Gottlieb Stolle (1673-1744) - Liebesgedichte

Gottlieb Stolle


 

Gottlieb Stolle (Leander aus Schlesien)
(1673-1744)

Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 




Leanders aus Schlesien
Deutsche Gedichte
Verliebte und Galante Gedichte


An Sylvien,
Wegen seiner finstern wohnung

Ich gebe gerne zu, daß in dein nettes zimmer,
O Sylvia! mehr licht, als in das meine, fällt;
Denn dieses kennt nicht mehr, als einer sonne schimmer,
Da deines meistentheils drey sonnen in sich hält.
(Theil 5 S. 520)
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Der Andreini gedancken von unbeständig verliebten

Herzen, welche bald entbrennen, aber auch alsbald erkalten,
Kommen mir
Wie spiegel für,
Die ein jedes bild annehmen, und kein eintziges behalten.
(Theil 5 S. 520)
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An Sylvien, als sie ihm aus der
hand sein künfftig glücke sagen wolte

Was macht dein schöner blick in meiner schlechten hand?
Wilst du ihr schwarzes fell an deinen sonnen bleichen?
Was grübelt doch dein aug‘ in den verwirrten zeichen?
In diesen tiefen liegt kein richtiger verstand.
Du wilst mein künfftig glück im Venus-berge finden,
Und dein verwegner witz merckt alle narben an.
Indessen wirst du doch nichts deutliches ergründen,
Weil die bewußte kunst gar leichte trügen kan.
Jedoch wo Sylvia im ernst, und nicht im scherze
Mein künfftig glücke sucht, und mir es sagen will,
So frag‘ an statt der hand, in der es allzu viel
Verschloßne rätzel giebt, o Sylvia! dein herze.
(Theil 5 S. 520-521)
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Schifffarth der liebe

Die liebe schiffte durch den Sund,
Ihr Pharus war der wohllust kerze,
Die muschel Amarillens mund,
Die anfuhrt mein getreuen herze.
(Theil 5 S. 521)
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Als ihn Albanie mit einem schneeball geworffen
Sonnet

Ich weiß nicht, wie ich mich nächsthin verleiten ließ,
Es mit Albanien auf schnee-bäll anzunehmen.
Ich muste mich mit ihr an einen ort beqvemen,
Da uns die einsamkeit aus aller augen riß.
Es muste sich der schnee, der mehr als perlen gließ,
Vor der entblösten haut der zarten hände schämen.
Allein ich hob kaum an, die waffen vorzunehmen,
Als mich Albanie schon auf das herze schmieß.
Sie lacht', und ich erschrack; sie lief, und ich blieb stehen.
Es wolte mir der schnee in meiner faust zergehen.
Ich fühlt', ich weiß nicht, was vor feuer in der brust.
Denn daß Albanie den Cypripor agiret,
Und in den kalten ball, den sie so wohl geführet,
Der liebe glut versteckt, das hatt' ich nicht gewust.
(Theil 5 S. 521)
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An Melinden wegen seiner liebe

Du tadelst meine lieb', unbillige Melinde!
Ihr lallen und ihr scherz erwecket dir verdruß,
Dein mund verlanget nichts, als einen kühlen kuß;
Doch wer begehret wol so viel von einem kinde?
Von männern fordert man mit rechte solche sachen;
Denn ernst und klugheit zieht nicht bey den kindern ein:
Soll meine liebe nun klug und verständig seyn,
So must du sie zuvor zu einem manne machen.
(Theil 5 S. 523)
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An Sylvien, als sie vor ihm flohe

Ach, Sylvia! wo fleuchst du hin?
Wilst du mich denn im grabe wissen?
Du meynst, ich werde sterben müssen,
Indem ich ohne dich auch ohne herze bin.
Doch eben darum sterb' ich nicht,
Weil mir des todes schmerz gebricht.
Bestimmst du mich nun diesem schmerze,
So steh mit deinem fliehen an,
Und liefre mir mein zartes herze,
Damit ich ihn empfinden kan.
(Theil 5 S. 524)
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Augen, die muschel der liebe

Florettens augen sind der liebe muschel-hauß,
Von dannen stieg sie nächst in meinem herzen aus.
(Theil 5 S. 524)
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Von seinem herzen

Cupido schlug mein herz Arminden in die hand.
Ach! rieff ich: Holdes Kind! verwahr dis zarte pfand,
Und laß es weiter nicht ergrimmte schläge fühlen:
Man muß mit herzen nicht, wie mit dem balle spielen.
(Theil 5 S. 524)
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Von Lisetten, als sie sich nicht wollen
küssen lassen

Mein! warum wehret sich Lisette,
Wenn man ihr öffentlich ein küßgen geben will?
Die antwort ist nicht schwer: Weil sie das süße spiel
Viel lieber im verborgnen hätte.
(Theil 5 S. 524)
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Er suchet Sylviens gegen-liebe

Der sonne sanfftes aug' ist immer ohne neid,
Sie wirfft den hohen glanz auch in die tieffsten thäler,
Drum glaube, Sylvia! es ist kein großer fehler,
Wenn deine gunst ihr licht gleich auf mein herze streut.
Ich gebe gerne zu, daß ich verwegen bin,
Indem ich mich zu dir, als einer sonne, wage;
Denck aber auch, dein knecht schau niemals freuden-tage,
Es nehme dann dein stern die finstern nebel hin.
Erschrick nicht vor der glut, sie führet keinen rauch:
Wo sie nur stille brennt, da bringt sie viel vergnügen.
Die dornen, welche dir und mir im wege liegen,
Verwandeln witz und treu in einen rosen-strauch.
Sey offentlich so stolz und ernsthafft als du willst,
Ich will dir offentlich auch nichts als ehrsucht zeigen,
Wofern du meine glut, die sonst beständig schweigen
Und deiner schonen wird, nur im verborgnen stillst.
Allein, du trauest nicht, dein argwohn ist zu scharff,
Du denckst, ich würde mir die gröste freyheit geben.
Ich aber schwere dir, durchaus vergnügt zu leben,
Wenn auge, mund und hand nur mit dir spielen darff.
(Theil 5 S. 525)
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Als er sie zu einem spaziergange bereden wolte

Darff auch Leanders mund die kühne bitte wagen:
Es wolle Sylvia mit ihm spazieren gehn?
Ach nein! es darff mein wunsch sich nicht so weit erhöhn;
Die kühnheit ist zu groß, ich muß es selber sagen.
Indessen hör' ich doch die schöne Flora klagen,
Die sonne scheinet auch nicht ohngefehr so schön;
Sie wünscht ihr reines licht dem deinen beyzutragen.
Der sanffte Zephyrus kan ohne dich nicht seyn,
Er bisamt seine lufft mit deinem othem ein.
Die vogel singen nur, wo Sylvia spazieret:
Wo Flora, sonn' und lufft nur nichts erhalten kan,
Und keine nachtigall dich in das grüne führet,
So steh' ich billich itzt mit meinem bitten an.
(Theil 5 S. 525-526)
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Von Melindens munde

Allzugeringe faust! unwürdiges papier!
Ich weiß Melindens mund nicht lebhafft abzuschildern:
Es schickt mein pinsel sich nicht zu dergleichen bildern,
Und ein nur blasses blat faßt keine solche zier.
Es starrt, o schönster mund! so mund als hand vor dir,
Denn meine poesie will allbereits verwildern;
Doch dein gelinder kuß kan alle härte mildern:
Und wen dein othem rührt, der tritt getrost herfür.
Wohlan! so sey es denn: Die farbe deiner lippen
Steigt höher, als die pracht von den corallen-klippen,
Und wer im tode liegt, den macht ihr feuer frisch.
Zwar andern schlägt die brust weit eine süßre wunde;
Allein ich bin vergnügt, hab ich auf deinem munde,
Du andre Helena! nur einen freyen tisch.
(Theil 5 S. 526)
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Gedancken bey einem gemahlten
Cupido mit einer verloschenen fackel

Ist dir, o Liebe! doch die fackel ausgegangen:
Hat irgend Daphne dir den possen angethan?
Geh, zünde sie alsbald von ihren augen an!
Vielleichte kanst du noch dein hohes ziel erlangen;
Allein du folgest nicht, ich finde kein gehör:
Du lässest dich den blitz in ihren augen schrecken;
Doch komme nicht zu mir, die fackel anzustecken,
Was asche worden ist, das giebt kein feuer mehr.
(Theil 5 S. 526-527)
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***

Nichts kan des lebens sauren wein
Mehr versüssen,
Als lieben, und geliebet seyn
Und es wissen.
(Theil 5 S. 527)
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***

So in mienen, als im herzen
Immer frölich seyn und lachen,
Und kein traurig auge machen,
Heißt nicht lieben, sondern scherzen.
(Theil 5 S. 527)
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Aria aus einer frantzösischen opera

O Nachtigall! entfleuch doch nicht!
Laß deine lieder sicher hören.
Ich suche nicht die ruh zu stören,
Die dir der freye wald verspricht:
Ich komme nicht mit pfeil und bogen,
Leb' immer hin in freyheit, lust und scherz;
Ich komme nur, und seuffz' ach! um mein armes herz,
Das mir, o tiefer schmerz!
Die falsche lieb' entzogen.
(Theil 5 S. 527-528)
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Aus dem frantzösischen des Pays

So bald das sonnen-licht die müden augenlieder
Nach der genoßnen ruh von ihrem schlaf erweckt,
Und das verliebte kind die alabaster-glieder
Mit einem linden ach im bette von sich streckt,
So gehn viel hundert lüst' in ihrer brust spazieren,
Die sanffte kützelung durchstreichet geist und sinn,
Und die entzückungen, so marck und adern rühren,
Zieh'n sie ganz außer sich in den gedancken hin.
Die liebe schmeichelt ihr, sie löscht der sehnsucht kohlen,
Und baut aus ihrem bett ein schloß der einsamkeit,
Da kan sie in der ruh die wohllust wiederholen,
Mit der sie sich zuvor in unruh hat erfreut.
(Theil 5 S. 528)
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Auf eine schilderey, darauf die Psyche
die Liebe umarmete, und von der man sagte,
daß es der Sylvia portrait wäre
Aus eben demselben

Du magst dis schöne bild ein meisterstücke nennen,
Ich falle dir darinnen bey.
Daß aber Sylvia hier angeschildert sey,
Das wirst du nimmermehr mich überreden können.
Gesicht und farbe trifft zwar richtig überein;
Weil aber Psyche sich hier mit der Liebe träget,
Und dieses zarte kind an ihre lippen leget,
So kan es Sylvia nicht seyn.
(Theil 5 S. 528)
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Als sie ihn mit wasser besprützte
Aus dem welschen des Michiele

Dein erbarmen kömmt zu langsam, hätte deine  marmel-hand
Auch schon itzt um meinetwegen alle brunnen ausgeleert.
Es ist hier nichts mehr zu löschen; denn der heißen liebe brand
Hat mein allzuzartes herze schon in asch' und staub verkehrt.
(Theil 5 S. 529)
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Aus dem welschen des Menagio

Du fragest, schöne Magdalis!
Wird deine glut auch lange brennen?
Ach Schatz! wie kan ich das erkennen?
Die todes-stund' ist ungewiß.
(Theil 5 S. 529)
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Aus dem welschen des Petrarca

Dis ist die wüsteney, die sich mein fuß erkiest,
Wenn ich des herzens qvaal mit stillen lippen klage,
Ich, der ich voller furcht noch wol den augen sage,
Sich fleißig umzusehn, ob alles einsam ist.
Denn wo du, einsamkeit! mir deinen schutz entziehst,
So sieht die ganze welt, was ich im herzen trage;
Weil man den klaren grund der tief-verborgnen plage
Leicht aus der nassen schrifft der trüben augen liest.
Wiewol, ob meine pein gleich keine menschen schauen,
So kennet ihr sie doch, ihr felsen, püsch' und auen!
Zum minsten hab ich noch kein so gar einsam feld,
Wie sehr ich mich bemüht, in dieser wüst' ergründet,
Da sich die liebe nicht an meiner seite findet,
Und unveränderlich mit mir gespräche hält.
(Theil 5 S. 529-530)
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Auf eine schwalbe, die ihn in einem süßen schlafe störte
Aus dem Anacreon übersetzt

Kühne feindin meiner ruh!
Du verwaschne schwalbe du!
Sage, wie soll ich mich rächen?
Soll ich dir die beine brechen?
Feindin meiner lust und ruh!
Du verwegner vogel du!
Soll ich dir die flügel nehmen,
Oder gar die zunge lähmen,
Wie der grimme Tereus that?
Zum verzeihn ist wol kein rath.
Denn was hast du alle morgen,
Wenn sich Phöbus noch verborgen,
Und mich süße träum' erfreu'n,
Mir die ohren voll zu schrey’n?
Ja dazu noch Bellarmiren
Aus den armen zu entführen?
(Theil 5 S. 530)
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Als sie ihn mit schnee geworffen
Aus dem welschen des Michiele

Dorine ließ sich einst gelüsten,
In aller eyl
Mit einem kalten pfeil
Sich wider mich zu rüsten.
Ich ließ ohn alle furcht dem wurffe freyen lauff,
Und nahm den sanfften streich mit blosen lachen auf,
Weil ich nicht glauben wolte,
Daß der gelinde schnee, den sie zusammen rollte,
Im ernst verwunden solte;
Allein der glaube kam mir zeitlich in die hand,
Denn ich befand
Auf diesen kalten wurff, obwol mit süßen schmerzen,
Der liebe brandmahl in dem herzen.
(Theil 5 S. 531)
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Bombice d'Amore
Aus dem welschen des Marini

Ich bin mein eigner unglücks-schmid
Und, wie ein seiden-wurm, nur sinnreich mich zu kräncken.
Ich sollt'auf wahre ruh gedencken,
Und bin um lauter angst bemüht.
Mein herze nehret sich von dürren hoffnungs-blättern,
Und meine liebe sucht auf einen baum zu klettern,
Der weder frucht noch schatten geben kan.
Ich spinn' und fange zwar viel schöne faden an.
Was aber sind es? nichts, als flatternde gedancken,
Die der begierden hand in meines hauptes schrancken,
Nur immer mehr und mehr verwickelt und verstrickt,
Bis sie der tod zerstückt.
So bau ich mir, o seltsames verhängniß!
Mit eigner hand und kunst ein bangsames gefängniß,
Und endlich gar mein eigen grab.
(Theil 5 S. 531)
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Aus dem welschen des Michiele

Kommt dich ein starcker durst bey heißem wetter an,
So will dir ieder brunn mit frischem wasser dienen.
Wie aber, daß mein geist aus deinen mund-rubinen
Nicht auch, wie Sylvia, erqvickung schöpffen kan?
Die kalten brunnen sind mitleidender als du;
Sie stillen dir den durst, den sie doch nicht erwecket,
Du aber hast mein herz selbst in den brand gestecket,
Und schließest ihm gleichwol den brunn der kühlung zu.
(Theil 5 S. 532)
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Ubersetzung des vierten idyllii Bionis

Die Musen fürchten sich nicht vor der holden Liebe,
Sie ehren sie vielmehr, und folgen ihrem triebe
Mit höchster wohllust nach. Wer ihre gunst begehrt,
Und unempfindlich ist, den achten sie kaum werth
Nur einmal anzusehn. Doch wer von liebe singen
Und seuffzer dichten will, dem wird es bald gelingen.
Die verse stellen sich fast ohne dencken ein,
Und was sein kopff beginnt, muß schön und sinnreich seyn.
Dis ist kein falscher satz, ich kan es selbst bezeugen,
Denn wenn ich mich bemüh den himmel zu ersteigen,
Und einen hohen GOtt daselbst besingen will,
So starrt die blöde zung‘ und zittert als ein kiel,
Wenn ihn der wind berührt. Doch wenn ich dich ergreiffe,
Mein steter zeit-vertreib, mein lust-spiel, meine pfeiffe!
Und Daphnen, oder ja der Liebe süße macht,
Wie ich vorhin gethan, zu rühmen bin bedacht,
So giebt ein stiller trieb mir alle kräffte wieder,
Und meine flöte spielt die angenehmsten lieder.
(Theil 5 S. 532)
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An Sylvien,
Als sie ihm lange zeit nicht geschrieben

Will deine schöne faust, die sich doch sonst befleißt,
Das, was dein herz befiehlt, getreulich auszurichten,
Mich gar nicht mehr durch ihre schrifft verpflichten?
Ach, Sylvia? ich weiß wohl, was das heißt.
Mich deucht, ihr schweigen will auch ohne schrifft und blat
Durch die beständigkeit mir diese nachricht sagen,
Die meine furcht schon offt dem herzen vorgetragen:
Daß Sylvia mich längst vergessen hat.
(Theil 5 S. 533)
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Auf ihre unempfindligkeit

Die augen meiner Caroline
Sind von saphyr: die lippen zwey rubine;
Was mach ich aber aus der hand?
Nichts als ein werck von glattem elffenbeine.
Ist nicht die brust aus weißem marmelsteine?
Und ihres herzens zeug ein bloser diamant?
Was wunder' ich mich denn, daß ieder pfeil zerspringet,
Den Amor bey ihr angebracht?
Und daß mein treues ach nicht in ihr herze dringet,
Nachdem sie die natur aus bein und stein gemacht.
(Theil 5 S. 533)
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Als sie ihn gefraget, warum er so blaß aussehe?

Florette! deine gunst kömmt, leyder! itzt zu spat,
Nachdem mein herze schon dein blitz verzehret hat.
Indessen soll ich dir doch sagen,
Woher die todten-farbe rührt,
So mein gesichte führt.
Allein, was darffst du erst viel fragen?
Du weist wohl, daß der majoran,
Dem man die wurtzel ausgerissen,
Auch bey dem fleißigsten begießen
Verwelcken muß, und nicht mehr blühen kan.
(Theil 5 S. 533-534)
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Er vergleicht sich mit ihrer nachtigall

Beliebte nachtigall! es schließt dich zwar Lisette
So wol als mich, in einen kercker ein.
Wir liegen beyd' an einer kette,
Allein dein zustand will doch nicht der meine seyn.
Denn was erwirbt dir nicht die anmuth deiner weisen?
Es pflegt dich ihre gunst mit eigner hand zu speisen.
Mir aber, bin ich gleich zum singen stets bereit,
Will ihres herzens grausamkeit
Noch keinen andern lohn gewähren,
Als dürres brodt der angst, und wasser bittrer zähren.
(Theil 5 S. 534)
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Aria

1.
Muß ich denn nichts, als klage-lieder singen,
Und nur ein spiel der sternen seyn?
Soll meine ruh mir selber unruh bringen?
Erndt ich bey rosen dornen ein?
Ach, verhängniß! ändre dich,
Sonst wird dein schluß Melindens todes-stich.

2.
Es zeigt sich zwar die angenehmste sonne;
Doch stehn die wolcken stets dabey;
Die nacht der angst steht immer bey der wonne.
Mein glück ist lauter tyranney.
Ach, verhängniß! ändre dich,
Sonst wird dein schluß Melindens todes-stich.

3.
Kan ich das licht nicht ohne nebel haben,
So laß mich in dem schatten stehn.
Will deine gunst nicht die gefahr begraben,
So mag ich nicht auf marmel gehn?
Ach, verhängniß! ändre dich,
Sonst wird dein schluß Melindens todes-stich.
(Theil 5 S. 534-535)
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Als sie schlief, über ihre geschlossene augen

Ihr sternen! die ihr sonst auch sternen überwindet,
Ihr schlaft und zeigt gleichwohl den blitz der grausamkeit.
Ach augen! thut ihr das, nun ihr geschlossen seyd;
Was würdet ihr nicht thun, wenn ihr noch offen stündet?
(Theil 5 S. 535)
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Als den Thyrsis eine biene gestochen

Die schöne Doris schlief, als eine biene flog
Und süßen honig-safft aus ihren rosen sog,
Darauf in stiller eil sich zu dem Thyrsis machte
Und einen bittern stich in seine lippen brachte,
Es ist dem faulen kerl auch recht dadurch geschehn.
Denn warum hat er sich nicht besser vorgesehn.
Er hätte, wenn er selbst nur honig haben wollen,
Der muntern bien allhier die müh ersparen sollen.
(Theil 5 S. 535)
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Vorzug der blauen augen vor den schwartzen

1.
Lichtem blitz und schönen augen
Wird keine seele widerstehn.
Ein strahl kan alle krafft aus unsern adern saugen,
Den eine schöne läst aus ihren sonnen gehn.
Da weiß kein diamant zu halten,
Ein recht verliebter blick kan harte felsen spalten.

2.
Durch zwey augen und die sonne
Besteht die klein' und große welt:
Auf diese gründet sich der himmel unsrer wonne,
Denn wären beyde nicht, so stünd' es schlecht bestellt.
Die sonn' erleuchtet finstre hölen:
Der holden augen licht erqvickt betrübte seelen.

3.
Augen sind der liebe wiege;
In diesen muscheln wächst das kind,
Vor dessen wunder-krafft ein adler eine fliege,
Und starcke riesen nur geschwächte zwerge sind.
In solchen angenehmen wellen
Läst die vergnügung ihr die lagerstatt bestellen.

4.
Gleichwol streuen iede sterne
Nicht einen süßen glanz von sich.
Wo der Orion brennt, da creutzt kein schiffer gerne:
Kein schwarzes auge labt, ergetzt und reitzet mich.
Die finsterniß ist mir zuwider;
Vor nacht und schatten schlag' ich stets mein auge nieder.

5.
Blauen augen bleibt die crone,
Weil ihre farbe göttlich ist.
Hier sitzt die anmuth selbst auf dem sapphirnen throne,
Wenn sie der meschligkeit ein holdes urtheil liest.
Aus schwarzen wolcken fahren blitze,
Aus blauen aber spielt beliebte sonnen-hitze.

6.
Schwarz stammt aus der finstern hölle;
Blau schreibet sich vom himmel her.
Welch aug' ergetzt sich nicht an einer blauen welle?
Von einer schwarzen grufft wird uns das herze schwer.
In blauen augen ist mehr feuer.
In duncklen sternen sind beliebte strahlen theuer.

7.
Schöne mütter, schöne kinder,
Kein mohr erzieht ein weisses kind.
Ein helden-vater zeugt nur lauter überwinder,
Gleichwie der perlen-thau nur aus den wolcken rinnt.
Soll Venus erd und himmel grüßen,
Muß sie die blaue see als ihre mutter küssen.

8.
Geht nur hin, ihr schwarzen lichter!
Die blauen gehen euch weit für.
Ihr himmlisch feuer crönt die trefflichsten gesichter:
Sie sind der redlichen und klügsten geister zier.
Und aus der Pallas blauen augen
Weiß die gelehrte welt die gröste krafft zu saugen.

9.
Venus selbst kam aus den fluthen
Mit blauen augen auf die welt;
Doch als Adonis sich zu tode muste bluten,
So ward ihr alle freud' und alle lust vergällt:
Drum ließ sie, um der wehmut willen,
Der blauen augen licht mit schwarzen flohr umhüllen.

10.
Zörnet nicht, ihr schwarzen kerzen!
Daß ich den blauen besser will.
Genug, daß euer blitz in tausend andern herzen
Den hohen preiß gewinnt. Ein ieder hat sein ziel.
Doch weit von mir, ihr schwarzen diebe!
Es muß nichts schwarzes seyn, darein ich mich verliebe.

11.
Perlen wachsen nicht in eßig:
Wer sucht die sonn' in finstrer nacht?
Ich bin und bleibe stets der dunckelheit gehäßig,
Weil blitz und donner meist aus schwarzen wolcken kracht.
Will Venus meine freyheit schwächen,
So muß ihr goldner pfeil aus allen wolcken brechen?
(Theil 5 S. 536-538)
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An einen guten freund

Du rühmest diesen ort, in den dich Amor führet,
Von wegen seiner schätz, als eine neue welt.
Und ich gesteh es selbst, wer, was Rosetten zieret,
Nicht vor was sonderlich- und ungemeines hält,
Der hat der schönheit werth noch nicht genau erkannt.
Doch prale nicht zu viel, darff deine freye hand
In diesem Indien gleich gold und perlen lesen:
Genug, daß ich allhier Columbus bin gewesen.
(Theil 5 S. 538-539)
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Auf die Amarillis und ihr conterfait

Amarillis und ihr bildniß kommen richtig überein;
Weil sie beyde voller schönheit, aber unempfindlich seyn.
(Theil 5 S. 539)
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Scherz-gedichte

Als ich und Chloris nächst im frischen grünen spielten,
Und bey beqvemer lufft die müden glieder kühlten,
So traff sich ohngefehr, daß eine biene saß,
Und den beperlten thau von frischen rosen laß.
Ach! rieff ich: Wilst du mir nicht gleiche lust vergönnen?
Das wird, versetzte sie: wol nicht geschehen können.
Sehr wohl, Beliebtes Kind! fiel ich hier wieder ein:
Du kanst der rosen-knopff, ich will die biene seyn.
(Theil 5 S. 539)
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Auf die unempfindliche Daphne

Geliebtes Licht, doch allzukaltes Kind!
Du gleichest recht den diamanten steinen,
Die in der glut fast zu verbrennen scheinen,
Und dennoch kalt und unempfindlich sind.
(Theil 5 S. 540)
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Auf das grab Johannis Secundi, Hagiensis

Hier liegt die kluge faust, so Julien geschnitzt:
Das, was Neärens kuß erqvicket und erhitzt,
Muß hier den kalten staub der schweren erde küßen.
Ach, Leser! weine doch, und küße dessen grab,
Der lauter honig ließ aus seiner feder fließen,
Und der gelehrten welt so süße küße gab.
(Theil 5 S. 540)
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Abriß eines ehrerbietigen liebhabers
Aus dem Ariosti

Ein geist, der brünstig liebt, und doch nichts wagen will,
Hofft wenig, fordert nichts, wünscht aber trefflich viel.
(Theil 5 S. 540)
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Als ihn Lisette ungnädig anblickte

Es lebt die ganze welt durch zweyer augen krafft,
Durch zweyer augen blitz wird Damon hingerafft.
(Theil 5 S. 540)
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Auf den in sich verliebten Narcissus

Narcissus flieht die lieb, und wird in sich verliebt,
Als ihm ein heller brunn sein bild zu schauen giebt:
Wird ihm Diana nun den spiegel nicht entrücken,
So muß er zweiffels-ohn in glut und flut ersticken.
(Theil 5 S. 541)
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Er vergleicht ihre augen mit dem Amor
Aus dem welschen des Gasparo Murtola

In Daphnes schönen augen
Wird Amor uns gar artig vorgestellt.
Das reine licht, so hier durch enge circkel fällt,
Kan ihm zu seiner fackel taugen.

Die sternen hat er ihm zum bogen auserwehlt,
Die pfeile schnitzet er aus ihren scharffen blicken;
Und daß es endlich auch an keinen flügeln fehlt,
So müssen sich dazu die augen-lieder schicken.
(Theil 5 S. 541)
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Auf der Phillis ungemeine gunst

So offt ich mund und arm auf Phillis achseln lege,
So muß ich wol gestehn, wenn ich es recht erwege,
Daß dieses holde kind mit mir zu schöne thut,
Weil selbst der himmel nur auf harten* achseln ruht.

* Auf dem berge Atlas, wie die poeten dichten.
(Theil 5 S. 541)
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Scherz-gedichte an Daphnen

Ach, Daphne! hilff mir doch! es ist mit mir geschehn:
Der mißvergnügte mund zörnt und bekriegt die augen;
Dieweil sie ihre lust fast alle tage sehn,
Und seine lippen nur am hunger-tuche saugen.
Drum komm und lege dich in diese händel ein,
Und laß Leandern nicht so lang in sorgen stehen;
Doch soll der friede bald und wohl von statten gehen,
So muß der handlungs-ort auf deinem munde seyn.
(Theil 5 S. 542)
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Sonnet
Aus dem frantzösischen des Voiture

Es ließ sich Florida, der schönheit ebendbild,
Bey kühler abend-zeit in rosen-tracht erblicken,
Sie wußte sich so licht und glänzend auszuschmücken,
Daß sie die ganze welt vor die Aurora hielt.
Es war die linde lufft mit süßem schall erfüllt,
Die erde grüßte sie mit tausend blumen-stücken,
Man sah' die sternen sich auf ihren abschied schicken,
Wie, wenn Aurorens thau der muscheln sehnsucht stillt.
Die sonne ließ die schoos der holden Thetis fahren,
Bließ ihre flammen auf, die schon verloschen waren,
Und ließ die deichsel sich zu unsrer Schönen drehn.
Die Thetis hatte selbst der vorzug eingenommen;
Doch war ihr Florida kaum unter augen kommen,
So kroch sie in das meer und ließ sich nicht mehr sehn.
(Theil 5 S. 543-544)
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Als sie sich in einem brunnen spiegelte
Aus dem welschen des Cesare Orsino

Die du entschlossen bist
Nur dich allein nicht zu verachten,
Kanst deine schönheit zwar in diesem brunn betrachten;
Doch von der grausamkeit, die deine brust verschliest,
Wirst du gewiß allda ganz keine spur ergründen.
Hast du nun lust ihr wahres bild zu finden,
Das dir kein brunn noch spiegel zeigen kan;
So komm und schau es hier in meinen thränen an.
(Theil 5 S. 544)
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Als sie im scherz gesagt: daß die
liebe bey ihr nur in den augen, bey ihm
aber im herzen wohne
Aus dem welschen des Marc' Antonio Virtuani

Dein scherz stimmt mit der wahrheit ein,
Weil ich der liebe glut in meinem herzen spüre.
Ja, Chloris! du hast recht, denn deiner augen schein
Beweist, daß Amor selbst derselben blicke führe.
Nur bloß die würckung macht bey uns den unterscheid,
Nachdem der lose dieb dein kaltes herz ergetzet,
Mich aber nur in angst und heiße flammen setzet.
Wie wär ich demnach so erfreut,
Wenn es der himmel fügen solte,
Daß Amor seinen platz in uns verwechseln wolte!
(Theil 5 S. 547)
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Aus dem frantzösischen des Pays

Ach, Zephyr-winde! seyd bey Daphnen nicht so kühne!
Stellt die zu freyen seuffzer ein!
Befürchtet ihr euch nicht vor einer sauren miene?
Wie könnt ihr so verwegen seyn?
Ist euch denn nicht bewust,
Wie übel manchem schon das seuffzen ist bekommen,
Der sich doch nicht so viel, als ihr, heraus genommen?
Viel hundert haben schon darum ins grab gemust.
(Theil 5 S. 547-548)
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Aus eben demselben,
Als ihm die Floris gerathen, der Phyllis
seine liebe zu entdecken

Ach, Floris! meine lieb' ist noch ein junges kind.
Wie? soll das arme ding schon mutter sprechen können?
Du sprichst: Sie solle sich der Phyllis sclavin nennen,
Und sagen: daß ihr glanz der Venus abgewinnt.
Sie soll der augen nacht, den schnee der zarten brust,
Der wangen lilgen-feld, bis zu der sonne führen,
Den anmuth-vollen mund mit frischen rosen zieren,
Und ruffen: Phillis ist das paradieß der lust.
Doch meine liebe schwimmt noch in den ersten thränen;
Wer kan ein windel-kind so zeitlich abgewehnen?
Nein, Schöne Freundin! nein, dein vorschlag geht nicht an.
Ich weiß wohl, daß ein kind von anderthalben tagen
Noch ach und thränen muß in mund und augen tragen;
Nicht aber, daß es lacht und worte machen kan.
(Theil 5 S. 548)
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Aus eben demselben,
Als sie ihm das schweigen anbefohlen

Du hast mir, Sylvia! das schweigen auferleget;
Wohlan! ich will gehorsam seyn:
Obgleich die hefftigkeit der tief-gesetzten pein,
So zung' als herze reget.
Doch, Sylvia! steht dir mein tod nicht an,
Du ursprung meiner plagen!
So laß, damit ich doch mein leben retten kan,
Mich nur ein wort zu meinem arzte sagen.
(Theil 5 S. 548-549)
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Aus eben demselben

Vergnügungen, die schon ein groß geräusche geben,
Sind lange nicht der kern vollkommner süßigkeit.
Die liebe sucht die still' und die zufriedenheit.
Und also muß man nur nach einem buhler streben,
Der diesen punct versteht, und dessen folg' erkiest:
Daß die verschwiegenheit der liebe zucker ist.
Den solche Thyrsiße, die viel zu prallen wissen,
Nicht aber das verstehn, daß sie verräther seyn,
Hört man nur überall von ihrem glücke schreyn,
Und singen, was sie hier und da vor gunst genießen.
Denn ihrer unvernunfft will dieses gar nicht ein:
Daß Mars und Amor nicht von gleichem sinne seyn.
Denn Amor liebt die still, und Mars liebt das getümmel;
Wo man die trommel rührt, wo der trompeten schall,
Die rauhe lufft erfüllt, und der carthaunen knall
Ras’t donnert, kracht und tobt, da baut ihm Mars den himmel;
Hingegen Amor will nach stillen hölen ziehn,
Und auch den schwächsten hall wie blitz und donner fliehn.
(Theil 5 S. 549)
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Auf eine in ihrem busen verwelckende rose
Aus dem welschen des Alessandro Gatti

Du ausbund schöner rosen!
Kan es wol möglich seyn, daß du auf Daphnens brust
Der wohllust sanfften sitz berührest,
Und dennoch safft und krafft verliehrest?
Ach käm' es Daphnen an, mir also liebzukosen!
So fänd' ich ganz gewiß, wo du verschmachten must,
Den himmel meines lebens;
Allein ich seuffze, wünsch' und hoffe nur vergebens.
Denn sie, als feindin meiner ruh,
Denckt, allem ansehn nach, mir nur die hölle zu.
(Theil 5 S. 550)
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Aus dem frantzösischen des Passeratii

Du angenehmes heer, das in den lüfften schwirrt,
Und das des voglers hand mit süßen körnern kirrt,
Ihr vogel, die ihr fast nicht sicher singen könnet!
Ach springt mir doch zu lieb' in meinem vorsatz bey,
Daß mir, so wol als euch, einmal geholffen sey!
Ihr kennt den vogel wohl, den man die liebe nennet;
Der ist es, der uns nicht zu ruh und frieden läst,
Der so viel klagen uns aus herz und munde prest,
Dem passet fleißig auf und last euch nicht betrügen:
Wenn ihr ihn nun ertappt, so gebt ihm zwar qvartier:
Doch bringt ihn wohl gefaßt und abgepflückt zu mir:
So soll der vogel uns nicht mehr ins herze fliegen.
(Theil 5 S. 551-552)
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Auf ein schönes kind einer schönen mutter

Zart und schnee-weißes kind! das an der Daphne brüsten,
Nach denen so viel händ' und münd' umsonst gelüsten,
Als eine muntre bien' an süßen rosen hängt,
Und sich, an statt der milch, mit nectar-säfften tränckt;
Mein auge kan in dir nichts menschliches erkennen.
Weil du nun göttlich bist, wie soll ich dich denn nennen?
Zwar wenn ich Daphnen seh' so kömmt mir Venus ein,
Drum wirst du, als ihr sohn, gewiß Cupido seyn.
(Theil 5 S. 552)
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Er vergleicht sie mit dem berg Aetna

Dieweil der wunderberg der welt
In seiner brust nur feuer hält,
Den gipffel aber nichts, als kalter schnee, berühret,
So muß Rosette wol ein ander Aetna seyn;
Nur daß sie mir zur größten pein
Im herzen schnee, im haupte feuer führet.
(Theil 5 S. 553)
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An Sylvien, als sie seine klagen
nicht anhören wolte

Wie weiß dein mund zu klagen,
Wenn irgend eine bien' ihm einen stich versetzt;
Allein wenn Sylvia die herzen selbst verletzt,
Da hat kein mensch ein wort zu sagen.
(Theil 5 S. 553)
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Uber die entfernung seiner liebsten

So bald die sonne kommt, und ihren glanz erhöht,
So muß der kalte schnee in linder flut verschießen:
Und ich hingegen muß in thränen-saltz zerfließen,
Wenn meine sonne weicht, wenn Daphne von mir geht.
(Theil 5 S. 553)
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Der verzweiffelte liebhaber

Ach! bricht dein grimm den porcellan
Der süßen hoffnung ganz in drümmer?
Du blickest meiner flammen schimmer,
Als ein geborgtes wesen an.
Und spiel' ich gleich betrübte lieder;
So schlägt dein kalter sinn doch ihre kräffte nieder.

Dein geist verachtet meine treu:
Du fragest nichts nach angst und sehnen,
Und stellest die verliebten thränen
In der verlohrnen perlen reih.
Die seuffzer sind verworffne zeugen,
Und müssen nur umsonst aus treuen herzen steigen.

Ach, schöne Daphne! strenges Kind!
Wilst du den diamanten gleichen,
Die man mit blute muß erweichen,
So schaue, was dein knecht beginnt;
Der um dein herze zu gewinnen,
Hier statt der dinte läst der adern purpur rinnen.
(Theil 5 S. 553-554)
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Er vergleicht sich mit dem Icarus

Ich bin wie Icarus bemüht,
Mich aus dem kercker wegzubringen,
In welchen mich die ehrfurcht eingesperrt.
Verliebte blätter sind die schwingen,
Durch die mein herze sich zu seiner sonne zieht.
Doch ach, verwegenheit! du bringest bittre früchte,
So hoch du dich erhebst und prangst;
Denn ihr erhitzter strahl macht meinen flug zunichte,
Und überliefert mich den wellen tiefer angst.
(Theil 5 S. 554)
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Auf Sylvien, welche allezeit, wenn
sie die violine strich, dabey zu lächeln pflegte

Ach, lose Sylvia! ich habe längst gedacht:
Weßwegen lacht sie doch, wenn sie ein artig stücke
Auf ihrer violine macht?
Doch hab' ich es zu meinem ungelücke
Nicht eh', als itzt, heraus gebracht.
Du lachst, ach ja! du lachst, wenn du den bogen führest,
Und dem Apollo gleichst,
Weil du dem scheine nach nur auf die saiten streichst,
Und in der that mein herz, als eine Venus, rührest.
(Theil 5 S. 554-555)
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Die verliebte verwandlung

Du hast, o Liebe! mich erst in ein reh verkehrt,
Das seines jägers pfeil in zarter brust getragen:
Hernach in einen schwan, der sich zu tode singt:
Und dann in eine blum', in die die flamme dringt,
So von der sonne kommt, und allen safft verzehrt:
Hierauf verlohr' ich mich in einen thränen-regen:
Und itzund muß ich, mir zur pein,
Ein salamander seyn,
Der in der strahlen-glut, so Daphnens augen hegen,
Verschmachtet, und doch auch sein schmachtend herze nährt.
Jedennoch wolt' ich mich im minsten nicht beklagen,
Wenn deine wunder-macht,
Die mir bisher nichts süßes zugedacht,
Mir endlich noch die gunst gewährte,
Und mich vor meinem tod in Daphnens schatz verkehrte.
(Theil 5 S. 555)
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Auf eine in ihrem busen steckende rose
Aus dem welschen des Murtola

Die blume, so aus deinen brüsten,
Als wie die morgenröth aus schönen wolcken lacht,
Ist zwar dem scheine nach zur ros' allein gemacht;
Ich aber schau in ihr die liebe selber nisten.
Der helle purpur, der allhier
Die weichen alabaster-hügel
Mit seinem glanze crönt, stellt ihre fackel für,
Die dornen sind die pfeil, die blätter sind die flügel.
(Theil 5 S. 555)
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Auf ihre schönen augen

Aus was vor ungemeinem zeuge
Sind dieser sternen pracht,
Vor welchen ich mein herze beuge,
O Liebe? doch gemacht?
In wahrheit, so viel glanz in enge circkel bringen,
Und eine solche glut in zartes fleisch zu zwingen,
Ist etwas, das kein witz, der irdisch ist, erdenckt;
Jedoch die lieb' ist blind, so kan ich sicher schlüßen:
Daß du, o Amor! dir augen ausgerissen,
Und sie des Sylvia geschenckt.
(Theil 5 S. 556)
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Auf den von seiner Daphne geliebten brunn

Glückseliges crystall, es ziert dich keine kunst,
Und doch bestrahlet dich die sonne seltner gunst,
Weil Daphne sich in dir den ganzen tag bespiegelt,
Mir aber weg und thor zu ihrer huld verriegelt.
Dein wasser ist so kalt, und hat gleichwol die krafft,
Daß Daphne sich an dir, ich weiß nicht wie, vergafft.
Hingegen steigt mein ach aus flammen-reichen lippen.
Und findet dennoch nichts, als taube marmel-klippen.
Denn Daphne hört mich nicht, mein seuffzen wird verlacht,
Ihr zartes ohre giebt blos auf dein lispeln acht,
Und würd', ich weiß es schon, dein ihm beliebtes rauschen
Nicht um den lauten-klang des Phöbus selbst vertauschen.
Vor ihren blicken hat mein herze gute ruh,
Ihr holdes auge sieht nur deinen qvellen zu.
Sie spiegelt sich in dir, sie denckt nicht an Narcissen,
Und daß man andre nur, nicht aber sich kan küssen.
Wenn sie die sonne sticht, so läst sie deine flut
Um ihre glieder gehn, auf welchen milch und blut,
So wie in rosen spielt; ich aber muß verschmachten,
Und, leyder! ganz umsonst nach süßer kühlung trachten.
Allzubeglückter brunn! sag', ob mein‘ eifersucht
Nicht billig über dir, als einem feinde flucht?
Denn wärest du nicht da, wer weiß, ob nicht die bronnen,
So mein gesichte trägt, längst Daphnens gunst gewonnen.
Allein, mein eifer ist ein donner ohne krafft,
Denn wo der himmel mir nicht rath und hülffe schafft,
So wird mein herze zwar ein brunnen der beschwerden,
Doch nicht ein aufenthalt der schönen Daphnen werden.
(Theil 5 S. 556-557)
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Auf Daphnens schöne augen
Aus dem welschen des Gasparo Murtola

Der augen funckelnder saphir
Stellt mir das ebenbild von zweyen himmeln für.
Der sternen reines licht vertritt der sonnen schein,
Und der engel, dessen händen
Sie anvertrauet sind, und der sie pflegt zu wenden,
Kan niemand sonst, als Amor seyn.
(Theil 5 S. 557)
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Als sie mit ihm disputiren wolte

Liebwerthe Magdalis! ich mag nicht disputiren,
Wer unter uns das recht auf seiner seiten hat.
Es würde der proceß mir allzuschwer zu führen.
Die Liebe giebt vielleicht den allerbesten rath.
Sie spricht: Ey gieb recht, was auch ihr mund beschlüßt.
Und dieses thu ich auch, dieweil du schöne bist.
(Theil 5 S. 557)
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Aria
Im namen eines cavaliers

1.
Soll ich deine bande küssen?
Kleiner Amor! nein, ach nein!
Nein, ach nein! an meinen füßen
Müssen keine fessel seyn.
Soll ich deine bande küssen?
Kleiner Amor! nein, ach nein!

2.
Sclaven lauffen mit den ketten;
Große seelen herrschen nur:
In den weichen wohllust-betten
Läst die großmuth keine spur.
Sclaven lauffen mit den ketten;
Große seelen herrschen nur.

3.
Nein! doch ja! was? edles küssen
Stehet auch wol Helden an:
Weil man so die zeit versüßen,
Und doch rühmlich leben kan.
Nein! doch ja! was? edles küssen
Stehet auch wol Helden an.
(Theil 5 S. 559)
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Als Floris eine blume in ihren busen steckte

So gern ich auch die weichen hügel küßte,
Die Floris stets vor mir versteckt;
So hat die zarte furcht vor ihrem strengen zorne
Mich gleichwol davon abgeschreckt.
Doch wenn ich mich nur zu verwandeln wüßte!
Könnt' ich nur eine blum', als wie Narcissus, seyn;
So träffe mein verlangen dennoch ein:
Denn Floris legte mich selbst zwischen ihre brüste.
(Theil 5 S. 560)
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Er findet in ihrer gegenwart überall den himmel

Fahr' ich deßwegen in die hölle,
Weil ich, was sterblich ist,
In dir, Calpurnia! zur göttin auserkiest?
So ist doch auch vorlängst schon eine stelle,
Von wegen deiner grausamkeit,
Allda vor dich bereit,
Ja deine qvaal wird größer seyn, als meine;
Denn einmal strafet dich die höll' in der ich bin;
Dann zieht mein anblick dich in neue marter hin.
Ich aber, weil mein aug' an deiner anmuth scheine
Sich hier erqvicken kan,
Treff in der hölle selbst noch meinen himmel an.
(Theil 5 S. 560)
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Madrigal

Waer ich die nachtigall, die Florabelle liebt,
Und der sie nichts als küß' und zucker giebt;
So wären ihr auch meine liebes-lieder
Vielleichte nicht zuwider.
Drum, Amor! der du einst den Jupiter zum schwan
Und weiß nicht, was gemacht, schau meine sehnsucht an,
Die sich so gerne möcht' in Florabellen spiegeln.
Verwandle mich demnach fein bald
In diese zart' und artige gestalt;
Mach alle regungen zu flügeln;
Mach' aus den seuffzern reine lufft,
Damit ich nach dem ziele streiche,
Dahin mich mein verlangen rufft,
Und in ihren schönen augen mein gewünschtes nest erreiche!
Doch was vor furcht hemmt meinen heißen schluß?
Muß ich die flügel finden lassen?
Darff denn mein herze nicht die süße kühnheit fassen?
Nein, nein! weil es so netz' als pfeile fürchten muß.
(Theil 5 S. 562)
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Als er Sylvien des Ovidii verwandlungs-bücher übersendete

Hier liegt Ovidius
Sein schönstes werck zu deinen füßen,
Und wünscht, o Sylvia! die schöne faust zu küssen,
Vor der sich alles neigen muß.
Ließ er nur fleißig durch, so wirst du menschen finden,
Die ihrer liebe glut in brunn und meer verkehrt:
Daß aber mich die brunst so weit noch nicht verzehrt,
Ist unschwer zu ergründen.
Denn obschon meiner thränen lauf
Mich längst zum fluß und brunnen machen können,
So lecken doch die flammen, die mich brennen,
Die blicke Sylviens stets meine thränen auf.
(Theil 5 S. 562-563)
_____



Daphne überwindet ihren affect

Als Thyrsis sich den guckguck reiten ließ
Die muntre Sylvia zu lieben,
Wie konnte Daphnen das betrüben!
Es trieb die traurigkeit sie in das paradies,
Und stieß am ufer ihr die wörter von dem mund:
Abtrünniger, verlogner, falscher hund!
Machst du nach so viel theuren schwüren,
Dir kein gewissen nicht, mich hinters licht zu führen?
So reisse dieser strom mich aus der angst und schande!
Hiermit erhob sie sich, der fuß war schon am strande,
Und zum absprung ausgestreckt;
Doch als der nahe tod ein grausen ihr erweckt,
So zog sie zetternde den zarten fuß zurücke,
Und rief: Bin ich nicht tumm? es sind zu gutem glücke
Ja noch viel hirten da,
Küßt Thyrsis gleich itzund die Sylvia;
Es kan vor mich noch hundert buhler geben,
Ich aber habe doch mehr nicht als nur ein leben.
(Theil 5 S. 563)
_____



Als er seine Liebste vor eine
schönere fahren ließ

Indem ein edelstein
Durch seinen süßen wunder-schein
Bemühet ist mein aug' an sich zu hefften,
So tritt ein andrer vor, der mit noch stärckern kräfften
Demselben seinen glanz, und mir das herz entzieht.
Ach, Amor! wilst du mir einmal zu dienste leben,
So mache, daß er bald in mich versetzet sey;
Das gold ist meine treu,
Und wenn das feuer nicht in deiner werckstatt glüht,
Kan meine liebe schon hierzu die glut hergeben.
(Theil 5 S. 563-564)
_____



Die glückliche nachtigall

Du kern der nachtigallen!
Mein zustand trifft fast mit dem deinen zu:
Ich bin gefangen, gleichwie du:
Du singst, und ich sing auch, um dieser zu gefallen,
Die mir und dir die fessel angelegt.
Doch mein verhängniß will dir nicht in allem gleichen,
Dieweil dein lied die Sylvia bewegt;
So singest du und lebst, ich sing' und muß erbleichen.
(Theil 5 S. 564)
_____



Sein sehen bringt ihm den tod

Schau ich dich nicht, mein Leben!
So ist mein ende da:
Und schau ich dich, du kalte Sylvia!
So muß ich doch den geist aufgeben,
Denn deine grausamkeit erbarmt sich keiner noth.
Elender lohn, den lieb und treu verspricht!
Ich schau mein Leben oder nicht;
So küsset mich der kalte tod.
(Theil 5 S. 564)
_____



Als sie ihn fragte: Warum er so blaß wäre?

Lisette! wilt du wissen,
Warum mein wange denn so blasse farbe führt?
So darffst du nur die liebe fragen;
Denn diese wird dir sagen:
Daß das feuer, so den demant deiner hellen augen ziert,
Mein herze schon durchaus verzehret,
Davon die asche mir itzt ins gesichte fähret.
(Theil 5 S. 565)
_____



Er giebt ihr sein mitleiden zu erkennen

So weinest du? ach ja, du weinst, mein Leben!
Und ich, ich selber wein' und muß in ängsten schweben,
Denn deine wehmuth dringt in meiner adern blut:
Wiewol sie redet nicht; Doch wilst du sie verstehn?
So laß nur einen blick in meine sterne gehn,
Dann wirst du sie schon zu erkennen wissen,
Und durch den trieb erbarmnis-voller glut
Mein eigen herze sehn in deinen thränen fließen.
(Theil 5 S. 565)
_____



Als sie graue haare bekam, und
doch noch schön war
Aus dem welschen

Es ist kein wunder nicht,
Daß bey dir der kalte winter andrer schönen lenz absticht,
Weil offt die ros' im Jenner blühet,
Da man noch schnee in dem Aprille siehet.
Das aber ist ein werck, das etwas höher steiget,
Und der verwundrung werth zu achten,
Wenn wir den Jenner itzt in deinem haar betrachten,
Da der April sich im gesichte zeiget.
(Theil 5 S. 565-566)
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Als sie in großen schmerzen danieder lag

Indem ich einen blick nach deinen sternen sende,
Und schaue, wie die qval dir fast die augen bricht,
So denck ich fernerweit an meine wunden nicht.
Daß sich dein jammer nur zu meinem herzen wende!
So seuffz' ich, Flavia! blos um dich zu befreyen:
Ach wolte mich, o innigstes ergetzen!
Der himmel doch so würdig schätzen,
Und ließ in deiner angst mich gleich des todes seyn!
(Theil 5 S. 566)
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Als sie sich in einem brunnen spiegelte

Climene wirfft den blick nur einem brunnen zu,
Und lässet mich in guter ruh.
Ach aber, werthes Licht!
Denckst du denn an Narcissen nicht?
Laß seinen fall dir doch die grufft verriegeln,
Und schau nicht mehr hinein:
Willst du dich sicher spiegeln;
So laß mein nasses aug' an statt des brunnen seyn!
(Theil 5 S. 566)
_____



Aus dem welschen der Andreini

Cupido ist in Sylvien entbrannt,
Drum opffert er mit demuth-voller hand,
Als einer göttin ihr meine herze.
Es brennt auch schon als eine lichte kerze.
Doch, himmel! ist das recht? Cupido trägt den lohn,
Die Sylvia den ruhm, und ich nur schmerz davon.
(Theil 5 S. 567)
_____



***

Es satzte Sylvio sich zu Lisetten nieder,
Und sprach: Du hassest mich, weil mir ein schatz gebricht;
Allein weißt du denn nicht,
Daß die lieb' ein lohn der liebe, nicht ein lohn des goldes ist?
Wie? oder bin ich dir deswegen nur zuwider,
Dieweil dein aug' an mir nichts zierliches erkiest?
So führ es doch nur auf mein herze,
Das sich so schön, als dein gesichte, schätzt,
Nachdem der liebe faust, die offtmals pfeil und kerze,
Zu kiel und griffel macht, dein bild darein geätzt.
Steht dir nun dieses, was dir gleichet,
Und dem sonst alle schönheit weichet,
Lisette! nicht an meinem herzen an;
Was ist denn in der welt, so dir gefallen kan?
(Theil 5 S. 567)
_____



An Sylvien, von der härtigkeit ihres herzens

Als, strenge Sylvia! dich deine schöne mutter
Noch unter ihrem herzen trug;
So fügt' es sich, daß ihr ein theurer diamant
Recht kräfftig in die augen blitzte:
Weil nun desselben lichter zug
Die lust darnach ie mehr und mehr in ihr erhitzte,
So führte sie von ohngefehr die hand
In solcher regung zu dem herzen,
Dadurch sie, aber blos zu mehrung meiner schmerzen,
Das wunder-werck in dich gelegt,
Daß deine brust ein herz aus diamanten trägt.
(Theil 5 S. 568)
_____



Als sie die hand vor ihr gesichte hielt

Weil deine finger schnee, und deiner augen licht
Zwey heisse sonnen seyn,
Ach so vermaure doch mit deiner weichen hand
Dein helles antlitz nicht.
Zeuch sie, eh' deine blicke
Den heissen strahl darauf gewandt,
Doch bald zurücke,
Weil deinem Damon zum verdruß
Bey diesen sonnen sonst ihr schnee zerschmeltzen muß.
(Theil 5 S. 569)
_____



Er entdeckt sein verlangen nach einem kuße

Ich habe wol gehört, o Venus! daß dein sohn
Dir aus der schoos entflogen,
Und deine wachsamkeit betrogen.
Ist des verräthers lohn
Nun, wie man sagt, ein kuß? so gieb dich doch zufrieden,
Und such ihn weiter nicht.
Ertheile mir nur den versprochnen preiß,
Oder mache, daß der mund, der sich stets von mir geschieden,
Mir länger nicht ihn abzuschlagen weiß;
Denn deines sohnes aufenthalt
Ist kein entlegner wald;
Nein, sondern Flavia, mein paradies und licht.
(Theil 5 S. 569-570)
_____



Auf ihre thränen

Aurora weint, und Sylvia weint auch:
Doch gehen dieser ihre thränen,
So ein verborgner schmerz ihr aus dem herzen drückt,
An kostbarkeit weit, weit vor jenen,
Ob ihre krafft gleich wald und feld erquickt.
Glaubst du es nicht, Aurora! auf mein wort,
So schicke nur dein aug' an diesen werthen ort,
So wirst du sehn, daß deine reinen zähren
Sich nur in thau verkehren,
Da das, was Sylvien aus ihren augen rinnt,
Die allerschönsten perlen sind.
(Theil 5 S. 570)
_____



Die verschwiegene liebe

Mein liebes-secretair bist du allein, mein herze!
Wie Amors süße kerze
Mich nächst entzündet hat, das weißt du ganz allein.
Die seuffzer wollen zwar allhier verräther seyn,
Und öffnen allbereit der lippen freye pforte,
Doch, seuffzer! bleibt zurück, und brecht nicht durch den mund,
Es wird sonst allzu kund
Um wen ich in der stille buhle;
Denn in der liebes-schule
Sind heisse seuffzer schon so viel, als klare worte.
(Theil 5 S. 570)
_____



Als er sie sahe kirschen essen

Es satzte Flavia sich in das grüne gras,
Als ihre hand viel kirschen abgepflücket:
Indem sie nun dieselben as,
So stund Leander ganz entzücket.
Sein auge konnte nicht die lippen unterscheiden,
Und gleichwol war er ihr ganz nah,
Weil er nichts als rothe kirschen in blutrothen kirschen sah.
(Theil 5 S. 571)
_____



Als er sie vergebens suchte

Wo bist du denn, mein holdes Licht?
So frag' ich; aber ach! weßwegen frag' ich nicht,
Wo ich mich selbst befinde?
Leb ich in dir,
Und du in mir?
So bin ich ja bey meinem liebsten Kinde.
Indessen such' ich, wo ich kan,
Und treffe dich doch nirgends an.
Ja was unglaublich scheint, mein angenehmstes Licht!
Ich weiß es, wo ich bin, und weiß es doch auch nicht.
(Theil 5 S. 571)
_____



Als er sie geküsset hatte

Die schlau' und eifersüchtge liebe
Bewachte Florabellens mund.
Indem ich nun aus vorwitz-vollem triebe
Nach diesen frischen rosen stund,
(Worunter Amor sich versteckte)
Und endlich auch den safft der süßen blumen schmeckte,
So stach die liebe zu, wie eine biene thut;
Der stich durchlief das heisse blut,
Und drang, iedoch nicht ohne süße schmerzen,
Mir von dem munde zu dem herzen.
(Theil 5 S. 571)
_____



Als die liebe sein herz entzündet

Hast du mein herze dir zur herberg ausersehn;
So sage mir, o blinder Cypripor!
Weßwegen nimmst du denn so tolle streiche vor,
Daß du mit eigner hand dein eigen haus verbrennest.
Nun seh ich, daß du auch
Selbst deinen nutzen nicht erkennest;
Denn dencke doch, ist dis so dein gebrauch,
Wer wird sich wol hinfort beqvemen,
Dich in sein haus, ja gar ins herz zu nehmen?
(Theil 5 S. 572)
_____



Von seiner mit ehr-furcht verknüpfften liebe

Der Garamanten brunn hat diese wunder-krafft,
Daß er bey nachte zu gefrieren,
Des tages aber recht zu brennen pflegt.
In mir läst sich was ungemeines spüren,
Weil meine brust zugleich so hitz als kälte trägt;
Denn ich wüste keine stunden,
Seit dem ich Sylvien erblickt,
Und ihre majestät und schönheit mich entzückt,
Daß ich nicht heisse lieb und kalte furcht empfunden.
(Theil 5 S. 573)
_____



Auf eine von ihr getödete biene

Als unlängst eine zarte biene
Die schöne Sylvia auf ihre lippen stach,
Und nun begriffen war sich weiter zu begeben,
So folgt ihr Sylviens erzörnter finger nach,
Und brachte sie durch einen druck ums leben.
Doch allzuwohl vergoltner stich!
Wer wäre glücklicher als ich?
Wenn ich von ihr dergleichen gunst erwürbe,
Und also an der thür des paradieses stürbe.
(Theil 5 S. 573)
_____



Die mit manier entdeckte liebe

Ich soll dir, Floris! sagen:
Wer diese fischerin doch sey,
Der ich begierig bin ein küßgen anzutragen.
Wohlan! ich will es thun, trit nur fein nah' herbey,
Und schau in diesen bach; in dessen klaren gründen
Wirst du sie wenigstens im schatten sehn und finden.
(Theil 5 S. 574)
_____



Als er seine liebe gern offenbaren wolte

Schweig ich, so nimmt mein schmerz von tag zu tage zu.
Red ich, so wächst ihr zorn zum nachtheil meiner ruh.
Hier öffnet Scylla sich, dort steht Charybdis offen;
Was ist nun hier vor mich zu hoffen?
Drum, Liebe! nimm dich meiner an,
Und führe Sylvien die tief-verborgnen schmerzen
Durch meiner augen sprach' und nachdruck so zu herzen,
Daß sie nicht anders thun, als sich erbarmen kan.
(Theil 5 S. 574)
_____



Als er sich in sie verliebet

Indem ich mein gesichte
Auf Flaviens gerolltes haar,
Und ihre schönen augen richte,
So fällt mein herz in doppelte gefahr.
Kurz: Amor will mich töden oder fangen:
Um nun das letzte zu erlangen,
So muß ihr sauber haar ihm statt des netzes seyn.
Die augen aber sind die bogen;
Die pfeilen liefert ihm der holden blicke schein.
Jedoch wer hat sich ie dergleichen garn entzogen?
Kommt, pfeile! selbst, kommt häuffig angeflogen!
Ihr seyd doch allzusüß und schön,
Um euch aus bloser furcht des todes zu entgehn.
(Theil 5 S. 574-575)
_____



Auf ihre unbarmhertzigkeit

Soll denn mein heisses ach und weinen gar nichts taugen?
Es ist ein theurer zoll des herzens und der augen,
Der wie dein harter grimm von tag zu tage steigt.
Wenn deinen strengen sinn nun selbst die zeit nicht beugt,
So kan es nicht mehr lange währen,
Es muß sich meine brust in den Vesuvius,
Der augen nasser überfluß
Sich in ein meer, dein sinn in einen fels verkehren.
(Theil 5 S. 575)
_____



An die grausame Sylvia

Mein herz ist nun kein herz, indem es, Sylvia!
Durch deinen grimm zu einer hölle worden,
In der die martern, angst und pein
Ewig und unsterblich seyn.
Da wirst du ( wo dir vor manch ehren-dienst geschehn)
Auch wenn du allbereits der orden
Der todten führen wirst, der pein kein ende sehn.
Schau, strenge Sylvia!
Die straf' ist würcklich da.
Es hat dein eigensinn, dem du zu viel vertrauet,
Aus deinem tempel dir ein höllen-reich gebauet.
(Theil 5 S. 575)
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Antwort auf die vorige klag-aria

1.
Was singest du vom sterben?
Das kalte grab ist nicht vor dich.
Des grausen todes bleicher strich
Muß keine frische lippen färben.
Dein aug' ist allzu schön dazu,
Sich auf die düstre grufft zu lencken.
Das alter sucht die lange ruh;
Die jugend darff daran nicht ohne zittern dencken.

2.
Der scepter, den ein könig
Aus lieb in deinen schos gelegt,
Ist doch kein baum, der dornen trägt,
Ist diese gunst vielleicht zu wenig?
Wie viele lebten höchst-vergnügt,
Wenn sie ein einzig strahl beschienen!
Und Bellamire seufftzt und liegt,
Da ganze sternen ihr zu der Erquickung dienen.

3.
Daß dich mein mund geküsset,
Ist trost genung vor deinen geist;
Die kost, so das gemüthe speist,
Bleibt dessentwegen unvermisset.
Dein könig liebt dich mehr, als vor;
Vor bahnet' ihm der schnee der glieder
Die glatte bahn zum liebes-thor:
Itzt legt sich blos sein geist zu deinem geiste nieder.

4.
Drum, kluge Bellamire!
Befiehl dem munde, daß er schweigt,
So offt ein fleischlich ach! aufsteigt,
Damit ich dich nicht ganz verliere.
Die schönheit hat genung erlangt,
So eines helden faust gebunden;
Damit dein witz nun höher prangt,
So zeige, daß er selbst den sieger überwunden.

5.
Die eyfernden gedancken
Stehn keinem grossen herzen an.
Die königliche liebes-bahn
Schließt sich nicht in gemeine schrancken.
Man schaut mehr als ein schlaf-gemach
Vor einen fürsten zubereitet.
Armandus folgt der sonne nach,
Die ihren göldnen glanz auf berg' und thäler breitet.

6.
Was wilst du demnach weinen?
Dein ancker bricht noch nicht entzwey;
Dein schiff ist aller stürme frey:
Du siehst den Pharus helle scheinen.
Drum seegel ungehindert fort!
Dein witz läßt dich was grosses hoffen:
Verschließt dir Venus ihren port;
So hält die klugheit dir der tugend hafen offen.
(Theil 6 S. 89-90)
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Als ihn Melinde mit seinen thränen bespritzte

Melinde, die gewiß Dianen wenig weicht,
Netzt ihrer hände schnee in den verliebten zähren,
Die meiner augen quell ihr als ein opffer reicht,
Und will mit diesem naß mich in ein wild verkehren.
Indessen ist gleichwohl ihr wille nicht geschehn:
Vielleichte, weil ich sie noch niemahls nackt gesehn.
(Theil 6 S. 359)
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Als Daphne in seiner gegenwart die violine strich

Ach! warum flieh ich nicht, wenn unsre Daphne spielt?
Ich weiß doch, daß ihr spiel auf mein begräbniß zielt:
Denn ihre linden strich' und wohl-gesetzte noten
Sind freylich weiter nichts, als süsse todes-boten.
Der bogen, den sie führt, ist Paphiens geschoß.
Läst sie, dem ansehn nach, gleich keine pfeile los;
So seh ich dennoch wohl, daß eine violine
Der schlauen Daphne mehr, als hundert köcher, diene.
Ach ja! ich fühle schon der tremulanten krafft,
Die gegen uns so viel, als scharffe pfeile, schafft:
Allein wer wolte nicht den stich des todes fühlen,
Wenn liebes-engel uns die sterbe-lieder spielen?
(Theil 6 S. 359)
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An Sylvien, wie er ohne sie leben könne?

Du bist, o Sylvia! mein leben,
Und gleichwohl leb ich ohne dich;
Soll ich nun dir, mein ander ich!
Deßwegen red und antwort geben?
So wiß', es muß dein conterfait
In meinem herzen dich vetreten:
Denn Seladon ist auch erfreut,
Nur deinen schatten anzubeten.
Läst nun der holden liebe gunst
Und ihres zarten pinsels kunst
In mir dein bildniß nicht verderben;
O Sylvia! wie kan ich sterben!
(Theil 6 S. 360)
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An eben dieselbe wegen seiner finstern wohnung

Es ist dir leid, daß nicht mehr licht
Durch meine stuben-fenster bricht;
Doch kehre du nur bey mir ein!
So wird es voller sonne seyn.
(Theil 6 S. 360)
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Auf die sich mit blumen nährende Florette
Aus dem Pays. Sonnet

Florette! dein geschmack ist ziemlich ungemein:
Du wilst, man solle dir sonst nichts als blumen geben,
Man sieht die lilien offt an den perlen kleben,
Wo deine zähne nicht noch mehr als perlen seyn.
Der rosen-lichte mund nimmt lauter rosen ein:
Der schönsten nelcke tod ist deiner zunge leben:
Die veilge kan sich kaum aus ihrer wurtzel heben,
So legt dein hunger ihr schon einen leichen-stein.
Allein bedenckst du auch, was dir der winter dräuet,
Der aller gärten pracht in seinem grimm zerstreuet,
Biß auf den blumen-schmuck, den deine schönheit weist?
Florett‘! entwehne dich dergleichen lecker-bissen;
Sonst wirst du, wenn die zeit dir diese kost entreist,
Aus harter hungers-noth dich selbst verzehren müssen.
(Theil 6 S. 360-361)
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Er vergleicht sich mit einer uhr
Aus dem Welschen des Petrazzi

Es mag Florette lachen!
So will der himmel doch ein uhrwerck aus mir machen,
Wo der gedancken lauff an statt der räder ist.
Mein ängstig sehnen bleibt zur unruh auserkiest,
Weil jenes sich, wie dieses stets, beweget:
Mein herze soll das glöckgen seyn,
Auf dem der liebe strahl und deiner blicke schein
Die stunden und minuten schläget.
Du aber, süsser glanz! der mich gebunden führt,
Und meine sonne ziert,
Nach der ich so viel seufftzer sende,
Du bist der mittel-punct, um welchen ich mich wende.
(Theil 6 S. 361)
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Als sie vor ihm weinte
Aus dem Welschen des Marini

Es ist wohl wahr, Lisette weinet;
Doch darum wunder ich mich nicht,
Weil die gelinde bach, so aus den augen bricht,
Ein fremdes quell zu haben scheinet.
Drum bilde dir nicht ein: Leander sey betrogen;
Er kennt die sonnen wohl, womit Lisette blitzt:
Die sind es, so die fluth, so meine seele schwitzt,
Aus meiner augen brunn in den crystall gezogen.
Und also ist es falsch, daß mich Lisette liebt;
Ist sie gleich gegen mich mitleidend und betrübt,
So ist sie es doch nur zum scheine:
Denn ihre thränen sind nicht ihre, sondern meine.
(Theil 6 S. 361)
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Als sie seine lieder gelobet hatte

Ein schwan singt niemahls schöne,
Als wenn er sterben soll.
Drum, Daphne! lebe wohl!
Denn, weil mein klag-gethöne
Dir itzt so süsse klingt, und dein gemüth erfreut:
So ist mein ende wohl nicht weit.
(Theil 6 S. 365)
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An Sylvien, über die bey ihr verlohrne freyheit

Ich habe nächst bey dir die freyheit eingebüßt,
Und möchte mir sie gerne wiederholen:
Denn deine schönheit hat mir sie gewiß gestohlen,
Ich weiß, daß sie die gröste diebin ist.
Drum kan ich nicht umhin, es hilfft kein schreyn noch fluchen;
Ich muß sie durch und durch besuchen.
(Theil 6 S. 368)
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Auf ihre blässe

Der blässe matter schein,
So Daphnens antlitz eingenommen,
Muß meines herzens asche seyn,
Das nächst durch ihr gluth den letzten rest bekommen.
Nun geht das leich-begängniß an;
Jedoch ich bin vergnügt, weil ich mich rühmen kan,
Daß mein herze Daphnens schönheit noch zu seiner bahre habe.
Die liebe selbst bedient sich ihrer blicke pracht,
Und leuchtet ihm in dieser trauer-nacht
Mit tausend lichtern itzt zu grabe.
(Theil 6 S. 368-369)
_____



Auf einen hyacinth, der zwischen ihren brüsten hieng

Beliebter hyacinth! der den rosen-hügeln,
Um die Cupido lauscht, und auf die hertzen paßt,
Die crone sencket und erblaßt,
Es kan mein zustand sich recht in dem deinen spiegeln.
Denn Amarillis ist uns allen beyden scharff:
Dich hat sie von dem stock und mir das herz entrissen;
Allein dir ist vergönnt, das paradies zu küssen,
Dahin sich nicht einmahl mein auge wagen darff.
(Theil 6 S. 369)
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Aria wider die wanckelmüthigkeit seiner liebe

1.
Flatternde liebe!
Wo eilest du hin?
Ein gesetzter sinn
Folget einem edlern triebe,
Den kein neben-licht,
Ja der donner selbst, nicht unterbricht.

2.
Irrende sterne,
Bedeuten nicht viel:
Ein beständig ziel
Jagt die unruh in die ferne.
Taugt auch ein magnet,
Der nicht stets nach einem pole steht?

3.
Flüchtige flammen
Verzehren sich bald:
Einen pappel-wald
Schlägt ein schwacher sturm vonsammen;
Wahre liebe bleibt,
Wie ein ceder-baum, der recht bekleibt.

4.
Macht eine sonne
Den monden vergnügt,
Der nicht eckel kriegt
Vor so alter kost und wonne;
Warum findest du
Nicht in einem sterne lust und ruh?

5.
Darum, o liebe!
Vollende den flug!
Handle treu und klug,
Und gehorche doch dem triebe,
Der nach leib und geist
Dich Ambretten stets umfassen heist!
(Theil 6 S. 370-371)
_____



Auf ihre kalten hände

Du liebst, mein schatz! und bist doch immer kalt;
Ist denn bey dir allein die lieb ein frostig wesen?
Wie? oder soll mein aug aus dieser kälte lesen,
Daß keine wahre lieb in deinen adern wallt?
Nein, Flavia! dein kuß und die getreuen blicke
Verjagen hier den argwohn aller tücke,
Und zeigen, daß dein geist in allem ernste liebt;
Doch, daß dein zarter leib so wenig wärme giebt,
Macht blos die reine scham: Denn diese zwingt die flammen
In deinem zarten herzen so zusammen,
Daß man auf deiner glieder bahn
Nur schnee, und keine spuhr des feuers, finden kan.
(Theil 6 S. 371)
_____


ARIA

1.
Saubere Florette!
Wie beglückt wär' ich!
Drückte mich und dich
Doch nur eine liebes-kette!
Aber so will sie allein
Nur vor mich geschmiedet seyn.

2.
Aus zertrennten flammen
Steiget keine lust;
Schlägt in beyder brust
Die verliebte gluth zusammen,
So wird durch verbundnes ach
Zucker aus dem ungemach.

3.
Zimmer werden hölen
Durch die einsamkeit;
Und die klufft erfreut
Zwey in lieb entbrannte seelen:
Denn ihr treu-verbundner sinn
Jaget alle schatten hin.

4.
Darum, ach Florette!
Lege deinen geist,
Wie die liebe weist,
Doch zu mir an eine kette!
Denn also gefangen seyn,
Trägt mehr, als die freyheit, ein.
(Theil 6 S. 372)
_____



Als er keine gegen-liebe hoffen kunte

Ach allerliebste thränen!
Ihr boten meiner herben pein!
Kan ein so reines sehnen
Durch eure krafft dann nicht gestillet seyn?
Ist es unmöglich, dieses herze,
Das über des Myrtillus schmerze
Sich nicht erbarmen will, noch endlich zu erweichen?
So lescht zum wenigsten durch eure milde fluth,
O thränen! meine gluth!
Oder wachset so weit an,
Damit ich und mein schmerz in euch ertrincken kan!
(Theil 6 S. 372-373)
_____



Auf ihre unbarmherzige augen

Weil ihr so fertig seyd mein herze zu verwunden,
So seyd ihr allerdings zum heilen auch verbunden,
Ihr augen, weil ihr mich allein erretten könnt!
Allein mein klagen rührt vergebens eur gewissen,
Dieweil ihr keines habt. Ihr seyd itzt blos befliessen
Zu schauen, wie die glut mein herz zu asche brennt.
Mein armes herze hat denn nichts von euch zu hoffen.
Ihr gönnet auf den schmerz ihm nur die grabes-ruh;
Und also stehet ihr ihm zum verderben offen,
Zum heilen aber schließt ihr euch auf ewig zu.
(Theil 4 S. 391)
_____



Als sie die see und den Vesuvius sehen wolte

Du wünschest dich, mein kind, von den beliebten auen,
Um in der näh die see, und jenes wunderwerck,
Den hocherhabnen berg,
So flammen speiet, anzuschauen.
Bleib aber, wo du bist, dein wunsch ist hier zu stillen.
Florindo kan ihn gleich erfüllen,
Der in den augen dir den trüben Ocean,
Und den Vesuvius im herzen zeigen kan.
(Theil 4 S. 392)
_____



Als er von ihr reisete

Ich reise weit von meiner sonne weg.
Wie find ich aber weg und steg?
Kan man auch reisen ohne herze?
Geht man auch sicher ohne kerze?
Doch Amor tritt an meines herzens stat,
Sein feuer kan mich schon bewegen,
Und seine fackel ist ein licht auf meinen wegen.
Der kommt wohl sicher fort, der diesen leitstern hat.
(Theil 4 S. 392)
_____



Als er sich von ihr solte küssen lassen

Wenn mich ein blick von dir dem blassen tode giebt,
Was würd' ein kuß nicht auszurichten wissen!
Doch schweig, wenn Daphne dich nur liebt,
So laß, mein mund, dich immer küssen.
Denn bringt ein kuß dich um das leben,
So wird der andre doch es doppelt wieder geben.
(Theil 4 S. 392)
_____



Als sie ihm erlaubt, sie im garten zu sprechen

Ich weiß nicht, was der himmel fügt.
Doch ein so werthes kind läst mich nichts schlimmes hoffen.
Steht mir der weg zu deinem herzen so
Als wie zu deinem garten offen,
So bin ich froh.
Und stets vergnügt.
(Theil 4 S. 393)
_____



Aus den Maximen d’Amour du Comte de Bussi Rabutin
2. Part. p.m. 295. Aprenez de moi & c.

Lern, wo es dir gefällt, mein allerliebstes licht,
Den grossen unterscheid von dein und meiner pflicht,
Dich kan ich nimmermehr als durch die that verletzen,
Mich kan ein bloßer schein in furcht und unruh setzen.
(Theil 4 S. 393)
_____




ibid. p.m. 273. Vous demandez & c.

Du fragst mich, liebstes kind, vollkommne Sylvie,
Ob reine liebes-glut, ob dieses süße weh,
Bis zu der finstern grufft und ewig könne währen,
Ob reine flammen sich bis in die grube nähren,
Zwar, auserwehltes licht, ist selten eine treu,
Die von so langer daur und ohne tadel sey.
Doch wo zwey seelen sich von gleicher tugend lieben,
Da kan die reine glut in keinem sturm zerstieben.
(Theil 4 S. 393)
_____



ibid. p.m. 258. Belle Iris, lorsqve je vous presse & c.

So bald ich, schönes kind, der liebe letztes spiel
Und deinen schönen leib zu einem opffer will,
So sprichst du meine gunst und meine treue pein,
Soll voller sehnsucht zwar, doch ohne kühlung seyn.
So liebt nun, fährst du fort, der meiste theil der welt.
Allein mein ander ich, was vielen wohlgefällt,
Beliebt nicht allen gleich, du weist es, wie es geht,
So liebt die halbe welt, die lieben nicht versteht.
Ich aber kenne nicht dergleichen mäßigkeit,
Denn wenn uns der genuß im lieben nicht erfreut,
So ist die schuld bey uns, vielleicht weil unsre glut
Nicht alles was sie soll bey dieser sache thut.
(Theil 4 S. 393-394)
_____



Als er der Doris gegen-liebe versichert worden

1.
Betrübtes herze, sey zu frieden,
Es gehe dir auch wie es will.
Halt in geduld dem himmel still.
Er hat dir ja genung beschieden,
Indem er dir die Doris giebt,
Die dich von herzen liebt.

2.
Nun wohl, ich will mich nicht beklagen.
Es ist ohndem nicht klug gethan.
Ein weisser nimmt gelassen an,
Was ihn der Himmel heist ertragen.
Drum macht mich keine noth betrübt,
Wenn mich nur Doris liebt.

3.
Ihr treuer kuß versüßt die galle,
Die uns der neid zu kosten schickt.
Und wenn der haß auch stößt und drückt,
So macht sie doch, daß ich nicht falle.
Drum acht'ich nichts, was sonst betrübt,
Wenn mich nur Doris liebt.

4.
Sie liebt, und wird mich auch vergnügen.
Ihr herz' ist nicht veränderlich.
Drum mag die angst und schwermuth sich
Nur immer weit von mir verfügen.
Es macht mich ferner nichts betrübt,
So lange Doris liebt.
(Theil 4 S. 405)
_____



Als er mit der Doris versprochen worden

1.
Ihr gewünschten stunden
Geht nunmehr wieder an.
Nun ich das gefunden,
Was mich vergnügen kan.
Nun der himmel wieder giebt,
Was ich zuvor geliebt,
Ihr gewünschten stunden,
Geht nunmehr wieder an.

2.
Denn in dir, Dorinde,
Steht Daphne wieder auf.
Stunden laufft geschwinde!
Befördert euren lauf,
Daß auf dieses morgen-licht
Auch bald der tag anbricht.
Auch in dir, Dorinde,
Steht Daphne wieder auf.

3.
Wenn ich dich denn habe,
So hab ich, was ich will;
Thränen geht zu grabe!
Ihr klagen, schweiget still.
Der verlust ist nun ersetzt,
Weil Doris mich ergötzt.
Weil ich dich denn habe,
So hab ich, was ich will.

4.
Ihr vergnügen stunden,
Ihr seyd nun wieder nah.
War mein schatz verschwunden,
Jetzt ist er wieder da.
Denn ich find auf Doris brust
Ein neues schloß der lust.
Ihr vergnügten stunden,
Ihr seyd nun wieder da!
(Theil 4 S. 406-407)
_____



Aria
Als ihm seine Daphne gestorben

1.
Ihr vergnügten stunden!
Wo seyd, wo seyd ihr hin?
Ach ihr bleibt verschwunden,
Nun ich verlassen bin.
Meinen Schatz, ach herbe noth!
Umfaßt der kalte tod.

2.
Fließt, ihr milden thränen!
Mein Schatz ist ihrer werth.
Zeigt das bange sehnen,
So mich itzund verzehrt:
Zeigt, daß meine lieb' und treu
Noch ungestorben sey.

3.
Was mich nie betrübet,
Macht mich nun stets betrübt',
Was mich treu geliebet,
Und ich auch treu geliebt,
Stirbt dahin, und meine lust
Zugleich in meiner brust.

4.
Flieht, ach flieht, ihr stunden!
Ich bin des lebens satt,
Weil vor meine wunden
Es hier kein pflaster hat.
Denn der trost, so mir gefällt,
Ist nicht mehr in der welt.

5.
Daphne kommt nicht wieder,
Drum eil' ich itzt zu ihr.
Tragt, betrübte lieder!
Ihr diesen vorsatz für.
Macht, daß sie aus ihrer grufft
Dem treuen Damon rufft.

6.
Liebste grabes-höle,
Eröffne dich vor mich!
So zieht Daphnens seele
Die meinige zu sich.
Durch den tod kan ich allein
Bald wieder bey ihr seyn.
(Theil 5 S. 607-608)
_____

aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer
Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke)

siehe auch Teil 1



 


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