
Mir viel verborgner luder stellen.
Mich irrt auch sehr der klaffer schwatz,
Hab auch beyn herren wenig platz.
Vor scham darff ich kein byderman
Ietzund mehr frölich sehen an.
So mein ehr hat ein schnap genummen,
Und bin auch umb mein gut schir kummen
Mit prassen, schencken und außgeben,
Und was ich hab versaumbt darneben.
Doch uber als das bitterst leyden
Ist mir, das ich die zart muß meyden,
Die ich inn schanden hab gesetzt,
Auch schwanger worden ist, zu letzt
Wirdt auch veracht die junge frucht.
Auch reytt mich starck die eyffer-sucht,
Sie werd sich an ein andern hencken.
Inn solchen peynlichen gedencken
Wemmert mein hertz und sich bekümmert.
All hoffnung, freud ist mir zertrümmert.
Das macht mein leyb krafftloß und mat.
Ich bitt dich: kanst, so gib mir rat,
Eh ich verzag inn dem ellend
Und an mich leg mein aygen hend,
Hie zeytlich, dort ewig verderb!
Ich sprach: Dein anfechtung ist herb;
Doch rat ich dir: vor diesem allem
Must du ihr lieb gar lassen fallen,
Als ob du ihr nye hetst gesehen.
Er sprach: O schweyg! das kan nit gschehen.
Vor lieb mag ich kein rhu nit han.
Ich glaub, das es mir sey gethan.
Ich sprach: Du lest dich des beduncken.
Weyl du bist in der lieb ertruncken,
Hat sich verkeret dein gemüt,
Das so unsinnig tobt unnd wüt
Nach der begierlichen wollust,
Das du selb nit waist, was du thust,
Und mainst, kein freud sey mehr auff erdt,
So diese dir entzogen werdt.
Also hast dus gethon dir selb
Unnd bist halb unsinnig und gelb.
Thu aber auff dein blinde augen!
So wirdst du mir nit künden laugen,
Das dein lieb sey vergangner zeyt
Gewest ein herbe bitterkeyt,
Vol angst, gefar unnd unfalls mehr,
Ein raubung gsundheyt, guts unnd ehr.
Er sprach: Ja des muß ich bekennen,
Noch thu ich so inn-prünstig brennen
Inn lieb, das es noch kost mein leben.
Ich sprach: Darfür will ich dir geben
Ein artzeney, die aller-süssest,
Darmit du deinen jamer büssest,
Auch zu nembst an leib, gut und ehren.
Er sprach: Kündst du mich das gelehren,
End het mein klag. Ich sprach: Versteh!
Wilt du leschen das brinnend wee,
So thu dich fleissigklich umbschawen
Nach eyner junckfraw oder frawen,
Tugendhafft, züchtiger geper,
Guts ghrücht, von erbarn eldtern her,
Deins gleichen! der beger zu ehren!
Kuplers-weiß darfst du nichts verzeren.
Schick bider-leut an ir freundschafft!
So dir die ehlich wirt behafft,
Dieselbig ist erst recht dein eygen.
Der du in freuden dich erzeygen!
Die hatt denn ehrlich, werd und lieb!
In gantzer trew dich ir ergieb!
Die liebt dich widerumb inn trewen
Unnd mag dich alle stund erfrewen
Holdseligklich zu pett und tisch.
Bey der magst du sein frey und frisch,
Rhusam, sicher und unverborgen,
On alle forcht, schewhen und sorgen,
On als einsteygen oder schleichen,
On als auß-fallen oder weichen.
Ye lieber du sie hast unnd herrlicher,
So vil bist ghalten dester ehrlicher
Von beyder freundschafft, rat und recht,
Von nachbarschafft, von maid und knecht.
Dein kinder kummen auch zu ehren.
Die magst ziehen, straffen und lehren.
Auch magst du treyben deynen handel
In eynem gotsfürchtigen wandel,
Das ir zu nemet auch an gut.
Darzu dir trewlich helffen thut
Dein arbeytsames biderweib,
Wie Salomo, der weiß, beschreyb:
Das hauß erpaut ein weyse fraw.
Ob es dir aber geht genaw,
Dir kumpt viel widerwertigkeyt,
So hilfft dein weib dir alle zeyt,
Dein schwere bürd getrewlich tragen,
Und lest dich einsamb nit verzagen.
Solch creutz die tregst du auch mit ehren.
Auch magst du züchtigen und lehren
Dein weib inn ir blüenden jugendt
Auff erbarkeyt, sitten und tugendt,
Das sie sich redlich an dir helt
Unnd dir auch leyst, was dir gefelt,
Wie man denn spricht: Ein byderman
Ein frummes weyb im ziehen kan.
Schaw! diese lieb die ist holdselig,
Gott und den menschen gar gefellig.
Auß der entspringet alles guts,
Ein uberschwencklich grossen nutzs,
Fried, freud und lob, reichthumb und ehr,
Freundschafft, gsundheyt, erben und mehr,
Ein gut gwissen und Gottes gnaden,
Welches als hat genummen schaden
Inn deyner voring falschen lieb.
Schaw, gsell! die ertzney ich dir gieb,
Dardurch wirdt all dein angst verkert.
Folgst du, wie ich dich hab gelert.
Frölich mein gsell mich da anblicket
Unnd sprach: Wie hast du mich erquicket
So tröstlich! Selig sey die stundt,
Das ich dich hie spacieren fund!
Nun will ich schawen auff das mein
Unnd huren lassen huren sein.
Ich will warhafftig folgen dir.
Truckt mir mein hend und schied von mir.
Ich gieng mein straß und dacht darbey:
Wie schedlich ist die bulerey,
Wo sie eins menschen hertz vergifft!
Was sünd, laster, unrats sie stifft,
Das sicht man leyder alle tag,
Das es nyemandt erzelen mag.
Ich schweyg des unendtlichen schaden,
Darmit die seel dort wirdt beladen,
Weyl sich die hurer selb verderben
Und werden Gottes reich nit erben,
Wie Paulus offentlichen spricht.
Noch straffet man das laster nicht,
Vorauß wo sich die leding paren,
Vermeynt, ergers mit zu verwaren.
Paulus aber thut uns bekennen,
Besser sey heyraten, dann brennen.
Zu meyden hurerey voran,
Soll yedes sein gemahel han
Inn dem ehstand, welcher ist frey
Die eynig haylsam ertzeney
Und mittel, das Got hat gesetzt,
Darmit der mensch sich hie ergetzt
Nach gottes ordnung und gebot
Und vor der welt on schand und spot
Mag mit seynem gemahel leben,
Die frucht seins leybs mit ehrn geben,
Das menschlich gschlecht sich mer und wachs,
Das wünscht von Nürenberg Hans Sachs.
Anno salutis 1534, am 21 tag Augusti.
(Band 3 S. 437-443)
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Gesprech. Der liebe art und aygenschafft
auß der bildnuß Cupidinis.

Ains morgens inn dem Mayen,
Eh die sunn thet außstreyen
Den ihren liechten schein,
Spacieret ich allein
Durch ein blumreiche wiesen.
Mitten dardurch war fliesen
Ein silber-klarer pach.
Dem selben gieng ich nach.
Da stund zu bayden seyten
Weyden-koppen; von weyten
Fund ich sitzen allein
Am pach auff eynem stein
Ein jüngling zweintzig-järig,
Erschluchtzt gantz ungeperig,
Samb trostloß unnd ellend.
Het inn sein rechte hend
Sein haupt traurig geneyget.
Unmutig sich erzeyget.

Der dichter.

Ich bott im meinen gruß.
Inn seiner khümmernuß

(Der betrübt)

Danckt er mir, seufftzend noch.

Der dichter.

Weiter ich ihn anzoch
Mit gar senfftem gesprech;
Fragt, was ihm doch gebrech,
Das er so trawrig wer.

Der betrübt.

Er fing an unnd sagt her,
Wie ihm vor zwayen jaren
Ein kranckheyt widerfaren
Wer, die het er auch noch.
Die peynigt ihn so hoch.

Der dichter.

Ich fragt: Ist es das fieber?

Der betrübt.

Er antwort mir: O lieber,
Sie ist vil erger gar.

Der dichter.

Da fragt ich wieder dar:
Was? sind es die Frantzosen?

Der betrübt.

Er sprach: Mich hat angstossen
Ein kranckheyt, die an schand
Ich sagen khan nyemandt.

Der dichter.

Ich sprach: sag dein kranckheyt!
Wer waiß, wo noch glück leyt,
Das du ir durch rath khembst ab.
Erst er sich drein ergab,
Sein kranckheit zu bekennen.

Der betrübt.

Sprach: Nun will ich dir nennen
Mein kranckheyt, ist die lieb,
Die mich gleich wie ein dieb
Hat haymlich hindtergangen,
Verwundet unnd gefangen,
Setzt mir so heftig zu.
Ich lebt ahn alle rhu,
Samb ich bezaubert wer.
Ich wütet hin unnd her
Gehn eyner junckfraw zart.
Das kham mich an so hart,
Das ich teglich nemb ab
An seel, leib, gmüt unnd hab,
Das ich gleichsam ausdorret,
An leib unnd gmüt verschmorret.
Das ist die kranckheyt mein.
Ich bitt: Kanst du allein,
So sag! was ist die lieb,
Die mich so hefftig trieb?
Lehr mich auch widerumb,
Wie ich doch der abkumb!

Der dichter.

Ich sprach: Gsell, deiner bitt
Kan ich abschlagen nit.
Du thust ein rechten fregen.
Jüng bin ich auch gelegen
Inn diesem spital kranck.
Drumb will ich dir zu danck
Der liebe art erzelen,
Gantz aygentlich fürstellen
Auß den weisen poeten,
Die lieb beschreiben theten,
Die den Cupidinem,
Dem gott der lieb, inn dem
Abpilden sie die kraft,
Der liebe eygenschafft.
Nun merck! es steht das kind
Nackat und darzu blindt,
Hat ein starcken handbogen,
Darauf zwen pfeil gezogen;
Ein stral von goldte frey,
Der ander stumpff von pley.
Auch hat das kind im rück
Zwen flügel unnd ist flück.
Schaw! inn dieser gestalt
Die lieb ist abgemalt.

Der betrübt.

Er aber antwort mir:
Möcht ichs haben von dir,
Das du mirs baß erklerest!

Der dichter.

Ich sprach: Weil du es begerest,
So merck! Cupido wirt
Genennet die begierdt,
Der mit seym stral einbricht
Durch wort, werck unnd gesicht.
Wer dem nicht widersteht.
Mit vernunfft ihm entgeht,
So wirdt das selbig hertz
Verwund mit bittrem schmertz,
Brinnend unnd uberwunden,
Gefangen unnd gebunden,
Samb es verstricket sey
Mit starcker zauberey,
Unnd ligt inn lieb darnieder.

Der betrübt.

Der kranck mir antwort wider:
Ach sag, warumb das kind
Ist augenloß unnd blind!

Der dichter.

Ich brach [sprach]: Der liebe krafft
Hat diese aygenschafft,
Das ihr starcke zukunfft
Gantz blendet die vernunfft.
Des wirt der mensch denn blindt,
Töricht unnd unbesind,
Waiß selb nicht, was er thut,
Und schlecht leyb, ehr unnd gut
Allsemptlich inn die schantz
Unnd wird verwegen gantz,
Bedenckt des endes nit.
Den sollich liebe gitt,
Platzt inn die lieb hin-nein.
Im gfelt sein lieb allein,
Ir dienet unnd hofiert,
Im hertzen krönt unnd ziert
Für alle schetz auff erd.
Ist doch offt nichtsen werd,
Ungschaffn an sitten unnd tugend,
Grob, ungezogner jugend,
Fürwitz, wanckel und stützig,
Untrew und aygen-nützig
Unnd mehr das ihm gebricht.
Der buler als nit sicht.
Hie merckst du wol darbey,
Wie blind die liebe sey.

Der betrübt.

Er sprach: Sag! war-mit sind
Die buler gleich dem kind?

Der dichter.

Da sprach ich: Der buler
Hat gantz kindisch geper.
Wenig witziger wort
Vom buler wern gehort.
Darzu all seine werck
Sind alle vom gauch-berck.
Hat kindische anschleg,
Viel sorg, die ihn beweg,
Fürcht sich an undterlaß,
Ietzund diß, darnach das,
Unnd ist auch immerzu
Gleich wie ein kind on rhu,
Acht keiner scham noch zucht,
Leichtfertig unnd verrucht,
Nach freud unnd wollust tracht,
Sitten unnd tugent veracht.
Er acht auch keyner kunst,
Freundschafft noch gsellschafft sunst.
Auch wo er hab zu schaffen
Mit layen oder pfaffen,
Thut er, samb hab er eben
Sein sinn zu waschen geben.
Inn summa all sein handel
Ist ein kindischer wandel.
Wer ihn zu straffen meindt,
Dem wirt er haymlich feind.
Will sein an zaum unnd zügel.

Der betrübt.

Was bedeudten die flügel,
Sprach er, an diesem kind?

Der dichter.

Ich sprach: Die buler sind
Allzeyt unstet unnd wancken,
Mit fliegenden gedancken.
Ist er ein stund freud-vol,
Drey tag er trawert wol.
So er sein hertz erquicket,
Ist es noch baß verstricket.
Lieb verkert sich alzeyt
Auß freud inn hertzen-layd.
Das sehnen unnd das meyden
Bringt innigklich hertzleyden.
Dem klaffer er offt flucht.
Ihn reyt die eyfersucht.
Lanckweil, schwermütigkeyt
Vexiert ihn alle zeyt.
Als-denn er wider hofft
Unnd verkert sich so offt
Unnd nembt die lieb an rhu
Stät ab unnd wider zu.
Gibt auch vil list unnd renck.
Viel feindschafft und gezenck.
Offt mit untrew betreugt
Die lieb unnd gar hin fleugt.
Lieb besteht selten lang.

Der betrübt.

Er sprach zu dem außgang:
Sag mir, wie es zu-geht,
Das das kind nackat steht!

Der dichter.

Ich sprach: Es deudt den sitt,
Das sich die lieb gar nitt
Int leng verbergen mag,
Wann sie kumpt an den tag,
Wirt offen mit der zeyt
Mit all ihr haymligkeyt,
Wiewol mans helt mit sorgen
So haymlich und verborgen.
Das maint der buler thumb,
Es wiß kein mensch darumb,
So auff ihn durch viel leut
Mit fingern wirdt gedeudt,
Von ihm gsagt unnd gesungen.
Dardurch wirt er getrungen
Zu mancherley unglück,
Das ihm kumpt auff den rück
Von den menschen unnd Gott
Schand, schaden unde spot.
Die lieb auch bringen thut
Kranckheyt und aremut.
Also hast du die gloß,
Warumb das kind steh bloß,
Sampt aller aygenschafft
Auffs kürtzt, darmit behafft
Ein yeder buler sey.

Der betrübt.

Er sprach: Sag mir darbey
Auch, was der bleye poltz
Bedeudt, des kindes stoltz!

Der dichter.

Ich sprach: Er deudt darbey
Der liebe gwiß artzney,
Wann er verlescht die lieb.
Zu verstehn ich dirs gieb.
Wen die lieb wil verwunden,
Der selb so zu den stunden
Den ersten anfang fleucht,
Hertz, augen, hend abzeucht,
Der lieb nit thut nach-hencken
Vernünfftig im gedencken,
Den uberschweren schaden,
Darmit er werd beladen
An seel, leib, ehr unnd gut,
An hertzen, sinn unnd mut,
Von kurtzer frewde wegen,
So man inn lieb thut pflegen,
Wie auch die weysen alten
Die lieb für schedlich halten.
Diogenes argwönig
Nendt lieb vergifftes hönig.
Plutarchus nendts allzeyt
Ein süsse bitterkeyt,
Dardurch alten unnd jungen
On zal hat misselungen.
Schaw! wer die ding betrachtet,
Der selb viel lieb verachtet,
Das sie ihn nit macht wund,
Bleibt von ihr frisch und gsund,
Und wer sie het im hauß,
Treibt sie bald wieder auß
Als ein schedlichen gast.

Der betrübt.

Er sprach: Gesell, wie hast
Du mich so senfft erquicket!
Gott hat dich her geschicket
Zu mir auff diesen morgen.
Inn mein engstlichen sorgen
Hast mir gesagt fürwar
All mein gebrechen gar,
Die ich inn lieb erliedt.
Nun geh du hin im fried!
Gott danck dir alle stundt!
Du hast mich gmachet gsund
Durch dein getrewe leer.
Der lieb ich forthin mehr
Will gentzlich urlaub geben,
Dieweil ich hab mein leben
Unnd ander lewt auch warnen
Vor den schedlichen garnen
Der lieb unnd ihrer harter
Unaußsprechlicher marter,
Auff das sie nyemand wachs
Biß int eh, wünscht Hans Sachs.
Anno salutis 1547, am 1 tag May.
(Band 4 S. 307-315)
_____




Der liebe zanck.

Als ich inn meiner jugend thumb
Einer junckfrawen mich an-numb,
Die ich het innigklichen holt
Inn zucht unnd ehren, als ich solt,
Inn rechter trew, freundlicher art,
Von ihr nit mehr zu thail mir ward,
Denn offt ein freundlich augenblick,
Manch lieblich gsprech, auch offt und dick
Ein kuß und freundlich umbefanck.
Das namb ich an zu hohem danck,
Begeret weyter auch nye mehr,
Wann mir war ihr junckfrewlich ehr
Lieber, denn alle freud auff erd.
Von gantzem hertzen auch begert,
Mein leben mit ihr zu beschliessen,
Im ehling stand ihr zu geniessen.
Kürtzlich eins tages sich zu-trug,
Das sie mir alle freud abschlug.
Nimmer ich sie umbfahen solt,
Kein kuß sie mir mehr bieten wolt,
Wann sie besorgt vor mir ihr ehr.
Unnd dergleich wort gab sie mir mehr.
Ich erschrack, sie doch gütlich fragt,
Obs ihr ernst wer; darauff sie sagt,
Es wer ir ernst, und wolt das sagen
Von mir, unnd mich darumb beklagen,
Wo ichs widerumb wurd umbfahen.
Erst thet mir undtert augen schlahen
Das ellend mit grosser nachrew.
Dacht: Ach wee meiner lieb und trew,
Das ichs so hertzlich hab gemeindt!
Mein hertz das klopftet, seufftzt und weint.
Legt mich unmutig inn mein pett
Unnd also bey mir selbert redt:
O Venus, du göttin der lieb,
Sag, wo mein lieb unnd trew nun blieb,
Die ich inn deym dienst trug so hertzlich!
Wie ist sie worden mir so schmertzlich,
Der ich so trewlich hab gemeint?
Helt mich für ihren ehren-feind.
Mein trew ich gar verloren spür.
Der strosack ligt mir vor der thür.
Ich bin gefüret auff ein eyß.
Kein hülff und trost ich fürbaß weiß.
Mein hoffnung ist gar ab und todt.
Nun wünschet ich und wolt auch Got,
Das ich ihr doch nye het gesehen.
Im pett thet ich mich lang umbtrehen
Inn weemüting gedancken tieff,
Biß ich samb halb und halb entschlieff.
Inn dem mich eygentlich bedeucht,
Wie das mein kammer würd durchleucht
Mit eynem klaren schein.
Mit süssem geruch trat herein
Venus, die göttin, für mein pett
Unnd mich gantz senfftigklich anredt:
Ach junger gsell, sey wolgemut!
Dein sach die wirt noch alle gut.
Waist du nit? das junckfrewlich bild
Inn lieb ist alzeyt rauch und wild
Unnd seiner lieb nit leicht bekendt,
Ob es gleich innhitzigklich brendt.
Darzu nöt sie ihr scham und zucht,
Darmit sie zu erreten sucht
Ir ehr, irn allerhöchsten schatz.
Auch fürcht sie hart des klaffers schwatz,
Die keyner ehren auch verschonen.
Des thu ich trewlich dich ermonen:
Erheb dein trawriges gemüt!
Wann sie hat eben dein geblüt
Und hat dich innigklichen lieb.
Derhalb dich weitter nit betrieb!
Sie wirt dir trew und freundlich sein.
Ir rew darumb ist auch nit klein,
Das sie dich hat so hart betrübt.
Ir hertz sich auch in schmertzen yebt.
Laß alln unmut und zweifel faren!
Wann sie wirt noch inn wenig jaren
Dein lebenlang dir zu-geselt.
Ich hab dir sie selb außerwelt
Zu eym steten hertzlieb allein.
Darumb laß alles trawren sein!
Mit dem die göttin bald verschwund.
Ich erwacht und im hertzen-grundt
Ward ich erfrewt und bald auffstan.
Als ich mein lieb ward sichtig an,
Redt ich sie an mit trawring wortten,
Die sich aber an allen orten
Entschuldigt, sie wer mir nit feind,
Het die wort nit so arg gemeint,
Ich solts halten trewlich, wie billich,
In ehren und zucht wolt sie gutwillig
Forthin inn lieb mich nit verlon,
Forthin nicht mer wider mich thon.
Also wurd unser lieb und trew
Widerumb gantz beschlossen new
Mit eynem umbefang unnd kuß,
Der mich noch alzeit frewen muß.
Das unser lieb grün, blü unnd wachs
Inn zucht unnd ehren, wünscht Hans Sachs.
Anno salutis 1544, am ersten tag Septembris.
(Band 4 S. 322-324)
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Von zweyerley lieb.

Erstlich die ehlich lieb.

Im anfang Gott einpflantzet pur
Durch sein wort menschlicher natur
Lieb, lust, begier, freundlich gemüt
Dem man zum weib durch hertz und blüt.
Wo diese lieb geordnet ist
Ehlich und stet bleibt alle frist,
Inn angst, not, trübsal, kummer, layd,
Inn gantzer trew und erberkeyt,
Die ist holdselig unnd begierlich,
Edel, köstlich unnd uberzierlich,
Auß der volgt manch holdselig frucht
Inn warer trew unnd rayner zucht.
Der ich will zehen hie bedeuten
Zu eynem spiegel den ehleuten.
Sara het Abraham, ihrn man,
Lieb, werd unnd war ihm undterthan.
Dergleich Isaac Rebecca,
Jacob die Rachel auch alda,
Michol David, auch trewlich milt.
Sein leben im vor Saul erhielt.
Penelope ir trew zwayntzg jar
Hielt an Ulixem, der auß war.
Lucretia ihr trew hielt lang,
Sich selb erstach, da mans not-zwang.
Ippo, die fraw, sich selb ertrenckt,
Eh das ihr trew unnd ehr wurd krenckt.
Orgia gfencklich wurd beraubt
Ir ehr; den selben sie enthaubt.
Julia ihr trew hertz zerbrach,
Da sie irs mans klaid blutig sach.
Sulpicia zog willig behend
Irem man nach inn das ellend.
Solliche lieb inn trew unnd ehren
Darff man mit keiner kurtzweil meeren,
Als tantzen, rayen, panckatiern,
Mit singen, springen und hofiern,
Köstlicher wat; zier unnd geschmuck
Sind zu der andren lieb ein pruck.

Die ander lieb, unehlich.

Die ander lieb ausserhalb der eh
Inn bulerey bringet hertz-weh,
Inn der der Sathan sich ein-mengt,
Falsche lieb in die hertz brengt.
Auß der volgt schad, schand und untrew,
Verlust der ehr, ewig nach-rew.
Der frücht werden zwaintzig erzelt
Zu eym exempel für-gestelt.
Sichem und sein volck wurd getödt,
Da er Dina zu unkeusch nöt.
Dergleich bracht des Levitten weib
Viel tausent man umb ihren leib.
Den Israhelitten erstach
Pinehas, der inn sünden sach.
Simson kam durch lieb umb sein har,
Umb sein augen unnd leben gar.
David beschlieff auch Bersabe,
Bracht Uriam inn tod; versteh!
Ammon beschlieff sein schwester klug,
Darumb ihn Absalon erschlug,
Der auch seins vatters weiber schend,
Namb darnach auch ein schröcklich end.
Die lieb verblendet Salomon,
Des er bett frembde götter on.
Paris durch lieb Helenam stal,
Dardurch Troya thet einen fal.
Achilles umb sein leben kam,
Da er gwan lieb Polixenam.
Jason ward durch falsch lieb verbrand
Durch Medeam, das weib, genandt.
Guisgardus durch lieb wurd ermort.
Gißmunda namb durch gifft ir ort.
Herr Tristrant kam durch lieb in not.
Fraw Isald starb vor layd auch todt.
Durch lieb Piramus sich erstach.
Die trawrig Thißbes folgt auch nach.
Leander im wasser umbkam.
Darinn starb auch Ehron mit nam.
Philis hieng sich an eynen strang,
Als von ir war ir bul zu lang.
Rea ward lebendig begraben,
Da sie in liebe ward erhaben.
Solcher geschicht der sind on zal,
Auch noch geschehen uberal
Zu unser zeit inn allen stenden,
Die sich diese lieb lassen blenden,
Die doch ist laydes anefanck,
Der seel ein ubergifftig tranck,
Ein blendung der vernunfft und sinn,
Aller tugend zerstörerin,
Dem hertzen gar ein bitter leyden,
Ein groß hertzweh mit kleinen freuden,
Dem leib ein wütend regiment,
Dem leben gar ein trawrig end,
Dem teuffel ein fall- und jag-strick,
Der hell ein speiß immer ewig,
Ein tempel, darinn wont der tod,
Unnd ewig feindschafft wider gott,
Darauß ewiges leyden wachs.
Darvor bhüt uns Got! spricht Hans Sachs.
Anno salutis 1526, am 20 tag Martii.
(Band 4 S. 325-327)
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Ein rat zwischen einem alten man
unnd jungen gesellen dreyer heyrat halben.

Nach-dem ein jüngling frisch und frey
Het undter-hand der heyrat drey,
Erstlich ein junckfraw schön und zart,
Nit fast reich, yedoch guter art,
Zum andern solt er im vertrawen
Zu der ehe ein junge witfrawen,
Die vor gehabt het eynen man,
Zum dritten solt er nemen an
Ein alte reich unnd wol begabt,
Die doch vor zwen mann het gehabt,
Nun ihr yede ihn haben wolt,
Nun west er nit, welche er solt
Nemen der dreyer, und thet gan
Zu einem alten weysen man
Und im die drey heyrat fürlegt.
Der weyse man seyn hand austreckt
Auff eyn fünff-jering knaben mit,
Welcher auff eim steckleyn umriet
Inn der stuben, und sprach: Nun frag
Das kind, auff das es hie sag
Mit kurtzen wortten, welche frey
Auß den dreyen zu nemen sey.
Bald sprach der jünglieng zu dem knaben:
Sag, ob ich die junckfraw sol haben!
Das kneblein antwort: Wie du wildt.
Der jünglieng sprach: Sol ich die mildt
Wittfraw nemen, welche voran
Zu der ehe hat gehabt ein man?
Das kneblein sprach: Wie sie will.
Der jüngling sprach: Mir nit verhill,
Ob ich mir nemen soll die alten,
Welche auch vor hat hauß-gehalten
Mit zweyen mannen inn der ehe!
Rat mir, das ich mich nit vergehe!
Das kneblein warff sich bald herumb,
Rit ringweys inn der stuben umb
Unnd schry: Hüt dich! mein pferd schlecht dich.
Der weiß man sprach: O jüngling, sich!
Nun hast du deiner frag bescheyd.
Der jüngling sprach: Bey meinem ayd,
Ich hab verstanden gar kein wort
Von dem kneblein an diesem ort.
Ich bitt, wölst mir das baß erklern.
Der weiß man sprach: Von hertzen gern.
Kanst du denn erstlich nit verstan?
Da dir das kneblein zeyget an
Erstlich von der junckfrawen milt,
Da es zu dir sprach: Wie du wild,
Da maynt er, die junckfrawe gütig
Wer noch forchtsam, gschlacht und waichmütig,
Derhalb du ir wol möchst abziehen,
All eygen-sinnigkeit zu fliehen,
Das sie dir fein bleyb undterthan,
Das du im hauß bleybst herr und man
Und alles thet, wie du nur wolst.
Zu dem andern du mercken solst
Von der witfrawen inn der still,
Darzu der knab sagt: Wie sie will,
Meynt er, weil die wittib vorauß
Mit eym man het gehalten hauß,
Würds all ding thun nach ihrem sin,
Als die all ding wol wist vorhin
Und des haußhaltens het verstand,
Und würd ihr thun gar wee und and.
Wo du sie wolst ein anders leren,
Würd sich an dein straff nit viel keren.
Darob viel zancks sich würd erheben,
Ehe dus nach deym sinn richtest eben.
Als zu dem dritten ob der alten
Der knab das wort dir für hat ghalten:
Hüt dich, wann mein pferd das schlecht dich!
Darmit anzeygt er eygentlich,
Das es ein grosse thorheyt wer,
Das sich ein man geb inn solch gfer,
Nemb die, so vor zwen man het gehabt,
Obs gleich reich wer und wol begabt.
Bey den sie verbost und verargt,
Wer inn irm eygnen sinn verstarckt,
Das nyemand möcht biegen die frawen,
Denn allein schauffel und die hawen,
Wie man denn sagt von diesen sachen:
Alt hund böß bendig sind zu machen.
Verloren ist all trew und güt,
Zu endern ein verstockt gemüt.
Wolst dus denn bendigen mit zorn,
Mit rauffen, schlagen und rumorn,
So must du mit dem alten fratzen
Dein lebtag ziehen die streb-katzen
Oder der narr bleybn inn dem hauß.
Jüngling, nun wel dir selber auß,
Die erste, ander oder dritt,
Auff das dir inn der ehe darmit
Nit volg ein ewige nach-rew,
Sonder dir durch ehliche trew
Fried, freud und freundligkeyt auffwachs
Im ehling stand! das wünscht Hanns Sachs.
Anno salutis 1549, am 22 tag Januarii.
(Band 4 S. 328-330)
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Das bitter-sües ehlich leben.

Eins abends spat, als ich gieng auß
Stillschweygend, schleichend wie ein mauß,
Der aller-liebsten für die thür,
Als ich kam an den marck herfür
Mit grosser fantasey gedicht,
Inn dem mit eym verborgen liecht
Mein alter meister mir bekham,
Grüst mich unnd nennet mich mit nam:
Wo nauß so spat? wo wilt du hin?
Mir aber waren all mein sin
Inn lieb verwickelt und verbunden,
So gar verblend und uberwunden,
Das ich still schweig und ihn nit kendt.
Mit worten er mich baß anrendt,
Wo ich hin wolt, hielt mich beym rock.
Ich zug mich von ihm wie ein stock.
Als er mich nit wolt lassen gehn,
Sprach ich: Mayster, ich khan nit stehn,
Ich muß noch heint ein weib nemen,
Er sprach: Des eylens thu dich schemen!
Nimb leut darzu! harr biß auff morgen!
Ich sprach: Es muß gschehen verborgen.
Wir dürffen keiner leut darzu.
Er sprach: So bleib doch heint mit rhu!
Ich sprach: Nein, sie hat nechten jehen,
Was heint nit gschech, sol nimer gschehen.
Er sprach: Eyl nit! schaw eben auff!
Es ist ein leichnam langer kauff,
Dein leben lang verbunden sein.
Zu sibn mal kumbt ein rew darein.
Ich sprach: Wie künd mich das gerewen?
All augenblick thets mich erfrewen,
Darinn ich sie nur sehen sol.
Ach wie wirt mir denn sein so wol,
Wenn ich allzeyt bey ir soll sein!
Er sprach: O draut geselle mein,
Es ist nit lauter küchlein zessen.
Frag ein, der zu hauß ist gesessen
Ein zwaintzig oder dreissig jar!
Der wirt dir sagen wol fürwar,
Wie offt er hab gewünscht und wolts,
Sein weib ein wolff sein, lüff zu holtz,
Das er mit ehren ihr ab-khem.
Das machet mirs nit widerzem.
Was gehnt mich böse weiber an?
Sprach ich; weil ich erwelet han
Ein metzlein holdselig inn ehren,
Die mich will trewlich helffen neeren,
Will mir sein undterthan und willig.
Er sprach: Ja das verheist sie billig.
Wer meinst, der saures bier auß-schrey?
Ich sprach: Ich weiß gewiß darbey,
Das sie mir bleibt freundtlich und trew,
On widerwillen unnd nachrew
Unnd warlich helt, was sie verheist.
Er sprach zu mir: Gesell, du weist,
Das alle weiber tragen layder
Ein kurtzen mut unnd lange klayder.
Ich sprach: Het ichs, ich wolt nit sorgen.
All mein trawren würd mir verborgen.
Ich waiß: Es künd mich nit gerewen.
All augenblick thets mich erfrewen.
Er sprach: Sie wirt dir küchlein kochen,
Ja, erstlich in der flitter-wochen;
Hernach wirstus anderst erfaren.
Rhüm mirs etwan nach zehen jaren!
Bist du auff lauter rosen gangen,
Kein saures nye von ir empfangen,
So bist du ye der erste man.
Ich sprach: Mein maister Hans, sagt an!
Habt ir nicht auch ein bider weib
Außerwelet für ewren leib,
Die euch kein arges noch saures thut,
Sonder nur alles suß und gut?
Wie künd euch denn nur baß gesein?
Er sprach: Hör, traut geselle mein,
Gott sey gelobet unnd geert,
Der mir ein frumb weib hat beschert,
Mit der ich zway und zweintzig jar
Gehaust hab (Gott geb lenger, zwar!)
Wiewol sich in meym ehling leben
Hat süß und sawres offt begeben,
Teglich gemüscht von freud und leyd,
Yetz auff, denn ab, on undterscheyd!
Sie hat mir nit stets kochet feygen.
Will schwancks-weiß dir ein theilanzeigen.
Mein fraw ist mein paradeiß thewer,
Darbey mein tegliches feg-fewer.
Sie ist ein himel meiner seel,
Sie ist auch offt mein pein und hell.
Sie ist mein engel auß-erkoren
Und ist offt mein fegteuffel woren.
Sie ist mein wünschelrut und segen,
Ist offt mein schawer und platzregen.
Sie ist mein May und rosen-hag,
Ist offt mein plitz unnd donnerschlag.
Mein fraw ist offt mein schimpf und schertz,
Ist offt mein jamer, angst und schmertz.
Sie ist mein wunn und augen-weyd,
Ist offt mein trawrn und hertzen-leyd.
Mein fraw ist mein freyheyt und wal,
Ist offt mein gfencknuß und not-stal.
Sie ist mein hoffnung und mein trost
Ist offt mein zweiffel, hitz und frost.
Mein fraw ist mein zier und wol-lust,
Ist offt mein graw und suppen-wust.
Sie ist off mein könglicher sal,
Ist offt mein kranckheit und spital.
Mein fraw die hilfft mich trewlich neren,
Thut mir auch offt das mein verzeren.
Mein fraw die ist mein schilt und schutz,
Ist offt mein frevel, poch und trutz.
Sie ist mein fried unnd aynigkeyt
Und mein teglicher hebenstreyt.
Sie ist mein fürsprech und erlediger,
Ist offt mein anklager unnd prediger.
Mein fraw ist mein getrewer freund,
Auch offt worden mein gröster feind.
Mein fraw ist offt mietsam und gütig,
Sie ist auch offt zornig und wütig.
Sie ist mein tugend und mein laster.
Sie ist mein wund und auch mein pflaster.
Sie ist meins hertzen auffenthalt
Und machet mich doch graw und alt.
Also inn summa summarum
Mein weib ist erber, trew und frumb,
Doch nit ein sinnes alle stund.
Hiebey bedenck und merck den grund,
Wie ein jung man denn kummet auß,
Der mit eym bösen weib helt hauß,
Untrew, bübisch unnd vertrogen,
Versuffen, gschwetzig und verlogen!
Den dünckt, er sitz schon inn der hell.
Des schaw dich bas umb, mein lieber gsell!
Weiber graten nicht almal wol.
Auch steckt die eh beschwerung vol.
Derhalb der sach noch bas nach-tracht
Und schlaff darüber diese nacht!
Do dacht ich mir: Und ist das war?
Ich gieng heim, harret noch zwey jar,
Dieweil den ehweibern allen
Das hönig vermischt ist mit gallen,
Der ich hernach wol hab empfunden
Unnd noch zu den heütigen stunden.
Ietz klag ich auch gebleuten ars.
Wers nit will glauben, der erfars!
So wird ers auch gewißlich innen,
Hönig vermischt mit gallen finnen.
Das mercken hie die jungen gsellen,
Die etwan jung nach weybern stellen
Von wegen keiner ursach sust,
Denn zu haben freud unnd wollust!
So finden sie das widerspiel.
Darob hebt sich unrathes viel.
Derhalben, wer hayraten wöll,
Der selbig vor betrachten söll,
Den ehling stand nach gottes lehr
Anfach inn gottes forcht und ehr!
Wie denn der jung Thobias thet,
Der von dem tod auch wurd erret,
Der vor erwürget waren siben,
Die nur der wollust het getrieben.
Doch schreibt Paulus mit hohen sinnen,
Besser sei heyraten, dann brinnen,
Darmit kein ergers darauß wachs.
Den trewen rath gibt ihm Hans Sachs.
Anno salutis 1541, am 6 tag Novembris.
(Band 4 S. 331-335)
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Die neün verwandlung im ehlichen stant.

Als ich mir erstlich ein weib namb,
Zu eynem alten mann ich kamb
Unnd bate ihn gar fleissigklich,
Das er doch wolt berichten mich,
Weil ich ein weib genummen het,
Wie es mir gehn wurd an der stet
Forthin inn dem ehlichen stand.
Der alt man antwort mir zuhand:

Die erst verwandlung.

Erstlich wirst du werden eim stier
Gleich, in lust, freuden und begier,
Umblauffen hie inn deiner lieb
Mit eynem inbrünstigen trieb,
Welliche lieb doch offt gar bald
Abnimmet vnnd gentzlich erkalt.

Die ander verwandlung.

Zum andren wirst ein esel gar,
Wenn dein fraw uber ein halb jar
Geht schwanger mit eym kindelein.
Wenn du gehst mit der frawen dein
Denn uber feld inn diesen tagen,
So must du ir den mantel tragen,
Int kuchen tragen wasser und holtz.
Da wirt dir vergen aller stoltz.

Die dritt verwandlung.

Zum dritten, wenn dein fraw gebirt,
Als-denn ein Joseph auß dir wirt.
Als-denn so must du im stro liegen
Unnd darzu auch das kindlein wiegen,
Petten, spülen unnd holtz hawen
Und waidlich zutragen der frawen,
Auch etwan wintel waschn darzu.

Die 4 verwandlung.

Zum vierdten wirst du ein guckgu.
Wenn jerig wirt dein kindelein
Und wenn du wilt geschertzig sein,
Bhelts dich vor im hindter der thür
Und schreyst denn zu dem kind herfür.
Guckgu, guckgu, guckgu, guckgu!

Die 5 verwandlung.

Und zu dem fünfften, so wirst du
Werden zu eynem münnich gantz,
Nemlich parfuser observantz.
So gar hin ist das hayrat-gelt,
Das maysterstuck het dir gestrelt,
Kumbt die losung unnd der haußrat
Knechts-lon und haußzinst auch her gath,
Den hebt sich erst der betlers-dantz.

Die 6 verwandlung.

Zu dem sechsten so wirst du gantz
Inn dem ehstand ein marterer,
Tag unde nacht mit arbeit schwer
Dich ring klayden, trincken und speysen
Und sehr gnawes haußhaltens fleissen,
Wilt anderst du bey ehren bleyben,
Die saw nit zu dem thor außtreyben.

Die 7 verwandlung.

Zum sibenden must du auff erden
Inn dem ehstand ein kempffer werden,
Dieweil so mancherley unglück
Regieren ist in allem stück
Mit bürg-werden, leyen und borgen.
Alles unrats must du besorgen.
Fürsichtigklich an allen enden
Must allen schaden du abwenden
Inn allem, was man wenden kon.

Die 8 verwandlung.

Zum achten wirst du ein Simon.
Wenn sich reget die frawe dein
Und uberal will maister sein
Und spricht dir sanct Thobias segen,
Denn must des pachens dich verwegen,
Der in dem teudtschen hof ist hangen.
Und wenn diß alles ist vergangen,
So wird auß dir in solcher prob

(Die 9 verwandlung.)

Zum neundten der geduldtig Job,
Der leydt und treget alle bürd
Geduldtigklich, wo das her-rürt,
Inn dem ehstand müh und arbeyt,
Allerley unfal und kranckheyt,
Biß endtlich Got auß lauter gnaden
Dich aufferhelt auß allem schaden,
Dir widerumb gibt das gedeyen.
Der selbig wölle uns verleyen,
Das der stand in gelück auffwachs
Und Gotes-forcht, das wünscht Hans Sachs.
Anno salutis 1557, am 28 tag Julii.
(Band 4 S. 336-338)
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Gesprech der mutter mit irer tochter von irem ayden.

Es ist nicht lang, das es geschach,
Ich haymlich schlich für ein gemach.
Darinn erhört ich gmachsam zißpern,
Zwo person mit eynander vispern.
Ich gutzt durch ein klunsen an gfer,
Wer doch darinn verborgen wer.
Da warens erbarer frawen zwu.
Den thet ich haymlich losen zu.
Darzu der fürwitz mich bezwung.
Die ein war alt, die ander jung.
Die alt der jungen muter was.

Mutter.

Fing an zu reden solcher maß:
Mein tochter, wie gehts inn der eh?

Tochter.

Sie antwort: Da ist angst und weh.
Du hast mir geben eynen man,
Dem ich doch gar kein recht mag than.

Muter.

Die mutter sprach: Das wöll Gott nit!
Ich glaub fürwar: du spottest mit.
Er war ledig still und beschayden,
Das er mir wol gfiel zu eym ayden.
Drumb zweifel ich nicht, er halt sich fein.

Tochter.

Ja, muter, er macht wol ein schein,
Sprach sie, als ob er heyß der Gütle.
Doch bald er abzog das gast-hütle,
Ist er der dückischte dockmawser,
Der wunderlichest lappenhawser.
Zu pett unnd tisch er gront und greint.
Wer umb ihn wont, der ist ihm feind.


Mutter.

Die alt sprach: Tochter, hab geduldt!
Villeicht ist solches auch dein schuld.
Wo man jung leut zusam thut gnosen,
Müssens die hörner wol abstossen,
Eh sich eins richt ins andern kopff.

Tochter.

Sie sprach: Er ist der seltzambst tropff.
Ich kan mich nach seym kopff nit richten.

Muter.

Die muter sprach. Es taug mit nichten.
Du must seins willens dich befleysen,
Etwan fein gütlich ihn abweysen,
Im ghorsam sein und untherthan.

Tochter.

Die jung antwort: Es ist mein man
So wanckelmütig und so grentig,
So wunder-seltzam und so endtig,
Das mich vertreust, bey ihm zu leben.

Muter.

Die muter sprach: Du must nach-geben,
Wann es kan nun nit anderst sein.

Tochter.

Sie sprach: Trieb ers mit mir allein,
So ließ ich michs nit hart anfechten.
Er gront mit mayden und mit knechten.
Nyemand im gnug arbeyten mag.
Er frettet die nacht zu dem tag.

Mutter.

Die mutter sprach: Das steht noch wol.
Ein jung ehvolck arbeyten sol,
Dieweil es noch ist jung und starck.

Tochter.

Die tochter sprach: Es wer nit arck.
Mein man sicht wol arbeyten gern.
Er sticht mit arbeyt keynen bern,
Wann er laufft viel trosiren umb,
Den tag inn der stat umb und umb.
Zu nacht so legt er sich frü nieder.
Sehr frü weckt er sein haußgsind wider.
Das macht die ehalten unwillig,
Vertrossen, werckloß, nit unbillig.

Muter.

Die alt sprach: Ist dein man so treg,
So must du suchen ander weg,
Unnd sey du mit deym haußgesind
Gutwillg, frölich, senfft und lind
Und mittel zwischn den thayln beden!

Tochter.

Sie sprach: Ich darff nit mit in reden,
Wann er hat auch die eyffersucht.

Mutter.

Die alt sprach: So halt dich inn zucht,
Stil, einzogen zu hauß und strassen!
So muß er sein eyffern wol lassen.
Unnd gieb deym gsind dest gnüger zessen!

Tochter.

Sie sprach. Er sicht nit geren fressen.
Künd er sein gsind mit stro abspeysen,
Das sie pachscheyter theten scheissen,
Er geb ihn kaum gnug kysel-stain.

Muter.

Die alt die sprach: Es ist nit nain.
Jung leut die sollen halten sparung,
Das sie im alter haben narung.
Zu viel karg sein, das ist ein schand.
Du hast doch all ding undter hand.
Des kanst du dein essen gut machen,
Ersprössen wol in allen sachen,
Das dein neerwolff nichts waiß darumb.

Tochter.

Die jung sprach: Mein man streunet umb
Inn der kuchen die gantzen wochen.
Ich soll dem gsind gar wenig kochen
Und soll es darzu machen ubel.
Er schawt mir offt in den schmaltz-kübel,
Inn die hefen, schüssel unnd kreben.
Umb all ding muß ich rechnung geben.
All winckel ist er ein durchschlieffer.
Er ist ein rechter hennen-grieffer.
Er geb ein gute nunnen-mayd.

Muter.

Die alt sprach: Gieb im den beschayd!
Mein mann, du warrt der werckstat dein
Und laß mich inn der kuchen sein!
Ich will dein kuchen recht verwalten.
Ich bin erzogen beym haußhalten.
Sunst wurd dein spotten yederman.
Es wirts fürwar also nit than.
Dem gsind müß wir baß zessen geben,
Das sie auch bey uns künnen leben,
Dieweil und sie uns helffen neeren.
Wolt wir also gar kercklich zeren,
So wurden wir das gsind vertreyben.
Kein guter knecht wurd bey uns bleyben.
Mit stümblern müst wir werckstat halten.
Unser handel wurd gar zerspalten.
Speiß gut und gnug! so eß wir mit.

Tochter.

Die jung sprach: Ja, das walt der riet!
An seynem maul hat er kein sparn.
Er lest als durch sein blasen farn.
Mit seym gsind thut er selten fressen.

Muter.

Die alt sprach: Ey so haiß ihn essen
Mit sein ehalten suppn und prey!
Sunst kumpt er inn ein böß geschrey.
Laß mit-essen, hab er was guts!
So wirt sein gsind auch gutes muts
Und arbeyt geren unverdrossen.

Tochter.

Die jung sprach: Muter, schweig der possen!
Er solt mich wol zum hauß auß-schlagen.
Er lest im nit singen noch sagen.
Der kargheyt will kein wort nit haben.
Er kumbt mit ander schwinden gaben,
Samb sey keiner, der so wol leb,
Seym gsind so wol zu essen geb,
Wie sunst inn allem ding ruhmrhetig,
Samb sey er wol-kündig und thetig
Und all sein thun sey wol gstaffirt,
Leugt offt, samb sey ihms maul geschmirt,
Verachtet sunst all ander leut.
Er ist ein narr in seiner hewt
Und braucht sehr viel schmaichlischer stück,
Gut vor augen, falsch hindter rück
Und redt den leuthen ubel nach.

Muter.

Die mutter zu der tochter sprach:
Manch mensch hat offt ein böß gwonheyt
Mit rhum und nachred lange zeyt,
Das so arg nit im hertzen meint.

Tochter.

Die jung sprach: Inn der that erscheint
Sein hertz vol untrew und arglist,
Weil er so vortheilhafftig ist.
Auff alle practict unnd finantz
Ist er ein rechter alafantz.
Er vortheilt die lewt, wo er khon.
Bald ein knecht fordert sein liedlon,
Will er schlagen unnd mit ihm palgen.

Mutter.

Die mutter sprach: Ey auß, an galgen!
Das wirt kein gutes alter nemen.
Sprich: Mein man, der ding solt dich schemen.
Du soltest fein auffrichtig wandlen,
Mit allen menschen trewlich handlen.
So handlet yederman gern mit dir.
Dardurch möchten auff-kummen wir,
Wann bald ein mensch mercket und spürt,
Das er von dir ist uberfürt,
Darnach er dein gar müssig geht.
Dardurch ein böß wort dir entsteht,
Weil nichts in die leng bleibt verschwigen.
Dardurch blieb unser werckstat liegen.
Mit solchen worten halt im an
Und ihn senfftmütigklich erman,
Biß er laß sein unertig sinn!
Wiewol die ding gehnt noch wol hin,
Weil er nur nit ist ein weinsauffer,
Ein spieler, hurer und verkauffer.
Welcher ist der, dem nichts gebricht?

Tochter.

Die jung sprach: Ja du kenst in nicht.
Wenn er ettwan gerett zum wein,
So saufft er sich vol wie ein schwein,
Kumpt haym mit halbem wind zu segeln
Und hat im kopff so seltzam egeln,
Samb hab er diesen und jhen geschlagen,
Und will das gsind im hauß umbjagen
Und braucht so seltzam dückisch bossen,
Hat mir auch wol ein löwen gossen,
Ein saw het wol ein mal daran.

Muter.

Die alt sprach: Wenn vol ist dein man,
So schaw und bring in ein das pett!
Frü aber und eh er auff-steht,
So sprich fein gütlich: Lieber man,
Diß und das hast du nechten than.
Du wirst ein mal in unglück kummen.
Viel trunckner haben schaden gnummen.
Du machst dich bey dem gsind verechtlich.

Tochter.

Die jung sprach: Ja, so spricht er schlechtlich,
Er wiß kein wörtlein mehr darumb.
O muter, ich bin im zu frumb.
Ich het mich lust mit im zu reissen,
Das ich in ubers maul solt schmeissen.
Er ist ein füttisch lumpen-man.

Mutter.

Die alt sprach: Tochter, gedenck an
Dein nachpawren, der in seym hauß
Hat teglich mit seym weib ein strauß
Mit rauffen, schlagen, haderey,
Wie alles unglück won darbey!
Sey du zu-frieden, weil du magst!
Wann alle stück, so du noch klagst,
Sein wancklen, kargen, groben sin,
Die gehn eym jungen man wol hin.
Weil er selb tracht und kaufft ins hauß
Und richt sein handel fleissig auß,
Stellet bayde nach gut und ehr,
So schweig und klag das nyemand mehr!
Laß dich nyemand auff in verhetzen,
Das du dich im wolst wider-setzen!
Geduld, leyd, uberhör und schweig!
Dich auff das freundlichst im erzeyg!
Uberkumbst du sein lieb und gunst,
Als-denn hast du die rechten kunst,
Dein man zu fahen und zu binden,
Inn all seym thun zu uberwinden,
Mit linden, güting, senfften worten
Ziehen, das er an allen orten
Sich auffrichtig und ehrlich helt,
Das er Got und der welt gefelt,
Weil man doch spricht: Ein frummer man
Ein frummes weib im ziehen kan,
So mag ein frumb weib widerumb
Ziehen ein man ehrlich und frumb,
Vorauß wo er ist guter art,
Mit Gottes forchte ist bewart.
Derhalb schlach allen unmut auß!
Ker widerumb heym in dein hauß!
Halt dich meiner getrewen leer!
So darffst du mir nit klagen meer.

Beschluß.

Nach den worten schlich ich darvon,
Gedacht: Wie war hat Salomon,
Der spricht: Wol dem man und seim leib,
Dem Got beschert ein redlich weib
Von frummen redling eltern her.
So geben gute weiß und leer
Dem jungen ehvolck alle zeyt,
Wo etwan zwitracht sich begeyt,
Die selben als-bald ab zu lenen
Unnd sie zu aynigkeyt gewenen!
Das fried und freundschafft aufferwachs
Inn der eh, das wünschet Hans Sachs.
Anno salutis 1547.
(Band 4 S. 356-363)
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Aus: Hans Sachs
Herausgegeben von Adelbert von Keller
Für den litterarischen Verein in Stuttgart
Gedruckt von H. Laupp in Tübingen 1870
Bände 1-26




siehe auch weitere Gedichte:
Teil 1    Teil 2    Teil 4    Teil 5



 

 


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