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      Johann Georg Schoch 
      (1627 - um 1690) 
       
      Inhaltsverzeichnis der Gedichte: 
         
       
      
       
       
      Das 30. Lied 
      An Delien/ Als er Abschied nehmen/  
      und unbekannt darvon scheiden muste 
       
      1. 
      Andere Venus/ du 
      schönste der Frauen/ 
      Achtes wunder-Werck/ 
      Daß ihr die Liebe zu Ehren wil hauen. 
      Wie der Atlas Bergk 
      Andere Berge sehr weit überreichet/ 
      Also dir Venus an Schönheit noch weichet/ 
      Und gäntzlich verbleichet. 
       
      2. 
      Sonne der Erden/ du 
      Erden Göttinne/ 
      Deiner Augen Liecht 
      Entzündet in Liebe die brünstigen Sinne. 
      Was für Labsal nicht 
      Kan man auff deinen Lippen geniesen/ 
      Welchen den Nectar und lieblichen Bissen 
      Der Götter verbliesen. 
       
      3. 
      Hett' ich nur/ Delia/ 
      können erlangen/ 
      Daß dein liebes Kuß 
      Doch nur befeuchtet die sehnlichen Wangen/ 
      Weil ich scheiden muß; 
      Hett' ich gar gerne mein trauriges Leben 
      Wollen den Winden und Wellen ergeben/ 
      Und sterben darneben. 
       
      4. 
      Hab' ich gleich wenig 
      dich Schöne genossen/ 
      Ist mir unbewust/ 
      (Welche mich Armen nicht wenig verdrossen) 
      Deine schöne Brust/ 
      Die da ergäntzet die tödtlichen Wunden; 
      Bleib ich dir dennoch mit Liebe verbunden 
      Zu ewigen Stunden. 
       
      5. 
      Ist gleich/ daß ich 
      dich nicht/ Schöne/ besessen/ 
      Weil ich fort gemust: 
      Dennoch so werd' ich nicht können vergessen 
      Dieser schönen Lust. 
      Muß ich gleich Armer nun wieder von hinnen/ 
      Dennoch so wirst du mir dieses vergünnen/ 
      Dich lieb zugewinnen. 
      (S. 67-68) 
      _____ 
       
      
       
       
      Das 31. Lied 
      An die stoltze Charis/ 
      die sich nicht wil lieben lassen 
       
      1. 
      Laß Charis/ laß 
      einmahl die stoltzen Sitten/ 
      Bekriege doch in dir den hohen Sinn; 
      Was läst du dich denn viel zum lieben bitten; 
      Es eilt die Zeit uns untern Händen hin. 
      Erzwing doch/ Charis/ deine stoltze Brust/ 
      Laß uns doch auch daz Lieben seyn bewust/ 
      Die längst-begehrte Lust. 
       
      2. 
      Siehst du denn/ 
      Schöne/ nicht/ daß in dem lieben/ 
      (Bedencks doch Charis) in den schönen Thun 
      Die Wälder sich mit ihren Kindern üben/ 
      Nur Charis/ Ich und Du/ wir beyde ruhn. 
      Erzwing doch Charis deine stoltze Brust/ 
      Laß uns doch auch daz Lieben seyn bewust/ 
      Die längst-begehrte Lust. 
       
      3. 
      Ach welcher harter 
      Berg! Ach welche Klippe! 
      Ach welcher Felß mag deine Mutter seyn? 
      Hat dich gezeüget in dürres Stein-Gerüppe/ 
      Weil dir so schwerlich wil das Lieben ein. 
      Erzwing doch/ Charis/ deine stoltze Brust/ 
      Laß uns doch auch das Lieben seyn bewust/ 
      Die längst-begehrte Lust. 
       
      4. 
      Uns sterben so hinweg 
      die jungen Jahre/ 
      Man weis nicht wo der Jugend Sommer bleibt/ 
      Biß daß zu letzt die silber-grauen Haare 
      Einflechten sich in unser runtzel-Häubt. 
      Erzwing doch/ Charis/ deine stoltze Brust/ 
      Laß uns doch auch daz Lieben seyn bewust/ 
      Die längst-begehrte Lust. 
       
      5. 
      Ich schwere bey des 
      kleinen Pfeil und Bogen/ 
      Bey seiner Mutter Alabaster Brust/ 
      Daraus er nichts/ als Liebe/ hat gesogen/ 
      Daß mir/ als du/ sonst keine sey bewust. 
      Erzwing doch Charis deine stoltze Brust/ 
      Laß uns doch auch das Lieben seyn bewust 
      Die längst-begehrte Lust. 
       
      6. 
      Drumb Charis komm/ 
      und laß uns freundlich küssen/ 
      Ach Charis komm/ gieb deinen Willen drein; 
      Laß uns doch auch das süsse Lieben wissen 
      Wie Buhlern mag darbey zumuthe seyn. 
      Erzwingst du/ Charis/ deine stoltze Brust/ 
      So wird uns auch das Lieben seyn bewust 
      Die tausendfache Lust. 
      (S. 68-70) 
      _____ 
       
       
       
      Das 32. Lied 
      Immer-hin/ nur immer hin 
       
      1. 
      Immer hin/ nur immer 
      hin/ 
      Weil dein Sinn 
      Andern sich ergeben. 
      Meynst du denn/ ich könte nicht 
      Ohn dein Liecht 
      Aller-Schönste leben. 
      Solche Gunst und Haß 
      Ist mir eben das/ 
      Wo der Unbestand 
      Hat die Ober-hand/ 
      Da meyn ichs eben. 
       
      2. 
      Immer hin/ nur immer 
      hin/ 
      Mein Gewinn 
      Ist ein falsches Hoffen/ 
      Steht gleich die Genaden-Thür 
      Armen mir 
      Nicht mehr bey dir offen; 
      Ey/ so wisse doch/ 
      Daß ich anckre noch/ 
      Daß ich in der See 
      Tieffer Angst und Weh 
      Noch nicht ersoffen. 
       
      3. 
      Immer hin/ nur immer 
      hin/ 
      Laß dein Kinn 
      Andre für mich küssen; 
      Daß ich wider meine sey 
      Franck und frey/ 
      Solst du gleichwol wissen/ 
      Ich wil solche Gunst/ 
      Die nur falsche Dunst/ 
      Die offt eh sie kömmt 
      Wieder Abschied nimmt 
      Gar-gerne missen. 
       
      4. 
      Immer hin/  nur 
      immer hin/ 
      Wer ich bin 
      Zeigt mein fromm Gemüthe; 
      Meine treue Redligkeit 
      Geht wie weit 
      Durch der Welt Gebiethe; 
      Aber dein Bestand 
      Wurtzelt in den Sand 
      Wo der Saame stirbt/ 
      Und die Frucht verdirbt 
      In erster Blüthe. 
       
      5. 
      Drumb nur immer immer 
      hin/ 
      Dein Beginn 
      Ist nicht zu beschreiben/ 
      Dieser traute seine Last 
      Ohne Mast 
      Der dir wolte gläuben. 
      Jedem steht zwar frey 
      Falsch zu seyn und treu/ 
      Aber/ Aber/ ich 
      Wil beständiglich 
      Getreu verbleiben. 
      (S. 70-72) 
      _____ 
       
      
       
       
      Das 33. Lied 
      An Rosiemenen 
       
      1. 
      Bist du denn dieselbe 
      Rosiemene? 
      Bist du denn das Abendlicht? 
      Bist du/ oder bist du nicht die Schöne? 
      Die der Himmel mir verspricht? 
      Jo/ ach jo/ du bist es/ du mein Leben/ 
      Die sich mir ergeben; 
      Die mir nunmehr Mund und Hand 
      Mit Bestand 
      Zugewandt/ 
      Du alleine 
      Bleibst die Meine/ 
      Ich der deine 
      Bleib dir auch getreu noch in dem Schreine. 
       
      2. 
      Wenn die Febe mit 
      verbuhlten Wangen 
      Abends auffgestanden ist/ 
      Und Endymion zu küssen gangen/ 
      Hat dein Geist mich auch geküsst. 
      Aber mein; was war doch solch begatten? 
      Ein verliebter Schatten. 
      Jetzund aber ist dein Mund/ 
      Meinem kunt 
      Und vergunt. 
      Du alleine 
      Bleibst die Meine/ 
      Ich der Deine 
      Bleib dir auch getreu noch in dem Schreine. 
       
      3. 
      Wie ein Schiffer 
      seinen krummen Nachen 
      Sicher an dem Rande trägt/ 
      Und sich nicht wil weit vom Lande machen 
      Wenn die Welle nach ihm schlägt; 
      Also liebt mein Mund auch deine Lippen 
      Für die falschen Klippen/ 
      Also bleib ich sicher hir 
      Für und für 
      Stetz bey Dir 
      Du alleine 
      Bleibst die Meine 
      Ich der Deine 
      Bleib Dir auch getreu noch in dem Schreine. 
       
      4. 
      Wenn die Welt zu 
      Bette war gegangen 
      Und der Schlaff das Land befiel/ 
      Hab ich erst zu seufftzen angefangen 
      Und zu klagen ohne Ziel. 
      Wie viel Thränen hab ich da mit hoffen 
      In mich eingesoffen/ 
      Biß du auff mich hast gericht 
      O mein Liecht 
      Dein Gesicht 
      Du alleine 
      Bleibst die Meine 
      Ich der Deine 
      Bleib dir auch getreu noch in dem Schreine. 
       
      5. 
      Aber nun/ nun 
      schweigt das lasse Klagen/ 
      Weil mein Wollen mir gewährt/ 
      Weil ich nun nach wunsch darvon getragen 
      Was ein Buhler je begehrt/ 
      Jetzund mag ich deine keusche Wangen 
      Ungescheut umfangen/ 
      Jetzund kömmt mir ohne Scheu 
      Deine Treu 
      Kühnlich bey/ 
      Du alleine 
      Bleibst die Meine 
      Ich der Deine 
      Bleib dir auch getreu noch in dem Schreine. 
       
      6. 
      Gute Nacht! du 
      Freundliche/ du Schöne/ 
      Ich verbleibe/ der ich bin/ 
      Bleibe du nur meine Rosiemene/ 
      Biß das Wetter überhin/ 
      Biß wir uns nach brünstigem Verlangen 
      Endlich noch umbfangen/ 
      Biß daß uns das Ungemach 
      Weh und Ach 
      Wird zu schwach. 
      Du alleine 
      Bleibst die Meine/ 
      Ich der Deine 
      Bleib dir auch getreu noch in dem Schreine. 
      (S. 72-75) 
      _____ 
       
      
       
       
      Das 34. Lied 
      Nachahmung aus dem Opitz über 
      Die falsche und unbeständige Gellia 
      Asterie mag bleiben wer Sie wil 
       
      1. 
      Die Gellia mag 
      bleiben wer Sie wil 
      Ich weis nichts mehr von Ihr 
      Und ihrer Huld. Ich hab ein ander Ziel 
      Nun wiederumb für mir; 
      Ich wil mich ietzund schwingen 
      Von falscher Liebe weit/ 
      Und nur alleine singen 
      Der Chloris Frömmigkeit. 
       
      2. 
      Wie seelig ist/ wer 
      in Vollkommenheit 
      Der Chloris sich verliebt/ 
      Weil ihn die Gifft der Unbeständigkeit 
      So leichte nicht betrübt. 
      Er weichet von den Wegen 
      Der frechen Wangenfeld/ 
      Darauff zuvor erlegen 
      Manch frecher kühner Held. 
       
      3. 
      Zwar Gellien veracht' 
      ich güntzlich nicht/ 
      Weil Sie recht schöne kümmt; 
      Diß sag ich nur: daß ihre Liebe bricht 
      Und bald ein Ende nimmt. 
      Der rothe Mund/ die Wangen 
      Der schönen Augen Schein 
      Ja alle Pracht und Prangen 
      Kan nicht beständig seyn. 
       
      4. 
      Wer Chloris liebt/ 
      betreugt sich nimmermehr/ 
      Verlacht nur alle Noth/ 
      Durch alle Welt erklingt Ihr Ruhm und Ehr/ 
      Sie bleibt und lebet todt. 
      Drumb wil ich nichts mehr schreiben 
      Von voriger Begier/ 
      Die Gellia mag bleiben/ 
      Was frag' ich denn nach Ihr. 
       
      5. 
      Weg Gellia/ du Pest 
      der jungen Zeit/ 
      Nunmehr vergeß' ich dein/ 
      Dieweil du liebst die Unbeständigkeit 
      Und machst mir solche Pein. 
      Wie wol du mir gefallen 
      Ist Chloris doch mein Ziel/ 
      Die Gellia samt allen 
      Mag bleiben wer Sie wil. 
      (S. 75-77) 
      _____ 
       
      
       
       
      Das 35. Lied 
      An die Lieb-eyffrige Amande 
       
      1. 
      Ich kan mich zwar zu 
      dir begeben/ 
      Amande/ wie ich vor gethan; 
      Nur eines wil mir wiederstreben/ 
      Und hält/ mich Armen/ immer an/ 
      Diß einig ist ein falscher Wahn/ 
      Den du noch hast/ der macht es eben. 
       
      2. 
      Was hab ich denn so 
      hart verbrochen? 
      Sol dieses seyn die Ubel-that? 
      Daß ich mit Katharis versprochen/ 
      Die mich doch nie geliebet hat. 
      Gieb solchen Reden keine statt/ 
      Als hette Sie dich abgestochen. 
       
      3. 
      Wenn hett' ich mir 
      diß unterwunden? 
      Es weis es jo ein iederman 
      Wie ich dir/ Schöne/ bin verbunden 
      Daß ich Sie auch nicht lieben kan/ 
      O liebstes Kind! ich hette dann 
      Dich selbst in Ihren Augen funden. 
       
      4. 
      Wer dir nicht wolte 
      seyn gewogen/ 
      Der hat gewiß das erstemal 
      Der Tugend haß mit eingesogen. 
      Was machst du mir denn solche Qual 
      Als hett' ich täglich neue Wahl 
      In meinen Lieben nur gepflogen. 
       
      5. 
      Ich schwer bey meinem 
      Verse-schreiben 
      Ich schwer bey meiner Poesie/ 
      Die ich noch lange werde treiben/ 
      Daß stündlich die Amande die/ 
      Es sey zu Abends oder früh 
      In meinem Hertze sol verbleiben. 
       
      6. 
      Vergieb mir/ hab ich 
      was begangen/ 
      Wenn ich dir wo zu wieder bin/ 
      Sonst anders kan ich nicht gelangen 
      So unversehnlich zu dir hin; 
      So ist denn auch ein böser Sinn 
      In solchen freundlich-schönen Wangen. 
      (S. 77-78) 
      _____ 
       
      
       
       
      Das 36. Lied 
      Er klagt über die stoltze Cynthie 
       
      1. 
      Cynthie sey wülde; 
      Ruffet das Gefilde 
      Mit den schichtern Wäldern laut durch die Büscher hin/ 
      Zwar die seichten Thäler 
      Wissen keinen Fehler 
      Zu bestraffen an ihr nicht/ als den stoltzen Sinn/ 
      Berg-und-feld-Göttinnen 
      Schalten nun die Sinnen 
      Und Ihr stoltz Beginnen 
      Weil ich müde bin. 
       
      2. 
      Ihr tyrannsch Gemüthe 
      Kan zu keiner Güte 
      Durch kein nasses Weh und Ach werden nicht gebracht. 
      Sie hält wie der Klippe 
      Felßig Stein-Gerippe 
      Daß der heiß erbosten Fluth Sturm und Grimm verlacht/ 
      Das mit Ungewittern 
      Mit der Schiffe Splittern 
      Und mit Winde-schmittern 
      Spielet manche Nacht. 
       
      3. 
      Der Verwechslungs 
      Orden 
      Ist beständig worden 
      Bey der Stoltzen/ ob sie gleich selbst d' Unbestand/ 
      Nach dem Ungewitter 
      Kommt der göldne Ritter 
      Feurich mit dem Küriß-Kleid durch die Nacht gerannt. 
      Eol pflegt nach Zancken 
      Gütlich abzudancken 
      Und rufft aus dem Schrancken 
      Zephyrn an das Land. 
       
      4. 
      Wenn es nicht mehr 
      freiert/ 
      Wird die Welt verneüert/ 
      Flora beith ihr freundlich an ihr geblümtes Kleid. 
      Nach dem harten Frieren 
      Ist der Mey zu spüren 
      Wenn Empanda durch das Land Sommer-Früchte streut. 
      Wartet Titan lange/ 
      Daß Ihm fast wird bange 
      Biß es ausgeschneyt. 
       
      5. 
      Febus zäumt der 
      Gäuler 
      Thau-beschäumte Mäuler 
      Wenn die Schwester abgewacht ohne Silber ruht/ 
      Wenn er in dem Wagen 
      Höher pflegt zu tragen 
      Durch den wärmsten himmel-Reiff die verjüngte gluht. 
      Wenn der Frühlings Knabe 
      Kömmt mit seiner Gabe 
      Tritt der Winter abe 
      Und quittirt die Fluht. 
       
      6. 
      Sie/ Sie nur alleine 
      Ist von Helffenbeine 
      Weil die hart-gestählte Brust nie Verwechslung hegt 
      Ihr erkält Gemüthe 
      Heißt nie das Geblüthe 
      In den Lebens-öffen auf/ weil kein geist sich regt. 
      Meine Seufftzer Winde 
      Seynd viel zugelinde 
      Diesem stoltzen Kinde/ 
      Weil Sie Eysen trägt. 
       
      7. 
      Ist Sie gleich was 
      feste/ 
      Amor kan die Gäste 
      Mit dem wolgespitzten Pflitsch schleinig lösen auf. 
      Zwar/ ich wil ihr günnen 
      Daß Sie möcht' entrinnen 
      Biß man auff dem grabe-Stein meines Lebens-Lauff 
      Wie nur ihre Sinnen 
      Und ihr stoltz Beginnen 
      Mich gebracht von hinnen 
      Kläglich schriebe drauff. 
      (S. 78-81) 
      _____ 
       
       
       
      Das 37. Lied 
      Er giebt einer falschen/ zwar ungenannten/ 
      Dame Urlaub 
       
      1. 
      Falsches Kind/ dein 
      falsches brennen 
      Ist ein unversehrter Brandt. 
      Du bist selbst der Unbestand 
      Und ein kaltes Eyß zu nennen. 
      Immer hin nur immer hin/ 
      Man lobe dich/ und deinen Sinn/ 
      Ich bin nur froh/ daß ich befreyet bin. 
       
      2. 
      Diß zwar solst du 
      kühnlich wissen/ 
      Daß du selbst betrogen bist 
      Denckst du/ daß der/ der dich küßt/ 
      Nicht auch andre könte küssen. 
      Immerhin nur immer hin 
      Man lobe dich und deinen Sinn/ 
      Ich bin nur froh/ daß ich befreyet bin. 
       
      3. 
      Bist du schlimm/ so 
      bin ich schlimmer/ 
      Du weist noch nicht meinen Brauch/ 
      Ich hab einen schlauhen Bauch/ 
      Machst dus krumm/ so mach ichs krümmer. 
      Immerhin/ nur immerhin 
      Man lobe dich und deinen Sinn 
      Ich bin nur froh/ daß ich befreyet bin. 
       
      4. 
      Zwar mich hat noch 
      nie verdrossen 
      Daß ich mit dir war bekant; 
      Hab ich dir was zugewandt/ 
      Hab' ichs doppelt wol genossen. 
      Immer hin/ nur immer hin/ 
      Man lobe dich und deinen Sinn/ 
      Ich bin nur froh/ daß ich befreyet bin. 
       
      5. 
      Du wirst leicht nicht 
      klagen müssen/ 
      Daß ich dich zu viel geehrt; 
      Wer uns Beyden zugehört/ 
      Wird darvon zusagen wissen. 
      Immer hin/ immer hin 
      Man lobe dich/ und deinen Sinn/ 
      Ich bin so froh/ daß ich befreyet bin. 
       
      6. 
      Du bist auch nicht 
      zuverdencken 
      Ich wil drumb nicht sauer sehn 
      O ich laß' es leicht geschehn/ 
      Daß du dich wilst andern schencken. 
      Immer hin/ nur immer hin/ 
      Man lobe dich und deinen Sinn/ 
      Ich bin nur froh/ daß ich befreyet bin. 
       
      7. 
      Deine Treue so 
      bestehet/ 
      Altert mit dem lockern Schnee/ 
      Wie der Wind auff wüster See/ 
      Wenn er durch die Flaggen wehet/ 
      Immer hin/ nur immer hin/ 
      Man lobe dich/ und deinen Sinn/ 
      Ich bin nur froh/ daß ich befreyet bin. 
       
      8. 
      Welcher deinen Worten 
      trauet/ 
      Ist/ wie der/ der sein Gezellt/ 
      Wenn die Fluth sich auffgeschwellt/ 
      An das Ufer angebauet. 
      Immer hin/ nur immer hin/ 
      Man lobe dich und deinen Sinn/ 
      Ich bin nur froh/ daß ich befreyet bin. 
       
      9. 
      Und/ wer gläubet 
      deinem Lieben/ 
      Der hat sein Gesichtniß-Bild 
      Wenn der Nord die Erde schilt/ 
      In den Sand und See geschrieben. 
      Immer hin/ nur immer hin 
      Man lobe dich/ und deinen Sinn/ 
      Ich bin nur froh/ daß ich befreyet bin. 
       
      10. 
      Nein; Es sol mich 
      nicht verdrüssen/ 
      Liebe gleich bald den/ und den/ 
      Ich wil auch nicht sauer sehn/ 
      Du magst/ wen Du wilst/ erkiesen. 
      Immer hin/ nur immer hin/ 
      Man lobe Dich/ und deinen Sinn/ 
      Ich bin froh/ daß ich befreyet bin. 
       
      11. 
      Ich/ ich wil der 
      meine bleiben; 
      Bleibe du auch wer du bist/ 
      Schreibe dem/ wem dir gelüßt/ 
      Ich wil meiner Charis schreiben. 
      Immer hin/ nur immer hin/ 
      Man lobe Dich/ und deinen Sinn/ 
      Ich bin nur froh/ daß ich befreyet bin. 
      (S. 81-84) 
      _____ 
       
      
       
       
      Das 38. Lied 
      An Sylvien/ Als Ihm fürgebracht wurde/ 
      daß Sie nun Einem Andern zur heil worden 
       
      1. 
      Wilst du mich länger 
      nicht mehr lieben? 
      O all-zu schöne Sylvia! 
      Laß ab/ mich ferner zubetrüben/ 
      Ist anders nicht mein Ende da. 
      Muß ich denn/ Armer/ noch erleben/ 
      Daß du ietzt einen frembden liebst/ 
      Und darfst ihm zugeniessen geben/ 
      Noch diß/ wormit du mich betrübst. 
       
      2. 
      Ach! daß ich hab' 
      erfahren müssen/ 
      Daß nun ein frembder ungescheut 
      Darff den Rubin der Lippen küssen. 
      Verfluchet sey dieselbe Zeit! 
      Verfluchet sey dieselbe Stunde! 
      Ja ewig sol sie seyn verflucht/ 
      Da er auff deinem Purpur-Munde 
      Den warmen Zefyr hat versucht. 
       
      3. 
      Zehn-tausend Qual/ 
      zehn-tausend Schmertzen/ 
      Und was zu finden sonst für Noth/ 
      Die eylen ein zu meinen Hertzen/ 
      Dieweil ich bin noch mehr als todt. 
      Ich muß mich in mich selbst begraben/ 
      Weil ich/ O überschönes Bild! 
      Nicht weiter deine Gunst kan haben/ 
      Drumb bin ich nur mit Ach erfüllt. 
       
      4. 
      Wolst du dich/ 
      Schöne/ noch bedencken/ 
      Bedencke doch nur meine Treu/ 
      Und ob dir einer mehr kan schencken/ 
      Dadurch er dir verbundner sey! 
      Kan ich nicht deine Gunst erwerben/ 
      So ruff ich dich zum Zeugen an/ 
      Ich/ oder jener/ muß drumb sterben/ 
      Weil ich ohn dich nicht leben kan. 
       
      5. 
      Wilst du mich denn 
      darumb verstossen 
      Weil ich nicht/ Schöne/ falsch kan seyn; 
      Glaub nicht zuviel dem Liebes-Kosen/ 
      Es ist offt ein verblender Schein. 
      Es hat offt mancher viel versprochen/ 
      So balde denn der trübe Nord 
      Ein wenig stürmisch fürgebrochen/ 
      So macht er sich auch wieder fort. 
       
      6. 
      Ein Buhler ist in 
      Unglücks-fällen 
      Noch leichter/ als der schwänckste Kahn/ 
      Er laufft schon für den fernen Wellen/ 
      Und greifft nie seinen Ancker an. 
      Er wird verschlagen von den Winden 
      Und eylt auff steigre Klippen hin/ 
      Er lest sich zwar bey dieser finden/ 
      Da doch bey jener ist der Sinn. 
       
      7. 
      Ich aber kan nicht 
      also lieben/ 
      Mein Mund der fält dem Hertze bey. 
      Bleib/ Schöne/ bist du vor geblieben. 
      Ja/ zu bezeugen meine Treu/ 
      So wil ichs gleich ietzund verschweren/ 
      Kein Weibes-Bild/ O Sylvia/ 
      Nicht mehr/ biß an mein Grab/ zu ehren. 
      Ach/ wolte GOtt/ es were da! 
       
      8. 
      Laß mich den Tag nur 
      nicht erleben/ 
      Darüber auch der Himmel klagt/ 
      Daß einem andern du gegeben 
      Was du mir längsten zugesagt. 
      Bleib/ Schöne/ bist du vor geblieben/ 
      Komm wieder her/ ich bin schon da; 
      Komm her/ und laß dich ferner lieben/ 
      Du allzu-schöne Sylvia. 
      (S. 84-87) 
      _____ 
       
      
       
       
      Das 39. Lied 
      Er klagt der Charis seine Pein/ 
      die Er umb Sie tragen muste 
       
      1. 
      Das Leyd muß noch aus 
      meinen Augen 
      Umb dich/ du immer-stoltze du/ 
      Die warmen Zähren täglich saugen/ 
      Sie fallen mir für Jammer zu. 
       
      2. 
      Ich muß hinfort in 
      dunckeln sitzen/ 
      Weil dein Gestirne mir nicht scheint/ 
      Und muß nur wieder in mich schwitzen/ 
      Was ich mir habe fürgeweint. 
       
      3. 
      Wer könt' es/ ausser 
      mir/ doch gläuben/ 
      Daß Wasser und zugleich die Glut 
      An einem Orte könte bleiben. 
      Seht/ was doch nicht die Liebe thut. 
       
      4. 
      Ich reibe roth die 
      Augen-Lieder/ 
      Die sich an Zähren wol gelabt/ 
      Und wünsch ihm diese Klarheit wieder/ 
      Die sie nur neulich noch gehabt. 
       
      5. 
      Ich wil mein Leyd mit 
      Seufftzen zwingen/ 
      So nur mehr Qual und Angst gebührt/ 
      Das Klagen sol mir wieder bringen 
      Was mir die Liebe hat entführt. 
       
      6. 
      Wil ich den neuen 
      Haus-genossen 
      Gewaltsam von mir treiben hin/ 
      Da hab ich Oel ins Feuer gossen/ 
      Und fühle daß ich heisser bin. 
       
      7. 
      Die Strahlen/ die ins 
      Hertze fallen/ 
      Wenn Charis mich belägert hat/ 
      Diß seynd die glümmen Feuer-Ballen/ 
      So eingeäschert meine Stadt. 
       
      8. 
      Der Blitz/ der 
      Liebsten Steig-Raqueten/ 
      Die aus den Augen ihr entstehn/ 
      Macht/ daß ich muß in solchen Nöthen 
      Ohn alle Rettung untergehn. 
       
      9. 
      Ich seh/ wie scharff 
      die Liebs-Geschütze 
      Auff meine Brust gerichtet seyn/ 
      Es schimmern mir die hellen Blitze 
      In meine Seele weit hinein. 
       
      10. 
      Mein Hertz fühlt in 
      sich abetrücken 
      Gar eigen einen ieden Schuß/ 
      So offt Sie auff mich spielt mit Stücken 
      Daß ich dafür erzittern muß. 
       
      11. 
      Hier hilfft kein 
      Flehen/ kein Ergeben/ 
      Auff Sterben ist es angesehn/ 
      Den Todt erwehl' ich für das Leben; 
      Und dennoch kan es nicht geschehn. 
       
      12. 
      Ich hab des 
      Salamanders Tugend/ 
      Bin kleiner Pyraliden-Zucht/ 
      Ein Phönix/ welcher seine Jugend 
      In ausgebrandter Asche sucht. 
       
      13. 
      Doch/ wilst du/ daß 
      ich sol verderben/ 
      In angestammter Liebes-Pein/ 
      So wil ich/ Charis/ gerne sterben/ 
      Und willig dir gehorsam seyn. 
      (S. 87-89) 
      _____ 
       
      
       
       
      Das 40. Lied 
      An Barbarissen 
       
      1. 
      Jetzt eylt mein 
      gantzer Sinn 
      Zur Barbarissen hin/ 
      Weil ihre schöne Huld 
      Erheischet solche Schuld. 
      Ich bleib ihr wol geneigt/ 
      Weil Sie leicht keiner weicht 
      An Zucht und Erbarkeit/ 
      Zu Lande weit und breit. 
       
      2. 
      Das Tugend-gleiche 
      Bild 
      Wird täglich angefüllt 
      Mit unverglichner Zier/ 
      Drumb lebt sie gantz in mir. 
      O du/ mein einig Ich/ 
      Wie sehre lieb' ich dich/ 
      Ich bleib dir zugethan 
      Nim nur mein Lieben an. 
       
      3. 
      Wilst du die Meine 
      seyn/ 
      Und hebst mir alle Pein 
      Von meiner Seele hin/ 
      So sol mein treuer Sinn 
      Stets/ Barbarisse/ dir 
      Verbleiben für und für/ 
      Es sol mein gantzes Thun 
      In deinen Gunsten ruhn. 
       
      4. 
      Es stirbt mir alle 
      Noth/ 
      Ja auch der nahe Todt 
      Fleicht weg/ wer weis wie weit 
      Für deine Freundligkeit. 
      Er muß es selbst gestehn/ 
      Daß Barbarisse schön/ 
      Und daß ein treu Gemüth 
      Aus ihren Augen sieht. 
       
      5. 
      Nim doch mein 
      schlechtes Lied 
      So noch nicht ausgeblüht/ 
      Statt meiner Liebe hin/ 
      Wenn ich der deine bin. 
      Daß deine treue Hand 
      Sey aller Welt bekandt. 
      Drumb setz' ich mehr nicht bey/ 
      Als: Bleibe mir getreu. 
      (S. 89-91) 
      _____ 
       
      
       
       
      Das 41. Lied 
      Er beklagt der Florilis Härtigkeit 
       
      1. 
      Florilis/ das stoltze 
      Kind/ 
      Ist noch immer so gesinnt/ 
      Wie Sie neulich ist gewesen. 
      Was ich mir für dieses mal 
      Hab zu lieben ausgelesen/ 
      Ist wie Kieß und harter Stahl. 
       
      2. 
      Diamante seynd durch 
      Blut/ 
      Stahl und Eysen ist durch Gluth 
      Und durch Feuer zu gewinnen/ 
      Endlich bricht der Felsen-Stein. 
      Floraselle/ deine Sinnen 
      Müssen jo noch härter seyn. 
       
      3. 
      Floraselle/ sage 
      recht: 
      Ist die Liebe dir zuschlecht/ 
      Weil du in der Götter Orden; 
      Siehe doch den Himmel an/ 
      Daß die Götter Menschen worden/ 
      Hat die Liebe jo gethan. 
       
      4. 
      Schiele durch die 
      Büscher hin/ 
      Wo ich nun zu Hause bin/ 
      Zu den wilden Tyger-Thieren/ 
      Mitten in der Grausamkeit 
      Wirst du unersättlich spüren 
      Diesen süssen Liebes-Streit. 
       
      5. 
      Was sich in den 
      Fluthen regt/ 
      Und der Erde Kugel trägt/ 
      Alles suchet seines gleichen. 
      Floraselle/ du allein/ 
      Du nur lest dich nicht erweichen/ 
      Und wilst nicht geliebet seyn. 
       
      6. 
      Jetzund ist die beste 
      Blüt/ 
      Drumb so nimm die Jugend mit/ 
      Weil die Zucker-Rösgen blühen; 
      Siehst du nicht den frischen Mey 
      Unvermuthet von uns fliehen/ 
      Wenn der Winter kömmt herbey. 
       
      7. 
      Endre deinen alten 
      Brauch/ 
      Und laß deine Schönheit auch 
      Ausser dir noch einem wissen; 
      Unersättlich wil ich dir/ 
      Deine feuchten Lippen küssen; 
      Drumb nur so ergieb dich mir. 
      (S. 91-92) 
      _____ 
       
      
       
       
      Das 42. Lied 
      An die Doris/ 
      Er hält/ was er verspricht 
       
      1. 
      Ich bin 
      Dahin/ 
      Weil ich 
      So gar beständiglich 
      Muß lieben dich. 
      Doch gläubt/ 
      Es bleibt 
      Was mein Mund einmal spricht/ 
      Und bricht 
      Leicht nicht 
      Die Pflicht/ 
      Ist Doris auff Betrug gleich abgericht. 
       
      2. 
      Und helt 
      Die Welt 
      Gleich treu/ 
      So ist vom Heucheley 
      Genug darbey. 
      Doch gläubt/ 
      Es bleibt 
      Was mein Mund einmal spricht/ 
      Und bricht 
      Leicht nicht 
      Die Pflicht/ 
      Ist Doris auff Betrug gleich abgericht. 
       
      3. 
      Ist gleich 
      Bey Euch 
      Der Schein 
      Als solt ich Liebster seyn/ 
      Und denckt doch: Nein. 
      So gläubt/ 
      Es bleibt. 
      Was mein Mund einmal spricht/ 
      Und bricht 
      Leicht nicht 
      Die Pflicht/ 
      Ist Doris auff Betrug gleich abgericht. 
       
      4. 
      Diß zwar 
      Ist gar 
      Nicht schwer/ 
      Daß keiner achtet sehr 
      Die Treue mehr; 
      Doch gläubt/ 
      Es bleibt/ 
      Was mein Mund einmal spricht/ 
      Und bricht 
      Leicht nicht 
      Die Pflicht/ 
      Ist Doris auff Betrug gleich abgericht. 
      (S. 92-94) 
      _____ 
       
       
       
      Das 43. Lied 
      Er klaget noch immer-zu der AMaRis Härtigkeit/ 
      und seine verlohrne Freude 
       
      1. 
      Zerspalte dich/ du 
      hartes Hertz/ 
      Und lindre meine Qual und Schmertz/ 
      AMaris/ du Preiß der Schönen/ 
      Siehe meine bleiche Wangen/ 
      Wie Sie von so vielen Sehnen 
      Einen Totes-Schein empfangen. 
      Ich war noch für kurtzer Zeit 
      Voller Lust und Fröligkeit/ 
      Ich war hurtig/ jung und frey/ 
      Alles war mir einerley. 
       
      2. 
      Seit aber/ daß ich 
      dich gesehn/ 
      So ist es gantz umb mich geschehn. 
      Alle Lust wil mir gebrechen/ 
      Aber/ wo du wolst mir Armen 
      Deine treue Gunst versprechen/ 
      Und dich über mich erbarmen. 
      Würde nichts/ als eitel Lust 
      Meinem Hertzen seyn bewust/ 
      Ich beginnte das und diß 
      Meiner Liebsten AMaRis. 
       
      3. 
      Weil aber deiner 
      Augen Schein 
      Mir immer noch muß tunckel seyn/ 
      Führ ich noch in meinem Munde 
      Immerfort die alten Klagen; 
      Wenn kömmt doch einmal die Stunde/ 
      Da ich werde können sagen: 
      Sie ist gegen mir entzündt/ 
      AMaRis/ das liebe Kind; 
      AMaRis legt nun beyseit 
      Alle meine Traurigkeit. 
       
      4. 
      Was hast du doch für 
      Lust daran/ 
      Daß du mich bey dir ausgethan? 
      Kan denn mein erbärmlich Schreyen 
      Dein Gemüthe nicht erzwingen? 
      O wie würd ich mich erfreyen/ 
      Wenn ich würde können singen: 
      Ey wolan/ nun hab' ich Sie/ 
      AMaRis/ die Schöne die! 
      AMaRis/ die Schöne die/ 
      Ey wolan/ nun hab' ich Sie! 
      (S. 94-96) 
      _____ 
       
       
      
       
      Das 44. Lied 
      Er stirbt umb die falsche und  
      unbarmhertzige AMaRyllis 
       
      1. 
      Geh Seele hin zu 
      ihrer Seele/ 
      Und melde dich der Schönen an/ 
      Wie daß du dich aus deiner Höle 
      Zu sterben willig fürgethan. 
      Ihr Sinnen haltet ihren Sinnen 
      Doch für ihr grausames Beginnen. 
       
      2. 
      Ihr Geister/ die ihr 
      Eure Hütten 
      Verlast/ sagt: Daß ihr nicht mehr wert 
      Weil ihre Geister euer Bitten 
      In einen falschen Haß verkehrt. 
      Laufft fort ihr letzten Seufftzer-Winde 
      Verrichtet euer Ampt geschwinde. 
       
      3. 
      Geht/ sagt: Ich 
      gienge gleich zur Ruhe/ 
      Geht/ geht zu meiner Schönen hin/ 
      Sagt: daß Sie mir kein Leyd mehr thue/ 
      Weil ich zur Ruhe kommen bin/ 
      Erweckt in ihr viel tausend Freuden 
      Durch mein erbärmlich abescheiden. 
       
      4. 
      Ach sagt: Sie sol nun 
      seyn zufrieden 
      Mit dem/ daß ich gestorben bin/ 
      Daß nun ihr ärgster Feind verschieden; 
      Ach geht zu meiner Schönen hin/ 
      Daß Sie sich kan zufrieden geben/ 
      Weil ietzund aus mir fährt das Leben. 
      (S. 96-97) 
      _____ 
       
      
       
       
      Das 45. Lied 
      Er wil sich ihret wegen leibeignen 
       
      1. 
      Geh Seele hin und 
      stirb mit mir/ 
      Stirb mit/ weil ich das Leben 
      Mit diesem kalten Eisen hir 
      Gedencke auffzugeben. 
      Trit her an mein erwehltes Grab 
      Und gieb mir vor gehöre/ 
      Ich muß mich erst gesegnen ab 
      Eh meine Brust versehre 
      Das einmal schon gezückte Schwerd/ 
      Dieweil Sie meinen Todt begehrt. 
       
      2. 
      So bald ich mich hab 
      umgebracht/ 
      So geh zu meinem Schatze/ 
      Sag ihr viel tausend gute-Nacht/ 
      Und weih auff diesem Platze 
      Der Schönen die durchstoßne Brust/ 
      Daß nun Ihr Wundsch geschehen/ 
      Und laß Sie jo recht ihre Lust 
      An meinem Tode sehen. 
      Es löscht doch nichts als Menschen-Blut 
      Der AMaRyllis Übermuht. 
       
      3. 
      Wenn diß nun wird 
      verrichtet seyn/ 
      So leg dich auch zur Ruhe/ 
      Ihr Hertze sey dein Grabe-Stein. 
      Und was ich ietzund thue/ 
      Wie ich durch Schwerd/ und du durch Gifft 
      Den Lebens-Rest beschlossen/ 
      Diß sey anstatt der Grabe-Schrifft 
      Zu diesen Stein gegossen. 
      Hiermit so ende sich mein Leyd 
      Und AMaRyllis Grausamkeit. 
      (S. 97-98) 
      _____ 
       
       
       
      Das 46. Lied 
      Als die Charis Ihm noch endlich 
      Ihre Liebe versprochen 
       
      1. 
      Schweigt ihr 
      Seufftzer/ schweigt ihr Klagen/ 
      Weil mein langes Trauren schweigt; 
      Ich kan nichts für Freuden sagen/ 
      Als: Daß Charis mir geneigt. 
      Künfftig wil ich Lieder setzen/ 
      Wie mich Charis kan ergetzen/ 
      Wie für allen 
      Die Corallen 
      Ihrer Lippen seyn zu schätzen. 
       
      2. 
      Laß dich wieder 
      lustig hören 
      Und erweise/ wie du nun 
      Deine Charis kanst beehren/ 
      Laß die Trauer-Lieder ruhn/ 
      Und vom ruffen heisch verbleiben 
      Die uns alle Lust vertreiben/ 
      Weg betrüben/ 
      Nichts/ als lieben/ 
      Wil ich diesen Abend schreiben. 
       
      3. 
      Charis wird mir erst 
      gewogen/ 
      Da ich längsten meinen Todt 
      Hab' an meiner Brust erzogen/ 
      Jetzund stirbet alle Noht. 
      Solt' ich was von trauren wissen/ 
      Weil sich Charis hat beflissen 
      Meine Klagen 
      Abzutragen 
      Mit viel tausend Küssen? 
       
      4. 
      Drumb ihr Seüfftzer 
      weicht zurücke/ 
      Nehmt mit höchsten Freuden an 
      Die verbuhlten Liebes-Blicke 
      Weil nun euer Wundsch gethan; 
      Ich wil hoch und treuer schweren/ 
      Man sol auff den weiten Fähren/ 
      Wo auff Seen 
      Schiffe gehen 
      Auch von meiner Charis hören. 
      (S. 98-100) 
      _____ 
       
       
       
      Das 47. Lied 
      An AMaRellen 
       
      1. 
      Schönste AMaRelle/ 
      Hier an deiner Schwelle 
      Hab ich fast die Nacht 
      Halb vorbey gebracht/ 
      Deiner Augen-Zier 
      Macht/ daß ich allhier 
      Noch so späte bin an deiner Thür. 
       
      2. 
      Wegen deiner Wangen 
      Bin ich hergegangen 
      Denen nun ihr Licht 
      Und der Glantz gebricht; 
      Nur der Abend macht 
      Und die düstre Nacht 
      Daß mich nicht dein froher Mund anlacht. 
       
      3. 
      Zwar mein 
      Seit-Gerüste 
      Rühmet deine Brüste 
      Die der Nächte Bild 
      In sich eingehüllt. 
      Solt' ich Sonne seyn 
      Ich bräch früher ein/ 
      Ich lies Sie so lang nicht ohne Schein. 
       
      4. 
      Seht der Sternen 
      Amme/ 
      Wie sie mit der Flamme 
      In dein Bett-Gezelt 
      Doch so lieblich fällt. 
      Du mein Abend-Licht 
      Du nur gönst mir nicht 
      Dein doch gar zu freundlich Angesicht. 
       
      5. 
      Menge Himmel-Dirne 
      Alle dein Gestirne 
      In mein Klage-Lied 
      So für Liebe gliet. 
      Meng' in deinen Schein 
      Meine Flammen ein 
      Und brich dann zu Ihrem Fenster nein. 
       
      6. 
      Leg die Augen-Lieder/ 
      Aller-Schönste! nieder 
      Auff dein Wangen-Beet 
      So in Rosen steht/ 
      Biß mein Seufftzer-Wind 
      Allerliebstes Kind 
      Sich umb deine keusche Lippen findt. 
       
      7. 
      Wenn du dich legst 
      nieder 
      Muß ich erst die Lieder 
      Singen für der Thür 
      Allen Sternen für. 
      Luna hört mir zu: 
      Ich/ spricht Sie/ und du/ 
      Nur wir Beyde haben keine Ruh. 
       
      8. 
      Schlaff nur AMaRelle/ 
      Heb die weissen Bälle 
      Durch gelinden Schnauff/ 
      Schönste! höher auff/ 
      Schlaffe nur gesund 
      Und verschleis den Mund 
      Der mich Armen hat so sehr verwundt. 
       
      9. 
      Gute Nacht/ du 
      Schöne! 
      Nimm mein Seit-gethöne 
      Als ein Zeichen hin 
      Was mein schwacher Sinn 
      Von dir ausgedacht/ 
      Und weil niemand wacht/ 
      Geh' ich auch/ und geb dir gute Nacht. 
      (S. 100-102) 
      _____ 
       
       
       
      Das 48. Lied 
      AMaRille 
       
      
      1. 
      
      AMaRille/ 
      Wenn soll ich erlangen/ 
      Daß dein Lippen-Thau/ 
      Schöne Frau/ 
      Feuchte meine Wangen? 
      AMaRille. 
       
      
      2. 
      
      AMaRille/ 
      Wenn sol mein Begehren 
      Dein so süsser Schmatz/ 
      Liebster Schatz? 
      Doch einmal gewehren? 
      AMaRille. 
       
      
      3. 
      
      AMaRille/ 
      Dämpffe meine Lüste; 
      Ich sag' unverhölt/ 
      Was mich quält/ 
      Das seynd deine Brüste. 
      AMaRille. 
       
      
      4. 
      
      AMaRille/ 
      Kan es nicht geschehen/ 
      Daß ich heute mag 
      Noch den Tag 
      Deiner Augen sehen. 
      AMaRille. 
       
      5. 
      AMaRille/ 
      Was ich noch muß hoffen/ 
      Das ist deine Gunst/ 
      Schönste/ sunst 
      Steht das Grab mir offen. 
      AMaRille. 
       
      
      6. 
      
      AMaRille/ 
      Was du mir kanst geben 
      Steht bey dir allein: 
      Ja/ und Nein/ 
      Sterben/ oder Leben. 
      AMaRille. 
      (S. 102-104) 
      _____ 
       
       
       
      Das 49. Lied 
      AMaRyllis wil sich noch nicht erweichen lassen 
       
      
      1. 
      
      Laß mich dir doch einst gefallen/ 
      AMaRyllis/ meine Lust/ 
      Die du mir gefällst für allen/ 
      Und erweiche deine Brust. 
      Siehst du nicht/ daß meine Wangen 
      Keine Röthe wollen fangen/ 
      Seyt ich bey dir fort gemust. 
       
      
      2. 
      
      Alle Seüfftzer/ die ich schicke 
      Nach der AMaRyllis hin 
      Kommen wieder leer zurücke 
      Und belangen nie den Sinn. 
      Da ich doch an vielen Gaben 
      Die ihr Wohnhaus in mir haben 
      Deiner noch wol würdig bin. 
       
      
      3. 
      
      Unter allen/ so geschrieben/ 
      Solt ich denn der eine seyn? 
      Der nichts finden kan zu lieben 
      Ey das träff mir eben ein. 
      Ich wil meine Jungen-Tage 
      Nicht verbringen so mit Klage 
      Und mit leerer Liebes-Pein. 
       
      
      4. 
      
      Daß man doch wil diß verbieten 
      Das am ersten der verbricht/ 
      Der sich wil am meisten hüten. 
      Gläub es AMaRyllis/ nicht/ 
      Daß man sich aus blossen schämen 
      Nicht zur Liebe sol bequemen 
      Weil die Zucht ihr wiederspricht. 
       
      
      5. 
      
      Hat dir denn umsonst die Brüste 
      Die Natur so hoch gesetzt? 
      Daß uns ja darnach gelüste 
      Seynd Corallen eingeetzt. 
      Seynd die Augen drumb vol Funcken/ 
      Daß man nur/ ohn all beduncken/ 
      An denselben sich ergetzt. 
       
      
      6. 
      
      AMaRyllis/ sol ich schreiben 
      Auch von deiner Freundligkeit/ 
      Must du nicht so eürisch bleiben/ 
      Liebe/ du hast hohe Zeit/ 
      Eh' ich mich zu andern wende 
      Und zugleich sich in mir ende 
      Alle wolgewogenheit. 
      (S. 104-105) 
      _____ 
       
       
       
      Das 50. Lied 
      An die schlaffende AMaRille 
       
      
      1. 
      
      AMaRille/ schönes Bild/ 
      Liegst du denn schon eingehüllt 
      Und wilst mir kein Auge gönnen. 
      Laß das schöne Morgen-Liecht/ 
      Das aus deinen Augen bricht/ 
      Wieder einmal/ Schöne/ brennen. 
       
      
      2. 
      
      Es wird keine Nacht verbracht 
      Da ich deiner nicht gedacht/ 
      Und ermüde nicht von Sorgen. 
      Eh ich eingeschlummert bin 
      Ist die Mitter-Nacht dahin 
      Und entdeckt sich schon der Morgen. 
       
      
      3. 
      
      Aber du liegst in der Ruh 
      Und hast fest die Augen zu 
      Bläst auch mit so sanften schnieben/ 
      Durch den zugeschloßnen Mund 
      Tödtlich Gifft/ so mich verwund/ 
      Das so ungesunde lieben. 
       
      
      4. 
      
      Wenn der Schlaff die halbe Welt/ 
      Und dich auch mit/ überfällt/ 
      Durch die sanffte Ruh bezwungen/ 
      Hab ich erst für deiner Thür 
      Allen Liebes-Sternen für 
      Meine Qual und Pein gesungen. 
       
      
      5. 
      
      Wenn die Nacht ihr Auge weist/ 
      Und zu Bette gehen heist/ 
      Geh ich zwar auch mit zu Bette; 
      Aber/ aller Schlaff verschwindt/ 
      Weil ich dich/ du liebes Kind/ 
      Gar zu gerne bey mir hätte. 
       
      
      6. 
      
      O der angenehmen Last 
      So du Bette bey dir hast/ 
      Da der Zefyr wird verschnoben. 
      Ach mit was für süssen Schnauff 
      Schwellen sich die Brüste auff/ 
      Wenn die Bälge sich gehoben. 
       
      
      7. 
      
      Drumb/ O allerschönstes Bild/ 
      Liegst du denn schon eingehüllt/ 
      Und wilst mir kein Auge gönnen? 
      Laß das schöne Morgen-Liecht 
      Das aus deinen Augen bricht 
      Wieder einmal/ Schöne/ brennen. 
      
      (S. 106-107) 
      _____ 
       
       
       
      Das 51. Lied 
      An Fleurien 
       
      
      1. 
      
      Ihr frischen Wangen ihr/ und du so weicher Mund/ 
      Der schönen Fleurien/ die mich nunmehr verwundt/ 
      Von der ich hab geschrieben 
      Manch Blat und Seite voll/ 
      Daß das mein höchst Belieben/ 
      Daß ich sie lieben soll:/: 
       
      
      2. 
      
      Du Amor/ der du nur auff mich die Sehne spanst/ 
      Und mich in Fleurien verliebet machen kanst/ 
      Gebrauche deinen Bogen/ 
      Daß Sie ihn auch empfindt/ 
      Und mach' auch mir gewogen 
      Das noch was stoltze Kind:/: 
       
      
      3. 
      
      Der aller-erste Kuß der sol dein Opffer seyn 
      Den ich von Fleurien sol künfftig samlen ein. 
      Nach ihrer Brüste Klippen 
      Der Hertzens Felssen-Stein 
      So weich nur als die Lippen/ 
      So muß Sie meine seyn:/: 
      
      (S. 107-108) 
      _____ 
       
       
       
      Das 52. Lied 
      An Fleürien/ als Er Sie einmal küssen durffte 
       
      
      1. 
      
      Lustig/ mein Sinn/ 
      Fleüriens Wangen 
      Haben empfangen 
      Was ich begehret. 
      Lustig/ ich bin 
      Künfftiger Freuden 
      Für so viel Leiden 
      Wieder gewehret. 
      Was kan doch lustiger seyn/ 
      Als wenn der Liebsten geberden 
      Freundlich uns werden/ 
      Wenn uns ihr lieblicher Schein/ 
      Der uns so lange gequälet/ 
      Wieder beseelet. 
       
      
      2. 
      
      Lustig/ Mein Sinn/ 
      Schmeisse die Klagen/ 
      Welche dich plagen 
      Fleüriens wegen/ 
      Von dir nur hin. 
      An ihren Blicken/ 
      Die uns entzücken 
      Ist es gelegen. 
      Mach doch der Fleürien Mund/ 
      Wie du schon selbsten wirst wissen/ 
      Gäntzlich zu küssen. 
      Wer dich bißhero verwundt 
      Tödtlich mit tödtlichen Pfeilen/ 
      Mag dich auch heilen. 
       
      
      3. 
      
      Lustig! Mein Sinn/ 
      Spare die Flammen 
      Alle zusammen 
      Nunmehr von innen. 
      Solcher gewinn/ 
      Der uns das giebet 
      So uns beliebet 
      Reitzet die Sinnen. 
      Es macht uns lustig und froh 
      Wenn wir der Liebsten in Armen 
      Sollen erwarmen/ 
      Es wird uns so/ und bald/ so/ 
      Wenn wir mit höchstem Vergnügen 
      Bey Ihr erst liegen. 
      (S. 108-110) 
      _____ 
       
       
       
      Das 53. Lied 
      An der über-irrdischen und unvergleichlichen 
      AMaRyllis Augen 
       
      
      1. 
      
      Ihr schwartzen Augen ihr/ der schöne AMaRelle/ 
      Und doch auch wie der Blitz so helle/ 
      Kehrt euren Blick von mir. 
      Ihr/ Ihr/ Ihr habt mich schon gefangen 
      Der ich nur neulich frey-gegangen/ 
      Ihr schwartzen Augen ihr. 
       
      
      2. 
      
      Ihr schwartzen Augen ihr/ doch heller als die Sonne/ 
      Daran die Liebe sich entsponne. 
      Mein Leiden hat sich hir 
      In Euch zum ersten angefangen/ 
      Der ich nur neulich freygegangen 
      Ihr schwartzen Augen ihr. 
       
      
      3. 
      
      Ihr schwartzen Augen ihr/ habt meine freye Sinnen 
      Gefesselt also hart von innen/ 
      Daß ich nicht mehr zu dir 
      Du edle Freyheit kan gelangen/ 
      Der ich nur neulich frey gegangen; 
      Ihr schwartzen Augen ihr. 
       
      
      4. 
      
      Ihr schwartzen Augen ihr der schönen AMaRellen/ 
      Schafft/ daß ich nach erstandnen Fällen/ 
      Kan sagen für und für: 
      Ihr habt vergnüget mein Verlangen/ 
      Der ich so frey/ als vor/ gegangen; 
      Ihr schwartzen Augen ihr. 
      
      (S. 110-111) 
      _____ 
       
       
       
      Das 54. Lied 
      Er gesegnet sich ab von der stoltzen AMaRille 
       
      
      1. 
      
      Fahr hin/ du stoltze AMaRille/ 
      Fahr hin/ und laß mich in der stille 
      Hierumb mein Leyd 
      In Traurigkeit 
      Beseufftzen doch auff eine Zeit. 
       
      
      2. 
      
      Fahr hin/ und laß mich nur ergetzen 
      Mein Leyd mit Thränen fort zusetzen/ 
      Denn Weh und Pein 
      Muß doch allein 
      Bey mir das beste Labsal seyn. 
       
      
      3. 
      
      Laß ab/ hir liegen meine Sinnen/ 
      Was kanst du weiter mehr gewinnen/ 
      Du hast die Schlacht 
      Davon gebracht 
      Und mich Leibeigen dir gemacht. 
       
      
      4. 
      
      Hier lieg' ich unter deinen Füssen/ 
      Und wil als dein gefangner büssen/ 
      Ich liege hir 
      Nunmehr für dir 
      Komm mach es wie du wilst mit mir. 
       
      
      5. 
      
      Du hast mir meinen Krantz von Rosen 
      Von meinem Häupte weggestossen/ 
      Mir ist bewust 
      Mehr keine Lust 
      Wie gar hat sie doch fort gemust. 
       
      
      6. 
      
      Ach schone noch mit solchen wüten 
      Mir täglich neuen Kampff zu bieten. 
      Ach schone doch 
      Nur künfftig noch 
      Trag' ich doch mit Gedult das Joch. 
       
      
      7. 
      
      Fahr hin mit allen deinen Blicken/ 
      Ob ich mich wieder kan erquicken. 
      Ach nein; Ach nein; 
      Es kan nicht seyn/ 
      Ohn Sie empfind ich größre Pein. 
       
      
      8. 
      
      Ihr schwartzen Augen/ Euch ist eben/ 
      Euch/ Euch ist alle Schuld zugeben. 
      Euch klag' ich an 
      So sehr ich kan 
      Ihr habt am meisten mir gethan. 
       
      
      9. 
      
      Fahrt hin nur wieder in der stille 
      Mit eurer stoltzen AMaRille. 
      Fahrt immer hin/ 
      Doch/ weil ich bin 
      Kommt ihr mir nicht aus meinem Sinn. 
      
      (S. 111-113) 
      _____ 
       
       
       
      Das 56. Lied 
      An Sich/ über die schöne Amande 
       
      
      1. 
      
      Erwecke dich/ du lasser Sinn/ 
      Und lege deine Schwermuth hin/ 
      Umb zubedienen meine Schöne. 
      Sieh/ wie ich mich aus voller Brunst 
      Nach ihrer zugesagten Gunst 
      Und nach den schönen Augen sehne. 
       
      2. 
      Sie ist doch/ die den Ruhm behält 
      Der allerschönsten in der Welt/ 
      Durch Sie erhalt' ich mich bey Leben/ 
      Wiewol ich also bald vermüßt/ 
      Daß ich/ so offt ich sie geküßt/ 
      Ihr meine Seele mit gegeben. 
       
      
      3. 
      
      Hat iemals Schönheit was gethan/ 
      So seh man dieses Wunder an/ 
      Ob ihr was in der Welt zugleichen/ 
      Der Schönheit Mutter/ Griechen-Land/ 
      Die beuth ihr willig ihre Hand/ 
      Und wil ihr ihre Stelle weichen. 
       
      
      4. 
      
      Wem diese Lippen unbewust 
      Der weis/ zur zeit von schlechter Lust 
      So lieben in sich könte haben. 
      Ich bin es/ dem das liebe Kind 
      Für allen andern hat vergünnt 
      Sich an so süsser Kost zu laben. 
       
      
      5. 
      
      Ihr Mündgen ist die Bienen-Au 
      Da ich den Jungfer-Honig Thau 
      Kan aus den Zucker Lippen saugen. 
      Ihr Mund ist meiner Seele Haus/ 
      Da geht sie täglich ein und aus 
      Und wohnt in ihren schönen Augen. 
       
      
      6. 
      
      Drumb schwer' ich ihr auch einen Eyd/ 
      Daß mir/ als Sie/ in Ewigkeit 
      Nichts liebers sey auff dieser Erden. 
      Und kan sie nicht die Meine seyn/ 
      So sol mein letzter Grabe-Stein 
      Zu Centner-schweren Lasten werden. 
       
      
      7. 
      
      Im Fal ich auch der Gegen-Treu 
      Durch einen Kuß versichert sey/ 
      So/ so gehabt sich meine Seele. 
      Ach wenn begiebt sich doch der Tag/ 
      Da ich sie frey besitzen mag/ 
      Darauff ich alle Stunden zehle. 
      
      (S. 114-116) 
      _____ 
       
       
       
      Das 57. Lied 
      Des Frauen-Zimmers Nein und Ja an die Amande 
       
      
      1. 
      
      Amande/ darff man dich wol küssen/ 
      So komm/ mein Liebgen/ zu mir her? 
      Ich würd' es wol am besten wissen. 
      Diß war die Antwort ohngefehr. 
      Sie lieffe zwar/ und sagte: Nein. 
      Und gab sich doch gedultig drein. 
       
      
      2. 
      
      Lauff nicht mein Kind/ und bleibe stehen/ 
      Lauff/ Schöne! (schry' ich) nicht zu weit; 
      Laß uns der Liebe Werck begehen/ 
      Wir seynd in unsren bester Zeit. 
      Sie seufftzte zwar und sagte: Nein. 
      Und gab sich doch gedultig drein. 
       
      
      3. 
      
      So halte nun/ und laß dich küssen/ 
      Kein Mensche sol in dieser Stadt 
      Nicht das geringste darumb wissen/ 
      Daß man mit dir zuthun gehat; 
      Sie zuckte zwar/ und sagte: Nein; 
      Und gab sich doch gedultig drein. 
       
      
      4. 
      
      Hiermit so zog ich meiner Strassen/ 
      Woher ich neulich kommen war/ 
      Erfuhr in dessen bester massen/ 
      Von der Amande wunderbar/ 
      Daß Ja bey vielen pflege Nein/ 
      Und Nein/ so viel als Ja/ zu seyn. 
      
      (S. 116-117) 
      _____ 
       
       
       
      Das 58. Lied 
      Er gesegnet sich ab von der Amande/ 
      als Er wieder heim reisen wolte 
       
      
      1. 
      
      Mein Kind/ gehab dich wol und laß es doch geschehn/ 
      Wer weis/ ob Beyde wir einander wieder sehn/ 
      Hast du mich anders lieb/ so hemme deinen Schmertz/ 
      Ich ziehe nun davon; Gehab dich wol/ Mein Hertz! 
       
      
      2. 
      
      Zwar dieser schwere Gang der scheidet dich und mich/ 
      Wiewol die Seele noch dich stündlich sieht für sich. 
      Und lieff ich durch die Welt/ so bleibst doch du das Liecht/ 
      Dahin ich den Compas in Ungestüm gericht. 
       
      
      3. 
      
      Ich laß dir Hertz und Mund und meine treue Hand 
      Als einen hohen Schatz und schönes Unterpfand; 
      Womit wir beyderseits verbringen unsre Zeit/ 
      Das wird wol Klagen seyn und stete Traurigkeit. 
       
      
      4. 
      
      Jedoch häng' allzuviel dem Klagen nur nicht nach/ 
      Es ist an mir genung/ daß ich mich kräncken mag; 
      Wen du nur bist gesund/ so mag es mir alsdann 
      So schlim und übel gehn/ so schlim es immer kan. 
       
      
      5. 
      
      Ich werde manche Nacht verbringen ohne Ruh/ 
      Das macht ich werd' an dich gedencken immerzu/ 
      Kein Schlaff und Morgen-Traum wird mir erfreuder seyn. 
      Als wenn mein Geist sich wird mit deinem lassen ein. 
       
      
      6. 
      
      Ich werde wie ein Schein bey andern Leuten stehn/ 
      Und wie ein leichter Traum bey hellem Tage gehn. 
      Mit mir mags leichte seyn/ nur Du gehab dich wol/ 
      Es ist an mir genung/ daß ich mich kräncken sol. 
       
      
      7. 
      
      Vielleichte kömmt noch wol der angenehme Tag/ 
      Daß ich dich wiederumb/ Amande/ sehen mag; 
      Doch werd' ich anders jo zurücke nicht gebracht/ 
      So wünsch ich dir hirmit die letzte gute Nacht. 
      
      (S. 117-119) 
      _____ 
       
       
       
      Das 59. Lied 
      Er erinnert sich abwesend  
      voriger Gunst seiner Amande 
       
      
      1. 
      
      Denckst du denn auch noch der Freuden 
      Die uns Amor hat gegunt/ 
      Halte reinen liebes Mund/ 
      Hab ich gleich nun müssen scheiden; 
      Dennoch werd' ich offt von dir 
      Und von deinen schönen Blicken 
      Die ihr Bildniß in mich drücken 
      Höfflich reden dar und hier 
      Und dich rühmen allerwegen 
      Wie die treuen Buhler pflegen. 
       
      
      2. 
      
      Setz' ich mich zuschreiben nieder/ 
      Suche Feder und Papier 
      Und wil schönes Lieb/ von dir 
      Schreiben neue Liebes-Lieder; 
      Eh ich mich kaum umgewandt/ 
      So vergeß' ich alles schreiben/ 
      Und weis nicht für Angst zubleiben/ 
      Alles fällt mir aus der Hand/ 
      Weil ich mich von meinem Kinde 
      Noch zurzeit so weit befinde. 
       
      
      3. 
      
      Dennoch denck' ich an das Leben/ 
      Wenn du saßt auff meiner Schoß 
      Mit den Brüsten etwas bloß/ 
      Wie sie meine Hand umbgeben. 
      O wie offt hat mein Gesicht 
      Auff den kleinen Liebes-Hügeln 
      Sattsamtlich sich können spiegeln/ 
      Und auff deinen Mund gericht/ 
      So nicht schöner abzumahlen 
      Tausend mehr als tausend Strahlen. 
       
      
      4. 
      
      Aber nun/ Adieu! Amande/ 
      Das Verhängniß rufft mich her 
      Auff der Liesilis Begehr 
      Eine Weile hier zu Lande. 
      Dennoch schwer' ich dir ein Wort 
      Bey den weissen Nectar Schalen 
      Die die Götter auff den Mahlen 
      Brauchen werden fort und fort/ 
      Daß du mich zwar nechst Liesillen/ 
      Haben solst zu deinem Willen. 
      
      (S. 119-120) 
      _____ 
       
       
       
      Das 60. Lied 
      Als Er wiederumb zu Ihr reisete 
       
      
      1. 
      
      Mein Mund enthält sich kaum/ er sol und muß nun küssen/ 
      Weil ich mich wiederumb/ Amande/ hergemacht/ 
      Ich mag von aller Noth nicht das geringste wissen/ 
      Mein Jammer hört nicht auff; Ihr Klagen; Gute Nacht. 
       
      
      2. 
      
      Die Winde legten sich wie starck sie auff mich stiessen/ 
      Die Wellen wurden fromm und schlugen leiser an/ 
      Weil sie durch so viel Ach sich übertäuben liessen/ 
      Daß sie mirs offtermals mit seufftzen nachgethan. 
       
      
      3. 
      
      Wie gut der Westen sich auch in die Focke funde/ 
      Je weiter däuchte mich/ als daß ich näher kam/ 
      Es wurde mir ein Jahr aus einer ieden Stunde/ 
      Je breiter wart die Fluht iemehr sie abenahm. 
       
      
      4. 
      
      Die Miß-Treu kunte nicht bey mir so viel vermögen 
      Die mir an deiner Gunst das Gegentheil verspricht 
      Als wär das Hertze nicht mit allemal zugegen/ 
      Daß deinet wegen ich die Reise nicht verricht. 
       
      
      5. 
      
      Ich reise weit hinweg von meinem Vaterlande/ 
      Da ist mein Vaterland/ wo meine Liebste ist/ 
      Die Freyheit hohl ich mir auch mitten unterm Bande/ 
      Dann bin ich frey genug/ wenn du mein Fessel bist. 
       
      
      6. 
      
      Ihr Ufer meynet nicht/ weil ihr mir in der nähe 
      Die stille Porte weist/ ich sehe fort und fort 
      Nach Euch so sehnlich hin/ wornach ich sehnlich sehe 
      Und seufftze inniglich/ das ist ein ander Ort. 
       
      
      7. 
      
      Da wil ich alles Leyd/ wie viel es ist/ versencken/ 
      Auff so viel Hertzens Angst erfolgt ein süsser Kuß/ 
      Was mich zur Zeit ergetzt/ das ist dein Angedencken/ 
      Daß ich all Augen-blick dir näher kommen muß. 
      
      (S. 120-122) 
      _____ 
       
       
      
      Aus: Johann Georg Schochs 
      Neu-erbaueter Poetischer Lust- und Blumen-Garten/ 
      Von Hundert Schäffer-Hirten-Liebes- und Tugend-Liedern 
      Wie auch Zwey Hundert 
      Lieb-Lob- und Ehren-Sonnetten 
      auf unterschiedliche Damen/ Standes-Personen/ 
      Sachen/ u. d. g. 
      Nebenst Vier Hundert 
      Denck-Sprüchen/ Sprüch-Wörtern/ 
      Retzeln/ Grab- und Uberschrifften/ Gesprächen 
      und Schertz-Reden/ 
      Leipzig In Verlegung Christian Kirchners Im Jahr 1660 
       
       
 
 
      siehe auch
      Teil 1 Teil 3
      Teil 4 
      
       
       
       
       
   
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