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Venus - Gärtlein
Oder
Viel Schöne außerlesene Weltlich Lieder
allen züchtigen Jungfrawen
und Jungen-Gesellen zu Ehren,
und durch Vermehrung etlicher newer Lieder
zum andernmahl in Druck verfertigt
Frölich in Ehren
Kan niemand wehren.
Ein Liederbuch des XVII. Jahrhunderts
Nach dem Drucke von 1656
Inhaltsverzeichnis der
Gedichte:
siehe auch
Teil 2
1.
O Du Göttin dieser Erden!
O du Venus meiner Zeit!
Deiner grossen Treffligkeit
mag ich nicht verglichen werden
deiner Himmels-Schönheit Pracht
dich zu einer Göttin macht.
Deiner Schönheit müssen weichen
alle Damen in der Welt
keine dir die Wage hält
dir ist weit nicht zu vergleichen
Helena der Damen Zier.
Venus selbst erschrickt vor dir.
Deine unerschöpffte Tugend
und dein Goldgemengtes Haar
welches erst mein Fallstrick war
deine Löbligkeit der Jugend
deine Alabaster Hand
hat mein Herz zu dir gewandt.
Deine helle Augen Sonnen
deine grosse Freundligkeit
sampt der zarten Höffligkeit
haben mir das Herz genommen.
Es hat deine Himmels-Zier
mich zu Lieb verpflichtet hier.
Drumb, O Göttin meiner Seelen
ich kan nu nicht ferner dir
O du Bildnis aller Zier
meine keusche Lieb verhölen.
Ich muß nur bekennen frey
daß ich dein Gefangner sey.
Weil ich dir nur bin verbunden
Schönste, weil du obgesiegt
unnd mir also zugefügt
diese tieffe Liebes-Wunden.
Als wil ich dir jederzeit
auff zu dienen seyn bereit.
Daß ich weder trink noch esse
daß ich durch die gantze Zeit
bin in steter Trawrigkeit
daß ich mein fast selbst vergesse
diß hat deine Schönheit Macht
eintzig mir zu wege bracht.
Ach möcht ich die Gnad erlangen
schönste Dam, daß ich aus Holt
auch nur einmahl küssen solt
deine Rosenrothe Wangen
nichts könt mir lieber seyn
als ein süsser Kuß allein.
Weil das Bild lebt in den Heyden
weil in ungepflügter Lufft
Echo dem Narcissus rufft
weil die Schäffer weyden
sol mein Hertz beständig dir
Schönste bleiben für und für.
So laß dir nun diß gefallen
Liebste, daß ich dir nu bin
beygethan mit Hertz und Sinn.
Und wirff deine Gnaden-Strahlen
auff den jenen, der jhm sonst
nichts mehr wündscht, als deine Gunst.
Welchen dieser Schönheit Gaben
diese Augen, dieser Mund
nicht zu Lieb bewegen kunt
muß ein Steinern Hertze haben
ja muß von lauter Stein
und gantz Deamanten seyn.
(S. 3-4)
_____
2.
Doris gieng in jhren Garten
ihres Liebsten zu erwarten
unter einem Lorbeer-Strauch
weil er aber blieb zu lange
Ward der Schäffrin bange
von so grossen Liebes-Brauch.
Sie rieff an die Liebes-Götter
O jhr meiner Seelen Retter
Venus und jhr kleiner Sohn
euch hab mich untergeben
zwar nach Liebes-Dienst zu leben
aber nicht umb solchen Lohn.
Denn was hilffts daß ich verliebet
wenn man mir kein Mittel giebet
mir zu leschen in der Noth
denn für heisser Liebe brennen
und doch keinen Liebsten kennen
ist ein lebendiger todt.
Drumb kom ich zu ewren Throne
daß jhr meines Lebens schone
wolt jhr anders Götter seyn
denn solt ich heut in den Armen
des Amintas nicht erwarmen
so sterb ich für Liebes-Pein.
Solches Seufftzen, solches Sehnen
macht das vor bitter Thränen
sie kein Wort mehr reden kunt
all die weil sie häuffig flossen
von den Wangen unverschlossen
jhr Seufftzer voller Mund.
Als sie aber bey sich fühlte
daß die Noth zum Hertzen zielte
stund sie auff vom selben Ort
gieng bald hin zu einer Linden
grub in deroselben Rinden
diese jetzt betrübte Wort.
Wol dem der niemahlen liebet
unnd in Amors Joch sich giebet
wann er nicht geniessen kan
denn daß ich jetzt muß verlassen
und den Todt zu Hülffe fassen
ist Amyntas schuld daran.
Und nach einer viertel Stunde
gieng aus jhrem zahrten Munde
dieses letzte Seufftzen Wort
als sie aber kaum erblichen
kam so langsam auffgeschlichen
jhr Amyntas an den Ort.
Als er sie von fern sah liegen
wolt er sich für Frewden schmiegen
heimlich bey sie, und gedacht
ey sie ist nun eingeschlaffen
weil bey jhres Vatern Schafen
sie drey gantzer Nacht gewacht.
Als er aber sie anrührte
und kein Leben an jhr spürte
sprach sein hochbetrübter Sinn
Schönste Doris meine Sonne
Doris meines Hertzens Crone
daß ich nicht eh kommen bin.
Als er sah was sie geschrieben
an den Baum da sie thät liegen
das war seiner Seelen-Todt
da küst er jhre bleiche Wangen
und indem er sie umbfangen
blieb er auch in gleicher Noht.
Also lagen sie beysammen
nach verloschnen Liebes-Flammen
biß Fraw Venus selber kam
die sich jhrer angenommen
weil sie so ums Leben kommen
und sie zu begraben nam.
Die so trewlich jhrer pflegte
beyd in einen Sarck sie legte
und die Auffschrift so gemacht
das seynd die Geschenck und Gaben
die von mir zu hoffen haben
die mein Sohn umbs Leben bracht.
(S. 4-6)
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3.
Wer sich auff das Wasser begibt
und nicht versteht den Wind
wer sich in der Lieb befind
und sich nicht recht besinnt
der frage nur nach Venus-Gewalt
sie wirds ewr Liebe sagen bald
ey ja sie weis es wol.
Grüß dich Gott Allerliebste mein
durch Amarillis Gewalt
heimliche Pfeil die muß ich leyden
eh denn ich sterbe bald
aber mir könt leichter geholffen seyn
wenn du nur giebst den Willen darein
Herzallerliebste mein.
Tag und Nacht muß ich mich quäln
wohl umb den Willen dein
wenn es aber könt geschehn
daß ich möcht bey dir seyn
ey fürwar und noch fürwar
ich hab dich lieb und das ist war
das Glück, das kömpt mir wol.
Ich werff mein Ancker wol über die Bort
ach schönste Schäfferinn
wil es nicht haltn so muß ich fort
meins Bleibens ist nicht hier
mein Siegel die muß ich lassen streichen
ach wenn ich dich nu könt erreichen
Hertzallerliebste mein.
Wer kan siegeln ohne Wind
und hat kein Siegel nicht
wer kan jagen ohne Hünd
unnd hat kein Winde nicht
so müssen die Augen die Winde seyn
das Hertz das muß der Jäger seyn
so jag ich wenn ich wil.
Tausendmahl und noch viel mehr
unnd so viel guter Stunden
sey dir schöns Liebchen diß Liedlein verehrt
trotz allen falschen Zungen
ey hab ich doch all mein Tag gehört
in der Lieb wird manch junges Hertz bethört
Ade, Ade, O weh. (S.
6-7)
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4.
Weil ich so beraubt muß leben
Schönste deiner Gegenwart
und von Trawren gantz ergeben
werd geplaget also hart
werd geplaget für und für
weil das Glück ist weit von hier
hat gebracht an diesen Ort
weil ich von dir hör kein Wort.
Nach dem ich von dir gekommen
und wir zwey geschieden seyn
hat noch niemahl eingenommen
Schlaff noch Ruh die Augen mein
daß ich mich ohn unterlaß
mit Thränen gemachet naß
meinen Leib unnd Angesicht
weil ich sie jetzt kan sehen nicht.
Mein Verstand und kluge Sinnen
so mich hat gelassen ein
daß ich muste lieb gewinnen
unnd suchen dein Eugelein
deine rohten Lippen-Zier
ist ohn unterlaß bey mir
deiner weissen Wangen-Pracht
schwebt mir für meinen Augen Tag unnd Nacht.
Täglich geht die Sonne nieder
geht auch täglich wieder auff
aber wenn seh ich dich wieder
wenn komm ich und du zu hauff
ach wie weit ist doch der Tag
daß ich dich umpfangen mag
daß ich küsse deinen Mund
der mich Schöns Lieb hat verwundt.
Manches Land muß ich noch sehen
und mich lassen hin und her
durch Wäldern und wilden Thieren
durch Wüste und wilden Meer
weiß nicht wo ich leben sol
denn mein Hertz ist Trawren voll
bey den deinen und bey dir
wil ich dich lieben für und für.
Unterdessen meine Seele
bleib beständig deinen Freund
keinen andren dir erwähle
weil du mich so trewlich meinst
fahr nun fort mit deiner Gunst
laß mich lieben nicht umbsonst
laß mich deine Gunst erwerben
darnach so wil ich frölich sterben.
(S. 7-8)
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5.
Liebes-Wunder
Mein Hertz ist verwundet
unnd angezündet
mit Venus Pfeil
Und kan nicht werden heyl.
Ich bin dazu geschossen
in mir ist gegossen
eitel Venus Liebe-Brunst
unnd kan nicht werden gesundt.
Möcht es seyn mein eigen
so wehr ich voller Frewden
so würde ich dann loß
von Fraw Venus jhrm Geschoß.
Gleich wie ein Turtel-Täubelein
dem da stirbt sein Weibelein
welches trawret sehre
auff ein Aestlein dürre.
Wanns sich dann wil laben
thut es sich dann baden
unnd macht das Wasser trüb
das kompt von grosser Lieb.
Aus grossem Hertzeleyd
nicht auff grüner Heyd
auff einem dürren Ast
sein Leben zubringen fast.
Gleich wie der Schwan thut weinen
wenn dar weg thut rennen
also der bitter Todt
seiner Liebsten kompt zu gut.
So muß ich deßgleichen
Schätzlein von dir weichen
Ade zu guter Nacht
sey dir diß Liedlein erdacht.
(S. 8)
_____
6.
Wol dem der da seine Tag
ohne Klag
in der Lieb zubringen mag.
Wer für Leyd kan Freud erwehlen
der darff sich, nicht wie ich
mit Hoffnung quälen.
Ich gedencke allezeit
was für Frewd
doch demselben sey bereit.
Der in Liebe recht kan sagen
ohne Schew, ich bin frey
von Angst unnd Klagen.
Aber weil das Glück allhier
für und für
sucht das Wiederspiel mit mir.
Ist Gedult das beste Leyden
weil das Glück, seine Tück
doch nicht kan meiden.
Dann Glorion aus Macht
jhrer Pracht
mich in Trawrigkeit gebracht.
An jhr hängt mein Hertz und Leben
die mir Leyd, und auch Frewd
zugleich kan geben.
Ihr Aeuglein funcklen sehr
noch vielmehr
gläntzet jhre Zucht und Ehr.
Sie allein kan Mittel finden
ohne Zahl meiner Quaal
mich zu entbinden.
Ihr als Rosenrother Mund
dieser Stund
kan mich machen recht gesundt.
Möcht ich nur die Gunst geniessen
jhre Hand, als ein Pfand
der Lieb zu küssen.
Ihre Tugend und Gestalt
mit Gewalt
mich bezwingen also bald
daß mein Sinn unnd mein Gedancken
hin und her, nimmermehr
in Liebe wancken.
Alles was sie umb unnd an
haben kan
ist mit Tugend umbgethan
Ach wer wolte diese Sinnen
und die Zier nach Gebühr
nicht lieb gewinnen.
Drumb ach Schönste laß doch mich
schawen dich
weil ich seufftz so jämmerlich
sonsten wird mein Hertz und Leben
aus der Noth, in den Todt
mich dir ergeben. (S.
9)
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7.
Ein Valet-Liedt
O Du schwartzes Eugelein
O mein Rosen-Bildelein
wie muß ich jetzt von dir:
Ach wie Schmertz, ohne Schertz
trag ich in dem Hertzen mein
O du schwartzes Eugelein.
O daß ich nur sterben solt,
O wie gern alsbald ich wolt
wenn mich Cupido hätt
mit sein Pfeil, in der eyl
verwundet das junge Hertze mein
O du schwartzes Eugelein.
O wie schwer und harte Pein
O kan das nicht anders seyn
O weh der Schmertzen groß:
Bildlein, zart und fein
schleuß mich in dein Hertze nein
O du schwartzes Eugelein.
O mein Lieb das merck ich wol
ob bey dir auch bleiben sol
die Lieb fort und fort
schliessen ein, wil ich fein
in mein Hertz die Liebe dein
O du schwartzes Eugelein.
Wenn ich werde wiederkommen
O so ist mein Schmertz benommen
unnd bin von Hertzen froh
Denn alsbald, mannigfalt
wil umbfangen dein Hertzelein
O du gar schwartzes Eugelein.
O mein letztes Wort sol seyn
O mein liebstes Eugelein
ich schließ ins Hertze nein
lieben dich, fort wil ich
niemand sol mir lieber seyn
denn du schwartzes Eugelein.
O Vale von Hertzen weh
O Vale ich scheidt von dir
zu tausend guter Nacht
Nun Vale, sprich Ade
zu meinem betrübten Hertzelein
O du schwartzes Eugelein.
(S. 10)
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11.
Von der Venus- oder Liebs-Schiffart
Lieben das gleichet den Wellen und Schiffen
Liebe die heisset das wilde Meer
welches ich, weil es mich hefftig ergrieffen
immer durchschiffen muß mit Beschwer
endlich zu kriegen den Liebes-Lohn:
Venus jhr kleiner und blinder Sohn
ist Schiff-Patron.
Lieber! da geh' ich zu Schiffe mit Frewden
Schönheit der Liebsten ists Schiffelein:
Solches vertieffet mich willig zu scheiden
immer noch weiter ins Meer hinein:
Bläset den Zeffyr, mein güldnes Kind
fangen die Segel der Huld geschwind
den Zucker-Wind.
Meines Traut-Engleins huldreitzende Reden
schätzet mein Hertze fuhr den Kompaß:
Selbe ja zeigen mir hoffendem Blöden,
entweder Liebe, doch oder Haß:
Diesen nachsegelt mein Hertze fort
Anckert unnd suchet bald hie bald dort
der Liebe Port.
Silbern- und Perlen-betauete Lippen
welche sich gleichen der Morgen-Röht
heissen hier eben zwo harte Nord-Klippen
diesen zu ziehet mich ein Magnet:
Solcher ist warlich ein Zucker-Kuß
zwinget unnd dringet biß daß ich muß
in Liebes-Fluß.
Aber jhr' Augen die gläntzen mir wieder:
machen mich stetig noch froh zu seyn
frewdig, zu segeln zu Seiten, bald nieder:
Ihrer zwo Sonnen Lieb-Blickelein
deuten gut Wetter zur Seefahrt
Straalen sie leise, doch offt gepaart
nach Liebes Ahrt.
Lässet sie jhre Gewogenheit mercken
fället der Ancker der Hoffnung ein
steiffer unnd fäster mich drinnen zu stärcken:
Ihre Gunst laß ich den Mast-Baum seyn
bleibet sie günstig, und wohl gewillt
Lieber, so stehet vom Himmel mild
mein Wunsch erfüllt.
Aber doch leyder, je stiller das Wetter
schlagen je leiser der Wellen-Heer
folget auff solches ein Donner Geschmetter
Wellen die brausend, der Wind unnd das Meer:
Eben sich dieses bey Lieb' ereygt
welche sich stellet bald wol geneigt
bald zornig zeigt.
Stürmet die Liebste mit hefftigem Zürnen
heisset doch Venus durch sehnlich Flehn
jhrer hell lichten Paar-Augen Gestirnen
wieder denn freundlich anzusehn:
Amor greifft selber mit wacker an
weisset mir füeglichen Weg unnd Bahn
in Hertzens-Plahn.
Höchliches Ehren, Auffwarten und Dienen
gleichsam zu Schiffen die Ruder sind,
warlich! die machen die Liebe stets grühnen
ziehen die Segel auff guten Wind
stranden zur Schönesten Hertzens Schrein
fahren zum Hafen der Ehe nein
ohn Haß und Pein.
Venus laß glücklich mein Schifflein auch lauffen
meiner geliebeten Hafen ein:
Anders ich werde durch Lieben ersauffen
Amor laß endlich ein Ufer seyn
beuge nur jhre Gunst, Sinn und Hertz
lieber so letzet mich Lust und Schertz
ohn Quaal und Schmertz.
(S. 15-16)
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12.
Als er von seiner Liebsten reisen muste
Ihre Lippen, Wangen, Mund
Schönste, sol ich auch jetzund
leyder, endlich meyden:
weil ich reisen muß von jhr:
dieser edlen Zier
wiedersehn macht Frewden.
Zwar ich ziehe nun dahin
gleichwol bleibt bey jhr mein Sinn
Leben, Muht, Gedancken:
Die sind gantz auff sie gestellt
als die mich gefangen hält
in der Liebe Schrancken.
Komm ich in ein frembdes Land
da mir niemand ist bekant
werd ich offt gedencken
an die Liebste, wie jhr Liecht
mir anietzo andre nicht
meine pein und kräncken.
Sie, die Schöne lebe fein
und laß mich befohlen seyn
jhr zu trewen Hertzen:
So zieh' ich viel frischer fort
an bestimmten Ort und Port
ohne Klag unnd Schmertzen.
Hilfft mir Gott denn wieder heim
sol der Lippen Honig-seim
mir den Zins einreichen:
Was ich so versäumen muß
wird manch hundert-tausend Kuß
wieder wol vergleichen.
Doch daß ich so scheiden muß
bald von jhr, bringt mir Verdruß
mein Gemüht zu quälen.
Denn w[e]il ich sie liebe fäst
werd' ich stets der Tage-Rest
an den Fingern zählen.
Nach dem Leibe scheid ich zwar
doch das Hertz bleibt gantz und gar:
Dieser Kuß sol weisen,
das ich sie es sey bey Ost,
oder West für meinen Trost
wolle stetig preisen.
(S. 16-17)
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13.
Herr Mund-Liebsinget vom Nahmen
seiner trawten Rosenmunden
Ey! itzt fällt mir eben ein
weil wir bey den Rosen seyn
schöne Rosen-Munde:
wie dieselben gläntzen schön
auch jhr Mündlein pflegt zu stehn
in der Lippen-Runde.
Recht sie diesen Nahmen kriegt
der den Rosen auch absiegt
unnd in allem gleichet:
Denn wozu die Rosen gut
auch jhr Rosen-Mündlein thut
und mir Labsal reichet.
Wie die rohten Rößelein
aller Blumen Zieraht seyn
Vor den Gliedern allen
auch so jhre Lippen blühn
schön und röhter als Rubin
Purpur und Korallen.
Rosen-Zucker labt das Hertz
Rosen-Wasser lindert Schmertz
stärcket Geist und Leben:
Auch jhr Rosen-Lippen Safft
kan geschwinde Macht und Krafft
meinem Hertzen geben.
Rosen-Safft von Wunst und Kwal
reiniget die schwartze Gall:
So, wenn sie ergiesset
jhres Rosen Mündleins Taw
auff die rohten Lippen Aw
werd ich gantz durchsüsset.
Denn, ob mir die Liebes-Glut
gleich die gröste Pein anthut
schöne Rosen-Munde!
Kann doch jhrer Lippen paar
heylen leichtlich gantz unnd gar
meine Liebes-Wunde.
Denn der weisse Perlen-Safft
der auff jhren Zinnen hafft
wird da außgeblasen
wenn der Zeffyr-Athem geht
unnd den Silber-Taw auffweht
wie auff frischen Rasen.
Wenn der scharffe Nord-Wind saust
keine Rose lange haust
bald jhr Stock da stehet
Mutter-nackt und Rosen-kahl
biß der Lentz aus Föbus-sahl
her sich wieder drehet.
Aber jhrer Lippen-Rund
umb den Purpur-Rosen-Mund
auch im Winter blühet:
Weil der Zucker-Zefyr-Wind
der vom Hertzen weht geschwind
Rosen da erziehet.
Auch jhr Augen spaht unnd früh
als zwo Sonnen, wärmen sie
geben Krafft unnd Seegen
lassen jhre Stralen aus
auff der Honig Küßlein Hauß
saugen Perlen Regen.
Solt ich als die Nachtigall
durch verliebten Buhlen-Schall
unter diesem Strauche
singen meine Liebes-pein
solte diß mein Labsal seyn
daß sie mich anhauche.
Wär ich doch ein Bienlein nur
warlich! diese Rosen-Spuhr
flög ich alle Stunden
saugte von der Lippen-Fluß
manchen süssen Necktars-Kuß
meiner Rosen-Munden.
(S. 17-19)
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17.
Coridons Klag-Liedt
Als er durch frembden Neid gezwungen ward
die Edle Delien zu verlassen
Mit Thränen schönstes Lieb mit Thränen voller Pein
sing ich dein Coridon dir dieses Liedelein
ach nimb es an mein Schatz denck an die grosse Noth
die mein Hertz,
mit Angst und schmertz
beschwert biß in den Todt.
Als ich O Delia dich erstlich hab ersehn
bey deinen Schäffelein in grüner Awen stehn
da wande ich also bald nach dir Hertz, Muht unnd Sinn
könt es seyn,
so wärst du mein
O schönste Schäfferinn.
Gleich wie des Donners-Strahl ein zartes Kind erschreckt
so schnell ward mein Gemüht auch von dir angesteckt
denn deiner Augen-Liecht war mir ein solcher Schein
daß jhr Glantz
mich brachte gantz
durch Lieb in Todes Pein.
Drauff ließ ich meine Schaff im Busch herumme gehn
denn ich begehrte nichts als Delien zu sehn
ich lieff durch manchen Wald und sang von jhrer Macht
wie sie mich
elendiglich
in solche Noht gebracht.
Als ich nun Delien nach langen suchen fandt
unnd mich sie tausend mahl zu küssen unterwandt
seht da ward meine Seel erst so voll Frewd und Lust
da ich schier
ob ich bey jhr
mich auffenthielt nicht wust?
Laß nun O Corydon laß fahren allen Schmertz
sprach ich in solcher Frewd, hie ist dein liebstes Hertz
hie ist nun Delia dein edle Schäfferin
sey getrost
du bist erlöst
O Trawren fahr jetzt hin.
Ey wie manch tausend mahl gab sie mir jhren Mund
der Honnigsüsse war, unnd voller Perlen stund
wie manchen Liebes-Blick empfing ich auff dem Platz
ich bin dein
und du bist mein
sprach Delia mein Schatz.
Nun daß das meine Lust, die wehrt ein kurtze Zeit
ich schlieff in jhren Schoß, da kam der bleiche Neid
und schlug aus Grimm und Rach mit Facklen auff mich zu
jagte mich
elendiglich
aus aller meiner Ruh.
Ade nun Delia, geschieden zwar seyn wir
doch nur dem Leibe nach, mein Geist bleibt stets bey dir
Ade O trewes Hertz, ich armer fahr itzt hin
lebe du
in Fried und Ruh
O edle Schäfferin.
(S. 24-25)
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18.
Frühlings-Gedicht
Daphnis wünschet
Daß seine Galathee möchte eine Blume werden
Daphnis wolte Blumen brechen
als der Mertz den Frühling bracht
ach (sagt er) wer kan außsprechen
meiner bittern Liebe Macht
Liebe die mich hat bewogen
daß ich bin umbher gezogen
durch die Wiesen Tag und Nacht.
Diß sind ja die ersten Früchte
von den Blumen dieser Zeit
Da der Vogel Kling-Gedichte
Menschen, Vieh unnd Feld erfrewt
diß sind zwar die erste Gaben
die wir von den Wiesen haben
durch dem Himmels Gütigkeit.
Aber, wenn werd' ich erlangen
O mein Blümlein Galathe
Dich wie andre zu ümbfangen
die ich jetzt für Augen seh'
ach wenn werd ich doch berühren
dich, die du mich pflegst zu führen
durch den Regen, Reiff und Schnee.
Diese Blümlein darff ich tragen
mit mir heim in mein Gezelt
aber dich mein Lieb zu fragen
ob dir auch ein Kuß gefällt
darff ich kaum mich unterstehen
weil ich nie ein Bild gesehen
das dir gleichet in der Welt.
Dieses Blümlein zu gewinnen
kostet weder Macht noch List
aber ach, daß du von Sinnen
so gantz hart unnd Steinern bist
keine weiß ich dir zu gleichen
weil dich niemand kan erweichen
wenn er noch so redlich ist.
Könt ich deine zarten Glieder
stets verwandeln wenn ich wolt
unnd dich denn verkehren wieder
fragt ich nichts nach Geld und Gold
nun wolt ich für alle Sachen
solch ein Blümlein aus dir machen
das mich stets erfrewen solt.
O wie wolt ich dich bewahren
in den Garten meiner Trew
ey denn soltestu erfahren
Schönste Blum, was lieben sey
denn so wolt ich dich mit Frewden
küssen auff mein schweres Leyden
Tag und Nacht ohn alle schew.
Brich die Sinnen Galathee
zwinge doch den harten Muht
gönne Daphnis daß er sehe
dich sein allerliebstes Gut
sey den Lilien gleich von Hertzen
die nicht stets mit Stachlen schertzen
wie die falsche Rose thut.
Ach bedencke doch die Thränen
die dein Schäffer manches mahl
wenn Er sich nach dir muß sehnen
fliessen läst ohn alle Zahl!
Ach bedencke doch daß Lieben
sonderr nützen sey betrüben
ja die allergröste Qual.
Alles zwar was Menschen sehn
hie auff Erden weit unnd breit
Galathee muß vergehn
Phöbus selbst hat seine Zeit
ja was in der Welt zu finden
muß zuletzt doch gar verschwinden
Lieben bleibet in Ewigkeit.
(S. 25-27)
_____
19.
Corydons getreweste Liebes-Verpflichtung
An seine allerliebste Phillis
Als er gantz wieder seinen Willen von jhr
ward abgeschieden
Ach Phillis mein ausserwehlter Schatz
mein Edle Schäfferinn
laß mir doch in deinem Hertzen Platz
da ich gewesen bin
bleib ich schon nicht
dir stets im Gsicht
muß ich doch
wie vor so noch
stets lieben in meinem Sinn.
Was sol doch dein armer Schäffer Knab
hier endlich fangen an
den seine Schalmey und Hirten-Stab
nicht mehr erfrewen kan
der mit Beschwer
leufft hin und her
durch Berg und Thal
in grosser Quaal
bleibt stets ein gefangner Mann.
O Phyllis mein andre Himmels-Sonn
Wer dir mein Schmertz bekandt
unnd wie ich dein armer Corydon
werd ich den Schatten verbrandt
Ich weiß allzeit
es wer dir Leyd
daß du O Hertz
durch solchen Schmertz
von mir bist abgewand.
Sobald nur die Morgenröht hüpffet hervor
lauff ich den Wäldern zu
Myrtillo der fragt mich für Sylvia Thor
worhin ich doch eylen thu?
So sprech ich dann:
Ich armer Mann
weis nirgends hin
dieweil ich bin
vertrieben aus meiner Ruh?
Ich suche nur allen Schäfferinnen eine Zier
Göttinnen zu Trotz gebohrn
ich suche nur Phyllis die ich mir
für andern außerkohrn
doch find ich nicht
mein Heyl und Liecht
sie ist zu weit
von mir zerstrewt
Ach Weh mir daß ich sie verlohren.
Ey kan ich denn Phyllis du Himlischer Mund
Fort nicht mehr bey dir seyn
So wil ich dich gleichwol aus Hertzen grund
in Ewigkeit lieben allein
kein Berg und Thal
kein Angst und Quaal
kein Weh noch Wol
uns scheiden sol
dich lieb ich mein Täubelein.
Beständig und trew verbleib ich dir
so lang die güldene Sonn
am Himmel umgeht vertrawe mir
du bist mein Frewd und Wonn
ach nim zur Hand
der Liebe Pfand
es ist die Gab
ein Hirten Stab
ich sterbe dein Corydon.
(S. 27-28)
_____
20.
Myrtillo Klage-Lied
An seine allerliebste Amaryllis
Als sie eine lange Zeit an frembde Oerter
war verreiset
Ach Amaryllis hastu denn
die Wälder gantz verlassen
die ich zum allerbesten kenn
unnd wandelst frembde Strassen
Gedenckstu nicht
O du mein Liecht
wie sehr Myrtillo klaget
unnd täglich nach dir fraget.
Ob ich die Wiesen schon bey Nacht
in Trawrigkeit durchgehe
so fühl ich dennoch deine Macht
ob ich dich gleich nit sehe
du bist zwar dort
an frembden Ort
und kanst dennoch mich zwingen
ein Klag-Lied dir zu singen.
Mein schönstes Lieb du weist ja wohl
von dier kan ich nicht leben
gefällt es dir denn daß ich sol
Dem sterben mich ergeben?
Wollan ich bin
O Schäfferin
bereit nach deinem Willen
ein schwartzes Grab zu füllen.
Den Himmel ruff ich täglich an
zum Zeugen meiner Thränen
dieweil ich gar nichts anders kan
als stets mich nach dir sehnen.
Ich seufftz unnd schrey:
O Lieb und Trew
kommt, helffet mir gewinnen
den Preiß der Schäfferinnen.
Drumb Amarillis laß doch seyn
die abgelegne Wälder
Komm über Felsen, Berg und Stein
komm über Flüß unnd Felder
komm eyligst doch
eh mich das Joch
der Liebe hie unterdrücket
unnd jämmerlich ersticket.
Und kanst du denn so schleunig nicht
abwenden meine Schmertzen
So bitt' ich sehr O du mein Liecht
laß doch in deinem Hertzen
nun mich allein vergraben seyn
so sol michs nicht verdriessen
abwesend dein geniessen.
Immittelst leb in guter Ruh
und so dich jemand fraget
wohin, so sprich: den Wäldern zu
da sich Myrtillo klaget
jhn muß ich sehn
ey kans geschehn
so wird mein langes Leyden
verkehrt in lauter Frewden.
(S. 28-29)
_____
21.
Wie kan und mag ich frölich seyn
in meinem Hertzen
trag ich grossen Schmertzen
unnd schwere Pein
Elend bin ich
doch tröst ich mich
daß nach dem Regen
Gott gibt seinen Segen
und Sonnenschein.
Wer kan doch tragen die schwere Pein
wer kan doch sagen
daß ich sol tragen
mein Unglück schwer
die mir auff Erd
war lieb unnd werth
die muß ich meyden
und von jhr scheiden
in kurtzer Zeit.
Wie ist doch scheiden so schwere Pein
wenn ich sol schlaffen
so muß ich wachen
und trawrig seyn
ich muß ablahn
unnd gehn davon
ich bin verdrungen
mir ist mißlungen
bin gar schab ab.
Was hab ich euch zu leyde gethan
daß jhr mich selber
habt übergeben
muß Uhrlob han
ich gedenck der Zeit
und ist nicht weit
das thät jhr sagen
mir lieb zu haben
bey ewren Eyd.
Schöns-Lieb das haben die Kleffer gethan
die aus der massen
uns sehr thun hassen
und sind uns gram
Elend bin ich
doch tröst ich mich
das nach dem Regen
Gott gibt seinen Segen
und Sonnenschein. (S.
29-30)
_____
23.
Auff den edlen Myrtillo unnd seiner
Liebsten Fillis
Venus ist newlich in Pafos gewesen
neben der Gratzien Schaar
welche die schönesten Blumen gelesen
brächten auch Rosen alldar
Rosen wie Purpur
von Venus Geblüte
lieblich entsprossen
welches vergossen
da sie gereitzet war.
Nymphen und Gratzien lassen Narzissen
Lilien und blawe Violl
Hatten viel Myrten auch abgerissen
Tausend-schön lieben sie wohl
Länger-je-lieber
man könte vor allen
Loorbeer-Laub spühren
welches kan zieren
Jupiters Kapitool.
Venus die hatte viel Kräntze gewunden
theilte den Nymphen sie auch:
Amor der wolte die Sachen erkunden
flohe gar eylends zu Hauß.
Mutter, was sollen
die Sachen bedeuten
alle mit Kräntzen
herrlich zu gläntzen?
Gebet mir einen Strauß.
Venus die lachte: Mein Söhnelein! schweige,
sagte sie freundlich darzu:
Hör nur gerne, was ich dir jetzt zeige
Alle die Nymphen und du
sollet euch heute
fein lustig ergötzen:
Thäler unnd Wälder
Heyden und Felder
geben euch süsse Ruh'.
Amor der faste den Köcher und Pfeile
tantzte den Nymphen voran:
Hola! das nur sich jetzt keine verweile
lauffet die Bluhmichte Bahn:
Eben da hatte
Myrtillo zur Fillis
Schäffelein die Ziegen
freundlich zu liegen
sämptlich dahinn gethan.
Beyde, nach dem sie zur Ruhe gesessen
liessen dem Schertzen den Zaum:
Hatten auch drüber die Schäfflein vergessen
unter dem schattichten Baum:
Amor der konte
die Possen bald mercken
hüpffte für Frewden
reichte den Beyden
immer noch besser Raum.
Fillis die reitzte Myrtillo zum Schertzen
lächelt umb einigen Kuß
welcher auch drüber die Fillis zu hertzen
schöpffte gar keinen Verdruß
schenckte wol hundert
mahl tausend zusammen:
Amor der lachte:
schertzet und dachte
diesen ich helffen muß.
Bogen und Pfeile die hat er bereit
druckte vom Bogen den Pfeil
welchen er grade zum Hertzen hin leitet:
Fillis mit schnellester Eyl
zwitzern die Strahlen
der Augen Krystallen
klaget die Wunde
Fillis zur Stunde
ziehet am Liebes-Seil'?
Amor der wolte Myrtillo auch schiessen
zielte zum andern mahl:
Solte dem Schäffer diß immer verdriessen
wäre sein Hertz auch von Stahl:
Dieser schrie eylend:
Cupido du machest
Schertzen und Schmertzen
mitten im Hertzen
wegen der Liebes-qual.
Amor der lecker floh' eylend von hinnen
brachte der Mutter die Post
Fillis die Schönste von allen Schäfferinnen
dachte der lieblichen Kost
jhres Myrtillens
so freundlichen Küssens:
Dieser muß schreyen,
Fillis! von newen
schencke mir Lippen-Most.
Gebet Myrtillo mit Fillis zusammen
welche sich lieben so sehr
Lasset sie löschen die brünstige Flammen
Venus helfft sonder Beschwer:
Amor, die Nymphen
und Juno die sehen
Fillis geschäftig
beyde sie häfftig
lieben je mehr und mehr.
(S. 31-33)
_____
25.
Die gelährte Schul-Meisterinn
auff der Hohen-Venus-Schulen
Venus die pfleget die Jungffern zu lehren
edle Geberden unnd Zier
jhre Liebhaber unnd Freyer zu Ehren
freundlich nach Ehren-Gebühr:
Alles jhr Tichten und Richten nur stehet
Junge-Gesellen
listig zu fällen:
Klugheit die find sich hier.
Zierliche Kleider, liebreitzende Sitten
werden von jhnen gehägt:
Ihre Gunst müssen die Lieber viel bitten:
Werden sie endlich bewägt
Lieber! sie können mit tausend viel Ränken
Hertzen und Sinnen
gäntzlich gewinnen:
Keiner jhr Huld verschlägt.
Redet man jhnen ein Wörtlein zu hören
schweigen sie erstlich wohl fein
gleichsam durch schweigen sich ernstlich zu wehren:
Andere Gedancken doch seyn:
Aber so jhnen zu sprechen gelüstet
können sie geben
Zucker unnd Leben
Schmertzen und Liebes-Pein.
Ihre Lieb-Blicklein die lassen sie schiessen
lächlen und reden darauff:
Buhler die müssen es tewer gnug büssen:
diese beschliessen den Kauff
nehmen des Hertzens Bewohnung gantz eygen
heylen, versehren
plagen und nehren
lässet man jhren Lauff.
Wollen sich Buhler umb Küßlein bemühen
fähet das Wehren sich an:
Aber wie röhtlich die Lippen auch blühen
müssen sie endlich doch dran:
Ihre mit Perlen betawete Rößlein
werden belesen
welche genesen
jedes zu Liebe-Plahn.
Jungfern die pflegen sich schöne zu schmücken
halten das Mündlein bedacht
wollen durch schönheit unnd Klugheit berücken
welcher zu jhnen sich macht:
Manche, weil jhnen die Brüstlein noch kleine
wenig geschwollen
nehmen Baumwollen
welche dafür geacht.
Etliche, welchen die Schönheit wil mangeln
schmüncken jhr häßlich Gesicht
irgend dieselbe durch Schmüncken zu Angeln
aber diß gehet zu nicht:
Schönheit, die welche Naturn verleihen
Reden, Anblicken
Lächeln, Zunicken
bleiben der Huld Gewicht.
Venus weist dieses den klugen Jungfrawen
setzet die Straffe dabey:
Welche nicht lernete, würde wol schawen
welchen der Schade denn sey:
Besser ja wär' es die Buhlen erst fangen
ehe sie plage
ängstlich und nage
Amor mit Tyranney.
(S. 35-36)
_____
26.
Amor der Blinde, der Bube, der Lecker
giebet gewöhnlichen Danck:
Dieser des Hertzens und Schertzens Erwecker
machet mich jetzund auch kranck:
Meine Wohl-Thaten er übel belohnet
pfleget mein Leben
gäntzlich zu geben
unter den Venus Zwanck.
Venus war nechsten entschlossen zu Schiffen
über die Elbe herein:
Aber die Wellen sie häuffig ergrieffen
schlugen zum Schiffe hinein:
Amor dem wurden die Flügel benässet
Flammen unnd Seile
Kertzen unnd Pfeile
Köcher unnd Bögenlein.
Siehe! Kupido der konte nicht fliegen
welches Ihn mächtig verdroß:
Mußte der Mutter im Schooß nur liegen:
Venus bald dieses beschloß
leget' jhr Söhnlein ans Ufer zur Sonnen
Köcher und Bogen
gäntzlich betrogen
gaben nicht einen Schoß.
Venus spatzierte vom Elben Gestade
immer ein wenig ins Feld:
Endlich, Kupido der wurde gerade
süsse zu schlaffen gefällt:
Aber jhm treumte, die Mutter die rieffe:
Söhnelein eyle
bringe die Pfeile
schiesse die dort gesellt.
Siehe: der Blinde lieff eylend schlaffentruncken:
Aber er stieß sich an Stein:
Amor kam heulend und weinend gehunken
wegen der Schmertzen und Pein
könte doch endlich vom Bluten deß Füßleins
weiter nicht gehen
muste da stehen
klagte nur Mütterlein.
Seiner mich jammert aus grossem Mitleiden
stillte geschwinde das Blut
heylte gar kürtzlich die Wunde bescheiden
welches zur Heylung mehr thut
muste nicht mangeln: ich ließ jhm zu Hause
Pflegung auch reichen
macht[e] dergleichen
Amor so manchen Muht.
Köcher, die Pfeile, der Bogen und Kertzen
waren auch drucken gemacht
welche den Buhlern mit Hertzen und Schertzen
haben offt Schmertzen gebracht:
Diese, doch sprach er, es weren nur Waffen
Thiere zu schiessen
welche sich liessen
sehen zu Tag und Nacht.
Aber das hatte der Bube gelogen
Siehe! denn eh' ich noch nicht
konte die Augen schier wenden zum Bogen
waren die Pfeile gericht
flogen zum Hertzen: So pfleget mit Liebe
Wohlthat zu lohnen
ohne Verschonen
Amor der Bösewicht.
(S. 36-37)
_____
33.
Eines frembden Schäffers Klag-Lied
Worin er betrawret
Daß seine, ihme ehmals versprochene
Amarillis mit einem alten Coridon
ihr junges Leben müsse zubringen
Allerschönste daß ich dich
lieben muß von Hertzen
Und dagegen quälen mich
Tag und Nacht mit Schmertzen
ja daß ich O Schäfferin
dein getrewster Diener bin
must du selbst bekennen
mich den Deinen nennen.
Deine Schönheit und Verstand
deine Zucht und Tugend
hat mein Hertz zu dir gewand
O du Preiß der Jugend
als ich deine Treffligkeit
O du Perlein dieser Zeit
einmahl nur erblicket!
Ward ich schnell verstricket.
Glaube doch O süsser Mund
was dein Schäffer schweret
Tugend ist der Liebe Grund
daß er dein begehret
Tugend die dich Edel macht
hat mich in das Joch gebracht
daß ich dir mein Leben
Mich so gar ergeben.
Billig liebt mein trewer Sinn
solch ein Edle Krone
denn du schönste Schäfferinn
gibst mir ja zu Lohne
Gegenlieb und wahre Gunst
solches mehret meine Brunst
weil du dich mir schenckest
und zu mir dich lenkest.
Aber, O der bittern Lust
die mich grawsam quählet
Ach, mir ist ja wol bewust
daß du bist vermählet
weis ich doch daß Coridon
dich, O meine Frewd und Wonn!
sich schon längst verpflichtet
und mein Glück vernichtet.
Solt du denn O Schäfferinn
deine Zeit und Tage
bringen mit dem Alten hin?
O der schweren Plage!
Sol dein Honigsüsser Mund
der die Hertzen macht gesund
ja mir gibt das Leben
jenem Küsse geben?
Sol der alte Coridon
deiner stets geniessen?
Solches würd' O schönste Sonn
hefftig mich verdriessen
Sol das Glück den stetiglich
Amarillis über dich
Coridon den Alten
frölich lassen walten.
Gleich und gleich das stehet wol
schier in allen Sachen
sagt doch was ein Alter sol
mit der Jungen machen?
Alter Käß und frisches Brodt
ist wol gut in Hungersnoth
aber altes Lieben
schaffet nur Betrüben.
Solch ein Mund voll Honigsafft
lieblich außgezieret!
Gibt den Jungen Hertzen Krafft
wenn er sie berühret
aber ein verlebter Mann
der nicht recht mehr küssen kan
sol sich nur bemühen
in sein Grab zu ziehen.
Amarillis meine Zier
was ist doch zu hoffen?
Weil michs Unglück für unnd für
Leyder hat getroffen
Mir ist so von Hertzen bang
Ach, dein Alter lebt zu lang
und läst mit Betrüben
uns vergeblich lieben.
Seht er ist von Stahl und Stein
weiß von keinen Schmertzen
Milch und Butter, Bier unnd Wein
schmecket ihm von Hertzen!
Trawren geht jhn gar nicht an
weil sein Mund nicht lachen kan
und viel Kurtzweil führen
ja den Tod vexieren.
Lieben wir denn gar umbsonst
O du Preiß der Frawen
wil der Himmel seine Gunst
uns nicht lassen schawen?
Kompt denn nie der güldne Tag
daß ich dich umarmen mag
unnd dein Mündlein drücken
Tirsis mög erquicken?
Ach! ich muß verzweiflen schier
deines Alten Leben
du der Schäfferinnen Zier
kan nichts anders geben
als ein Hoffnung ohne Krafft
Hoffnung die nur Schmertzen schafft
Hoffnung die mich plaget
ja das Hertz abnaget.
Manchem hilfft der bittre Todt
durch ein sanfftes Scheiden
aus der schweren Liebes-Noht
krönet jhm mit Frewden
aber meiner grossen Pein
wil er nicht barmhertzig seyn
dieses Alten Leben
wird den Todt mir geben.
Amarillis meine Lust
meine Frewd unnd Wonne
meines Hertzens Fried und Rust
meiner Augen Sonne
schliessen wir gleich unsre Zeit
in der höchsten Trawrigkeit
unnd in tausend Schmertzen
lieb ich dich doch von Hertzen.
(S. 42-44)
_____
34.
Daffnis Klag-Liedt
Uber die neydisch Mißgunst
an seine hertzallerliebste Florabellen
Daß der Neyd so grawsamlich
dich und mich
allerliebste Seele trennet
daß der Mißgunst gifftigs Feur
ungeheur
unser beider Hertzen brennet
ja so manche Pein uns macht
das beklag ich Tag und Nacht.
Ist doch unsrer Liebe Grund
süsser Mund
Ehr und Tugend stets gewesen
ja du schönste Weiber Zier
mit Begier
hab ich dich allein erlesen
dich mein Leben, dich mein Liecht
deines gleichen fand ich nicht.
Wie der güldnen Sonnen Glantz
pfleget gantz
dieser Erden Baw zu schmücken
so kan deiner Tugend Schein
Engelein
mir Hertz, Seel und Muht entzücken
Ach! wie könt es doch geschehn
unverliebet dich zu sehn?
Glaube mir, O süsses Hertz
daß der Schmertz
den ich stets ümb dich muß leyden
gar zu bitter ist und groß
weil ich bloß
Florabella dich muß meiden
gar zu hefftig gehts mich an
daß ich dich nicht sprechen kan.
Mißgunst deine Grawsahmkeit
Pest der Zeit
hat mir alles Glück geraubet
schnöde Mißgunst tritt herfür
günne mir
was dem Bettler ist erlaubet
laß mich meine Liebste sehn
oder bald zu Grabe gehn.
Liebstes Hertz, wenn werd ich doch
dieses Joch
gar von meinen Schultern legen?
Ach, wenn kompt die güldne Zeit
daß der Neid
seinen Gifft nicht mehr darff regen?
Ach, wenn kompt der süsse Tag
daß ich eins dich küssen mag?
Meine Liebe wanket nicht
du mein Licht
liebest mich auch gleicher massen
ist die Mißgunst schon bedacht
Tag und Nacht
dich und mich zu trennen lassen
wollen wir doch ohne Schew
lieben biß ins Grab getrew.
(S. 44-45)
_____
35.
Daffnis sehnliches Klag-Lied
An seine unvergleichliche Florabellen
Als er ihres erfrewlichen Anblickes so
manchen lieben Tag ward beraubet
So hat nun alle Fröligkeit
bey mir sich gantz verlohren
dieweil das Perlein dieser Zeit
das ich aus Lieb erkohren
zu meiner Zier
nicht stets bey mir
sich trewlich lässet finden
mein Hertz jhr zu verbinden.
Wie kanstu doch mein Augen-lust
so manchen Tag mich meyden:
Es ist dir ja sehr wol bewust
mein unauffhörlichs Leyden
ach schawe doch
wie mich das Joch
der bittern Lieb' ersticket
wenn werd ich einst erquicket?
Wenn wirst du mir barmhertzig seyn
du Fürstinn aller Schönen?
Wenn wird dein klarer Augenschein
mit rechter Gunst mich krönen?
wenn werd ich dich
wenn wirst du mich
befreit von Liebes-Schmertzen
in tausend Frewden hertzen.
Ich wünsche zwar den gantzen Tag
mein liebstes Lieb zu sehen
ich seufftze stets, daß ich nicht mag
in deinem Zimmer stehen
Ach! wie viel Nacht
hab Ich gewacht
ja mich gequält mit Sorgen
biß an den lichten Morgen.
Wo bleibt doch nun mein frischer Muht
wo bleibt mein frewdigs Singen?
Ja wol! Mein Hertz das kocht im Blut
es wil zu Stücken springen
die letzte Zeit
ist nicht mehr weit
in der ich noch kan schawen
den Außbund aller Frauen.
Doch sol in meiner schweren Pein
wenn ich nun werd abscheiden
mein letzter Trost noch dieser seyn
daß ich den Todt muß leyden
umb dich mein Hertz
da Freud und Schmertz
zuletzt bezeugen werden
du seyst die Schönst' auff Erden.
(S. 46-47)
_____
36.
Klag Liedt
Uber die gar zu grosse Härtigkeit
einer Galatheen
unter dem Nahmen deß Schäffers Delio
Du hartes Hertz
das meinen Schmertz Ach! ach!
mit Ernst kan nie bedenken
betrachte doch die grosse Noth
die mich stets quälet auff den Todt
die mein Hertz stets muß lencken
wie magstu mich so kränken.
Sol ich von dir
O meine Zier Ach, ach
So gar verlassen leben?
Sol ich denn selber tödten mich
immittelst aber grawsahmlich
in diesem Jammer schweben
daß ich an dir mag kleben.
Sol deine Gunst
in meiner Brunst Ach, ach
mir keine Gnad erzeigen
so wünsch ich, daß der bleiche Todt
mich rette bald aus dieser Noth
unnd mache meinem Leyden
ein Ende durch sein Scheiden.
Es ist gewagt
es ist gesagt Ach, ach
mein Lieb ich muß von hinnen
ich weiß gewiß mein höchster Schatz
Hab' ich in deinem Hertzen Platz
So machet diß Beginnen
dein Augen-Bächlein rinnen.
Kom Galathe
damit ich seh' Ach, ach
nur deiner Augen-Strahlen
die mein betrübtes Hertz fürwahr
verbrennet haben jtzt schier gahr
Doch kan mich leicht bezahlen
dein Mund zu tausend mahlen.
(S. 47)
_____
39.
Keine Nacht kein Tag vergehet
keine Stunde läufft dahin
daß mir nicht in meinem Sinn
meine Philosette stehet
Philosette dein Gesicht
kompt mir aus dem Hertzen nicht.
Ehe frühe aus jhrem Bette
noch die güldne Sonn auffsteht
gleich ich mit der Morgen-Röht
Meine schöne Philosette
Philosette dein Gesicht
kompt mir aus dem Hertzen nicht.
Wenn die Sonne wil vergehen
wünscht der Erden gute Nacht
unnd der klare Mond erwacht
Muß sie bei den Sternlein stehen
Philosette dein Gesicht
kömpt mir aus dem Hertzen nicht.
Ihre Lippen wie Corallen
jhrer Wangen Milch und Blut
sol für alles Geld und Gut
mir zu jederzeit gefallen
Philosette dein Gesicht
kömpt mir aus dem Hertzen nicht.
Ihre Haare Gold und prangen
jhrer Augen Firmament
der Schnee jhrer weissen Hände
halten meinen Sinn gefangen
Philosette dein Gesicht
kömpt mir aus dem Hertzen nicht.
Schönheit ist in jhrem Gehen
Schönheit wenn sie schläfft und wacht
wann sie trawret oder lacht
Schönheit leucht in jhrem Stehen
Philosette dein Gesicht
kömpt mir aus dem Hertzen nicht.
Wenn sie auff und niederschläget
jhrer klaren Augen-Liecht
wird mein Geist jhr gantz verpflicht
und zu newer Krafft erreget
Philosette dein Gesicht
kömpt mir aus dem Hertzen nicht.
Ob wohl jhre hohe Gaben
meinen Sinn weit übergehn:
Wil ich mich doch unterstehn
durch jhr hohes Lob zu traben
Und sol nimmer jhr Gesicht
Krafft der Feder sterben nicht.
(S. 51-52)
_____
40.
Nymphe gib mir selbst den Mund
so wird mir dein Hertze kundt
reich mir deiner Armen Band
der gewündschten Liebe Pfand!
Denn, so lange du noch nicht
mir gehorchen wirst mein Liecht
wird dein Lieben nur ein Schein
und für nichts zu achten seyn.
Trewe Lieb ist jederzeit
zu gehorsamen bereit
hat jhr Thun gerichtet hin
auff deß Liebsten Hertz und Sinn.
Glut bricht von sich selbst hervor
unnd stößt jhre Flammen empor
Wo sich Rauch und Dampf mir find
muß vergehen durch Lufft und Wind.
Schämst du aber dich vor mir
so gedencke, meine Zier
daß ich das bin, was du bist
unnd werd jetzt nicht erst geküst.
Wo ich mich, gleich wie du wol
auch mit andern schämen sol:
würde nicht die gantze Welt
in gar kurtzer Zeit gefällt.
Venus hat sich, wie bekandt
zum Adonis selbst zugewandt
und mit jhm so manche Nacht
in der Liebe zugebracht.
Komm, der Mond am Firmament
hat sich schon zu uns gewend
komm, die Nacht kömpt auch heran
da sich küsset was nur kan.
Morgen, hör' ich, wilst du fort
von uns an ein frembdes Ort
und wer weiß auff welchen Tag
ich dich wieder sprechen mag.
Darumb hertz mich ohne Schew
daß ich deiner inndenck sey!
Ich bitt einmahl noch jetzund:
Nympfe gib mir selbst den Mund.
(S. 52-53)
_____
41.
Wilt du mich jetzt verlassen
O schöne Schäfferinn
deinen Diener hassen
gedenck wer ich bin
wie trewlich ich geliebet
sol diß seyn der Lohn
sieh doch wie sehr betrübet
hie steht dein Corydon.
Viel frembde Schäfferinnen
beklagen meine Pein
O Fürstinn meiner Sinnen
kanstu so grawsam seyn?
Ach hätt' ich nie getrieben
die Herd in diesen Wald
hie zwang mich erst zu lieben
Chrysillen jhr gestallt.
Wie offt hab ich gesungen
von deiner Augen-macht
daß Berg und Thal erklungen
unnd neben uns gelacht
wie pflegen wir zu schertzen
du liebtest mich, ich dich
unnd das aus keuschem Hertzen
jetzt endert alles sich.
Die Heerde pflag zu springen
für Lust und Ubermuht
wenn sie mich hörte singen
sie was sie jetzt doch thut
sie achtet keine Myrten
auch nicht den grünen Klee
sie schreyt mit jhrem Hirten
nur immer Ach und Weh.
Die andern Schäffer schweben
in stetter Fröligkeit
wie bring ich zu mein Leben
den Frühling meiner Zeit
sie spielten in die Wette
der hebt von Phyllis an
der lobt die Philosette
so hoch er immer kan.
Dort sitzen zwey zusammen
und haben Mund an Mund
sie leschen jhre Flammen.
Ich werde mehr verwundt
sie schertzen, winden Kräntze
in angenehmer Ruh
sie machen newe Täntze
ja sehe trawrig zu.
Es ist umsonst mein Klagen
mein seufftzen deine Lust
die Thränen dein behagen.
Drumb Corydon du must
sie gantz und gar verlassen
und endern deinen Sinn
ja wiederumb nur hassen
die harte Schäfferinn.
Wie kan ich aber meyden
Chrysillen jhr Gesicht
mein eigen Hertze neiden
das schicket sich ja nicht
ich werde mich schon setzen
an einem wüsten Ort
unnd nur mit Thränen netzen
Chrysilla fort und fort.
(S. 53-54)
_____
42.
Liebste Seele meiner Seelen
schönste Phyllis deren Strahl
bringt bis an die Götter Saal
Sonne meiner Hertzens-Höhlen
siehe wie mein Mund mit Weh
sprechen muß O Lieb Ade.
Siehe meine matte Glieder
Dawen weder Kost noch Tranck
Zeit und Weile wird mir lang
Ruh' und Lust ist mir zu wieder
immer wo ich geh unnd steh
seufftz ich O mein Lieb Ade.
Morgends wenn mit seinen Strahlen
Phöbus prächtig bricht herein
Denck' ich wie dein klarer Schein
pflegte meinen Sinn zu mahlen
da ich doch jetzund mit Weh
sprechen muß mein Lieb Ade.
Hör' ich in den dicken Sträuchen
den Gesang der Nachtigal
pfleg ich deiner Stimmen Hall
dieser Liebligkeit zu gleichen
Dencke wie ich jetzt mit Weh
sprechen muß mein Lieb Ade.
Seh' ich mang den Feld-Narcissen
Schneegefärbte Lilgen stehn
Denck' ich an die Wangen schön'
An das Zucker-süsse Küssen
und wie ich jetzund mit Weh
sprechen muß O Lieb Ade.
Offt pfleg ich im Traum zu sehn
wie du dich o Engel-Bild
gegen mir bezeigest wild
lachest meiner Bitt' und flehen
da ich doch mit grossem Weh
sprechen muß O Lieb Ade.
Bald so dünckt mich, deine Wangen
drauff ich dann gantz bin entrüst
Wenn der Schlaff am tieffsten ist
frey zu küssen, mein Verlangen
denn erwach ich bald mit Weh
sprechend, O mein Lieb Ade.
Wenn mich Trawrigkeit besessen
bild' ich mir wol offter ein
als wenn du O Liebelein
meiner woltest gantz vergessen
drauff ich denn mit grossem Weh
spreche, nun mein Lieb Ade.
Siehe, so muß ich mich plagen
deinetwegen liebstes Kind
muß manch trüben Sorgen-Wind
muß manch Ungemach ertragen
muß nicht ohne grosses Weh
sprechen, O mein Lieb Ade.
(S. 54-55)
_____
44.
Glück zu O jhr Schäfferinnen
sey auch du gegrüst Gott Pann
werdet jhr ja irgend innen
wo mein Lieb sich hingethan
saget mirs jhr solt davon
tragen einen reichen Lohn.
Denn sie wil mich gantz verlassen
unnd begehret mich nun nicht
mit der Liebe zu umbfassen
also sehr wie sonst geschicht
stillet meine Trawrigkeit
daß ich froh sey allezeit.
Suchet sie in allen Hecken
in den Püschen in den Wald
wo sie sich pflegt zu verstecken
meines Lebens Auffenthalt
oder liegt sie in der Ruh
decken sie die Bäume zu.
Wo ist doch der kühle Brunnen
und die köstliche Fontein?
Da sie stets matt von der Sonnen
umb den Mittag pflegt zu seyn
da sie wäscht mit allem Fleiß
jhrer zarten Glieder Schweiß.
Oder folget sie den Schaaffen
die dort umb die Berge gehn
träget sie der Schäffer Waffen
seh ich sie beym Vieh nicht stehn?
Ist nicht diese meine Zier
lieben Hirten? sagets mir.
Eylet, eylet doch und zeiget
wo mein Liecht zu finden sey
so jhr dieses mir verschweiget
springet mir mein Hertz entzwey
ja ich muß in meiner Pein
einsahm und verlassen seyn.
(S. 56-57)
_____
45.
Muß denn deiner zarten Wangen
ich so gar beraubet seyn!
Amira du mein Verlangen
sol ich deine Lippelein
unnd dein Englisches Gesicht
jetzt und immer sehen nicht.
Ach mein Lieb, mein Hertz-Syrene
muß denn deiner Augen Zier
muß denn dein' Himmlische Schöne
gäntzlich seyn verborgen mir
muß ich ohne Sonnenschein
unnd den Blinden ehnlich seyn.
Recht zu sagen, wenn dein gläntzen
mich im Jahr einmahl erquickt
düncket es mich gleich dem Lentzen
wenn uns eins die Sonn anblickt
da zuvor der strenge Nord
hat gewittert fort und fort.
Ich bin gleichsam wie vernewet
wenn mich deiner Sphären Straal
durch sein Anblick nur erfrewet.
Ja, wenn ich nur seh' einmahl
Göttin dein bestirntes Liecht
acht ich Sonn und Monde nicht.
Aber doch, du kanst ja enden
meines heissen Frostes Pein
Stünd es nur in deinen Händen
Müst ich täglich bey dir seyn
und würd aus der trüben Nacht
an des Tages Liecht gebracht.
(S. 57-58)
_____
46.
Du O mein hochbetrübter Sinn
jhr meine Seufftzer geht dahin
wo jhr zuvor wurdt hoch geacht
wo jhr jetzund werd außgelacht.
Sagt meiner edlen Göttin an
daß ich nicht länger leben kan
daß ich muß ohne Sonnenschein
wann ich nicht seh' [ihre] Eugelein.
Ich dencke noch der lieben Zeit
da mich jhr Anblick hat erfrewt
da mich der Nectar süsse Mund
mit einem Kuß gemacht gesund.
Ja lag mein Leib gleich Seelen-loß
wenn sie mich in jhr Armlein schloß
bekam ich newe Lebens-Krafft
bekam ich newen Lebens-Safft.
Nun dir, O Venus ist bekandt
mein unzerbrochen Liebes-Band
und wie ich manche liebe Nacht
Hab' ohn Ruhen zugebracht.
Mich hat des Sommers heisse Zeit
mich hat des Winters graue Kleid
wenn alles lag im Schnee verdeckt
vom Lieben doch nicht abgeschreckt.
Ich fragte nicht nach Tranck unnd Kost
nach Frewde, Trübsahl, Hitze, Frost
wenn ich nur Doris meine Zier
nach wünschen könte seyn bey dir.
Ich war fast nimmer Sorgen frey
jedoch was hilfft mir meine Trew?
Weil du den Geist so mich er nehrt
hast in ein harten Stahl verkehrt.
Nun, nun ich muß nur immer fort
ich muß noch heut an diesem Ort
wo Chaaron seinen Kahn anbindt
wo Körper-lose Seelen sind.
Darumb jhr Hirten gute Nacht
Jhr Wälder drinnen Echo wacht
Ihr Myrthen, Rosen, Lilgen, Klee
Thaal, Berge, Wiesen, Flüß, Ade.
Du auch O Doris leb in Ruh
doch schließ den harten Sinn nicht zu
laß deiner Augen Thränen-Bach
mir zu dem Grabe folgen nach.
O gute Nacht du meine Sonn'
O gute Nacht du meine Wonn
O gute nacht du mein Begehrn
O gute Nacht mein Angel-stern.
(S. 58-59)
_____
48.
Gespräch zweyer verliebten Persohnen
Er
Seit ich mein junges
Leben
der Jungfer hab ergeben
plagt mich die Liebe so
mit Flammen-heissem brennen
den Tag wird keiner kennen
daran ich wäre froh.
Sie
Wer macht die
Liebes-Schmertzen
an seinem grünen Hertzen?
mir ist es unerkundt.
Er laß jhm wieder heylen
die hohen Liebes-Beulen
von der die jhm verwund.
Er
Sie, Schöhne! giebe
Ursachen
mir dieses Leid zu machen:
Ich lieb' und sie liebt nicht
ich bin allzeit erschienen
nach Ehren jhr zu dienen
mit fäster Treu' und Pflicht.
Sie
Diß kan ich nicht
verneinen:
Doch ob es allzeit meinen
die Jung-Gesellen recht
wie sie die Reden führen
kan man offt wenig spühren:
Die That ist vielmahl schlecht.
Er
Sie Schöne! wil nicht
trawen
ach könte Sie mir schawen
in meines Hertzens Grund
sie würde so nicht sagen
weil ich durch grosses Klagen
sey gegen sie verwundt.
Sie
Ach Gold! die Jung
Gesellen
wie können sie uns fällen:
Sie klagen jhre Pein
versetzen Zucker Worte
biß uns die Hertzens-Pforte
wird gar genommen ein.
Er
Nein, Schöne! solches
Reden
trifft mehr uns arme Blöden
darauff jhr seyd so klug:
Ihr könnet unsern Sinnen
das Leben abgewinnen
durch lieblichen Betrug.
Sie
Es mögen andre lügen
ich wil niemand betriegen:
die Wahrheit mir gefällt:
Denn falsches Liebe-kosen
blüht zwar mit frischen Rosen
das doch den Stich nicht hält.
Er
Es pflegen falsche
Hertzen
mit Liebe nur zu schertzen
und stellen sich zwar mild
die Worte zu versüssen
die doch vom Brunnen fliessen
da Gifft und Galle quillt.
Sie
Ha wol! drüm müssen
schauen
die Jungfern, wem zu trauen
nicht dem, der Rauch nur giebt
und Sprey fuhr klaren Weitzen
gleich die zur Liebe reitzen
doch keiner treulich liebt.
Er
Diß mag bey andern
gelten
hier bin ich nicht zu schelten:
Sie weiß, wie ich gesagt
daß ich sie hertzlich meine
ich liebe sonst ja keine
doch wenn es jhr behagt.
Sie
Mein Liebster!
schweige stille
sein Huld Gunst Lieb und Wille
spühr ich in allem da:
werd ich ihm nur gefallen
so hat er auch vor allen
von mir ein fästes ja.
Er
Mein edle Sonnen
Blume
reich Ambrosinen-Kruhme
des Rosen Mündleins Kuß
die Lippen an zu streichen
mit Nektar mir zum Zeichen
daß ich sie lieben muß.
(S. 61-62)
_____
56.
Nun sechs Jahre sind vergangen
sechsmahl hat der nasse Mertz
auch zu regnen angefangen
seit daß ich, O schnödes Hertz!
bin zu deiner Gunst bewogen
leyder! doch nur gantz betrogen
und noch mehr bringst du mir Quaal
Daß dein Hertz von Ertz und Stahl.
Da wir noch beysammen waren
da uns küssen war vergunt
kontest du mir offenbahren
daß du wärst gar sehr verwundt
nicht von grossen Liebes-schmertzen
sondern Wunden an dem Hertzen:
aber nun machst du mir Quaal
daß dein Hertz von Ertz unnd Stahl.
Als ich einmahl freundlich küßte
deiner Rosen-Wangen-Zier
sagtest du: Ach! daß ich müste
Schönster, allezeit bey dir
in den zarten Armen liegen.
Nun seh ich, es ist Betrügen:
diß ist noch die grosse Quaal
daß dein Hertz von Ertz unnd Stahl.
In dem jungen Blumen-Meyen
als der weisse Zefyr gieng
unnd die Flora zu vernewen
alle Gärten nun anfieng
sprachst du: Wie die Blumen blühen
sol auch meine Liebe glühen:
Aber nun der grossen Quaal
daß dein Hertz von Ertz unnd Stahl.
Freilich wie die Blumen blühen
so blüht auch dein wanckend Hertz:
denn, wie die sich bald verziehen
machst du aus der Liebe Schertz:
Jungfern Lieb' und Rosenblätter
wändt sich wie Aprillen Wetter:
Noch ist mir die grosse Quaal
daß dein Hertz von Ertz und Stahl.
Wer ich doch so klug gewesen
daß ich dein verlognes Hertz
aus den Augen bald gelesen
wäre nicht der starcke Schmertz
von des Glückes runden Ballen
so gar viel auff mich gefallen?
Leyder ach! der grossen Quaal
daß dein Hertz von Ertz und Stahl.
Wilt du meiner nicht begehren?
Ey, so fahr jetzt jmmer hin
ich kan deiner auch entbehren
aus den Augen, aus dem Sinn':
Aber wie du mir gelogen
wirst du wieder wohl betrogen
daß du schreyest auch! O Quaal:
daß dein Hertz von Ertz und Stahl.
(S. 79-80)
_____
57.
In zweyer Persohnen Unterredung gestellet
Er
Nimmer bin ich ohne
Schmertzen
nimmer ohne Trawrigkeit
weil mich stete Sorg im Hertzen
von der Liebsten plagt allzeit
daß ich so im Zweiffel lebe
ob sie mir beharrlich gebe
jhre Huld und Liebes-Trew
und mir recht beständig sey.
Sie
Mein! was wil der
Liebste sagen?
Weiß er doch mein trewes Hertz
Ach! er führet solche Klagen
nur aus lauter Lust unnd Schertz:
Wohl! er pflegt nach Buhler Sitten
mich dadurch je mehr zu bitten
sonst bin ich ihm so geneigt
welches meine Liebe zeigt.
Er
Diß ist meine Lust
unnd Frewde
daß ich so versichert bin:
weil sie mir von grossem Leyde
hat befreyet meinem Sinn:
Drumb bin ich jhr stets bedienet
biß die Danne nicht mehr grünet
unnd wil jhre Würdigkeit
stets zu ehren seyn bereit.
Sie
Ach was mag der
Liebste reden
hier von meiner Würdigkeit?
wil er mich dadurch erblöden
was hierin mir fehlet weit?
Ja ich muß es jhm bekennen
daß ich bin nur schlecht zu nennen
dieses alles jhm gebührt
was er mir zu Lobe führt.
Er
Schöne Jungfer! Ach!
Sie schweige
daß sie mich erhebe sehr:
Mir geziemt, daß ich mich neige
gegen jhrer Tugend-Heer
welche gleich den Sternen gläntzen
unnd der Blumm im bunten Lentzen:
Sie ist aller Jungfern Krohn
jhr gebührt der Tugend-Lohn.
Sie
Lieben unnd recht
Urtheil fällen
kan gar selten einig seyn:
Ey! man kan gewisser schnellen
Polsen in die Lufft hinein
unnd auff einen Pfenning zielen
als der Liebe Mängel fühlen:
Er lobt meiner Tugend-Liecht
dem doch Glantz unnd Schein gebricht.
Er
Thewre Perle meiner
Sinnen!
edler Jaspis und Topaß
laß mich jhre Gunst gewinnen:
Sih! ich bin von Trawren blaß:
Sie vermag durch gleichen Willen
meine tieffe Wunden stillen:
Ey, Sie lasse mich allein
jhrer Schönen Diener seyn.
Sie
Bluhme meines
krancken Hertzen!
Rose Meiner, was ich bin
seiner Wort- und Liebes-schmertzen
bringet mich auf gleichen Sinn:
Ich wil jhm beständig bleiben
seine Lieb in Demant schreiben:
Hie sol Venus Söhnelein
Schreiber und Buchhalter seyn.
(S. 80-81)
_____
61.
Abends gehet an mein Trawren
Wenn der Sternen Kayserin
von dem bleichen Perlen-Wangen
zeigt jhr blasses Silber-Kinn
wart ich hie biß zu Auroren
kalt, erstarret und erfroren:
denn ich hof auff Trost und Wonn
daß mich wärme meine Sonn.
Lasset gleich der Föbus schiessen
seine Strahlen auff mich zu
kan ich jhr doch nicht geniessen
weil ich ohne Trost und Ruh'
jmmer muß in Zittern sitzen
denn mein Zagen hemmt das schwitzen
doch hoff ich auff Trost und Wonn
daß mich wärme meine Sonn.
Wunder, daß ich dieses sage?
Wenn ich offt der Liebe-Noht
wol mit tausend Sorgen klage
werd ich bald gantz feuer roht:
Bald bin ich wie der verbleichet
dem der Tod den Pfeil gereichet.
Drum denck' ich auff Trost und Wonn
daß mich wärme meine Sonn.
Wann mein Schatz am Fenster sitzet
und giebt nur ein Blickelein
bald mein gantzer Leib erhitzet
daß ich offt schrey in der Pein:
Hemme deiner Blitzen-rennen
daß sie mich nicht gar verbrennen
ich wil nur durch Trost und Wonn
daß mich wärme meine Sonn.
Kähmen auch gleich zehen Sonnen
täglich umb den runden Kreiß
durch die güldne Bahn geronnen
machten sie doch nicht so heiß:
Seh ich hier ein Blicklein gehen
muß ich ganz in Flammen stehen:
Ey das heist ja Trost und Wonn
daß mich wärme meine Sonn.
Kan ich nicht ein Blicklein wehren?
so wird das blitzend Heer
jhrer Strahlen mich verzehren
Ey, was ist es denn nun mehr?
Muß ich doch auch sonsten sterben
lieber wil ich so verderben:
Denn mich düncket Trost und Wonn
daß mich tödtet meine Sonn.
(S. 90)
_____
62.
Meine Schöne treulich wendet
jhre Gunst mir treu zu seyn
denn sie neulich hat gesendet
mir ein güldnes Ringelein
drin ein Demant eingegraben
den zwey Händlein rings umbgaben:
Du solt liebes Ringelein
treuer Liebe Zeuge seyn.
Daß diß Ringlein war geleget
in ein güldnes Schächtelein
zeugt, daß mich die Schöne träget
auch in jhres Hertzen-Schrein:
Eben dieser lieblich gläntzet
gar mit Lieb und Huld bekräntzet:
Du solt liebes Ringelein
Treuer Liebe Zeuge seyn.
Wie das Schächtlein war versiegelt
ohne mich nicht auffzuthun
bleibet auch jhr Hertz verriegelt
ohne mich, der ich es nun
gantz allein zu eigen habe
und davon mich stets erlabe:
Du solt liebes Ringelein
treuer Liebe Zeuge seyn.
Wie das Gold nicht wird verzehret
und das allerreinest ist:
So auch jhre Gunst sich nehret
und steht ohne Trug und List:
Sie ist lauter hell und reine
gleich der Sonnen klahren Scheine:
Du solt liebes Ringelein
treuer Liebe Zeuge seyn.
Daß das Ringlein war gegossen
rund ohn End' unnd ohn Anfang
deutet daß Sie unverdrossen
liebe mich jhr Lebenlang
unnd zu meiner Huld sich wände?
Wer recht liebt, der liebt ohn Ende?
Du solt liebes Ringelein
treuer Liebe Zeuge seyn.
Recht hat sie auch drein gesetzet
einen harten Demant-Stein:
So jhr Hertz auch nichts verletzet:
Nicht, als solt es Steinern seyn:
Sondern, daß es nichtes schwäche
und die treue Liebe breche:
Du solt liebes Ringelein
trewer Liebe Zeuge seyn.
An dein Ringlein die zwo Hände
die den Demant ummgefast
weisen, wie Sie sehnlich wende
stehts nach jhrem Seelen Gast
jhre Hände, Hertz unnd Sinnen
Seine Gunst nur zu gewinnen:
Du solt liebes Ringelein
treuer Liebe Zeuge seyn.
Auff den Demant war gestochen
ein sehr künstlich Hertzelein
welches mitten stund zerbrochen
da ein Pfeil tieff floog hinein:
Das bedeut die Liebes-Wunden
die sie hat umb mich gefunden:
Du solt liebes Ringelein
treuer Liebe Zeuge seyn.
Aus dem Hertzlein kahm entsprossen
ein verpurpurt Röselein
dieses zeugt wenn Amors-Possen
und die bitter-süsse Pein
jhr bestimmtes Ende kriegen
Werde sie den Preiß ersiegen:
Du solt liebes Ringelein
treuer Liebe Zeuge seyn.
Umb das Ringelein war geschrieben:
Wer begehrt Gunst, Lieb und Huld
muß standhafft und treulich lieben
und erweisen viel Gedult
ja sein Rosen-blühend Leben
auffzuopffern willig geben:
Du solt liebes Ringelein
stets mein bestes Kleinod seyn.
(S. 91-92)
_____
70.
Als ich vor kurtzer Weile
ein schönes Jungfrawlein anblicke
bald Venus Ketten und Seyle,
und Pfeile in eyle
hat mich mein junges Herz verstrickt.
Sie aber hat bald wiederumb
jhr Gemüht gegen mir verknüpfft
Cupido wunder Sachen
kan machen muß lachen
das Hertz für Frewden hüpfft.
Schöne Damen wil ich ehren
weil ich im Leben bin
sie aber bleibt alleine
die meine sonst keine
die ich mit trewen mein.
Weil es denn muß geschieden seyn
hebt sich mein Trawren an
schenck mir dein getrewes Hertzchen
mein Schätzchen ein Schmätzchen
damit zieh ich davon.
Wiederkommen bringt uns Frewden
darzu viel Lust unnd Schertz
daran thu ich gedencken
mich lencken unnd versenken
in dein getrewes Hertz.
Behüt dich GOTT im Throne
Ade mein Mündlein roht
Ade mein Frewd unnd Wonne
meine Schone meine Krone
dich liebe ich biß in den Tod.
Hiemit wil ich beschliessen
dieß Liedlein new erdacht
GOTT gebe den Verliebten Betrübten
einm die seine in eyle
damit er sein Hertz erfrewe.
(S. 107-108)
_____
81.
Warumb thustu mich kräncken
Amor, du schwere Last
Was thustu doch gedencken
daß du mich also hast
gebracht in schwere Pein
beweint das Hertze mein
was wird man dir doch schencken
wol zu dem Siege dein.
Wenig wirstu gewinnen
daß meine junge Jahr
in Trawren muß zubringen
mit sehr schmertzlicher Klag
in solcher Tyranney
in Schmertzen mancherley
mein Kind sey doch zu frieden
daß ich dein Diener sey.
Hättestu mich gelassen
Martis dem Kriegschen Gott
zu dienen ohne unterlassen
were ich nicht in den Spott
gerathen wie ich bin
ach mein betrübter Sinn
was hat mich doch bethöret
mein Frewde ist gantz dahin.
Ach, ach es ist gewesen
ach, ach ich weiß es wol
ein freundlich außerlesen
welche mir gefällt so wol
so schön unnd so lieblich
im Hertzen so freundlich
Galliarda über die massen
der Sitten anmuthig.
Gleich wie die Fisch im Meere
verlieren jhre Gestalt
an einen Felsen scharffe
alsdann so fliehen sie bald
wenn denn der Fischer kömpt
jhre Gestalt allda vernimbt
thut er das Netz zerreissen
in Stücken es dahin schwimbt.
Also ist auch zerrissen
das Netz der Hoffnung mein
als ich thäte ansehen
die schöne Höffligkeit dein
ich vermeynt zu fangen dich
betrog aber selbst mich
etwas im Spiel zu greiffen
wie sehr man irret sich.
Aber wie denn nun allen
ob ich gleich habe falliert
unnd es hat nicht seyn sollen
nach dem wie ichs petirt
so bitte ich dich allein
du wollest zufrieden seyn
daß ich dir möge dienen
nach günstigem willen dein.
Hiermit wird contentiret
mein hochbetrübtes Hertz
unnd auch recompensiret
der langwürdiger Schmertz
die ich so manches Jahr
wegen deiner Lieb fürwahr
unschuldig habe erlitten
erduldet gantz und gar.
Solstu denn aber zürnen
daß ich so liebe dich
und darüber erwürgen
ach mein was hilff es dich
der Verlust der were zwar klein
denn würde es so viel seyn
verlohren wirstu haben
den getrewen Diener dein.
(S. 122-123)
_____
83.
Halt! du schöner Morgenstern
bleibe fern
und du güldne Nacht-Laterne
halt der weissen Pferde-Lauff
jetzund auff:
Steht ein wenig still jhr Sterne.
Gönne mir die süsse Ruh
Sonne, Du
Laß uns doch der Liebe pflegen
Laß den kühlen Reiff unnd Taw
auff der Aw
noch ein wenig unsert wegen.
Ist doch meine Liebste mir
Sonn unns Zier
die mich jtzund in den Armen
in den zarten Armen weiß
die mein Preiß
unnd mich also läßt erwarmen.
Und du wunder-schönes Liecht
die ich nicht
nach der Gnüge kan beschreiben
laß der hellen Augenschein
bey mir seyn
biß der Tag die Nacht wird vertreiben.
Wie hat mich dein rohter Mund
doch verwund?
Das zweyfache Schild mich zwinget
das vor deinem Hertzen steht
wie ein Bett
da der Lilien Pracht auffspringet.
Ach! entschlage dich ja nicht
schönes Licht
dieser Lust in deiner Jugend
brauche deiner Liebligkeit
und der Zeit
schad es doch nicht deiner Jugend.
Laßt uns immer frewdig seyn:
Nacht und Wein
reitzen uns jtzund zum Lieben:
Dann wann Liebe Nacht und Wein
bey uns seyn
kan uns Langmuth nicht betrüben.
(S. 125)
_____
86.
Cynthia du güldnes Liecht
das nun durch den Abend bricht
scheine meiner Liebsten doch
blinckt jhr Sterne
her von ferne
helfft uns tragen dieses Joch.
Weil wir schon in süsser Ruh
diesen Abend bringen zu
weil mich jtzt mein Auffenthalt
in den Armen
läßt erwarmen
mag es jmmer werden kalt.
Nach der Kälte frag ich nicht
wenn ich diß mein Sonnen-Liecht
annoch bey mir haben mag
das mich quicket
unnd anblicket
biß sich zeigt der hohe Tag.
Sie ist flüchtig wie ein Reh
jhren Haaren weicht der Klee
jhren rohten Lippen
von Korallen
mir gefallen
wann sie neigt jhr Haupt zu mir.
Lieblich klingt es, wann der Bach
durch die Steine rauscht gemach
dieser aber geht sie vor
wenn sie singet
wenn sie schwinget
jhre Stimme hoch empor.
O wie seelig ist die Nacht
da mich dieses Liecht anlacht
da ich jhren rohten Mund
bin geflissen
stets zu küssen
da mir alles ist vergunt.
Ihre Liebe schenckt sie mir
unnd ich schencke wieder jhr!
Meine Liebe biß die Nacht
von uns weichet
wenn verbleichet
dieser güldnen Sterne Pracht.
Nun du güldnes Feder-Zellt
der für andern uns gefällt
laß verschwiegen seyn die Lust
die wir üben
in dem Lieben
die nur dir unnd uns bewust.
(S. 127-128)
_____
Aus: Venus-Gärtlein
Ein Liederbuch des XVII. Jahrhunderts
Nach dem Drucke von 1656
herausgegeben von
Max Freiherrn von Waldberg
Halle a. S. 1890
Anmerkungen zu den Liedern:
[Aus der Einführung zum Venus-Gärtlein]
Lied 1: O du Göttin dieser Erden!
Der Text und die dazu gehörige Melodie, ist mit einigen den Sinn nicht
wesentlich ändernden Varianten, in dem von Opitz "Schäfferey Von der
Nimfen Hercinie" starck beeinflussten, aus dem Königsberger Dichterkreise
stammenden Werkchen "Musikalische Neu-erbaute Schäfferey, Oder Keusche
liebesbeschreibung von Der verliebten Nymfen AMAENA Vnd Von jhrem
lob-würdigem Schäffer AMANDVS .... Königsberg bei Peter Händeln" S. 113 zu
finden. Dieses Lied scheint von einem Gedichte Heinrich Alberts angeregt
zu sein, das in dessen Arien III. Teil Nr. 18 (Königsberg zweiter Druck
1643, fol. und Leipziger Nachdruck von 1637, Teil II S. 104, vergl.
Braunes Neudrucke Nr. 44 und 45 S. 92 Gratior est veniens e pulcro corpore
Virtus) zu finden ist. (...)
Lied 2: Doris gieng in jhren Garten. Dieses Lied, das dreizehn
Strophen hat, findet sich auch mit einigen Varianten und um eine Strophe
vermehrt als Nr. 134 im "Weltlichen Lieder-Büchlein" des Hilarius Lustig
von Freudenthal. (...)
Lied 3: Wer sich auff das Wasser begibt
Auch dieses Lied findet sich im Weltlichen LB. als Nr. 20. (...)
Lied 4: Weil ich so beraubt muss leben
Sechs Strophen ohne Titelüberschrift. Auch im Weltlichen LB Nr. 28 (...)
Lied 5: Mein Hertz ist verwundet
Acht Strophen mit der Aufschrift "Liebes-Wunder" (...)
Lied 6: Wol dem der da seine Tag
Ohne Titelüberschrift. Neun Strophen, während er Abdruck im Weltl. LB. Nr.
22 elf Strophen zählt und sie in anderer Reihenfolge bringt. (...)
Lied 7: O Du schwartzes Eugelein
Sieben Strophen mit der Aufschrift "Ein Valet-LIedt". Mir ist kein anderer
Druck bekannt.
Lied 11: Lieben das gleichet den Wellen und Schiffen
das dort [Johann Kristoff Görings von wenigen Sömmern aus Tühringen
Liebes-Meyen-Blümlein oder Venus-Rosen Kräntzlein. Hamburg Gedruckt bei
Michael Pfeiffern. Im Jahr M.DCLI. und öfter. Ich citiere nach der auf der
königl. Bibliothek in Berlin befindlichen Ausgabe, Hamburg 1654, in welcher
dieses Lied als Nr. 18 auf S. 51 abgedruckt ist.] als Nr. 16 auf Seite 44
zu finden ist.
Lied 12: Ihre Lippen, Wangen, Mund, das auf S. 60 [Johann Kristoff Görings
von wenigen Sömmern aus Tühringen Liebes-Meyen-Blümlein oder Venus-Rosen
Kräntzlein. Hamburg Gedruckt bei Michael Pfeiffern. Im Jahr M.DCLI. und
öfter. Ich citiere nach der auf der königl. Bibliothek in Berlin
befindlichen Ausgabe, Hamburg 1654, in welcher dieses Lied als Nr. 18 auf
S. 51 abgedruckt ist.] unverändert zu finden ist. (...)
Lied 13: Ey! itzt fällt mir eben ein
kann ich zwar keinen früheren Druck nachweisen, es scheint mir jedoch eine
Parodie des Liedes "IE das treff mir eben ein" zu sein, das sich in: G.
Finckelthaus "Lustige Lieder" Anno 1645 Lübeck Bey Johann Brehmen, als
Nr. 19 unter dem Titel "Das Räpgen" findet, und in seinen sieben Strophen
in ähnlicher Weise wie das vorliegende Lied das Lob des - schwarzen-
Liebchens singt. (...)
Lied 17: Mit Thränen schönstes Lieb
Von Johann Rist, aus dessen Liedersammlung "Dess Daphnis auss Cimbrien
Hirten Lieder und Gedichte an die Allervortrefflichste Tugendreichste und
-höchste begabte Schäfferin Galathea 1648. (...)
Lied 18: Daphnis wolte Blumen brechen
das zu den verbreitesten und beliebtesten Volks- und Modegesängen jener
Zeit gehörte. Nach seiner Melodie wurden zahllose Lieder gesungen. In der
Ausgabe der Ristischen "Galathea" vom Jahre 1642 findet es sich auf Bogen
E. (...)
Lied 19: Ach Phyllis mein auserwehlter Schatz
ist gleichfalls aus Rists "Galathea" (...)
Lied 20: Ach Amaryllis hastu denn
Rists "Galathea" entnommen (...)
Lied 21: Wie kan und mag ich fröhlich seyn
Eine wörtlich übereinstimmende niederdeutsche Fassung findet sich in
Uhlands Liederbuch Nr. 98 (Niederdeutsche Volkslieder, Hamburg 1883, S. 82
Nr. 113). (...)
Lied 23: Venus ist newljch in Pafos gewesen
findet sich in Joh. Krist. Görings Liebes-Meyen-Blümelein oder
Venus-Rosen-Kräntzlein Nr. 3 S. 8.
Lied 25: Venus die pfleget die Jungffern zu lehren
findet sich in Joh. Krist. Görings Liebes-Meyen-Blümelein oder
Venus-Rosen-Kräntzlein Nr. 7 auf S. 20
Lied 26: Amor der Blinde, der Bube, der Lecker
findet sich in Joh. Krist. Görings Liebes-Meyen-Blümelein oder
Venus-Rosen-Kräntzlein Nr. 8 S. 23
Lied 33: Allerschönste, dass ich dich
stammt aus Rists "Des Edlen Dafnis aus Cimbrien besungenen Florabella".
Mit gantz neuen und anmuhtigen Weisen aussgezieret und hervorgegeben für
dem Alsterthor zu bekommen. Hamburg Jacob Rebenlein 1651 Nr. 14 (...)
Lied 34: Dass der Neyd so grewsahmlich
stammt aus Rists "Des Edlen Dafnis aus Cimbrien besungenen Florabella".
Mit gantz neuen und anmuhtigen Weisen aussgezieret und hervorgegeben für
dem Alsterthor zu bekommen. Hamburg Jacob Rebenlein 1651 Nr. 25 (...)
Lied 35: So hat nun alle Fröligkeit
stammt aus Rists "Des Edlen Dafnis aus Cimbrien besungenen Florabella".
Mit gantz neuen und anmuhtigen Weisen aussgezieret und hervorgegeben für
dem Alsterthor zu bekommen. Hamburg Jacob Rebenlein 1651 Nr. 26 (...)
Lied 36: Du hartes Hertz
stammt aus Rists "Des Edlen Dafnis aus Cimbrien besungenen Florabella".
Mit gantz neuen und anmuhtigen Weisen aussgezieret und hervorgegeben für
dem Alsterthor zu bekommen. Hamburg Jacob Rebenlein 1651 Nr. 44 (...)
Lied 39: Keine Nacht kein Tag vergehet
ist zuerst in Heinrich Alberts Arien abgedruckt I, 11 (vergl. Braunes
Neudrucke Nr. 44 und 45 S. 13ff) mit der Aufschrift "An quia quotquot
amant ipsi sibi somnia fingunt". Als Verfasser zeichnet C.V.M. Goedeke
führt in seinen Elf Büchern Deutscher Dichtung Simon Dach als Autor an,
wozu ihm in Dachs anagrammatischen Pseudonym Chas Mindo vorkommenden
gleichen Buchstaben dieses Anonymus scheinbar berechtigen. Vielleicht ist
Christoph Martini der Verfasser? (...)
Lied 40: Nympffe gib mir selbst den Mund
ist in Heinrich Alberts Arien I, 14 (Braunes Neudrucke 44. 45 S. 16f) zu
finden. Es hat Dach zum Verfasser und ist auch in dessen Gedichten
(Ausgabe des Stuttgarter litt. Vereins von Oesterley S. 426) abgedruckt.
Lied 41: Wilt du mich jetzt verlassen
ist mir kein weitere Druck bekannt, es ist aber seinem Inhalte nach, kaum
viel älter als die Sammlung.
Lied 42: Liebste Seele meiner Seelen
Gehört I. Chr. Göring an, aus dessen Liebes-Meyen-Blühmlein S. 39 es
entnommen ist. (...)
Lied 44: Glück zu O jhr Schäfferinnen
für dieses Lied kann ich keinen andern Druck nachweisen.
Lied 45: Muss denn deiner zarten Wangen
für dieses Lied kann ich keinen andern Druck nachweisen.
Lied 46: Du o mein hochbetrübter Sinn
für dieses Lied kann ich keinen andern Druck nachweisen.
Lied 48: Seit ich mein junges Leben
stammt aus Görings Liebes-Meyen-Blühmlein S. 103.
Lied 56: Nun sechs Jahre sind vergangen
ist in Joh. Krist. Görings Liebes-Meyen-Blühmlein S. 116 Nr. 38 zu finden,
wo es unter dem Titel: "Klage über falsche Liebe" erscheint.
Lied 57: Nimmer bin ich ohne Schmertzen
Auch dieses, dialogisch angeordnete, Gedicht gehört Göring an, und ist
gleichfalls in dessen Liebes-Meyen-Blühmlein S. 119 Nr. 39 zu finden.
Lied 61: Abends gehet an mein Trauern
findet sich gleichlautend bei Göring S. 114 Nr. 37.
Lied 62: Meine Schöne treulich wendet
findet sich gleichlautend bei Göring S. 118 Nr. 39.
Lied 70: Als ich vor kurtzer Weile
Im Weltlichen Lieder-Büchlein Nr. 84 (...)
Lied 81: Warumb thustu mich kränken
Druck unbekannt.
Lied 83: Halt! du schöner Morgenstern
stammt aus Filip Zesens: Deutsches Helikons anderer teil. Wittenberg 1649.
Ander Buch VIII.
Lied 85: Wer stets mag sitzen neben dir
Für dieses Lied kann ich keinen älteren Druck nachweisen.
Lied 86: Cynthia du güldnes Licht
Für dieses Lied kann ich keinen älteren Druck nachweisen.
Verzeichnis der im
Venus Gärtlein vorkommenden Dichter:
Johann Christoff Göring (1624-1684)
Johannes Rist (1607-1667)
Simon Dach (1605-1659)
Philipp Zesen (1619-1689)
Gabriel Voigtländer (um 1596-1643)
Andrea Adersbach (1610-1660)
Gottfried Finckelthaus (1614-1648)
Georg Greiflinger (um 1620-1677)
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